GERHART FRANKL RASTLOS 1 GERHART FRANKL RASTLOS GERHART FRANKL RASTLOS Herausgegeben von Agnes Husslein-Arco und Kerstin Jesse Agnes Husslein-Arco Matthias Boeckl 7 Gerhart Frankls Rückkehr 11 Ein denkender Künstler. Gerhart Frankls Position im Spektrum der Moderne Kerstin Jesse 25 Landschaftsmaler und Alpinist Gerhart Frankl. Sehnsucht Hochgebirge – „Vom Fluidum der Dinge“ Kerstin Jesse 45 Ein Intermezzo in Wien 1947 bis 1949. Frankl und das Belvedere Brigitte Borchhardt-Birbaumer 61 Der Kunsthistoriker Gerhart Frankl oder die „Quadratur des Zirkels“ Gerhart Frankl 73 Über das „Lesen“ von Bildern Anna Maria Haider 77 Gerhart Frankl – Die Porträts Katinka Gratzer-Baumgärtner 89 „Kunstarbeiter“ und „Bildtechniker“. Gerhart Frankls Maltechnik im Licht optischer Analyse und archivischer Überlieferung 100 TAFELTEIL Stefan Lehner 151 166 174 176 „Mein Weg ist mein Weg, blutig erkämpft und Schritt für Schritt teuer bezahlt; dafür hält er aber, und gehört mir.“ Gerhart Frankl an Christine Büringer, 1924 Biografie Gerhart Frankl im Belvedere Autorinnen und Autoren Impressum, Bildnachweis Gerhart Frankls Rückkehr Agnes Husslein-Arco Die 13. Ausstellung der Reihe Meisterwerke im Fokus ist dem Wiener Künstler Gerhart Frankl (1901–1965; Abb. 1) gewidmet, einer ebenso außergewöhnlichen wie eigenwilligen Persönlichkeit. Hans Tietze beschrieb Frankl als „Nervenbündel in einem Muskelklumpen, eine nervöse Überreizbarkeit in einem mächtigen Körperbau, der übermäßiger Anstrengungen und Leistungen zu seiner vollen Entspannung bedarf“, als „Urkraft, die sich rationell verwerten möchte“.1 Die Malerei war dabei Frankls wichtigstes Ventil. „[…] mir sind die Bilder Ihres Mannes, die ich habe, zu sehr ans Herz gewachsen, ich gebe keinen Frankl her.“ Peter Parzer an Christine Frankl, 1979 Gerhart Frankl war leidenschaftlich und rastlos, Individualist und Einzelkämpfer. Nach einem kurzen abgebrochenen Chemiestudium und wenigen Monaten bei Anton Kolig in Nötsch entschied er sich, die Malerei im Selbststudium zu erlernen. Zahlreiche Reisen nach Frankreich, Deutschland, in die Niederlande, nach Spanien, Italien und in die Schweiz sowie das Studium Alter Meister und romanischer Skulptur waren prägend. Frankls größtes Vorbild aber blieb zeitlebens Paul Cézanne. Entschlossenheit und Ernsthaftigkeit sowie sein Drang, etwas Bleibendes zu schaffen – auch entgegen den Tendenzen des gängigen Kunstmarkts –, brachten Frankl frühe Erfolge. So wie die Karrieren von vielen Künstlern seiner Generation wurde auch Frankls künstlerischer Werdegang durch die weltpolitischen Veränderungen geprägt. 1938 musste er als assimilierter Jude mit seiner Frau Christine ins Londoner Exil fliehen. Trotz vieler Hürden und Entbehrungen sowie des missglückten Versuchs einer dauerhaften Rückkehr nach Wien arbeitete der „Vollblutmaler“ dank der selbstlosen Unterstützung seiner Frau kontinuierlich an seinem Œuvre.2 Erfolge lösten jedoch eher Krisen aus, und die rastlose Suche nach dem „optimalen“ künstlerischen Ausdruck beherrschte ihn.3 Der Nachwelt hinterließ Frankl ein abwechslungsreiches und spannendes Werk, mit stilistischen und thematischen Sprüngen durchsetzt, im Wesentlichen zwischen Expression und Abstraktion changierend. Ernst Gombrich und Kenneth Clark zählten zu Frankls Bewunderern. Mit dem Belvedere war Gerhart Frankl in vielerlei Hinsicht eng verbunden. Fritz Novotny (Abb. 2), Direktor des Belvedere, zählte zu seinen langjährigen und engsten Freunden.4 1928 wurde mit Stillleben mit Tonpfeife das erste Werk Frankls für die Sammlung des Belvedere erworben, weitere Ankäufe zu Lebzeiten des Künstlers folgten. Während seiner versuchten Rückkehr nach Wien ab 1947 wohnte der Künstler im Unteren Belvedere und war in der Restaurierwerkstatt des Museums tätig. 6 7 Abb. 1 Gerhart Frankl bei der Arbeit am Porträt von Doris Huntley an der Royal Academy im Atelier von Henry Rushbury (Maler und Radierer, von 1949 bis 1964 Leiter der Royal Academy), 1950 Privatarchiv „Next to my wife and daughter, the person I care most for is Frankl.“ Julian Sofaer an Artur Rosenauer, 1993 Nach der ersten musealen Retrospektive des Künstlers 1962 und einer umfangreichen monografischen Ausstellung 1999 widmet sich das Belvedere zum dritten Mal dem ausdrucksstarken Œuvre dieses österreichischen Künstlers. Anlass ist das großzügige Legat Peter Parzers, das 2012 dem Museum übergeben wurde und das eine unschätzbare Bereicherung für die Sammlung bedeutet. Darunter finden sich an die einhundert zum Teil sehr bedeutende Arbeiten Frankls. Aufmerksam auf Frankls Schaffen wurde Parzer schon bei regelmäßigen Besuchen im Belvedere während seiner Studienzeit.5 Bereits als 26-Jähriger ersteigerte er im Dorotheum Stillleben mit Äpfeln und Pfeife (1928); „Liebe auf den ersten Blick“, wie er es im Nachhinein beschrieb.6 Parzer, der den Künstler nie persönlich kennengelernt hatte, jedoch ab 1973 in intensivem Kontakt mit der Witwe stand, entwickelte sich zu einem wahren „Frankl-Enthusiasten“ und gestaltete in seiner Wiener Privatwohnung sogar zwei „Frankl-Zimmer“ (Abb. 3, 4).7 Die Ausrichtung einer Frankl-Ausstellung war ihm ein besonderes Anliegen, dem das Belvedere nun nachkommt. Da die Sammlung heuer ein weiteres kostbares Konvolut von Arbeiten Frankls erhalten hat, könnte der Zeitpunkt, diesen Künstler in den Fokus zu rücken, kaum ein besserer sein. Noch zu Lebzeiten hatte Christine Frankl in London den Gerhart Frankl Memorial Trust gegründet, dessen Agenden sich Julian Sofaer, ein enger Freund und Förderer Frankls, mit großem Einsatz widmete. Sofaer organisierte und unterstützte Ausstellungen und kümmerte sich aufopferungsvoll um die Erfassung des Œuvres sowie um die Präsenz von Werken in öffentlichen Institutionen und Museen. Ihm danke ich an dieser Stelle für seine selbstlose Unterstützung des Ausstellungsprojekts. Im Oktober dieses Jahres wurde der Trust gemäß dem Wunsch und dem Testament von Christine Frankl aufgelöst, was sämtliche Gemälde an unser Haus Abb. 2 Christine Frankl und Fritz Novotny in der Londoner Rye Art Gallery in der Ausstellung Gerhart Frankl, 1970 Bildarchiv des Belvedere, Wien – Legat Peter Parzer, Wien führte. So besitzt das Belvedere nun den größten musealen Bestand von Leinwänden des Künstlers, wofür wir sehr dankbar sind. Gerhart Frankl, dem es nach dem Krieg nicht vergönnt war, seinen Lebensmittelpunkt wieder in seine Wiener Heimat zu verlegen, kehrt nun also mit seinem Œuvre dorthin zurück. Allen Mitwirkenden, die zum Gelingen der Ausstellung beigetragen haben, sei herzlich gedankt; allen voran der Kuratorin Kerstin Jesse für ihren großen Einsatz sowie für die gelungene Werkauswahl. Mein Dank gilt auch den Autorinnen und Autoren dieses Katalogs, die sich mit Engagement den jeweiligen Themen gewidmet haben. Besonders danken möchte ich zudem allen Sammlern und Institutionen für ihre Großzügigkeit bei der Bereitstellung von Leihgaben sowie dem Auktionshaus Dorotheum für seinen Beitrag zur Realisierung der erfolgreichen Ausstellungsreihe Meisterwerke im Fokus, die ganz im Zeichen der Mission des Belvedere steht, denn: „Bilder müssen […] mit derselben Eifersucht und mit demselben Fanatismus geliebt und behütet werden, mit dem sie gemalt werden“ (Gerhart Frankl, 1949). 1 Hans Tietze, „Gerhart Frankl“, in: Österreichische Kunst, Jg. 1, H. 12, Oktober 1930, S. 22. 2 Fritz Novotny, Typoskript, UAK, GF 220. – Das Leben mit Gerhart war „sehr bunt [aber] nicht leicht“, erinnerte sich Christine Frankl. Christine Frankl (CF) an Peter Parzer (PP), 25. November 1980, AdB, LPP. 3 Gerhart Frankl an Klaus Demus, 3. Mai 1955, ÖNB, Autogr., 1304/14-2, Han. 4 Novotny „ist ein warmherziger und begeisterungsfaehiger Mensch, der beste, hilfreichste und treueste Freund gewesen und geblieben, auch mir […].“ CF an PP, undatiert [1977], AdB, LPP. 5 PP an Fritz Novotny, 19. April 1969, UAdUKW, TFN. 6 Peter Parzer, Erinnerungen eines Sammlers an Christine Frankl, Rohentwurf, undatiert, AdB, LPP. 7 PP an CF, 28. März 1973, UAK, GF 222. – Diverse Briefe von PP an CF, AdB, LPP. 8 9 Abb. 3 Frankl-Zimmer in der Wiener Wohnung von Peter Parzer im 3. Wiener Gemeindebezirk Bildarchiv des Belvedere, Wien – Legat Peter Parzer, Wien Abb. 4 Detail eines Frankl-Zimmers mit dem Gemälde Sonnenblume (1907/08) von Gustav Klimt und Frankls Pastell Westalpen (1959) Bildarchiv des Belvedere, Wien – Legat Peter Parzer, Wien Ein denkender Künstler.1 Gerhart Frankls Position im Spektrum der Moderne Matthias Boeckl Die Positionierung von Gerhart Frankls Œuvre in Geschichte und Spektrum der Moderne wirft Fragen auf, die über traditionelle Kunstbegriffe und Maler-Rollenbilder hinausführen. Die auffallende mediale, thematische und stilistische Heterogenität des Werks sowie Frankls sichtlich zunehmende Distanz zum Kunstbetrieb vor2 und nach dem Zweiten Weltkrieg in Österreich und England standen in Kontrast zu damals dominierenden Vorstellungen künstlerischer Praxis – und zwar sowohl zu jenen der Avantgarde als auch zu jenen des Mainstream. Aus Sicht der heute aktuellen Produktionsmethode einer „künstlerischen Forschung“ wirkt die Arbeit Frankls in mehreren Disziplinen jedoch zukunftsweisend: Mit seinen vielfältigen künstlerischen, technischen, psychologischen und kulturgeschichtlichen Untersuchungen stellte er das Avantgarde-Ideal einer distanzlosen Rückführung der Kunst in Lebenspraxis, also auch einer irrationalen Vereinfachung unserer unumkehrbar rationalen Zivilisation,3 infrage. Seit 1900 war dieses Ideal als Reaktion auf die Entfremdungen und Spezialisierungen des Industriezeitalters und als Teil einer allgemeinen Lebensreformbewegung entwickelt worden. Es dominierte zunehmend den Kunstbetrieb. Jede isolierte Betrachtung von Frankls künstlerischem Œuvre im Sinne dieser Dogmen der Avantgarde oder gar im Sinne einer regionalen Historiografie4 wäre ernüchternd. „Zum Ganzen des Menschen wie des Kunstwerkes gehört seine Einmaligkeit und Unersetzlichkeit.“ Gerhart Frankl, 1948 Betrachtet man jedoch die – allein schon in seinem bevorzugten Arbeitsgebiet, der Malerei – erstaunliche Vielfalt der regionalen und historischen Orientierungspunkte Frankls als Ausdruck einer multidisziplinär angelegten „Forschungsstrategie“, so stellt sich diese als wichtiger Teil einer versuchten rationalen Antwort auf die Frage dar, was Malerei in der Moderne überhaupt leisten kann und soll. Nicht viele Maler der Generation Frankls wagten in Österreich konsequent diese – hier erst nach 1945 verspätet debattierte – Grundsatzfrage zu stellen, der konservative Kunstmarkt lohnte es ebenfalls nicht. Malerei-Forschung: Die frühen Jahre In den ersten Jahren seiner Malerlaufbahn nach einem abgebrochenen Chemiestudium, vom Eintritt des 19-Jährigen in die Kolig-Schule 1920 bis zu seiner erfolgreichen Münchner Ausstellung 1928, steckte Frankl ein relativ weites Produktionsfeld zwischen fünf Hauptorientierungspunkten ab: den Traditionen des österreichischen Expressionismus seit Kokoschka, dem Fauvismus, den Alten Meistern, der Cézanne-Rezeption über den Umweg österreichischer Künstler mit Frankreicherfahrung sowie den eigenen Recherchen an den Quellen der moder11 Abb. 1 Gerhart Frankl Stillleben mit totem Vogel, Maiskolben und Früchten, 1921/22 Öl auf Leinwand, 90 x 65,5 cm Privatsammlung, London „[…] der Gipfel von gestern muss die Ebene von heute werden.“ Gerhart Frankl an Klaus Demus, 1955 nen Malerei. Dieses Studien- und Inspirationsportfolio zeigt – auf der rein formalen Ebene – Abstinenz gegenüber den neuesten Avantgarden jener Zeit (Kubismus, Surrealismus, Dadaismus, Konstruktivismus) und entspricht darin dem Mainstream der österreichischen modernen Malerei der Zwischenkriegszeit, der früh- und vormoderne Traditionen evolutionär weiterentwickeln wollte. Inhaltlich stellt es aber die oben angedeuteten weiterreichenden Fragen. Im Stillleben mit totem Vogel, Maiskolben und Früchten (1921/22; Abb. 1) eignet sich Frankl zunächst Anton Koligs Auffassung der nature morte an. Koligs Stillleben mit Schildkröte (1913; Abb. 2) und sein Stillleben mit Äpfeln und Birnen in roter Schale (1915) zeigen die bekannten Innovationen der Moderne in diesem Genre: Der Bildraum wird aufgeklappt und in die Fläche gedrückt, die dargestellten Früchte und Gegenstände werden nicht naturalistisch wiedergegeben, sondern dienen als objekthaft-neutraler „Anlass“, um Fragen der Komposition und authentische Eigenwerte von Farbe und Duktus als autonome Bildmittel zu bearbeiten. Der Zusammenhalt von Gegenstand und Bildmitteln ist gelockert. Anders als die französischen Cézanne-Nachfolger etwa im Kubismus, die bevorzugt die konstruktiven Aspekte dieser Bildmittel-Emanzipation weiterentwickelten, wählt Kolig dafür explizit malerische Elemente aus: Konturen werden mit breiten Pinselstrichen verwischt, diese entfalten gemeinsam mit starken Farbakkorden ein vibrierendes Eigenleben auf der Bildfläche. Frankl stellt dieses System einige Jahre später nicht grundsätzlich infrage und wechselt etwa zur französischen Tradition, sondern greift Koligs Strategie auf, bereichert und verändert aber deren malerische Elemente: Jetzt gibt es nicht mehr vorwiegend parallel aufgetragene saftig-breite Pinselhiebe, sondern auch trocken und flächig gemalte Partien, in denen der Grund die Farbe nur stockend annimmt. Das Kolorit ist – auch im Sinne von Koligs Schwager Franz Wiegele – viel heller, sogar Glanzlichter und Weißhöhungen werden eingesetzt. Die bereits vor 1914 gefällte expressiv-malerische Richtungsentscheidung der österreichischen Mainstream-Moderne wird damit nach 1918 von einer jungen Malerhoffnung bestätigt, fortgesetzt und ausgebaut. „Ich hoffe, daß ein paar halbwegs gelungene Arbeiten mir helfen werden, uns Freude zu machen, ohne zuviel zu raunzen – aber es ist ja nicht ‚raunzen‘, sondern ganz einfach Sehnsucht.