Liturgische Bausteine - Evangelische

„Sie werden sicher wohnen!“ (Micha 5,3) – Gedenken an Menschen auf der Flucht
Liturgische Bausteine für eine Andacht oder einen Gottesdienst im Rahmen der Ökumenischen
Aktion Wanderfriedenskerze 2015, 1.September – 18. November
Als Landesverband Evangelische Frauen in Hessen und Nassau e.V. unterstützen wir die Ökumenische
Aktion Wanderfriedenskerze 2015. Wir bieten Liturgische Bausteine und Hintergrundinformationen für
eine Andacht oder einen Gottesdienst in den Kirchengemeinden in dieser vorliegenden Form an.
Wir nehmen das Motto der Ökumenischen Aktion gerne auf und legen den Schwerpunkt auf die
besondere Situation von Frauen auf der Flucht.
Wir fühlen uns ohnmächtig angesichts der Nachrichten in allen Medien und der Bilder von Kriegen,
Terror und Gewalt, Hunger und Elend, in Syrien, im Irak, in Ostafrika und an vielen anderen Orten
unserer Erde. Wir sehen Bilder von Menschen auf der Flucht, die unglaubliche Strapazen auf sich
nehmen, viele sterben unterwegs, und von Menschen, die sich angekommen glauben in einem
würdigen Leben in Freiheit.
Flüchtlinge sind mitten unter uns und erwarten mit Recht menschliche Wärme und praktische Hilfe.
Wie werden wir dem gerecht?
Wir wollen Frauen anregen und ermutigen, ihre Wahrnehmung, ihre Erfahrungen, ihre Begegnungen mit
Migrantinnen an ihrem Wohnort und in ihrer Gemeinde aufzugreifen und eigene Gottesdienste zu
gestalten. Das Gebet von Martina Kreidler-Kos aus dem Frauenkalender 2014 des Schwabenverlags
inspirierte den Titel:
Meinen Vorrat an Himmel miteinander teilen
Wir sind angewiesen auf das Stück Himmel, was über unser Menschsein hinausgeht und dieses Stück
Himmel wollen wir miteinander teilen.
Wir wünschen allen, die ihren Vorrat an Himmel mit anderen teilen möchten, gesegnete Andachten und
gottesdienstliche Feiern, die sie stark machen, vertrauensvoll und offen auf Menschen anderer Herkunft
zuzugehen.
Meinen Vorrat an Himmel auffrischen
gebet von Martina Kreidler-Kos, Frauenkalender aus dem Schwabenverlag 2012, 34.Woche
heute versteckt sich
die Welt vor mir
hüllt mich in nebelschleier
und schweigen
entzieht mir ihre freundlichkeit
und verbirgt jedes eingangstor
heute irre ich in der fremde
fahnde nach deinem letzten Wort
einem rest deiner gegenwart
und bitte meinen glauben inständig
tapfer zu bleiben
heute hält mich nur
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mein vorrat an himmel
am leben
Psalmgebet (kann im Wechsel gesprochen werden), aus: Arbeitsbuch zum Weltgebetstag 2013, WGT
Frankreich, S. 112, nach Psalm 31
Du Gott, stellst meine Füße auf weiten Raum.
Wenn ich müde werden will, lässt du nicht zu,
dass sich mein Herz verhärten will.
Wir haben uns eingerichtet in unserem Leben.
Unser Haus ist fertig, mit dicken Wänden.
Wenn einer von draußen ruft, muss er es laut tun,
wir überhören ihn sonst (fast).
Du Gott, stellst meine Füße auf weiten Raum.
Wenn ich müde werden will, lässt du nicht zu,
dass sich mein Herz verhärten will.
Das Leben hat Spuren hinterlassen.
Wir genießen den Alltag.
Wir haben es gern sauber.
Wenn die Sonne die Staubflocken tanzen lässt –
können wir es noch genießen?
Wenn die Vögel ihr Morgenlied zwitschern –
können wir uns noch daran erfreuen?
Du Gott, stellst meine Füße auf weiten Raum.
Wenn ich müde werden will, lässt du nicht zu,
dass sich mein Herz verhärten will.
Und wenn Gott vor der Tür steht – ist sie verschlossen?!
Wagen wir den Blick nachts durchs Fenster –
auf den Sternenhimmel und seine Grenzenlosigkeit?
Spüren wir die Sehnsucht nach Weite,
den Wunsch, Grenzen zu überschreiten?
Haben wir Lust am Neuen, am Anderen, am Fremden?
Du Gott, stellst meine Füße auf weiten Raum.
