Wirtschaftsland 2016 Minister Meyer: mit Industrie 4.0 und Breitband in die Zukunft 22 Neue Dimensionen: 3-D-Metalldruck für Mondrakete 10 Die Herrin der Reben Melanie Engel bewirtschaftet das größte zusammenhängende Weinanbaugebiet in SH 40 Wertvoll: Unternehmenskultur in SH 06 Der echte Norden: eine Marke auf Erfolgskurs 46 EDITORIAL www.wtsh.de Für Unternehmer mit Weitblick: Schleswig-Holstein Liebe Leserin, lieber Leser, Wenn Sie zu den vielen Menschen gehören, die am Ende ihres Urlaubs in Schleswig-Holstein wehmütig die Koffer packen: Bleiben Sie doch gleich hier! In Schleswig-Holstein lässt es sich ausgezeichnet leben und arbeiten. Hier finden Sie optimale Standortbedingungen für Ihr Unternehmen – und das ganz entspannt. Wir helfen Ihnen beim Aufbau einer Niederlassung oder der Gründung einer Firma. Bis demnächst in Schleswig-Holstein. WTSH – Wirtschaftsförderung und Technologietransfer Schleswig-Holstein GmbH Lorentzendamm 24, 24103 Kiel P +49 431 66 66 6-0 F +49 431 66 66 6-7 00 [email protected] www.wtsh.de seit 2013 tritt Schleswig-Holstein unter der Dachmarke „Schleswig-Holstein. Der echte Norden“ auf. Was zunächst kontrovers diskutiert wurde, stellte sich in der Zwischenzeit als Erfolgsmodell heraus: Der echte Norden schneidet nicht nur in Umfragen gut ab, sondern wird im Land intensiv gelebt. Allen voran von den Landesbehörden und -institutionen, aber auch zunehmend im Rahmen des Partnerprogramms der Wirtschaftsförderung und Technologietransfer Schleswig-Holstein GmbH (WTSH) von der schleswig-holsteinischen Wirtschaft. Das freut uns, denn nur gemeinsam können wir glaubhaft darauf aufmerksam machen, dass der echte Norden viel zu bieten hat. Nun sind wir noch einen großen Schritt weiter: Mit dem Start der Standortmarketingkampagne im November 2015 werden die vielfältigen Facetten des Wirtschaftsstandortes Schleswig-Holstein in den kommenden Jahren noch stärker vermarktet. 03 Wir sind stolz darauf, diese Aufgabe für unser Bundesland übernehmen zu dürfen. Und wir freuen uns, dass wir Ihnen auch in dieser „Wirtschafts land“-Ausgabe wieder einmal deutlich machen können, dass die Menschen und Macher im Land auf authentische, bodenständige Art mit Pionierleistungen, die vielleicht zunächst belächelt werden, von sich reden machen. Wo entstehen solche innovativen Ideen? Dort, wo es sich gut arbeiten lässt. Und wo lässt es sich gut arbeiten? Dort, wo es sich gut leben lässt und wo die Unternehmenskultur für ein klares JA oder ein klares NEIN steht. Im echten Norden ist das so. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Vergnügen beim Lesen. Ihr Dr. Bernd Bösche, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung und Technologietransfer Schleswig-Holstein GmbH – WTSH Dr. Bernd Bösche Wirtschaftsland 2016 I N H A LT 06 Verbindlichkeit als echter Vorteil Unternehmenskultur in SH 10 Wachstum mit einem „hippen“ Produkt Revolutionen im 3-D-Metalldruck 14 14 Westhof – alles Bio Mit einzigartiger Technologie zum Erfolg 18 Einfach, praktisch, erfolgreich Rückenwind für Gründerszene 20 Hanse zum Anfassen Das Europäische Hansemuseum in Lübeck Inhalt 22 Attraktiver Industriestandort SH Interview mit Wirtschaftsminister Reinhard Meyer 24 Industrie-Leuchtturm am Tor zur Welt Investitionsschub im ChemCoast Park Brunsbüttel 28 Patenter Schutz für patente Ideen Innovative Firmen brauchen gutes Patent-Management Bio-Pionier Westhof setzt neue Maßstäbe 24 Leuchtturmprojekt ChemCoast Park Brunsbüttel Unternehmen von Welt produzieren seit 40 Jahren im größten Industriegebiet Schleswig-Holsteins, wo Elbe und Nord-Ostsee-Kanal aufeinandertreffen und die Wege nach Hamburg kurz sind. Der Standort boomt. Jetzt sorgen millionenschwere Investitionen für noch mehr Strahlkraft. In Dithmarschen erschafft die Westhof Bio Group neue Dimensionen in der ökologischen Landwirtschaft. Dort steht das größte Bio-Gewächshaus Deutschlands, das seine Energie aus dem Blockheizkraftwerk und der Biogasanlage auf dem Hof bezieht. Auf den Feldern trifft man einen Forschungsroboter der Fachhochschule Westküste. 38 32 Angekommen in SH Wie Menschen aus aller Welt in SH arbeiten und leben 36 Starke Partner für den echten Norden Das WTSH-Partnerprogramm 32 Zweite Heimat Schleswig-Holstein Hier oben im „echten Norden“ arbei ten Menschen aus aller Welt – als Fachkräfte, Gründer und Unternehmer. Allen gemeinsam ist unbändiger Tatendrang, leidenschaftliches Engagement und die Liebe zu ihrer neuen Heimat. „Wirtschaftsland“ erzählt exemplarisch vier Erfolgsgeschichten. 38 Voll auf die Ohren Open-Air-Festivals mit Rock, Jazz und Blues 40 Die Winzerin vom Gröndalberg Melanie Engel – von der Autodidaktin zur Herrin der Weine 43 Eine Box voller Möglichkeiten Innovative Systeme für das Smart Home 46 Der echte Norden Eine Landesmarke auf dem Weg zum Erfolg 48 Intelligente Life-Science-Lösungen Wie Profisportler mit Vitaldaten ihre Leistung steigern Open-Air-Geheimtipps im echten Norden In Schleswig-Holstein gibt’s von Mai bis September ordentlich was auf die Ohren. Immer mehr kleine, aber feine Open-Air-Festivals mausern sich zu großen musikalischen Events. Musikfans freuen sich auf die Live-Auftritte rund um Rock, Jazz und Blues in der Freiluft-Saison 2016. 05 W E R T V O L L : U N T E R N E H M E N S K U LT U R I N S H „Verbindlich zu sein, ist ein echter Vorteil“ Fünf Führungskräfte aus Schleswig-Holstein über Unternehmens kultur, typisch norddeutsche Werte und ehrlichen Erfolg In den Sechzigern galt die Produkt orientierung als Erfolgsfaktor eines Unternehmens, in den Siebzigern war es die Marketingorientierung, in den Achtzigern die Servicekultur – und seit den Neunzigern gilt zunehmend die Unternehmenskultur als ausschlag gebender Wettbewerbsfaktor. Wie sieht sie denn nun bei uns aus – die Unternehmenskultur im mittel ständisch geprägten SchleswigHolstein? Welchen Anteil hat sie am Erfolg unseres gesunden Mittelstandes? Und gibt es etwas Typisches an der Unternehmenskultur im echten Norden? „Wirtschaftsland“ hat fünf Führungs kräfte aus unterschiedlichen Branchen in Schleswig-Holstein zu einem Gespräch am runden Tisch eingeladen. Nach zwei Stunden stand fest: In der Unternehmenskultur im echten Norden wird Wert auf ein klares Ja und Nein gelegt – und auf Kreativität, die von innen kommt. Wirtschaftsland: Welche Werte ge hören zur Ihrer Unternehmenskultur im echten Norden? Norbert Basler: Für uns stehen ein respektvoller und wertschätzender Umgang, Ehrlichkeit und Vertrauen im Mittelpunkt. Im Kern geht es um die Frage, welches Menschenbild wir zugrunde legen: Ist dies ein positives, vertrauen wir zum Beispiel erst einmal unserem Gegenüber. Unterstellen wir den Willen zu Leistung, Verantwortungsübernahme und persönlicher Weiterentwicklung, dann leben wir auch fast automatisch die Werte, die es den Menschen ermöglichen, ihre Potenziale zu entfalten, die eigene Motivation zu erhalten und Kreativität zu entwickeln. Randolph Schröder: Gutes Auskommen untereinander, das ist ein Wert, der uns sehr wichtig ist, und das war, denke ich, schon immer so. Und jeder einzelne Mitarbeiter wird als Mensch gesehen. Das stärkt die Motivation. Wenn einer ein Problem hat, kann er zu mir oder einer anderen Führungskraft kommen. Wir versuchen, unseren Mitarbeitern viel zu geben – bekommen aber auch ganz viel zurück. Wirtschaftsland: Mit den Problemen zum Chef zu gehen, das funktioniert natürlich einfacher in mittelständischen Betrieben als in Großkonzernen – da haben wir in Schleswig-Holstein Vorteile. Welche Werte sind es denn, die gerade in diesen mittelständischen Strukturen gelebt werden? Britta Blömke: Die Werte, die unsere Firmengründer von Anfang vorgelebt haben und die bis heute prägend für unsere Unternehmenskultur stehen, sind der herzliche Umgang untereinander, Offenheit und schlanke Hierarchien. Norbert Basler, Aufsichtsratsvorsitzender Basler AG, Ahrensburg Britta Blömke, Geschäftsführerin FLS GmbH, Heikendorf 7 Randolph Schröder, Geschäftsführer Gebr. Schröder GmbH, Kiel Torben Luther: Auch wir haben eine offene Gesprächskultur und flache Hierarchien. Jeder Mitarbeiter weiß: Verbesserungsvorschläge sind willkommen und werden auch honoriert. Schließlich können auch kleine Veränderungen teilweise enorm viel bewirken und Dynamik und Schwung bringen. Und es gibt einfach viele kleine Dinge, die einem als Führungskraft verborgen bleiben. Wirtschaftsland: Das hört sich alles sehr schön an. Aber einen netten, offenen Umgang zu pflegen, reicht ja nicht, oder? Norbert Basler: Genau, schließlich verdienen wir unser Geld im Wettbewerb mit anderen. Wenn die Kasse stimmt, dann ist es nicht schwer, nett zu sein und Verständnis zu haben. Aber eine konjunkturell schwierige Phase ist dann die Nagelprobe für jede Unternehmenskultur. Dann zeigt sich, ob man nur eine Schönwetterkultur hat. Denn zu einer wirklich echten Unternehmenskultur gehören bei uns zu jeder Zeit Transparenz und Ehrlichkeit, eben nicht nur in guten Zeiten. Wirtschaftsland 2016 W E R T V O L L : U N T E R N E H M E N S K U LT U R I N S H 8 Frederike Walter: Transparenz ist sehr wichtig! Man muss zum Beispiel auch den Mitarbeitern in der Produktion zeigen, welchen Anteil sie am Unternehmenserfolg haben. Natürlich ist das oft nicht einfach, aber versuchen sollte man es in jedem Fall. Schon allein, weil es noch mehr Identifikation mit dem Unternehmen bringen kann. W E R T V O L L : U N T E R N E H M E N S K U LT U R I N S H Wirtschaftsland: Heißt das auch, dass sie als Aufsichtsratsvorsitzender keinen eigenen, also markierten Parkplatz haben? Frederike Walter: Ich weiß natürlich nicht, was junge Menschen bei uns oder außerhalb von SchleswigHolstein mit Unternehmenskultur in Schleswig-Holstein verbinden. Womöglich fallen da dann auch Begriffe wie konservativ, rauere Mentalität oder Ähnliches. Aber authentisch – das sind wir wohl. Und wir sind echt, halt der „echte Norden“. Und wenn wir mit „echt“ meinen, dass wir bodenständig, unkompliziert und zuverlässig sind, dann ist das sicherlich ein Alleinstellungsmerkmal bzw. ein großer Wettbewerbsvorteil für Schleswig-Holstein. Norbert Basler: Das stimmt. Das wäre ein Privileg mit einer schlechten Signalwirkung für die Unternehmenskultur. Unternehmenskultur muss bewusst entwickelt werden. Sie ist eine Aufgabe des Managements. Randolph Schröder: Die klassischen Hierarchien – das war früher. Nehmen wir das Beispiel VW: ein hierarchisches System in einem angstgetriebenen Unternehmen. Da ist keiner aufgestanden und hat gesagt: Das machen wir nicht. Das ist nicht anständig. Arbeitgeber, Gewerkschaften und Betriebsrat haben sich um das Thema Unternehmenskultur nicht gekümmert. Frederike Walter, Marketing-Managerin punker GmbH, Eckernförde Wirtschaftsland: Stichwort Transparenz: Welchen Vorbildcharakter haben denn dabei die Führungsverantwortlichen? Norbert Basler: Man kann sich nicht die neue S-Klasse bestellen, damit auf den Hof fahren und allen anderen Leuten erzählen, dass man den Gürtel enger schnallen muss. Eine Belegschaft sieht sofort, wenn man Wasser predigt und Wein trinkt! Das ist unglaubwürdig und dann hat man eigentlich schon verloren. Wirtschaftsland 2016 Britta Blömke: Deswegen ist es wichtig, dass wir gemeinsam auftreten und zeigen, dass der Mittelstand in Schleswig-Holstein ein sehr moderner Mittelstand ist. Und da spielen die jeweiligen Werte der Unternehmenskultur eine wichtige Rolle. alle Trümpfe in der Hand haben, um daraus etwas für den Norden zu machen. Schleswig-Holstein tatsächlich mehr als andere Bundesländer. Die Nähe zu Skandinavien, die Offen heit – und man nimmt uns das ab. Ich glaube, das passt einfach zum Zeitgeist. (mif/lei) Norbert Basler: Hinzu kommt noch ein weiterer Aspekt: Es gibt eine Renaissance des familiengeführten Mittelstandes. Ich glaube, dass wir Wirtschaftsland: Wie sollte denn die Unternehmenskultur in schlechten Zeiten funktionieren? Gibt es Erfahrungen aus Zeiten der Rückschläge? Torben Luther: Im Kleinen: Die Gesetzgebung zur Abgasemission hat deutlich angezogen. Da ist ein Marktanteil weggebrochen. Wir haben uns gefragt: Wo sind unsere Märkte und Kunden? Da legten unsere Mitarbeiter eigene Recherchen vor, die wir dann auch genutzt haben. Dieses eigenverantwortliche Arbeiten hat uns schon sehr geholfen. Britta Blömke: Wenn in Zeiten, in denen es nicht so rund läuft, die Unternehmenskultur so weit trägt, dass sich die Mitarbeiter stützen, dann ist sie eine gute! Torben Luther, Leiter Sales und Marketing Weihe GmbH, Altenholz Wirtschaftsland: Zum Schluss noch eine Frage: Meinen Sie, dass es etwas Typisches an unserer Unternehmenskultur hier im echten Norden gibt? Randolph Schröder: Dieses Echte und Authentische – das ist dabei ein ganz wichtiger Punkt. Auch im Vergleich zu anderen Bundesländern oder Ländern, glaube ich, dass wir hier im Norden Deutschlands für ein klares Ja oder ein klares Nein stehen. Das ist unsere Verlässlichkeit. Und unsere Verbindlichkeit. Das halte ich für einen echten Vorteil. Wirtschaftsland 2016 9 LÜBECKER RE VOLUTIONÄRE LÜBECKER RE VOLUTIONÄRE Wachstum mit einem „hippen“ Produkt Stefan Ritt hat die Entwicklung des stark wachsenden Technologieunternehmens seit 1998 begleitet. Blick in die Produktion am Standort Lübeck Eine Revolution in 3-D 3-D-Druckmaschinen von SLM in Aktion: Hier entstand auch das Holstentor aus Aluminium, das u. a. Außenminister Frank-Walter Steinmeier geschenkt bekam. Die SLM Solutions Group AG aus Lübeck ist Technologieführer bei der Herstellung von Anlagen für den 3-D-Metalldruck Was vor nicht allzu langer Zeit noch als „Spielwiese“ für Ingenieure und Computerfreaks galt, überschreitet gerade die Schwelle zur globalen Revolution in der industriellen Fertigung: Komplexe metallische Bauteile für Flugzeuge, Kraftwerke, Maschinen oder medizinische Implantate werden nicht mehr gefräst, gegossen oder genietet, sondern in additiven Fertigungsverfahren hergestellt, besser bekannt als 3-D-Druck. Technologischer Anführer dieser Revolution, die in rasantem Tempo immer mehr Branchen und Unternehmen erfasst, ist ein ebenso rasant wachsendes Unternehmen aus Schleswig-Holstein: die SLM Solutions Group AG in Lübeck. Wirtschaftsland 2016 Am Ende eines Gesprächs, das bis dahin um Unternehmensstruktur, Investitionen, Marktpotenziale und technologische Details kreist, lässt sich Stefan Ritt unerwartet doch noch zu einer kleinen Schwärmerei hinreißen: „Wir sind hier mit unserer Technologie am Puls der Zeit – noch besser geht’s nicht, höchstens mit der Mondrakete. Und sogar da sind Teile drin, die auf unseren Anlagen hergestellt wurden.