Geringfügig Beschäftigte – Fluch oder Segen

Geringfügig Beschäftigte –
Fluch oder Segen
rechtliche Grundlagen und Auswirkungen
GEMEINSAM.
ZIELE.
ERREICHEN.
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18.06.2015
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Folie 1
Ein paar Zahlen zur Einführung:
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Folie 2
Beschäftigungszahlen 2013
Nur Geringfügig (in tausend)
Sozialverspfl (in tausend)
Frauen
Männer
Frauen
Männer
3.426
1.920
13.650
15.966
Männer:
17.886
Gesamtbeschäftigt:
Frauen:
17.076
Davon nur Geringfügig:
Frauen:
20,1 %
Männer
10,7 %
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Folie 3
Text
Definition der geringfügigen Beschäftigung im Arbeitsrecht:
Im Arbeitsrecht gibt es keine eigene Definition mehr, da es inzwischen
einem normalen AV gleichgestellt ist.
Die letzten arbeitsrechtlichen Unterscheidungen wurden vor Jahren
beseitigt.(LZFG, KSchG) )
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Folie 4
Im Sozialrecht kann man es definieren als:
„Ein Arbeitsverhältnis das in abhängiger Beschäftigung gegen Zahlung von
Entgelt ausgeübt wird und NICHT zu einer Krankenversicherung,
Arbeitslosenversicherung, Pflegeversicherung und , bis 2013, auch zu keiner
Rentenversicherung führt.
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Folie 5
Es gibt zwei Variationen des geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses
( § 8 Abs. I Satz 1 und Satz 2 SGB IV):
1.
Das Entgelt aus der Beschäftigung übersteigt regelmäßig im Monat nicht
450,-€ . (Geld Geringfügigkeit)
2.
Die Beschäftigung innerhalb eines Arbeitsjahres beschränkt sich auf
längstens 3 Monate oder 70 Arbeitstage, ist vertraglich im voraus so
festgelegt worden und wird nicht berufsmäßig ausgeübt.(Zeit
Geringfügigkeit)
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Folie 6
„Geld“geringfügigkeit:
Bereits bei der Einstellung ist festzuhalten um was für ein Arbeitsverhältnis es
sich handeln soll.
Bei der Prüfung ob die 450,-€ eingehalten sind müssen Sonderzahlungen mit
eingerechnet werden. Überschreitungen sind 3 x im Jahr, soweit nicht
voraussehbar, möglich, aber insgesamt darf auch dann im Jahresschnitt
gerechnet die 450,-€ Grenze nicht überschritten werden, d.h. maximaler
Verdienst = 5.400,-€.
Wird im Laufe des Jahres die prognostizierte Grenze überschritten ( dauerhaft)
so gelten ab diesem Zeitpunkt die Regeln für ein versicherungspflichtiges
Arbeitsverhältnis.
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Folie 7
Ausnahmen hiervon bestehen für folgende Beschäftigungsverhältnisse:
 Beschäftigte in der Berufsausbildung
 Beschäftige in einem freiwilligen sozialem Jahr
 Beschäftigte in Behinderteneinrichtungen
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Folie 8
Zeitgeringfügigkeit:
Auch hier muss dies bereits zu Beginn des Arbeitsverhältnisses festgelegt
werden. Der Verdienst spielt bei diesem AV keine Rolle, er kann die 450,-€
überschreiten.
Die 3 Monats Regelung gilt wenn an 5 Tagen die Woche gearbeitet wird, wird
an weniger Tagen gearbeitet gilt die 70 Tage Regelung. Es gilt das
Kalenderjahr.
Die Arbeit muss ihrer Eigenart nach zeitlich begrenzt sein= Saison, Projekt,
Urlaubsvertretung. Krankheitsvertretung.
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Folie 9
 Es darf keine berufsmäßige Beschäftigung sein- Berufsmäßig = wenn es für
den Beschäftigten nicht nur von untergeordneter wirtschaftlicher
Bedeutung ist und der Beschäftigte damit seinen Lebensunterhalt
überwiegend oder doch in einem solchen Umfang bestreitet ,dass seine
wirtschaftliche Stellung zu einem erheblichen Teil auf dieser Beschäftigung
beruht.(BSG v. 26.9.72 12 RJ 352/71) Ist der Verdienst unter 450,-€ dann
ist es nicht berufsmäßig.
 Als berufsmäßige Beschäftigung zählt in der Regel eine Tätigkeit neben
Bezug von ALG I oder II, Elternzeit.
 Als nicht berufsmäßige Beschäftigung wird in der Regel eine Tätigkeit als
Student oder Schüler, bzw. eine Tätigkeit neben einer verspfl. Tätigkeit oder
Selbständigkeit angesehen.
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Folie 10
Wie sieht es aus wenn mehrere geringfügige Beschäftigungsverhältnisse
zusammenkommen?