“ Gerhart Frankl an Christine Büringer, 1925 Einzelne präzise und kalkuliert ausgewählte mal- und kompositionstechnische Elemente der klassisch-akademischen Malerausbildung, der er sich ja nie unterzogen hatte, holte Frankl 1922/23 durch seine Studien an Alten Meistern in der Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste und im Kunsthistorischen Museum nach. Sowohl dieser autodidaktische Schritt an sich als auch seine konkrete Ausgestaltung und seine künstlerischen Resultate sind bemerkenswert. Sie unterscheiden sich von der gescheiterten Hoffnung anderer moderner Maler wie Anton Kolig oder Herbert Boeckl, die Alten Meister für die eigene Kunst zu funktionalisieren, umgekehrt aber auch von Franz Wiegeles vollständigem Absorbieren alter Malerei, das dieser zu einer Art Neoklassizismus steigerte. Frankls „verspätetes“ Studium Alter Meister wirkt wie das exakte Gegenteil des damaligen Avantgarde-Ideals der Rückführung von Kunst in Lebenspraxis und vorneuzeitliche Funktionen, des Vergessens statt der „Verbildung“ durch rationales Wissen und Können. Zu einem Zeitpunkt, an dem an der Wiener Kunstgewerbeschule in Franz Čižeks Jugendkursen und Lehrveranstaltungen für Ornamentale Formenlehre sowie in Johannes Ittens Vorkurs am Weimarer Bauhaus eine bewusst „geschichtslose“, emotionale und ungegenständliche Formensprache geübt wurde, entschied sich Frankl, der in einer bildungsbürgerlichen Familie sozialisiert 12 Abb. 2 Anton Kolig Stillleben mit Schildkröte, 1913 Öl auf Leinwand, 92,5 x 73,6 cm Leopold Museum, Wien worden war, erneut für klassisches Bildungsgut, dessen rational und strategisch ausgewählte Früchte er allerdings – wie Adolf Loos in der Architektur – auf eine höchst unakademische Weise aufnehmen und für sich nutzen wollte.5 Konkret wählte er die Barockmalerei als Studienobjekt. Die freie Studie nach Rubens’ Gewitterlandschaft mit Philemon und Baucis (um 1620) zeigt, dass es Frankl dabei vor allem um Komposition, atmosphärische Effekte und Farbakkorde ging – sie werden exakt wiedergegeben. Konstruktive Elemente mit zeichnerischem Detailreichtum hingegen werden – vor allem bei den Bäumen – zu groben Pinselhieben abstrahiert (S. 34, Abb. 10). Diese vorausweisende Kombination ausgewählter historischer Gestaltungsmittel mit ausgewählten modernen Elementen wird im Stillleben nach Abraham van Beyeren aus dem Jahr 1923 (Abb. 3, 4) perfektioniert. Vom Vorbild werden jetzt nur noch grobe Kompositionsprinzipien übernommen, Kolorit und Strich wer13 Abb. 3 Abraham van Beyeren Die Fischhändlerin, 1666 Öl auf Leinwand, 121,5 x 146 cm Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste Wien einer zögerlichen Rezeption – erst 1937 malte er eine große Studie nach einem Louvre-Bild aus dem Rembrandt-Umkreis.6 Frankl verwendete seine kalkuliert ausgewählten Elemente der Tradition bewusst und konsequent, allerdings weniger spielerisch, als es etwa Henri Matisse und Pablo Picasso schon seit 1910 praktizierten. Diese wollten sich nicht mühsam technische Details Alter Meister aneignen, sondern bekannte Bildmotive anspielungs- und geistreich variieren.7 Abb. 4 Gerhart Frankl Stillleben nach Abraham van Beyeren, 1923 Öl auf Leinwand, 80,5 x 115 cm Belvedere, Wien den frei im Sinne einer starken Intensivierung und Dominanz weiterentwickelt. Pastos aufgetragene Rot-Weiß-Blau-Akkorde vor dunklem Hintergrund mit darübergelegtem schwarzem Lineament sind das Ergebnis, zu dem auf gänzlich anderem Wege im Jahr zuvor auch Herbert Boeckl in seinem Berliner Stillleben mit Fischen (Abb. 5) gekommen war. Auch Kolig, Wiegele und Boeckl hatten sich im Louvre mit Alten Meistern befasst. Boeckls Skizzen nach Poussin (1923) zeugen aber von 14 Kurz nach Beendigung seiner Altmeisterstudien reiste Frankl – wohl auch angeregt durch Kolig und Wiegele, die zehn Jahre zuvor ähnliche, von der KlimtGruppe mitunterstützte Studienfahrten unternommen hatten – nach Südfrankreich und Nordafrika, wo er 1923 die Landschaft in Tunis malte (Taf. 2). 1924 entstand dann die Landschaft bei L’Estaque, wo schon Cézanne und Picasso gearbeitet hatten (Abb. 6). Die Landschaft in Tunis lässt sich kompositionell mit Herbert Boeckls Steinbruch mit rotem Schatten (1920) vergleichen, ihr kompakter Fleckenstil jedoch besser mit den Fauvisten oder mit Oskar Kokoschkas Bildern der Dresdner Zeit um 1920 (Abb. 7). Frankls Landschaft bei L’Estaque zeigt wiederum Parallelen zu Boeckls Fortifikationen von Paris (1923; Abb. 8). Von den Farbakkorden über das „Mitwirken“ unbemalter Leinwandstellen und die Überlagerung pastoser Flecken mit zeichnerischen Elementen bis hin zu den Kompositionsprinzipien gleichen sich hier die Auffassungen, Frankl scheint sich jedoch auch hier mehr in Richtung Fauvismus zu positionieren.8 Dessen Nachwirkungen beschäftigten ihn 1929 erneut in den dunkel-monochromen Stadtbildern aus Reims und vom Pariser Montmartre. Ihre historischen Bezugspunkte wurden mit Camille Corot und Carl Schuch identifiziert,9 können aber auch mit dem Spätwerk von Fauvisten wie Georges Rouault und Maurice de Vlaminck in Ver15 Abb. 5 Herbert Boeckl Stillleben mit Fischen, 1922 Öl auf Leinwand, 40,5 x 70,5 cm Belvedere, Wien Abb. 6 Gerhart Frankl Landschaft bei L’Estaque, 1924 Öl auf Leinwand, 61,1 x 82 cm Leopold Privatsammlung bindung gebracht werden. Heimische Stadtbilder von Frankl sind wiederum eher mit Boeckl-Landschaften vergleichbar, bis 1928 gibt es immer wieder punktuelle Berührungen: Frankls Ziegelei von 1928 und seine Döblinger Landschaft aus demselben Jahr zeigen beispielsweise eine ähnlich raue, kompakte und erdige Tektonik wie Boeckls Kleine sizilianische Landschaft (1924) und sein Bahnhof Kühnsdorf (1924; Abb. 9–12).10 Und da hatte ich die Idee, dass Zeichnungen nach Werken höchsten Stils sozusagen verantwortungsvoller wären. Sie würden mich dazu zwingen, zu treffen und mich nicht darauf auszureden: ‚Ich sehe es so‘ oder dergleichen. Das an sich wäre akademisch und langweilig gewesen, in Wirklichkeit habe ich aber gerade diese Dinge, gerade die romanische Kunst, instinktiv von Anfang an über alles geliebt. Wenn ich aufrichtig sein soll, habe ich mir eigentlich nie andere Werke mit wirklicher Begeisterung angeschaut […]. Dies undeskriptiv, gewissermaßen direkt aufs Papier zu bringen, hat mich ungeheuer erregt, sodass ich zwei Jahre, 1930 und 1931, damit verbracht habe […]. Nach zwei Jahren begann ich wieder zu malen, und zwar sehr schlecht, ich hatte enorm viel vergessen, der ganze jugendliche Schwung war eigentlich dahin […]. Ich habe eigentlich darauf gewartet, dass sich die vertrauensvolle und begeisterte Malerei der 20er-Jahre […] auf einer hoffentlich höheren Stufe wieder einstellt. Während dieser Zeit sind dann die bekannten Ereignisse passiert und ich bin nach London gegangen.“11 Erfolg, Krise, Neubeginn: Die 1930er-Jahre In den ersten acht Jahren seiner Malerkarriere hatte sich Frankl eine geachtete Position im Kraftfeld zwischen den Nötscher Malern, Oskar Kokoschka, Herbert Boeckl, dem Fauvismus und einer eigenständigen Cézanne-Rezeption erarbeitet. Trotz seiner umfassenden Bildung und seiner familiär kultivierten, von Reisen zusätzlich stimulierten kosmopolitischen Gesinnung hatte er sich formal – nicht methodisch! – vorerst für den im heimischen Kunstbetrieb dominierenden evolutionären Weg einer „österreichischen“ Moderne entschieden. 1928 wurde das mit Frankls erster Einzelausstellung belohnt. Sie fand in der Münchner Galerie Caspari statt, die neben den großen deutschen Malern des 19. Jahrhunderts regelmäßig auch Avantgardisten wie Oskar Kokoschka zeigte. Die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen unter Friedrich Dörnhöffer, der von 1909 bis 1912 die Wiener Staatsgalerie im Belvedere geleitet hatte, kauften in der Folge eine kleine Landschaft Frankls an (Inv.-Nr. 9672). Dieser Erfolg löste jedoch eine Krise aus: „Das war für mich eine sehr große Auszeichnung, ein Ankauf durch die Pinakothek hat damals unendlich viel bedeutet und ich war sehr tief erschüttert. Ich habe mir gedacht, ich kann jetzt nicht einfach so weitermalen, ich muss neu anfangen zu zeichnen und eine neue und bessere Basis für meine Arbeit schaffen. 16 Exil und Spätwerk: Ein neuer Kunstbegriff Im englischen Exil12 erschloss Frankl dann mit dem Kunstunterricht, der Entwicklung einer historisch fundierten Kunsttheorie und einer psychologischen Wahrnehmungstheorie sowie mit einer thematisch immer breiter angelegten Malerei neue Arbeitsfelder für sich. Große Leistungen gelangen ihm etwa bei den Landschaften (meist auf Reisen in die österreichischen Alpen entstanden), die in stetig weitergetriebener Abstraktion rein atmosphärisch geprägte Lösungen erreichen. Dies kann auch – aber nicht ausschließlich – symbolisch interpretiert werden. Die explizit symbolischen Parallelen dazu liefern Max Weilers gleichzeitig entstandene Landschaftsallegorien (Abb. 13). In Figurenbildern setzte Frankl sich schließlich auch mit dem Holocaust auseinander. Gegenstandslose Malerei stand für Frankl – wie für die meisten österreichischen Maler seiner Generation – nie zur Debatte, dem Kunstbetrieb der Nachkriegszeit sowohl in England als auch in Österreich stand er daher skeptisch gegenüber. Seine eigene „Radikalisierung“ als Maler führte er auf ganz andere Quellen zurück: 17 Abb. 7 Oskar Kokoschka Dresden, Neustadt III, 1921 Öl auf Leinwand, 70 x 99 cm Museum Ludwig, Köln Abb. 8 Herbert Boeckl Fortifikationen von Paris (Porte de Gentilly), 1923 Öl auf Leinwand, 46 x 61 cm Privatbesitz Abb. 9 Gerhart Frankl Die Ziegelei, um 1928 Öl auf Leinwand, 43,5 x 71,5 cm Leopold Privatsammlung Abb. 11 Gerhart Frankl Döblinger Landschaft, 1928 Öl auf Leinwand, 49,5 x 63 cm Privatsammlung, London Abb. 10 Herbert Boeckl Bahnhof Kühnsdorf, 1924 Öl auf Leinwand, 71,5 x 92 cm Privatbesitz „1951 habe ich in einem Buch von Waetzoldt über Dürer, das sehr bekannt ist,13 einen ganz kurzen Satz gesehen, der sich auf Wahrnehmungslehre bezog. Dieser Satz hat mich sehr neugierig gemacht und ich habe mir dann ein Buch gekauft, das die Ergebnisse dieser Forschungen zusammenfasst und hatte einen Augenblick von Einsicht […]: Nämlich dass doch die Wahrnehmungslehre, die bisher überhaupt nicht mit Malerei in Zusammenhang gebracht worden war, sich unmittelbar und in höchst aufregender Weise auf Malerei bezieht […]. Das hat mir eine neue Freiheit gegeben, und zwar durchaus im Rahmen meiner früheren Entwicklung. Das heißt, ich war in der glücklichen Lage […], dass meine Malerei freier und vielleicht 18 Abb. 12 Herbert Boeckl Kleine sizilianische Landschaft, 1924 Öl auf Leinwand, 52 x 64 cm Privatbesitz ein bisschen radikaler geworden ist – nicht weil ich versucht habe, radikaler zu malen, weil alle jetzt radikaler malen, sondern weil diese neuen Anregungen direkt und automatisch eine Radikalisierung bewirkt haben.“14 Frankls forschender Geist und sein Wissensdurst hatten damit abermals in den Naturwissenschaften, mit de19 „Diese Bilder sind ein vollkommener Spiegel seines strengen, wilden und sehnsüchtigen Charakters. Kraft, Unruhe und sein eigenes Gesetz strahlen aus diesen PinselZügen.