Vom Acker auf den Teller.

flickr; Christopher Paquette
ISSN 0 178 476507193 F • P.b.b. GZ 06Z036931 M • www.biokreis.de • www.bionachrichten.de
AUGUST 2015
Vom Acker auf den Teller.
Unseren Lebensmitteln auf der Spur.
Mästen statt Schreddern:
Österreich stoppt Tötung von Bio-Küken.
Hot Spot für Essensretter:
Mit dabei beim heißesten Brunch des Jahres.
Hörner weg – alles gut?
Immer mehr Rinder sind genetisch hornlos.
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Liebe Leserinnen und Leser,
einen Apfel vom Baum pflücken und hineinbeißen, eine Kuh melken und ihre
Milch trinken, einen Fisch aus dem Bach angeln und ihn über dem Feuer braten:
So war es einmal. Vor langer Zeit. Ursprünglich. Heute beschafft sich in unseren
Breitengraden kaum einer auf diese Art und Weise sein Essen. Acker und Stall
sind von den meisten Verbrauchern weit entfernt, hinter den verschlossenen Türen
der Lebensmittelindustrie werden Rohstoffe verarbeitet und unsere Nahrungsmittel hergestellt. Wir haben die Beschaffung unserer Lebensmittel aus der Hand
gegeben, lassen sie im Verborgenen abwickeln – und werden dadurch skeptisch.
Viele Verbraucher wollen heute wieder wissen, wie die Wertschöpfungsketten
aussehen, woher ihr Essen kommt, was es enthält. Sie wollen die Transparenz,
die es ihnen ermöglicht, sich zu entscheiden – für das Schlechte oder das Gute
oder das Bessere.
„Vom Acker auf den Teller“ lautet das Titelthema der aktuellen Ausgabe und wir
haben uns mit unterschiedlichen Bausteinen dieses Prozesses auseinandergesetzt.
Wir haben nach dem Mehrwert von biologischen Lebensmitteln gefragt, über
Vertrauen und Bewusstseinsbildung gesprochen (Interview mit Alexander Beck,
S. 18/19), haben Wertschöpfungsketten einzelner Produkte genau unter die Lupe
genommen (S. 20-23), uns die Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln angesehen
und uns erklären lassen, wie die Kontrolle von biologischen Produkten im Detail
abläuft.
Was Bio-Käufer in Österreich ab Dezember über die Wertschöpfungskette ihrer
Eier wissen: Es dürfen keine männlichen Eintagsküken dafür getötet werden.
Österreich schafft auf dem Bio-Sektor die Kükentötung ab und leistet damit
Pionierarbeit. Wir sind gespannt, wie sich dieser ambitionierte Plan gestaltet.
Lesen Sie dazu ein Interview mit dem Nutztierexperten Korel Cimer (Seite 12/13)!
Ich wünsche Ihnen einen schönen Spätsommer!
Ihre
-3-
bioNachrichten ––– Inhalt
12
INFO
-4-
bioNachrichten ––– Inhalt
28
24
30
TITEL
VOM ACKER AUF DEN TELLER
BIOWELT
BIOKREIS
„Kein Boot verkaufen,
sondern die Sehnsucht
nach dem Meer lehren“
Interview mit AöL-Geschäftsführer
Dr. Alexander Beck
28
Nachhaltig leben:
Hot Spot für Essensretter
Heißester Brunch des Jahres
gegen Lebensmittelverschwendung
in Berlin.
34
Landwirte fragen, Berater antworten
36
Hörner weg – alles gut?
Deutschlands Rinderherden werden
zunehmend genetisch hornlos.
30
Reise: Das Allgäu
und die Launen der Natur
Die Biokreis-Exkursion 2015.
38
Mehr Humus, mehr Ernte
Ein lebendiger Boden als Basis
einer nachhaltigen Landwirtschaft.
32
das bioRestaurant:
Des Bäckers Essen
Im Café Wagner der gleichnamigen
Traditions-Bio-Bäckerei in Ruderting
wird jetzt auch gekocht.
40
Verarbeiterporträt:
Sammler und Gemüseretter
Georg Thalhammer handelt mit
frischem Gemüse und stellt Feinkost
aus Kürbissen und Wild-Bärlauch her.
42
Aktuelles
51
Die bayerische staatliche
Ökoberatung informiert
52
Marktplatz
59
Verlosung
61
Personalien
62
Bücher / Vorschau / Impressum
06
Biokreis-Produkte
07
Das ist der Biokreis
08
Termine
18
10
Notizen
20
Wertschöpfungskette Müsli
12
Agrarpolitik
Österreich stoppt
Tötung von Bio-Küken.
22
Wertschöpfungskette Leberkäse
14
Alte Rassen statt Hybride
Zum Ende der Tötung von
Bio-Küken in Österreich.
24
Gib mir ein Zeichen!
Per Internet und Smartphone
können Verbraucher ihre Lebensmittel
näher kennen lernen.
26 Ist da auch Bio drin?
Wie die Kontrolle von
biologischen Lebensmitteln
funktioniert.
-5-
Bild Küken:
Timo Klostermeier;
pixelio
Bild Strichcode:
Douglas LeMoine;
flickr
Bild Gemüse:
http://www.geniesstuns.
de/essensretterbrunch-2
Bild Allgäu:
Jörn Bender
Produkte
Das ist
der Biokreis:
Wo bekomme ich
Biokreis-Lebensmittel?
Mit dem Siegel des Biokreis
ausgezeichnete Lebensmittel finden
sich in Naturkost-Fachgeschäften, in
Hofläden, auf Wochenmärkten oder in
den Läden der Bäckereien, Metzgereien,
Käsereien etc. Die Biokreis-Direktvermarkter in der Umgebung findet man
auf www.biokreis.de unter dem
Menüpunkt Verbraucher.
Der Biokreis wurde vor 35 Jahren in Passau
gegründet und ist heute der viertgrößte
ökologische Anbauverband in Deutschland.
Der Verband ist bundesweit aktiv, mit eigenen
Biokreis-Landesverbänden in Bayern, NordrheinWestfalen und Hessen. Die aktuelle Mitgliedschaft des Vereins setzt sich zusammen aus rund
1000 landwirtschaftlichen Betrieben, 125 Lebensmittelverarbeitern sowie 200 Verbrauchern. Der
Biokreis versteht sich als Verband der bäuerlichen Landwirte und handwerklichen
Lebensmittelverarbeiter.
Biokreis-Richtlinien
garantieren mehr als EU-Bio
Die Kriterien, die ein Lebensmittel erfüllen
muss, um sich „bio“, „öko“ oder „aus kontrolliert biologischem Anbau“ nennen zu dürfen, sind in der EUÖko-Verordnung festgelegt und werden kontrolliert.
Die EU-Öko-Verordnung bildet jedoch lediglich einen
Mindeststandard, auf den sich alle Mitgliedsstaaten
einigen konnten. Für eine nachhaltig „ökologische“
Lebensmittelherstellung braucht es nach Auffassung der Ökoverbände wie Biokreis
und seiner Mitglieder einiges mehr.
LEONHARDS
DIJON SENF
RINDERSTEAK COUNTRY
DINKELKRONE
BIOHAFER CRUNCHY
SINGLE-PACK 60g
Inhaltsstoffe:
Trinkwasser, Braunsenfsaaten,
Gelbsenfsaaten, Apfelessig,
Steinsalz, Curcuma
Inhaltsstoffe:
Rindfleisch (90 %), Sonnenblumenöl,
Pfeffer bunt (0,9 %)
Inhaltsstoffe:
67 % Dinkelvollkornmehl, Wasser, Natursauerteig (Dinkel), 24 % Dinkel (geflockt),
9 % Dinkelmehl 812, Sonnenblumenkerne,
Leinsaat, Kristall-Natursalz, Hefe
Inhaltsstoffe:
Haferflocken 40 %, Weizenflocken
14 %, Rohrohrzucker, Palmfett ungehärtet,
Kokosflocken, Weizenpops (Weizen, Honig),
Honig 2,5 %, Himalayasalz
Preis: 4,50 EUR / 125 ml
Preis: 34,90 EUR / 1 kg
Preis: 4,90 EUR / 750 g
Preis: 0,99 EUR pro Packung
www.weber-senf.de
www.c-nf.de
www.biohofbaeckerei.de
shop.antersdorfer-muehle.de
Wer die Arbeit des Biokreis direkt mitverfolgen und unterstützen möchte, kann für einen
geringen Jahresbeitrag von 45 Euro VerbraucherMitglied werden (einfach eine Mail an info@
biokreis.de schreiben). Alle Mitglieder erhalten
pro Jahr sechs Ausgaben der bioNachrichten,
die neben landwirtschaftlichen Informationen
auch spannende Porträts von Biokreis-Betrieben,
Restaurant-Tipps, Reiseberichte und Themen
rund um Nachhaltiges Leben enthalten.
Leistungen für Mitglieder
Für seine Mitglieder bietet der Verband
ein großes Netzwerk: Biokreis-Landwirte
kooperieren mit Biokreis-Verarbeitern,
Mitgliedsbetriebe erhalten kompetente Beratung, können an Exkursionen und Workshops teilnehmen und werden über die
wichtigen Themen der Branche informiert.
Außerdem leistet der Biokreis Presse- und
Öffentlichkeitsarbeit, die Organisation von
Gemeinschaftsständen auf den Messen
der Branche und politische
Interessensvertretung.
Bilder: http://ec.europa.eu/
EU-Bio? Verbands-Bio?
Biokreis-Landwirte stellen ihren gesamten
Betrieb auf bio um. Außerdem halten sie
deutlich weniger Tiere pro Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche. Landwirte müssen
ihren Dünger selbst erwirtschaften. Erdlose
Kulturverfahren (z.B. bei Feldsalat) sind verboten. In der Lebensmittelverarbeitung erlauben die Biokreis-Richtlinien deutlich weniger
Zusatzstoffe als die EU-Öko-Verordnung. Die
Einhaltung der Verbandsrichtlinien wird durch
unabhängige Kontrollstellen überprüft.
INFO ––– Termine
Weitere Informationen bzw. Links zu
den Veranstaltungen auf dieser Doppelseite finden Sie auf www.biokreis.de
unter dem Menüpunkt „Termine“
Veranstaltungen und Termine
Biokreis
in Bayern
Biokreis
in NRW
Termine
anderer
Veranstalter
11. August, 19.30 Uhr
Grünlandbesichtigung: Bestandsführung, Düngung
und Unkrautproblematik im Grünland
Ort: Betrieb Josef Heinle, Moos 180, 87764 Legau
Anmeldung: bis 10. August an David Hierenbach,
[email protected] oder 07522/912722
16. August, ganztägig
Bus-Exkursion des Biokreis NRW zu zwei Mitgliedsbetrieben im Norden von NRW, Schwerpunkt: Fleischrinderhaltung und Direktvermarktung
Anmeldung: Tel. 02733-124455
31. August bis 2. September
Lehrgang zur ökologischen Ziegen- und Milchschafhaltung, Umstellungs- und Grundlagenseminar
Ort: Öko-Akademie Kringell
28. bis 30. August
Fair Trade & Friends – Messe rund um den fairen Handel
Dortmund
07. bis 11. September
Öko-Lehrgang Bienenhaltung
Ort: Öko-Akademie Kringell
15. September, 19.30 Uhr
Info-Veranstaltung zur Gründung eines Arbeitskreis
Öko-Schweinehaltung durch das AELF Landshut
Ort: 84051 Mirskofen, Gasthaus Luginger
16. September
„Mein Weg in den Biomarkt“: fünftägiges Seminar für
Neu- und Quereinsteiger in die Bio-Branche
Kugler & Rosenberger, Unternehmensberatung
19. bis 23. Oktober
Öko-Lehrgang Streuobst
Ort: Öko-Akademie Kringell
20. September
BioSüd, Augsburg
27. September
BioNord, Hannover
Ökoaktionstage in NRW
30. August, ab 10.30 Uhr
Große Auftaktveranstaltung der
Ökoaktionstage NRW u.a. mit Minister
Johannes Remmel auf dem BiokreisBetrieb Edel Käserei Kalteiche (Matthias
Kühn), Eröffnungsansprachen gegen
11.15 Uhr
Ort: Schönebachsweg 12,
57234 Wilnsdorf
30. August, 11 bis 17 Uhr
Gemütliches Hoffest im Rahmen der
Ökoaktionstage NRW
Ort: Archehof Klosterhof Bünghausen,
Peter Schmidt, Hömelstraße 12,
51645 Gummersbach-Bünghausen
5. September, ab 14 Uhr
Landwirtschaft und Naturschutz bei
der Schäferei Küthe in Siegen; geführte
Wanderung über die Trupbacher Heide
mit Infos rund um Naturschutz und
Landwirtschaft
Ort: Mühlchenstraße 7,
57078 Siegen-Meiswinkel;
Treffpunkt am Wasserhochbehälter auf
der Höhe zwischen Freudenberg-Alchen
und Niederholzklau.
17 Uhr: Betriebsführung; mit betriebseigenen Spezialitäten aus der hofeigenen
Käserei und Leckerem vom Lamm sowie
Getränken wird für das leibliche Wohl
gesorgt.
19 Uhr: Filmvorführung „10 Milliarden:
Wie werden wir alle satt?“ von Valentin
Thurn, ebenfalls auf dem Betrieb.
Die einzelnen Teile der Veranstaltung
können unabhängig voneinander besucht
werden. Veranstaltung im Rahmen der
Aktionstage Ökolandbau NRW und in
Zusammenarbeit mit dem NABU
(Naturschutzbund).
12. September, 9 bis 15 Uhr
Bio Bäckerei Wagner: Schauen, probieren und genießen
bei der Hausmesse im Bioladen.
Ort: Passauer Straße 25, 94161 Ruderting
12. September, 12 bis 22 Uhr
Gottschaller Biohofbäckerei: Jubiläumsfest zum 20-jährigen Bestehen mit Live-Musik, Speis und Trank, Betriebsführungen und Verkostungen
Ort: Gottschall 1, 94094 Rotthalmünster
13. September, 10 bis 18 Uhr
Landgut Schloss Hemhofen: Hoffest mit Stall-, Waldund Felderführungen, Fachvorträgen, Ständen mit ökologischen Schmankerln und Kinderprogramm
Ort: Schlosshof 3, 91334 Hemhofen
26. September, 11 bis 17 Uhr
Biohof Mittelmühle: Cowboys zeigen ihre Arbeit mit den
Bio-Auerochsen, dazu Spiele und eine Wanderung mit
den Eseln, außerdem Auerochsengulaschsuppe und
– grillbratwurst
Ort: Schwarzes Moor 1, 97650 Fladungen
26. September, 10 bis 16 Uhr
Bio-Witt: Bio-Brunch, Bio-Hausmesse und Biergarten
Ort: Welserstr. 16 ab, 91522 Ansbach
26. September, 10 bis 17 Uhr
Müßighof: Erntedankfest mit Erntedankgottesdienst,
Kinderprogramm, Hofführungen, Aufbau einer großen
Gemüsepyramide, Kaffee und Kuchen, Verkauf und
Verkostungen
Ort: Müßighof 3, 91720 Absberg
27. September, 11 bis 16.30 Uhr
Biohöfe Markus Frey und Scheitz: Hoffest am Huberhof
und am Tannhof mit Attraktionen für Jung und Alt,
öko-kulinarischen Köstlichkeiten und einer
Kutschverbindung zwischen den beiden Höfen
Ort: Fuchsbichl 1/Tannhof 1, 82346 Andechs
27. September, 10.30 bis 17 Uhr
Bio-Imkerei „Die Bienenhüter“: Erntedankfest mit
Bienenvorführung, Bio-Honigverkostung, Info-Tischen,
Kinderprogramm, Kaffee, Kuchen und Kürbissuppe
Ort: Hans-Kalb-Straße, 90471 Nürnberg
27. September, 10.30 bis 15.30 Uhr
Tiergarten Nürnberg: Der Biobauernhof Gut Mittelbüg,
wo frisches Biofutter für die Tiere angebaut wird, öffnet
seine Pforten.
Ort: Am Tiergarten 30, 90480 Nürnberg
4. Oktober, 10 bis 18 Uhr
Herrmannsdorfer Landwerkstätten: Erntedankfest mit
Tag der offenen Tür in den Werkstätten, Bio-Schmankerln, Biergarten mit bayerischer Blasmusik, Kutschfahrten und Kinderprogramm.
Ort: Herrmannsdorf 7,85625 Glonn
6. Oktober, 18 bis 21 Uhr
Holunderhof Lohe: Führungen zum Anbau von Dinkel,
Emmer und Leindotter sowie Besuch bei der GallowayMutterkuhherde auf der Weide, anschließend Bio-Buffet
mit hofeigenen Produkten (14 Euro/Person inklusive
Skript, Essen und Getränke)
Ort: Lohe 2, 86732 Oettingen
11. Oktober, 9 bis 16 Uhr
Tiergarten Nürnberg: Vorstellung seines Bio-Bauernhofs
Gut Mittelbüg und des Konzepts „Bio für Tiere“ im Rahmen des Tages der offenen Tür der Stadt Nürnberg
Ort: Hauptmarkt, 90402 Nürnberg
-9-
Bild: Hoffmann
Notizen
Applaus für Erdbeersecco!
Biokreis-Kräuterbauer hatte schönsten Stand am
Tollwood
Bild: Tollwood
Das Tollwood Sommerfestival und Hacker-Pschorr kürten zum
24. Mal den Gastropreisgewinner und den schönsten Marktstand. Eine Jury von Studenten der Blocherer Schule München
(Schule für Innenarchitektur, Kommunikationsdesign und Fotografie) bewertete alle Marktstände. Sie vergaben den MarktPreis nach den Kriterien Produkt, Dekoration und Service. Dieser ging in diesem Sommer an den Stand „Kräuterbauer“, der
Mitglied im Biokreis ist. Die Betreiber Paul (im Bild rechts mit
Hut) und Margarethe Stoiber und ihr Team verkaufen Kräuterpasten aus eigener Herstellung, Essige und Öle, Ansatzliköre
und -schnäpse. Tollwood
Fotowettbewerb - So blüht die ökologische Landwirtschaft!
Bild: dsv
Kleegras- und Zwischenfruchtbestände sind in ökologischen Fruchtfolgen unverzichtbar. Sie binden
Stickstoff und fördern die Bodenstruktur. Aber auch als blühende Landschaftselemente fallen die Bestände immer wieder positiv auf. Unter dem Motto „So blüht die ökologische Landwirtschaft“ lädt die
Deutsche Saatveredelung AG alle ökologisch wirtschaftenden Betriebe mit aktueller Öko-Zertifizierung
zur Teilnahme am Fotowettbewerb ein. Zu gewinnen sind TerraLife Öko und COUNTRY Öko Einkaufsgutscheine im Wert von bis zu 1000 Euro. Teilnehmer können ihr bestes Foto (Dateigröße 1,5 bis max.
10 MB) eines Kleegras- oder Zwischenfruchtbestandes per E-Mail an [email protected] senden oder auf
www.dsv-saaten.de hochladen. Einsendeschluss ist der 30. September 2015.
Alle Informationen unter: www.dsv-saaten.de
Öko-Monitoring bestätigt: Bio liefert die
sichersten Lebensmittel
Baden-Württemberg präsentierte die Ergebnisse des neuesten Öko-Monitorings, einem Kontrollprogramm,
das Bio-Lebensmittel auf erwünschte und unerwünschte Inhaltsstoffe untersucht und die Werte mit
denen konventionell erzeugter Lebensmittel vergleicht. Der Vorsitzende des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), Felix Prinz zu Löwenstein, kommentiert: „Die neuen Test-Ergebnisse des ÖkoMonitorings Baden-Württemberg zeigen dieses Jahr ein weiteres Mal, dass Bio-Lebensmittel die sichersten
Produkte am Markt sind. Weil Bio-Bauern keine chemisch-synthetischen Pestizide einsetzen, sind diese
fast vollständig frei von Verunreinigungen mit Pestiziden. Besonders deutlich wird der Unterschied bei
Gemüse: Öko-Gemüse ist durchschnittlich 320-fach weniger mit Pestiziden belastet als konventionelle
Produkte.“ BÖLW
Der Biokreis-Winzer Gerhard Hoffmann aus Göcklingen
(Rheinland-Pfalz) beliefert den Naturkostfachhandel-Großhändler Phönix (Rosbach im Norden von Frankfurt) mit verschiedenen Produkten. Bei der Phönix-Hausmesse im Juni
wurde der Erdbeersecco des Weinguts zum Produkt des Jahres
gewählt.