1. Geldgeringfügigkeit:
a.
Unschädlich wenn das weitere Beschäftigungsverhältnis ein
versicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis ist.
aber für die Frage ob man die Jahresverdienstgrenze überschreitet
wird der Verdienst aus der geringfügigen Tätigkeit angerechnet.
b.
sind es zwei geringfügige AV so ist der Verdienst zusammenzurechnen. Überschreitet er dann die Grenze von 450,-€ werden
beide ab der Bekanntgabe durch den Versicherungsträger
versicherungspflichtig.(außer der AG handelt vorsätzlich oder grob
fahrlässig, dann besteht eine rückwirkende Versicherungspflicht).
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Folie 11
Zusammentreffen von zeitbefristet Beschäftigungen kann auch auftreten,
dies ist unschädlich solange dabei die Grenzen des § 8 Abs.1.Satz 2 nicht
überschritten werden.
Zusammentreffen von geld- und zeitbefristeter Beschäftigung…?????
Werden nicht zusammen gerechnet.
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Folie 12
Arbeitsrecht.
Eigentlich kein Thema, den es ist alles genauso wie in einem normalen
Arbeitsverhältnis!!!
Aber in der Realität zeigt sich das eben doch nicht alles so gemacht wird wie
es sein soll. Deswegen geht ich die einzelnen Schritte eines Arbeitsverhältnis
durch:
•
Arbeitsvertrag. Es besteht Anspruch gemäß dem Nachweisgesetz, dieses
gilt auch hier( außer das AV ist kürzer wie ein Monat) §1,2 NachWG
•
Arbeitszeit sollte im Arbeitsvertrag festgelegt werden. Durch das
Mindestlohngesetz gibt es bei „geldgeringfügigen“ AV eine Obergrenze von
52,95 Stunden pro Monat.
Ist es Arbeit auf Abruf und sind keine Stunden festgelegt, dann sind es
mindestens 10 Stunden pro Woche.
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Folie 13
Verdienst: gleiche Ansprüche wie vergleichbare AN
• Bei Tarifbindung gibt es einen Anspruch auf Tariflohn. Ein Vergleich erfolgt
Brutto mit Brutto ( LAG Hamm 29.7.2011, 18 Sa 2049/10)
• Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld
die Tatsache das man geringfügig beschäftigt ist, ist an sich kein Grund
von diesen Leistungen ausgeschlossen zu werden.
•
Aufgrund der Regelungen des Mindestlohns müssen die Arbeitsstunden
jetzt vom Arbeitgeber detailliert aufgezeichnet werden ( eigentlich eine
Selbstverständlichkeit)
•
Anspruch auf Feiertagsvergütung wenn der Feiertag auf einen fest
vereinbarten Arbeitstag fällt.
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Folie 14
Urlaub: Tariflicher Anspruch oder zu mindestens Anspruch auf gesetzlichen
Mindesturlaub ( 24 Werktage § 3 BUrlG), anteilig nach Arbeitstagen
UND diese Tage müssen bezahlt werden!!
Zusätzliches Urlaubsgeld: Anspruch aus Tarif oder aufgrund Gleichbehandlung,
die Tatsachen nur geringfügig zu arbeiten ist kein
Grund dieses nicht zu gewähren.
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Folie 15
Betriebliche Altersvorsorge:
Im öffentlichen Dienst hat BAG Nichtaufnahme gestattet, mit der Begründung
das die betriebliche Altersversorgung eine Ergänzung zur gesetzlichen Rente
sein soll, da geringfügig Beschäftigte aber keine Rentenanwartschaften erzielt
ginge dieser Grundsatz ins Leere, somit kein Anspruch darauf aufgenommen
zu werden. Nachdem nun seit 2013 eine grundsätzliche
Rentenversicherungspflicht auch bei Geringfügigen besteht kann diese
Argumentation nicht mehr greifen.
Bei anderen betrieblichen Altersversorgungen hat das BAG bereits einen
Anspruch auf Aufnahme angenommen.
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Folie 16
Arbeitsunfähigkeit:
Gegenüber dem Arbeitgeber besteht ein Anspruch auf 6 Wochen
Entgeltfortzahlung.(Gegenüber der Krankenkasse besteht kein Anspruch auf
Krankengeld.)
Kündigung:
Es besteht der gleiche Kündigungsschutz wie bei versicherungspflichtig
Beschäftigte, Kündigungsfristen müssen ebenso eingehalten werden, auch bei
der Frage der Sozialauswahl sind sie gleich zu behandeln
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Folie 17
Schutzgesetze finden ebenfalls Anwendung.
- Schwerbehindertenschutz bei Kündigung, Urlaub
- Schwangerschaft
- Betriebsratsmandat
Geringfügig Beschäftigte können an Betriebsratswahlen teilnehmen, gewählt
werden, zählen bei der Anzahl der Beschäftigten dazu.