“ Mit der Mondrakete ist der deutsche Beitrag zum „Google Lunar X Prize“ der Berliner Firma Part Time Scientists gemeint. Bei dem internationalen Wettbewerb geht es darum, ein Fahrzeug zum Mond zu bringen, auf der Oberfläche abzusetzen und dort Daten zu sammeln. SLM Solutions steuert dazu Bauteile für die Räder und Kameraadapter bei. Ritt, 55, ist studierter Physik-Ingenieur und gebürtiger Schleswig-Holsteiner, beides Eigenschaften, die ihn eher nicht als haltlosen Schwärmer verdächtig machen. Sein Enthusiasmus stützt sich vielmehr auf Fakten und zu denen zählt, dass er bei der SLM Solutions Group AG in Lübeck allein innerhalb einer Jahresfrist rund 100 neue Kolleginnen und Kollegen bekommen hat. Eine glatte Verdoppelung der Belegschaft, die bei dem Hersteller von 3-D-Druckmaschinen im Zuge des zunehmenden wirtschaftlichen Erfolgs schon länger massiv aufgestockt wird. Ein Ende des Wachstums ist derzeit nicht abzusehen und da trifft es sich ausgezeichnet, dass das Unternehmen zum Jahresanfang 2016 auch seine Fläche im proppevollen Gewerbe- und Industriegebiet LübeckRoggenhorst durch den Umzug einiger Nachbarn auf das Doppelte ausweiten kann. Leistungsstarke Multi-Laser-Technologie: Die Laserschmelzanlage SLM 280 HL ist der Topseller unter den derzeit drei Anlagentypen der SLM-Produktpalette. Wirtschaftsland 2016 11 LÜBECKER RE VOLUTIONÄRE LÜBECKER RE VOLUTIONÄRE Komplexe Strukturen wie aus einem Guss: Auch Hohlräume im Inneren sind, wie hier am Beispiel eines Turbinen-Bauteils sichtbar gemacht, beim SLM-Verfahren problemlos realisierbar. 12 Kein Wunder bei derart überzeugenden Argumenten, dass die Nachfrage in allen großen Industrieländern stetig ansteigt. Derzeit konkurrieren auf dem Weltmarkt nach Ritts Angaben sieben Hersteller, vier davon in Deutschland, wo die innovative Technologie ursprünglich entwickelt wurde – unter Beteiligung von Dr. Dieter Schwarze, wissenschaftlicher Kopf und Koordinator im Lübecker Unternehmen. Vorarbeit für das jetzige Wachstum geleistet hat auch der Wirtschaft und Politik im Austausch: Lübecks Bürgermeister Bernd Saxe (2. v. li.) mit SLM-Marketing- und Kommunikationschef Ritt arbeitet seit 1998 bei SLM Solutions beziehungsweise dem Vorgängerunternehmen des seit Mai 2014 an der Frankfurter Börse im Prime Standard notierten Technologieherstellers. Viel länger als die meisten also, auch der Vorstand ist mehrheitlich erst seit dem Jahr vor dem Börsengang an Bord. Zuständig ist Ritt für globales Marketing und Kommunikation, lange war er es auch für den weltweiten Vertrieb der Anlagen, in denen Laserstrahlen Metallpulver schmelzen. Schicht für Schicht wird aus dem geschmolzenen Metall, meist Stahl-, Titan-, Kobalt-, Chromoder Aluminiumpulver, eine beliebige dreidimensionale Form aufgebaut, die exakt den Konstruktionsdaten eines 3-D-Computermodells (CAD) entspricht. Formwerkzeugbau und Nachbearbeitung entfallen, Material eigenschaften wie Stabilität oder Oberflächenstruktur lassen keinerlei Wünsche gegenüber herkömm- Alle Formen sind möglich: Pumpenlaufrad aus Aluminium und Edelstahl mit stromlinien optimierter Geometrie Wirtschaftsland 2016 Stefan Ritt, dem Vorstandsvorsitzenden Dr. Markus Rechlin und dem Vorsitzenden lich hergestellten Teilen offen. Ein unschlagbarer Trumpf ist zudem die Flexibilität: Es lassen sich komplexe Strukturen „aus einem Guss“ generieren, die mit herkömmlichen Verfahren schlicht unmöglich wären. Zum Beispiel mit Hohlräumen im Inneren, die Materialverbrauch und Gewicht deutlich reduzieren, was sich gerade in der Luft- und Raumfahrt nicht nur durch den geringeren Treibstoffverbrauch schnell bezahlt macht. „Die Bauzeit der Teile ist mittlerweile oft kürzer und das einzelne Bauteil auch durch die geringere Anzahl an Komponenten preisgünstiger. Immer größere Serien können immer wirtschaftlicher gefertigt werden“, erklärt Ritt. Wer genau hinschaut, kann in den Augen des Ingenieurs ein Funkeln entdecken. des Aufsichtsrats Hans-Joachim Ihde Eine Tochter in Shanghai Seit November 2015 setzt die SLM Solutions Group AG ihren globalen Wachstumskurs mit einer Niederlassung in Shanghai fort. Die neue Tochtergesellschaft SLM Solutions Shanghai Co. Ltd. betreut den gesamten chinesischen Markt. Zur Einweihung des neuen Standortes waren auch Wirtschaftsminister Reinhard Meyer, ein Repräsentant der Regierung von Shanghai und der Vorstandstandvorsitzende Dr. Markus Rechlin vor Ort. SLM Solutions ist dennoch kein Newcomer in China. Mit lokalen Partnern sind die Lübecker auch durch ihre Vorgängerorganisation bereits seit 20 Jahren in der Volksrepublik aktiv. Die neue eigene Repräsentanz in Shanghai soll den direkten Kontakt zur schnell wachsenden Kundenbasis in China ausbauen und festigen. langjährige Geschäftsführer HansJoachim Ihde, der seit dem Börsengang den Vorsitz im Aufsichtsrat der SLM Solutions Group AG führt. Rund 75 Millionen Euro Wachstumskapital hatten die Lübecker auf dem Frank furter Parkett im Mai 2014 eingesammelt, das gibt dem Unternehmen Luft für die kommenden Jahre. „Im Rahmen unserer Wachstumsstrategie setzen wir auf Forschung und Entwicklung, den Ausbau unseres internationalen Service- und Vertriebsnetzwerks sowie den Ausbau des Geschäfts mit Verbrauchsmaterialien, das heißt mit Metallpulvern“, so der Vorstandsvorsitzende Dr. Markus Rechlin. Ziel ist es, zusätzlich zur Technologieführerschaft auch die Position des Weltmarktführers zu erobern. Gut für die Lübecker: Der Trend geht zum Einsatz mehrerer Laser. Mit dem größten ihrer drei derzeit im Portfolio vorhandenen Anlagentypen, dem „SLM 500 HL“, hat das Unternehmen seit Ende 2013 ein Alleinstellungsmerkmal. „Es ist die weltweit einzige Anlage, in der vier Laser gleichzeitig und unabhängig voneinander an einem Werkstück arbeiten können“, erklärt Ingenieur Ritt. Die Bezeichnung SLM ist zugleich eine eingetragene Wortmarke und die englischsprachige Abkürzung für das Verfahren (selective laser melting), das Kürzel HL verweist auf die Hansestadt Lübeck. In einem Demonstrations- und Trainingscenter, das im April 2015 auf dem Firmengelände eröffnet wurde, stehen sieben Maschinen, in denen Musterteile für Kunden gefertigt werden und auch viele Bauteile, die das Unternehmen selbst in der Herstellung seiner Maschinen einsetzt. Die Kunden können die Anlagen hier „in Aktion“ kennenlernen – wobei der Fertigungsprozess an sich wenig spektakulär anzusehen ist, weil das Werkstück zunächst in der unteren Baukammer verschwindet. Zu bewundern sind die Musterstücke erst nach ihrer Fertigstellung oder in den Vitrinen, die ringsum in der Halle stehen. Darunter ein Holstentor aus Aluminium, das auch alle G7-Außenminister bei ihrem Treffen in Lübeck im Juni 2015 als Gastgeschenk erhielten – als Beispiel für eine innovative Zukunftstechnologie aus dem echten Norden. Qualifizierte Mitarbeiter zu be kommen sei für SLM Solutions kein Problem, sagt Ritt. Das Unternehmen erhalte ständig Initiativbewerbungen aus dem In- und Ausland, natürlich auch von Absolventen der Lübecker Hochschulen. „3-D-Drucker für Metalle sind ein hippes Produkt“, nennt Ritt einen Grund für den Zulauf. Ein weiterer: die hohe Lebensqualität in Schleswig-Holstein mit viel Natur bei gleichzeitiger Nähe zu den größten deutschen Städten Hamburg und Berlin. „Das nehmen die Bewerber durchaus wahr.“ Und auch der viel gereiste Stefan Ritt kann sich für Schleswig-Holstein immer wieder begeistern. (sas) Wirtschaftsland 2016 D I E B I O - P I O N I E R E AU S D I T H M A R S C H E N Westhof – mit einzigartiger Technologie zum Erfolg 15 In den vergangenen zehn Jahren kannte die Bio-Branche nur eine Richtung, und zwar nach oben. Der Umsatz in Deutschland stieg von zwei Milliarden Euro im Jahr 2000 in 14 Jahren auf acht Milliarden Euro. Einer der Pioniere der Branche ist der Westhof aus dem schleswig-holsteinischen Friedrichsgabekoog. Bereits vor 26 Jahren entschieden Rainer Carstens und Paul-Heinrich Dörscher, auf ökologischen Landbau umzusteigen. Ihr Pioniergeist war erfolgreich: Heute zählt Dithmarschen zu den bedeutendsten Anbauregionen für Bio-Gemüse in Deutschland. Umsatz mit Bio-Lebensmitteln in Deutschland in den Jahren 2000 bis 2014 in Milliarden Euro* 8 6 4 Ein Unternehmen mit Zukunft: 2 Bei Westhof ist die nächste Generation der Carstens mit eingestiegen. 0 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 Quelle: BÖLW © Statista 2015 * ohne Außer-Haus-Markt Wirtschaftsland 2016 Maike Carstens ist froh, eine erfüllende Arbeit in ihrer Heimat Schleswig-Holstein gefunden zu haben. Deutschlands größtes Bio-Gewächshaus Einen ganz besonderen Superlativ bietet die Bio-Tomatenproduktion des Westhofs. Dort entstand 2011 das größte Bio-Gewächshaus Deutschlands. Darin gedeihen seit 2013 auf vier Hektar rund 70.000 Tomatenpflanzen. Der besondere Clou: Die Pflanzen wachsen nicht in Nährlösungen wie im konventionellen Anbau, sondern im Dithmarscher Boden. „Diesen Unterschied schmeckt man“, erklärt Maike Carstens, Leiterin des Gewächshauses. Die 30-Jährige ist nach ihrem BWL-Studium und Anstellungen in einem Hamburger Verlag und einem Versandhandelsunternehmen wieder zurück in den Betrieb ihrer Eltern gekommen. „Von März bis November bauen wir Tomaten im Gewächshaus an. Aus den 70.000 Pflanzen produzieren wir in neun Monaten rund 1.400 Tonnen Tomaten. Danach bekommt der Boden eine Ruhephase. Dann werden die Pflanzen aus dem Boden genommen, zerkleinert und in die Biogasanlage gegeben. Der Boden wird gelockert und optimal mit Nährstoffen versorgt, das Unkraut wird entfernt.“ Einzigartig ist aber nicht nur die Größe des Gewächshauses. Auch das Konzept des schleswig-holsteinischen Unternehmens sucht seinesgleichen. Die Energie liefern das hofeigene Blockheizkraftwerk und die eigene Biogasanlage. Letztere speist zudem das Gewächshaus mit dem für die Pflanzen lebensnotwendigen CO2. Das Besondere an der Westhof-Biogasanlage: Sie wird nicht mit Mais gefüllt, der auch als Tierfutter dienen kann, sondern mit nicht verkaufsfähigem Gemüse (Klasse C). „Kreislaufwirtschaft spielt für uns Bio-Bauern eine besondere Rolle. Unser Ziel ist es, der Natur so viel zurückzugeben, wie wir ihr entnehmen. Um energieneutral wirtschaften zu können, setzen wir auf einen symbiotischen Energieund Nährstoffkreislauf“, erklärt Maike Carstens. Streben nach Verbesserungen Auch in anderen Bereichen setzt der Westhof auf Innovationen. Aktuell beteiligt sich das Unternehmen an dem Forschungsprojekt Bonirob der Fachhochschule Westküste in Heide. Gewappnet mit Sensoren und diversen Kameras scannt der fahrende Roboter seine Umgebung und soll zukünftig zur Beikräuterbekämpfung auf dem Feld eingesetzt werden. „Wir haben so ungefähr zwischen 160 und 180 Hektar Möhren – und knapp sechs Wochen Zeit, sie zu jäten“, erklärt Maikes Bruder Ulf Carstens. Bonirob soll diese Arbeit in Zukunft schneller, effektiver und kostengüns- Wirtschaftsland 2016 Dr. Henning Bähren, Geschäftsführer punker GmbH 16 Auf rund 1.000 Hektar baut die Familie Carstens Beim ökologischen Landbau ist Know-how gefragt. gemeinsam mit ihrem Partner Paul-Heinrich Dörscher Auf Hilfsmittel wie chemischen Pflanzenschutz wird vor allem Bio-Gemüse an. komplett verzichtet. tiger erledigen. Anders als bei ihren konventionellen Kollegen entfernen Bio-Landwirte Beikräuter nur mit manuellen Jätearbeiten und mechanischen Hilfsmitteln. Pflanzengifte als schnelle und bequeme Alternative – das komme für Bio-Bauern einfach nicht in Frage, betont Maikes Vater Rainer Carstens. „Das ist unsere Philosophie – wir denken einfach, dass dieses Gift nicht in unseren Boden und unsere Pflanzen hineingehört. Denn alles, was wir auf unseren Boden bringen, das ernten wir auch wieder und das geht in unsere Nahrungskette hinein – deswegen lehnen wir es einfach ab.