Neue BioBoden Genossenschaft weitet
Flächen für Ökolandbau aus
Die hiesige Bio-Landwirtschaft kommt bei der Nachfrage nach Bio-Produkten längst nicht mehr nach. Jede
zweite Bio-Ware wird importiert. Und die Lücke wird
immer größer. Die neue BioBoden-Genossenschaft will
das ändern. Sie erwirbt für Bio-Bauern zusätzliche Flächen oder ganze Betriebe und stellt sie ihnen langfristig
zur Verfügung - mit der Auflage, sie nach den Grundsätzen eines Öko-Anbauverbandes zu bewirtschaften.
Dafür werden Land oder Höfe einerseits verpachtet, andererseits betreibt die BioBoden Genossenschaft ebenso
selbst Landwirtschaft. Die Genossenschaft mit Sitz in
Rothenklempenow (Mecklenburg-Vorpommern) wird
getragen von Privatpersonen und einem breiten Bündnis:
GLS Treuhand, GLS Bank und Stiftung Evidenz sowie
die Naturkostbranche von Bauckhof bis Zwergenwiese.
Mehr unter: www.bioboden.de BioBoden
Biomessen kompensieren CO2-Ausstoß
Die Biomessen (bio Nord, bio Ost, bio West und bio
Süd) setzen auf ein innovatives Konzept zur Klimaneutralität. Zum Ausgleich der Emissionen, die durch den
Betrieb der Messehallen, die Anreise der Aussteller und
Besucher etc. entstehen, wird in Kooperation mit dem
Unternehmen Soil & More und Bio-Landwirtschaftsbetrieben Humusaufbau auf ökologisch bewirtschafteten
Flächen in Deutschland betrieben. Um die CO2-Speicherkapazität der Böden zu verbessern, setzt das Projekt
auf schonendere Bodenbearbeitung, den Anbau von Zwischenfrüchten und verbesserte Kompostwirtschaft. So
wurden seit letztem Jahr 4100 Tonnen klimaschädlicher
Emissionen gebunden und der „Fußabdruck“ komplett
neutralisiert. Biomessen/rz
INFO ––– Agrarpolitik
Mästen statt Schreddern:
Österreich stoppt Tötung von Bio-Küken
Wo ist Platz für die Haltung der Tiere?
Die Unterbringung wird von den Brütereien organisiert. Es gibt dafür Möglichkeiten
und freie Stallplätze. Die Frage war ja zuerst einmal, wo diese Hähne aus rechtlicher
Sicht überhaupt hingehören. Die Haltung soll nun an die Junghennenaufzucht angegliedert werden. Ich gehe auf jeden Fall davon aus, dass sie einen Wintergarten
bekommen. Den Hähnen soll auch Grünauslauf angeboten werden.
Welche Hühner werden überhaupt eingesetzt?
Männliche Küken von Bio-Legehennen dürfen im Nachbarland ab Dezember
nicht mehr direkt nach dem Schlüpfen getötet werden. Eine ethisch einwandfreie Lösung,
die den Verbraucher zufrieden stellt und zum Bio-Gedanken passt - aber wie soll sie funktionieren?
Nutztierexperte Korel Cimer von der Tierschutzorganisation „Vier Pfoten“, die an der Umsetzung
eines wegbereitenden Pilotprojekts beteiligt war, gibt Antworten.
Von Ronja Zöls
Man hat sich für die Legehennen Lohmann Sandy entschieden. Die gab es bisher in
Österreich nicht. Sie sind etwas vitaler und agiler als die Legehennen, die man vorher
verwendet hat. Die Legeleistung ist ein bisschen geringer.
Zweinutzungshühner waren keine Option?
Leider nicht. Bei Zweinutzungshühnern handelt es sich immer um einen Kompromiss. Die Finanzierung des Ganzen muss eindeutig über die Eier laufen. Daher wurde
am Ende ausgeschlossen, dass die Legeleistung wesentlich reduziert wird.
Gibt es die Lohman-Sandy-Legehennen jetzt bereits in Österreich?
Herr Cimer, in Österreich soll die Tötung männlicher Küken
in der Bio-Branche ab Dezember gestoppt werden. Ist dieser Beschluss fix?
-12-
Ja, aber der Beschluss hat keine gesetzliche Verankerung, sondern ist eine Branchenvereinbarung. Die relevanten Player haben sich auf ein bestimmtes Vorgehen geeinigt,
um die Kükentötung zu beenden.
Von welchen Playern sprechen Sie?
Die zwei großen Brütereien Schropper in Niederösterreich und Schlierbach in Oberösterreich, der Verband Bio Austria und der den Markt dominierende Lebensmitteleinzelhandel mit Rewe, Spar und Hofer.
In der Vereinbarung heißt es, dass die Küken nicht mehr direkt
nach dem Schlüpfen getötet werden dürfen. Wann dürfen sie denn geschlachtet werden?
Nach rund neun Wochen, wie andere Bio-Masthähnchen auch. Es geht darum, Lebewesen nicht achtlos und ohne Wertschätzung am ersten Tag ihres Lebens zu töten.
Und was soll mit den vielen männlichen Küken passieren,
die künftig nicht mehr getötet werden?
Das ist in der Tat eine große Herausforderung. Im Rahmen des Leuchtturmprojekts
„Haushuhn und Gockelhahn“ haben wir gemeinsam mit „Ja natürlich“, der größten
Bio-Marke Österreichs, verschiedene Produkte und auch deren Vermarktung getestet.
Im Herbst zum Beispiel gab es eine große Vermarktungsaktion von Frischfleisch mit
vielen Rezepten als Zusatzservice. Im Sommer wurden Hühnerwürste hergestellt und
für die Grillsaison angeboten. Das Brustfleisch und der gesamte Fleischansatz dieser
männlichen Küken von Legehennen ist nicht vergleichbar mit einem Masthuhn.
Daher werden nur bestimmte Teilstücke vermarktbar sein. Das Fleisch wird sicherlich
auch zu Fertiggerichten wie Chicken Nuggets oder Hühnerwurst verarbeitet. Hier
müssen die Beteiligten kreativ sein und es darf auch Wettbewerb entstehen.
Ja. Ein Vorteil der Branchenlösung ist, dass Bio-Elterntierherden in Österreich aufgebaut werden. Bisher stammten die Küken von konventionellen Elterntieren und
wurden erst nach dem Schlüpfen entsprechend den Bio-Richtlinien gehalten. Im
Mai wurden 3000 Elterntiere eingestallt, die im Dezember Eier legen werden, so dass
das Projekt dann realisiert werden kann. Weitere Herden werden zu einem späteren
Zeitpunkt eingestallt.
-13-
Das Ganze muss aber auch wirtschaftlich sein.
Werden Bio-Eier in Österreich teurer werden?
Über den Preis muss sich der Handel Gedanken machen. In den Pilotprojekten hat
sich zwar das Fleisch gut verkauft, aber – wie gesagt – die Legehennen müssen die
Hähne mitfinanzieren. Das Mästen und Schlachten kostet Geld, die Zahl der Eier
wird nicht zunehmen. Daher gehe ich von einer Erhöhung des Bio-Eier-Preises aus.
Besteht dabei nicht die Gefahr, dass Bio-Eier billiger importiert werden?
Da die Mehrheit des Einzelhandels mit an Bord ist, sehe ich hier kein Gefahrenpotenzial. Es wäre nicht sehr schlau, sich im eigenen Regal Konkurrenz zu schaffen und
würde viel Unmut hervorrufen. Aber natürlich werden in den großen Bio-Supermärkten aus Deutschland wie bisher auch importierte Eier verkauft werden. Die Gefahr
des steigenden Imports wäre größer gewesen, wenn man sich auf die Umstellung auf
Zweinutzungshühner geeinigt hätte. Denn dann wäre der Selbstversorgungsgrad
rapide gesunken.
Auch in Deutschland ist das Ende der Kükentötung ein Thema,
aber eine konkrete Umsetzung scheint noch in weiter Ferne. Ist es in
einem kleineren Land wie Österreich einfacher, so einen Plan durchzuführen?
Einfacher ist es, weil weniger Player auf dem Markt beteiligt sind. Es gibt nur einen
Bio-Verband, mit dem man ins Gespräch kommen muss, und zwei große relevante
Brütereien. Ich denke aber, dass das Ende der Kükentötung auch in Deutschland
machbar ist. Das Thema ist auf dem Tisch und es gibt viele gute Projekte dazu.
Es wäre schön, sie zu bündeln und ebenfalls zu einer breiteren Branchenlösung zu
kommen.
Facts:
Bio-Eier-Preis in Österreich:
50 Cent
Anteil der Bio-Eier auf dem Markt:
rund 17 Prozent
(Quelle: Bundesministerium für
Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft)
Selbstversorgungsgrad Eier:
81 Prozent
Selbstversorgungsgrad Geflügel:
70 Prozent
(Quelle: Statistik Austria; 2013)
Bilder: Timo Klostermeier; pixelio
INFO ––– Agrarpolitik
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Alte Rassen statt Hybride
Zum Ende der Tötung von Bio-Küken in Österreich.
Von Sepp Brunnbauer
-14-
Eingriffe am Tier, das Töten von männlichen Küken, das
Verfüttern von Getreide an Wiederkäuer – das alles sind
Verfahrensweisen, die im Zuge eines nachhaltigen Tierschutzbewusstseins immer öfter hinterfragt werden. Da gibt
es natürlich Techniken, die höchst fragwürdig sind und im
ökologischen Landbau keinen Platz haben. Aber auch bei
Eingriffen, die von Biobauern praktiziert wurden, - sei es das
Enthornen bei Kühen oder das Kastrieren von Ferkeln und
Rindern - verändert sich zunehmend die Blickrichtung. Das
Ganze muss tiergerecht und ohne unnötige Schmerzen für
die Tiere bewerkstelligt werden. Darüber ist man sich einig.
Aber warum sind derartige Praktiken überhaupt nötig? Zum
einen hat es damit zu tun, dass unsere Ernährungsgewohnheiten entsprechende Qualitäten fordern. Eberfleisch passt
nicht in unsere Küche und wird von vielen wegen des auftretenden Uringeruchs als unangenehm empfunden. Ochsenfleisch mag man wegen des guten Geschmacks und seiner
Zartheit. Andererseits gibt es Aspekte hinsichtlich Tierschutz
und Arbeitssicherheit, die aufgrund einer domestizierten
Landwirtschaft nicht von der Hand zu weisen sind, etwa
beim Thema „Enthornung“.
Das Töten von männlichen Küken macht auf den ersten
Blick nun gar keinen Sinn. Obwohl man auch der Ansicht
sein könnte, dass es für das Tier nicht viel Unterschied
macht, ob es am ersten oder am 30. Tag seines Lebens getötet wird. Aber es ist natürlich sinnlos, dass ein Lebewesen
erst auf die Welt kommen muss, um dann ohne erkennbaren
Nutzen gleich wieder zu sterben. Ein Nutzen ist jedoch vorhanden: nämlich die hohe Legeleistung der weiblichen Tiere.
Die Hähne werden quasi einer herausragenden Legeleistung
ihrer weiblichen Geschwister geopfert. Und die Akteure tun
dies für die Wettbewerbsfähigkeit und dafür, dass Eier immer und überall zu einem niedrigen Preis verfügbar sind.
Alternativen zu diesem fragwürdigen Verfahren gibt es, sie
passen jedoch so gar nicht in das System der heutigen Lebensmittelwirtschaft. Die Abkehr von Hybridrassen bedeutet
nicht nur einen deutlich höheren Preis für das Produkt, sei es
Fleisch oder Ei, es bedeutet auch einen Systemwechsel und
ein Umdenken beim Verbraucher. Denn das Frühstücksei
für jeden Tag wäre damit Geschichte. Nun soll in Österreich für alle Biobetriebe das Töten der männlichen Küken
verboten werden. Die männlichen Küken werden dann in
einem eigenen Produktionsverfahren ausgemästet und in
einer eigens dafür entwickelten Vermarktungslinie verkauft.
Der Haken daran ist, dass die Tiere nicht auf Wachsen gezüchtet werden, sondern auf Eierlegen, was dazu führt, dass
die fertigen Hähne ein Vielfaches an Futter verbrauchen
wie herkömmliche Masthähnchen. Bei einer derartigen
Ineffizienz darf man sich getrost die Frage nach dem Sinn
stellen, wo doch Fläche knapp und Biofutter nicht unnötig
vergeudet werden sollte.
Die technische Alternative - das Erkennen des Geschlechts
zeitnah nach der Befruchtung und der Verarbeitung der
„männlichen“ Eier - ist weitgehend entwickelt und wartet
auf die Umsetzung in der Praxis. Sie ist sicherlich die vorzüglichere Variante, wenn man die Diskussion um ungeborenes Leben erst einmal außer Acht lässt. All diese Lösungen
hängen an der „Hybridzüchtung“ und stützen ein System,
das durchaus zu hinterfragen ist. Zu hinterfragen ist nicht
nur das Töten der Brüder, sondern auch die Methode, jedem Tier Höchstleistungen abzufordern. Ein Zurückgehen
auf alte Rassen könnte in diesem Zusammenhang durchaus
ein Fortschritt sein - hin zu einer nachhaltigen und tiergerechten Haltung von Geflügel. Der Preis wäre leistbar, die
Bereitschaft zum Verzicht auf eine umfassende Verfügbarkeit
fragwürdig.
Bild: Timo Klostermeier; pixelio
VOM
ACKER
AUF DEN
TELLER
Interview ––– TITEL
TITEL ––– Interview
„ Wir sollten kein Boot verkaufen,
sondern die Sehnsucht nach
dem Meer lehren“
Vom Acker auf den Teller: Dr. Alexander Beck, Geschäftsführer der Assoziation
ökologischer Lebensmittelhersteller (AöL), spricht im Interview über Wertschöpfungsketten, Convenience-Produkte, Bewusstseinsbildung und Konsumstile.
Von Ronja Zöls
Herr Dr. Beck, mal ganz
profan: Wenn ich ein BioLebensmittel auf dem Teller
habe, habe ich dann ein besseres Geschmackserlebnis?
Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten. Aber bei nicht
verarbeiteten Lebensmitteln wie
Obst und Gemüse gilt ganz klar,
dass die Geschmacksintensität
höher ist als bei einem konventionellen.
Bild: AöL
Warum?
Weil durch die ökologische Anbauart die Nährstoffdichte und damit
auch die Dichte der Geschmacksstoffe höher ist. Im konventionellen
Anbau wachsen zwar die Pflanzen
durch die Zugabe von Stickstoff
schneller, lagern aber mehr Wasser
ein.
Bio steht ein Stück weit für
Ursprünglichkeit. Widerspricht das der vermehrten
Produktion von ConvenienceProdukten auf dem Markt?
Verbraucher stehen der
Qualität und Nachhaltigkeit
von Bio-Produkten auch
kritisch gegenüber. Brauchen
wir mehr Transparenz in der
Wertschöpfungskette?
Transparenz ist immer dann gefordert, wenn es kein Vertrauen mehr
gibt. In einem globalisierten Markt
geht Vertrauen verloren. Hier ist es
wichtig, Zusammenhänge aufzuzeigen. Dafür ist Kommunikation
gefordert.
Was genau dürfen wir von
einem biologischen Lebensmittel erwarten?
Wie könnte man dem Verbraucher Wertschöpfungsketten besser nahebringen?
Dass es biologisch angebaut wurde,
dass bei der Verarbeitung der Einsatz von Zusatzstoffen und technischen Hilfsstoffen minimiert und
der Charakter nicht maßgeblich
verändert wurde.
Ich glaube nicht, dass sie an den
Verbraucher vermittelbar sind. Die
gesamte Wirtschaft macht einen
großen Fehler, wenn sie den Bürgern sagt, was richtig und falsch
ist. Antoine de Saint Exupéry hat
gesagt: „Wenn Du ein Schiff bauen
willst, dann trommle nicht Männer
zusammen um Holz zu beschaffen,
Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die
Männer die Sehnsucht nach dem
weiten, endlosen Meer.“ Das heißt,
wir dürfen keine Werbung für ein
Boot machen, sondern müssen auf
Bewusstseinsbildung setzen. Der
Biokreis macht das zum Beispiel
gut, indem er als einziger Verband
die Verbraucher mit ins Boot holt.
Sie müssen Teil unserer Bewegung
sein, zu Co-Produzenten und Mittätern werden. Produktkommunikation ist der falsche Weg. Wir
sollten kein Boot verkaufen.
Wie unterscheiden sich Wertschöpfungsketten von biologischen und konventionellen
Produkten?
Die heterogenen Wertschöpfungsketten der konventionellen Lebensmittelherstellung unterscheiden
sich mittlerweile nicht mehr so sehr
von den biologischen. Aber es gibt
auf dem Öko-Sektor viele gute Beispiele für Wertschöpfungsketten.
So stehen oftmals regionale Aspekte, kürzere Ketten und der Einkauf
von Rohwaren von bekannten
Betrieben anstatt am Spot-Markt,
mehr im Vordergrund. Besonders
bei den Bäckern gibt es gute Beispiele. Viele Bio-Bäcker kaufen ihr
Getreide direkt beim Landwirt, das
gibt es in konventionellen Bäckereien nicht mehr.
Die Nachfrage nach ConvenienceProdukten ist ein Spiegel der gesellschaftlichen Entwicklung. Trotzdem sollten wir uns mit der Frage
beschäftigen, ob bestimmte Produkte wie die Bio-Cola Sinn machen. Nahrungsqualität und gute
Ernährung sollten im Bio-Bereich
hochgehalten werden. Allerdings
sind auch nicht alle ConvenienceProdukte abzulehnen. Brot oder
Müslimischungen gehören auch
zu den so genannten ConvenienceProdukten. Die Frage ist: Was wird
verwendet? Wie werden die Produkte vorverarbeitet? Wenn eine
Mahlzeit vorgekocht, frostgelagert,
regeneriert und nochmal warmgehalten wurde, hat das nichts mehr
mit gesunder Ernährung zu tun.
Und dann folgen Fragen wie: Wie
hängen Ernährungswert und Frische zusammen? Wie Saisonalität
und Regionalität?
Wie sieht es mit der Artenvielfalt im ökologischen Landbau aus? Warum gibt es keine
regionalen Süßkartoffeln oder
Leinsamen?
Die Tendenz geht auch in der ÖkoLandwirtschaft stärker zur Spezialisierung. Landwirte entscheiden
sich für bestimmte Produkte. Jene,
die vieles haben, sind heute Exoten. Topinambur, Quinoa, Buchweizen… Das alles kann man bei
uns anbauen, aber aus Wettbewerbsgründen macht es keiner. In
Ungarn oder China werden diese
Lebensmittel billiger produziert.
Die Akteure auf unserem Markt
trauen sich nicht, neue Produkte
mit einem entsprechend neuen
Marktpreis zu platzieren. Und oftmals fehlt auch das Know-How,
wie etwa bei Quinoa.
Herr Dr. Beck, kann man
mit Bio die Welt ernähren?
Die Ernährung der Menschheit
kann nur durch die Kombination
einer biologischen Landwirtschaft
und der Änderungen der Konsumstile gesichert werden. Entscheidend ist hierbei, dass wir in den
westlichen Ländern den Konsum
tierischer Erzeugnisse reduzieren.
Gleichzeitig muss verhindert werden, dass in den Schwellen- und
Entwicklungsländern der Konsum
auf das Niveau der EU oder gar
der USA steigt. Das zu schaffen,
ist die einzige wirkliche Perspektive für die nachhaltige Ernährung
der Menschen. Nur dann haben
die Umwelt und die Gesundheit
des Menschen eine rosige Zukunft.
Welche Rolle spielt dabei
das Thema „Tier- oder
Menschenmagen“?
Ich bin nicht gegen tierische Produkte, es geht dabei um die Menge.
Den Kühen Getreide und Soja zu
verfüttern macht einfach keinen
Sinn.
…und „Tank oder Teller“?