“ Bohdan Heřmanský an Christine Frankl, 1969 Abb. 13 Max Weiler Wie eine Landschaft, Hochmoor, nebelig, sumpfig, dunstig, nass, Gras, Kräuter, Moos, 1964 Eitempera auf Leinwand, 196 x 96 cm museum moderner kunst stiftung ludwig wien, Leihgabe der Artothek des Bundes nen er seit seinem frühen Chemiestudium verbunden war, einen Ausgangspunkt für künstlerische Praktiken gefunden. Diese waren vielversprechender als die verspäteten Kubismus-Experimente, mit denen er sich 1948/49 kurzfristig – wie viele junge Maler dieser Zeit – in Bildern wie Wien III mit den Sphinxskulpturen des Belvedereparks auseinandergesetzt hatte (vgl. Taf. 53–55). Abb. 14 Gerhart Frankl Leichen in Landschaft, 1964 Öl und Tempera auf Leinwand, 104 x 84 cm Belvedere, Wien – Schenkung des Gerhart Frankl Memorial Trust, London Fragen, die von der Kunst beantwortet werden können In Frankls Werk, das vorwiegend in einer Umgebung traditioneller Kunstbegriffe entstand, manifestieren sich beispielhaft Chancen und Krisen der Moderne. Frankls Wissensdrang konnte sie – anders als manche „gläubige“ Generationsgenossen – zu einem offenen, skeptischen Werkbegriff entwickeln. Diesen setzte er konsequent in einer multidisziplinären Kunstpraxis um, die mit quasiwissenschaftlichen Methoden eine Autonomie künstlerischer Mittel unter bewusstem Verzicht auf die traditionellen metaphysischen Aspekte der Kunstproduktion erarbeitet. Selbst in zunächst symbolisch wirkenden späten Werkgruppen wie den Alpenlandschaften oder dem Zyklus In Memoriam scheint Frankl die traditionell von der Kunst thematisierten großen metaphysischen Fragen des Seins konsequent zu vermeiden.15 Er grenzt das Kompetenzfeld der Kunst realistisch auf Aspekte ein, die so nur mit den genuinen Mitteln der Kunst ausgedrückt werden können. Frankl stellt ausschließlich Fragen, die von der Kunst auch tatsächlich beantwortet werden können – den Rest überlässt er spekulativen Praktiken, denen er skeptisch gegenübersteht. Im Falle der späten Gebirgsbilder formulieren dramatische atmosphärische Effekte jene konkreten „Fragen, die von der Kunst beantwortet werden können“. Diese Effekte werden aber eben nicht naiv „illustriert“ oder „dargestellt“, da genau dieser „staunende Realismus“ historisch stets als Anlass für metaphysische Spekulationen über das Sublime und eine „Überwältigungsästhe20 tik“ gedient hatte. Sondern Frankl „übersetzt“ das Beobachtete mit den Mitteln von Farbe und Textur in das Medium der Kunst in vollständig autonome Gebilde. Ähnlich verfährt er bei so heiklen Themen wie dem Holocaust, der ja – wie die Natur – in seinem Wesen ebenfalls undarstellbar ist. So entscheidet Frankl, dessen Eltern in der Shoah umgekommen waren, sich auch bei diesem Thema für eine spekulationsfreie Übersetzung in genuin künstlerische Mittel, die in diesem Fall konsequenterweise zu einem höchst verstörenden Ergebnis führen (müssen). Die faktische Essenz des Holocaust – der Leichenberg – ist das einzige physische Element des Unfassbaren, das bildlich fassbar ist und daher im Medium der Kunst zu autonomen Bildmitteln avancieren kann. Völlig spekulationsfrei und keineswegs dramatisch überhöht, geradezu „sachlich“ baut Frankl aus diesen Elementen „funktionierende“ autonome Bilder. Die Gefahr einer „Schönheit des Grauens“ ist dabei schon mit dem Verzicht auf Abstraktion und teilweise Farbe gebannt (Abb. 14). 21 „[…] Gerhart Frankl [war] ein echter Individualist, der niemals irgendeiner ‚Bewegung‘ beitrat oder sich herrschenden Moden unterwarf.“ Ernst Gombrich, 1970 Die Welt wird bei Frankl von der Kunst nicht – mehr oder weniger spekulativ – „erklärt“. Sondern sie wird so, wie sie ist, und ohne jede Rücksicht auf erwartbare Eigenschaften des Ergebnisses, als Ausgangspunkt einer rationalen, systematischen und autonomen Kunstproduktion genommen. Erst rückblickend, mit heutigem Wissen, können wir diese essenziell moderne Methode in ihren Ursachen und Wirkungen verstehen sowie ihre Leistung angemessen würdigen. 1 Ernst Gombrich: „Gerhart Frankl war ein denkender Künstler, dem ein grausames Schicksal es beinahe versagte, seine Gedanken zu Ende zu denken.“ In: Der Maler Gerhart Frankl (1901– 1965), Ausst.-Kat. Historisches Museum der Stadt Wien, Wien 1987, S. 17. 2 Frankl war bis Mitte der 1930er-Jahre eine der großen „Nachwuchshoffnungen“ des österreichischen Kunstbetriebs und wurde für viele Auslandspräsentationen der österreichischen Moderne ausgewählt, etwa von Hans Tietze für eine Wanderausstellung über moderne Malerei aus Wien (Köln, Duisburg, Krefeld, Mülheim an der Ruhr) 1926, für die Schau Österreichische Kunst 1700– 1928 in der Berliner Akademie der bildenden Künste 1928, eine Wanderausstellung der USamerikanischen College Art Association in den Jahren 1930 bis 1932, die Ausstellung L’art vivant en Europe im Brüsseler Palast der schönen Künste 1931, den österreichischen Beitrag zur XIX. Biennale in Venedig 1934, die Schau Austria in London 1934 und die Präsentation Österreichische Kunst im 20. Jahrhundert in der Kunsthalle Bern 1937. Danach war Frankl jedoch in den internationalen Formaten jener Zeit nur mehr spärlich vertreten, etwa in der von Herbert Boeckl kuratierten österreichischen Kunstschau auf der Weltausstellung in Brüssel 1935 und in der von Alfred Stix kuratierten, kultur- und staatspolitisch gleichermaßen wichtigen Präsentation L’art Autrichien du moyen age à l’epoque contemporaine im Pariser Musée du Jeu de Paume im Mai und Juni 1937. – Vgl. dazu Frankls Biografie in diesem Katalog, Ausstellungen. 3 Frankl war wohl auch über die „wissenschaftliche Weltauffassung“ des radikalpositivistischen, metaphysikskeptischen „Wiener Kreises“ gut informiert. Hans Tietze erkannte bereits 1930: „Alles Übertriebene und Verschrobene ist [Frankls Generation] verdächtig und widerwärtig […] sie verbindet Positivismus und Skepsis zu einer zuwartenden Mittelstellung.“ In: ders., Gerhart Frankl. Mit einem Œuvrekatalog der Radierungen des Künstlers, Ausst.-Kat. Neue Galerie, Wien, Wien 1930, S. 8. – Vgl. Karl Sigmund, Sie nannten sich Der Wiener Kreis. Exaktes Denken am Rande des Untergangs, Wiesbaden 2015. – Frankl malte im englischen Exil auch ein Porträt des Mathematikers Bertrand Russell, der Ludwig Wittgenstein und dem Wiener Kreis nahestand. 4 Das zeigt auch Arnulf Rohsmanns Beschreibung: „Frankl im Kontext der Tradition österreichischer Malerei zu diskutieren ist nur in wenigen Abschnitten des Œuvres effizient – Cézanne und die Venezianer liegen näher. Österreichisch ist er in dem von Anton Kolig beeinflußten Frühwerk; kurz in den späten zwanziger Jahren mit einer an Herbert Boeckl orientierten Materialität der Farbe; in der Mitte der dreißiger Jahre, da er die koloristischen Prinzipien Koligs transponiert und bei den ‚Bergphantasien‘ im Spätwerk, in dem [er] Parallelphänomene zu Anton Mahringer entwickelt, die allerdings in der englischen Tradition wurzeln. Radikal ist er nur im Kolorit der Stadtlandschaften 1923/24, sonst ist er gründlich.“ Arnulf Rohsmann, „Gerhart Frankl und die Hartnäckigkeit Cézannes“, in: Gerhart Frankl. Der Maler, Ausst.-Kat. Neue Galerie am Joanneum, Graz/Kärntner Landesgalerie, Klagenfurt, Klagenfurt/Graz 1991, S. 15. 5 Gewissermaßen in Umkehrung der üblichen Begriffe traditioneller und avantgardistischer Bildungskonzepte bezeichnete Frankl sein Studium nach Alten Meistern als „primitiver und elementarer“ im Vergleich zur quasi „akademischen“ Praxis der (nach damaligen Begriffen doch eher unakademischen) Kolig-Schule sowie der (avantgardistischen) Kunstgewerbeschule (ORF-Radiointerview mit Gerhart Frankl, geführt von Oskar Schatz, gesendet am 31. März 1963). – Dies bezog sich vordergründig auf Frankls freie Maltechnik ohne Vorzeichnung, wie Adolf Loos beschrieb er damit aber indirekt die „revolutionäre“ Avantgarde als im Kern rückschrittlich, während die vermeintlich „konservative“ Nutzung ausgewählter funktionierender Elemente der Tradition eigentlich fortschrittlich sei. – Neben Cézanne und den alten Niederländern setzte Frankl sich u. a. mit Tizian, Rembrandt, El Greco, Soutine, Rubens, Courbet, Delacroix, van Gogh, Grünewald und der romanischen Skulptur auseinander. 6 Vgl. Christian Huemer, „Am Ursprung der Moderne. Kärntner Maler in Paris“, in: Agnes Husslein-Arco/Matthias Boeckl (Hg.), Eremiten–Kosmopoliten. Moderne Malerei in Kärnten 1900– 1955, Ausst.-Kat. Museum Moderner Kunst Kärnten, Klagenfurt/Museum des Nötscher Kreises, Nötsch, Wien/New York 2004, S. 141–154. – Agnes Husslein-Arco (Hg.), Wien–Paris. Van Gogh, Cézanne und Österreichs Moderne, Ausst.-Kat. Belvedere, Wien, Wien 2007. 22 7 Die Auseinandersetzung österreichischer moderner Maler mit Alten Meistern intensivierte sich ab den späten 1920er-Jahren mit dem Einfluss der Neuen Sachlichkeit und den Kulturkonzepten des Ständestaats (1934–1938) zusehends – bekannte Beispiele sind etwa Otto Rudolf Schatz oder Victor Hammer. Vgl. dazu auch Eva Michels Analyse von Frankls Studien Inventing Tradition. Die Rezeption der Alten Meister und das „Barocke“ in der österreichischen Malerei des 20. Jahrhunderts. Topos und künstlerische Strategie, Diss., Universität Wien, 2009, S. 25ff. 8 Im Interview mit Oskar Schatz (wie Anm. 5) stellt Frankl fest, dass sein L’Estaque-Bild „ein wenig im Fauve-Stil“ gehalten sei. 9 Cornelia Reiter, „Gerhart Frankl“, in: Gerbert Frodl (Hg.), Gerhart Frankl (1901–1965), Ausst.Kat. Belvedere, Wien, Wien 1999, S. 24. 10Am 18. Oktober 1925 resümierte der junge Frankl sein bisheriges Werk. Erika Tietze-Conrat berichtet darüber: „Abends war Frankl da u. leistete sich in Größenwahnsinn das Unerquicklichste. ‚Wiegele, Böckl und meine Wenigkeit‘ sind die einzigen, die auf dem richtigen Weg sind.“ Erika Tietze-Conrat, Tagebücher, Bd. 1, Der Wiener Vasari, 1923–1926, hg. von Alexandra Caruso, Wien/Köln 2015, S. 355. – Nach eigener Aussage (Interview, wie Anm. 5) hatte Frankl aber nur sehr wenig direkte Kontakte zu anderen Künstlern. 11 Interview (wie Anm. 5). 12Außer Frankl gingen u. a. auch folgende Künstlerinnen und Künstler nach England ins Exil: Siegfried Charoux, Leo Delitz, Bettina und Georg Ehrlich, Georg Eisler, Joseph O. Flatter, Karl Fränkel, Fritz Gross, Felix A. Harta, Sebastian Isepp, Theodor Kern, Oskar Kokoschka, Alfred Loew, Anna Mahler, Georg Mayer-Marton, Marie-Louise Motesiczky, Albert Reuss, Lucie Rie, Frieda Salvendy, Edith Tudor-Hart und Erich Wagner. Frankl pflegte nicht mit allen Kontakt, engere Beziehungen bestanden etwa zu den Ehrlichs und zu Isepp. – Weitere prominente Österreicherinnen und Österreicher im englischen Exil waren Sigmund Freud mit Familie, die Philosophen aus dem Umfeld des Wiener Kreises Otto Neurath, Friedrich Waismann und Ludwig Wittgenstein, die Kunsthistoriker Ernst Buschbeck, Otto Demus, Ernst Gombrich, Fritz Grossmann, Arnold Hauser, Ernst Kris, Otto Kurz, Ludwig Münz, Otto Pächt, Fritz Saxl und Johannes Wilde, der Sammler Graf Antoine Seilern, der mehrere Werke Frankls besaß, der Galerist Paul Wengraf sowie der Ökonom Friedrich A. Hayek. – Unter den Kunsthistorikern tauschte sich Frankl vor allem mit Grossmann, Wilde und Gombrich aus, der mehrmals über ihn schrieb, aber auch mit den berühmten englischen Gelehrten Arthur Hind, Herbert Read, Kenneth Clark und Anthony Blunt. Die Kunsthistoriker Hans Tietze und Fritz Novotny kannte er bereits vor 1938 in Wien, den Philosophen Karl Popper lernte er aber vermutlich erst nach 1945 bei den Alpbacher Gesprächen in Tirol kennen. – Vgl. den Beitrag von Brigitte Borchhardt-Birbaumer in diesem Katalog sowie Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (Hg.), Österreicher im Exil. Großbritannien 1938–1945. Eine Dokumentation, Wien 1992, S. 371–377. – Dank für vielfältige Hinweise und Materialien an Kerstin Jesse. 13 Dabei handelt es sich wohl um Wilhelm Waetzoldt, Dürer and His Times, London 1950. 14 Interview (wie Anm. 5). 15 Gleichzeitig, in den 1940er- bis 1960er-Jahren, setzten sich die Vorbilder aus Frankls Jugendzeit (Anton Kolig, Herbert Boeckl und Oskar Kokoschka) erneut mit den großen Themen der Epoche – Holocaust, Atombombe, Raumfahrt – im Sinne stark metaphysisch aufgeladener „großer Menschheitsfragen“ auseinander: vgl. Koligs Bild Die Atombombe (1944), Boeckls Gobelin Die Welt und der Mensch (1956–1958) und Kokoschkas Odyssee (1963). Kunst wird hier – trotz aller längst vollzogenen Fragmentierungen der Moderne – immer noch das Vermögen gesamtkultureller Sinnstiftung zugesprochen. 23 Landschaftsmaler und Alpinist Gerhart Frankl. Sehnsucht Hochgebirge – „Vom Fluidum der Dinge“1 Kerstin Jesse „Ich kann schon verstehen dass Sie den Eindruck haben: ,zu viele Gebirgslandschaften‘. Gerhard [sic!] hat halt in seiner leidenschaftlichen Liebe fuer die Berge und Berglandschaften, die ihm hier [in London, Anm.] sehr fehlten, jedes Jahr wenn wir auf Urlaub fuhren sehr viel gearbeitet und studiert; wir haben immer den groessten Teil der Zeit in Tyrol und Suedtirol und Schweiz verbracht, (Ausser Frankreich (Autun, romanische Skulptur und Italien S. Zeno Verona) und sind viel in den Bergen und besonders in den Dolomiten herumgeklettert und haben die verschiedensten Wetterfarben (Gewitterstuerme, Nebel etc. etc.) erfahren. In den Bergen, besonders den hohen, ist halt eben viel blau und ausserdem hat Gerhard auch fuer Schatten selten dunkles braun, fast nie schwarz, sondern blau verwendet“, schrieb Christine Frankl 1973 an den Salzburger Galeristen und Verleger Friedrich Welz im Zuge der Vorbereitungen für die Monografie über ihren 1965 verstorbenen Mann, die von Fritz Novotny verfasst wurde.2 „Immer ist der Ausgangspunkt die Natur, die er bei aller scheinbaren Abstrahierung letztlich doch nur konzentriert und ins Bild, in eine höhere, packende malerische Erscheinung verwandelt.