“ Ressourcenschonende und klimaneutrale Produktion von Bio-Lebensmitteln Die Westhof Bio Group besteht aus sechs Firmen: BIOfrost, BIOhandel, BIOanbau, BIOgewächshaus, BIO energie und BIOinvest. Die umfangreich integrierten Energie- und Nährstoffkreisläufe sollen die höchst effiziente Verwendung von Ressour cen sicherstellen und damit auf lange Sicht zu einer energieneutralen Produktion führen. Die Betriebsleiter Rainer Carstens und Paul-Heinrich Dörscher setzen seit Beginn ihrer Wirtschaftsland 2016 Zusammenarbeit auf Bio-Gemüse. Vor allem Möhren und Blumenkohl, aber auch Getreide werden direkt auf dem rund 1.000 Hektar großen Betrieb angebaut, verarbeitet und zum größten Teil frisch über den Hamburger Großmarkt oder direkt an den Einzelhandel vermarktet. Die erfolgreiche Vermarktung von Bio-Gemüse ermöglichte 20 weiteren Betrieben die Umstellung auf ökologischen Landbau: Die Landwirte bauen für den Westhof Gemüse an. In der Erntezeit unterstützen bis zu 120 Saisonarbeitskräfte die Mitarbeiter des Betriebes. Faire Löhne und hohe Sozialstandards wie angemessene Unterkünfte sind den Betriebs inhabern besonders wichtig. Der Betrieb vernetzt Anbau, Verarbeitung und Energieerzeugung und schließt so Energie- und Nährstoffkreisläufe. (ki) Die Westhof Bio Group Auszeichnungen 2015 •Landwirtschaftspreis CERES AWARD in der Kategorie Biolandbau •DLG-Preis in Gold für Rote Bete 2014 •1. Platz des Förderpreises Ökologischer Landbau 2013 •Deutscher Innovationspreis Gartenbau 2012 •Dithmarscher Innovationspreis „Plietsche Lüüd“ Zahlen · Daten · Fakten •1.000 ha Anbaufläche •eigene Frosterei •eigene Vermarktungs gesellschaft •mit mehr als 4 ha Fläche das größte Gewächshaus Deutschlands •kombiniertes Energie management mit dem Ziel, genauso viel Energie aus regenerativen Energiequellen zu erzeugen, wie das Unter nehmen verbraucht •120 Festangestellte •bis zu 120 saisonale Arbeitskräfte Chief Executive Officer. Oder wie wir sagen: Chef. Mehr Infos unter der-echte-norden.info J U N G E M AC H E R Einfach, praktisch, erfolgreich Die Gründerszene in Schleswig-Holstein ist bunt: Arztgespräch übers Internet, eine einfache Fernbedienung, effektive Unternehmensberatung und moderne Nachbarschaftshilfe – Ideen für Start-ups gibt es reichlich. Auch die Fördermöglichkeiten sind besser denn je. WTSH – Gründerszene Gründer hatten es in SchleswigHolstein noch nie so gut wie jetzt. Natürlich haben sie es grundsätzlich nicht leicht, denn aus einer Idee ein Unternehmen zu entwickeln, erfordert viel Engagement. „Aber mittlerweile gibt es viele Initiativen, die Gründer auf ihrem Weg begleiten“, sagt Dirk Müller, Projektleiter Gründungs förderung bei der Wirtschaftsförde rung und Technologietransfer Schleswig-Holstein GmbH (WTSH). Dass die Situation zwischen Flensburg und Lübeck so gut ist, ist besonders einzelnen Personen zu verdanken. So gibt es mehrere Professoren, die ihre Studierenden bereits während des Studiums animieren, einen eigenen Weg zu gehen. „Diese Leute wollen mehr bieten als die Theorie und vermitteln daher unternehmerisches Denken.“ Wichtig ist natürlich eine gute Finanzplanung. Diesbezüglich gebe es laut Müller in Schleswig-Holstein eine gute Förderkulisse. So wurde etwa der Seed- und Start-up-Fonds neu aufgesetzt. Statt sechs Millionen Euro stehen nun zwölf Millionen Euro für Gründungen zur Verfügung. In diesem Fonds stecken Mittel vom Land Schleswig-Holstein, der Investitionsbank Schleswig-Holstein (IB.SH), der Mittelständischen Beteiligungsgesellschaft Schleswig-Holstein mbH (MBG) und dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE). Allen Gründern kann gesagt werden, dass die Welt nicht zusammenbricht, wenn es nicht klappt. „Eine Gründung impliziert die Möglichkeit zu scheitern wie bei einer Ehe“, sagt Müller, „doch ein Scheitern bedeutet nicht das Ende.“ Finn Plotz – Vion Finn Plotz vertritt eine starke These: „Die Fernbedienung wird den digitalen Wandel überleben“. Neue Technik, bei der man zum Umschalten des Fernsehsenders nur noch mit den Fingern durch die Luft wischt, werde sie nicht verdrängen. „Das haptische Gefühl ist ganz wichtig“, sagt der junge Unternehmer aus Glückstadt, der mit Vion eine Fernbedienung auf den Markt bringt, die alles in sich vereint – Fernsehen, Film und Musik –, jedoch nur wenige Knöpfe hat. „Alles soll ganz einfach sein.“ Seit Dezember 2015 sind die ersten 5.000 Exemplare des Designprodukts im Handel erhältlich. Gezeitenraum Für Inga und Christian Wiele ist es beruflich wichtig, einen klaren Kopf zu haben. Also zogen die Unternehmensberater aus dem Süden Deutschlands nach St. Peter-Ording, um in der frischen Atmosphäre der Nordseeküste ihr Startup Gezeitenraum zu gründen. Die erfahrenen Wirtschaftsexperten bieten ihren Kunden zum Beispiel das sogenannte Design Thinking an, eine Methode, die kreative und schnelle Problemlösungen in jeder Branche ermöglicht. Auch wenn es banal klingt, geht es hierbei oft erst einmal darum, zu lernen, richtig zuzuhören. „Daraus ergibt sich, dass Mitarbeiter kreative Ideen entwickeln und effizienter zusammenarbeiten“, sagt Inga Wiele. Patientus.de Drei Stunden, um eine Frage zu stellen – Arzt termine sind meistens sehr zeitaufwendig. Besonders für Berufstätige ist das ein Problem. Der Lübecker Internetdienst Patientus bietet hierfür eine Lösung. Patienten können per Videochat mit ihrem Wunscharzt sprechen. So kann frühzeitig geklärt werden, ob der Besuch einer Arztpraxis nötig ist oder der Zeitaufwand beziehungsweise eine lange Anreise für Patienten aus ländlichen Gebieten vermieden werden kann. 100 Ärzte haben sich bereits registriert, bis 2016 sollen es 7.000 sein. Den Gründern Nicolas Schulwitz, Jonathan von Gratkowski und Christo Stoyanov ist wichtig, dass ihr Unternehmen als das betrachtet wird, was es ist: eine Ergänzung des normalen Arztbesuches. „Die körperliche Untersuchung sowie die anschließende Behandlung finden nach wie vor in der Praxis statt“, sagt Nicolas Schulwitz. 19 Lokalportal Nachbarschaftshilfe neu erfunden: Die Kieler Studenten Sebastian Penthin und Justin Hallauer haben das Start-up Lokalportal gegründet, ein soziales Netzwerk für Orte und Regionen. Seit 2015 ist es online. „Wir wollen hier alle regional relevanten Infos an einem Ort im Internet sammeln“, erklärt Hallauer. Die Möglichkeiten sind groß. Man kann sich als privater Nutzer, Sportverein, Gewerbetreibender oder als öffentliche Stelle anmelden. Aber anders als bei Netzwerken wie Facebook oder Twitter sehen Nutzer von Lokalportal nur Inhalte aus ihrer Region. Diese lassen sich auf einen bestimmten Umkreis eingrenzen. Wie sich Lokalportal entwickelt, hängt von den Nutzern ab. (sb) H A N S E Z U M A N FA S S E N Der Ort steckt voller Geschichte(n). In der Ausstellung dreht sich alles um die Hanse, jenes zwischen Mittelalter und Neuzeit mächtige Wirtschafts- und Städtebündnis. Lübeck war Führungsmacht und ein Nabel der Weltpolitik. Aufstieg und Niedergang, Alltag, Macht und Mythos dieses über dreieinhalb Jahrhunderte erfolgreichen Netzwerks sowie seine Wirkungen bis in die Gegenwart vermittelt das neue Museum in einem Mix aus herkömmlicher, multimedialer und szenischer Darstellung. Vitrinen mit Urkunden, Münzen, Schmuck und historischen Dokumenten wechseln sich ab mit Räumen, in denen Informationen über Bildschirme, Monitore und Hörstationen abgerufen werden können. 20 Das 2015 eröffnete Europäische Hansemuseum lädt Besucher jeden Alters zu einer Zeitreise ein. Eintauchen in eine wirtschaftliche Blütezeit Europäisches Hansemuseum Lübeck Die Fassade des Neubaus wirkt beeindruckend, aber nicht unbedingt einladend. Eher trutzig wie bei einer Burg, die es zu erobern gilt. Doch dieser erste Eindruck ist schnell vergessen im aufregenden Inneren des Europäischen Hansemuseums, einer der bundesweit größten Museumsneugründungen der Nachkriegszeit und neuer Leuchtturm im Unesco-Weltkulturerbe Lübecker Altstadt. Die Zeitreise beginnt in einem gläsernen Fahrstuhl, der hinab in den Keller fährt – wo den Besucher eine kleine Eiszeit erwartet. „In der archäologischen Grabungsstätte wird nicht geheizt“, erklärt der junge Museumsmitarbeiter. Tatsächlich ist der Raum kühl, aber auch faszinierend mit Zeugnissen aus 1.200 Jahren Geschichte. Legt man die Eintrittskarte auf die interaktiven Stationen, leuchten an den Mauern Jahreszahlen und Erläuterungen auf: Der Brunnenschacht entstand in der Frühzeit der Stadt, die Stützwand dahinter erst bei den Arbeiten für das neue Museum, das neben dem Neubau auch das historische Burgkloster einbezieht. Der Chip in der Eintrittskarte bietet die Wahl zwischen vier Sprachen (Deutsch, Englisch, Schwedisch, Russisch), vier Themen und 50 Hansestädten in 16 Ländern. Den größten Reiz üben die Großdioramen aus, lebensecht nachgestaltete Szenerien, in denen man historische Schauplätze und Situationen auf sich wirken lassen kann. Die erste dieser kulissenhaften Szenen zeigt eine Flusslandschaft mit Schilf und eine Kogge beladen mit Holzfässern. 1193, so erfährt man an der Hörstation, wählten Kaufleute am Ufer des Flusses Newa im Nordwesten Russlands einen Ältermann, der für die Dauer ihrer Handelsreise ihre gemeinsamen Interessen vertreten sollte – ein erster Schritt hin zu dem Bündnis, dem zeitweilig mehr als 200 Binnen- und Hafenstädte zwischen Nowgorod und Brügge angehörten. Im nächsten der inszenierten Räume kehrt man zurück nach Lübeck im Jahr 1226: Hansekaufleute lassen ihre Häuser neuerdings aus Backsteinen statt aus Holz bauen, an der Trave wird Boden entwässert, um die Stadt-Insel zu vergrößern, und es werden Stadtmauern und Befestigungsanlagen angelegt. Die Luft ist staubig, die Werkzeuge der Bauhandwerker liegen herum wie gerade hingeworfen. Viel Atmosphäre bei gleichzeitig hoher Informationsdichte. Weiter geht es ins Jahr 1361, in ein Warenhaus im flandrischen Brügge. Eine Besucherin streicht über einen Tuchballen. „Das fühlt sich echt an, war bestimmt teuer. Das konnten sich damals nur Reiche leisten“, stellt sie mit Kennermiene fest. Ob reich oder arm: Die Pest, die da mals in Europa und Lübeck wütete, betraf alle. Das haben die Ausstellungsmacher drastisch-düster mit Rattenkadaver und Grabsteinen inszeniert. Entvölkerung und Angst führten zur Wirtschaftskrise. Die ist um 1500 in London, der nächsten Station, längst überwunden. In der florierenden Handelsmetropole unterhält die Hanse mit dem Stalhof eine bedeutende Niederlassung. Beeindruckend ist auch der nachge baute Hansesaal im Lübecker Rathaus. Die Tagesordnung des Hansetagstreffens 1518 dokumentiert die Streitigkeiten. Mit dem Bündnis geht es bergab. Als das Hansekontor in Bergen 1764 norwegisch wird, ist die große Zeit der Hanse vorbei. Religion spielte eine wichtige Rolle in jener Epoche. Darauf verweisen die 15 Mönche aus Wachs, die einem ein Gebet murmelnd im Gang begegnen. Sie wirken verblüffend lebensecht. Das könnte auch für die Hanse-Bürgermeister im alten Burgkloster gelten, wären diese nicht deutlich überlebensgroß. Im „Hanselabor“ kann man zuletzt noch die Wirkungsgeschichte der Hanse studieren. Die schlägt sich heute in zahllosen Produktnamen nieder, ist in vielen Hansestädten in der Identität der Menschen fest verwurzelt. Lübeck ohne Hanse? Undenkbar. Das Europäische Hansemuseum? In Lübeck am richtigen Ort und eine Attraktion für Hansestädter, Hanse-Interessierte und jeden, der ein besonderes Museumserlebnis zu schätzen weiß. (sas) Das Europäische Hansemuseum Eröffnung: Mai 2015 Betreiber: Europäisches Hansemuseum gemeinnützige GmbH Finanzierung: 40 Mio. Euro Possehl-Stiftung, 10 Mio. Euro Land Schleswig-Holstein Architekt: Andreas Heller Architects and Designers, HH Wissenschaftl. Konzept: Prof. Rolf Hammel-Kiesow mit Team, Lübeck Grundstückseigentümer: Hansestadt Lübeck Adresse: Europäisches Hansemuseum An der Untertrave 1 23552 Lübeck Tel. 0451 809099-0 www.hansemuseum.eu Öffnungszeiten: tgl. 10–17 Uhr, außer Heiligabend Eintritt: 11,50 Euro Erwachsene, Kombiticket „Denkmal Burg kloster“ 14,50 Euro, ermäßigt u. a. für Schüler und Familien Gastronomie: Restaurant „Nord“ Wirtschaftsland 2016 21 E C H T S TA R K – I N D U S T R I E I N S H „Unsere Wirtschaft ist geprägt von kleinen und mittleren Unternehmen. Diese Unternehmen sind flexibel und innovativ und machen unsere Wirtschaft krisenfest und unabhängig von der internationalen Großwetterlage.“ Reinhard Meyer 23 schaft hinein, steckt in diesen Bereichen viel Potenzial für Wertschöpfung und Beschäftigungsimpulse. Die Basis hierfür ist gegeben, wir haben Kompetenzfelder in Schleswig-Holstein, in denen wir schon richtig gut aufgestellt sind. Dazu gehören die maritime Wirtschaft, Life Sciences, erneuerbare Energien, Ernährungswirtschaft sowie Informationstechnologie, Telekommunikation und Medien. Reinhard Meyer, Wirtschaftsminister des Landes Schleswig-Holstein Schleswig-Holstein ist ein attraktiver Industriestandort Interview mit Wirtschaftsminister Reinhard Meyer Wirtschaftsland: „Schleswig-Holstein. Der echte Norden.