Wenn man hier für einen Liter
Super-E10-Kraftstoff 1,50 Euro
bezahlt, sind die meisten Afrikaner
chancenlos, weil sie die Kaufkraft
für das Getreide einfach nicht haben. Auch hier muss sich bei uns
der Lebensstil ändern. Drei Mal
im Jahr einen Fernflug zu machen
und sich den Oldtimer als Drittauto fürs Wochenende zu leisten,
wird uns nicht weiterbringen. Die
Frage „ein großes Auto oder ein
gutes Lebensmittel?“ ist bei uns
überwiegend zugunsten des Autos
beantwortet.
-19-
>>
TITEL ––– Wertschöpfungskette
#4
eine ökologische Wertschöpfungskette…
>>
#1
Haferflocken, Weizenflocken, Dinkelflocken, Gerstenflocken und Roggenflocken sind im Basis-Müsli der
Antersdorfer Mühle enthalten. Das Getreide wächst
auf den Feldern von 200 regionalen Bauern, die ihre
Höfe im Umkreis von 100 Kilometern bewirtschaften.
Einer von ihnen ist Peter Krauß aus Ering im Landkreis
Rottal-Inn.
#5
Über das verschlungene Rohrsystem der Mühle läuft die Ware
nun als ganzes Getreidekorn zu den Flockstühlen und in die
Mahlwerke. Das Getreide kommt in den nahe gelegenen, modernen Verarbeitungsbereich der Antersdorfer Mühle. Dort
wird es im klimatisierten Hochregal gelagert.
Anschließend werden die unterschiedlichen Zutaten vom Feld
in der richtigen Rationierung in den Mischer gefüllt und dort
durchgemischt.
#5
-21-
#6
#3
Die Düngung der Felder erfolgt auf natürlichem Weg
über tierischen Dünger vom
eigenen Viehbestand oder
über Kooperationsbetriebe,
kompostierte Ernteabfälle
und durch Zwischenfruchtanbau. Unkraut wird ohne Chemie durch Striegeln, Hacken,
Untersaaten und eine sinnvolle Fruchtfolge bekämpft.
#3
#3
Nach der Ernte kann das Getreide ohne Zwischenlagerung sofort in die Antersdorfer Mühle geliefert werden. In der Mühle erfolgt als erster Arbeitsschritt die
Vorreinigung. Strohteile, Sand, größere und kleinere
Verunreinigungen werden entfernt und der Feuchtigkeitsgehalt wird geprüft. Wenn nötig, geht das Getreide
in die Trocknung. Darauf folgt die Lagerung getrennt
nach Backqualitäten in gekühlten Silos.
#4
#5
#2
#2
#4
Vor der Verarbeitung wird eine Qualitätsprüfung
durchgeführt und das Getreide auf Pestizidrückstände, Mykotoxine und gentechnische Verunreinigungen
geprüft. Laut Johann Priemeier konnten seit Beginn
der biologischen Verarbeitung vor 35 Jahren noch nie
Pestizidrückstände gefunden werden. Bei der Mühlenreinigung werden Fremdstoffe wie Steinchen in Getreidekorngröße entdeckt und anhaftender Schmutz abgebürstet. Bei Hafer und Gerste erfolgt eine Entspelzung.
Der nächste Reinigungsvorgang dient der Lebensmittelsicherheit: Ein optischer Sortierer entfernt nicht nur
fremde Samen, Mutterkörner oder von Fusarien befallenes Getreide, er klassifiziert es auch nach Qualität.
Müsli von der Antersdorfer Mühle –
#1
Wertschöpfungskette ––– TITEL
Die letzte Zutat im Bio-Basismüsli
der Antersdorfer Mühle, die Sonnenblumenkerne, wurden anfänglich noch aus China bezogen. Durch
eine Kooperation mit Rumänien im
Jahr 2010 wurde der Weg schon
erheblich kürzer. Bald wird es laut
Johann Priemeier auch möglich
sein, deutsche Sonnenblumenkerne
im Bio-Basismüsli zu verarbeiten, da
es bereits Biokreis-SonnenblumenAnbauprojekte in Deutschland gibt.
Letzter Schritt: Das Biokreis-BasisMüsli wird verpackt.
#5
#6
#3
>>
Bild Misthaufen:
Helga Hauke; pixelio
Unterschiede
zu konventionellem Müsli:
- Schonung von Boden und Wasser
- keine Ackergifte oder
Pflanzengifte (wie Glyphosat)
- keine Geschmacksverstärker
- keine sonstigen Zusätze
#6
Beitrag von
Elisabeth Schütze
und Ronja Zöls
Bilder:
Ronja Zöls
>>
TITEL ––– Wertschöpfungskette
Wertschöpfungskette ––– TITEL
#4
Leberkäs´ vom Kammermeier –
eine ökologische Wertschöpfungskette…
>>
#1
#1
Grundlage unserer Lebensmittel ist der Boden. Auf
ihren Feldern bauen Franz und Claudia Eckart aus
Gerzen (Landkreis Landshut) die Gerste und die Ackerbohnen für ihre Schweine an.
Auf ihrem Hof halten Franz
und Claudia Eckart zwischen
100 und 150 Schweine der
Rasse „DL x PIT“. Bei Bedarf liefern sie an Hubert
Kammermeier, der in seinem
Metzgerbetrieb in Hauzenberg (Landkreis Passau) neben anderen Produkten auch
Leberkäse in Bio-Qualität
herstellt.
#5
Hubert Kammermeier fügt allen seinen Wurstwaren Brottrunk hinzu, da dieser verdauungsfördernd wirkt und so die
Wurst verträglicher macht. Der Brottrunk sorgt gemeinsam
mit dem Gemüseextrakt für die rötliche Farbe des Leberkäs.
Entscheidend für eine gute Bindung ist die Temperatur. Auf
einer Anzeige wird die Temperatur in der Masse dargestellt,
ganz rechts sieht man, wie viele Umdrehungen pro Minute
im Kutter stattfinden. Wenn die Temperatur 12 Grad Celsius
beträgt, ist die Bindung am besten.
#1
#3
#3
#5
-23-
#6
#6
#2
#3
An einem Montag im Juni werden vier Schweine angeliefert und im hauseigenen Schlachthaus geschlachtet. Am Dienstag werden sie zerlegt. Die Fleischteile
gehen in den Verkauf. Am Donnerstag wird Leberkäse
gemacht. In einem Eimer liegen die Fleischteile, bestehend aus mageren Zuschnitten und Speck. Sie werden
durch den Fleischwolf gedreht. Die Masse kommt anschließend in den Kutter und wird dort stark zerkleinert und vermengt.
#4
#5
Bio-Soja kaufen sie von der Witzmannsmühle im österreichischen Aspach zu, ein kleines Unternehmen mit
22 Mitarbeitern, das seit 1994 zertifiziert und jährlich
durch die Bio Austria geprüft wird.
#2
#4
Jetzt stellt Hubert Kammermeier eine biologische
Gewürzmischung aus Steinsalz, Pfeffer, Macisblüte,
Zitronenabrieb, Ingwer, Zimt und Kümmel her. Die
Gewürze stammen von der Gewürzmühle Nesse in
Korntal-Münchingen (Baden-Württemberg) und sind
getrennt von den konventionellen Zutaten gelagert und
in blaue Säckchen verpackt. Die jeweiligen Anbauländer sind auf den Packungen angegeben. Auch Eis und
ein biologisches Gemüseextrakt werden nach und nach
zugegeben, um eine gute Bindung zu erreichen. Dadurch wird das Phosphat, welches im konventionellen
Leberkäse verwendet wird, ersetzt.
Hubert Kammermeier nimmt jeweils einen Teil der Masse aus dem
Kutter und gibt es in die bereitstehenden Aluformen, die ein, zwei,
drei oder vier Kilo fassen. Ein Mitarbeiter streicht die Masse glatt. Nun
kommt der Leberkäse bei 130 Grad
zweieinhalb Stunden in den Ofen.
Danach ist er fertig. 90 Prozent der
Bio-Ware aus der Metzgerei Kammermeier wird vakuumiert und im
Raum Niederbayern und Oberbayern ausgeliefert. Ein Teil landet in
der Metzgereitheke.
>>
Unterschiede
zu konventionellem Leberkäse:
- biologisch erzeugtes Fleisch
- kein Phosphat
- kein Nitritpökelsalz
- keine Aromen
- keine Konservierungsstoffe
- Naturgewürze
#6
#6
Beitrag und Bilder
von Ronja Zöls
TITEL ––– Rückverfolgbarkeit
• Strichcode-Facts:
Der Strichcode wird auch
Balkencode, Streifencode oder
Barcode genannt. Die USAmerikaner Norman Joseph
Woodland und Bernard Silver
führten 1949 die ersten Versuche mit der Barcode-Technologie durch. Am 26. Juni 1974
wurde in Ohio das erste mit
einem Strichcode markierte
Produkt, eine Zehnerpackung
Kaugummi des Herstellers
Wrigley, von einer Scannerkasse erfasst und verkauft. 1976
erfolgte die Einführung des
EAN-Codes in Europa. Der
Wuppertaler Gewürzhändler
Wichartz ließ als erstes deutsches Unternehmen am 1. Juli
1977 ein Produkt mit einem
Strichcode bedrucken. Die
unter dem Strichcode stehende
Nummer heißt EAN-Nummer
(European Article Number),
sie hat acht oder 13 Stellen.
Mit den Strichen werden
Daten in binären Symbolen
abgebildet. Das Dualsystem
ist ein Zahlensystem, das zur
Darstellung von Zahlen nur
zwei verschiedene Ziffern
benutzt.
Gib mir
ein Zeichen!
Strichcode, QR-Code, Mindesthaltbarkeitsdatum:
Per Internet und Smartphone können Verbraucher
ihre Lebensmittel näher kennenlernen.
Von Ronja Zöls
-24-
• QR-Code-Facts:
Bild:
Fabio Venni
flickr
Im Jahr 2005 wurde die EU-Verordnung zur Rückverfolgbarkeit bei Lebensmitteln gültig (siehe Kasten S. 25, rechts).
Damit muss jeder Landwirt gegenüber den Behörden dokumentieren können, wie und womit er seine Produkte erzeugt hat. Analog muss jeder Verarbeiter erklären, welche
Rohstoffe er verwendet und woher sie kommen. Das bedeutet, dass die Wertschöpfungskette transparent ist. Diese
Dokumentationspflicht gegenüber den Behörden dient der
Sicherheit unserer Lebensmittel.
Doch auch die Sensibilität der Verbraucher für die Herkunft
und Herstellungsweise von Lebensmitteln nimmt zu und
immer mehr Konsumenten wollen sich näher informieren. Einige Verarbeiter haben auf dieses Bedürfnis reagiert
und Systeme eingerichtet, mit denen sie dem Verbraucher
die Wertschöpfungskette näher bringen können. So bietet
etwa die Andechser Molkerei Scheitz bereits seit 2008 eine
Herkunftsangabe für ihre Produkte. Auf der Internetseite
erscheinen unter der Rubrik „Der ökologische Weg. Vom
Bauernhof auf Ihren Tisch – wo´s herkommt“ nach der Eingabe eines Mango-Joghurts und dessen Mindesthaltbarkeitsdatums fünf Höfe rund um den Starnberger See, die für diese Charge Milch geliefert haben. Wer auf den jeweiligen Hof
klickt, erfährt Details: Familienname, Standort, Hofgröße,
Bewohner und Tiere. Auch der Landwirt selbst kommt zu
Wort und beschreibt seinen Hof. „Transparenz und Rückverfolgbarkeit spielt für die Andechser Molkerei Scheitz
eine große Rolle. Es war und ist uns ein großes Anliegen,
den liefernden Bio-Bauern ein Gesicht zu geben und dem
Verbraucher zu zeigen, wo die Bio-Milch herkommt“, so
Stefanie Miller, die für PR und Marketing verantwortlich ist.
Andere Internetportale bieten branchenübergreifend die
Möglichkeit, sich über ein Produkt zu informieren. Wer auf
der Seite www.codecheck.info die EAN-Nummer unter dem
Strichcode des Andechser Mango-Joghurt-Bechers in die
Suchleiste eingibt, erhält umfassende Daten: Inhaltsstoffe,
Allergene, Produktbewertungen und -tests, Hersteller, Herkunft und auch Kaufempfehlungen bezüglich Nachhaltigkeit.
Auf ähnliche Weise funktionieren Verbraucher-Apps, die es
ebenfalls von codecheck oder auch von barcoo gibt. Wenn
man bereits beim Einkaufen mehr über das Produkt im Einkaufswagen wissen will, hält man zum Beispiel bei barcoo
einfach den Strichcode oder QR-Code vor die Linse, und
die App spuckt umfangreiche Infos aus. barcoo liefert Daten
zu Inhaltsstoffen, Gesundheit, Nachhaltigkeit, Bewertungen und außerdem einen Preisvergleich. Beim Andechser
Mango-Joghurt wird außerdem angezeigt, dass der Hersteller
ohne Gen-Pflanzen im Futter produziert.
Online und per App wird zwar den Verbrauchern nicht die
gleiche Möglichkeit zur Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln eingeräumt wie den Behörden. Dennoch: Ein paar
Grunddaten werden auf unkomplizierte Weise geliefert. Wer
noch mehr wissen will, muss letztendlich aber den aufwändigeren Weg gehen und beim Hersteller nachhaken.
QR bedeutet Quick Response.
Der QR-Code ist ein zweidimensionaler Code, der von
der japanischen Firma Denso
Wave im Jahr 1994 zur Markierung von Baugruppen und
Komponenten für die Logistik
in der Automobilproduktion
des Toyota-Konzerns entwickelt
wurde. Er wird im Gegensatz
zum eindimensionalen Code
in Form einer Fläche über
zwei Dimensionen abgebildet.
Auch hier werden die Daten
binär dargestellt. Die Daten
im QR-Code sind durch einen
fehlerkorrigierenden Code
geschützt. Dadurch wird der
Verlust von bis zu 30 Prozent
des Codes toleriert, das heißt,
er kann auch dann noch dekodiert werden. Die Verwendung
des QR-Codes ist lizenz- und
kostenfrei. Der erste QR-Code
in Deutschland wurde am 16.
Oktober 2007 von „Spex –
Magazin für Popkultur“ auf
der Titelseite veröffentlicht.
Quelle: Wikipedia
Aus der Verordnung
(EG) Nr. 178/2002
des Europäischen Parlaments
und des Rates:
(1) Die Rückverfolgbarkeit von
Lebensmitteln und Futtermitteln,
von der Lebensmittelgewinnung
dienenden Tieren und allen sonstigen Stoffen, die dazu bestimmt
sind oder von denen erwartet
werden kann, dass sie in einem
Lebensmittel oder Futtermittel
verarbeitet werden, ist in allen
Produktions-, Verarbeitungs- und
Vertriebsstufen sicherzustellen.
(2) Die Lebensmittel- und Futtermittelunternehmer müssen in der
Lage sein, jede Person festzustellen, von der sie ein Lebensmittel,
Futtermittel, ein der Lebensmittelgewinnung dienendes Tier oder
einen Stoff, der dazu bestimmt
ist oder von dem erwartet werden
kann, dass er in einem Lebensmittel oder Futtermittel verarbeitet
wird, erhalten haben. Sie richten
hierzu Systeme und Verfahren ein,
mit denen diese Informationen den
zuständigen Behörden auf Aufforderung mitgeteilt werden können.
(3) Die Lebensmittel- und Futtermittelunternehmer richten Systeme
und Verfahren zur Feststellung der
anderen Unternehmen ein, an die
ihre Erzeugnisse geliefert worden
sind. Diese Informationen sind den
zuständigen Behörden auf Aufforderung zur Verfügung zu stellen.
(4) Lebensmittel oder Futtermittel,
die in der Gemeinschaft in Verkehr
gebracht werden oder bei denen davon auszugehen ist, dass sie in der
Gemeinschaft in Verkehr gebracht
werden, sind durch sachdienliche
Dokumentation oder Information gemäß den diesbezüglich
in spezifischeren Bestimmungen
enthaltenen Auflagen ausreichend
zu kennzeichnen oder kenntlich zu
machen, um ihre Rückverfolgbarkeit zu erleichtern.
-25-
TITEL ––– Wie funktioniert Kontrolle?
Wie funktioniert Kontrolle? ––– TITEL
Wie oft finden unangekündigte
Stichproben statt?
Christooher Klinkenberg; pixelio
Dr. H.-Joachim Kopp, Geschäftsführer von der Kontrollstelle Lacon,
erklärt, wie die Kontrolle von Bio-Lebensmitteln funktioniert.
Von Ronja Zöls
Wie viele Betriebe kontrolliert
ein Kontrolleur am Tag?
Woran erkenne ich, dass das
Bio-Lebensmittel in meinem
Kühlschrank kontrolliert wurde?
Sowohl EU-Logo (grünes EU-Blatt) und als auch
Kontrollcode (zum Beispiel DE-ÖKO-003 und
die Herkunftsangabe, etwa „Deutsche Landwirtschaft“) sind abgebildet. Oft sind zusätzlich noch
die Logos von Verbänden wie Biokreis zu finden.
Wie ist Kontrolle organisiert?
Die Kontrolle geschieht unter der Hoheit der
deutschen Bundesländer. Diese lassen akkreditierte private Kontrollstellen die Kontrollen durchführen. Das geschieht auf privater Ebene über
Mitwirkungsverordnungen oder in einigen Bundesländern wie in Bayern auf staatlicher Ebene
über sogenannte „Beleihungen“. In letzterem Fall
tritt die Kontrollstelle dann quasi als Behörde auf.
Wie viele Kontrolleure
kontrollieren wie viele Betriebe?
Die Kontrolleure sind unterschiedlich oft im
Außendienst. Das Minimum sind zwanzig Betriebskontrollen pro Jahr, damit man nicht aus
der Übung kommt. Es gibt aber auch Kontrolleure, die im Wesentlichen unterwegs sind und über
150 Kontrollen pro Jahr durchführen.
Das ist sehr unterschiedlich: für größere Lebensmittelbetriebe benötigt man oft zwei Tage, für
weniger große Betriebe reicht ein halber Tag. Bei
kleinen Landwirtschaftsbetrieben, die beieinander liegen (zum Beispiel mit Streuobst) können
mehrere am Tag geprüft werden.
Wird die Wertschöpfungskette eines
Produkts verfolgt oder erfolgt Kontrolle
standortbezogen?
Beides. Die Kontrolle erfolgt am Standort. Über
Lieferdokumente, die die Kette betreffen, kommen auch vorgelagerte Stufen in den Fokus. Über
zusätzliche Kontrolle von Unterauftragnehmern
und über sogenannte „Cross-Checks“ mit anderen Kontrollkollegen wird die Richtigkeit der
vorgelegten Dokumente verifiziert.
Wie sind Kontrolleure qualifiziert?
In der Regel sind Kontrolleure Agraringenieure,
Ökotrophologen oder Lebensmitteltechnologen,
die bereits Praxiserfahrung besitzen und dann von
den Kontrollstellen in die Technik der Bio-Prüfung eingearbeitet werden. Aber auch Praktiker
sind gern gesehen, die die Mindestqualifikation
„Meister“ oder „Techniker“ sowie ausreichende
Erfahrung besitzen, um in ihrem speziellen Fachgebiet eingesetzt werden zu können, zum Beispiel
Fleischermeister oder Landwirtschaftstechniker
Wie oft wird ein Betrieb kontrolliert?
Jeder Betrieb wird einmal jährlich umfassend
kontrolliert, Betriebe mit Risiko entsprechend
häufiger, wie zum Beispiel größere Geflügelbetriebe vier Mal pro Jahr.
Was genau wird bei der Kontrolle eines
Verarbeiters gemacht?
Nach Einführungsgespräch und Betriebsrundgang werden sämtliche Prozesse auditiert, die die
Richtigkeit der Produkte garantieren: Überwachung der Lieferanten, Bestellwesen, Eingangskontrolle, korrekte Lagerung, Zugriff auf die
richtigen Zutaten bei der Herstellung, Rezepturtreue, Dokumentation Rezepturänderungen,
Abfüllung, Kennzeichnung, Endproduktlagerung, Vertrieb und Bio-Hinweise in Dokumenten
und begleitender Werbung. Die Vermeidung von
Kontaminationen mit nicht zulässigen Stoffen ist
von besonderer Bedeutung, da fast alle Betriebe
biologische und konventionelle Produktionen
haben, da muss besonders auf die Reinigung
der Anlagen, das getrennte Lagern und so weiter geachtet werden. Mit der wichtigste Punkt
ist die Bilanzierung der Mengenströme, damit
nicht mehr Bio rauskommt als eingekauft wurde.