“ Johann Muschik, 1962 Gerhart Frankls Naturverbundenheit und seine besondere Liebe zu den Bergen verdankte er wohl seinen Eltern, die beide selbst gute Bergsteiger gewesen waren und ihre Sommerferien oft in den Dolomiten verbracht hatten.3 Das Aufgreifen landschaftlicher Motive sowie die Darstellung der Alpen tauchen bereits in seinem frühen Schaffen auf und durchziehen grosso modo sein gesamtes Œuvre. Frankl: Leidenschaftlicher Bergsteiger und begeisterter Motorradfahrer Gerhart Frankl war groß, athletisch, sportlich und reiste gern. In einer von ihm verfassten Biografie notierte er: „Great experiences: […] Camping in the Swiss Alps. The ascensions in my youth, a snowstorm on the Grossglockner in 19204. […] Driving fast motorcycles in my youth when I was given the use of experimental vehicles by the B.M.W. in Munich! Still in love with motorcycling. No hobbies unless painting must be called a hobby in our time.“5 Bevorzugt hielt sich Frankl in den Alpen auf, insbesondere im Inntal und in den Dolomiten, sowohl als Bergsteiger als auch als Motorradfahrer und als Künstler (Abb. 1a). Die Erhabenheit gewaltiger Gebirgsmassive, deren vielfältige Formationen, die zugleich faszinieren und demütig stimmen, die rasch wechselnde Licht- und Farbgebung, die alpine Tier- und Pflanzenwelt, die mannigfaltigen landschaftlichen Reize, die Ferne des Alltags und die Loslösung von Raum und Zeit sowie das damit verbundene Freiheitsgefühl respektive das Moment von „Entrücktheit“ und Weite machten die alpine Welt für Frankl wie für viele Künstler vor ihm zu einem „magischen“ Sehnsuchtsort.6 In Christine Büringer, die er 1921 kennen24 25 Abb. 1a Gerhart Frankl mit der BMW-Maschine unterwegs in den französischen Alpen, 1930er-Jahre Universität für angewandte Kunst Wien, Kunstsammlung und Archiv Abb. 1g–k g) Christine Büringer im Beiwagen der BMW-Maschine in Italien (?) Universität für angewandte Kunst Wien, Kunstsammlung und Archiv Abb. 1b–f Fotografien von Gerhart Frankl und Christine Büringer, zwischen 1928 und 1938 b) Unterwegs auf dem Sellapass (Dolomiten, Italien) mit der BMW-Maschine, im Beiwagen Christine Büringer Privatarchiv h) Christine Büringer in ihrem BMW-Wagen in Langres (Frankreich) Universität für angewandte Kunst Wien, Kunstsammlung und Archiv c) Unterwegs mit Christine Büringer mit der BMW-Maschine wahrscheinlich in den Zillertaler Alpen in Tirol Universität für angewandte Kunst Wien, Kunstsammlung und Archiv i) Gerhart und Christine Frankl mit der Triumph Contessa während einer ihrer Urlaubstouren in Europa, Innsbruck, um 1954 Privatarchiv d) Christine Büringer mit der BMWMaschine, unterwegs in den Dolomiten Universität für angewandte Kunst Wien, Kunstsammlung und Archiv j) Christine Büringer und zwei unbekannte Motorradfahrer, wahrscheinlich unterwegs in Italien Universität für angewandte Kunst Wien, Kunstsammlung und Archiv e) Gerhart Frankl unterwegs mit der BMWMaschine auf dem Großen Sankt Bernhard in den Walliser Alpen (Schweiz) Universität für angewandte Kunst Wien, Kunstsammlung und Archiv k) Christine Büringer auf der BMW-Maschine vor der Befestigungsanlage Fort des Tétes in Briançon, Frankreich Universität für angewandte Kunst Wien, Kunstsammlung und Archiv f ) Christine Büringer unterwegs mit dem BMW-Wagen Privatarchiv 26 27 Abb. 1 Theodor Georgii Rehbock, 1906 Kunsthalle Bremen – Der Kunstverein in Bremen Abb. 2, 3 Christine Büringer mit dem BMW-Wagen auf Titelseiten der BMW-Blätter, April und August 1931 BMW Group Archiv Abb. 4 Christine Büringer in den Alpen mit der BMW-Maschine, publiziert in den BMWBlättern, Mai 1930 BMW Group Archiv lernte, fand Frankl eine kongeniale Partnerin, die seine Interessen teilte: „[…] wir waren [1924] durch die gemeinsamen Vorlieben (Tizian, Greco, romanische Skulpturen und Bergsteigen und Klettern) sehr befreundet […].“7 Als Jugendliche hatte Christine von ihrem Onkel Sebastian Isepp Wesentliches über die Malerei und das „Klettern im Fels“ gelernt.8 1977 erinnerte sie sich: „[…] in den Dolomiten, kletterten Gerh. und ich oft auf einen hohen Berg um 3 Uhr frueh, um oben sitzend auf den Sonnenaufgang zu warten […] athemlose Stille und Spannung […].“9 Als Cézanne-Verehrer ließ Frankl es sich auch nicht nehmen, Mitte der 1930er-Jahre den Montagne Sainte-Victoire zu erklimmen: „Es war gewaltig schön.“10 „[…] wir haben herrlich grosse Touren + Klettereien gemacht, vom Falzaregopass aus die Tofana, Sasso di Stria, Gr. + Kl. Nuvolau, Croda Nera, den Hahnenkamm etc. (Grossglockner im Schneesturm + Hagelgewitter). Er war auch ein ausgezeichneter Fahrer, sowohl Motorrad + Auto (wir hatten in Wien den kleinen BMW […])“, so Christine Frankl.11 Am 23. Mai 1928 erhielt Gerhart Frankl sein Prüfungszeugnis für Motorradlenker (mit Beiwagen); zwei Jahre später den Kraftwagenführerschein.12 War Frankl auf seinen Reisen in den Jahren davor auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen gewesen, genoss er umgehend die neue Freiheit der unabhängigen Fortbewegungsmöglichkeit, die ihm vor allem auf den weniger erschlossenen Alpenstraßen zugutekam. Bald nach der bestandenen Prüfung fuhr er im Herbst 1928 gemeinsam mit Christine Büringer – wahrscheinlich mit der BMW-Maschine – durch Frankreich und die Schweiz (u. a. Arles, Saint-Gilles, Nîmes, Avignon, Grenoble, Albertville, Col du Galibier, Gotthardpass, Ascona). Nachweislich waren sie im August 1929 ebenfalls mit dem Motorrad dort unterwegs und passierten u. a. den Oberalppass, den Furkapass, besichtigten zu Fuß den Rhônegletscher und hielten sich in Aix-en-Provence, Nîmes und Paris auf. Von Mai bis Juli 1931 ist eine Reise mit dem BMW-Wagen in Italien dokumentiert (Bozen, Jaufenpass, Falzaregopass, Trient, Val Genova, Madonna di Campiglio, Verona, Padua, Ravenna, Cesenatico, Florenz, Pisa, San 28 Gimignano, Siena).13 Der BMW 3/15 PS DA (Deutsche Ausführung) 2 Phaeton/Tourenwagen mit dem Kennzeichen A 10236 war auf Christine Büringer angemeldet (Abb. 1b–k).14 Frankls Interesse an leistungsstarken Motorrädern dürfte die Verbindung zu BMW München hergestellt haben. Nach den historischen Fotografien zu schließen fuhr er eine R 57 oder eine R 63 mit Beiwagen.15 Dabei handelte es sich um „Spitzen-Sportmodelle“, die generell am internationalen Motorradmarkt in der oberen Preisklasse angesiedelt waren und eine Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h erreichen konnten. Ob Frankl von seinen ausgedehnten Bergtouren Berichte über das Fahrverhalten der Maschine nach München lieferte, lässt sich nicht belegen. In den BMW-Blättern, die von März 1930 bis Dezember 1943 erschienen und über Aktuelles, technische Neuigkeiten und Tourenerfahrungen passionierter BMW-Fahrer informierten, finden sich Fotografien von Christine Büringer mit Auto und Maschine (Abb. 2–4). Nach der mehrjährigen Unterbrechung durch den Zweiten Weltkrieg und das Londoner Exil, als das Ehepaar sein Hab und Gut zurücklassen musste, erwarb Frankl nach 1949 eine Vespa. In mehreren Briefen berichtete er von seinen ausgedehnten Fahrten, so 1952, als er sich wegen eines Auftrags der Stadt Wien mehrere Monate ebendort aufhielt und in dieser Zeit eine „3 000 Meilen“-Tour durch Frankreich und die Schweiz unternahm. Er fuhr, wie immer, mit der Vespa nach Dover und setzte von dort mit der Fähre nach Calais auf den Kontinent über.16 Bei dieser Reise war Christine Frankl ausnahmsweise nicht dabei. Gerhart berichtete brieflich regelmäßig über seine Erlebnisse und Eindrücke, desgleichen über den Zustand des Rollers, wie technische Probleme, erreichte Geschwindigkeiten, Reparaturen etc.: „Die Vespa hat hier in der Waschküche in der Gesellschaft eines toten Schweins übernachtet“, ließ er seine Frau 1952 während seines Aufenthalts in Klösterle wissen.17 (Abb. 5) Um 1955 erwarb Frankl eine Triumph Contessa 200, die in den damaligen Triumph Werken in Nürnberg hergestellt wurde, wo Frankl und seine Frau vor 29 „Schnuck, jetzt geht sie! Bin die 77 km nach Colmar nur so gehuscht (ca. 1,35), vollkommen lautlos, man glaubt man ist ein Vogel!! Bin begeistert […]!! Wir werden wunderbar herumfahren. […] Es ist so schön dieses Fahren. Wir müssen einen Ausflug machen, ohne zu wissen wo man übernachtet […].“ Gerhart an Christine Frankl nach einer Reparatur der Vespa, 1952 Cézanne und der Farbe das Studium Alter Meister und malte 1922/23 seine bekannte Paraphrase nach einer Landschaft von Peter Paul Rubens (Abb. 10).23 Die Vorlage betrachtete er wie ein Stück Natur und übersetzte sie, trotz grundlegender Beibehaltung der Komposition, in eine sehr eigenständige Interpretation voller Dynamik und gekonnt gesetztem Pinselduktus.24 Als das Bild 1924 in der Galerie Würthle erstmals ausgestellt wurde, war die Kritik voll des Lobes: „Den Vogel hat diesmal der Kolig-Schüler Frankl abgeschossen. Eine sturmzerrissene Landschaft. Kaum sieht man noch das Detail der Natur. […] Die Farbenfetzen fliegen, ungebändigt und voll Leidenschaft, zerrissen und doch in eine große Einheit zusammengebunden. Dies Bild des Zwanzigjährigen bedeutet eine der Hoffnungen der österreichischen Malerei. […] Dieses Bild schlägt alle anderen in der Ausstellung tot. Selbst das Porträt des Knaben mit dem Czako, von seinem Abb 5 Letzte Seite eines Briefs von Gerhart an Christine Frankl aus Innsbruck, wahrscheinlich 1952 Privatarchiv Abb. 7a–f Fotografien von Gerhart Frankl Abb. 6 Gerhart und Christine Frankl mit der Triumph Contessa in Innsbruck, um 1957 Privatarchiv a) Blick auf den Averau in den Ampezzaner Dolomiten (Italien). Mit den Nachbarbergen Monte Nuvolau und Monte Gusela befindet sich die Berggruppe zwischen dem Falzaregopass und dem Passo di Giau. jeder Reise eine Generalkontrolle durchführen ließen.18 Dieser Motorroller eignete sich auch für ausgedehntere Fahrten in den Bergen, war aber schwerer zu beherrschen als die kleineren Modelle. Bis Ende 1964 lassen sich die mehrmonatigen abenteuerlichen Touren der Frankls mit der bepackten Contessa (Koffer und Zelt) nachweisen, wobei sie oft 5 000 km zurücklegten (Abb. 6).19 b) Blick vom Averau auf die Ra Gusela, links dahinter der Monte Formin, Ampezzaner Dolomiten (Italien) c) Die Cinque Torri (Torre Grande, Torre Seconda, Torre Latina, Torre Quarta und Torre Inglese) in den Dolomiten an der Strecke zwischen dem Falzaregopass und Cortina d’Ampezzo (Italien) Die BMW-Maschine und später die Roller waren für Frankl mehr als nur Fortbewegungsmittel. Frankl war ein leidenschaftlicher Motorradfahrer, und er sehnte sich nach den jährlichen Studienreisen und Sommerurlauben mit Christine in den Bergen, wo er intensiv malte und studierte.20 Das oft notwendige rasche Reagieren eines Malers auf Form und Farbe, speziell beim Aquarell, verglich der Künstler mit dem Motorradfahren bei hoher Geschwindigkeit.21 Es haben sich auch fotografische Aufnahmen erhalten, die Frankl für das spätere Arbeiten fern vom Gebirge, fern von einer für ihn wesentlichen künstlerischen Inspirationsquelle, nutzte (Abb. 7a–f ).22 Das Freiheitsgefühl auf zwei Rädern während der Fahrt entlang kurviger Alpenstraßen und über Gebirgspässe umgeben von grandioser und gewaltiger Natur schlug sich vor allem in Frankls späten Bergbildern nieder. Im Folgenden soll die stilistische Entwicklung innerhalb des landschaftlichen und alpinen Motivs hin zu den abstrahierenden Bergdarstellungen in groben Zügen nachvollzogen werden. d) Blick vom Nuvolau hin zu den Lagazuoi und Fanesbergen, Ampezzaner Dolomiten (Italien) e) Blick vom Nuvolau auf das Massiv des Monte Formin, Ampezzaner Dolomiten (Italien) f ) Blick auf die Sextner Dolomiten (Italien) mit dem Zwölferkofel vom Fischleintal aus Alle: Universität für angewandte Kunst Wien, Kunstsammlung und Archiv Frühe Landschaften „200 km vor Paris […] 1 250 km in 3 ½ Fahrtagen; Maschine besser als je, Strassen fabelhaft (Tempo zwischen 70 und 80)!“ Gerhart Frankl an Hans Skorpil, 1929 1922 entstanden im Kärntner Nötsch, wo Frankl ab 1920 bei Anton Kolig die Sommermonate verbrachte, erste Zeichnungen der dörflichen Umgebung (Abb. 8). Im Vergleich zu seinen an Kolig und Egon Schiele orientierten lebendigen Aktzeichnungen mit eher kurzen, vibrierenden Strichen (Abb. 9) dominiert in diesen Blättern eine geometrische und durchgehende Linienführung. Noch im selben Jahr verfolgte Frankl aufgrund seiner intensiveren Auseinandersetzung mit 30 31 gehts besser. […] Wenn ich auf der Leinwand so eine ‚grossartige Technik‘ hätte wie auf Papier, könnte ich reden, statt so verzweifelt herumzustottern.