“ ist allen als Touris musland bekannt. Jetzt wollen Sie den Fokus auf die Industrie lenken – warum? Meyer: Schleswig-Holstein ist ein attraktiver Industriestandort. Wir haben mit dem ChemCoast Park in und um Brunsbüttel einen starken Chemiestandort, wir haben eine traditionsreiche und zugleich dynamische maritime Wirtschaft mit Werften, Wehrtechnik und zahlreichen Zulieferern. Wir sind gut aufgestellt in der Medizintechnik und in vielen anderen Branchen. Dafür müssen wir nur mehr Wirtschaftsland 2016 werben, denn vielen ist dieses Potenzial noch nicht bekannt genug. Unsere Wirtschaft ist geprägt von kleinen und mittleren Unternehmen. Diese Unternehmen sind flexibel und innovativ und machen unsere Wirtschaft krisenfest und unabhängig von der internationalen „Großwetterlage“. Das ist ihr großer Vorteil. Beim Stichwort Industrie denken aber viele an die großen Konzerne. Die haben wir kaum in Schleswig-Holstein. Dafür haben wir andere Stärken: zum Beispiel zahlreiche Hidden Champions, die hoch spezialisiert mit ihren Produkten und Dienstleistungen mitunter Welt- marktführer sind – aber kaum einer weiß es! Das darf nicht sein. Unsere Stärken sollten wir selbstbewusst vermarkten. Wirtschaftsland: Was sind die Chancen, was sind die Herausforderungen der Industrie in Schleswig-Holstein? Meyer: Gerade aus der Energiewende und dem Ausbau der erneuerbaren Energien ergeben sich hochinteressante Chancen für unsere Industrie. Gelingt uns hier ein produktiver Wissens- und Technologietransfer von unseren Hochschulen und Forschungseinrichtungen in die Wirt- Herausforderungen bestehen natürlich auch. Es gibt zwei ganz wichtige Themen, die wir dringend gemeinsam angehen müssen: Das sind zum einen die Herausforderungen der Digitalisierung im Rahmen von Industrie 4.0 und das ist zum anderen der Fachkräftebedarf der Zukunft. In der Industrie gibt es zahlreiche hochwertige Arbeitsplätze. Umso wichtiger ist es, auch in Zukunft den Fachkräftebedarf decken zu können. Das gelingt uns nur, wenn wir alle Reserven aktivieren – etwa im Bereich der Langzeitarbeitslosen, der Migranten und der Flüchtlinge. Wirtschaftsland: Wie kann der Industriestandort Schleswig-Holstein aktiv gestärkt werden? Meyer: Unsere Industriepolitik braucht zweierlei: Wir müssen zum einen auf kluge Weise den Bestand, also die traditionellen Bereiche wie z. B. die maritime Industrie, sichern und pflegen und zum anderen neue Unternehmen ansiedeln, Erfindergeist und Existenzgründungsbereitschaft stärken, die Entwicklung neuer Technologien fördern, Innovation und Kreativität Raum bieten, sich zu entfalten. Wir wollen also Tradition und Moderne miteinander verbinden, d. h. unsere traditionellen Branchen und Wachstumsträger pflegen, aber auch moderne Zukunftsbereiche fördern. Für den Start einer neuen Industrie politik in Schleswig-Holstein hat die Landesregierung unter Beteiligung von Akteuren aus Unternehmen, Kammern, Verbänden und Gewerkschaften Eckpunkte für eine industrie politische Strategie erarbeitet. Ein starkes Bündnis für die Industrie Schleswig-Holsteins soll daraus entstehen, das die Stärken unseres Standortes unterstützt und weiterentwickelt. Die neue Strategie soll zugleich die Grundlage dafür bilden, industriepolitische Interessen in Norddeutschland gemeinsam mit unseren Nachbarn und Partnern selbstbewusst zu vertreten. Wirtschaftsland: Was heißt das konkret: die vorhandenen Stärken stärken? Meyer: Unsere Förderpolitik ist zielgenau, praxisnah, gut vernetzt und im engen Kontakt mit der Wirtschaft. Genau in diesem Sinne haben wir unsere Clusterpolitik neu ausgerichtet und an den wirtschaftlichen Schwerpunkten entlang entwickelt. Denn es gilt, die Kräfte in unseren Kompetenzfeldern zu bündeln und die vorhandenen Potenziale unserer wirtschaft lichen Stärken optimal zu entwickeln. Wir verfahren nicht nach dem Gießkannenprinzip und auch nicht nach dem Grundsatz, wer am lautesten schreit, bekommt am meisten. Wir fördern mit zielorientierten, passgenauen Förderinstrumenten, die den höchsten Effekt erwarten lassen. Dazu gehören unsere Beteiligungsfonds, die sehr erfolgreich vom Markt aufgenommen werden, dazu gehören die Innovationsförderung, unsere einzelbetriebliche Investitionsförderung, unser Standortmarketing unter dem Dach „Schleswig-Holstein. Der echte Norden“, unsere neu strukturierte Cluster-Förderung und eine nach haltige Ansiedlungspolitik. Wirtschaftsland: Für eine gute wirtschaftliche Entwicklung ist entsprechende Infrastruktur notwendig. Was tut Schleswig-Holstein hierfür? Meyer: Das ist richtig. Wir müssen unsere Infrastruktur sanieren und wo es geht bedarfsgerecht ausbauen. Für die Landesstraßen hat die Landesregierung ein Sondervermögen eingerichtet. Damit stellen wir deutlich mehr Mittel zur Verfügung als unsere Vorgänger. Und wir haben auch ein Sondervermögen eingerichtet für den Breitbandausbau. Denn bei Infrastruktur denken wir nicht nur an Beton: Eine zuverlässige, auch für noch größere Datenmengen der Zukunft geeignete Breitbandversorgung ist für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft von größter Bedeutung. Deshalb setzen wir auf die Glasfasertechnologie. (hh) Kern unserer Förderstrategie sind passgenaue Förderinstrumente. Wirtschaftsland 2016 DIE CHEMIE STIMMT „Ich liebe den Blick von der Hochbrücke über den Nord-Ostsee-Kanal bei Nacht, wenn das komplette Industriegebiet im Vordergrund mit tausenden Lichtern vor mir liegt und im Hintergrund beleuchtete Schiffe vorbeiziehen“, schwärmt Martina Hummel-Manzau. Die Geschäftsführerin der Entwicklungsgesellschaft Brunsbüttel (egeb) kümmert sich mit ihrem Team unter anderem um die Ansiedlung neuer Unternehmen auf dem 2.000 Hektar großen Areal. „Wir fühlen uns hier als Standort am Puls der wachsenden Märkte.“ „Zwischen Hamburg und Sylt gelegen, verbindet sich in Brunsbüttel Erholung mit modernstem Hightech und großzügigen Wirtschaftsflächen“, meint Hummel-Manzau. Industriestandort Schleswig-Holstein Anzahl der Industriebetriebe 1.127 Beschäftigte 122.000 Umsätze 38,6 Milliarden Euro (davon Export 22,9 Milliarden Euro) Branchen mit dem stärksten Umsatzwachstum* • Fahrzeugbau 64,5 % • Reparatur von Maschinen 16,7 % • Pharmazeutische Erzeugnisse 11,9 % • Gummi/Kunststoff 5,1 % • Verarbeitendes Gewerbe 4,8 % • Maschinen 4,6 % • Glaswaren 3,9 % • Chemische Erzeugnisse 3,7 % • Elektronik 0,6 % *2014 im Vergleich zu 2013 Quelle: Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein, Zahlen von 2014 IndustrieLeuchtturm am Tor zur Welt ChemCoast Park Brunsbüttel mit Investitionsschub auf Zukunftskurs Am Schnittpunkt von Nord-Ostsee-Kanal und Elbe hat sich das größte Industriegebiet des Landes entwickelt: Im ChemCoast Park Brunsbüttel haben eine Reihe von Welt unternehmen ihren Produktionssitz. Millionen-Investitionen sollen den Industrie-Leuchtturm weiterhin strahlen lassen. Wo die Containerschiffe, Tanker und Kreuzfahrer in die Schleusen einlaufen, hat sich innerhalb von knapp 40 Jahren ein leistungsstarkes Industriegebiet in der Metropolregion Hamburg, dem „Tor zur Welt“, entwickelt. Viele der rund 20 Top-Unternehmen produzieren oder veredeln Spezialprodukte im Bereich der Chemie- und Mineralölindustrie. Auch Energie erzeuger und Logistiker haben sich hier angesiedelt. Bayer Material Science (heute Covestro), Bioenergie Brunsbüttel Contracting, Lanxess, Sasol, Total, Mercuria, Yara und andere beliefern von Schleswig-Holstein aus ihre Märkte rund um den Globus. Neben dem verkehrsgünstigen Standort am Knotenpunkt von Elbe, Nordsee und Nord-Ostsee-Kanal kann der ChemCoast Park mit einer voll ausgebauten Infrastruktur punkten: Der mit drei Häfen ausgestattete Industriepark ist an Schiene und Fernstraße angebunden, die Betriebe können vor Ort zum Teil Dienstleistungen nutzen – vom Brand- und Werkschutz über einen Logistik-Verbund bis zur Analytik. Die wirtschaftliche Stärke des Standortes sichert Arbeitsplätze: Die Unternehmen selbst beschäftigen etwa 4.000 Mitarbeiter. Zulieferer und andere Betriebe, die von den Global Playern profitieren, haben insgesamt etwa 12.500 Jobs geschaffen. Wie positiv sich der Traditionsstandort entwickelt, zeigen beispielhaft die drei Brunsbütteler Häfen, die jährlich etwa 12 Millionen Tonnen Ladung umschlagen. Der Elbehafen etwa kann alle Schiffsgrößen bis 14,80 m Tiefgang abfertigen, er kann Waren aller Arten im Bereich Stückgut, Massengut und Flüssiggut wie Rohöl löschen und sie am Terminal auf Züge, LKW oder andere Schiffe verladen. 25 „Die aktuellen Investitionen von über 20 Millionen Euro in unsere Häfen sind ein klares Bekenntnis unserer Unternehmensgruppe zu dem Standort“, betont Frank Schnabel, Geschäfts führer der Brunsbüttel Ports, ein Unternehmen der Schramm group. In den letzten Jahren habe insbesondere die Windenergie in Norddeutschland einen Boom erfahren, der auch im Hafen zu spüren sei. Immer mehr Bauteile der Wind energiebranche werden hier umge- ChemCoast Park Brunsbüttel: das größte Industriegebiet in Schleswig-Holstein www.chemcoastpark.de DIE CHEMIE STIMMT Jochen Möller, Geschäftsführer M.O.E. GmbH 26 „Der ChemCoast Park Brunsbüttel wird zu Recht von der Landesregierung als industrielle Perle bezeichnet.“ Frank Schnabel schlagen. „Deshalb haben wir unsere Hafenfläche für mehr Lagerkapazitäten deutlich vergrößert“, erläutert Schnabel. Außerdem konnte das Unternehmen kürzlich in ein neues Verwaltungsgebäude ziehen, das Brunsbüttel Ports gemeinschaftlich mit der egeb und dem Schiffsmak lerunternehmen Sartori & Berger errichtet hat. Chemieunternehmen Schülke & Mayr plant, in Brunsbüttel für 20 Millionen Euro eine neue Fabrik zu bauen. „Wir freuen uns auch über die neue Fährverbindung der Elb-Link-Reederei zwischen Brunsbüttel und Cuxhaven, die schnelle Überfahrten für Gewerbeverkehre, Schwerlast- und Gefahrguttransporte ermöglicht“, ergänzt Martina Hummel-Manzau. Auch andere Firmen investieren kräftig: Der seit 1964 in Brunsbüttel ansässige Chemieproduzent Sasol stellt unter anderem Grundstoffe für Kosmetik her und baute seine Laboranlagen aus. Die Raffinerie Heide erweiterte ihr Tanklager und die Spedition F. A. Kruse schaffte für den boomenden Markt Logistikflächen für Windenergie. Das Norderstedter Als „absolut positiv“ wertet Brunsbüttel-Ports-Chef Schnabel, der auch Sprecher der Werkleiterrunde ist, die Zukunftsfähigkeit des Hafen- und Industriegebietes: „Der ChemCoast Park Brunsbüttel wird zu Recht von der Landesregierung als industrielle Perle bezeichnet. Der Standort steht aber national und international im Wettbewerb mit anderen Standor- Wirtschaftsland 2016 Sie fördern die Unternehmensansiedlung im ChemCoast Park Brunsbüttel: das Team mit egeb-Geschäftsführerin Martina Hummel-Manzau ten.“ Um die Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu stärken, müssten frühzeitig Entscheidungen zum bedarfsgerechten Ausbau von Infrastruktur und Energie getroffen werden, betont Schnabel, der seinen Lieblingsort im ChemCoast Park gefunden hat: „Mein Büro! Von hier aus habe ich einen wundervollen Blick auf die Elbe mit den großen Containerschiffen.“ (wel) Wir machen nicht viel Wind. Wir nutzen ihn. Mehr Infos unter der-echte-norden.info B O DYG UA R D F Ü R W E LT N E U H E I T E N In vielen Kommunen gehören sie zum Straßenbild: die meist rot lackierten Reinigungsmaschinen von Hako. Das Unternehmen aus Bad Oldesloe mit seinen 2.000 Mitarbeitern zählt zu den international führenden Herstellern. Die Technologieführerschaft kam allerdings nicht von allein: „Im Jahresdurchschnitt melden wir acht bis zehn Patente im Bereich der Reinigungstechnologie an. Ohne ein Patent-Management ist ein systematisches Vorgehen im Bereich des geistigen Eigentums nicht sinnvoll möglich“, betont Ludger Lüttel, der als Leiter Service-Entwicklung auch das Patentwesen bei Hako managt. So kehrt der Technologieführer: Die Innovationen im Hako Citymaster sind dank eines Patent-Managements geschützt. Um die wertvollen Ideen in den Köpfen für den eigenen Markterfolg zu schützen, gehört ein durchdachtes Patent-Management unbedingt zur Firmenstrategie. „Diese Vorgehensweise wird oft unterschätzt“, Patenter Schutz für patente Ideen meint Birgit Binjung, Diplom-Ingenieurin und Abteilungsleiterin Innovationsmanagement und verantwortlich für das Patent- und Markenzentrum bei der WTSH. „Um Erfolg zu haben, „Um Erfolg zu haben, dürfen innovative Unternehmen ihre Schutzrechte nicht nur verwalten – sie sollten sie gezielt managen.“ Birgit Binjung dürfen innovative Unternehmen ihre Schutzrechte nicht nur verwalten – sie sollten sie gezielt managen.“ Denn Patente dienen nicht nur dazu, die eigene Innovation vor Nachahmung zu schützen, weiß Binjung. „Patent recherchen geben außerdem wertvolle Hinweise über den Wissensstand der Mitbewerber.