Hierzu sind natürlich auch sämtliche Mengen zu
erfassen und Lagerbestände abzugleichen.
Was wird bei der Kontrolle
eines Landwirtes gemacht?
Die Vorort-Kontrolle beginnt mit der Prüfung
der Unterlagen im Büro des Landwirts: Ist die
Betriebsbeschreibung noch aktuell, welche Zukäufe gab es seit der letzten Kontrolle, liegen
dafür vollständige Unterlagen mit Nachweisen
der Öko-Herkünfte vor, welche Verkäufe wurden
getätigt? Geprüft werden auch Dokumentation
der Flächenbewirtschaftung, Einsatz von Saatgut,
Pflanzgut, Düngemitteln und Pflegemaßnahmen.
Danach kommt der Hauptteil der Prüfung, der
Rundgang. Dabei werden an der Hofstelle Lagerbereiche und Stallungen eingesehen, Lagerbestände aufgenommen und Tiere bewertet. Anschließend geht´s auf die Flächen, die Kulturen werden
angesehen und Ernteschätzungen durchgeführt.
Falls der Betrieb Tätigkeiten an Dritte vergibt
(Subunternehmer), werden diese auch überprüft.
Am Schluss werden im Büro die elektronischen
Inspektionsberichte für alle überprüften Bereiche (EU-Bio-Inspektion, Verbandsinspektion,
zusätzliche Standards, Tierwohl) mit Mengenflussprüfung und Abschlussbesprechung erstellt
und eventuell Maßnahmen besprochen.
Was sind typische Mängel
bei Verarbeitern/Landwirten?
Typische Mängel sind unvollständige Aufzeichnungen bei der Eingangskontrolle, bei der Herstellung oder auch bei der Direktvermarktung.
Was passiert, wenn
Mängel festgestellt werden?
Die Sanktionen reichen vom schriftlichen Hinweis über Nachkontrollen bis hin zur Entfernung
der Öko-Hinweise von der betroffenen Partie. In
gravierenden Fällen kann dem Unternehmer auch
die Teilnahme am Bio-Markt für einen Zeitraum
untersagt werden.
Was passiert, wenn Bio-Produkte
in den Handel gelangt sind,
die nicht biologisch sind?
In diesem Fall ist grundsätzlich eine Rücknahme
durchzuführen, die von den Kontrollstellen zu
überwachen ist.
Durch wen wird
Bio-Kontrolle finanziert?
-27-
Der Landwirt oder Lebensmittelbetrieb bezahlt
für die Bio-Kontrolle selbst. Er kann zwischen
einer Anzahl Kontrollstellen aussuchen, die vergleichbare Kontrollgebühren anbieten. Über
Förderprogramme werden hier und da auch
Kontrollgebühren im Bereich Landwirtschaft
gegenfinanziert.
EU-Bio versus Verbands-Bio: Wie viel
Unterschied macht es bei der Kontrolle?
Verbands-Bio bedeutet eine Zusatzkontrolle auf
die höheren Anforderungen hin, die auch mit
einer separaten Mengenflussberechnung für Verbandsware verbunden ist. Sie wird mit der EUBio-Prüfung verknüpft und erfordert dann zum
Beispiel eine Stunde Mehraufwand vor Ort.
Was kann man Verbrauchern erwidern,
die nicht an Bio in Bio glauben?
Die großen Zweifler gibt es in allen Lebensbereichen. Bei Bio dient das Vortragen des Zweifels
häufig als Entschuldigung für den Nichtkauf.
Allerdings ist die Bio-Kontrolle so tiefgehend
und von so vielen Praktikern umgesetzt, wie kein
anderes Kontrollverfahren in der Wirtschaft und
daher hochgradig verlässlich.
Tim Reckmann; pixelio
Ist da auch Bio drin???
Dies wird nach einem Stichprobensystem festgelegt, wobei die Bundesländer eine Mindestanzahl
von Stichproben vorgeben, in Bayern 20 Prozent.
BIOWELT ––– Nachhaltig leben
Hot Spot für Essensretter
Beim heißesten Brunch des Jahres am Berliner Hauptbahnhof
wurde gegen die Lebensmittelverschwendung gefrühstückt.
Von Katharina Rein-Fischböck
-28-
Bild oben:
Lebensmittel sind
wertvoll und zu gut
für die Tonne.
Elf Millionen Tonnen Lebensmittel wandern in Deutschland jährlich in den Müll. Die aussortierte, noch genießbare Ware fällt bei landwirtschaftlichen Erzeugern und bei
Verarbeitern an. Aber auch in den Privathaushalten wandert
ein großer Teil des gekauften Essens am Ende in den Abfall.
Immer mehr Aktionen und Initiativen versuchen, gegen
die 82 Kilogramm Lebensmittelmüll, die jeder Deutsche
im Durchschnitt jährlich verursacht, anzukämpfen und die
Bevölkerung für einen bewussteren Umgang mit unser aller
Essen zu sensibilisieren. Schon im letzten Jahr berichteten
wir in den bioNachrichten über die Initiative „Food Sharing – Lebensmittelretten“, die in Privathaushalten übrig
gebliebenes Essen umverteilt und in Supermärkten nicht
mehr verkaufbare Lebensmittel einsammelt.
Anfang Juli fand eine weitere große Aktion gegen Lebensmittelverschwendung statt. Organisationen wie der WWF,
die Welthungerhilfe, die Tafeln, foodsharing.de etc. plädierten mit dem größten Brunch Deutschlands dafür, dass
Lebensmittel wertvoll und zu gut für die Tonne sind. Die
Aktion fand vor dem Berliner Hauptbahnhof in Form eines Brunchs statt. Diese spezielle und in Deutschland sehr
beliebte Art des Frühstückens wurde gewählt, da vor allem
beim Brunch häufig ein großer Teil des Buffets am Ende des
Tages in den Müll wandert.
Schnippeln und plaudern auf der Bierbank
Voller Tatendrang beschließe ich, beim „ESSENSRETTERBRUNCH – Genießt uns“ dabei zu sein. Freiwillige Helfer
sollen gemeinsam mit den Organisatoren Gemüse schnippeln und im Anschluss mit Gästen frühstücken. 1,5 Tonnen
aussortierte, aber noch genießbare Lebensmittel sollen von
den zahlreichen Freiwilligen verteilt und zubereitet werden,
das Essen im Anschluss ist für alle Teilnehmer kostenlos.
Die Wetterprognosen sind schon fast zu gut - 36 Grad in
Berlin Mitte. Na dann, auf zum heißesten Brunch des Jahres! Die offizielle Eröffnung ist für halb zwölf geplant, die
fleißigen Helfer dürfen ab 8.30 Uhr schnippeln, reiben und
köcheln. Die Anmeldung erfolgte über Facebook, aber wie
ich später beim Brunch erfahre, ist jeder - egal ob auf der
Durchreise, obdachlos oder nur neugierig - erwünscht und
darf ohne jegliche Diskussion mitessen.
Also mache ich mich morgens auf den Weg zum Hauptbahnhof, um mitzuhelfen und mitzuessen. Angekommen bei
bereits stattlichen Temperaturen, ist erstmal Hände waschen
und desinfizieren angesagt. Danach geht’s, ausgestattet mit
Handschuhen, daran, riesige Wannen voller Kartoffeln und
Radieschen zu schneiden. Gemeinsam mit mir unbekannten Personen sitze ich dann auf einer Bierbank und erfahre
beim Gemüse zubereiten allerhand über die Veranstaltung
und die unterschiedlichen Persönlichkeiten am Tisch. Fast
merkt man gar nichts mehr von den inzwischen 30 Grad im
Schatten vorm Berliner Hauptbahnhof.
Starkoch der Guerillaküche
Fachlich angeleitet wird die ganze Kochaktion von Mitarbeitern der Steigenberger Hotels und Fläming Kitchen mit
ihrem „Starkoch Wam Kat“. Eine interessante Kombination – die renommierte Hotelkette in Kooperation mit einer
Guerillaküche –, die bestens zu funktionieren scheint. Guerillaküche? Das sind Kochteams ohne festes Restaurant, die
an unterschiedlichen Plätzen oft spontan kochen. Fläming
Kitchen hat dazu noch einen ideellen Hintergrund, sie be-
kochen vor allem hungrige Menschen bei Demos, Camps
und gemeinnützigen Veranstaltungen. Die Zutaten bestehen
zum Großteil aus aussortierten Lebensmitteln. Wam Kat
bezeichnet sich selbst als Koch und Essensaktivist, der seit
40 Jahren gegen Lebensmittelverschwendung ankocht.
Wie ich an meinem Tisch von einem Mitarbeiter des WWF
erfahre, wurden die zubereiteten Lebensmittel in der Woche
vor dem Brunch bei mehreren Bauern eingesammelt. Zu
große und kleine Kartoffeln, zu knollige, große Radieschen,
Monsterkohlrabis und sonstige Gemüseexoten, die nicht
in den Handel können, finden hier doch noch einen Platz
in der Nahrungskette. Und immer wieder kommen wir an
unserem Tisch auf die Lebensmittelverschwendung zu sprechen. Was kann der Einzelne tun? An welchen Stellen fällt
der noch essbare Abfall an? Und wo ist man als Konsument
hilflos, beispielsweise bei den sinnlosen Normen für Obst
und Gemüse? Oder sind auch wir es, die die zu großen Zucchini oder zu kleinen Kartoffeln im Laden liegen lassen?
Fragen über Fragen und nachdenkliche Gesichter.
Eine ganze Tonne Gemüse
Eine junge Studentin am Tisch erzählt von der Schnippeldisko, einer Veranstaltung, bei der Freiwillige gemeinsam bei
Musik - live oder vom DJ-Pult - kochen und ebenfalls aus
Gemüseresten und Überproduktionen Leckeres zubereiten.
Meist findet die Schnippeldisko zusammen mit politischen
Veranstaltungen wie der „Wir haben es satt“-Demo zur Grünen Woche statt. Als es uns allen zu heiß wird, erklärt uns
eine ältere Frau am Tisch eine kühlende Atemtechnik, die
wir natürlich gleich gemeinsam ausprobieren. Der Spaß sollte auch beim gemeinsamen Kochen nicht zu kurz kommen.
Regelmäßig stehen weitere Helfer mit großen Blechen Backwaren vom Vortag an unseren Tischen, an denen man sich
beliebig bedienen kann. Ebenso verteilen die Berliner Wasserbetriebe Kannen mit Wasser.
Ein paar hundert Helfer quatschen, schneiden, diskutieren
und verarbeiten so bis um 11 Uhr eine Tonne Gemüse –
wirklich ein beeindruckendes Ergebnis.
Schlangen vor den Essensausgaben
Anschließend wird das Brunch von Tatort-Kommissar
Andreas Hoppe offiziell eröffnet, der die ersten Portionen
verteilt. Trotz der inzwischen 36 Grad haben rund 2500
Menschen den Weg zum Essensretterbrunch gefunden. Kurz
nach dem Startschuss bilden sich sogar Schlangen vor den
Essensausgaben. Und die frischen Salate, die bunte Rohkost
und die Gemüsesuppe sehen köstlich aus und schmecken
auch bei Hitze. Gegen 13 Uhr wird es sogar mir zu heiß.
Noch kurz unterschreibe ich eine Petition an die Bundesregierung, die sich für mehr Maßnahmen gegen Lebensmittelverschwendung einsetzt. Unsere Bundesregierung
setzt bis dato lediglich auf Aufklärung der Konsumenten,
unternimmt aber keine weiteren Schritte. Frankreich beispielsweise geht mit gutem Vorbild voran und hat im Mai
beschlossen, dass Supermärkte mit einer Verkaufsfläche ab
400 Quadratmeter verpflichtet sind, nicht verkaufte, aber
noch essbare Waren zu spenden anstatt zu vernichten. Italien plant Steuervergünstigungen für Unternehmen, die ihre
Verschwendung reduzieren. Mit neuem Wissen und interessanten Ideen gegen Essensverschwendung mache ich mich
satt und glücklich auf den Weg zu einem See.
Bilder oben:
Autorin Katharina
Rein-Fischböck hat ihren
Anteil an Gemüse bereits
geschnippelt.
In riesigen Töpfen wird
für 2500 Menschen
gekocht ...
... und am Ende
schmeckt es auch noch.
Bilder:
Katharina
Rein-Fischböck
BIOWELT ––– Reise
Das Allgäu
und die Launen der Natur…
Biokreis-Exkursion 2015 zwischen Tiroler Zugspitze und württembergischen Weinbergen.
Von Jörn Bender und Heidi Scheitza
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Die Teilnehmer der
Biokreis-Exkursion 2015
im sonnigen Allgäu.
Die Biokreis-Exkursion 2015 wird den 43 Teilnehmern womöglich als heißeste Lehrfahrt ihres Lebens in Erinnerung
bleiben – bis zu 41 Grad im Schatten maß das Thermometer
im Verlauf der Reise vom 1. bis 5. Juli. Die mitgereisten
Biokreis-Mitglieder aus Bayern, NRW, Hessen und Niedersachsen verbrachten dennoch fünf erholsame und beeindruckende Tage im Bauernhof-Hotel Berghof Babel in
Wald/Ostallgäu. Der Betrieb mit gepflegter Braunviehzucht,
Käserei und Brauerei bot einen idealen Ausgangspunkt für
Tagestouren, die unter anderem zur Zugspitzbahn nach
Ehrwald, mit dem Sessellift zum Panoramablick auf den
Buchenberg bei Buching, ins Schloss Neuschwanstein, zur
Wieskirche bei Steingaden und zu zahlreichen Unternehmen
in der Region führten.
Zu Besuch bei Biokreislern
Da im Allgäu erfreulicherweise viele Biokreis-Betriebe ansässig sind, konnte auch mancher Hof der süddeutschen
Kollegen in Augenschein genommen werden. So wurde
in Begleitung von Biokreis-Berater David Hierenbach der
Milchviehbetrieb der Fichtl GbR bei Marktoberdorf besucht, weiterhin die Landkäserei Herzog bei Roggenburg
und auf dem Rückweg der Anguszuchtbetrieb Delle sowie
das malerisch gelegene Weingut Hirth in Obersulm (Württemberg). Weitere Anlaufstellen waren das Land- und Forsttechnikunternehmen Pfanzelt in Rettenbach sowie die noch
junge, aber extrem kreative Landtechnikschmiede der BB
Umwelttechnik von Max Bannaski in Bernbeuren. Letzterer entwickelt unter anderem Doppelmessermähwerke mit
aktuellster Technik und bis zu zehn Metern Arbeitsbreite in
der Schmetterlingsversion. Darüber hinaus wird eine ökologische Mutterkuhhaltung betrieben.
Kesselfleisch und Allgäuer Raclette
Die hohen Temperaturen hatten indes auch ihr Gutes - der
bestens klimatisierte Bus mit kalten Getränken und routiniertem Fahrer Dieter Korte an Bord wurde stets pünktlich
wieder aufgesucht, der Zeitplan der Tour geriet nie ins Stocken. Zurück im Hotel bot sich zum Abschluss des täglichen Exkursionsprogramms oft noch die Gelegenheit, einen
Sprung in den kühlen Schwimmteich oder einen Abstecher
auf die schattige Liegewiese zu unternehmen. Kulinarisch
wurden die Reisenden unter anderem mit Kesselfleisch sowie
einem Allgäuer Raclettebuffet verwöhnt.
Abkühlung auf der Zugspitze
Touristischer Höhepunkt der Reise war der Ausflug nach
Ehrwald in Österreich. Hier fuhr der größere Teil der Reisegruppe mit einer 100 Personen fassenden Gondel der Tiroler-Zugspitzbahn auf Deutschlands höchsten Berg (2962 m).
Bei den heißen Temperaturen erschien den Teilnehmern der
Ausflug wie ein Glückstreffer. Während der spannenden, in
rasantem Tempo verlaufenden Auffahrt bei einmaliger Sicht
auf schroffe Felswände und steile Hänge konnten erstaunlich
viele hochalpine Kletterer beim Erklimmen des Gipfels beobachtet werden. Nach circa zehnminütiger Fahrt bei noch
bestem Hochsommerwetter oben angekommen, bekamen
die Ausflügler erst einmal die doch sehr dünne Luft zu spüren, die bei einigen leichte Schwindelgefühle verursachte.
Dann genossen sie den Rundumblick vom Hochplateau mit
Fernsicht auf benachbarte Gebirgsmassive und ins tiefe Tal.
Naturschauspiel über den Wolken
Doch der Genuss nahm ein jähes Ende, schon nach wenigen
Minuten in luftiger Höhe kündigte sich ein Gewitter an.
Unvorstellbar für den „Flachländler“, wie schnell so etwas im
Gebirge gehen kann. Sofort wurde per Lautsprecherdurchsage der Zugspitzbahnbetriebe angeordnet, dass das Aussichtsplateau umgehend wegen eines drohenden Gewitters zu verlassen sei. Diejenigen Touristen, die noch geruhsam Fotos
schießen wollten, wurden von den Betriebsbediensteten
persönlich und vor allem mit Nachdruck aufgefordert, sich
sofort ins Innere der Gebäude zu begeben. Dringend wurde
davor gewarnt, die blitzstromleitenden Metallgeländer zu berühren. Kaum waren alle Besucher sicher in den Gebäuden,
wurden sämtliche Türen verriegelt, und eine weitere Lautsprecherdurchsage verkündete, dass die Berg- u. Talfahrten
bis auf Weiteres eingestellt seien. Dann verdunkelte sich der
Himmel bedrohlich und es ging in Sekundenschnelle ein
prasselnder Regen, vermischt mit Hagelkörnern, hernieder.
Im Inneren des Gebäudes vor Donner und Blitz geschützt,
konnte beobachtet werden, wie die letzten, schon triefnassen
Bergsteiger von Helfern ins sichere Ziel geleitet wurden.
Gottseidank zog das heftige Gewitter schnell vorüber und
der Alltagsbetrieb auf der Zugspitze konnte wieder aufgenommen werden.
Während dessen suchten 15 Biokreis-Wanderer auf der Ehrwalder Alm Schutz unter dem Dachüberstand einer kleinen
Kapelle, ehe diese Truppe der „Aktiven“ über 600 Höhenmeter und mit einem Zwischenstopp an der Hochfelderalm
zum rund 2050 Meter hohen Feldernjöchl wanderte und
dabei einen wunderschönen, grenzüberschreitenden Blick
in Richtung Rein- und Gaistal genoss.
Ausflug in
luftige Höhen:
Biokreis-Vorstand
Gottfried Erves und
Ehefrau Cornelia
auf dem Weg zur
Buchenberg Alm.
Harmonisches Ende bei der Weinprobe
Einen würdigen und nochmals heißeren Ausklang der Tour
bot abschließend eine ausgiebige Weinprobe im gleichwohl
edlen wie romantischen Weingut Hirth in Willsbach-Obersulm bei Heilbronn. Bei ausgesuchten Rot- und Weißweinen und einer erstklassigen Vesper gingen fünf Tage voller
intensiver Eindrücke, angenehmer Erholung und gewohnt
lustiger Geselligkeit harmonisch zu Ende.
Bilder: Jörn Bender
BIOWELT ––– Das bioRestaurant
Des Bäckers Essen
Café Wagner
Passauer Str. 25
94161 Ruderting
Tel.: 08509 / 91170
Öffnungszeiten:
Im Café Wagner der Traditions-Bio-Bäckerei
in Ruderting wird jetzt auch gekocht.
Von Ronja Zöls
Montag bis Samstag
6.00 - 19.00 Uhr
Sonntag
7.00 bis 17.00 Uhr
Mittagsangebot :
Montag bis Freitag
11.30 – 14.00 Uhr
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Schon seit 20 Jahren gibt es das Café Wagner in der Rudertinger Mitte (Landkreis Passau). Aber erst seit letztem
Jahr liegt die ökologische Speisekarte, gewandet in einem
hölzernen Umschlag, auf den Tischen in den kleinen, mit
dunkelrotem Plüsch bezogenen Nischen, in denen ein bisschen nostalgische Stimmung aufkommt. Die Karte aber
versprüht keine Nostalgie, alles ist neu: die vielen fantasiereichen Brotspezialitäten, das selbst hergestellte Eis und
die beiden täglich wechselnden Mittagsgerichte, eines vegan oder vegetarisch, eines mit Fleisch, die zum Preis von
7 Euro angeboten werden.
Einige Ortsansässige genießen hier in der Mittagspause ein
gutes biologisches Essen zu einem vernünftigen Preis. Nicht
nur gut und biologisch, auch echt und ehrlich ist das Essen,
das uns serviert wird. Gekocht wird hinter der Metzgertheke
im angeschlossenen Bio-Supermarkt, verarbeitet werden die
Lebensmittel, die im Supermarkt nicht verkauft wurden,
und die Rezepte stammen von den Mitarbeiterinnen und
einer eigens fürs Mittagessen eingestellten Köchin und sind
solide, aber auch kreative Hausmannskost – und zwar von
besten saisonalen Zutaten.
