Wie attraktiv sind Aktien? - Metzler

29. Juli 2015
Ertragsprognosen für die strategische Asset-Allokation:
Wie attraktiv sind Aktien?
Ein wichtiger Baustein für die strategische Asset-Allokation sind die Ertragsschätzungen für die einzelnen Anlageklassen. In
diesem Beitrag stellen wir einen Ansatz vor, mit dem sich der durchschnittliche jährliche Ertrag einzelner Aktienindizes in den
kommenden sieben Jahren schätzen lässt. In der Regel dauert ein Konjunkturzyklus sieben Jahre, sodass von Konjunkturszenarien abgesehen werden kann. Die Grundlage der Ertragsschätzung bildet die Eigenkapitalrendite der Unternehmen, die
jedoch noch durch eine Betrachtung der Bewertung des Aktienmarktes und der Gewinnmargen der Unternehmen ergänzt
werden muss.
der reale Unternehmensgewinn pro Aktie aufgrund der
geringeren Zahl an ausstehenden Aktien um 6 % pro
Jahr steigt. In der Regel wählen Unternehmen eine
Kombination aus Dividenden, Aktienrückkäufen und
Reinvestitionen. Unternehmen reinvestieren in der Regel mehr ins eigene Unternehmen bei guten Wirtschaftsperspektiven und schütten bei mauen Aussichten mehr an die Aktionäre aus.
Der Ausgangspunkt der Ertragsanalyse von Aktien ist
die zu erwartende Eigenkapitalrendite der im Index vertretenen Unternehmen. In den USA betrug beispielsweise die Eigenkapitalrendite seit dem Zweiten Weltkrieg durchschnittlich etwa 5,9 %, wie die Daten der
volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung zeigen.
USA-Unternehmen erwirtschafteten 1952–2015 eine reale
Rendite von durchschnittlich ca. 5,9 % für ihre Aktionäre
Nachsteuergewinne in % des Eigenkapitals*
Bisher haben wir implizit eine historisch durchschnittliche Bewertung des Aktienmarktes und historisch
durchschnittliche Gewinnmargen der Unternehmen
unterstellt, was über einen Zeitraum von mehr als 60
Jahren sicherlich angebracht ist. Für die Schätzung
einer Ertragserwartung für die kommenden sieben
Jahre ist es jedoch notwendig, Fehlbewertungen zu
berücksichtigen, die sich über den Schätzzeitraum korrigieren könnten. So kann es zu Über- oder Unterbewertungen am Aktienmarkt kommen. Darüber hinaus gibt
es Phasen mit steigenden oder fallenden Gewinnmargen, die – gemessen an den Umsätzen – eine höhere
bzw. niedrigere Wachstumsrate der realen Gewinne
ermöglichen. Bei konstanter Gewinnmarge sind die
Wachstumsraten von Umsatz und Gewinn identisch.
9
Eigenkapitalrendite
8
Durchschnitt: 5,9 %
7
6
5
4
3
2
1952
1959
1966
1973
1980
1987
1994
2001
2008
2015
* Aus der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung und mit Schätzung des Eigenkapitals für den Finanzsektor (corporate profits after taxes with inventory and
capital consumption adjustment in % of net wealth)
Quellen: Thomson Reuters Datastream, Bloomberg, Schätzungen Metzler
Unter den Annahmen einer durchschnittlichen Bewertung des Aktienmarktes und von durchschnittlichen
Gewinnmargen der Unternehmen entspricht die Eigenkapitalrendite dem zu erwartenden realen Ertrag einer
Investition in den Aktienmarkt. So betrug der reale
Ertrag von US-Aktien seit 1955 durchschnittlich etwa
6,2 % pro Jahr.
Insgesamt setzt sich vor diesem Hintergrund der zu
erwartende Ertrag aus einer Investition in Aktien wie
folgt zusammen:


Dabei können Unternehmen die erwirtschaftete Eigenkapitalrendite vollständig als Dividende an die Aktionäre
auszahlen oder komplett in das Unternehmen reinvestieren. Der reale Unternehmensgewinn pro Aktie würde
im letzteren Fall um 6 % pro Jahr steigen wie auch der
Aktienkurs bei einer angenommenen konstanten Bewertung. Auch könnten die Unternehmen eigene Aktien
in Höhe des Jahresgewinns zurückkaufen, sodass der
reale Unternehmensgewinn zwar konstant bleibt, aber

Änderung der Bewertung
Wachstum des realen Gewinns pro Aktie
— Reales Umsatzwachstum
— Änderung der Gewinnmarge
— Änderung der Zahl an ausstehenden Aktien
Dividendenrendite.