Wenn ich müde werden will, lässt du nicht zu,
dass sich mein Herz verhärten will.
„Fremd bin ich…“ Sabine Schäfer in: Arbeitsbuch zum Weltgebetstag 2013, WGT Frankreich, S. 132
Fremd bin ich:
namenlos,
beladen
mit Angst
und Ungewissheit,
mit zahllosen Fragen
ohne Antwort,
unterwegs zu euch,
vertrieben,
rastlos,
heimatlos... –
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Fremd bin ich:
ein Schatten
in eurer scheinbar heilen Welt,
nur eine Randfigur,
ein Außenseiter,
eine Andere,
ein Gegenüber,
gesichtslos,
unbekannt… –
Fremd bin ich:
auf der Suche
nach einem Ausweg
zwischen alltäglich
dunklen Stolpersteinen,
zwischen Lavaströmen
von Schmerz und Gewalt,
aufatmend nur
in den kleinen Sonnenstrahlen
von Liebe und Trost. –
Fremd bin ich:
nackt
wie ein verbrannter Baum,
durstig nach Geborgenheit,
hungrig nach Gemeinschaft,
gefangen inmitten von Paragraphen,
Gesetzen und Verordnungen. –
Ich sehne mich so unendlich
nach einem Zuhause,
danach anzukommen, irgendwo
einen Platz an der Sonne
zu finden,
wo ich bleiben kann,
wo ich leben darf, an eurer Seite: als Freundin oder als Nachbar,
als Kollege oder als Partnerin,
als Mitmensch… –
Ich sehne mich so unendlich
nach einem Ort
mit Sicherheit und Frieden,
wo ich erfahren kann,
dass Gott mich nicht verlassen hat,
trotz allem –
wo ich wiedergeboren werde
in Wärme und Licht,
wo ich erblühe
in Freiheit
und in einem Lächeln,
das mir gilt:
mir, Consuelo
oder mir, Hamid,
mir Li Zhang oder Raissa,
mir Kolya oder Aisha,
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mir Miguel oder Elena,
mir, deiner fernen Schwester,
deinem dunklen Bruder,
hier und heute,
unter dem weiten,
leuchtenden Himmel. –
Ansprache
Die Angst durch Dialog überwinden
„In der Welt habt ihr Angst“ – „Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die vollkommene Liebe treibt die
Furcht aus.“ Joh 16,33 und 1 Joh 4,17 ff. Irene Pabst in innovative 30/2015, hrsg. von Frauenwerk der
Nordkirche, www.frauenwerk.nordkirche.de/docs/inno30.pdf
Fürbitten-Gebet ggf. um einen Altar mit Kerzen, selbst formulierten Bitten und gesungenem Liedruf
zwischen den Bitten …“Geh mit uns auf unserm Weg, geh mit uns auf unserem Weg…“ einen
wandernden Kreis bilden.
Liedruf kann nachgefragt werden bei www.pax-christi.de/friedenskerze
Fürbitten-Gebet Arbeitshilfe zum Weitergeben 4, 2012 mit
Hinweis auf die Internet-Seite http://www.ekd.de/download/tag_menschenrechte_2010.pdf
Gott, du bist Flüchtling gewesen
in dem kleinen Kind aus der Krippe
auf dem Weg nach Ägypten.
Wir bitten dich für alle,
die auf der Flucht sind vor Verfolgung,
vor Not und Hoffnungslosigkeit.
Gott, du hast dein Volk 40 Jahre
durch die Wüste geführt.
Wir bitten dich für alle,
die in den Wüsten ausgesetzt werden,
die verloren gehen
im Niemandsland zwischen den Grenzen.
Gott, du hast Väter und Mütter
zum Aufbruch gerufen
in ein neues, gesegnetes Land.
Wir bitten dich für alle,
die den Mut haben
aufzubrechen in ein neues Land,
in dem sie Zukunft finden wollen.
Gott, du herrschst über
das ungestüme Meer,
du stillst seine Wellen,
wenn sie sich erheben.
Wir bitten dich für alle,
die hilflos auf den Meeren treiben
und in den Wellen versinken.
Gott, du zerteiltest das Meer
und ließest das Volk hindurchziehen
4
und stelltest das Wasser
fest wie eine Mauer.
Wir bitten dich für alle,
für die Meer voller Mauern ist,
weil wir sie nicht hindurchziehen lassen.
Gott, du hast uns die Flüchtlinge
als unsere Nächsten anbefohlen.
Wir bitten dich für uns alle,
die wir für sie Verantwortung tragen.