Gutes aus der Backstube
An der Theke schauen wir ein bisschen beim Kochen zu
und da sticht uns die Lachsquiche (5 Euro) ins Auge, die
wir gleich als Vorspeise bestellen. Serviert wird sie schön
angerichtet auf einem rechteckigen Teller mit Rucolasalat, Cocktailtomaten und Erdbeeren auf der einen Hälfte.
Sie schmeckt frisch und saftig, das fällt gleich beim ersten
Reinbeißen auf. Über den guten Boden brauchen wir uns
nicht wundern, schließlich sitzen wir hier direkt neben einer
Backstube, er ist fest und köstlich, zerfällt locker im Mund
und entfaltet seinen vollen guten Geschmack. Das säuerliche
Dressing über dem Salat passt gut zu Fisch, Kräutern und
Ei in der Quiche und belebt das Gericht noch zusätzlich.
Anschließend probieren wir das Mittagsangebot. Es gibt
gefüllte Schweinelendchen mit Kartoffel-Nockerl in einer
Rahmsoße. Das Fleisch, außen in Kräuter gehüllt, wurde
kross angebraten und hat insgesamt einen festen Biss. Es
ist gefüllt mit Tomaten und Mozzarella und wird dadurch
saftig. Die leichte Schärfe wird etwas aufgehoben durch die
Rahmsoße und natürlich die Kartoffel-Nockerl, die ganz
klar hervorzuheben sind. Außen knusprig, innen sehr weich
und toll gewürzt, gehören sie sicher zu den einfachen, aber
äußerst köstlichen Kartoffelgerichten und passen auch perfekt zur Rahmsoße.
Weiche Schale, harter Kern
Die vegetarische Version besteht ebenfalls aus den Nockerl
und einem Kohlrabi-Schnitzel. Auch dieses hat einen festen
Biss. Weiche Schale, harter Kern. Man ist beim Schneiden
beinahe überrascht, wie fest das Gemüse unter der weichen
Panade mit den dünnblättrigen Mandeln ist. Fast haben
wir es hier mit gut verpackter Rohkost zu tun, der intensive
Kohlrabi-Geschmack lässt einen wissen: Das ist frisch und
gesund. Dazu gibt es eine grüne Kräutersoße, die die Speise
zu einem richtigen Sommeressen macht.
Erste Klasse ist der kleine gemischte Salat (3,80 Euro), den
wir zu den Hauptspeisen bekommen. Tomaten, Gurken,
Karotten, Radieschen und Blattsalate wurden besprenkelt
mit Dinkelkernen, Sojaschrot und Leinsamensprossen, die
die erfrischende Säure der Vinaigrette etwas erden. Hier präsentiert sich wieder im Essen das Backen, die Kerne sind in
der Backstube vorrätig und können in kleinen Mengen für
den Salat verwendet werden, was ihm sehr zugute kommt.
Doch beim Bäcker und Konditor kann natürlich kaum etwas
mehr überzeugen als die Nachspeisen. Die Auswahl ist groß,
etliche Kuchen und Torten locken in der Auslage, das selbst
hergestellte Eis und die verführerischen Eisbecher legt uns
Verkaufsleiter Markus Hanzsek besonders ans Herz. Wir
bestellen einen Nussknackerbecher (5,40 Euro), ein Stück
Pfarrerkuchen (Stück 3 Euro), und auch den veganen
Bananen-Dinkel-Muffin (1,70 Euro) wollen wir unbedingt
probieren.
Der Pfarrerkuchen als Absahner
Sowohl das Nuss- als auch das Schokoladeneis haben auffallend viel Geschmack. Dabei sind beide Sorten nicht italienisch-cremig, sondern eher von mürber Konsistenz, was aber
den Genuss nicht mindert. Die schwere Sahne schmeckt voll
und nicht zu süß, darüber Nüsse und köstliche dicke Schokoladensoße. Trotz des inzwischen vollen Magens kann man
kaum aufhören zu löffeln. Der Pfarrerkuchen ist eine Eierlikörtorte, sieht jedoch eher aus wie eine Mangotorte, weil
der Eierlikör von einem so leuchtenden Gelb ist, dass man
ins Rätseln kommt, welche Geheimnisse sich in der WagnerBackstube verbergen. So intensiv wie sie aussieht, so intensiv
schmeckt sie auch. Probiert man den mehlfreien Boden mit
den Schokoladenstückchen und Nüssen alleine, nimmt man
den guten Geschmack und die tolle Konsistenz sofort wahr.
Gemeinsam mit dem Belag dominiert der Eierlikör alles,
wird aber auf elegante Weise aufgefangen durch Boden und
Sahne und zu einem durchdringenden Genusserlebnis. Der
vegane Muffin kann neben diesem Absahner nicht mehr
recht punkten. Ohne Butter, ohne Eier – da wirkt er dagegen natürlich trocken und bröselig. Der Geschmack passt,
aber die Konsistenz kann uns jetzt nicht mehr überzeugen.
Doch klar, wir geben es zu, wir sind befangen und beeinflusst. Von dem gelben cremigen Pfarrerkuchen mit dem
tollen Boden, der einfach nur auf der Zunge zergeht. Eis
oder Kuchen? Wir wissen: Diese Entscheidung wird uns bei
jedem Besuch im Café Wagner schwerfallen.
Bilder linke Spalte:
Lachsquiche
mit Rucolasalat,
Cocktailtomaten
und Erdbeeren.
Der vegane
Bananen-DinkelMuffin.
Bilder rechte Spalte:
Verkaufsleiter
Markus Hanzsek
mit Marktleiterin
Heidi Fuchs.
Kohlrabi-Schnitzel mit
Kartoffel-Nockerl.
Gefüllte
Schweinelendchen mit
Kartoffel-Nockerl in
Rahmsoße.
Bilder:
Stefanie Raith
Landwirte fragen – Berater antworten
Erdbeeren zum Selberpflücken
Ich überlege, für das nächste Jahr Erdbeeren zum Selberpflücken zu pflanzen. Was muss ich dabei beachten?
Christina Lirsch
Neupflanzungen von Erdbeeren müssen im Ökolandbau sorgfältig überlegt werden, da es im Frühjahr
und während der Erntezeit zu vermehrtem Arbeitsaufwand kommt. Den größten Arbeits-/Kostenfaktor
bei Bio-Erdbeeren nimmt neben der Ernte die Unkrautregulierung ein, da in den Reihen von Hand
gehackt werden muss. Häufig muss man auch mit höheren Ertragseinbußen, zum Beispiel durch
Graufäulen oder Wurzelfäulen rechnen. Die Sortenwahl kann entscheidend sein für Pflanzengesundheit und eine gute Ernte. Denn neben Ertrag, Größe und Aroma sind im Bio-Anbau Eigenschaften
wie festes Fruchtfleisch und geringe Krankheitsanfälligkeit von Vorteil. Bei Interesse stehe ich Ihnen
gerne für einen Beratungsbesuch zur Verfügung.
Düngung mit Kalk
Wie sinnvoll ist eine Kalkung von Grünlandstandorten?
Jörn Bender:
Der pH-Wert des Grünlandes hat wesentlichen Einfluss auf die Verfügbarkeit von Nährstoffen und die
Zusammensetzung des Pflanzenbestandes. Viele gewünschte Kleearten etwa weisen einen eher hohen
Anspruch an die Kalkversorgung des Bodens auf. Typischer Anzeiger eines zu sauren Bodens ist dagegen
der gelb blühende Hahnenfuß. Sehr viele Grünlandstandorte, unter anderem in den Mittelgebirgslagen, haben einen zu geringen pH-Wert, so dass vielerorts die Voraussetzungen für eine Kalkdüngung
gegeben sind. Diese kann mit kohlensaurem Kalk, Algen- oder Muschelkalk erfolgen. Bei Kalkdüngern
mit zusätzlichen Inhaltsstoffen, zum Beispiel Phosphor, sollte vor dem Zukauf die Beratung/Kontrollstelle kontaktiert werden. Vorausgehen sollte stets eine möglichst aktuelle Bodenuntersuchung, aus
der sich der Kalkbedarf auch für die Ökokontrolle sicher ableiten lässt. Bei Einsatzmengen von circa
2 t kohlensaurem Kalk je Hektar lohnt sich dabei selbst für kleinere Betriebe in der Regel auch der
Einsatz überbetrieblicher Technik und die Abnahme kompletter LKW-Ladungen.
Urinsaufen bei Kühen
Honigbuch
Welche Aufzeichnungen soll ich bei der Honigernte machen?
Hubert Dietrich:
Auch in der Imkerei gilt: „Wer schreibt, der bleibt!“ Allerdings kann man sich bei der Honigernte
die Dokumentationsarbeit etwas erleichtern, wenn man eine Tabelle benutzt, in der die wichtigsten
Merkmale aufgeführt sind. Diese sind dann begleitend zu den Honigschleuderungen einzutragen:
Seit einiger Zeit sehe ich in unserer Milchviehherde vermehrt, dass Kühe gegenseitig Urin saufen. Was könnte
die Ursache sein und wie kann man dem Problem entgegenwirken?
Monika Huber:
Das Saufen von Urin bei Milchkühen kann, wie so häufig in der Landwirtschaft, mehrere Ursachen
haben. Einerseits ist es möglich, dass das Verhalten der Kühe eine schlechte Wasserversorgung wiederspiegelt und rangniedrige Kühe zu wenig Wasser erreichen und daher aus Durst Urin saufen. Tritt
dieses Erscheinungsbild aber in Kombination mit Kot fressen, einem niedrigen Milchgefrierpunkt und
einem niedrigen Fettgehalt der Milch auf, so sind die Gründe oft andere. Diese Anzeichen sind häufig
eine Alarmsignal für eine zu geringe Natriumversorgung der Tiere. Mangel an Viehsalz, Mineral- und
Spurenelementen sind auf vielen Betrieben ein Problem. Häufig reicht die Salzmenge, die allein über
Lecksteine angeboten wird, nicht aus. Eine Gabe von etwa 30 Gramm Natursteinsalz je Kuh und Tag
würde den natürlichen Bedarf an Natrium decken. Für genauere Angaben zu dieser Thematik steht
Ihnen die Biokreis-Beratung zur Verfügung.
Herdenmanagement Q-Fieber
Welches Herdenmanagement soll ich bezüglich des Q-Fiebers durchführen?
Bernd Müller:
Biologische Kälberhaltung
Müssen auch die Kälber, die ich konventionell vermarkte, nach den Biokreis-Richtlinien gehalten werden?
David Hierenbach:
Ja, alle Tiere auf einem Verbands-Betrieb müssen nach den entsprechenden Richtlinien gehalten werden. Insgesamt gilt für die Kälberhaltung: Jedem Kalb bis 100 kg müssen 1,5 m² zur Verfügung stehen.
Ein Auslauf muss spätestens nach drei Monaten vorhanden sein. Kälber bis 200 kg brauchen 2,5 m²
je Tier und eine Auslauffläche von mindestens 1,9 m² je Tier. Die Auslauffläche kann bis zum Alter
von sechs Monaten vollständig überdacht sein, danach müssen mindestens 25 Prozent ohne Überdachung sein. Bei Weidegang von Mai bis Oktober ist kein Auslauf erforderlich. Eine Gruppenhaltung
ist bereits nach der 1. Lebenswoche vorgeschrieben. Sicht- und Sozialkontakt muss gewährleistet sein,
die Haltung in isolierten Einzelboxen ist verboten.
Das Q-Fieber, auch Balkan-Grippe oder Krim-Fieber genannt, ist in deutschen Schaf,- Ziegen- und
Rinderbeständen weit verbreitet. Aktuelle Untersuchungen berichten, dass der Erreger des Q-Fiebers,
Coxiella burnetii, bei Schafen erhöhte Aborte, bei Ziegen Schädigungen von frisch befruchteten Eizellen und bei Rindern allgemeine Fruchtbarkeitsstörungen (vermehrtes Umrindern, Trächtigkeitsverluste in jedem Stadium, Neugeborenenschwäche mit zum Teil hoher Sterblichkeit) auslöst. Infizierte
Wiederkäuer scheiden Coxiella burnetii über den Urin, die Milch und in besonders große Mengen im
Fruchtwasser und über Nachgeburtsteile aus. Neben der Erkrankung der Tiere und der wirtschaftlichen Bedeutung handelt es sich bei Q-Fieber um eine Infektion, die auch bei nicht direktem Kontakt,
zum Beispiel über Staub oder Aerosole auf den Menschen übertragbar ist. Schafe sind in Deutschland
die häufigste Infektionsquelle für Ausbrüche bei Menschen. Da Coxiellen extrem umweltstabil und
wetterbeständig sind, kann eine Infektion auch noch Tage bis Wochen nach einer Abkalbung/Ablammung stattfinden. Deshalb sollten Nachgeburten eingesammelt und etwa über eine Kadavertonne
entsorgt werden. Als einer der wirkungsvollsten Bekämpfungsmaßnahmen werden derzeit regelmäßig
durchgeführte prophylaktische Schutzimpfungen, vor allem weiblicher Jungtiere vor der Trächtigkeit,
angesehen. Die Impfung wird Betrieben mit erhöhtem Publikumsverkehr wie Schulklassen und mit
siedlungsnahen Flächen sehr empfohlen. Obwohl C. burnetii gegen Antibiotika empfindlich ist, kann
beim Tier durch eine Antibiotika-Therapie zwar die ausgeschiedene Erregermenge reduziert, nicht aber
zum Stillstand gebracht werden und wird deshalb nicht empfohlen.
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BIOKREIS ––– Fachberatung
Fachberatung ––– BIOKREIS
Hörner weg – alles gut?
Deutschlands Rinderherden sind zunehmend genetisch hornlos.
Von Jörn Bender
Der Blick auf heimische Weiden und Rinderställe lässt eines zunehmend vermissen: Die stolzen Hörner der Kuh,
mal Kopfschmuck mal Drohgebärde oder gar Waffe, in jedem Fall aber Jahrhunderte alter Begleiter und Teil jenes
Nutztieres, verschwinden in rasantem Tempo. Ursache der
zunehmenden Hornlosigkeit in Milchvieh- und besonders
Fleischrinderherden ist inzwischen oftmals die Etablierung
genetisch hornloser Zuchtlinien.
Klassischer Erbgang
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Die Vererbung der Hornlosigkeit folgt dabei allgemein bekannten Gesetzmäßigkeiten Mendelscher Vererbungslehre.
Jede Kuh und jeder Bulle trägt im Erbgut (diploider Chromosomensatz) zwei Zustandsformen zum Hornstatus mit
sich, jeweils eine davon wird nach zufälligem Prinzip von
Vater und Mutter an das Erbgut der Nachkommen weitergegeben, die damit auch wieder zwei Anlagen für dieses
Merkmal besitzen. Da die Zustandsform für Hornlosigkeit
dominant gegenüber der Zustandsform für Behornung ist,
reicht das Vorhandensein einer Erbanlage der Hornlosigkeit
aus, um das Tier optisch (man spricht auch von phänotypisch) hornlos zu machen.
Die Dominanz der hornlosen Zustandform im Erbgut hat
den großen Vorteil, dass sich die genetische Hornlosigkeit relativ schnell etablieren lässt. Nachteil der Dominanz ist aber,
dass man von der optischen Erscheinung, also dem Phänotyp eines Tieres, nicht direkt auf die Genetik (den Genotyp)
schließen kann. Während sicher ist, dass ein behorntes Tier
auch beide Allele mit der Information für Behornung trägt,
kann ein optisch hornloses Tier in seinem Genotyp entweder
reinerbig (homozygot) hornlos sein oder mischerbig (heterozygot). Paart man einen mischerbigen Bullen auf eine Herde
behornter Rinder an, wird demnach statistisch gesehen nur
jedes zweite Kalb hornlos zur Welt kommen. Ein reinerbiger, homozygoter Bulle hingegen wird in diesem Fall immer
hornlose Kälber zeugen.
Die notwendige Sicherheit über den genetischen Status lässt
sich inzwischen durch gut etablierte Gentests ermitteln, die
unter Verwendung von Haar- und Bluproben möglich sind.
Betriebe, die sich schnell aus der Haltung behornter Tiere
Mungo ist
ein mischerbig
hornloser Bulle.
Bildquelle:
CRV Deutschland
GmbH
verabschieden möchten, gehen mit einem reinerbig hornlosen Bullen einen schnellen und zuverlässigen Weg – keines
ihrer Kälber wird mehr behornt zu Welt kommen.
Rasante Entwicklung
Gerade im Bereich der Fleischrinderhaltung hat die Hornloszucht im aktuellen Jahrtausend eine rasante Entwicklung genommen. Betrachtet man beispielhaft die jährliche
Zuchtbullenauktion des Fleischrinder Herdbuches Bonn
zum Anfang eines jeden Jahres, so entwickelte sich der Anteil
genetisch hornloser Zuchtbullen ausgehend von 45 Prozent
im Jahr 2010 in rasantem Tempo auf rund 75 Prozent im
Jahr 2013. Bei der Rasse Limousin, die neben Fleckvieh
eine Vorreiterrolle in dieser Entwicklung einnimmt, waren
bei der aktuellen Auktionsveranstaltung 2015 gar 35 von 36
Bullen genetisch hornlos.
Allgemein ist festzustellen, dass nach einer starken Fokussierung der Fleischrinderzucht auf die Etablierung genetischer
Hornlosigkeit zunehmend auch andere Zuchtziele wieder an
Bedeutung gewinnen. Viele verantwortungsbewusste Züchter haben Langlebigkeit, Gesundheit sowie Fleisch- und
Milchleistung mit einer gewissen Weitsicht ohnehin mehr
Bedeutung zugemessen als der einseitigen Beschäftigung
mit einer Etablierung genetischer Hornlosigkeit. Letztere
ist allerdings ohne Frage eine klare Grundbedingung vieler
Käufer geworden, sodass sich marktwirtschaftlich kaum ein
Zuchtbetrieb (der betroffenen Rassen) dem Thema für die
Zukunft verschließen kann.
Pro und Kontra
Unter Landwirten wird die Thematik auch und gerade im
Ökolandbau bisweilen leidenschaftlich diskutiert. Neben der
besseren Vermarktbarkeit stehen eine geringere Verletzungsgefahr von Mensch und Artgenossen auf der Argumentliste
der Befürworter hornloser Zuchtarbeit. Ein naturgemäßes
Wesen der Kuh, Ästhetik der Rasse, eine zu enge genetische
Basis und Auswirkungen auf Beschaffenheit von Milch und
Fleisch sind andersherum Motivation für manchen Biobetrieb, an der Haltung behornter Rinder vehement festzuhal-
-37ten. Einig ist sich die Biobranche indes darin, dass der bislang dominierende Grund für das Vorhandensein hornloser
Kühe in Deutschlands Ställen und Weiden, die Enthornung
von adulten Tieren und insbesondere Kälbern nämlich, zukünftig der Vergangenheit angehören wird. Dieser Tenor ist
zunehmend selbst aus Kreisen der konventionellen Milchviehhaltung zu vernehmen, sodass auch dort der Einsatz
genetisch hornloser Bullen aktuell eine verstärkte Nachfrage
erfährt.
Pioniere der Hornloszucht
Auch Biokreis-Milchviehhalter Anton Daxenbichler sah in
der mechanischen Enthornung von Kälbern schon früh ein
störendes Element sowohl für die Mensch-Tier-Beziehung
als auch im Hinblick auf Tierwohl und den Anspruch des
Betriebes an eine authentisch-nachhaltige Landwirtschaft.
Der Ökobauer aus Tuntenhausen im Landkreis Rosenheim
wurde so bereits vor beinahe 20 Jahren zum passionierten
Hornloszüchter und sieht sich nun durch die aktuellen Beratungsempfehlungen der Behörden bestätigt.