Bei einer langfristig angenommenen Eigenkapitalrendite
von 6 % folgt – wie oben ausgeführt –, dass sich die
Dividendenrendite, das reale Umsatzwachstum und die
Änderung der Zahl an ausstehenden Aktien auf eine
1
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Wachstumsrate von insgesamt 6 % summieren müssen. Bei einer aktuellen Dividendenrendite des MSCI
USA von 2 % ergibt sich ein reales Umsatzwachstum
pro Aktie (Summe aus realem Umsatzwachstum und
Änderung der Zahl an ausstehenden Aktien) von 4 %.
Insgesamt ergibt sich daraus eine zu erwartende jährliche reale Rendite für den US-Aktienmarkt von nur
2,2 % pro Jahr. Ein Schätzzeitraum von sieben Jahren
umfasst in der Regel einen Konjunkturzyklus mit Aufschwung und Rezession, sodass von Konjunkturszenarien in der Ertragsanalyse abgesehen werden kann.
Ein Blick auf die aktuell hohen Gewinnmargen zeigt
jedoch, dass der zu erwartende US-Aktienertrag um
etwa 1,4 %-Punkte1 pro Jahr geringer ausfallen könnte
infolge sich in den kommenden sieben Jahren normalisierender Gewinnmargen. Insgesamt ergibt sich damit
für das erwartete Wachstum der realen Gewinne pro
Aktie ein Wert von 2,6 % (4 % minus 1,4 % = 2,6 %)
Reale Ertragsschätzung für US-Aktien für die kommenden
sieben Jahre
Geschätzter realer Ertrag einer Investition in US-Aktien in % p. a.
4,0
2,2
2,0
US-Unternehmen mit überdurchschnittlichen
Gewinnmargen
Gewinne in % der Umsätze für den MSCI USA laut I/B/E/S*
10,5
-1,4
-2,4
Bewertung
Gewinnmarge der US-Unternehmen
10,0
Umsatzwachstum
pro Aktie (real)
Durchschnitt
9,5
9,0
Dividendenrendite
Gewinnmarge
Gesamt
Quellen: Thomson Reuters Datastream, MSCI, Berechnungen Metzler
8,5
8,0
Dabei ist jedoch zu beachten, dass es sich um eine
Schätzung des realen Aktienertrags in US-Dollar handelt. Aus der Addition der erwarteten US-Inflation ergibt
sich dann der nominal zu erwartende Aktienertrag.
7,5
7,0
6,5
6,0
2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015
* Institutional Brokers’ Estimate System
Quellen: Thomson Reuters Datastream, Bloomberg, Schätzungen Metzler;
Stand: 30.6.2015
Grundsätzlich lässt sich diese Analyse problemlos auf
die Aktienmärkte anderer Länder ausweiten. Ausgangspunkt dafür ist die Eigenkapitalrendite der Unternehmen, die dann noch um die Bewertung des Aktienmarktes und die Höhe der Gewinnmargen zu bereinigen ist.
Für unsere Schätzungen zur Eigenkapitalrendite haben
wir wie bei den USA auf historische Daten zurückgegriffen. Daraus resultiert für Europa ein Wert von 5 %, für
Japan von 4 % und für die Schwellenländer von 6 %.
Derzeit ist der US-Aktienmarkt nach unseren Berechnungen moderat gegenüber seinem langfristigen
Durchschnitt überbewertet. Eine Korrektur der Überbewertung zurück auf den langfristigen Durchschnitt über
die kommenden sieben Jahre impliziert einen negativen
Effekt auf den zu erwartenden Aktienertrag von -2,4 %
pro Jahr.
Kurs-Cashflow-Verhältnis bereinigt um den Konjunkturzyklus*
Ertragserwartungen für die internationalen Aktienmärkte
in den kommenden sieben Jahren
30
Geschätzter realer Ertrag einer Investition in Aktien in % p. a.