“ Dazu komme, dass Unternehmen, die mit neuen Produkten auf den Markt gehen wollen, auch vorab prüfen sollten, ob sie damit keine geltenden Patente verletzen. Angemeldete Patente können von Dritten problemlos eingesehen werden, weil Patent- und Markenämter die Patentschriften 18 Monate nach der Anmeldung veröffentlichen. Doch Unternehmen, die ihre Entwicklungen vor den Wettbewerbern geheim halten wollen und auf eine Patentierung verzichten, gehen ein großes Risiko ein. Weil meist viele Mitarbeiter die technischen Interna kennen, ist 29 Sauber: Bis zu zehn Patente meldet der Reinigungsspezialist Hako pro Jahr an. Innovative Firmen brauchen ein gutes Patent-Management Eine Weltneuheit, die auch noch gewerblich anwendbar ist, hat beste Chancen, als Patent geschützt zu werden. Doch viele Unternehmen scheuen davor zurück, diesen Schritt zu gehen. Das Patent- und Markenzentrum der Wirtschaftsförderung und Technologietransfer Schleswig-Holstein GmbH (WTSH) unterstützt Unternehmen und Erfinder beim Patent-Management. Die patentierte IBAK Argus 5 ist eine Dreh-, Neige- und Schwenkkopfkamera, die dank Traktorreifen sicher in Kanalisationsrohren bewegt werden kann. Wirtschaftsland 2016 Wirtschaftsland 2016 B O DYG UA R D F Ü R W E LT N E U H E I T E N B O DYG UA R D F Ü R W E LT N E U H E I T E N So sieht eine Patenturkunde vom Deutschen Patentamt in München aus. Sie listet das Patent, den Patentinhaber und den Erfinder auf. „Kieler Stäbchen“ mit Patent: In verzweigten Leitungsnetzen kommt die Dreh-/Schwenkkopfkamera IBAK Orion L zum Einsatz. Ihre Führungseinheit, das „Kieler Stäbchen“, ist in alle Richtungen dreh- und schwenkbar. 30 31 die Gefahr groß, dass eine Erfindung früher oder später außerhalb des Unternehmens bekannt wird. Zudem bestehe die Gefahr, dass ein Wettbewerber unabhängig an derselben technischen Lösung arbeitet und sie seinerseits zum Patent anmeldet, erläutert Birgit Binjung. „Im ungünstigsten Fall kann der Wettbewerber die Nutzung der eigenen ungeschützten Neuentwicklung sogar untersagen.“ Die Vorteile einer Patentanmeldung überwiegen dagegen bei Weitem: Einerseits können Technologieführer von ihren geschützten Produkten und Verfahren Lizenzgebühren einnehmen, sofern sie sie nicht selbst exklusiv vermarkten wollen – diese Summe addiert sich weltweit auf mehrere 100 Milliarden Dollar jährlich. Andererseits können sie Konkurrenzunternehmen davon abhalten, die eigenen Innovationen zu kopieren. Durch Plagiate, die nicht juristisch verfolgt werden, gehen allein in Deutschland 70.000 Arbeitsplätze pro Jahr verloren. Vermeiden können Firmen dies mit einem effektiven Patent- Management. „Unser Patent-Management-System sieht vor, dass ein Leiter diese Thematik zentral bearbeitet. Außerdem berät und entscheidet ein Patentrat alle wichtigen Patentfragen“, erläutert Ludger Lüttel die Vorgehensweise bei Hako. „Wir haben eine monatliche Patentüberwachung eingeführt, die unterteilt wird nach Stichworten, Märkten und Wettbewerbern.“ Hako beauftragt bei der Überwachung externe Dienstleister wie etwa die Patentexperten bei der WTSH. „Wir greifen aber auch selbst auf Onlineportale zu. Auch die eigenen Mitarbeiter im Vertrieb oder auf Messen fungieren als wertvolle Scouts und sind damit wichtige Akteure der Überwachung von Konkurrenzprodukten“, berichtet Lüttel. Bei Neuentwicklungen sollten Erfinder frühzeitig mit der weltweiten Patentrecherche beginnen, um zu schauen, ob es die technische Lösung bereits gibt oder nicht. Die Patentrechercheure der WTSH übernehmen diese Arbeit für die Firmen als Dienstleistung. „Wir haben dabei Zugang zu 90 Millionen Patentdokumenten weltweit“, erklärt Binjung. Dass schleswig-holsteinische Unternehmen patentierfreudig sind, zeigt eine 2015 erschienene Studie des Lehrstuhls für Technologiemanagement der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Die Rangliste der innovativsten Unternehmen führt das Lübecker Unternehmen Dräger an: Der Hersteller von Medizin-, Sicherheits- und Tauchtechnik hat von 2000 bis 2013 insgesamt 1.013 Patente angemeldet. Mit 724 Anmeldungen rangiert Rheinmetall Defence (Kiel) als Produzent von Wehrtechnik auf dem zweiten Platz. Zu den innovationsstarken Firmen gehört auch das vor 70 Jahren gegründete Kieler Familienunternehmen IBAK Helmut Hunger GmbH & Co. KG. Der größte Hersteller von Inspektionsanlagen zur Untersuchung schwer zugänglicher Rohrleitungen und Brunnen beschäftigt über 300 Mitarbeiter, von denen jeder sechste im Bereich Forschung und Entwicklung tätig ist. Bis heute hat die IBAK 168 Patente, Gebrauchsmuster oder Designs (früher Geschmacksmuster) angemeldet, darunter 43 in den vergangenen 10 Jahren. „Der Ausbau unserer Technologieführerschaft kann durch ein effektives Patent- Management wirkungsvoll unterstützt werden“, erklärt Patent-Manager Klaus Ermoneit. „Durch den Schutz von neu gewonnenem Know-how sichern wir nicht nur unsere eigene Wettbewerbsposition langfristig. Wir können so auch den Handlungsspielraum von Mitbewerbern systematisch einschränken.“ Darüber hinaus geben die Patentaktivitäten von Mitbewerbern Aufschluss über Markttendenzen, Trends und Strömungen in der Branche. Darum ist es für Unternehmen wichtig, ihren Mitarbeitern Zugang zu Patentinformationen anzubieten und sie in Patentfragen zu schulen. Auch dafür stehe den Unternehmen das Patentund Markenzentrum zur Verfügung, sagt Binjung. Und das alles, damit patente Erfindungen auch patenten Schutz genießen. (wel) In sieben Schritten zum Patent 1. Patentrecherchen durchführen, Ergebnisse bewerten und Schlussfolgerungen für die eigene Patentanmeldung ziehen (Lohnt die Anmeldung? Ja/Nein. Wie sollte die eigene Patentanmeldung formuliert werden, um sich bestmöglich vom Wettbewerber abzugrenzen?) 2. Anmeldung: Ein Unternehmen oder ein Erfinder meldet ein Patent beim Deutschen Patent- und Markenamt in München an – online, per Fax oder per Post (Kosten: ab 40 Euro). 3. Prüfungsantrag stellen: Erst dann prüfen Fachleute die Patentanmeldung inhaltlich (Kosten: 350 Euro). 4. Patenterteilung: Das Patent erhält eine Patentnummer (z. B. DExxxB3/B4) und wird veröffentlicht. 5. Einspruchsmöglichkeit: Wenn etwa ein Konkurrent meint, das Patent sei zu Unrecht erteilt worden, kann er binnen neun Monaten nach Patentveröffentlichung Einspruch einlegen. Ein Gremium des Patentamtes prüft und entscheidet dann, ob das Patent aufrechterhalten oder teilweise oder ganz widerrufen wird. 6. Patentschutz: Wird das Patent endgültig erteilt, gilt es maximal 20 Jahre lang – aber nur, wenn der Patentnehmer es jedes Jahr verlängert. Dabei steigen die Kosten ab dem dritten Jahr von 70 Euro schrittweise bis auf 1.940 Euro (20. Jahr). 7. Kontinuierliche Überwachung des technologischen Gebietes und der Wettbewerber Infos: Wirtschaftsförderung und Technologietransfer Schleswig-Holstein GmbH (WTSH), Lorentzendamm 24, 24103 Kiel, Tel. 0431 66666 - 830/833/834, www.wtsh.de/ideen-schuetzen-patente-marken-designs Wirtschaftsland 2016 Wirtschaftsland 2016 A N G E KO M M E N I N S H Von der Matrosin zur gefragten Fischerei-Expertin Adalheidur Alfredsdóttir Der Beruf ihrer Eltern ist der Grund, warum es die achtjährige Isländerin Adalheidur Alfredsdóttir nach Deutschland verschlägt. Sie lebt in Adalheidur Alfredsdóttir, Kiel Hameln, Magdeburg und Gummersbach, bis die Familie 2008 nach Kiel zieht und die Tochter am Gymnasium Käthe-Kollwitz-Schule in Kiel ihr letztes Schuljahr absolviert. „Mit Abstand das schönste Jahr meiner Schulzeit,“ schwärmt die Isländerin noch heute. In nur zwei Wochen sei sie komplett in alle Aktivitäten einbezogen worden, habe dort ihre beste Freundin und viele Freunde kennengelernt. Zweite Heimat Schleswig-Holstein Angekommen – Menschen aus aller Welt im echten Norden Schleswig-Holstein ist weltoffen. Menschen aus der ganzen Welt leben und arbeiten hier Seite an Seite. „Wirtschaftsland“ stellt vier Menschen vor, die im echten Norden ihre Heimat gefunden haben. Wirtschaftsland 2016 2009 besteht sie erfolgreich ihr Abitur und kehrt in ihre isländische Heimatstadt Akureyri zurück, um Fisheries Science – Fischereiwissenschaft – zu studieren. „Jeder Isländer hat eine familiäre Verbindung zur Fischerei. Und ich war neugierig auf das Studienfach“, begründet Alfredsdóttir ihre Wahl. Im Studium ist sie eine von wenigen Frauen. Um sich auch später in dem von Männern dominierten Beruf Respekt verschaffen zu können, heuert die tatkräftige Studentin kurzerhand in den Sommermonaten als Matrosin auf dem größten isländischen Trawler an. An Bord ist sie die einzige Frau unter 33 Männern. Eineinhalb Monate am Stück arbeitet die Crew rund um die Uhr in Acht-Stunden-Schichten. Ein echter Knochenjob, der maximal vier bis fünf Stunden Schlaf am Stück erlaubt. “Seekrank? Geht nicht, wenn man sich an Bord behaupten will“, lacht die heute 25-Jährige. Drei Jahre fährt sie neben ihrem Studium immer wieder zur See und fängt Heringe und Makrelen. Im Juni 2014 hat sie ihren Bachelor of Fisheries Science in der Tasche. Anfang Oktober 2014 – sie ist gerade wieder auf hoher See – ruft ihre Mutter per Satellitentelefon an. Die frischgebackene Fischereiwissenschaftlerin habe ein Jobange bot aus Kiel und könne sofort anfangen. Chefs Culinar, einer der bedeutendsten Großhändler für Lebensmittel und Non-Food in Deutschland, bietet ihr eine Position im internationalen Einkauf an. Schon lange habe man nach Fachkräften mit ihren Qualifikationen gesucht. Adalheidur Alfredsdóttir sagt sofort Ja. Am ersten November 2014 startet sie bei Chefs Culinar. „In Kiel habe ich mich immer am wohlsten gefühlt. Ich mag den ehrlichen, ruhigen Charakter der Schleswig-Holsteiner, ihren trockenen Humor und wie sie immer direkt mit der Sprache herausrücken. Ganz wichtig für mich: Ohne die Nähe zum Meer könnte ich nicht leben. Und: Die Winter sind hier deutlich milder als in Island und die Sommer viel wärmer“, erzählt Alfredsdóttir mit leuchtenden Augen. www.chefsculinar.de 33 Vom spanischen Schüler zum Lübecker Azubi Santiago Lopéz In seiner Heimat, der Provinz Murcia in Südspanien, ist fast jeder zweite Jugendliche arbeitslos. Der 19-jährige Santiago Lopéz ergattert glücklicherweise nach seinem RealschulSantiago Lopéz, Lübeck abschluss einen Ausbildungsplatz als Schweißer. Der Haken an der Sache: Die Ausbildung ist rein schulisch ausgerichtet und bietet ihm kaum praktische Erfahrungen. Doch ein Gutes hat das Ganze: Der junge Spanier erfährt dort von Moin España, einem Projekt der Lübecker Handwerkskammer, das arbeitslose spanische Jugendliche und freie Lehrstellen in Lübeck zusammenbringt. Lopéz ergreift seine Chance und wählt „die sichere Schiene“: Nach einem sechswöchigen Deutschkurs geht es für ihn nach Lübeck, wo er bei der Firma Kohlhoff Gebäudetechnik GmbH eine Ausbildung zum Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik beginnt. Bei der Integration unterstützt ihn die Handwerkskammer Lübeck mit fachlichem Nachhilfe- und Deutschunterricht, der Unterbringung in einer Wohngemeinschaft, intensiver persönlicher Betreuung und großem Engagement. „Das hat mir beim Einleben in Lübeck wirklich super geholfen. Auch meine Arbeitskollegen haben sich sehr um mich gekümmert und mich sogar zu sich nach Hause eingeladen“, erzählt der junge Spanier. Aber auch andere in Lübeck lebende Spanier und seine kolumbianische Freundin helfen ihm dabei, in der Hansestadt heimisch zu werden. Heute ist Santiago Lopéz 21 Jahre alt, hat seine Zwischenprüfung erfolgreich absolviert und befindet sich im dritten Lehrjahr. Sein nächstes Ziel ist es, nach der Ausbildung als Fachkraft in dem Lübecker Betrieb weiterzuarbeiten. Was er an Schleswig-Holstein besonders mag? Die Architektur, das Essen und die vielen Grünflächen, die nicht so ausgetrocknet sind wie im spanischen Murcia. www.kohlhoff-luebeck.de Wirtschaftsland 2016 A N G E KO M M E N I N S H Bodo Müller, Geschäftsführer JOB GmbH Vom Flüchtling zum Geschäftsführer Ismet Kovacevic 34 Mit 25 Jahren flüchtet Ismet Kovacevic vor den Schrecken des Krieges in seiner Heimat Bosnien und Herzegowina. Ohne ein Wort Deutsch zu Ismet Kovacevic, Flensburg sprechen, kommt er nach Hamburg. Schnell zieht es ihn ins ruhigere Schleswig-Holstein. Der gelernte Maurer und Fliesenleger findet in Oeversee Arbeit bei dem Bauunternehmen Straßenburg. Nach Kriegsende reist er zurück nach Bosnien und Herzegowina. Doch die Wirtschaft dort liegt am Boden. 