38 A S F L SV B L Logistik bewegt die Welt – Bewegen Sie sich mit uns! Schweizerische Vereinigung für die Berufsbildung in der Logistik Association Suisse pour la formation professionnelle en logistique Associazione Svizzera per la formazione professionale in logistica Trends – Entwicklung und Einfluss auf die Logistik Die Welt hat sich in den letzten 30 Jahren stark verändert. Seit der erste Film «Back to the Future» produziert wurde, der erste einer Serie von weiteren Filmen, haben sich einige der damals gezeigten Zukunftsvision verwirklicht. Andere haben sich aber als unrealistisch erwiesen. Der erste Film spielte 1985 und in der Vergangenheit 1955, der zweite ebenfalls 1985 und in der Zukunft 2015. Warum ich dies heute erwähne? Nun Dr. Emmett L. «Doc» Brown (gespielt von Christopher Lloyd) und Marty McFly (gespielt Nachbau der Zeitmaschine auf der Basis eines DeLorean. (Bild: www. wikipedia.org) von Michael J. Fox), haben sich im Jahre 1985 auf eine Zeitreise in das Jahr 2015 begeben – genauer den 21. Oktober 2015 – ein Datum welches wir alle vor einigen Tagen erleben durften. Das damalige Kernstück der Geschichten hat natürlich nie funktioniert: Der «Fluxkompensator», welcher den umgebauten Wagen der Marke DeLorean auf Zeitreise schickte war nur ein Trick der Filmindustrie. Natürlich hat sich in den 30 Jahren auch die Logistik gewaltig verändert. So ist der Barcode etwas älter als die Filme, der UPC (Universal Product Code) wurde 1973 in Die «Logist ik & ist Fö rd ertec h n ik» off ızie ll er Med ie n pa rt ne r de r ASFL SVBL den Vereinigten Staaten eingeführt. Palette und Container sind noch älter und stammen aus den 50er Jahren. Wie sieht es aber mit der Logistik in der Zukunft aus? Wagen wir also den Versuch, die zukünftige Entwicklung der Logistik etwas zu erfassen. Basierend auf dem Zitat1 «Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen» ist dies gar kein so einfaches Unterfangen. Auch mit komplexen Algorithmen ist es schwierig, die Zukunft richtig zu erfassen, dies obwohl google oder auch Siri auf dem iPhone uns alles sagen können, ist die Zukunft unLOGISTIK UND FÖRDERTECHNIK 11/2015 A S F L SV B L 39 gewiss und es bleiben immer viele Überraschungen. Die BVL (Bundesvereinigung Logistik in Deutschland) hat in einem Aufsatz, basierend auf den gesellschaftlichen Megatrends wie Energieeffizienz, Nachhaltigkeit, Urbanisierung und demografischen Entwicklungen mit der Folge von veränderten Bedingungen in der Logistik im Jahre 2015 folgende Trends identifiziert: AUTOMATISIERUNG – DER LOGISTIKMOTOR Fachkräftemangel und eine älter werdende Gesellschaft stellen Unternehmer vor neue Herausforderungen. Die Automatisierung wird ein wichtiger Faktor etwa im Bereich von Lagerprozessen steigt der Automatisierungsgrad. Gestiegene Kundenanforderungen sind ohne Automatisierung nicht realisierbar. Denken Sie etwa an den Einsatz von Robotern beim Be- und Entladen von Paletten oder in der Form eines Pick-Automaten im Kommissionierbereich. TRANSPARENZ – EIN ERFOLGSFAKTOR Die Transparenz der Geschäftsprozesse wird immer offensichtlicher. Komplexe Prozesse und zunehmende Sendungszahlen führen zu hohen Informationsmengen, welche durch Informatiklösungen sichtbar gemacht werden. Ein Beispiel dazu ist das Tracking und Tracing von Sendungen bei der