Zusammen mit seinem Verbandskollegen Sebastian Kendlinger setzte er früh Hornlosgenetik der Rasse Red Holstein
(Bullen Porter pP und Priority PP) in seiner Fleckviehherde ein und gegen manche Widerstände aus Kreisen der
Tierzucht durch. Der Lohn waren schon nach kurzer Zeit
bemerkenswerte Zuchterfolge des ersten selbstgezogenen,
hornlosen Deckbullen „Pius“, der dem Biokreis-Landwirt
in Folge elf sehr gute Milchkühe bescherte. Die Aktivitäten
des Betriebes blieben auch der kommerziellen Zucht nicht
lange verborgen. So kaufte das Rinderzuchtunternehmen
Meggle/CRV in der Vergangenheit fünf Vererber aus dem
Betrieb von Anton Daxenbichler, darunter für über 20 000
Euro den seinerzeit mit einem genomischen Zuchtwert
von 130 (heute 116) getesteten Bullen „Mungo“. Dessen
Genetik ist aktuell über das Nachfolgeunternehmen CRV
Deutschland zu beziehen, in dessen Züchterrat bei der Besamungsstation Wasserburg Anton Daxenbichler zudem engagiert ist. Der Mungo-Sohn „Mahango“ (ca. 8 Prozent Red
Holstein Genanteil) ist derzeitiger Topvererber bei hornlosen
Fleckviehbullen und steht mit einem genomischen Zuchtwert von 140 sowie herausragenden Fitnesseigenschaften
(Index 129) in der traditionellen bayerischen Besamungsstation Grub. Dieser Bulle rangiert in der Gesamtliste der
bayerischen Fleckviehzucht auf Platz 12, unter den nach
ökologischem Zuchtwert bewerteten Bullen gar auf Rang
6. Die hervorragenden Fitnesseigenschaften erklären sich
auch über eine langjährige Zuchtarbeit des Betriebes nach
Maßgabe des ökologischen Zuchtwertes.
Anton Daxenbichler hat indes nach 18 Jahren Hornloszucht
ein wesentliches Ziel erreicht – seit diesem Jahr sind alle
seine 45 Milchkühe genetisch hornlos.
BIOKREIS ––– Fachberatung
Mehr Humus, mehr Ernte
und Nitrat. Es ist bedauerlich, dass bei den üblichen Bodenanalysen und Düngemittelempfehlungen dieses enorme
Nährstoffpotential des Humus zu wenig berücksichtigt wird.
Die „Bauarbeiter“
Ein lebendiger Boden ist die Basis einer nachhaltigen Landwirtschaft.
Von Gerhard Falter
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Ein Quadratmeter lebendiger Boden enthält zirka 10 Millionen Fadenwürmer, 100 000 Springschwänze, 45 000
Gliederwürmer, 40 Insekten und Milben. Ein Gramm
Boden enthält etwa 500 000 Bakterien, 400 000 Pilze,
50 Algen und 30 000 Einzeller. Durch das Zusammenwirken von Pflanzen und Bodenleben entsteht aus toten organischen Resten und Gesteinsmaterial das, was wir landläufig Humus nennen. Eine nachhaltige Landwirtschaft kann
den Humusgehalt im Boden nicht nur erhalten, sondern
auch steigern. Humus entsteht aus organischen Substanzen: In der Hauptsache sind dies Pflanzen- und Tierreste
beziehungsweise pflanzliche und tierische Substanzen. Für
die Umwandlungsarbeit dieser Substanzen im Boden ist
das „Bodenleben“ verantwortlich. Durch verschiedenste
Stoffwechselvorgänge verändern die Bodenorganismen die
Löslichkeit von Mineralien und machen sie auf diese Weise
für die Pflanzen aufnehmbar.
„Baustelle“ Boden
Das angelieferte Material auf unserer Baustelle Boden besteht aus organischen und anorganischen Teilen. Das anorganische Material setzt sich aus Bestandteilen unserer Erdrinde
zusammen; dies sind: Quarz, Feldspäte, Glimmer oder Gesteine wie Granit und Sedimente wie Löß, Ton, Sand und
Kalkstein. Mit diesen Ausgangsbestandteilen werden auch
Pflanzennährstoffe geliefert. Einer der wichtigsten anorganischen Anteile des Bodens ist der Ton.
Die anderen Komponenten im Boden sind die organischen
Materialien. Alle dem Boden zugeführten Stoffe, wie Mist,
Gülle, Komposte, Biogasgärreste, Gründüngung, Ernterückstände, Wurzelmasse etc. sind organische Massen. Diese
beinhalten Mineralstoffe, Kohlenhydrate und Stickstoffverbindungen.
Sobald die abgestorbenen organischen Materialien mit ihren
Inhaltsstoffen in den Boden gelangen, setzen Stoffwechselvorgänge in Form von Zersetzung und Verwesung ein. Man
spricht vom Rottevorgang oder einfach vom Abbau der organischen Substanz. Dieser Abbau dient einem neuen Aufbau.
Die organischen Materialien werden zerlegt, abgebaut, und
dann über verschiedene Umwandlungsprodukte zu neuen
Bestandteilen aufgebaut. Diese Ab- und Aufbauarbeit leisten
Mikroorganismen, die „Bauarbeiter“ im Boden. Die Leistung der vielen Klein- und Kleinstlebewesen ist vergleichbar mit dem Bauen und Füllen von Speisekammern und
Nährstoffdepots.
Die „Lagerstätten“
Die Bodenlebewesen errichten „Lagerstätten“, Depots, und
füllen sie mit allen für die Pflanze notwendigen Nährstoffen,
wie Phosphor, Kali, Stickstoff, Mangan, Spurenelementen
etc. Die Mikroorganismen bauen beziehungsweise beliefern
eigentlich zwei verschiedene Depots. Das eine ist eine schwache Nährlösung (Bodenlösung), in der die Pflanzennährstoffe in Wasser aufgelöst vorliegen. Nur in dieser gelösten
Form werden die Nährstoffe überwiegend von der Pflanze
aufgenommen. Diesen Weg der Nährstoffe ebnen die Mikroorganismen. Ein zweiter Weg, auf dem die Mikroorganismen arbeiten, führt in das zweite Depot, den sogenannten
Humus beziehungsweise Ton-Humus-Komplex. Auch dieses
Depot wird von Mikroorganismen gebaut und beschickt.
Den Prozess dorthin bezeichnet man als Humifizierung.
Man kann sagen: Der entstehende Humus-Zustand ist die
durch mikrobielle Arbeit verdaute organische Masse. Diese
kann sich mit den Tonteilchen im Boden zum Ton-HumusKomplex zusammensetzen. Die Nährstoffe sind in diesen
Depots relativ fest eingeschlossen und gut aufgehoben. Das
heißt: Sie sind organisch gebunden. Von hier können sie nur
schwer durch Auswaschung oder Verflüchtigung verloren gehen. Bei Bedarf, wenn sie von der Pflanze gebraucht werden,
können sie unter Mithilfe der Mikroorganismen aus diesem
Depot für die Pflanze verfügbar gemacht werden. Die im
Humus- beziehungsweise Ton-Humus-Komplex gebundenen Nährstoffe stellen die große Nährstoffreserve des Bodens
dar. Circa 95 Prozent des gesamten Stickstoffs im Boden
liegen in diesen Humus-Depots. Nur etwa fünf Prozent befinden sich in der Bodenlösung in Form von Ammonium
Die Mikroorganismen leben primär in Verbindung mit den
organischen Bodenbestandteilen zusammen. Dies sind: Wurzelhaare, Pilzhyphen oder kolloidale Humusformen. In den
wässrigen Bestandteilen, den Boden- und Nährlösungen,
treten Bodenorganismen nur sehr spärlich auf. Die Besiedlung in den horizontalen wie auch vertikalen Bodenschichten ist sehr unterschiedlich. Übereinstimmend ergeben aber
Untersuchungen, dass im mikroskopischen Bereich eines
durchschnittlichen Ackerbodens noch weite Bodengebiete
unbesiedelt sind, das heißt noch besiedelt werden könnten
– eine für den Bodenaufbau interessante Tatsache.
Die Bestimmung der im Boden lebenden Organismen ist
äußerst schwierig. Vor allem auch wegen der saisonbedingten
Dichteschwankungen. Wichtig ist zu wissen, dass auf einem
durchschnittlich fruchtbaren Ackerboden pro Hektar mehrere Tonnen Mikroorganismenmasse vorhanden und aktiv
sein können. Um den Boden und seine „Arbeiter“, die Mikroorganismen, möglichst optimal mit Nahrung zu versorgen,
muss der Landwirt und Gärtner aber über grundlegendes
Wissen verfügen. Ist zum Beispiel das Nahrungsangebot für
die „Arbeiter“ im Boden stickstoffarm, wie zum Beispiel bei
Stroh, so wird ihnen zu wenig Stickstoff geboten und die
Mikroorganismen stürzen sich auf alle Stickstoffvorräte im
Bodengefüge. Damit kann dann die sogenannte Stickstoffsperre für die Pflanze eintreten, da ihnen ihre Stickstoffquelle
vorübergehend durch die Mikroorganismen entzogen wird.
Diese Effekte können durch humusaufbauende Maßnahmen verhindert werden. Es gilt, die Nährstoffkonkurrenz
zwischen Pflanzenwurzel und Mikroorganismen geschickt
zu steuern. Die wichtigsten Faktoren für das Wachstum von
Pflanzen sind auch die wichtigsten Faktoren für den Bodenaufbau. Das Bodenleben spielt dabei die Schlüsselrolle.
Die Hand des Landwirts
Der Landwirt oder Gärtner kann durch seine Wirtschaftsweise wesentlich zur Verlebendigung seines Bodens beitragen. Es liegt zum Großteil in ihren Händen, auch in von
Natur aus benachteiligten Boden- und Klimagebieten Bodenaufbauarbeit zu betreiben und somit für eine Erhöhung
der mikrobiellen Aktivität im Boden zu sorgen.
Erfolgreiche Landwirtschaft oder Gartenbau bedeutet neben
vielen anderen Aspekten: dem Boden ausreichend organische
Masse zur Verfügung stellen, sich die mikrobiellen Ab- und
Aufbauprozesse im Boden zu Nutze machen und dadurch
zu einer Erhöhung des Humuszustandes zu gelangen. Denn
ein guter Humuszustand des Bodens ist die Grundlage für
ausreichende Nährstoffdepots und die Verfügbarkeit von
Pflanzennährstoffen. Je besser uns dies gelingt, desto zufriedener werden wir mit den Erträgen sein.
Humusreicher Boden
schafft gute Erträge.
-39-
Zur Vielfalt im Boden
gehört die Vielfalt auf
dem Boden.
Bilder:
Gerhard Falter
BIOKREIS ––– Verarbeiter-Porträt
Sammler und Gemüseretter
Die Mitarbeiter von
Georg Thalhammer
sammeln eine Spezialität
des Waldes: Bärlauch.
Georg Thalhammer handelt mit frischem Gemüse
und stellt Feinkost aus Kürbissen und Wild-Bärlauch her.
Von Ronja Zöls
-40-
Die Art und Weise, wie sein Großvater Gemüsebau betrieb
- das hat Georg Thalhammer (57) immer fasziniert. Diese
Form der Landwirtschaft hat er von Kindheit an mitgelebt.
Nie wäre für ihn daher etwas anderes in Frage gekommen
als der biologische Landbau. Er war einer der Ersten in der
Bio-Szene, Gründungsmitglied im Biokreis, Bio-Bauer und
Vorreiter in Süddeutschland, wenn es um den Anbau von
biologischem Hokkaido-Kürbis geht. Bis heute liegt ihm
der „Kaiser des Gartens“, wie er in China genannt wird, am
Herzen. Und 2008 hat er einen Geschäftszweig rund um die
orangefarbene größte Beere des Planeten aufgebaut, handelt
mit ihr und versteht sich gar als deren „Anwalt“.
Georg Thalhammer will nicht nur die prallen, schönen,
wohl geformten Kürbisse, er nimmt auch jene, die ohne
Stiel sind, Druckstellen aufweisen, zu groß oder zu klein sind
und somit für den Frischemarkt keinen Wert haben. Statt
im Kompost landet das Gemüse püriert in den Feinkostprodukten des Steinfelder (Unterfranken) Unternehmens
„Georg Thalhammer – Gesundes von Feld und Wald“. Als
Bio-Kürbispüree für die Industrie, Kürbissuppe, Kürbisketchup, Kürbisschmalz oder Kürbisfruchtaufstrich. „Der
Kürbis hat einen hohen gesundheitlichen Wert“, sagt Georg
Thalhammer, „in vergangenen Kulturen, bei den Chinesen
und Inkas, wurde er hoch geschätzt. Bei uns hatte er lange
Zeit einen Arme-Leute-Touch. Jetzt sind die Produkte wieder sehr gefragt.“
Kürbisse kommen ins Strohlager
Rund 2500 Tonnen Bio-Hokkaido kauft er Landwirten aus
Niederbayern, Oberbayern, Baden, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen und Brandenburg ab. Im Juli kann er bereits
in den Früherntegebieten wie Rheinland-Pfalz beginnen.
Die Landwirte, die ihre Ernte nicht selbst lagern können,
bringen sie zu Georg Thalhammer. Die Kürbisse werden
in einem 50 Meter langen Konstrukt zwischengelagert, das
aus zwei Strohwänden und einem Dach aus Rundholz und
Planen besteht. Hier kommt immer frische Luft hinzu, was
optimal für die Lagerung ist. Jene, die nicht frisch verkauft
werden, werden Anfang November zu einem Gemüseverarbeiter gebracht, wo sie mit Hochdruck gereinigt, per Hand
kontrolliert, zertrümmert, erhitzt und durch ein feines Sieb
gepresst werden. Ein Teil des Pürees wird in 200-Liter-Fässern tiefgekühlt, der Rest durch den Zusatz von Limettensaft
haltbar gemacht.
Zehn Mitarbeiter und Saisonkräfte sind damit beschäftigt,
aus den Rohwaren Feinkost herzustellen. Die Ideen entstehen durch gegenseitigen Austausch und Tüfteln. So hat
etwa ein Mitarbeiter, der auch Hobbykoch und Naturführer
ist, das Rezept für das Kürbisketchup entwickelt, das zu 70
Prozent aus Kürbispüree besteht. Von Georg Thalhammer
selbst stammt das Kürbis-Kokos-Schmalz mit Zwiebeln,
Äpfeln und Kräutern.
Mit Küchenmessern in den Wald
Auch wenn der Kürbis der „Kaiser des Gartens“ ist: Im Wald
wachsen ebenfalls Spezialitäten, und damit hat sich Georg
Thalhammer einen zweiten Geschäftszweig aufgebaut. Er
sammelt Bärlauch, 30 bis 40 Tonnen pro Jahr – und die
vermarktete Menge steigt von Jahr zu Jahr. Bevor er mit seinen Helfern in die Wälder ausschwirrt, braucht er natürlich
die Erlaubnis der Eigentümer – meist der Staat – sowie eine
Sammelerlaubnis. Bis zu 20 Mitarbeiter sind dann im Wald
unterwegs und schneiden mit Küchenmessern den Bärlauch.
Er wird ordentlich in Kisten geschichtet, dann zu einer Packstation in der Pfalz transportiert, dort gewaschen, gekühlt
und verpackt für den Frischemarkt. Da die Nachfrage groß
ist, sucht Georg Thalhammer immer nach neuen Gebieten,
in denen er Bärlauch ernten kann. Erfolgreich ist er vor allem in den Flussauen und in den Mittelgebirgsregionen, wo
Kalk im Boden ist. Bis in die Alpen in 1500 Metern Höhe
ist sein Erntetrupp unterwegs.
„Best New Product Award“ für Pesto
Doch auch hier ist es ähnlich wie mit dem Kürbis. Nicht
jedes Bärlauchblatt ist für den Frischemarkt geeignet. Manche sind gerissen, anderen fehlt der Stiel. Diese werden nach
Steinfeld gebracht und dort verarbeitet. Am Ende entstehen
Pestos in Rohkostqualität. Sie werden nicht erhitzt, sind aber
dennoch im ungeöffneten Glas bis zu zwei Jahre haltbar. Das
Pesto Waldfrüchte etwa wurde auf der diesjährigen Biofach
mit dem „Best New Product Award“ ausgezeichnet und
punktet mit einer interessanten Kombination aus Bärlauch,
Wild-Heidelbeeren, Cranberries, Maronen, sibirischen Zedernnüssen, Haselnüssen, Pilzen und Waldhonig.
Das Geschäft mit der Feinkost macht auch Georg Thalhammers Tochter Iris Spaß, die im Unternehmen in den
Bereichen Vertrieb, Marketing, Online-Shop und Social
Media mitarbeitet und gleichzeitig das duale betriebswirtschaftliche Studium „Food Management & Kulinaristik“
absolviert. Aber der Kürbishandel ist nicht so das ihre, „dafür
bräuchte man eine landwirtschaftliche Ausbildung“, wie ihr
Vater sagt, „schließlich muss man hier die Bauern vertreten.“
Würde er jemanden finden, der „hier voll reinspringt“, wäre
der 57-Jährige vielleicht gar nicht mehr hier, sondern schon
in den Vororten von Paris unterwegs. „Gesundes vom Wald
und Feld“ macht ihm Spaß, aber einen Wunsch würde er
sich gerne noch erfüllen: mit seiner französischen Frau, die
Landschaftsarchitektin ist, im Großraum Paris Zier- und
Gemüsegärten planen. Modern, urban – und ein bisschen
natürlich wie beim Großvater.
Name:
Georg Thalhammer
Handel mit frischen
Bio-Lebensmitteln e.K.
Standort:
Tannenweg 10, 97854 Steinfeld
Unternehmensgründung: 2008
Geschäftsführung: Georg Thalhammer
Mitarbeiterzahl: 10 (die meisten in Teilzeit)
Produktionszweig: Handel mit Bio-Gemüse und
-Kräutern; Herstellung von Bio-Feinkostprodukten
-41-
Ein köstlicher
Brotaufstrich:
Kürbisschmalz.
Große Freude
über den Preis
„Best New Product“
auf der Biofach 2014.
Bilder:
Thalhammer
Aktuelles: NRW
Aktuelles: Mitte
Endphase der BHV1-Sanierung in Hessen
Richtlinienänderungen beachten!
Der Biokreis NRW weist seine Mitglieder nochmals auf
wichtige Änderungen der Biokreis-Richtlinie hin, die bereits im Zuge der Bundesmitgliederversammlung 2014
beschlossen wurden und seither Bestandteil der aktuellen
Druckversion der Richtlinie sind. Dabei sind insbesonde-
re Regelungen zum Zukauf von Futter und Mineralfutter
(Absatz 9.3 der Biokreis-Richtlinie) sowie Einschränkungen
bei der Anwendung von Medikamenten (Anhang IX) zu beachten. Weitere Informationen erhalten Sie in der BiokreisGeschäftsstelle. JB
Viele Umstellungsbetriebe
Die Zahl der an einer Umstellung auf den ökologischen
Landbau interessierten Betriebe hat 2015 spürbar zugenommen. Die Gründe für diese Entwicklung dürften vielschichtig sein. Einerseits haben die erhöhten Prämien und auch der
lange erwartete Start der neuen, verlässlichen Förderperiode
von 2015 bis 2020 bei manchem Betrieb den Ausschlag für
eine Umstellung zum aktuellen Zeitpunkt gegeben. Andererseits führt auch die gesellschaftliche und agrarpolitische
Stimmung mit Diskussionen rund um Tierwohl, Strukturwandel sowie die Thematik „stetiges Wachstum – welcher
Familienbetrieb soll das noch leisten?“ zu einer verstärkten
Beschäftigung vieler Höfe mit dem ökologischen Landbau.