Geringfügig Beschäftigte zählen auch bei der Anzahl der beschäftigten
Arbeitnehmer für den Kündigungsschutz (0,5 = bis 20 Stunden pro Woche)
mitgezählt.
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Sozialrechtliche Besonderheiten:
Hier fangen nun eigentlich erst die Besonderheiten im Bereich der geringfügig
Beschäftigten an.
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Folie 19
Krankenversicherung:
Der Arbeitgeber muss zwar für die Geringfügig Beschäftigten einen pauschalen
Beitrag zur Krankenversicherung, derzeit in Höhe von 13 % bezahlen,
gleichwohl erhält der Beschäftigte dadurch keinen Krankenversicherungschutz
( § 7 SGB V). Bei längerer Krankheit endet somit die Absicherung nach 6
Wochen Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber.
Ist der Beschäftigte „privatversichert“ ( Beamter, Versicherungsfrei wegen
Verdienstgrenze) entfällt für den Arbeitgeber die Beitragspflicht komplett.
Es wurde bereits 2006 durch das BSG entschieden das dies
verfassungsgemäß wäre ( BSG v. 25.01.2006 zu § 12 KR 27/04) ???—lesen !!!
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Folie 20
Pflegeversicherung:
Es gibt hierzu keine gesetzliche Regelung, aber man geht davon aus das hier
ebenfalls kein Anspruch erworben wird.
Man legt dies so aus das der Anspruch auf Pflegegeld auch nur dann gelte
wenn ein Krankenversicherungsschutz bestehe, da dieser bei den Geringfügig
Beschäftigten nicht gegeben ist, besteht auch kein Anspruch aus der
Pflegeversicherung.(analog § 7 SGB V).
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Folie 21
Arbeitslosenversicherung:
Hier zahlt der Arbeitgeber keinen Beitrag, der Arbeitnehmer erhält daher auch
Ansprüche gegenüber dem Arbeitsamt.
Hat der Beschäftigte ein versicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis und ein
Geringfügiges so werden bei der Höhe des Arbeitslosengeldes seine Einkünfte
aus dem Geringfügigen Beschäftigungsverhältnis nicht hinzugerechnet ( im
Unterschied zum Krankenversicherungsrecht).
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Folie 22
Berufsgenossenschaft:
Hier besteht Versicherungsschutz im gleichen Umfang wie bei einem
versicherungspflichtig Beschäftigten.
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Folie 23
Rentenversicherung:
Bis Ende 2012 gab es hier ähnliche Regelungen wie bei der
Krankenversicherung und Arbeitslosenversicherung, trotz Beitragszahlungen
keine Ansprüche, außer der Arbeitnehmer hat dies ausdrücklich beantragt und
durch eigene zusätzliche Beiträge veranlasst.
Seit dem 1.1.2013 gibt es hier eine Verbesserung. Es gibt eine automatische
Versicherung bei der Rentenversicherung, auf die man aber auf Antrag
verzichten kann.
Damit kann man Wartezeiten erwerben die wichtig für die Frage Rentenbeginn,
EU Rente sind.
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Folie 24
FAZIT:
• Das geringfügige Arbeitsverhältnis rentiert sich nicht!!!
Für den Arbeitnehmer nicht, da er zwar kurzfristig etwas mehr Geld verdient,
aber kein Absicherung hat in der Krankenversicherung,
Arbeitslosenversicherung, Pflegeversicherung, Mutterschaftsgeld (13,-€ pro
Tag= 1.287,-€ statt 210,-€)
• Für den Arbeitgeber ist es finanziell in der Regel günstiger ein „Midi“
Arbeitsverhältnis zu machen ( 451,- - 800,-€) hier hat er bei 401,-€ nur eine
Beitragslast von 20%, statt 30% wie bei einem 450,-€ Job.
• Für den Staat nicht, der hierdurch eine noch größere Altersarmut
herbeiführt, viele sozial nicht abgesichert sind.
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Attraktiv bleibt es weil von Arbeitgeberseite häufig die gesetzlichen
Bestimmungen nicht eingehalten werden. Beim DGB Rechtsschutz
aufgetretene Fälle:
- Es wurde kein vergleichbarer Lohn bzw. kein Tariflohn gezahlt
- Es wird keine Entgeltfortzahlung bei Krankheit gewährt
- Es wird kein Urlaub gewährt bzw. der gewährte Urlaub wird nicht vergütet
- Es ist eine Ersatzkraft zu finden bevor Urlaub genommen werden kann
- Obwohl der Betrieb Weihnachts- und Urlaubsgeld bezahlt werden die
Geringfügigen davon ausgenommen
- Eine Feiertagsvergütung wird nicht bezahlt
- Überstunden werden nicht bezahlt
- Arbeitsstunden werden schwarz abgerechnet
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 Ich danke für ihre Aufmerksamkeit
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