Post und bei anderen Unternehmen der KEP (Kurier-, Paket- und Expressdienste) auf den Webseiten der entsprechenden Anbieter. IT – DIE SCHLÜSSELDISZIPLIN In der Logistik werden verschiedene Enabler eingesetzt. Einer der wichtigsten ist die IT (Informations Technologie). Damit werden die Prozesse effizienter und der Datenf luss – meist als 11/2015 LOGISTIK UND FÖRDERTECHNIK Robotergestützte Palettierstation mit Vakuum-Saugspinne SSP zum automatisierten Palettieren/ Depalettieren von Kartons unterschiedlicher Grösse. (Bild: www.schmalz.com) vorlaufende Flussgrösse vor dem Warenfluss – führt zu optimierter Koordination in Logistik- und SC-Netzwerken (Supply Chain). In Zukunft werden Softwarestandards webbasiert und im Idealfall als «Open Source» angeboten werden. Bereits heute gibt es zahlreiche Lösungen dieser Art, etwa Linux, Firefox, Android und viele andere Anwendungen auch für Smartphone-Geräte. NACHHALTIGKEIT – DIE UMWELT IM FOKUS In der Umwelt stehen zwei Punkte im Vordergrund: Einerseits die Nachhaltigkeit als zentrales Thema und andererseits der verantwortungsbewusste Umgang mit den Ressourcen und der damit einhergehenden CO2-Reduktion. Angefangen von der Bündelung von Sendungen (Konsolidierung), dem Vermeiden von Leerfahrten (Kabotage) bis hin zur Verkehrsverlagerung von der Strasse auf die Schiene – wie in der Schweiz mit der Alpen-Initiative postuliert – gibt es in der Logistik unterschiedlichste Entwicklungen zu diesem Trend. Die zahlreichen aufgeführten Beispiele zeigen, dass hier nicht reine Zukunftsvisionen aufgezeigt werden, sondern Trends welche in Zukunft noch an Bedeutung gewinnen werden. In einem anderen Beitrag2 wurde aufgezeigt, welchen Einfluss und welche Auswirkungen auf die Logistik (z.B. Beschaffung und Einkauf) auftreten könnten. Basierend auf den Megatrends, wie diese bereits 1982 von John Naisbitt in den Vereinigten Staaten postuliert wurden 3, werden folgende Trends als entscheiden eruiert: BESCHLEUNIGUNG DES TECHNOLOGISCHEN FORTSCHRITTS Immer mehr Forscher in den Industrieländern und vermehrt auch in den Schwellen- und Entwicklungsländern produzieren immer schneller Forschungsergebnisse. Die Schweiz gilt als eines der innovativsten Länder überhaupt mit einem der höchsten Anteile an Nobelpreisen bezogen auf die Bevölkerung. «Simultaneous Engineering» (Gemeinsames Entwickeln von Produzenten und Lieferanten) 40 A S F L SV B L führt zu einer Beschleunigung der Entwicklungsprozesse und wird als entscheidender Erfolgsfaktor angesehen. Dauerte es vor 1980/90 noch mehrere Jahre bis ein neues Auto entwickelt wurde, muss dies heute oft in weniger als einem Jahr geschehen. Ein anderes Beispiel ist die Entwicklung in der Unterhaltungsindustrie und in der Kommunikation. Unsere Grosseltern haben fast ihr ganzes Leben mit einem bestimmten – natürlich kabelgebundenen – Telefongerät telefoniert. Heute erwarten die Benutzer von Mobiltelefonen und Smartphones jedes Jahr ein neues Modell mit neuen und verbesserten Funktionen. Einhergehend mit dieser Entwicklung ist auch eine Miniaturisierung der Technik. Heute kann ein Laptop mehr als der erste Computer der Bodenstation in Houston zur Kontrolle des Mondfluges in den 60er-Jahren. Dies alles führt zu massiven Veränderungen in der Produktionslogistik. VERÄNDERUNGEN IN DER POLITISCHEN UND