2006 kehrt Kovacevic in seine zweite Heimat Schleswig-Holstein zurück. Sein ehemaliger Arbeitgeber empfängt ihn mit offenen Armen. Der Bosnier arbeitet sich zum Polier hoch, macht sich 2012 selbstständig. Nach intensiven Gesprächen mit dem Inhaber Klaus-Dieter Straßenburg übernimmt er 2015 den 27 Jahre alten Traditionsbetrieb. Finanziell unterstützt ihn bei der Unternehmensübernahme der Mikromezzaninfonds der Mittelständischen Beteiligungsgesellschaft Schleswig-Holstein mbH (MBG). Heute beschäftigt Ismet Kovacevic acht Mitarbeiter. „Die Reaktionen unserer Kunden und Mitarbeiter auf mich als neuen Geschäftsführer sind durchweg positiv. Das freut mich sehr“, berichtet er. Was er an Schleswig-Holstein besonders schätzt? Die freundlichen, hilfsbereiten Menschen. Und die Landschaft, die ihn an seine Heimat erinnert. www.strassenburg-bau.de Vom Studenten zum Start-up-Gründer Dr. Mohammad Faizan Geboren in Indien, studiert in Frankreich, promoviert an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU). Mohammad Faizan reist 2010 in Dr. Mohammad Faizan, Kiel die Landeshauptstadt Schleswig-Holsteins, denn hier leben seine Schwester und sein Schwager. Hier schreibt Faizan auch seine Master Thesis in Ernährungswissenschaften und erhält 2014 seinen Doktortitel. Während seines Studiums engagiert er sich als Vorsitzender der Indian Student Group an der CAU. „Dort habe ich hautnah miterlebt, wie schwierig es für ausländische Studierende ist, einen Praktikums- oder Arbeitsplatz Wirtschaftsland 2016 zu finden“, erzählt der junge Inder. Als Ursache habe er kulturelle Unterschiede und unzureichende Informationen ausgemacht. Dieses Problem will Dr. Faizan lösen: Er gründet 2015 ComfNet Solutions in Kiel. ComfNet vernetzt talentierte internationale IT-Studierende in Kiel mit kleinen und mittleren Unternehmen, die IT-Dienstleistungen benötigen. Die Firmen profitieren von dem Know-how der Studierenden. Diese wiederum sammeln praktische Erfahrungen, können ihr Studium finanzieren und steigern ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Darüber hinaus berät Dr. Faizan Unternehmen, die internationale Geschäftsbeziehungen nach Asien knüpfen möchten. Parallel dazu engagiert er sich bei opencampus Kiel, dem Bildungscluster der Region. Als Head of International Affairs bietet er dort u. a. Workshops für Flüchtlinge und potenzielle Start-ups an. Das Beste an Schleswig-Holstein? Das sind für ihn die Strände. www.comfnet.de Erfolgsverstärker im echten Norden Moin España Das Projekt der Handwerkskammer Lübeck arbeitet mit regionalen Unternehmen zusammen, um den drohenden Fachkräftemangel in SH und die Jugendarbeitslosigkeit in Spanien zu bekämpfen. www.internationaleprojekte.de Bildungscluster opencampus Im Mittelpunkt steht die Vernetzung von Kieler Hochschulen mit Unternehmen und Organisationen, um Studierenden die Chance zu eröffnen, ihr Know-how in der beruflichen Praxis einzusetzen. www.opencampus.sh Mikromezzaninfonds Deutschland Der Fonds bietet finanzielle Unterstützung bei der Unternehmensgründung – explizit auch für Menschen mit Migrationshintergrund. Ansprechpartner ist die Mittelständische Beteiligungsgesellschaft Schleswig-Holstein mbH (MBG). www.mbg-sh.de (sk) Nicht nur 152 Wattführer, sondern auch 30 Weltmarktführer. Mehr Infos unter der-echte-norden.info GEMEINSAM FÜR DEN ECHTEN NORDEN KURZINFO Starke Partner für den echten Norden Starke Branchen, starker Mittelstand und vielseitige Karrierechancen – das ist Schleswig-Holstein. Damit genau diese Standortvorteile verstärkt wahrgenommen und kommuniziert werden, hat die Wirtschaftsförderung und Technologietransfer Schleswig-Holstein GmbH (WTSH) das Partnerprogramm „Schleswig-Holstein. Der echte Norden.“ ins Leben gerufen und holt hierzu die Unternehmer des Landes mit ins Boot. Das WTSH-Partnerprogramm Ziel des Partnerprogramms ist es, den schleswig-holsteinischen Mittelstand mit seinen vielfältigen, attraktiven Karrierechancen und Beschäftigungs möglichkeiten im Rahmen der Dach marke „Schleswig-Holstein. Der echte Norden.“ bekannter zu machen – und somit qualifizierte Fachkräfte zu ge winnen und an den Standort zu binden. Selbstbewusst, offensiv und mit gebündelten Kräften wollen die Partner des Partnerprogramms gemeinsam mit der WTSH die Potenziale des Wirtschafts-, Arbeits- und Lebensstandorts nach außen tragen. Die Plattform dafür bietet das WTSH-Partnerprogramm. Es richtet sich an Unternehmen und Institutionen mit Sitz in Schleswig-Holstein, die aktiv in das Standortmarketing eingebunden werden und als Markenbotschafter für den Standort Schleswig-Holstein auftreten. Wirtschaftsland 2016 „Es ist wichtig, dass wir gemeinsam agieren und zeigen, dass der Mittelstand hier ein sehr moderner Mittelstand ist“, meint Premiumpartnerin Britta Blömke, Geschäftsführerin der FLS GmbH. Vorgaben entsprechend zu nutzen und mit dem eigenen Corporate Design zu kombinieren. Die Partner dürfen sich somit in ihrer Außendarstellung offiziell als Markenbotschafter bzw. Repräsentant der Das Programm gliedert sich in drei Kategorien: die Partnerschaft, die institutionelle und die Premium partnerschaft. Je nach Kategorie stehen den Teilnehmern verschiedene Angebote zur Verfügung. Die Partnerschaft Im Rahmen der Partnerschaft und der institutionellen Partnerschaft erhält das Unternehmen oder die Institution das Recht, die Kategorienmarke und den Claim der Dachmarke „Schleswig-Holstein. Der echte Norden.“ den Dachmarke „Schleswig-Holstein. Der echte Norden.“ platzieren. Darüber hinaus erhalten sie eine Präsenz im Standortportal www.standort-sh.de. Im Gegenzug verpflichten sich die Partner, das Landesmarketing zu unterstützen, indem sie zum Beispiel von ihrer eigenen Website auf www. standort-sh.de verlinken. „Unser Ziel ist eine Win-win-Situation für die Partner und das Standortmarketing des Landes. Denn nur wenn wir an einem Strang ziehen, können wir erfolgreich vermitteln, was Schleswig-Holstein als Wirtschafts-, Lebens und Arbeitsstandort zu bieten hat“, so Judith Kunze, Verantwortliche für das WTSH-Partnerprogramm. Die Premiumpartner Sie agieren herausgehoben im Rahmen des Partnerprogramms, indem sie in die Standortmarketingkampagne des Landes eingebunden werden und sich proaktiv für den Standort Schleswig-Holstein engagieren. Zusätzlich zu den zuvor genannten Leistungen können sich Premiumpartner an verschiedenen Aktionen wie zum Beispiel Gemeinschaftsständen auf Jobmessen und Karrieretagen beteiligen. Darüber hinaus haben sie die Möglichkeit einer Präsenz in Print-Publikationen und der Teilnahme an Premiumpartner-Veranstaltungen. Die angebotenen Aktionen werden durch die WTSH stetig weiterentwickelt und eng auf die Wünsche und Bedürfnisse der Partner des Partnerprogramms abgestimmt. „Wir sind Premiumpartner im Partnerprogramm, weil wir den Standort Schleswig-Holstein aktiv fördern und bekannter machen möchten. Allein ist es schwierig, aber mit einer starken Gemeinschaft können wir mehr bewegen“, meint Premiumpartner Gert Bendixen, Geschäftsleitung Queisser Pharma GmbH & Co. KG. Britta Blömke, Geschäftsführerin FLS GmbH, Heikendorf Axel Weidner, Mankenberg GmbH, Lübeck www.fastleansmart.com www.mankenberg.de Informationen rund um das Partnerprogramm unter: www.partner-sh.de www.wtsh.de Wirtschaftsförderung und Technologietransfer Schleswig-Holstein GmbH Gert Bendixen, Geschäftsleitung Queisser Pharma GmbH & Co. KG. Judith Kunze Lorentzendamm 24 24103 Kiel T +49 431 66 66 6-8 22 F +49 431 66 66 6-7 20 [email protected] www.queisser.de Premiumpartner Axel Weidner von der Mankenberg GmbH in Lübeck verbindet mit dem WTSH-Partner programm ein ganz klares Ziel: „Schülern und Studenten zu zeigen, dass sie sehr wohl auch in Schleswig-Holstein die besten Bedingungen für eine erfolgreiche Karriere haben. Das ist es, was mir wichtig ist und was wir gemeinsam mit den anderen Partnern schaffen wollen.“ Das Partnerprogramm soll auch die Standortmarketingkampagne, die sich auf den Wirtschaftsstandort Schleswig-Holstein fokussiert, flankierend unterstützen. So standen zum Beispiel für die ersten Kampagnenmotive, die im Land sichtbar waren, ausschließlich Premiumpartner als Testimonials zur Verfügung. „Ich bin von unserem Wirtschaftsstandort überzeugt und habe mich gern bereit erklärt, die Standortmarketingkampagne zu unterstützen, weil auch wir von einer starken Marke profitieren“, so Katrin Birr, Geschäftsführerin der Gebrüder Friedrich Werft GmbH in Kiel. Ein Land, ein Wort – gemeinsam Stärke zeigen Ein enger Abgleich der geplanten Maßnahmen des Standortmarketings und des Partnerprogramms ist in Zukunft unabdingbar. „Zusammengefasst hat das Partnerprogramm das Ziel, gemeinsam mit der schleswigholsteinischen Wirtschaft die attrak tiven Standortvorteile gezielt zu kommunizieren und bewusst zu machen, denn: Schleswig-Holstein ist ein offener, lebenswerter und erfolgreicher Wirtschafts- und Arbeitsstandort, geprägt durch eine authentische, innovative, bodenständige Unternehmenskultur“, so Judith Kunze. (lei/jk) Wirtschaftsland 2016 37 L I V E O N S TAG E Eutin: Blueshauptstadt Europas Längst hat sich das Internationale Bluesfest Eutin als eines der bedeu tendsten Festivals in der europäischen Bluesszene etabliert. Über 15.000 Besucher genießen regelmäßig im Mai ein mitreißendes Programm mit Künstlern aus Europa und Nordamerika – und das kostenlos auf dem Eutiner Marktplatz, wo das Festival in das kulturelle Treiben der wunderschönen Altstadt eingebunden wird. Zu den Stammgästen gehören die Kieler Georg Schroeter und Marc Breitfelder, die zu den besten Bluesmusikern weltweit zählen. Live-Sessions und Clubkonzerte im Brauhaus am Marktplatz ergänzen das Open-Air-Erlebnis ebenso wie Kunstausstellungen. Vom 13. bis 16. Mai 2016 ist es in Eutin wieder so weit. Rocken „wie die Wikinger“ beim Baltic Open Air in Schleswig. Hier macht die Formation Schandmaul Stimmung unter freiem Himmel. www.bluesfest-eutin.de Voll auf die Ohren Open-Air-Festivals: Geheimtipps aus Rock, Jazz und Blues Sie lassen die Open-Air-Bühnen zwischen Nord- und Ostsee wackeln: 2016 gehen über 30 Festivals unter freiem Himmel über die Bühne. Es muss dabei nicht immer der Mega-Open-Air-Klassiker in Wacken sein. Viele kleinere, aber coole Events am Strand, auf Bauernhöfen oder Marktplätzen haben die Herzen ihres Publikums erobert. Wir sind ganz Ohr und werfen einen Blick auf die Open-Air-Geheimtipps 2016 in Schleswig-Holstein. Wirtschaftsland 2016 Gartenparty XXL: Langeln Open Air Ein Geheimtipp wird langsam erwachsen: „Wer konnte ahnen, dass alles so schnell so groß wird …“, wundern sich die Macher dieses außergewöhnlichen Festivals, das vor einigen Jahren als Schüler-Gartenparty mit Freunden begann. Doch aus Freunden wurden Fans und immer mehr Fans, und nach einigen Jahren reichte das Bierzelt im Garten nicht mehr aus. Heute kommen rund 800 Freunde der gepflegten Rockmusik in die ländliche Gegend nördlich von Norderstedt, wo das Motto immer im Juli lautet: „Bunt! Laut! Rockt! Das Langeln Open Air gibt Euch voll was auf die Ohren!“ 2015 spielten 15 Bands auf zwei Bühnen, wobei so manche Nachwuchsgruppe aus Schleswig-Holstein und Deutschland zu einem Geheimtipp von morgen heranreifen dürfte. Mehr über das Programm 2016 auf der Homepage. www.langelnopenair.de Rocken wie die Wikinger: Baltic Open Air Wenn Superstars wie Uriah Heep oder Saga ebenso unter freiem Himmel auftreten wie Heino als Rocker mit Lederjacke („Junge“), die Deutschrocker Extrabreit oder Metal-Queen Doro Pesch – dann muss es sich um das Baltic Open Air handeln. Direkt an der Schlei rocken junge und etablierte Bands vor über 10.000 Zuschauern „wie die Wikinger“, so verheißt es jedenfalls der Werbeslogan. Im vergangenen Jahr zum fünfjährigen Minijubiläum des Festivals machten 17 Bands auf zwei Bühnen Stimmung. Am 26. und 27. August 2016 soll es wieder so weit sein: Die Bands Airbourne, U.D.O., Barock und andere haben bereits ihren Auftritt angekündigt. Entertainment am Sandstrand: Stars at the Beach Mit jeder Menge Strand-Flair ging das Festival Stars at the Beach in Timmendorf im September 2014 erstmals über die Bühne. Mark Forster („Au revoir“) und Axel Prahls Inselorchester („Blick aufs Mehr“) hießen die Top Acts vor Ostseekulisse in der Beach- Volleyball-Arena mit 4.000 Plätzen. Junge und ältere Fans sollen sich gleichermaßen für die musikalischen Angebote begeistern können, lautete das Konzept der Veranstalter, das voll aufgegangen ist. Drei Tage lang lauschten weit über 5.000 Zuschauer den Künstlern, ein Großteil der Karten war bereits vor Festivalbeginn verkauft. 2016 soll es in Timmendorfer Strand eine Fortsetzung von Stars at the Beach geben. Diese Künstler sind bereits gebucht: Neben Namika, Philipp Dittberner und Johannes Oerding treten die Bands Madsen und Tonbandgerät vom 1. bis 3. September am Sandstrand auf. (wel) www.stars-at-the-beach.de www.baltic-open-air.de Entertainment am Sandstrand: Wirtschaftsland 2016 39 ENGEL NO 1 Bodenbeschaffenheit, Steigungswinkel und klimatische Verhältnisse: Der Gröndalberg bringt beste Voraussetzungen für den Weinanbau mit. Die Winzerin vom Gröndalberg Zwischen den Reben fühlt Melanie Engel sich wohl – setzt bei der Weinlese allerdings viele weitere Helfer ein. Die Unternehmerin Melanie Engel über Patina, Spott und die Lust an der Unabhängigkeit 2011 hat sie den Hof, der seit 1948 von ihrer Familie bewirtschaftet wird, von ihren Eltern übernommen: insgesamt rund 250 Hektar, auf denen vor allem Erdbeeren und Himbeeren angebaut werden und Landwirtschaft betrieben wird. Man verkauft die Früchte an Selbstpflücker und über drei Dutzend mobile Verkaufsstellen. In einem Feldcafé gibt es selbst gebackenen Kuchen und Marmeladen. Ein weiterer Geschäftszweig auf dem Ingenhof ist das Vermieten von Wohnungen. Dort, wo sich früher Schweine gesuhlt haben, sind geschmackvolle Ferien appartements entstanden, die vor allem von Familien bis in den Herbst hinein genutzt werden. „Sanfter Tourismus ist in. Und davon profitieren auch wir“, verrät Melanie Engel. „Nicht weil es schwer ist, wagen wir es nicht, sondern weil wir es nicht wagen, ist es schwer“ steht auf dem Stein neben dem Eingang des Wohnhauses auf dem Ingenhof. Sich nicht an Vorhaben heranzutrauen, weil man glaubt, dass sie zu schwer für einen sein könnten – dieser Gedanke ist wahrscheinlich den meisten vertraut. Melanie Engel ficht das nicht an. Im Gegenteil: Dieser Haltung, die vom römischen Philosophen Seneca beschrieben wurde, bietet die Hausherrin und Betreiberin des Hofes in der Holsteinischen Schweiz erfolgreich die Stirn. Vor sechs Jahren hat sie dann ein für schleswig-holsteinische Verhältnisse aberwitziges Vorhaben gestartet: Sie begann auf dem Südhang des Gröndalbergs in der Nähe von Malkwitz, rund 13.500 Rebstöcke zu pflanzen. Kurz zuvor hatte sie die dafür notwendigen Rebrechte erhalten. Schleswig-Holstein hatte diese Rechte von Rheinland-Pfalz übertragen bekommen – für insgesamt 10 Hektar Weinanbau. Über die Vergabe entschieden wurde nach Bodenbeschaffenheit, Steigungswinkel des Berges und klimatischen Kriterien. Melanie Engel bewirtschaftet mit ihrem Team die mit rund drei Hektar größte zusammenhängende Weinanbaufläche des Landes. Und sie ist die einzige Frau unter den Winzern im nördlichsten Bundesland. „Anfangs habe ich viel Spott geerntet und wurde belächelt.