“28 Abb. 8 Gerhart Frankl Kirche und altes Schulhaus von Nötsch, 1922 Bleistift auf Transparentpapier, 30 x 42 cm Albertina Wien „Ein ungeheures Verantwortlichkeits-Bewußtsein lastet auf mir, das mit jedem seelischen Erlebnis stärker wird.“ Gerhart Frankl an Christine Büringer, 1925 Lehrer Kolig gemalt, bleibt daneben nur halblebendig.“25 Die Phantasie nach Rubens ist eines der wichtigsten frühen Ölbilder des Künstlers und weist bereits den Weg hin zu seinen schwungvollen Aquarellen und zur späteren stilistischen Auseinandersetzung mit alpiner Thematik. Der bewegte Pinselduktus des Gemäldes bleibt vor allem in den folgenden ab 1925 entstandenen Landschaftsaquarellen erhalten, die sich – so wie auch die kurz zuvor von Herbert Boeckl geschaffenen – in einer gekonnten Symbiose des Andeutens und Aussparens präsentieren und besonders reizvoll sind (Taf. 1, 3). Cézannes Aquarelle respektive seine Technik des partiell unbemalten Malgrundes hatten zweifelsohne Vorbildwirkung (vgl. La Montagne Sainte-Victoire, um 1900, The Barnes Foundation; vgl. auch Taf. 1 mit Abb. 11). Auf der Leinwand – es entstanden vorwiegend Stillleben und Landschaften – blieb Frankl jedoch meist kompakter und drosselte den Schwung des Pinselduktus zugunsten einer geschlosseneren formalen Festigkeit (vgl. Taf. 4).26 Treffend beschrieb er sein Gemälde Landschaft bei L’Estaque (1924; S. 16, Abb. 6): „Eisenbahnbrücke mit Felsen, Häuser und Bäumen – das ganze ein großer Block strengster Architektur – nicht viel Raum, aber ganz harte Form.“27 Die Diskrepanz zwischen Kompaktheit und minimalistischer Schwerelosigkeit oder Lockerheit der Darstellung, wohl auch zurückzuführen auf das angewendete Medium selbst, findet sich bei Frankl bis ins Spätwerk. Überblickt man sein gesamtes Œuvre, so wird zudem ersichtlich, dass ca. zwei Drittel davon Arbeiten auf Papier sind. Die Maltechniken und die Möglichkeiten auf Papier erlaubten Frankl einen freieren und versierteren Umgang. Je gekonnter er seinen künstlerischen Duktus auf dem Papier beherrschte – besonders die von ihm entwickelte Technik der Gouache-Pastell-Mischung der späteren Jahre, die er in mehreren Schichten auf das Papier auftrug –, umso mehr rang er mit der Technik respektive mit dem künstlerischen Ausdruck auf der Leinwand. „Das eigentliche MALEN (La peinture à l’huile est fort difficile, mais c’est bien plus beau que la peinture à l’eau) ist allerdings des Teufels. […] Auf Papier 32 Um 1926 begann Frankl, neben der Arbeit an lockeren Landschaftsaquarellen, u. a. die (Kontur-)Linie sowie die einzelnen Formen des Dargestellten zu betonen, wie in den Gemälden Neulengbacher Landschaft (1927) oder Döblinger Landschaft (1928; S. 19, Abb. 11) zu sehen ist. Novotny sprach von einer „konstruktiven Festigkeit“29. Die Auseinandersetzung mit Linie und Fläche dürfte Frankls Interesse an der Herstellung grafischer Blätter geweckt haben. Ab 1927 bis vornehmlich 1931 entstand ein umfangreiches druckgrafisches Konvolut – darunter auch landschaftliche sowie alpine Motive.30 Erstaunlich an diesen Blättern ist die Ausdrucksvielfalt: Hart gezogene Linien stehen neben weichen, kraftvolle Linienbündel neben feinsten Liniennetzen, kräftigere Abzüge neben zarten. Frankl schafft es, mit der Radiernadel einen fast malerischen Eindruck zu hinterlassen. „[…] die feinsten Schwingungen der Atmosphäre [sind] fast berührungslos vermerkt […]“31 und benetzen das Dargestellte (Abb. 12, 13). Man sieht Frankls intensive Beschäftigung mit dem Medium, aber auch seine Offenheit im Umgang mit neuen Techniken. „[…] jedes Blatt ist individuell, aus kühnster Kombination verschiedenster Verfahren entstanden, erst dem Studium der Originale gelingt es, das Raffinement zu entziffern, mit dem hier subtile Nuancen hervorgebracht werden“, so Hans Tietze, der 1930 die erste Monografie zum aufstrebenden Wiener Maler publizierte, die einen Œuvrekatalog der Radierungen beinhaltet.32 Ab 1932 verschärfte Frankl sukzessive die lineare und teilweise kristalline Struktur seiner Landschaftsaquarelle. Zahlreiche Arbeiten mit dominanten blauen, teilweise kantigen Linienbündeln entstanden (vgl. Taf. 7). „Das an Nüchternheit grenzende, asketisch strenge Konstruktionsgefüge, dieser Zeichnungen aus Geraden mit vielen eckigen Brechungen tritt bei dieser Umsetzung in Malerei als eine farbige Konturierung auf, welche undifferenzierte Farbparzellen – Gebäude, Felder, Waldpartien, Bäume und Bergmassen wiedergebend – umschließt.“33 Im Gemälde Blick auf Pill vom Pillberg (1933) und im später erarbeiteten, aber dazugehörigen Sepia-Blatt von 1936 (Taf. 8, 9) legt sich ein schematisch und grafisch reduziertes Konzept über das Dargestellte. Herbert Boeckl beschäftigte sich 1935 in seinem Rosental, Kärnten mit einem vergleichbaren schematischen Aufbau (Abb. 15). Frankl, dem sehr viel daran lag, die Malerei von Grund auf zu erlernen, dürfte sich an Cézannes theoretischen Ansatz angelehnt haben: „Alles in der Natur modelliert sich wie Kugel, Kegel und Zylinder. Man muß auf Grund dieser einfachen Figuren malen lernen, dann wird man alles machen können, was man will.“34 Bei Cézanne lässt sich dieser geometrische Aufbau in einigen Arbeiten, sowohl in Stillleben als auch in Landschaften, nachvollziehen, wenn auch nicht in derselben Strenge wie bei Frankl (vgl. Gardanne [Vue Verticale], um 1886, Metropolitan Museum of Art, New York, oder Abb. 14). Cézanne führt weiter aus: „[…] ich zeichne im Geiste ihr [der Landschaft, Anm.] steinernes Skelett. […] Ein fahles Wogen verhüllt die Linienzüge. […] Ich beginne mich von der Landschaft zu trennen, sie zu sehen. Ich löse mich von ihr durch diese erste Skizze, diese geologischen Linien. Die Geometrie, das Maß der Erde. Eine zärtliche Erregung ergreift mich. Aus den Wurzeln dieser Erregung steigt der Saft, die Farbe. Eine Art Befreiung. […] Eine luftige, farbige Logik tritt plötzlich an die Stelle der düsteren, hartnäckigen Geometrie. Alles ordnet sich, die Bäume, die Felder, die Häuser. Ich sehe. In Flecken. Die geologischen Grundlagen, die vorbe33 Abb. 9 Gerhart Frankl Männliche Aktstudie, 1920 Bleistift auf Papier, 45 x 31,2 cm Privatsammlung, London „Es geht ums Ganze – das hab ich nach dem Louvre auch gefühlt – aber damals kannte ich das Uferlose der Empfindung noch nicht. – Es ist, als hätte ich zum ersten Mal das Meer gesehen.“ Gerhart Frankl an Christine Büringer, 1925 Abb. 11 Paul Cézanne Statue unter Bäumen, um 1900 Bleistift und Aquarell auf Papier, 31,2 x 48 cm The Samuel Courtauld Trust, The Courtauld Gallery, London Abb. 10 Gerhart Frankl Phantasie nach der Gewitterlandschaft mit Philemon und Baucis von Peter Paul Rubens, 1922/23 Öl auf Leinwand, 104 x 139,6 cm The Samuel Courtauld Trust, The Courtauld Gallery, London reitende Arbeit, die Welt der Zeichnung bricht zusammen, ist zusammengekracht wie in einer Katastrophe. […] Eine neue Ära beginnt. Die wahre! […] Nun gibt es nur noch Farben und in ihnen Klarheit […]. Das Bild geben von dem, was wir sehen, und dabei alles vergessen, was vor uns erschienen ist.“35 Cézanne, der die Entwicklung des Impressionismus miterlebte, wollte über den flüchtigen Wirklichkeitseindruck hinausgehen und die Form verfestigen, verdichten, zusammenfassen.36 Im lag daran, dem Gesehenen etwas Dauerhaftes zu verleihen, das „unveränderliche Sein der Dinge“ festzuhalten.37 Dies erreichte er einerseits durch den Verzicht auf die klassische Perspektive, an deren Stelle gestaffelte Ebenen treten. Andererseits arbeitete er mit einzelnen Farbflecken, die ihren Eigenwert behalten und zugleich ein reales Objekt projizieren. Er schuf eigene Bildgesetze, die sich aus einem strukturalen Aufbau herauskristallisierten und zu Wegbereitern für den Kubismus wurden. Vor diesem Hintergrund lässt sich Frankls strukturiertes Vorgehen besser verstehen, der zudem 1929 in der Sammlung von Jacques Doucet und bei Paul Rosenberg kubistische Werke von Picasso und Braque studieren konnte.38 Anregungen durch künstlerische Ansätze eines Max Beckmann oder eines Piet Mondrian könnten impulsgebend gewesen sein.39 34 Umbruch 1938 Zu einem „höchst ungünstigen Zeitpunkt seiner Entwicklung“ mussten Gerhart und Christine Frankl ins Londoner Exil flüchten.40 Merklich ab 1930, nach dem Ankauf der Landschaft Ober St. Veit (1926) durch die Bayerische Staatsgemäldesammlung, der bei Frankl trotz des künstlerischen Erfolgs eine Schaffenskrise auslöste, malte er wenige Werke auf Leinwand und konzentrierte sich auf Papierarbeiten. Dies setzte er im Londoner Exil fort, wo er sich neben Ansichten von London und Bristol vor allem Baum- und Alleestudien rund um Hampstead, Westmoreland und Berkshire widmete und vorwiegend Tusche, Bister und Bleistift einsetzte (Taf. 10–12).41 Der Ausdruck wurde melancholischer, der Strich jedoch feiner, die Darstellung oft pointiert reduziert. Abgesehen von den schwierigen Herausforderungen und Umstellungen als Kriegsflüchtling vermisste Frankl vor allem die Berge und die Tiroler Landschaft:42 „[…] für mich war diese Allee [Bucklebury Avenue in Berkshire] ein Ersatz […] für das Inntal. Dort habe ich […] während der letzten zwei Jahre in Österreich gearbeitet, und versucht, zu einer Darstellung der Alpenwelt zu gelangen. So habe ich über 100 große lavierte Zeichnungen gemacht bei jedem Wetter, Winter und Sommer, bis ich […] ein Bestandteil 35 Abb. 12 Gerhart Frankl Uzerche, 1928 Diamantradierung auf Japanpapier, 16,7 x 21,9 cm Belvedere, Wien – Legat Peter Parzer, Wien Abb. 13 Gerhart Frankl Montblanc, 1928 Ätzung und Diamantradierung auf Japanpapier, 15,5 x 29,3 cm Belvedere, Wien – Legat Peter Parzer, Wien der Allee [wurde]. […] Ich glaube, daß ich dabei sehr viel gelernt, und auch manches erkannt habe, was bisher, mangels an der intensiven Bemühung nicht so klar zu erkennen gewesen war.“43 Einige Blätter zeigen ein sehr reizvolles Zusammenspiel der ausgreifenden Verästelungen von Bäumen mit architektonischen Elementen (Taf. 13, 14). Einzelne Äste verquicken sich mit Giebel-, Wand- oder Zaunelementen bzw. finden in diesen ihre Fortsetzung. In Bäume und Häuser auf Hampstead Heath (1940) scheint ein schmaler Baum aus dem Giebel des kleinen Häuschens am rechten Blattrand zu entspringen, am oberen Blattrand entwächst ein astähnliches Gebilde aus dem Schornstein. Gleichzeitig entstanden kolorierte Baumstudien und 1943 einige Ansichten des zerstörten Bristol, darunter auch sehr luftige, fast „verwaschene“ Aquarelle (Taf. 12, Abb. 16). Ab 1940 zeigt sich in einigen Blättern bereits eine zunehmend dynamische, gelöste und wilde Strichführung, deren strukturaler Aufbau Spontanität und Vitalität vermittelt (Taf. 15).44 Immer intensiver wird das Ineinanderfließen von Architektur und Landschaft. Das Blatt Voralpenlandschaft von Robin Christian Andersen, das sich wie viele andere Arbeiten des Künstlers in der Sammlung von Frankls Vater befand, zeigt eine strukturverwandte, verzahnte Auffassung der Häuser mit der umgebenden Vegetation (Abb.17).45 Nach dem Krieg Während der versuchten Rückkehr nach Wien in den Jahren von 1947 bis 1949 schuf Frankl vorwiegend Arbeiten zum Wiener Belvedere.46 Die Auseinandersetzung mit dem Ausblick vom barocken Garten über die Stadt, den Schlössern und den Skulpturen des Parks erfolgte in einer sehr heterogenen Stilsprache; darunter findet sich auch der in den Jahren zuvor bereits eingesetzte lebendige Tuschestrich (vgl. Taf. 44, 45, 48). Wieder in London – in Wien hatten sich keine Lebensperspektiven eröffnet –, experimentierte Frankl vornehmlich weiter an einem vitalen Ausdruck. Ab 1949 entstanden mehrere Skizzenbücher, darunter Ansichten des zerstörten London, die sich in einer sehr lebendigen Auffassung des 36 Architektonischen präsentieren. Mehr und mehr setzte Frankl Pastellfarben ein, die in den Skizzenbüchern leuchtende farbige Akzente zu den schwarzen Linien bilden oder auch ineinander verschmelzen. Das Ergebnis sind vibrierende Blätter, die eine dynamische und atmosphärische Wirkung zeigen (Abb. 18, Taf. 16). Arbeiten wie Baumstamm mit Gebirgslandschaft, Landschaft in Cumberland oder Bäume – Wiltshire (alle 1950; Taf. 18–20) weisen bereits den Weg auf Zukünftiges. Auch hier bleibt die Verbindung von architektonischen Andeutungen und naturverbundener Dynamik erhalten und wird weitergeführt. Ab 1950 unternahmen Christine und Gerhart Frankl von London aus jedes Jahr umfangreiche Reisen durch Europa und in die Alpen.47 1952 entstand in Tirol ein Skizzenbuch von besonderer zeichnerischer Qualität (Taf. 23). Mit zuckendem Strich und gezieltem Einsatz von teilweise verwischten Pastelltönen hielt Frankl die Fels- und Gipfelformationen in spartanischer Manier und stark abstrahierenden Tendenzen fest; Struktur und Farbe führen ein symbiotisches Eigenleben (vgl. auch Taf. 21, 22). Während Frankl seine „elastische“ und flexible Mischtechnik aus Pastell und Gouache, teilweise mit Kohle, optimierte, kam es 1957 zu einer für ihn wichtigen künstlerischen Erkenntnis: „Nun ist […] eine Serie, wenn auch nur von Gouache Bildern, entstanden, die mich fühlen lassen, dass ich, wenn auch nur ‚auf schmaler Front‘ endlich gemacht habe was ich schon seit eben 30 Jahren wollte: nämlich künstlerische Darstellungen des Hochgebirges. […] Im Sommer 57 waren wir wieder einmal in Pill […] Zimmer mit herrlichen Blick über das Inntal. Dort habe ich angefangen vom Fenster aus zu malen und dann hat es fast vier Wochen geregnet, die Aussichten waren fast immer ganz in Nebel gehüllt. Weil ich aber eine solche Sehnsucht hatte eben doch die Berge zu malen hab ich, am Fenster stehend weitergemalt wenn auch nichts zu sehen war und hab auf diese Weise nach der Natur auswendig gemalt. Das ist so gut gegangen, so natürlich und einfach dass ich dann in London weiter so gearbeitet habe, wohl auch deshalb weil ich so leidenschaftlich gern ‚weg‘ sein wollte. […] Ich glaube, dass diese […] Blätter enthalten und sichtbar machen was ich während meines ganzen Lebens in den Bergen erlebt habe. […] ich glaube, dass diese Dinge schoen sind […] ich hab dann wieder einige Blätter 37 „Die zerflatternde Unruhe der Formen und die lastende Materialität in ihrem bloßen Quantum erzeugen in ihrer Spannung und ihrer Balance den Eindruck, in dem sich Erregtheit und Frieden einzigartig durchdringen.