Amen
Angst wandelt sich in Neugier, Hoffnung und Vertrauen; es tut sich etwas Neues auf…
„It’s a joy to get to know to you!” von Shaina Noll (zu finden auf youtube)
Musik einspielen, Text lesen
It's a Joy to Get to Know You https://www.youtube.com/watch?v=CYJG5NEWfrM
Shaina Noll
It's a joy to get to know you
It's a joy to get to know you
And I really am liking to share in your world,
It's a joy to get to know you
It's a joy to get to know you
And I really am liking to share in your world,
When your love is deep and quiet
I can hear it so clearly
It's calling for ever to share in your world.
When your love is deep and quiet
I can hear it so clearly
It's calling for ever to share in your world.
Segen Irene Löffler, Arbeitsbuch zum Weltgebetstag 2013, WGT Frankreich, S. 118
Gott, du sendest Dein Volk mit einem Auftrag:
Denkt daran, dass auch ihr in Ägypten Fremde wart.
Segne uns, wenn wir einander wirklich wahrnehmen,
in unserer alltäglichen Fremdheit – uns selbst und anderen gegenüber.
Segne uns, wenn wir vergessen, dass wir selbst nur Fremde auf Erden sind.
Segne uns, wenn wir uns verloren geglaubt und wiedergefunden haben.
Du willst uns allen eine Wohnung bereiten.
Lass uns diese Erfahrung immer neu machen
und anderen bereiten.
Amen.
oder:
Gott segne uns – Gott segnet uns Dr. Luise Metzler, Frauenkirchenkalender 2009, S. 146
5
GOTT, Du Quelle des Lebens,
Segne uns mit Lust an deiner Weisung, die uns das Leben lehrt.
GOTT, Du Beschützerin der mutigen wie der Ängstlichen,
behüte unsere tastenden Schritte
auf dem Weg des Friedens und der Gerechtigkeit für alle.
GOTT, Du Wurzel des Vertrauens,
stärke unsere Sehnsucht,
damit wir uns und anderen zum Segen werden.
Amen
Lieder
- Was mir die Seele berührt, verändert die Welt… - http://www.missiohilft.de/media/thema/spiritualitaet/glaubenszeugen/gottesdienstbausteine/gott
esdienstbausteine-lieder-2.pdf
- Lass uns den Weg der Gerechtigkeit gehen…EG EKHN 640
- Schenke mir Gott ein hörendes Herz
www.tvd-verlag.de/tl_files/leseproben/tvd21520_1_Leseprobe.pdf
www.youtube.com/watch?v=bXGJharyzbo
- Meine engen Grenzen, meine weite Sicht…EG EKHN 584
- Wo Menschen sich vergessen
http://www.osna-musik.de/chor/kirche/3_menschen_vergessen.gif
Ideen zum Abschluss
- Teilnehmer_innen bitten, auf eine Wandzeitung am Ausgang aufzuschreiben: Mit welcher
(neuen) Haltung/Erkenntnis/Hoffnung gehe ich?
-
Einladung zu einem gemeinsamen Essen im Sinne von „Vorrat an Himmel miteinander teilen!“
Aktion
„In Memoriam: Weiße Schleifen in der Stadt“ - weiße Schleifen an vielen Orten der Stadt anbringen als
Zeichen der Erinnerung an die Todesopfer der europäischen Asylpolitik. Heimfocus-Magazin, Stimme
für Menschen, Nr. 21.06/2015, siehe auch weiter unten
Hintergrundinformationen speziell zu Frauen in Fluchtsituation
Stellungnahme des Landesverbands Evangelische Frauen in Hessen und Nassau e.V.
„Die Situation von weiblichen Flüchtlingen ist oft doppelt leidvoll: Sie müssen nicht nur die Flucht selbst
ertragen, sondern sind als Frauen zusätzlich der Gefahr von sexuellen Übergriffen und Erpressungen
ausgesetzt.“ Pressemitteilung vom 19.03.2015 über Stellungnahme des Landesverbands Evangelische
Frauen in Hessen und Nassau zur Situation von Frauen auf der Flucht „Denn ich war fremd und du hast
mich aufgenommen“ Landesverband Evangelische Frauen in Hessen und Nassau e.V
http://www.evangelischefrauen.de/tl_files/userFiles/Presse/2015-319_EFHN_Stellungnahme_Migration.pdf
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Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat am 10. September 2015 eine Erklärung der
Leitenden Geistlichen der evangelischen Landeskirchen Deutschlands zur aktuellen Situation der
Flüchtlinge veröffentlicht: http://www.ekd.de/themen/fluechtlinge/index.html
Diakoniereferentin Hildegund Niebch fordert: Beratungsarbeit für Flüchtlinge ausweiten
http://www.ekhn.de/aktuell/detailmagazin/news/diakoniereferentin-fordert-beratungsarbeit-fuerfluechtlinge-ausbauen.html
Das weibliche Gesicht der Migration, Silke Veth, Koray Yilmaz-Günay und Florian Weis, RosaLuxemburg-Stiftung www.rosaluxemburgstiftung.de in „Evangelische Frauen aktuell“, 3+4/2014, S. 4ff.