“ „Doch mittlerweile hat sich das geändert“, sagt die 37-Jährige. Anders als andere Winzer im Norden – die den Großteil der Weinernte in den Süden transportieren – verarbeitet Melanie Engel die Trauben vor Ort. Hierfür waren Investitionen in Kellertechnik nötig, Tanks, Abbeermaschine, Weinpresse und Weinnetze mussten angeschafft und zwei neue Mitarbeiter eingestellt werden, die sich mit Kellermeister Jan Carstens um das Thema Wein kümmern. Als Winzerin ist die studierte Agrarwissenschaftlerin eine echte Autodidak tin. „Ich habe mir viel angelesen und mir zudem immer wieder bei Patrick Balz, einem Winzer aus Rheinhessen, Rat geholt“, erklärt sie. Angebaut sind auf den Flächen überwiegend die weiße Solaris-Traube und daneben Wirtschaftsland 2016 41 ENGEL NO 1 S C H L AU E R W O H N E N Ein Wein aus Schleswig-Holstein mit feinem Aroma dunkler Beeren: der 42 „Engel No 1“ Cabernet Cortis die pilzwiderstandsfähige Cabernet Cortis- und die Regent-Traube. Der „Engel No 1“ aus der Solaris-Traube, den wir probieren, ist ein schlanker, fruchtiger Wein mit Noten von Pfirsich, Quitte, Stachelbeere und Holunder. Selbstverständlich geht es in Süddeutschland um andere Dimensionen und höhere Qualitäten. Doch wer einmal auf dem Gröndalberg steht, muss feststellen: Wein und Schleswig-Holstein ist zwar eine außergewöhnliche, aber eine funktionierende Kombination. „Geht wieder!“, möchte man hinzufügen, denn schließlich wurde im hohen Norden bis ins Mittelalter hinein Wein angebaut. Danach kam eine kleine Eiszeit – und mehrere 100 Jahre lang war kein Weinbau mehr möglich. Etwa 8.000 Liter weißer und 4.000 Liter roter Wein vom Ingenhof wurden 2014 abgefüllt, darüber hinaus noch Erdbeer-Secco in Flaschen und stylishen Dosen. „Ein neues Produkt, das bei den Kunden prima ankommt“, erklärt Melanie Engel. Verkauft werden die Weine in einem Hofladen und online. Zu den Abnehmern gehören Hotels in Schleswig-Holstein ebenso wie die Staatskanzlei. Wirtschaftsland 2016 In ihrem Büro, das in ihrem Elternhaus untergebracht ist, sitzen wir an einem alten Tisch mit schöner Patina. Melanie Engel streicht über die Oberfläche des Tisches und sagt: „Ich möchte Dinge erhalten, die eine Geschichte erzählen können.“ Historische Möbel zu restaurieren und wieder herzurichten ist dementsprechend eine ihrer Lieblingsbeschäftigungen – obwohl sie dazu oft wenig Zeit hat. Ein Grund dafür klopft wenig später an die Tür: ihr sechsjähriger Sohn Jorge. Seine sieben Jahre alte Schwester Jonna ist noch in der Schule. Melanie Engel ist alleinerziehende Mutter. Wie sie das bei ihren vielfältigen Tätigkeiten als Landwirtin, Wohnungsvermieterin und Winzerin schafft? „Es ist viel Arbeit. Aber es geht schon“, sagt sie und lacht. „Wenn ich meinen Kopf frei bekommen und entspannen will, gehe ich gerne in die Natur. Außerdem unterstützen mich meine Eltern und auch die Mitarbeiter sehr.“ Als Unternehmerin hat sie einen ausgeprägt integrativen Führungsstil. „Ich schätze jeden meiner Mitarbeiter und will ihn bei meinen Vorhaben mitnehmen.“ Hat sie Vorbilder? „Meine Mutter!“, sagt sie und ergänzt: „Mir imponieren Menschen, die ihrer Zeit voraus sind. Und Frauen, die ihren Weg gehen und sich nicht abhängig machen.“ Dass Melanie Engel ihren Weg und vor allem keinem Wagnis aus dem Weg geht, daran kann kein Zweifel sein. (mif) Eine Box voller Möglichkeiten Die Lübecker Symcon GmbH macht das Smart Home erschwinglich und leicht bedienbar – und sieht für das neue Produkt SymBox noch viele mögliche Anwendungsbereiche. Ute hat es morgens im Bad gerne warm. Wenn sie von leiser Musik und den sich öffnenden Rollläden geweckt wurde und unter die Dusche geht, ist die Heizung bereits „wach“ und hat dafür gesorgt, dass Ute nicht frösteln muss. Geht sie aus dem Haus, wird die Temperatur in allen Räumen energiesparend abgesenkt; auf wie viel Grad genau, kann sich Ute auf dem Smartphone oder anderen Endgeräten anzeigen lassen. Sie kann von unterwegs die Beleuchtung regeln, die Waschmaschine starten, den Paketboten vor ihrer Haustür sehen und vieles mehr, was mittels Haussteuerung und Gebäudeautomation schon seit geraumer Zeit möglich ist. Das Besondere bei Ute ist: Ihr Smart Home Wirtschaftsland 2016 S C H L AU E R W O H N E N S C H L AU E R W O H N E N Die Grafik macht deutlich, wie sich mit der SymBox die gesamte Hausautomation mit vielen unterschiedlichen Systemen bedienen und beobachten lässt – von zu Hause oder unterwegs. SymBox 2 Mit der im Spätsommer 2015 nach rund zweijähriger Entwicklungsarbeit veröffentlichten, betont übersichtlich gestalteten Bedienoberfläche stoßen Steiner und Maroszek nun in neue Käuferschichten vor – Stichwort Ute, die den Elektriker ihres Vertrauens einmalig mit der Installation der SymBox beauftragt. „Die Elektrofachbetriebe sind für uns Integratoren. Davon gibt es deutschlandweit jetzt schon mehr als 100, Tendenz ständig steigend“, so die Unternehmer. Bei den Elektrobetrieben sichert und schafft die innovative Technik aus Lübeck Arbeitsplätze. Aber auch im Symcon-Büro in den Media Docks direkt an der Trave mussten die Chefs schon zusammenrücken, um für derzeit drei feste Mitarbeiter Platz zu machen. Der 52-jährige Steiner ist von Haus aus Nachrichtentechniker und seit mehr als 25 Jahren selbstständig, sein 30-jähriger Kollege hat Wirtschaftsinformatik an der Lübecker Universität studiert und bereits als Schüler und Student bei Steiner gejobbt. Beide Männer kommen aus dem gleichen kleinen Ort in Ostholstein, in dem auch die „Alte Schule“ steht – Steiners Zuhause und zugleich Symcon-Demo-Objekt im Internet (webfront.info). Michael Steiner (li.) und Michael Maroszek vor ihrem Büro in den Lübecker Media Docks. Das ehemalige Lagerhaus ist Unternehmenspark, Gründerzentrum und Veranstaltungsort. „Das System lässt sich kontinuierlich an individuelle Bedürfnisse und Gebäude anpassen.“ „Aufgrund der Integration von PHP als Skriptsprache ist nahezu alles realisierbar, vom einfachen Schalten bis hin zu komplexen Aufgaben in der Gebäudeautomation“, erklärt Michael Maroszek. Was Ute gar nicht wissen will, ist für Wirtschaftsland 2016 2 2 2 2 2 2 Ute könnte auch Sandra oder Bernd heißen. „Der Name ist uns irgendwann untergekommen, während wir die benutzerfreundliche Bedienoberfläche für die SymBox entwickelt haben. Daraus wurde Ute, die Lieblingskundin“, erklären Michael Steiner (52) und Michael Maroszek (30) schmunzelnd. Doch nicht nur die erdachte Eigenheimbesitzerin von nebenan, auch die reale und inzwischen internatio- nale Kundschaft weiß das Produkt der Symcon GmbH aus Lübeck zu schätzen. Ihre Software, die derzeit als einzige auf dem Markt alle gängigen Hausautomationssysteme unterstützt und unter einer Bedienoberfläche zusammenfasst, vertreiben die Schleswig-Holsteiner seit 2005. Der Kundenkreis erstrecke sich inzwischen von Island bis Dubai, so die beiden Geschäftsführer. Zu 90 Prozent erfolgt der Vertrieb über das Internet. Die Kunden, die sich die Software direkt vom Symcon-Server installieren, sind überwiegend technisch interessierte Immobilieneigentümer, aber auch gewerbliche Kunden, darunter Wohnungsunternehmen oder auch die Spielbank Schleswig-Holstein, die in ihren Häusern in Lübeck und Schenefeld von der Klimasteuerung über Licht bis zu Video-/Audio-Programmen alles über das Symcon-Produkt regelt. 2 44 hat sie für vergleichsweise kleines Geld bekommen, und es braucht nicht mehr als eine einzige kleine Box, die sich mit allen elektronischen Systemen im Haus „versteht“ – und das, obwohl diese von vielen unterschiedlichen Herstellern kommen. Und noch ein Punkt, der für Ute besonders wichtig ist: Auch als technischer Laie kommt sie mit dem System bestens zurecht. Smart-Home-Enthusiasten gerade das Salz in der Suppe: Innerhalb der Symcon-Community tauschen sich rund 8.500 registrierte Benutzer in derzeit etwa 250.000 Forumsbeiträgen aus und stellen Skripte ein, die frei kopiert werden dürfen. Das schafft nicht nur Produktbindung, es lässt Symcon auch bei Suchmaschinenabfragen nach oben klettern. „Geben Sie Smartwatch und Hausautomation ein oder HomeMatic und Katzenklappe, dann erscheinen wir auf der ersten Seite meist an erster oder zweiter Stelle“, stellt Steiner zufrieden fest. Präsent sind Internetnutzer in den Symcon-Räumen in Lübeck auch noch auf andere Art: Eine Ecke des Büros füllt eine Spielzeuglandschaft, in der es diverse, über webfront. info ansteuerbare mechanische Elemente gibt wie Hebebühne, Hubschrauber, LED-Laufschrift. Auch diese Szenerie dient als Demo, um Neugierigen einen spielerischen Eindruck davon zu bieten, wie sie mit Symcon schalten und walten können. „Ob sie hier bei uns den Heli starten oder in ihrem Ferienhaus die Rollläden öffnen, bleibt von der Bedienung her gleich“, sagt Michael Steiner, während der Spielzeughubschrauber tatsächlich gerade abhebt, gesteuert von einem unbekannten User irgendwo auf der Welt. Die SymBox funktioniert übrigens ohne permanente Internetverbindung, ein nicht unbedeutender Fakt für Kunden, die in Sachen Privatsphäre und Datenschutz auf Nummer sicher gehen wollen. Dass ihr System großes Potenzial nicht nur in den Bereichen häuslicher Komfort und Sicherheit hat, davon sind die Symcon-Macher fest überzeugt. Ein Stichwort – und Gegenstand eines Kooperationsprojekts mit der Universität Lübeck – heißt Energieflusssteuerung: „Wie stellen wir es an, dass beispielsweise der Solarstrom vom Dach bevorzugt im eigenen Haushalt eingespeist wird und zwar genau da, wo er gebraucht wird?“ Ein Riesenthema sei außerdem „Ambient Assisted Living“, abgekürzt AAL und übersetzt mit „altersgerechte Assistenzsysteme für ein selbstbestimmtes Leben“. „Es geht darum, mit technologischer Unterstützung unter anderem Anomalien zu erkennen, ob zum Beispiel jemand entgegen seiner Gewohnheit bis mittags im Bett liegen bleibt. Das System kann dann etwa eine Benachrichtigung an einen vorher festgelegten Empfänger schicken.“ Gerade in diesem zukunftsrelevanten Anwendungsgebiet seien viele Module denkbar. Möglich also, dass Ute demnächst altert. (sas) Wirtschaftsland 2016 45 D E R E C H T E N O R D E N KO M M T A N Authentizitäts-Originalitäts-Matrix 1 Authentizität unique BW (Baden-Württemberg) Wir können alles. Außer Hochdeutsch. catcher 2 BW HB (Hansestadt Bremen) Bremen erleben. 4 SH MV (Mecklenburg-Vorpommern) MV tut gut! SL HE ST SL (Saarland) Saarland. Großes entsteht immer im Kleinen. 6 MV Prof. Dr. Stefan Hoffmann (li.) und Yannik HB Tönnemann (re.) forschen am Institut für 8 keeper 1 Ein Landesslogan auf dem Weg zum Erfolg Seit 2013 segelt Schleswig-Holstein unter einer einheitlichen Dachmarke mit dem mittlerweile bundesweit bekannten Claim: „Schleswig-Holstein. Der echte Norden.“ Inzwischen treten alle Behörden und Einrichtungen des Landes im Gewand des echten Nordens auf. Auch mit Gemeinschaftsständen auf in- und ausländischen Messen ist Schleswig-Holstein mittlerweile einheitlich erkennbar. Im Rahmen einer Kampagne soll nun auch die Außenwirkung weiter gestärkt werden. Schleswig-Holstein ist auf einem guten Weg mit seiner Dachmarke, auch wenn diese zu Beginn kontrovers diskutiert wurde. 