“ Georg Simmel über die Alpen in Philosophische Kultur, Leipzig 1919 Abb. 14 Paul Cézanne Kurvige Straße (La route tournante), um 1905 Öl auf Leinwand, 73 x 92 cm The Samuel Courtauld Trust, The Courtauld Gallery, London Abb. 15 Herbert Boeckl Rosental, Kärnten, 1935 Öl auf Leinwand, 90,5 x 115 cm Artothek des Bundes gemacht in denen die Gebirgserfahrungen auf das Thema ‚London‘ angewendet sind [Abb. 19]. Selbstverständlich ist es unmöglich auf diese Weise etwas zu erzeugen das topographisch richtig ist. Die Dinge sind abstrakt im Sinn kompositioneller Aktivität, aber nicht sehr abstrakt im normalen Sinn. […] Wie schoen wäre es wenn diese Dinge auf Leinwand wären und damit Bilder im normalen Sinn. Das ist aber kaum moeglich. Ich kann mir derzeit keine Technik vorstellen die die zahllosen radikalen Veränderungen, die zu dieser Art zu malen gehören – eine Art Automatik – auf Leinwand erlauben würde ohne dass Schwere und Komplikationen entstehen. […] das Resultat muss die Leichtigkeit der Unfehlbarkeit haben.“48 (Taf. 26, 27) In Frankls Blättern lösen sich die Formen auf, werden zunehmend abstrakt. Felsen und Gebirgszüge werden durch den Wechsel von Farbe und kristallinen Strukturen angedeutet; wenige Linien setzen Akzente; Tiefe und Dreidimensionales bleiben spürbar. Wie bei den Londonansichten wandte Frankl seine neuen Erkenntnisse bei anderen Motiven an, etwa bei Salzburg (1962), das er im Auftrag der Stadt malte (vgl. Taf. 34). Architektur und Häuser verschmelzen mit dem Mönchsberg, etwas, das uns schon in Werken um 1940 begegnet und das Frankl auch im Spätwerk beschäftigte. Dolomiten – Frühling (1961) ist diesbezüglich ein spannendes Blatt (Taf. 33). Hier arbeitete Frankl mit dem schon in vielen Papierarbeiten angewendeten Aussparen des Malgrundes auf farbigem Papier. In der linken Bildhälfte stülpen sich die beiden kleineren Berggipfel über ein Gebäude (Kirche?). Die Formationen der künstlichen Architektur werden zu Mitgestaltern erhabener Gipfel. Auch die Infrarotreflektografie des Gemäldes Gasteinertal im Winter (1962; Taf. 29) legt unter der Malschicht bauliche Elemente als Art Unterzeichnung frei.49 38 Frankl gelang es, ausgehend vom Studium Alter Meister,50 von der Kunst Paul Cézannes und von seinen persönlichen Erlebnissen in den Alpen sowie durch das erwähnte Studium der Baumalleen in England als Ersatz für die alpine Landschaft einen Weg zu finden, seine Sehnsucht nach den Bergen respektive die Dramatik der Hochgebirgswelt mit einer „höchst flexiblen Technik“ künstlerisch einzufangen (Taf. 24–27).51 Die eigentliche Undarstellbarkeit der Monumentalität, der Masse, der Erhabenheit und der Weite der Alpen wie auch des Lichts im Gebirge, die die „Kapazität der Malerei zersprengt und sie immer wieder schmerzlich an die Unzulänglichkeit ihres Tuns erinnert“, löste Frankl durch Enthebung des Gegenständlichen hin zum Formauflösenden, Gestaltlosen, fast Transzendenten.52 Der Ausgangspunkt blieb die Natur, „die er bei aller scheinbaren Abstrahierung letztlich doch nur konzentriert und ins Bild, in eine höhere, packende malerische Erscheinung verwandelt“53. Der Künstler sprach zudem von der Fortführung der manieristischen „Weltlandschaft“ in eine abstrakte Formensprache.54 Dabei ist die Farbe Blau in den späten Bergphantasien vorherrschend.55 Michel E. Chevreul, mit dem sich Frankl auseinandersetzte, charakterisierte diese wie folgt: „Blau, die Farbe der Luft, des Wassers und der Ferne, auf welcher Modellierung und Luftperspektive vorzugsweise beruhen, ist ruhig, kalt und lichtschwach. Es tritt entschieden zurück […]. Es ist dem Auge angenehm, stimmt alle warmen Töne herab […]. In der Malerei ertheilt Blau der Landschaft im allgemeinen eine poetische Stimmung […]. Es stimmt durch den Contrast alle übrigen Farben heiter, doch darf es nie dunkel gehalten werden.“56 Für Cézanne war bei der Naturdarstellung eine genügende Menge Blau von Bedeutung, „um die Luft fühlbar zu machen“57. 39 „In Tirol war das Schönste und unerwartet, daß die Natur nicht nur unberührt war […], sondern daß die Berge, die wir 1947 bedenklich und brutal vorgekommen sind jetzt leicht und elegant und sehr voll Form – wie große Bergkristalle – vorgekommen sind. Überhaupt die kleine Form wiederholt in der großen.“ Gerhart Frankl an Fritz Novotny, 1951 „Let us hope that the success of this exhibition will enable Mr. Frankl who is a fervent motorcyclist to buy a helicopter by means of which he could study further unheard of effects of clouds.“ Ernst Gombrich bei der Eröffnung in der Londoner Reid Gallery, 1960 Abb. 16 Gerhart Frankl Ansicht von Bristol, 1943 Aquarell auf Papier, 39,3 x 54 cm Albertina Wien Fritz Novotny schrieb 1962 im Zuge der Vorbereitungen zur ersten musealen Frankl-Retrospektive in Österreich an Frankl: „[…] sie machen mir wirklich sehr großen Eindruck, ich glaube, daß sich hier ‚ein Kreis schließt‘, an dessen Anfang […] die Rubens-Paraphrase steht. […] Ich glaube dass diese Serie der späten Landschaften in dem guten Nordlicht im Haus des Prinzen Eugen prachtvoll blau von den Wänden herunterleuchten [wird]!“58 Das tut sie heute noch. 15Für BMW-spezifische Informationen danke ich Fred Jakobs vom BMW Group Archiv, München. Die Modelle unterscheiden sich nur durch die Hubraumgröße. 16 GF an CF, undatiert [1952], Privatarchiv. 17 Wie Anm. 16. 18 GF an David Blackburn, 20. September 1964, Privatarchiv. 19 GF an Erwin Thalhammer, 27. September 1963, UAK, GF 192. 20 CF an FN, 19. Jänner 1973, UAdUKW, TFN. 21 Ernst Gombrich, „Gerhart Frankl“, Vorwort in Gerhart Frankl 1901–1965, Ausst.-Kat. Hayward Gallery, London, London 1970, S. 2. 22Gerhart Frankl kaufte oft Postkarten und machte Notizen, um später damit weiterarbeiten zu können. CF an FN, 12. August 1973, UAdUKW, TFN. 23 Wie Frankl hatte auch Cézanne keine akademische Ausbildung absolviert und sich sein Wissen vor allem im Louvre durch das Studium der Alten Meister erarbeitet. 24 Öst. Mediathek, Interview 1962, 99-63051. 25 Anonymus, „Ausstellung bei Würthle“, in: Der Tag, 12. Jänner 1924. 26 Vgl. den Beitrag von Matthias Boeckl in diesem Katalog. 27 GF an Christine Büringer, 22. September 1924, UAK, 11.948/Aut. 28 GF an FN, 12. März 1962, AdB, 291/1962. Frankl bezieht sich auf einen Ausspruch von Cézanne: „Ölmalen ist nicht leicht, Aber Wasserfarben sind seicht […].“ Paul Cézanne, Über die Kunst. Gespräche mit Gasquet und Briefe, Hamburg 1957 (franz. Originalausgabe 1926), S. 55. 29 Novotny 1973 (wie Anm. 2), S. 13. 30 Bis 1931 entstanden 73 Opusnummern. 31 Leopold Rochowanski, „Gerhart Frankl“, in: Wiener Kurier, 12. November [1946]. 32Hans Tietze, „Alpenradierungen von Gerhart Frankl“, in: Die graphischen Künste, Jg. 53, Wien 1930, S. 43–46. – Hans Tietze, Gerhart Frankl. Mit einem Œuvrekatalog der Radierungen des Künstlers, Wien 1930. 33 Novotny 1973 (wie Anm. 2), S. 20. 34 Cézanne 1957 (wie Anm. 28), S. 76. „Was mich betrifft, […] ich müßte die Geologie kennen, die Art und Weise, wie Sainte-Victoire mit dem Lande verwurzelt ist, die geologische Farbe der Bodenarten, das alles erregt mich, hilft mir weiter.“ Ebd., S. 24. 35 Cézanne 1957 (wie Anm. 28), S. 13f. 36 „Aber in die Flucht aller Dinge, in diese Bilder Monets muß man jetzt eine Festigkeit bringen, ein Gerüst.“ Cézanne 1957 (wie Anm. 28), S. 24. 37 Ingo F. Walther (Hg.), Kunst des 20. Jahrhunderts, Köln u. a. 2000, S. 21. Kristian Sotriffer in Die Presse, 1999 Abb. 17 Robin Christian Andersen Voralpenlandschaft, um 1922 Kohle auf Papier, 33,5 x 43,5 cm Galerie 16, Wien 1 Kristian Sotriffer, „Vom Fluidum der Dinge in letzten Wesenheiten“, in: Die Presse, 18. Dezember 1999. 2 Brief vom 25. Jänner 1973, AdB, LPP. – Fritz Novotny, Gerhart Frankl, Salzburg 1973. 3 Christine Frankl (CF) an Peter Parzer (PP), 14. Mai 1980, AdB, LPP. 4 Jahresangabe fraglich. 5 Biography, undatiert, Typoskript, Privatarchiv. 6 Vgl. Bettina Hausler, Der Berg. Schrecken und Faszination, München 2008. 7 CF an PP, 6. Februar 1979, AdB, LPP. 8 „Ganz abgesehen davon, dass er [Isepp] mir das Klettern im Fels beibrachte und lange Spaziergänge mit mir durch die Wälder […] machte, in denen er ueber viele Dinge die mit Malerei zu tun haben, mit mir wie mit einem Erwachsenen sprach, hat er mein Qualitätsgefühl sehr gesteigert und meine Augen trainiert. […] Er hat mein Interesse fuer Malerei gesteigert […] ich hab ihn sehr bewundert und geliebt und verdanke ihm alles was ich weiss. […] Ohne diese Schule haette ich das Leben mit Gerhart nicht ausgehalten und ihm auch nicht helfen koennen […].“ CF an Sabine Isepp, 1977, UAK, GF 245. 9 CF an PP, 24. April 1977, AdB, LPP. 10 Gerhart Frankl (GF) an Fritz Novotny (FN), 13. Mai [1935 oder 1936], UAK, 11.943/4. 11 CF an PP, 14. Dezember 1978, AdB, LPP. 12 Prüfungszeugnisse (Kraftwagen: 4. April 1930), UAK, GF 41, GF 59. 13 Siehe Postkarten von GF an Emil Frankl, 1928–1931, UAK, 11.952/1-18/Aut. 14Im historischen KFZ-Verzeichnis des Technischen Museums Wien ist im Jahr 1937 Christine Büringer, Bankbeamtin, als Besitzerin angeführt. Gerhart Frankl unternahm mit dem Wagen auch Touren mit Fritz Novotny. CF an PP, undatiert [1977], AdB, LPP. 40 „[Frankls] Bergphantasien und die von ihnen abgeleiteten ‚Phantasmagorien‘ heben ihn aus allem hervor, was österreichische Maler seiner Generation geleistet haben. […] Zwar malte er wunderbare Landschaften, Stillleben und Figurenbilder. Sie erreichen aber kaum je diese einem Erlebnis – und nicht bloß dem formalen Gedanken – entsprungene Elementarität, das sich von einem gesuchten und gefundenen Ansatz zugunsten jener Fügungen und Durchmischungen abhebt, die einen eigenen Kosmos herausbildet.“ 41 Abb. 18 Seite aus dem Skizzenbuch War-damaged London and St. Paul’s Cathedral, 1949–1953 Pastell und Tusche auf Papier, 26,5 x 37,2 cm Albertina Wien „Unerträglicher Konflikt zwischen: […] Zittern um diese Brotarbeit [Vorträge, Anm.] Und der endlich erreichten Greifbarkeit von Resultaten künstlerischer Art mit den ‚Alpen‘ Blättern, jetzt schon bald 70, fast das beste ganz neu. […] Aber um Gottes willen, ich muss doch meine Wurst braten, jetzt hab ich sie endlich in der Pfanne, es hat lang gedauert, es ist nicht mehr viel Zeit. Nichts Titanisches, abgründig-sensationelles, aber ich glaube es ist was, es wird halten, eine kleine Nische.“ Gerhart Frankl an Klaus Demus, 1959 38 „Heute bei Doucet unerhörte Dinge gesehen (3 Stunden!). Ebenso bei Rosenberg […].