Der Biokreis NRW jedenfalls freut sich über viele neue Interessenten und Mitgliedsbetriebe und nimmt die Entwicklung zum Ansporn, weiterhin umfassende Leistungen für
seine Mitglieder anzubieten und zu entwickeln. JB
Das Bovine Herpesvirus Typ 1 (BHV1) verursacht bei
Rindern eine – für Menschen ungefährliche – hochansteckende Infektionskrankheit. Verschiedene Verlaufsformen
sind möglich: entweder Erkrankungen der oberen Luftwege oder Entzündungen im Geschlechtstrakt mit möglichen
Fruchtbarkeitsstörungen. Die BHV1-Infektion gehört zu
den anzeigepflichtigen Tierseuchen. Unabhängig von der
Verlaufsform bleibt ein einmal infiziertes Tier lebenslang
Virusträger. Diese Tiere erscheinen gesund, tragen jedoch
das Virus in sich und können es jederzeit unter bestimmten
Voraussetzungen (zum Beispiel bei Stresssituationen wie
Kalbung, Stallwechsel etc.) wieder ausscheiden und so weiterverbreiten. Dadurch gestaltet sich die BHV1-Sanierung
in Rinderbeständen sehr schwierig.
BHV1 verursacht insbesondere durch Restriktionen bei der
Vermarktung von Rindern aus nicht anerkannt BHV1-freien
Gebieten erhebliche wirtschaftliche Verluste. Deswegen ist
der entscheidende Grund zur BHV1-Bekämpfung mit dem
Ziel der BHV1-Freiheit die Erhaltung der Konkurrenzfähigkeit beim Handel innerhalb und außerhalb der EU. Dänemark, Österreich, Finnland und Schweden sind bereits als
BHV1-freie EU-Mitgliedsstaaten anerkannt worden und
können dadurch bestimmte Zusatzgarantien beim Rinderhandel aus nicht anerkannt BHV1-freien Gebieten fordern
(30 Tage Quarantäne, erneute BHV1-Untersuchung in der
Quarantäne, Tiere dürfen nicht gegen BHV1 geimpft sein).
In Deutschland hat Bayern als erstes Bundesland den Status
„BHV1-freie Region“ nach EU-Recht erlangt.
Zum Stichtag 15. Mai 2014 waren in Hessen noch 682 Tiere
mit einer BHV1-Infektion (Reagenten) in 25 Betrieben registriert. Damit ist der angestrebte Status eines BHV1-freien
Gebietes im Jahr 2014 in greifbare Nähe gerückt.
Um Vermarktungsnachteile zu vermeiden, muss auch in
Hessen eine strikte BHV1-Sanierung vorangetrieben werden. Das HMUKLV hat daher mit einer im Juli 2014 veröffentlichten Allgemeinverfügung zusätzliche Maßnahmen
angeordnet, um den Prozess zu beschleunigen. Die verschiedenen Maßnahmen sind nun beendet und bis spätestens 30.
Juni 2015 sollen die letzten Reagenten aus den Betrieben
entfernt worden sein. Ziel der gemeinsamen Bemühungen
ist, spätestens im Jahr 2017 eine Anerkennung des Landes
Hessen als BHV1-frei zu erreichen. bm
Magere Bergwiese bei
Winterberg bietet einer
Vielzahl von Pflanzen
und Tieren Platz.
-43Mehr Bio aus Hessen für Hessen – Modellregionen für den Ökolandbau
Bild:
Biologische Station
Hochsauerlandkreis
Biolebensmittel, am besten aus regionaler Erzeugung, mit
kurzen und transparenten Transport- und Vermarktungswegen liegen im Trend, und die Nachfrage steigt kontinuierlich.
Mit der Auswahl der drei hessischen Ökomodellregionen
(Landkreis Fulda, Landkreise Kassel/Werra-Meißner sowie
der Wetteraukreis in Kooperation mit der Arbeitsgemeinschaft Ökolandbau) konnte jetzt ein weiterer Baustein des im
Grünland-Fachtagung in Winterberg
Artenreiche, blumenbunte Wiesen und Weiden sind in unserer Landschaft in den letzten Jahrzehnten stark zurückgegangen. Frühe und häufige Schnitte führen zu hochwertigem
Futter, bieten jedoch sehr vielen Pflanzen- und Tierarten keine Überlebenschance. In verschiedenen Regionen Deutschlands werden von Naturschützern und Landwirten Projekte
zur Wiederherstellung von artenreichem Grünland umgesetzt. Dies erfolgt durch Mahdgutübertragung oder durch
Gewinnung und Ausbringung von heimischem Saatgut so-
wie eine anschließende Grünlandnutzung, die sowohl die
Wirtschaftlichkeit als auch den Naturschutz berücksichtigen
muss. Eine Fachtagung zum Erfahrungsaustausch in Winterberg (Hochsauerland, Nordrhein-Westfalen) Ende Juni 2015
zeigte erfolgreiche Verfahren, aber auch Probleme auf. Eine
Exkursion in das Projektgebiet des aktuellen LIFE-Projektes
„Bergwiesen bei Winterberg“ machte den Teilnehmern die
Vielfalt der gewachsenen Bergwiesen sowie Erfolge bei deren
Wiederanlage sichtbar. EL
Exkursion 2016 nach Orkney
Wie bereits mehrfach angekündigt, wird sich der Biokreis
NRW gemeinsam mit unserer Kontaktperson in England,
Sheila Eggleston, bemühen, für 2016 eine Exkursion zur
Inselgruppe Orkney nördlich von Schottland zu organisieren. Zeitpunkt der Exkursion werden die Tage rund um
das zweite Augustwochenende 2016 sein, da hier mit der
„Orkney-Show“ die traditionelle Landwirtschaftsausstellung
stattfindet. Interessierte, die sich noch nicht beim Biokreis
NRW für die Fahrt haben vormerken lassen, werden gebeten, sich zeitnah in der Geschäftsstelle zu melden.
JB
vergangenen Jahr gestarteten Ökoaktionsplans der Landesregierung umgesetzt werden. Die Gewinnerregionen erhalten
einen Personalkostenzuschuss von 100 000 Euro für zwei
Jahre. Das Landwirtschaftsministerium will die Ökomodellregionen weiter intensiv begleiten und möchte auch andere
Regionen zum Austausch mit den Preisträgern anregen.
bm
Aktuelles
Wege zu einer gesellschaftlich
akzeptierten Nutztierhaltung
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Termine
Bund Naturschutz
Dienstag, 18. August
Hörst Du die Regenwürmer husten? Boden
erkunden – für Kinder von 6 bis 10 Jahren
Treffpunkt: Passau-Stelzlhof
Fachtagung des Landwirtschaftsministeriums NRW.
Von Jörn Bender
Dienstag, 09. September
Naturkundliche Nachtexkursion
für die ganze Familie im Ilztal.
Anmeldung unter Tel.: 0851 / 95 98 00
Samstag, 03. Oktober
Herbstliche Kräuterwanderung,
Anmeldung bis 21. September
Gepflegte Tiere sind
nicht zwingend eine
Frage des Betriebsumfangs – in größeren
Tierhaltungseinheiten
ist allerdings mangels
Flächenbindung die
sinnvolle Verwertung der
anfallenden Wirtschaftsdünger oft unbefriedigend gelöst.
Bild:
Jörn Bender
Bis auf den letzten Platz gefüllt waren die Räumlichkeiten im
Landwirtschaftszentrum Haus Düsse im Rahmen einer kurzfristig angesetzten Fachtagung im Juni, in deren Mittelpunkt
die Positionen des MKULNV NRW sowie des wissenschaftlichen Beirates für Agrarpolitik der Deutschen Bundesregierung zu einer zukünftigen Ausgestaltung der Tierhaltung
standen. Dass Minister Johannes Remmel diese Thematik
ein ernsthaftes Anliegen ist, wurde nicht zuletzt durch die
Anwesenheit seiner gesamten Hausspitze (nebst dem Minister die Staatssekretäre Peter Knitsch und Horst Becker sowie
Abteilungsleiter Dr. Ludger Wilstacke) deutlich. Zeitgleich
zur Diskussionsveranstaltung legte das Ministerium zudem
ein Arbeitspapier „Nachhaltige Nutztierhaltung NRW“ vor,
in dem fünf maßgebliche Handlungsfelder benannt werden:
Haltung, Zucht, Medikamenteneinsatz, Flächenbindung
und Umweltstandards sowie Einkommenssicherung (Das
Papier ist für interessierte Landwirte über die Geschäftsstelle
des Biokreis NRW zu beziehen). Für eine weitergehende
Diskussion der Thematik wurde seitens Minister Remmel
auf die Gesprächsrunde „Dialog Landwirtschaft und Umwelt“ verwiesen, in der die Landesvereinigung Ökologischer
Landbau NRW ebenfalls vertreten ist.
„Aus der Verteidigungshaltung herausfinden…“
Prof. Dr. Harald Grethe (Uni Hohenheim) als Vorsitzender
des wissenschaftlichen Beirates hält ähnlich wie Remmel einen langfristigen Umbau der Tierhaltung für notwendig und
binnen eines Zeitraumes von 20 bis 30 Jahren auch mach-
bar. Als Maßnahmen-Mix könnten dabei sowohl ordnungsrechtliche Schritte, ein staatliches Label für Tierschutz, aber
auch eine deutliche Stärkung von Tierschutzmaßnahmen
im Rahmen der Zahlungen der zweiten Säule der Agrarförderung Anwendung finden. Die hierfür aufzubringenden
Mehrkosten im Bereich der landwirtschaftlichen Betriebe
veranschlagt Grethe auf rund 3 bis 5 Milliarden Euro. Unabdingbar für eine sachliche Auseinandersetzung ist für den
Wissenschaftler dabei eine Trennung der Tierschutz-/Tierwohldiskussion von der Agrarstrukturdiskussion, sprich der
fachlich fragwürdigen Debatte um ein vermeintlich geringeres Tierschutzniveau in größeren Betriebseinheiten.
Die anschließende Podiumsdiskussion mit Vertretern aus
Politik, Wissenschaft und Berufsstand zeigte dem Zuhörer
auf beinahe erschreckende Weise, dass die im Verlauf der
Veranstaltung vielgeforderte Gesprächsbereitschaft zwischen
Politik und berufsständischer Vertretung selbst im Ansatz
mitunter kaum vorhanden scheint. Moderator und „top
agrar“-Chefredakteur Dr. Ludger Schulze-Pals jedenfalls
blieb es nicht erspart, dann und wann Diskussionsteilnehmer wie etwa Hubertus Behringmeier (WLV-Veredlungsausschuss) an den Willen zum Dialog zu erinnern.
Wichtig erscheint eine Aussage von Landtagsmitglied Norwich Rüße (Grüne) eher am Rande der Veranstaltung: Jeder
Landwirt sollte für sich persönlich und im Rahmen seiner
betrieblichen Verantwortung eine klare Wertvorstellung von
Tierwohl im eigenen Betrieb definieren und so aus der typischen Verteidigungshaltung der Branche herausfinden.
Freitag, 25. September um 19 Uhr
CD-Präsentation
mit den Jazz-Musikern
Markus Schlesag
und Tony Bulluck
Tel.: 0851 / 98 83 43 9
Ökologisches Zentrum
Passau-Stelzlhof e.V.
Ökostation des
Bund Naturschutz
für Niederbayern
Stelzlhof 1, 94034 Passau
Telefon: 0851. 9 66 93 66
Stadtbus-Linie 6
Stelzlhof
www.stelzlhof.de
Uschi Dreiucker; pixelio
-44-
Dienstag, 01. September
Saisonbeginn Mobile Saftpresse
Anmeldungen ausschließlich unter
Tel.: 0160 / 78 19 19 0
Weitere Infos:
www.saftpresse-passau.de
Aktuelles
Neumarkter Lammsbräu
verleiht Nachhaltigkeitspreis
Die
Gewinner
des Nachhaltigkeitspreises mit
Dr. Franz Ehrnsperger,
Inhaber der Neumarkter
Lammsbräu, (rechts)
und Susanne Horn,
Generalbevollmächtigte
(hinten, 3. von links).
Bild:
Neumarkter Lammsbräu
-46Zum 14. Mal hat der Bio-Pionier Neumarkter Lammsbräu
in einem Festakt die Verleihung seines Nachhaltigkeitspreises
begangen. Aus der Rekordbewerberzahl von 147 wählte die
hochkarätig besetzte Jury in diesem Jahr in fünf Kategorien
engagierte Menschen und Organisationen aus, die einen
Beitrag zu besseren Umwelt- und Lebensbedingungen leisten. Die jährlich verliehenen „Lämmchen“ sind mit jeweils
2000 Euro dotiert, sollen zum Weitermachen motivieren
und möglichst viele Menschen zum Umdenken bewegen.
In der Kategorie „Mitarbeiter/Lieferanten“ erhielt die Erzeugergemeinschaft für ökologische Braurohstoffe (EZÖB)
den renommierten Preis. Auch Biokreis-Bauern gehören zu
dieser Gemeinschaft.
Die Preisträger 2015:
• Privatperson/Einzelperson: Leo Pröstler, Gründer des
Umweltversands Waschbär. Außerdem kümmert er sich
seit rund zwei Jahrzehnten intensiv um die Aufforstung von
Mischwäldern in Costa Rica und fördert damit die dortige
Biodiversität.
• Privatpersonen/Vereine und Institutionen: Das Netzwerk
Solidarische Landwirtschaft, ein Zusammenschluss von rund
150 Höfen und Initiativen, die sich für die Umsetzung der
Solidarischen Landwirtschaft, kurz „Solawi“, in Deutschland
engagieren.
• Unternehmen: die Teekampagne von Die Projektwerkstatt – Gesellschaft für kreative Ökonomie mbH, größter
Einzelimporteur von Darjeeling-Tee weltweit. Seine biozertifizierten Produkte werden direkt nach der Ernte in
Großpackungen verkauft, was Lager-, Verpackungs- und
Versandkosten spart. Dadurch gehen rund 50 Prozent der
Erlöse direkt an die Teegärten in Indien.
• Medienschaffende: GEOlino extra, ein Wissensmagazin für
Kinder, das sich in jeder seiner Ausgaben einem besonderen
Lebensraum, seiner Faszination und Bedeutung, aber auch
seiner Gefährdung und Zerbrechlichkeit widmet.
• Mitarbeiter/Lieferanten: In der Erzeugergemeinschaft für
ökologische Braurohstoffe (EZÖB) haben sich rund 140
Bio-Bauern zusammengeschlossen, die allesamt „Überzeugungstäter“ sind. Sie schaffen auf ihren rein ökologisch bewirtschafteten Feldern Nischen für bedrohte Arten, setzen
Kulturlandpläne um und betreiben Umweltbildung. Seit
mehr als 25 Jahren ist die EZÖB damit die wichtigste Säule
der Rohstoffversorgung von Deutschlands größter Bio-Brauerei und wesentlicher Baustein einer zukunftsorientierten
Landwirtschaft in der Region.
Unter den Laudatoren fanden sich auch dieses Jahr renommierte Nachhaltigkeits-Verfechter wie Ursula Sladek, Mitbegründerin der Elektrizitätswerke Schönau, Dr. Alexander
Gerber, Vorstand von Demeter e.V., Johannes Gutmann,
Gründer und Chef der Sonnentor Kräuterhandels GmbH,
und Susanne Horn, Generalbevollmächtigte der Neumarkter
Lammsbräu.
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Metzgereibetrieb
zu verkaufen
Aktuelles
Aktuelles
Bild: Biohennen
Sepp Daxenberger-Preis 2015 für Die Biohennen AG
Seit 2011 verleihen die bayerischen Grünen den Sepp
Daxenberger-Preis. Zur Erinnerung an die Person und das
politische Wirken des Grünen-Politikers wird alle zwei Jahre eine Person oder Organisation gewürdigt, die nach der
Devise „Verändern, um zu bewahren“ handelt und sich so
für den Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen einsetzt.
-48-
In einem Festakt im Bayerischen Landtag wurde der diesjährige Preis der Legegemeinschaft „Die Biohennen AG“, der
zwischenzeitlich 34 Biobauern angehören, verliehen. Der
Europa-Abgeordnete der Grünen, Martin Häusling, sprach
in seiner Laudatio davon, dass sich die Landwirtschaft mit
Massentierhaltung und Bodenausnutzung zum Schlechten
verändert hat und dass es mehr Bauern geben muss, die
zeigen, dass es anders geht. Und wie es anders geht, zeigen
die Bauern der Legegemeinschaft täglich im Umgang mit
ihren Tieren.
Walter Höhne, Gerlinde Wagner, Sigi Rettermayer und
Tom Pschorn nahmen stellvertretend für alle Bauern den
Sepp Daxenberg-Preis entgegen. „Wir sind stolz auf diesen
Preis“, so Walter Höhne, „nicht nur weil er unsere Arbeit
und die Arbeit unserer Bauern würdigt, sondern weil er mit
dem Namen eines herausragenden Politikers und Menschen
verbunden ist“.
Elisabeth Schütze
Spatzen und Puten in der Scheune: Feldtag auf Schloßgut Hemhofen
„Heiß her“ ging es im Juni beim Feldtag auf unserem
Mitgliedsbetrieb „Landgut Schloß Hemhofen“. Bei über
30 Grad war der Ort, eine Scheune mit Naturboden, genau
richtig für den theoretischen Teil des Workshops gewählt.
Nach einem kurzen Überblick über Aktuelles aus dem Biokreis durch Verarbeiter-Berater Gerald Kamphaus erläuterte Biokreis-Berater Gerhard Falter bei seinem Vortrag zum
Thema „Zwischenfruchtanbau“ nicht nur die verschiedenen
Möglichkeiten des Anbaus, sondern auch die Grundlagen
und die Notwendigkeiten eines lebendigen Bodens. Im praktischen Teil ging es hinaus auf die Felder. Biokreis-Landwirt
Gerhard Kerschbaum führte die Gruppe auf seine Ackerschläge und informierte über den Meerrettichanbau, der nur
durch viel Know-how und den Einsatz vieler fleißiger Hän-
Ökologischer Landbau als Chance für die Betriebsentwicklung?
Welche Chancen bietet der ökologische Landbau für die
Betriebsentwicklung? Um diese zentrale Frage ging es bei
den beiden Umstellertagen des Biokreis-Erzeugerrings
Mitte e.V. auf den Mitgliedsbetrieben von Christoph Alex
(Freiensteinau - Radmühl) und Hans Trumpfheller (Bad
König). Auf den Veranstaltungen diskutierten insgesamt
mehr als 30 Praktiker über die Zukunft des ökologischen
Landbaus in Hessen.
Unterstützt wurden die Tage durch Beiträge von mehreren
Biokreis-Mitgliedern und Handelspartnern. Walter Höhne
stellte die Legegemeinschaft der Biohennen AG vor und
sprach dem Bundesland Hessen aufgrund seiner zentralen
Lage eine besondere Attraktivität für die Weiterentwicklung der Biohennen AG zu. Ruppert Gessler, der neue
Betriebsleiter des Odenwald Schlachthofes berichtete über
eine positive Entwicklung der Schlachtzahlen von aus ökologischem Landbau stammenden Tieren und erläuterte das
neue Betriebsentwicklungskonzept. Britta Stollenwerk von
der Firma Partnerbio aus Saarlouis berichtete detailliert vom
Saatgut- und Futtermittelmarkt und Julia Böhlmann von der
Freilandputen Fahrenzhausen GmbH stellte ein Konzept
zur Betriebsentwicklung mit Mastputen und Masthähnchen
vor. Daniele D‘Ambrosio von Alnatura aus Bickenbach bewarb die Vermarktungsmöglichkeiten für die Landwirte der
Region Odenwald, da gerade regionale Zulieferer für das
Handelshaus ein wichtiges Standbein darstellen. Außerdem
berichtete er vom Förderprojekt „Mehr Agrarökologie“, das
vom Deutschen Naturschutzring ausgeschrieben wurde und
von der „Alnatura Bio-Bauern-Initiative“ finanziell unterstützt wird.
Die Umstellertage des Biokreis-Erzeugerrings Hessen fanden im Rahmen der „Bio Offensive“ statt. Die Fördermittel
hierfür werden von der Landwirtschaftlichen Rentenbank
zur Verfügung gestellt, die Stiftung Ökologie und Landbau
kümmert sich um die Organisation der bundesweiten Aktion. bm
Spitzen-Bios zu Gast beim Biokreis
Wie lässt sich der Einsatz von Kupfer im Ökolandbau weiter minimieren? Welche aktuellen Aufgaben stellt die Sicherung des hohen Tierwohl-Standards auf Öko-Betrieben?
Und welche weiteren Schritte sind notwendig, um die Lücke
zwischen der Nachfrage und dem Angebot an heimischen
Bio-Erzeugnissen zu schließen? Fragen wie diese wurden von
den Spitzenvertretern der deutschen Bio-Verbände beim
jährlichen Treffen des „Fachausschuss Landwirtschaft“ des
Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft am 2. und 3.