2014 bewies eine Emnid-Umfrage des Landes Mecklenburg-Vorpommern, dass Schleswig-Holsteins Slogan bereits 30 Prozent der Bundesbürger bekannt war. Und damit auf Platz zwei der Bekanntheit rangierte. Damals Wirtschaftsland 2016 schoben viele dieses gute Ergebnis vor allem auf die kontroversen Diskussionen in überregionalen Tageszeitungen. Ende 2015 hat die Arbeit des Kieler Masterstudenten Yannik Tönnemann bewiesen, dass „Schleswig-Holstein. Der echte Norden“ nicht nur bekannt, sondern auch beliebt ist. „Der Slogan wird von Schleswig-Holsteinern und von Personen aus anderen Bundesländern als authentisch wahrgenommen“, fasst Tönnemann die Ergebnisse seiner Studie zusammen. Darin befragte er deutschlandweit knapp 227 Experten aus Wirtschaft, Tourismus und Regierung dazu, wie authentisch und originell die Slogans von acht ausgewählten Bundesländern sind. ST (Sachsen-Anhalt) Sachsen-Anhalt. Wir stehen früher auf. 7 Betriebswirtschaftslehre der CAU zu Kiel Seine Arbeit zeigt, dass Schleswig-Holsteins Claim sein Ziel erreicht, denn neben Bodenständigkeit und Klarheit ist Authentizität der definierte Wert der Marke. Doch nicht nur hier ist „echt“ der zentrale Bestandteil, er ist auch zentraler Wert des Landes. Dass hier der richtige Begriff gewählt worden ist, zeigt vor allem die Befragung der Schleswig-Holsteiner. Sie bewerten den Slogan sehr positiv. 87 Prozent der Probanden aus Schleswig-Holstein sortieren den Slogan unter die Top 3 bei Gesamteindruck. Aber auch in anderen Bundesländern wird Schleswig-Holsteins Markenauftritt positiv bewertet. Hier sticht besonders die Zustimmung der Nachbar-Bundesländer hervor. Dieses Ergebnis überrascht, da besonders diese Länder bei der Einführung des Claims Kritik äußerten. Die Süddeutschen bewerteten allerdings anders. 2 replaceable 3 4 5 Nur bei den Experten aus Bayern kam der „echte Norden“ gut an. Bei allen anderen südlichen Bundesländern hat die Mehrheit den Slogan nicht unter die Top 3 gewählt. Viele Probanden aus Thüringen, Saarland und Hessen empfinden sogar, dass der Slogan nur eine geringe Aussagekraft hat. „Ich führe das darauf zurück, dass der Claim noch nicht ausreichend emotional aufgeladen ist“, erklärt der 26-jährige Tönnemann. „Unter dem echten Norden können sich die Süddeutschen einfach nichts vorstellen.“ Auch Prof. Dr. Stefan Hoffmann unterstützt seinen Studenten bei dieser These: „Der Slogan muss nun mit Leben gefüllt werden. Die große Bekanntheit und die gute Bewertung in der Heimat sind eine hervorragende Basis dafür.“ Insgesamt wird nur der Claim eines Bundeslands authentischer bewertet als „Der echte Norden“ und zwar Baden-Württembergs „Wir können alles. Außer Hochdeutsch“. Dieser erreicht 47 RP (Rheinland-Pfalz) Wir machen‘s einfach. RP 5 Originalität 3 HE (Hessen) An Hessen führt kein Weg vorbei. 6 7 SH (Schleswig-Holstein) Schleswig-Holstein. Der echte Norden. 8 auch für seine Originalität die höchste Bewertung. Schleswig-Holstein erzielt hier den dritten Platz. Wobei nur geringe Unterschiede zu „Saarland. Großes entsteht immer im Kleinen“, „Sachsen-Anhalt. Wir stehen früher auf.“ und „An Hessen führt kein Weg vorbei.“ bestehen. Die Ergebnisse seiner Studie fasst der BWL-Student in einer Authentizitäts-Originalitäts-Matrix zusammen. Alle Slogans sind so entwickelt worden, dass sowohl Einheimische (Interne) als auch potenzielle Touristen/Besucher und Neubürger (Externe) angesprochen werden. Wäre ein Slogan besonders, aber nicht authentisch, würde er sich im Feld „catcher“ befinden. Hier sind die Personen aus anderen Bundesländern die Zielgruppe. Wäre ein Slogan hingegen auf sein Bundesland zugeschnitten, aber unauffällig, wäre er im Bereich „keeper“ zu verorten. Deren Zielgruppe sind Personen innerhalb des Bundeslandes. Allerdings befindet sich die Hälfte der Slogans im rechten unteren Feld „replacable“. Sie sind damit als austauschbar und unauffällig bewertet worden und sollten über- Die Experten sind sich einig: Schleswig- Holsteins Claim punktet mit Authentizität. dacht werden. Das Idealfeld „unique“ ist ebenfalls von der Hälfte der Slogans erreicht worden. Mit Abstand die beste Bewertung erhält Baden-Württemberg. Aber auch „Schleswig-Holstein. Der echte Norden“ liegt im Idealfeld. Diese Bewertung bietet eine gute Ausgangslage, um mit der aktuellen Imagekampagne die Marke aufzuladen. (ki) Wirtschaftsland 2016 SPORTLICHE TECHNOLOGIE SPORTLICHE TECHNOLOGIE Widerstandsfähig, präzise und wartungsarm – Kristronics erfüllt strengste Standards. Enorme Anforderungen 48 Intelligente Life-Science-Lösungen Schleswig-Holstein hat sich gemeinsam mit Hamburg zu einem starken Standort im Bereich der Biotechnologie und der Medizintechnik entwickelt. Zahlreiche Unternehmen und Forschungseinrichtungen arbeiten hier breit gefächert an innovativen Produkten. Im Segment der besonders zukunftsträchtigen mobilen und vernetzten Anwendungen engagiert sich sehr erfolgreich Kristronics aus Harrislee bei Flensburg. Die Nachfrage nach mobiler und drahtloser Sensorik, die verschiedene biometrische Werte erfasst, wächst stetig. Beispiele für solche Geräte sind längst ein gewohnter Anblick geworden: Viele Hobbysportler etwa nutzen bereits tragbare Herzfrequenzmesser. Die technischen Anforderungen an solche Produkte des Massen- marktes sind jedoch vergleichsweise niedrig. Mit seinem Geschäftsbereich Medical und Life Science widmet sich Kristronics dagegen den anspruchsvollsten Aufgaben auf diesem Gebiet: Sie liefern Lösungen für medizinische und Profisport-Anwendungen. Mit den Sensoren von der Förde kann nahezu die gesamte Bandbreite menschlicher Vitaldaten überwacht werden. Hierzu gehören die Herzund Atemfrequenz, die elektrische Spannung der Herzmuskelfasern zur Anfertigung eines Elektrokardiogramms oder auch die Atemgeräusche als ein Indikator für die Stabilität der Lungenfunktion. Dabei konzentriert sich Kristronics auf die mobile Sensortechnik. Das macht die Patienten unabhängiger und beweglicher. Die Daten werden zur Auswertung drahtlos übertragen – an ein Labor oder eine Arztpraxis. Mit dieser Vernetzung steigen die Anforderungen an die Geräte immens. Damit beispielsweise ein Arzt die Daten über den Zustand eines Patienten auch aus der Ferne zweifelsfrei und zuverlässig beurteilen kann, müssen diese Werte vollkommen fehlerfrei gemessen, übertragen und ausgewertet sein. Aus diesem Grund haben die Produkte strengste gesetzliche Normen und Standards zu erfüllen. Um eine fortlaufende Überwachung zu gewährleisten, müssen die Sensoren zudem robust, möglichst wartungsarm, resistent gegen äußere Einflüsse und rund um die Uhr bequem zu tragen sein. Mit seiner 35-jährigen Erfahrung hat sich Kristronics ein umfassendes Know-how auf dem Gebiet der Sensortechnik erarbeitet. Deshalb kann das Unternehmen seine Kunden je nach Anforderung in allen Phasen der Entwicklung neuer Geräte unterstützen. Ob als Einzelsensor oder als komplettes System – Hochleistungssensoren inklusive Einbau in die vorgesehenen Träger und Gehäuse sowie Verarbeitungs- und Übertragungssoftware samt den bei diesen persönlichen Daten notwendigen Verschlüsselungsprotokollen, hier gibt es alles aus einer Hand! Entwickelt werden die Lösungen am Standort Harrislee, individuell abgestimmt auf die einzelnen Kundenanforderungen. Neben der Messpräzision, der Widerstandsfähigkeit und der Anwenderfreundlichkeit liegt der Fokus darauf, immer mehr Funktionen auf kleineren Sensoren unterzubringen. Die Elektronik dazu wird, ebenfalls in Harrislee, aus weitgehend standardisierten Bauteilen zusammengefügt, die sowohl einzeln, als auch im Verbund mehrfach umfangreich getestet werden, um so die geforderte Genauigkeit garantieren zu können. Kristronics fertigt verlässige Embedded Mobile Systems: hohe Funktionalität auf kleinstem Raum Wirtschaftsland 2016 Elektronik nach neuesten technologischen Standards. Wirtschaftsland 2016 49 SPORTLICHE TECHNOLOGIE SPORTLICHE TECHNOLOGIE Hauptsitz von Kristronics in 50 Harrislee bei Flensburg Effiziente Lösungen zur vernetzten Gesundheit Kristronics entwickelt und fertigt verlässliche Anwendungen mit hohem Qualitätsstandard für immer neuere und empfindlichere elektronische Einsätze wie z. B. Diagnostik und Therapie. Es wird damit ein Weg geschaffen, Teile der Bevölkerung, gerade auch im Hinblick auf unsere zunehmend alternde Gesellschaft, etwa in ländlich geprägten Regionen wie Schleswig-Holstein, effizient, sicher und kostenbewusst zu versorgen. Life Science für anspruchsvolle Was kranken Menschen im Notfall das Leben retten kann, nutzen auch gerne die Profi-Sportler. Für sie steckt in den so präzise gemessenen Vitalwerten vielleicht das Quäntchen Potenzial, das bisher ungenutzt blieb und ihnen nun womöglich zu neuen Höchstleistungen verhilft. So komplex die Anforderungen an diese mobilen, vernetzten Produkte auch sind, so aufwendig ist es, sie zur Marktreife zu bringen. Kristronics arbeitet darum regelmäßig eng mit renommierten Forschungseinrichtungen und industriellen Partnern zusammen, um Forschungsergebnisse gemeinsam zu nutzen und daraus in Kooperation eine Lösung zu schaffen. Seit November 2013 engagiert sich Kristronics zum Beispiel im Projekt „WELCOME“. Das EU-Projekt hat sich zum Ziel gesetzt, die Versorgung und Früherkennung bei Patienten mit chronischen Lungenerkrankungen (COPD) zu verbessern. In enger Zusammenarbeit mit dem Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) und weiteren Mitgliedern des Welcome-Konsortiums realisiert Kristronics die dazugehörige Elektronik. Die verschiedenen Parameter der Lungenfunktion bis hin zur permanenten Aufzeichnung der Atemgeräusche betroffener Patienten werden fortlaufend gemessen. Die Daten werden dann verschlüsselt an eine Cloud (Online-Speichermedium) übertragen Diagnostik und Therapie Profisportler setzen auf innovative mobile Messgeräte. Wirtschaftsland 2016 und stehen dort den medizinischen Betreuern und Ärzten übersichtlich aufbereitet zur Analyse zur Verfügung. Mittlerweile ist die Arbeit an diesem Projekt schon weit fortgeschritten. Zu dem Zeitpunkt, da das entwickelte Gerät dann an Patienten ausgegeben wird, suchen die Entwickler von Kristronics längst nach neuen Möglichkeiten, die eingesetzte Elektronik noch kleiner und universeller zu machen. (bes) 51 Sensor zur Erfassung von biometrischen Daten Innovatives Projekt zur Früherkennung und Versorgung von chronischen Lungener krankungen (COPD) IMPRESSUM 52 Veröffentlicht durch: WTSH – Wirtschaftsförderung und Technologietransfer Schleswig-Holstein GmbH Lorentzendamm 24, 24103 Kiel T. +49 431 66 66 6-0, F. +49 431 66 66 67 67 E-Mail: [email protected] www.wtsh.de V. i. S. d. P. Dr. Bernd Bösche Geschäftsführer der WTSH Amtsgericht Kiel, Handelsregister HRB 3358 Umsatzsteueridentifikationsnummer: DE134868530 Chefredaktion: Ute Leinigen, Leiterin Standortmarketing / Öffentlichkeitsarbeit T. +49 431 66 66 6-820, F. +49 431 66 66 6-769 Autoren: Sven Bohde (sb), Michael Fischer (mif), Harald Hase (hh), Kathrin Ivens (ki), Susanne Kratzenberg (sk), Judith Kunze (jk), Ute Leinigen (lei), Bjørn Erik Sass (bes), Sabine Spatzek (sas), Joachim Welding (wel) Gesamtkonzeption: New Communication GmbH & Co. KG Werbe- und Marketingagentur Projektmanagement: Kathrin Ivens, New Communication Gestaltung: Marcus Braasch, New Communication Frauke Heinsohn, New Communication Lektorat: Michael Fischer, Fischertext Susanne Kratzenberg, New Communication Produktion: ppa.bumann GmbH & Co. KG Print- & Produktionsagentur Friedrich-Voß-Straße 1a, 24768 Rendsburg Wirtschaftsland 2016 Katrin Birr, Geschäftsführerin Gebr. Friedrich Kiel Bildnachweise: Titel: Katharina Löwe; Seite 2 und 3: WTSH; Seite 4: H. - Joachim Harbeck, Westhof, Katharina Löwe; Seite 5: H. Nickel; Seite 7–9: New Communication; Seite 10–13: SLM Solution Group AG, Seite 14–16: Westhof, Seite 18: Vion, Seite 19: Gezeitenraum, Patietus.de, Lokalportal; Seite 20: Hansemuseum; Seite 22: grafikfoto.de, Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie, Seite 24–26: H. - Joachim Harbeck, egeb; Seite 28–30: Hako, IBAK, Seite 31: Deutsches Patentamt; Seite 32: panthermedia.net; Seite 33 und 34: Katharina Löwe; Seite 36: New Communication, Seite 37: WTSH; Seite 38 und 39: Baltic Open Air, H.Nickel, Frank Schwichtenberg, Stars at the Beach; Seite 40–42: Holger Stöhrmann; panthermedia. net; Seite 42–45: Symcon, Sabine Spatzek; Seite 46 und 47: Christoph Edelhoff; Seite 48–51: Chrsitoph Edelhoff und Kirstronics Layout und Gestaltung sind urheberrechtlich geschützt. Gleiches gilt für die einzelnen redaktionellen Beiträge und ihre Zusammenstellung sowie für Fotos und Grafiken. Möchten Sie Inhalte und Fotos übernehmen, wenden Sie sich bitte an die Chefredaktion unter [email protected]. Diese Druckschrift wird im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der WTSH herausgegeben. Sie darf weder von Parteien noch von Personen, die Wahlwerbung oder Wahlhilfe betreiben, im Wahlkampf zum Zwecke der Wahlwerbung verwendet werden. Auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl darf die Druckschrift nicht in einer Weise verwendet werden, die als Parteinahme der Landesregierung zu Gunsten einzelner Gruppen verstanden werden könnte. Den Parteien ist es gestattet, die Druckschrift zur Unterrichtung ihrer eigenen Mitglieder zu verwenden. Chief Executive Officer. Oder wie wir sagen: Chefin. Mehr Infos unter der-echte-norden.info WTSH Wirtschaftsförderung und Technologietransfer Schleswig-Holstein GmbH Lorentzendamm 24 24103 Kiel T +49 431 66 66 6-0 [email protected] www.wtsh.de Wirtschaftsförderung und Technologietransfer Schleswig-Holstein GmbH www.wtsh.de
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