“ GF an Emil Frankl, 4. Oktober 1929, UAK, 11.952/11/Aut. – Jacques Doucet (1853–1929), französischer Modeschöpfer und Kunstsammler. Seine Sammlung umfasste Gemälde, Zeichnungen und Möbel vom 18. Jahrhundert bis in die Neuzeit, darunter Meisterwerke von u. a. Degas, Manet, Rousseau, La Tour, Van Gogh oder Cézanne, auch Picassos wichtiges Gemälde Les Demoiselles d’Avignon. André Breton war Doucets Berater. Siehe Marie Dormoy, „Jacques Doucet“, in: Kunst und Künstler, Jg. 27, H. 6, 1929, S. 233ff. – Paul Rosenberg (1881–1959), französischer Kunsthändler mit Galerien in Paris, London und New York. Er unterstützte vor allem junge Künstler wie Picasso, Braque, Léger, Matisse und präsentierte Werke von Degas, Renoir oder Rodin. Rosenberg war eng befreundet mit Alfred Barr, dem damaligen Direktor des MoMA in New York. 39Frankl profitierte wesentlich von den Eindrücken seiner intensiven Studienreisen nach Frankreich, Deutschland, Italien oder Holland. Hinsichtlich des Linearen und Konturhaften könnte seine Bekanntschaft mit Max Beckmann im Oktober 1924 in Frankfurt a. M. Einfluss gehabt haben. Beckmann begann in jenem Jahr die Gegenstände in seinen Bildern mit schwarzen Konturen zu versehen und so der jeweiligen Form mehr Dominanz zu geben. In Paris 1924 respektive in Holland 1925 könnte Frankl auch in Kontakt mit den Arbeiten Piet Mondrians gekommen sein. Mondrian lebte damals in Paris und war bereits ein anerkannter Künstler. Erfolge brachten vor allem seine frühen Landschaften. Vornehmlich dominieren hier einzelne Formen, die mehr oder weniger voneinander abgegrenzt sind (vgl. Bei der Arbeit, 1898, oder Farm bei Nistelrode, 1904). Bilder wie Dünenlandschaft (1910/11), Landschaft mit Bäumen (1911/12) oder Stillleben mit Ingwertopf I und II (1911/12) könnten inspirierend gewesen sein. Mondrians theoretischer Ansatz des Theosophischen (Neoplastizismus) war für Frankl nicht interessant, wohl aber dessen Suche nach einem universalen, zeitlosen Prinzip im Künstlerischen. Mondrian verstand zudem seine in Folge abstrakte Malerei als Fortführung der Kunst vergangener Jahrhunderte. Ein direkter Kontakt zwischen Frankl und Mondrian ist bis dato nicht belegbar. – Allgemein zur Farbe Schwarz bei Beckmann: Ortrud Westheider, Die Farbe Schwarz in der Malerei Max Beckmanns, Berlin 1995. – Abbildungen der Werke in Mondrian. From figuration to abstraction, Ausst.-Kat. The Tokyo Shimbun/The Haags Gemeentemuseum u. a., Tokio 1987. 40 Wie Anm. 24. 41„Daß wir nicht untergegangen sind, ist vor allem der Arbeit meiner Frau zu danken, die […] 4 Jahre lang einer Familie den Haushalt geführt hat während einer Zeit wo ich in der Allee gezeichnet habe.“ GF an FN, 23. Februar 1946, UAK, 11.944/1-42/Aut. 42 Später noch schrieb CF an eine Frau Kleinwächter: „Gerhart vermisst die Österreichische Landschaft, die Berge, das Licht, die Sonne. Ich habe ähnliche Gefühle, aber für ihn als Künstler ist die Wunde noch tiefer.“ 19. November 1959, AdB, NAK, Gerhart Frankl, Kopie. 42 43 GF an FN, 16. Februar 1946, UAK, 11.944/1-42/Aut. 44Ab 1940 entstanden zudem zahlreiche Bleistift- und Tuschestudien nach Rubens, Delacroix, Tizian oder Rembrandt mit einem schwungvollen, vitalen Strich und erfüllt von „starker Bewegtheit“ (Novotny 1973 [wie Anm. 2], S. 24). 45Vgl. R C Andersen (1890–1969), Ausst.-Kat. Galerie 16, Wien, Wien 1997. 46 Siehe dazu S. 45ff. 47 CF an FN, 7. Februar 1972, UAdUKW, TFN. 48 GF an FN, 6. Juni 1959, UAK, 11.945/23/Aut. 49 Siehe S. 96. 50 Neben Anregungen von William Turner, Adalbert Stifter oder Eugène Fromentin. Arbeiten von Turner sah Frankl in London, 1951 hielt er einen Vortrag über Turners Einfluss auf die europäische Kunst. Wolkenstudien von Stifter waren ihm aus Fritz Novotnys Buch Adalbert Stifter (Wien 1941) bekannt. Der französische Künstler Eugène Fromentin, dessen Werke Frankl kannte, arbeitete an der Darstellung der Phänomene des Lichts und der Luft. 51Die Technik erlaubte ihm auch, „dahinzuphantasieren“. GF an Klaus Demus, 10. März 1961, ÖNB, Wien, Autogr. 1304/15-2 Han. Er ließ sich auch von „Zufällen“, von dem, was auf der Leinwand passierte, anregen. CF an FN, 24. März 1962, AdB, 291/1962; GF an Klaus Demus, 12. Mai 1962, ÖNB, Wien, Autogr. 1304/17-2 Han. 52 Tietze „Alpenradierungen“ 1930 (wie Anm. 32), S. 43f. – „Weil das Transzendente, das Absolute, in dessen Stimmung uns diese Landschaft verwebt, über alle Worte hinaus ist, so liegt es auch […] über aller Form. Denn alles Geformte ist als solches ein Begrenztes […] das Transzendente formlos […].“ Georg Simmel, „Die Alpen“, in: Philosophische Kultur, Leipzig 1919, S. 137. 53 Johann Muschik, „Frankl: ein Maler, der es sich schwer macht“, in: Neues Österreich, 24. Jänner 1962, S. 7. 54 Wie Anm. 24. 55Ab 1959 entstanden einige Arbeiten, die Frankl u. a. mit Bergphantasie betitelt hat, diese sind teilweise nummeriert. 56 Michel E. Chevreul, Die Farbenharmonie, 2., gänzl. umgearb. Aufl., Stuttgart 1878, S. 39f. 57 Cézanne 1957 (wie Anm. 28), S. 22. 58 FN an GF, 5. Jänner 1962, UAK, 11.946/1-23/Aut. Abb. 19 London, 1961 Pastell und Gouache auf Papier, 41,5 x 55 cm Privatsammlung, London 43 Ein Intermezzo in Wien 1947 bis 1949. Frankl und das Belvedere Kerstin Jesse Am 22. Juli 1938 floh das Ehepaar Frankl aufgrund der jüdischen Wurzeln Ger- „Das ist das Ärgste, dass alles, hart Frankls ins Londoner Exil.1 Am 20. September 1947, nach neun entbeh- alles mit Assoziationen und rungsreichen und unsicheren Jahren, kehrten beide vorfreudig, aber auch ange- Erinnerungen belastet ist, immer!“ Gerhart Frankl an Gerta Calmann, 1940 spannt nach Wien zurück, nicht ahnend, dass ihre Heimkehr nur von kurzer Dauer sein würde.2 „Ich finde es schwer derzeit irgendetwas Vernünftiges zu schreiben: die Entspannung nach dem endlich gefaßten Entschluss und die Spannung am Beginn der Unternehmung der Heimkehr sind recht hinderlich“, schrieb Gerhart am 22. Juli 1947 an seinen Freund Fritz Novotny.3 Bereits im April 1946 stand die Absicht, nach Österreich zurückzukehren, im Raum, die sich bald verfestigte.4 Im November desselben Jahres reiste Gerhart Frankl für zehn Tage nach Wien, wo kurz vor seiner Ankunft in der Neuen Galerie eine monografische Ausstellung mit 75 seiner Werke eröffnet hatte. Der Besuch in der Hauptstadt hatte zusätzlich das „Heimweh […] angefacht“, so Frankl an Vita Künstler.5 Zudem sehnte er sich danach, sich voll und ganz auf seine künstlerische Tätigkeit konzentrieren zu können: „Wenn das Malen nur endlich wieder meine normale Beschäftigung wäre.“6 Das Ehepaar war im Zusammenhang mit der bevorstehenden Rückkehr von „vielen starken Gefühlen bewegt“7, auch der Verlust seiner Eltern quälte Frankl: „Sie werden verstehen, dass ich auch jetzt nichts sagen kann über das Schreckliche, das sich ereignet hat und das zu verhindern mir nicht gelungen ist“, schrieb er im Jänner 1946 an Novotny.8 Um die aufwendige sowie zeit- und kostenintensive Organisation der Rückkehr finanzieren zu können, war Frankl gezwungen, Werke aus der Sammlung seines Vaters Emil Frankl zu verkaufen (Abb. 2).9 In Wien angekommen, stand das Ehepaar jedoch unerwartet ohne Obdach da. Die in Aussicht gestellte Wohnung war in der Zwischenzeit rechtswidrig vermietet worden, und die Frankls kamen vorerst provisorisch bei ihrem Freund Charles Baty in der Sauraugasse 23 in Wien-Hietzing unter.10 Die folgenden Wochen und Monate gestalteten sich schwierig und nervenaufreibend. Einerseits führten die Versuche, die ehemalige Atelierwohnung in der Nußdorfer Straße 43 wieder zurückzuerhalten, zu keinem Erfolg, und andererseits begann eine Odyssee unzähliger Behördenwege mitsamt allerlei Schikanen sowie Besichtigungen zahlreicher Wohnungen, deren Anmietung meist aus finanziellen Gründen scheiterte.11 Durch die Intervention von Fritz Novotny und Karl Garzarolli-Thurnlackh, dem damaligen Direktor der Österreichischen Galerie (1947–1959), gelang es schlussendlich, Gerhart und Christine Frankl zwei Räume im Unteren Belvedere interimistisch für ein Jahr zuzuweisen.12 Nach erfolgtem Einzug am 5. Dezember wurde das Wiener Belve45 Abb. 1 Oberes Belvedere, die durch Bomben schwer beschädigte Westseite des Schlosses, 1944 Österreichische Nationalbibliothek, Bildarchiv dere Mittelpunkt und wichtigster Bezugspunkt des Künstlers – sowohl hinsichtlich seiner neuen Aufgabe als Restaurator als auch als wesentliche Inspirationsquelle seines künstlerischen Outputs. Abb. 2 Franz Wiegele Stillleben mit Rotweinglas, um 1918 Öl auf Leinwand, 36,5 x 45 cm Galerie Magnet, Völkermarkt Das Bild befand sich einst in der Sammlung von Emil Frankl und wurde 1947 von Gerhart Frankl an eine private Sammlung verkauft, wohl um seinen Umzug von London nach Wien finanzieren zu können. Frankl war trotz aller Widrigkeiten entschlossen, in Wien wieder Fuß zu fassen, und versuchte, sein soziales Netzwerk auf beruflicher wie privater Ebene zu beleben und zu erweitern. Bereits im Dezember 1945 bewarb er sich für eine Professorenstelle an der Akademie.13 Über eine Berufung wurde zwar diskutiert, jedoch fehlte laut dem Bundesministerium für Unterricht eine vakante Position.14 Mit Erlass des Ministeriums vom 23. Jänner 1948 erfolgte zumindest die Zustimmung zur Beschäftigung Frankls als „Restaurator“ am Belvedere.15 Auf Vorschlag von Karl Garzarolli wurde Frankl am 21. Februar 1948 neben Otto Benesch und Alfred Mell zum Mitglied der Beratungs- respektive Tauschkommission an der Österreichischen Galerie ernannt.16 Die Kommission, deren Tätigkeit ehrenamtlich war, hatte die Aufgabe, Werke zu tauschen oder zu verkaufen, um bessere Kunstwerke respektive Arbeiten von nicht vertretenen Künstlern erwerben zu können. Bei den Vierten Internationalen Hochschulwochen 1948 in Alpbach fungierte Frankl als künstlerischer Leiter und zeichnete neben dem Schweizer Historiker Dietrich Schwarz für die Kunstsektion verantwortlich.17 Vom 17. März bis 8. April 1948 folgte Frankl einer Einladung von Maurice Besset, Leiter des Institut Français d’Innsbruck, und reiste nach St. Christoph (Arlberg) zu den Semaines Universitaires de Pâques, bei denen er zwei Vorträge hielt.18 Im Mai und/oder Juni 1948 bot Gerhart Frankl an der Universität Wien einen Kurs über Malereitechniken an.19 Rund ums Belvedere „Der Blick auf Wien vom Belvedere aus, bei strahlendem Wetter war wieder recht erhebend.“ Fritz Novotny an Christine Frankl, 1975 Trotz dieser zahlreichen Beschäftigungen und der bürokratischen Hürden war Frankl in den insgesamt 16 Monaten seines Aufenthalts in Wien künstlerisch höchst produktiv. Am 12. Juli 1948 erhielt er einen Auftrag der Stadt Wien, den Schauspieler Paul Hörbiger zu porträtieren (S.83, Abb. 9); weiters entstanden Bildnisse von Charles Baty, Klaus Demus und seiner Frau Christine Frankl.20 Näherer Betrachtung wert ist die in jenen Monaten entstandene umfangreiche BelvedereSerie, die durch ihren formalen und stilistischen Variantenreichtum besticht. Frankls neue „barocke“ Umgebung bot ein optimales Spannungsfeld an Inspiration und führte zu einem intensiven wie kreativen Schaffensprozess. Die Gärten und Nebengebäude der beiden Schlösser des ehemaligen Bauherrn Prinz Eugen von Savoyen, die Skulpturen und Brunnenanlagen sowie der beeindruckende Blick über die Wiener Innenstadt bis hin zu Kahlen- und Leopoldsberg waren Quellen für die Kreativität und die Motivwahl vieler Künstler gewesen. Neben den dokumentarischen Stichen von Salomon Kleiner zum Belvedere stammt eine der wohl bekanntesten Ansichten über Wien von den Savoyen-Schlössern aus von Bernardo Bellotto, gen. Canaletto.21 Vor 1945 beschäftigten sich auch u. a. Rudolf von Alt, Tina Blau, Herbert Boeckl, Lilly Charlemont, Hans Frank, Karl Gunsam, Edgar Jené (Abb. 3), Anton Hans Karlinsky (Abb. 4), Oskar Laske, Carl Moll, Franz Rumpler, Leander Russ, Lilly Steiner oder Carl Schütz mit Motiven innerhalb der Schlossanlage sowie mit dem herrlichen Ausblick über die Stadt (vgl. Abb. 5).22 46 Freilich war das Wien, in das die Frankls zurückkehrten, ein total verändertes: Die Bevölkerung war von den kriegerischen Erlebnissen desillusioniert, und die Zustände unter der Führung der vier Bestatzungsmächte gestalteten sich anfangs schwierig. Zudem war die Stadt durch über fünfzig Luftangriffe teilweise stark beschädigt worden, wie die von Hans Riemer zusammengetragenen Fotografien anschaulich dokumentieren.23 Gottfried Hohenauer erinnerte sich: „Unvergesslich bleibt mir dieser erste Besuch [Februar 1946, Anm.] im winterlichen Nachkriegs-Wien, vordergründig freilich wegen der so tristen, ja erschütternden Veränderungen im Anblick alter mir durch Jahrzehnte vertraut gewesenen Örtlichkeiten und Bauten […].