Moderate Überbewertung des US-Aktienmarktes
MSCI USA
25
10,7
Realer geschätzter Ertrag in lokaler Währung
Durchschnitt
Realer geschätzter Ertrag in EUR nach Währungssicherung
20
7,2
15
5,6 5,6
10
4,3 4,3
5
0
1980
2,2
1985
1990
1995
2000
2005
2010
2015
* Gleitender Durchschnitt des Cashflows über 10 Jahre
Quellen: Thomson Reuters Datastream, Bloomberg, Schätzungen Metzler;
Stand: 30.6.2015
Europa
1,7
USA
Japan
Schwellenländer
Quellen: Thomson Reuters Datastream, MSCI, Berechnungen Metzler
1
Ende Juni lag die US-Gewinnmarge etwa 10,5 % über dem langfristigen Durchschnitt (9,9 % gegenüber 8,9 %). Daraus errechnet sich ein durchschnittlicher
jährlicher Rückgang der Gewinnmarge von 1,4 %, um nach sieben Jahren wieder
das durchschnittliche Niveau von 8,9 % zu erreichen.
Die derzeit hohe Attraktivität der Aktien aus den
Schwellenländern ist eine Folge der zurzeit sehr niedri2
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ten Zinsparität, dass sich der Wechselkurs entsprechend den Zinsdifferenzen entwickelt und daher die
gleichen Kosten entstehen – unabhängig davon, ob das
Währungsexposure gesichert wird oder nicht.
gen Gewinnmargen der Unternehmen. Eine Normalisierung der Gewinnmargen der Unternehmen in den
Schwellenländern in den kommenden sieben Jahren
impliziert ein um knapp 4 %-Punkte pro Jahr höheres
Gewinnwachstum als unter normalen Umständen.
Zuletzt sollte noch beachtet werden, dass beispielsweise eine durchschnittliche höhere Inflation in den USA
als in der Eurozone zwar zu einem höheren nominalen
Ertrag von US-Aktien führt – gleichzeitig jedoch auch zu
höheren nominalen Geldmarktzinsen. Das heißt, dass
der nominal zu erwartende Ertrag aus US-Aktien nach
einer Währungssicherung dem realen zu erwartenden
Ertrag plus der Inflation aus der Eurozone entspricht, da
die höhere US-Inflation zu höheren Geldmarktzinsen in
den USA führt und der höhere nominale Ertrag von USAktien durch höhere nominale Kosten der Währungssicherung aufgefressen wird.
Um die Ertragserwartungen für die einzelnen Märkte
von einer Betrachtung in lokaler Währung in Euro zu
überführen, muss entweder eine Prognose des realen
Wechselkurses für die kommenden sieben Jahre erstellt
werden oder müssen die realen Kosten einer Währungssicherung in die Schätzungen einfließen. In der
Regel erfolgt eine Währungssicherung rollierend über
drei Monate, sodass sich die entsprechenden Kosten
für die Währungssicherung mithilfe der zu erwartenden
realen Differenz bei den Geldmarktzinsen zwischen dem
jeweiligen Land und der Eurozone näherungsweise
bestimmen lassen. Innerhalb Europas dürften aufgrund
der engen Zinsverflechtung kaum Kosten einer Währungssicherung in Euro entstehen. Auch gehen wir
davon aus, dass sich die realen Geldmarktzinsen in
Japan ähnlich entwickeln werden wie in der Eurozone,
sodass in diesem Fall keine Kosten für eine Währungssicherung anfallen. In den USA und den Schwellenländern dürften dagegen die realen Geldmarktzinsen in
den kommenden sieben Jahren im Durchschnitt höher
ausfallen als in der Eurozone. Daher entstehen in beiden
Fällen merkliche Kosten für eine Währungssicherung.
Interessanterweise impliziert die Theorie der ungedeck-
Für eine Ertragsschätzung von Aktien für die strategische Asset-Allokation ist demnach die zu erwartende
Eigenkapitalrendite von entscheidender Bedeutung.
Darüber hinaus sollte die Bewertung des Aktienmarktes
und die Höhe der Gewinnmargen der Unternehmen
berücksichtigt werden.
Edgar Walk
Chefvolkswirt Metzler Asset Management
Metzler Asset Management
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