Juli in Passau diskutiert. Gastgeber war in diesem Jahr der
Biokreis e.V., der mit seinem Vereinssitz am Passauer Stelzlhof den idealen Rahmen für die hochsommerliche Veranstaltung bot: Eine Rundfahrt über die Felder des ÖkoDemonstrationsbetriebes am Stelzlhof, beste Bewirtung im
Bio-Wirtshaus Fliegerbauer sowie am ersten Tag eine Besichtigung der Biokreis-Mitgliedsfirma mymuesli rundeten das
Programm ab. hk
de gut gelingen kann. Im Anschluss berichtete Hans-Peter
Hörrlein, Geschäftsführer der Hörrlein Feinkost GmbH,
eindrucksvoll über die Entwicklung seiner Firma, deren Naturkostschiene unter www.dreispatzen.de firmiert. Nachdem
Stefan Mutter, Geschäftsführer bei Freilandputen Fahrenzhausen GmbH, einen Einblick über die Chancen der Erzeugung und Vermarktung von Freilandgeflügel gab, konnte die
Gruppe die frisch gegrillten Geflügelspezialitäten zusammen
mit den Meerrettich-Variationen von „Drei Spatzen“ und
Getränken von der Abokiste Landgut Schloß Hemhofen
genießen. Interessenten für Freilandgeflügel können sich an
www.freilandputen.de wenden und unverbindlich persönlich
beraten lassen. gf
-49-
Aktuelles
Die bayerische staatliche Ökoberatung informiert
Ausnahmegenehmigungen nach EG-Öko-Verordnung sind
weitgehend auf die Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) übertragen
Die Freiheit der Improvisation
-50-
Wenn knapp 1500 Menschen auf dem kleinen Dorfplatz
eines kleinen pfälzischen 900-Seelen-Dorfs am 28. Juni in
brütender Hitze ausharren, zwei Fernsehteams von Morgenmagazin und ORF ihre Bilder suchen und die Radioreporter
mit den Mikros schwenken, dann wird die Gockelkrähmeisterschaft ausgetragen. Mehr als 20 Teams und Einzelpersonen inklusive eines Teams aus dem Biokreis mit Gerald
Kamphaus aus Bayern und Gottfried Erves aus NRW sind
bei der 2. Offiziellen Deutschen Gockelkrähmeisterschaft
angetreten. Letztere improvisierten mit dem Reglement.
Statt als Hühner, Hähne oder Küken das Gackern, Krähen
oder Piepsen inklusive des typischen Auftretens zu imitieren,
versuchten sich die Tapferen darin, einer Kuh das Gackern
beizubringen - zwar ohne Prämierung, aber zur Gaudi der
Zuschauer. „Bei uns darf jeder improvisieren“, meinte dazu
das Moderationsnaturtalent Gerhard Hoffmann, pfälzischer
Biowinzer und Vorstandsmitglied des Biokreis. Er betreibe
damit gezielt Dorfentwicklung und fördere eine besondere regionale Kultur, so Hoffmann. Wenn wundert es da,
dass die humoristische Gemeinschaftsentwicklung im Jahr
2016 im Dorf weiter geht? Mit vielen Überraschungen, wie
Gerhard Hoffmann jetzt schon weiß. Bestimmt auch bezüglich der Jury, in der dieses Mal mit Johannes Remmel
der Landwirtschaftsminister von NRW dabei war. Einer,
der sich besonders für das Tierwohl in der Nutztierhaltung
einsetzt, gerade auch bei den Hähnen und Hühnern. Volker Born
Die EU-Kommission hatte bei einer Überprüfung des Kontrollsystems in Deutschland bemängelt, dass die beleihenden
Bundesländer die Erteilung der meisten Ausnahmegenehmigungen auf die Kontrollstellen übertragen hatten. Dadurch
wurde eine Rückübertragung der Erteilung von Ausnahmegenehmigungen auf die Kontrollbehörden erforderlich. In
Bayern haben daher die Kontrollstellen Änderungsbescheide
zur Beleihung erhalten.
In der Konsequenz werden nun
• der konventionelle Tierzukauf,
• der Eingriff an Tieren (Enthornen von Kälbern, Schwanz
kupieren bei Lämmern),
• der Zukauf konventioneller Küken mit weniger als drei
Tagen Alter beziehungsweise konventioneller Junghennen,
die ökologisch gefüttert und medikamentiert wurden,
vom Arbeitsbereich Ökologische Land- und Ernährungswirtschaft am Institut für Ernährungswirtschaft und
Märkte (IEM 6) genehmigt.
Daneben ist IEM 6 auch für die Genehmigung der
• Anbindehaltung von Rindern in kleinen Beständen,
• von konventionellem, ungebeiztem Saatgut für Feldversuche und zum Sortenerhalt,
• des Einsatzes von konventionellem, ungebeiztem Basissaatgut
• sowie zur Gewährung von Ausnahmen im Rahmen von
Katastrophenfällen zuständig.
Die Anerkennung der Vorbewirtschaftung von Flächen wird
weiterhin von den Kontrollstellen durchgeführt sowie die
Genehmigung von konventionellem, ungebeiztem Saatgut
nach Artikel 45 VO (EG) Nr. 889/2008.
Die Kontrollstellen haben Antragsformulare und Merkblätter zu den Ausnahmegenehmigungen vorrätig und geben die
Anträge an IEM 6 weiter. Die Anträge können aber auch
direkt bei IEM 6 gestellt werden. Alte Formblätter sind nicht
mehr gültig. Die Betriebe erhalten auf ihren Antrag einen
Bescheid, der als Kopie auch an die Kontrollstellen ergeht.
>> Ausnahmegenehmigungen, die laut Verbandsrichtlinien bestehen, erteilen die Anbauverbände.
Landesanstalt
für Landwirtschaft
Institut für Ernährungswirtschaft und Märkte
Fachbereich Ökologische
Land- und Ernährungswirtschaft
Menzinger Str. 54
80638 München
Tel. 089/17800-449
Fax 089/17800-494
http://www.lfl.bayern.
de/iem/oekolandbau/
index.php
E-Mail: walburga.
[email protected]
Bild: Jürgen Vogt
Sieben neue Öko-Modellregionen für Bayern
Vor gut einem Jahr wurden die ersten fünf staatlich anerkannten Öko-Modellregionen im Rahmen der Initiative
BioRegio Bayern 2020 benannt. Gemeindeverbünde hatten sich mit Konzepten beworben, mit denen sie den ÖkoLandbau, den Öko-Markt und den Öko-Tourismus und
damit ihre Region voranbringen wollen.
Die sieben neuen staatlich anerkannten Öko-Modellregionen sind: der Landkreis Amberg-Sulzbach mit der Stadt
Amberg, das Ilzer Land (Lkr. Freyung-Grafenau und Passau),
das Miesbacher Oberland, der Landkreis Oberallgäu mit der
Stadt Kempten, die Interkommunale Allianz Oberes Werntal
(Lkr. Schweinfurt und Bad Kissingen), der Landkreis RhönGrabfeld sowie die Allianz Waldsassengau (Lkr. Würzburg).
Josef Wetzstein, Vorsitzender der Landesvereinigung für den
ökologischen Landbau in Bayern e. V. (LVÖ Bayern): „Diese
Regionalentwicklung ist ein längerfristiger Prozess, braucht
viel Fingerspitzengefühl und Ausdauer. Erfolg schafft man
hier nur, wenn man gemeinsam an einem Strang zieht. Die
etablierten Akteure des ökologischen Landbaus und der
ökologischen Lebensmittelwirtschaft bieten den Öko-Modellregionen eine enge Vernetzung und Begleitung für ihre
erfolgreiche Entwicklung an. Gemeinsam mit der Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) und den Ämtern für Ländliche
Entwicklung (ALE) blicken wir Bio-Verbände in Bayern op-
timistisch in die gleiche Richtung und verfolgen das gleiche
Ziel.“ Entscheidend hierbei seien engagierte Menschen vor
Ort: „Die Menschen in den Regionen haben unsere volle
Unterstützung! Wir bieten das dazu nötige Know-How, die
Expertise und die Erfahrungen“, unterstrich Wetzstein die
Unterstützung der Bio-Verbände. „Die Öko-Modellregionen
mit ihrem Modellcharakter für Projekte und Maßnahmen
zur Förderung des Ökolandbaus im ländlichen Raum können ein Mustervorbild für andere Regionen werden.“
Als staatlich anerkannte Öko-Modellregion konnten sich
Gemeindeverbünde mit Konzepten bewerben, die regionale
Kreisläufe, den Ausbau des Öko-Landbaus und des ÖkoMarktes sowie des Öko-Tourismus fördern. Eine zehnköpfige Jury wählte die sieben Sieger-Regionen aus. Wichtig
für die Entscheidung waren Aspekte wie die Erhöhung des
Anteils ökologisch bewirtschafteter Flächen, der nachvollziehbare Nutzen für Bevölkerung, Landwirtschaft und die
Region, der Öko-Tourismus oder das Engagement in der
Umweltbildung.
Die staatlich anerkannten Öko-Modellregionen werden im
Rahmen der BioRegio Bayern 2020 Initiative der bayerischen Staatsregierung zur Verdopplung des ökologischen
Landbaus bis 2020 gefördert.
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nächsten Heft: 15. September 2015
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Die nächste Ausgabe der
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an die Biokreis Geschäftsstelle in
NRW wenden!
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Unterreit, Herbert Krückel und Sabine Feddersen, 97440
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Tel.: 0851 / 7 56 50 0
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Biokreis Erzeugerring Bayern e. V.
Christina Lirsch
Koordination Beratung,
Beratung Gartenbau
Tel.: 0851 / 7 56 50 13
[email protected]
Biokreis Erzeugerring Nordrhein-Westfalen
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landwirtschaftliche Erzeugung
Tel.: 02733 / 12 44 55
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Messe- und Veranstaltungsorganisation
Tel.: 0851 / 7 56 50 12
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Hubert Dietrich
Beratung Imker
Tel.: 08151 / 34 63
Mobil: 0175 / 62 89 61 2
[email protected]
Eva Lisges
Stellv. Geschäftsführung,
Beratung, Öffentlichkeitsarbeit
Tel.: 02733 / 12 44 55
[email protected]
Roswitha Simon
Sekretariat, Buchhaltung
Tel.: 0851 / 7 56 50 11
[email protected]
Gerhard Falter
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Erzeugung Niederbayern, Franken
und Donau-Ries
Mobil: 0151 / 41 86 60 17
[email protected]
Stefanie Bender
Sekretariat
Tel.: 02733 / 12 44 55
[email protected]
Biokreis Erzeugerring Mitte e. V.
Karin Scheungrab
Leitung Qualitätssicherung
Tel.: 0851 / 7 56 50 17
[email protected]
David Hierenbach
Beratung landwirtschaftliche
Erzeugung Allgäu
Tel.: 07522 / 91 27 22
Mobil: 0157 / 79 75 07 50
[email protected]
Bernd Müller
Geschäftsführung, Beratung
landwirtschaftliche Erzeugung
Mobil: 0151 / 52 42 08 63
[email protected]
Trauer um Öko-Pionier Richard Müller
Der Biokreis trauert um den Visionär
und Öko-Pionier Richard Müller,
der mit nur 66 Jahren viel zu früh
plötzlich verstorben ist.
Ohne Richard Müller wäre der Biokreis nicht da,
wo er heute steht - und gleiches gilt für die gesamte
Entwicklung der bayerischen und deutschen ökologischen Land- und Lebensmittelwirtschaft. Als Gründer
des ersten Naturkostladens in München, als BiokreisBerater für Landwirte und Lebensmittelverarbeiter,
als Mitgründer des Bundesverband Naturkost und der
Arbeitsgemeinschaft ökologischer Landbau, als Gründer der Firmen Chiemgauer Naturfleisch und basic
AG sowie als Initiator vieler weiterer Projekte setzte
er entscheidende Impulse für die Entwicklung einer
alternativen, nachhaltigen Lebensmittelwirtschaft.
Wir danken Richard Müller für sein Lebenswerk und
trauern um den Verlust dieses so bewundernswert
wirkungsreichen Menschen.
bioNachrichten
Heidi Kelbetz
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Tel.: 0851 / 7 56 50 23
[email protected]
Anton Reisinger
Beratung landwirtschaftliche
Erzeugung Oberpfalz
Tel.: 09472 / 91 17 39 7
Mobil: 0171 / 19 77 61 0
[email protected]
Ronja Zöls
Redaktion bioNachrichten
Tel.: 0851 / 7 56 50 16
[email protected]
Gerald Kamphaus
Beratung Verarbeitung
Tel.: 09354 / 90 91 50
Mobil: 0170 / 80 64 32 2
[email protected]
Monika Huber
Beratung landwirtschaftliche
Erzeugung Oberbayern
Tel.: 08683 / 89 19 98 1
Mobil: 0170 / 55 33 17 5
[email protected]
Heidi Scheitza
Anzeigen, Mediaberatung,
Verpackungs- und Werbematerial
Tel.: 0851 / 7 56 50 15
[email protected]
Silke Wyklandt
Sekretariat, Buchhaltung
Tel.: 0851 / 7 56 50 20
[email protected]
Biokreis e. V.
Stelzlhof 1, D-94034 Passau
Tel.: +49 (0) 851 / 7 56 50 0
Fax: +49 (0) 851 / 7 56 50 25
eMail: [email protected]
Biokreis Erzeugerring Bayern e. V.
Stelzlhof 1, D-94034 Passau
Tel.: +49 (0) 851 / 7 56 50 20
Fax: +49 (0) 851 / 7 56 50 21
eMail: [email protected]
Biokreis Erzeugerring NRW e. V.
Dammstraße 19, D-57271 Hilchenbach
Tel.: 02733 / 12 44 55
Fax: 02733 / 12 44 57
eMail: [email protected]
Stefanie Raith
Grafik
Tel.: 0851 / 7 56 50 19
[email protected]
Biokreis Erzeugerring Mitte e. V.
Im Diemeltal 12, D-34508 Willingen
Tel.: 05632 / 71 93
Fax: 05632 / 9 60 70 54
eMail: [email protected]
Wir begrüßen Karin Scheungrab, die künftig im Biokreis für Qualitätssicherung der Biokreis-Anerkennung, die Weiterentwicklung der Verbandsrichtlinien und die Zusammenarbeit mit den Kontrollstellen verantwortlich sein
wird. Karin Scheungrab ist im Landkreis Deggendorf geboren und aufgewachsen und hat Ernährung und Versorgungsmanagement an der Hochschule
Weihenstephan-Triesdorf studiert. Ihren Berufseinstieg in die Biobranche
fand die 27-Jährige in der Lebensmittelindustrie im Bereich Qualität und
Vertrieb. „Gespannt und hochmotiviert blicke ich der neuen Herausforderung
entgegen und freue mich auf die Arbeit im Biokreis.“
Andreas Hermsdorf; pixelio
Bundesverband / Geschäftsstelle Passau
BIOKREIS ––– Bücher / Vorschau / Impressum
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Freie Bürger, freie Forschung
Die Knöllchenbande…
unterwegs zu ihren Träumen
Die deutsche Landwirtschaft produziert immer
mehr Milch, Fleisch und Eier in immer kürzerer
Zeit. Die Effizienz scheint ihr bestes Argument
zu sein. Nur mit den Methoden der Agrarindustrie könne man neun Milliarden Menschen
ernähren, behaupten deren Anhänger.
Doch diese Hochleistungslandwirtschaft ist eine
Verschwendungs- und Vernichtungslandwirtschaft. Sie erzeugt Milchkühe, die – bei einer
natürlichen Lebenserwartung von zwanzig Jahren – schon nach drei Jahren im Melkstand geschlachtet werden. Sie werden zu einer so hohen
Milchproduktion getrieben, dass sie krank und
unfruchtbar werden. Gleichzeitig können die
meisten Bauern nicht mehr autonom handeln,
weil sie abhängig und hoch verschuldet sind. In
ihrem neuen Buch belässt Tanja Busse es nicht
bei der schonungslosen Kritik der Missstände
und Abhängigkeiten, sondern zeigt auch Wege
zu einer nachhaltigen Landwirtschaft auf.
36 Autoren beschreiben Aspekte der Bürgerwissenschaft („citizen sciene“). Ja, jeder Leser könnte
auch Autor sein. Nein, die universitäre Wissenschaft ist nicht überflüssig. Peter Finke, ehemals
Professor für Wissenschaftsgeschichte, findet es
„vordemokratisch, Wissenschaft als abgeschlossene Wissenselite zu organisieren. Warum nicht
mit dem Bürgerinteresse kooperieren?“ Es gebe
keine Nichtwissenden und alle großen Gegenwartsprobleme überstiegen die Kompetenz der
Fachexperten. Einst sollten Berufswissenschaftler
„durch freie Erkenntnissuche der Wahrheitsfindung dienen“. Heute seien sie Gefangene der
Bürokratie, der politischen Vorgaben und der
Ökonomie. Und der Bürger nur Konsument
und Datenlieferant. Dabei brächten die ihr
Wissen lebensnah ein, verändern Forschungsfragen, überwinden Einzelergebnisse zugunsten
gesellschaftlicher Kontexte. Ob als Verband,
Hobbyornithologe oder Amateurbotaniker im
Wissenschaftsladen, sie generieren Lösungen
für Naturschutz und Biodiversität. Freie Bürger
verändern die Welt. Volker Born
Sechs pfiffige Kartoffelkinder aus der Scheune
von Biobauer Willi, die jeweils den Namen und
das Aussehen einer Kartoffelsorte tragen, sowie
der kleine Maulwurf Volli, der noch nie Freunde
hatte, nennen sich die „Knöllchenbande“. Gemeinsam machen sich die Akteure auf die Reise
zu ihren Träumen. Da Volli fast blind ist, soll er
wegen seines hervorragenden Geruchsinns unterwegs alle Düfte erschnüffeln. Im Gegenzug
erzählen die Kartoffelkinder ihm, was sie sehen.
Unterwegs treffen sie verschiedene Tiere mit außergewöhnlichen Merkmalen, lernen Professor
Schlaufuchs von der Universität Pupsala, der
das Wissen der Welt sammelt, und das KarateHuhn Miri-Piri kennen. Werden sie ihre Träume finden? Auf spielerische Weise vermittelt die
Geschichte die Stärkung des Sozialverhaltens,
Toleranz anderen gegenüber, die Liebe zur Natur sowie Wertschätzung und Respekt vor dem
Leben. Mehr unter www.knoellchenbande.de
Tanja Busse: Die Wegwerfkuh: Wie unsere
Landwirtschaft Tiere verheizt, Bauern ruiniert,
Ressourcen verschwendet und was wir dagegen
tun können. Karl Blessing Verlag 2015,
288 S., 16,99 Euro
Peter Finke (Hrsg.): Freie Bürger, freie Forschung.
Die Wissenschaft verlässt den Elfenbeinturm.
oekom-Verlag, 208 S., 19,95 Euro
(auch als eBook)
Erika Bock (Text), Volker Nökel (Illustration):
Die Knöllchenbande … unterwegs zu ihren
Träumen; tingmarke Verlag. Vorlesebuch für
Kinder ab 4 Jahren. Softcover, 74 S., viele farbige
Illustrationen, 9,80 Euro
Vorschau bioNachrichten Oktober:
In der Oktober-/November-Ausgabe widmen wir uns dem Titelthema „Tierwohl“. Wie
hat sich das Verhältnis von Mensch und Nutztier entwickelt? Wie steht es um die aktuelle
Tier-Ethik? Wie laufen Tierwohl-Checks ab? Was braucht welches Tier, um sich wohl zu
fühlen? Und wie schafft es ein Landwirt in seiner täglichen Arbeit, das Wohl seiner Tiere
sicherzustellen? Diesen und anderen Fragen werden wir nachgehen.
Bild: http://ec.europa.eu/
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Die Wegwerfkuh…
Impressum
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Stelzlhof 1
D-94034 Passau
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Gründer:
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Redaktion:
Ronja Zöls
Josef Brunnbauer
Autoren:
Jörn Bender
Volker Born
Hubert Dietrich
Gerhard Falter
David Hierenbach
Monika Huber
Christina Lirsch
Bernd Müller
Katharina Rein-Fischböck
Heidi Scheitza
Elisabeth Schütze
Satz und Layout:
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Titelbild:
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