http://www.evangelischefrauen.de/mitgliederzeitung.html
Migrantinnen in der Bibel
Pfrin. Monika Kreutz in „Evangelische Frauen aktuell“, 3+4/2014, S. 6 (Bibel verstehen)
http://www.evangelischefrauen.de/mitgliederzeitung.html
Wer schützt Frauen nach der Flucht?
Artikel von Chantal Louis in der EMMA
http://www.emma.de/artikel/frauen-auf-der-flucht-330579
Arbeitsbuch zum Weltgebetstag 2013 aus Frankreich „Ich war fremd – und ihr habt mich
aufgenommen – Ideen und Informationen, hrsg. von Weltgebetstag der Frauen Deutsches Komitee
e.V., Stein 2012, http://weltgebetstag.de/index.php/de/service/archiv/frankreich-2013
Das Bundesland Hessen stellt erstmals Aufnahmeeinrichtungen für Frauen bereit
Frauen auf der Flucht sind oft anderen Nöten und Gefahren ausgesetzt als Männer. Dabei geht es auch
um Gewalterfahrungen und sexuelle Belästigung. Um ihnen in Deutschland zumindest eine sichere
Unterkunft anzubieten, hat das Bundesland Hessen erstmals Aufnahmeeinrichtungen speziell für
Frauen bereitgestellt.
http://www.frauenrat.de/deutsch/infopool/nachrichten/informationdetail/article/-2101ebea02.html
Im Bündnis mit dem Paritätischen Hessen, dem Landesverbands der pro familia, der
Landesarbeitsgemeinschaft Hessischer Frauenbüros macht der LandesFrauenRat Hessen auf die
besondere Situation von Frauen in der Situation von Flucht aufmerksam und fordert entsprechende
Regelungen für ihre Unterbringung und Versorgung.
http://lfr-hessen.de/galerie/2015/76-buendnis-zur-situation-von-gefluechteten-frauen-und-maedchen-inden-hessischen-erstaufnahmeeinrichtung-und-deren-aussenstellen.html
Flüchtlinge vom Balkan – Bitte umdenken!
Ist Albanien ein sicheres Herkunftsland?
Die Frauen, die von dort zu uns fliehen, erleben es anders
Elisabeth Raether in ZEIT Nr. 33 vom 13.08.2015
http://www.zeit.de/2015/33/fluechtling-balkan-frauen-gewalt
Flüchtlingshilfe in Deutschland - Ein Sofa ist gut, Respekt ist besser
Christian Jakob in der taz vom 15/16.08.2015 über die Ungleicheit in den Hilfebeziehungen: „Nur zwei
Dinge schützen gegen diese Fallen: Reflexion aufseiten der Helfer und Autonomie aufseiten der
Flüchtlinge. Als Faustregel könnte gelten: Je stärker die Grundbedürfnisse gesichert sind, desto weniger
Probleme gibt es.“
http://www.taz.de/!5220027/
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Heimfocus – Magazin, Stimme für Menschen
Hrsg_in. Eva Peteler, C/O Ausländer- Integrationsbeirat der Stadt Würzburg, Rückermainstr.2, 9707
Würzburg www.heimfocus.net
Von Toleranz, Akzeptanz und Grenzen
Ein Beitrag von Bernd Nagel, Studienleiter im Zentrum Seelsorge und Beratung in Friedberg (EKHN) in
„unterwegs zu menschen“ 1/15, S. 8ff
Buchtipps
Femina Migrans – Frauen in Migrationsprozessen (18.-20. Jahrhundert),
Edeltraud Aubele, Gabriele Pieri (Hg.), Ulrike Helmer Verlag/Ts. 2011,
Preis € 19,95
ISBN 978-3-89741-6
Einer unter 7 Milliarden
Was Menschen erleben, träumen und hoffen
Yann Artus-Bertrand, Fondation GoodPlanet,
gebunden, Febr. 2013, 320 Seiten
Preis € 24,95
ISBN 978-3-86873-585-7
Buchbesprechung in „Evangelische Frauen aktuell“ Nr.3 u.4 2014 S.22
http://www.evangelischefrauen.de/mitgliederzeitung.html
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