MAKROÖKONOMISCHEN UMGEBUNG Nicht zuletzt auch als Folge des soeben erklärten Trends wird die Nachfrage nach Rohstoffen nicht nur in den Industrieländern sonDer Hafen in Busan ist in den letzten Jahren rekordverdächtig gewachsen. (Bild: www. portstrategy. com) Vom Wandtelefon bis zum Smartphone, das Telefon hat eine enorme Entwicklung hinter sich. dern in allen Regionen der Welt steigen. Trotz einer Verbesserung der Rohstoffeffizienz (weniger Rohstoff je produzierte Einheit, zum Beispiel dünneres aber geformtes und damit versteiftes Blech im Automobilbau) kommt es zu einer Konkurrenz verschiedener Länder um die Ressourcen. Die Verfügbarkeit kann zum Problem werden, Beispiele sind etwa die «seltenen Erden» welche nur an einigen wenigen Orten in der Natur abgebaut werden können und faktisch länderbezogene «Monopole» kreieren können. Ein anderes Beispiel ist auch das Erdöl, welches ganzen Regionen zu enormen Reichtum verholfen hat. Die langfristigen Wirtschaftszyklen wurden abgelöst durch eine relativ rasche Abfolge von Veränderungen in der ökonomischen Welt. Etwa auch hervorgerufen durch Terror (9/11, 2001 in den USA), durch Naturkatastrophen (Tsunami in Thailand) oder auch durch ökologische Katastrophen wie Fukushima oder durch wirtschaftliche «Erdbeben» wie die globale Finanzkrise von 2008. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen (makroökonomische Umgebung) wechseln in rascher Folge und bestimmen dabei nicht nur die Katastrophenoder Hilfslogistik sondern auch die allgemeine Entwicklung dieser Disziplin. VERSCHIEBUNG DER ÖKONOMISCHEN WACHSTUMSZENTREN Traditionelle Märkte wie Westeuropa und Amerika verlieren an Bedeutung und die Entwicklungs- und Schwellenländer (BRIC-Staaten, Brasilien, Russland, Indien und China) werden zu den treibenden Kräften des globalen Wirtschaftswachstums. Damit wird sich eine neue Mittelklasse bilden, welche mehrere Milliarden Konsumentinnen und Konsumenten umfassen wird. Für die Logistik heisst dies, neue globale Zentren (Hubs) im asiatischen Raum, in China und weiteren Ländern. Beispiel sind etwa der Hafen in Busan in Südkorea oder die neuen Hubs in Shanghai, in Hong Kong oder in Singapore. In diesen Hubs werden Millionen von TEU’s (Twenty Foot Equivalent Unit: 20 Fuss Container) umgesetzt. Der «Port of SwitzerLOGISTIK UND FÖRDERTECHNIK 11/2015 A S F L SV B L 41 land» in Basel mit jährlich gut 100 000 TEU scheint hier schon fast miniaturmässig klein. DEMOGRAFISCHER RÜCKGANG In vielen Industrieländern werden die abnehmenden Geburtenraten und die zunehmende Überalterung nicht nur zu Schwierigkeiten der Finanzierbarkeit der älteren Generationen führen, sondern ein eigentlicher Mangel an Führungs- und Fachkräften verursachen. Bereits heute gibt es zahlreiche Firmen in der Schweiz, welche nicht alle ihre Lehrstellen besetzen können. Zwar gehört der Logistiker in der Schweiz immer noch zu den Wachstumsberufen und hat sich seit der Einführung des «Lageristen» auf Platz 11 der Liste der häufigsten Berufe vorgearbeitet4. Aber es ist absehbar, dass auch die Logistikerlehre in Zukunft unter Druck geraten könnte. Bereits heute besteht in der Logistik, ausserhalb der Berufslehre, eine steigende Nachfrage nach gut ausgebildeten Fachkräften. CORPORATE SOCIAL RESPOSABILITY (CSR) Unter dem Begriff CSR versteht man das Verantwortungsbewusstsein von Unternehmungen gegenüber den Umwelt- und Sozialbereichen. Angetrieben durch Konsumenten mit einem hohen sozialen und ökologischen Anspruch – einhergehend mit einer veränderten Gesetzgebung, welche diese Entwicklungen mitberücksichtig – sehen sich viele Firmen gezwungen zu reagieren. Logistikdienstleister fördern ökologisch bessere Transportalternativen (Bahn statt Strasse), Anbieter DR. BEAT M. DUERLER Dr. oec. publ. Betriebswirtschaft Präsident SVBL und Delegierter OdA Dr. Beat M. Duerler war schon während seines Studiums der Wirtschaftswissenschaften fasziniert von der engen Vernetzung der Logistik mit der Ökonomie. Deshalb widmete er seine Doktorarbeit auch der strategischen Bedeutung der Logistik für Unternehmen. Die Logistik hat ihn seither nicht mehr losgelassen. So profitieren die Studenten bis hin zur universitären Stufe in unzähligen Lehrveranstaltungen von seinem profunden Logistikwissen. Neben seiner Tätigkeit als selbstständiger Berater ist Beat M. Duerler Präsident der QS-Kommission der Logistiker auf tertiärer Stufe und Vorstandsmitglied der Schweizerischen Vereinigung für die Berufsbildung in der Logistik. produzieren auch in Drittweltländern unter humaneren Bedingungen und Naturprodukte werden unter besonderer Einhaltung von Vorgaben produziert. Bio-Produkte finden reissenden Absatz, Kaffee und Kakao werden nach nachhaltigen Kriterien angebaut und transportiert. Dies sind nur einige Beispiele, welche die weltweiten Logistikketten beeinflussen. Diese aufgezeigten Szenarien beeinflussen alle die weitere Entwicklung der Logistik. Es ist ein spannendes Feld und vieles ist noch offen. Als Kombination verschiedener der gezeigten Trends können wir den Transport in Zukunft nehmen: Nein, nicht das HoverBoard aus dem Film «Back to the Future» sondern Entwicklungen wie erhöhte Mobilität, teilen von Fahrzeugen (Mobility) oder neue Systeme des Personentransports (Uber) und des Gütertransports (Drohnen). Auch das E-Bike erfüllt die gestellten Bedingungen verschiedener der aufgezeigten Trends und sogar das Elektrofahrzeug – nicht als Stapler sondern als Auto – hat mit dem Tesla eine Wiedergeburt erlebt. Leider kann die Zukunft tatsächlich nicht genau vorausgesagt werden, aber die Trends geben uns sicher Denkanstösse wohin die Reise gehen könnte. In 30 Jahren, vielleicht am 21. Oktober 2045, wissen wir viel mehr … ? Weitere interessante Artikel zum Thema Logistik und zur SVBL finden Sie auf unserer Website www.svbl.ch Quellen 1 Dieses Zitat wird unter anderem dem dänischen Physiker Niels Bohr zugeschrieben 2 Megatrends 2022, Prof. Dr. Holger Schiele, SCM 1/2012 3 Megatrends: Ten New Directions Transforming Our Lives, Warner Books 1982 4 Statistik des Bundes 2013/14 Impressum Ausgabe/Edition: 11/2015 © SVBL Für den Inhalt verantwortlich: Dr. Beat M. Duerler Redaktion/Rédaction: Redaktionsteam ASFL SVBL Herausgeber: Geschäftsstelle SVBL, Rigistr. 2, CH-5102 Rupperswil, Tel. +41 (0)58/258 36 00, Fax +41 (0)58/258 36 01, [email protected], www.svbl.ch Adresse pour la Suisse romande: Centre de formation en logistique, Rte de Fribourg 28, CH-1723 Marly Tél. +41 (0)58/258 36 40, Fax +41 (0)58/258 36 41, [email protected], www.asfl.ch 11/2015 LOGISTIK UND FÖRDERTECHNIK
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