“24 Fritz Novotny dokumentierte zahlreiche Kriegsschäden am Belvedere (Abb. 1, 6a–j) und sprach angesichts der Überreste vom Bau des sogenannten „Führerbunkers“ von einer „schauerlich verunstalteten Parklandschaft“ sowie von den „arg zerstörten Kulissen der Nebentrakte“. In der Gewölbezone des großen Marmorsaals war eine Bombe explodiert; weiters gab es zahlreiche scheibenlose Fenster, verzogene Türen und zerbrochene Wandspiegel zu beanstanden. Durch den Wind wurden „beträchtliche Teile der Kupferdächer weggerissen […], und die schweren Regengüsse der letzten Wochen haben arge Schäden verursacht“, etwa Deckenfresken ruiniert. Auch das Untere Belvedere, beispielsweise der zum Teil vernichtete Groteskensaal, hatte „schwere Zerstörungen erlitten“.25 Belvedere-Serie Soweit bekannt umfasst die künstlerische Serie mit Motiven aus dem Belvedere sechs Leinwände und über vierzig Studien, Zeichnungen und Aquarelle. Wie schon Lilly Steiner 1924 hatte auch Frankl die Möglichkeit, den Blick über die Stadt vom Marmorsaal des Oberen Belvedere aus zu malen.26 Motivisch überwiegen der Blick über Wien sowie skulpturale Studien. Lockere und teilweise reduzierte Tusch- und Aquarellblätter (Taf. 48, vgl. mit Abb. 7) stehen Arbeiten mit kraftvollen Liniengeflechten und expressiver Kolorierung (vgl. Taf. 51) gegen47 Abb. 3 Edgar Jené Blick vom Oberen Belvedere auf den Belvederegarten und Wien, 1938 Öl auf Holz, 55 x 68 cm Wien Museum Abb. 4 Anton Hans Karlinsky Blick vom Belvedere auf Wien, 1943 Öl auf Leinwand, 104 x 128 cm Belvedere, Wien über. Peter Gorsen beschrieb treffend, dass oft „die Farbe in autonomen Streifen, Flächen und Flecken über die getuschten Gebäude- und Häuserstrukturen gelegt wird“ und dadurch „zeichnerische Raster und Konturen malerisch aufgelöst werden und der Tiefenraum sich verflächigt“.27 Dabei entstanden grafisch reizvolle, spontane, fast atmosphärisch wirkende, vibrierende und lebendige Arbeiten (vgl. Taf. 51, 52). Auffallend an den wenigen Gemälden, deren Größe monumentaler ist als sonst bei Frankl üblich, ist der stilistische Wechsel zwischen reduzierter Expressivität, linearer Betonung und geometrisch-konstruktivistischer Strenge (vgl. Taf. 46, 49). Die Hervorhebung von Linie und Fläche findet sich bereits in Arbeiten des Künstlers aus den 1920er-Jahren.28 Cézanneskes Gedankengut spielt bei Frankl grundsätzlich eine wesentliche Rolle.29 Kubistische, futuristische und konstruktivistische Einflüsse auf die österreichische Moderne wurden bereits diskutiert und auch für den Wiener Kinetismus geltend gemacht.30 Die Schule von Johannes Itten, der von 1916 bis 1919 in Wien weilte, darf als Einfluss auf das damalige Wiener Kunstschaffen nicht unterschätzt werden (Abb. 8); detto die ab 1919 in Wien lebenden ungarischen Exilanten, allem voran Lajos Kassák.31 Im Zuge der Entstehung der Belvedere-Serie beschäftigte sich Frankl intensiv mit kubistisch-konstruktivistischen Elementen und erreichte darin einen Höhepunkt im Gemälde Wien III (Taf. 55). Während des Londoner Exils entstanden vornehmlich naturalistische Baum- und Landschaftsstudien sowie Skizzen nach Alten Meistern. Dass Frankl sich nach seiner Rückkehr u. a. einer ganz anderen Formensprache zuwandte, unterstreicht seine rastlose Suche im formalen und künstlerischen Ausdruck mit dem Ziel, wie sein Vorbild Cézanne etwas Bleibendes zu schaffen.32 Dabei war der von permanenten Zweifeln geplagte Künstler selbst sein größter Kritiker. Sein früher Mentor Anton Kolig notierte bereits 1922: „Insbesondere hat Gerhart nach heftigsten Krisen neue große Fortschritte gemacht. – Er hat ja vor jedem Fortschritt die schauderhaftesten Fieberstadien durchzumachen, die, bei Gott, auch seine Umgebung stark in Mitleidenschaft ziehen. Kommt dann aber der erlösende Moment, so wird aus diesem sich und die anderen quälenden Kranken ein liebes gutes Kind – und aus seinem Toben mit Farben und Mitteln – erstaunliche und prächtige Resultate.“33 „Nun, jede gewaltsame Erweiterung des Horizontes ist mit solchen schmerzhaften Dehnungen und Spannungen verbunden und da ja auch das WERK sich der Schätzung entzieht, bleibt nichts über, als dem Schicksal zu vertrauen, das einem bisher, ein – innerlich – so märchenhaftes Leben geschenkt hat. Niemand hat das Recht, mich um meine Erlebnisse zu beneiden. Denn dieses ist Qual und die seltenen Augenblicke der Verzückung bezahle ich nicht anders als ein Opiumraucher mit furchtbarer Depression.“ Gerhart Frankl an Christine Büringer, 1925 Im expressionistisch-gemäßigten Gemälde aus dieser Reihe (Taf. 46) überwiegt eine zentralperspektivische atmosphärische Darstellung.34 In Wiedersehen mit Wien II (Taf. 49) bleibt eine tektonische Formensprache bestimmend.35 Im Mittelgrund wird der nach oben strebenden, konturbetonten Architektur vor allem der Kirchtürme – u. a. Salesianer-, Votiv-, Jesuitenkirche, Stephansdom, Russisch-orthodoxe Kathedrale zum hl. Nikolaus – durch horizontale Linien entgegengewirkt, wobei der Hintergrund eine atmosphärische Wirkung beibehält. Größen- und Raumverhältnisse werden nach Belieben verschoben; die großen Türme der eigentlich in der Realität kaum sichtbaren Kathedrale stehen in keinem Verhältnis zum kleinen, hochgeklappten Belvederegarten mit der im Vergleich riesigen abstrahierten Stiege/Mauer auf dessen rechter Seite. Ein roter „Blitz“ auf dem Dachstuhl des Stephansdoms scheint auf die enormen Kriegsschäden am Gebäude hinzudeuten. Interessant in diesem Zusammenhang und auch formal das Bild betreffend ist Adalbert Stifters Beschreibung des Ausblicks vom Turm des Doms über die Stadt 48 Abb. 5 Ingomar Reiffenstein Blick vom Oberen Belvedere auf die Innenstadt, 1930 IMAGNO/Sammlung Hubmann Der Ausblick vom oberen Schloss über Wien war ein beliebtes Postkartensujet. Wien: „Wir sehen sie wie eine Scheibe um unsern Turm herumliegen, ein Gewimmel und Geschiebe von Dächern, Giebeln, Schornsteinen, Türmen, ein Durcheinanderliegen von Prismen, Würfeln, Pyramiden, Parallelopipeden [sic!], Kuppeln, als sei das alles in toller Kristallisation aneinandergeschossen und starre nun da so fort.“36 Auffällig im Gemälde ist der scharf begrenzte Lichtstreifen, der sich vom Horizont nach unten zieht und in dessen Mitte Frankl sicher nicht zufällig die Kuppel der Salesianerkirche, einen Flakturm (!) des Augartens sowie eine Schwarze Sonne positionierte (Religion, Krieg, Finsternis). Im offenbar dazugehörigen Aquarell (Taf. 47) gehen von der Schwarzen Sonne zahlreiche Strahlen aus, deren farbliche Auswirkung die gesamte Darstellung „benetzt“.37 Was sich Frankl dabei genau überlegt hat, lässt sich nur erahnen; die Spannbreite der Assoziationen und Interpretationen ist groß. Wie das starke Licht der Flakscheinwerfer totalitärer Lichtdome grenzt sich die erhellte Zone von der Umgebung ab. Die Darstellung der „Sonne“ gleicht dem Erscheinungsbild einer totalen Sonnenfinsternis, die hier aber wohl eher symbolisch gelesen werden muss.38 Adalbert Stifters Schilderung der totalen Sonnenfinsternis vom 8. Juli 1842, die dieser von seinem Wohnhaus in Wien aus beobachtet hatte, dürfte Frankl, der sich 1946 intensiv mit Stifter auseinandersetzte, bekannt gewesen sein: „Seltsam war es, dass dies unheimliche […], tief schwarze, vorrückende Ding, das langsam die Sonne wegfraß, unser Mond sein sollte, […] gegen Südost lag eine fremde, gelbrote Finsternis, und die Berge und selbst das Belvedere wurden von ihr eingetrunken. […] Der Mond stand mitten in der Sonne, […] rings um ihn kein Sonnenrand, sondern ein wundervoller, schöner Kreis von Schimmer, bläulich, rötlich, in Strahlen auseinander brechend, nicht anders, als gösse die oben stehende Sonne ihre Lichtflut auf die Mondeskugeln nieder, daß es rings auseinander spritze […].“39 Noch im Jahr der Entstehung erwarb Garzarolli die Arbeit für das Belvedere. Ein „monumentales Gemälde von seltener Kraft und Geschlossenheit“, so der Direktor.40 49 Abb. 6a–j a) Oberes Belvedere, Südfront, Blick über die Feldbahngleise des verwüsteten Vorparks, 1945 Österreichische Nationalbibliothek, Bildarchiv b) Oberes Belvedere, in Mitleidenschaft gezogene Nordfassade mit Mittelrisalit, Bretternotdach, 1944/45 Bundesdenkmalamt c) Oberes Belvedere, durch Bomben schwer beschädigte Westseite des Schlosses, 1944 Bundesdenkmalamt d) Oberes Belvedere, Kriegsschäden am westlichen Eisentor, 1945 Bildarchiv des Belvedere, Wien e) Unteres Belvedere, Kriegsschäden im Groteskensaal, 1945 Bundesdenkmalamt f ) Unteres Belvedere, Bombenschäden an der Westseite, Grotesken- und Marmorsaal, 1945 Bundesdenkmalamt g) Oberes Belvedere, beschädigte Attikafigur an der Nordfront, Mittelrisalit, 1945 Bundesdenkmalamt h) Belvederepark, Schäden an der Skulptur Apoll und Daphne, Einrüstung, 1948 Bundesdenkmalamt i) Oberes Belvedere, Zerstörungen an der Westseite und den Nebengebäuden, 1945 Österreichische Nationalbibliothek, Bildarchiv j) Beschädigte Sphinx im verwüsteten Belvederegarten zwischen den Schlössern, 1945 Bildarchiv des Belvedere, Wien 50 51 Die teilweise schwer in Mitleidenschaft gezogenen skulpturalen Arbeiten im Barockgarten des Belvedere zogen Frankls Aufmerksamkeit ebenso auf sich wie die Brunnen-, Sphinx- und Attikafiguren (Abb. 6g, h, j), welche in mehreren Studien und auf den Leinwänden zu finden sind (Taf. 39–41, 44, 45, 53–55). Ein besonders interessantes Blatt der skulpturalen Studien ist die Schlacht von Anghiari (Taf. 42), in der sich Frankl explizit auf das verlorene Fresko von Leonardo da Vinci im Palazzo Vecchio in Florenz bezieht, dessen Kopie von Peter Paul Rubens uns zumindest noch einen Eindruck von der Darstellung vermittelt. Ein Ölbild der Szene befindet sich zudem in der Gemäldegalerie der Akademie (Abb. 10). Die schauerliche Kampfszene zeigt ein wirres Durcheinander sowie die kriegerische Raserei der Kämpfer, ein Thema, das mit den jüngsten Erlebnissen Frankls gut in Zusammenhang gebracht werden kann. Frankl nimmt die Komposition der Reiter in sein Blatt auf, setzt diese wie einen Wolkenkranz über den kaum merklich am unteren Blattrand angedeuteten Belvederegarten und flankiert die Darstellung mit zwei Sphingen, wobei jene der linken Bildhälfte einen Krieger ersetzt. Das Ganze erfolgt in einer eher schwungvollen, aufgelockerten Malweise, wobei die rechte, beinahe blockhafte Wächterfigur vor dunklem Hintergrund die gesamte Szene abrupt abbricht, aber auch „verankert“. Die Sphinxfiguren wurden von vielen im Belvedere malenden Künstlern als Motive ausgewählt (vgl. Abb. 3, 4), waren diese doch in der europäischen Kunst seit dem 18. Jahrhundert neben ihrer Rätselhaftigkeit auch Symbole für Untersterblichkeit und Ewigkeit. Auf Frankls kleinerem Gemälde Blick auf Wien (Taf. 43) erscheinen sie jedoch fast wie „traurige“ Wächter vor dem Eingang ins verbotene „Paradies“. Abb. 7 Herbert Boeckl Kehrender Mann, um 1920 Öl und Aquarell auf Papier Belvedere, Wien – aus der Sammlung Heinrich Glück, Schenkung Elisabeth Koller-Glück und Friedrich Koller Sehr reduzierte und aufgelockerte Aquarellblätter lassen sich bei Frankl schon in den 1920er-Jahren finden und dürften u. a. von den Boeckl’schen Blättern profitiert haben. Studien und Skizzen für das geometrisch-kristalline Bild Wien III zeigen eine vertiefende Auseinandersetzung mit den Sphinxfiguren (Taf. 53, 54) sowie eine Hervorhebung der Berge im Hintergrund, des Stephansdoms, der Salesianerkirche und der Kathedrale. Alles wird in geometrische Flächen gegliedert und durch unterschiedliche Färbung akzentuiert. Teilweise nehmen die Figuren einen fast spinnenartigen, aggressiven Charakter an (vgl. Taf. 53). Frankl steigert in einer Studie die Darstellung hin zu einer genau kalkulierten und durchdachten Komposition, wie die mathematischen Berechnungen am linken Blattrand und die darauf bezogene Unterteilung der Achsen sowie die Linien innerhalb der Darstellung dokumentieren (Taf. 56). Dabei bezog sich Frankl auf den Goldenen Schnitt, wie dies auch in einem kurze Zeit später entstandenen Skizzenbuch mit Londoner Stadtansichten zu finden ist (Abb. 11a, b). Am rechten Blattrand zitiert Frankl Masaccios Vertreibung aus dem Paradies (vgl. S. 72, Abb. 1), was höchstwahrscheinlich auf das Exil der Frankls bezogen werden darf. Im Gemälde finden sich zwei Sphingen – die rechte zusammengekauert und von der Kirchenkuppel dominiert – vor einer düsteren, uneinladenden Stadtkulisse und hohen Bergen im Hintergrund. Vom Belvederegarten aus scheint sich ein gangbarer Weg mitten durch die kubische Stadt zum Horizont hin aufzutun. 52 53 Abb. 8 Johannes Itten Der Bachsänger (Helge Lindberg), 1916 Öl auf Leinwand, 155 x 95 cm Staatsgalerie Stuttgart Formale wie farbliche Ähnlichkeiten finden sich in Frankls Gemälde Wien III. Abb. 9 Maria Lassnig Lesendes Mädchen, 1948 Öl auf Leinwand, 57,5 x 45,5 cm Kunstsammlung des Landes Kärnten/MMKK Eine „verspätete“ Auseinandersetzung mit einer kubistischen und konstruktivistischen Formensprache um und nach 1945 findet sich in Österreich auch bei Künstlern wie Maria Lassnig (Abb. 9), Carl Unger, Herbert Boeckl oder Georg Pevetz. Frankl könnte zudem, neben dem Rückgriff auf die kunstgeschichtlichen Stilrichtungen, von den Felsformationen sowie den Bauten und Ruinen, die er auf seinen Reisen durch die Alpen gesehen hatte, profitiert haben. Ein Vergleich zweier Fotografien mit den kubistischen Gemälden verdeutlicht diese Symbiose: jenes Wechselspiel von planen Flächen sowie Licht und Schatten der Befestigungsanlage Fort des Têtes in Briançon (Abb. 12) findet sich in ähnlicher Art und Weise in den Bergformen im Hintergrund von Wien III (Taf. 55) Eine Aufnahme der Ruinen und der architektonischen Formen des Château des Baux de Provence (Abb. 13), mittelalterliches Schloss und Festung) wiederum lässt einen Vergleich mit den vertikalen Formen im Werk Wiedersehen mit Wien II (Taf. 49) zu. In einem kleineren Konvolut, das zur Belvedere-Serie zu zählen ist, griff Frankl – wie schon 1931 – das Thema der Hinrichtung Cesare Battistis auf.41 Neben einigen Studien in Tusche und Aquarell entstand das Gemälde Battisti und andere Figuren (Abb. 14), das formal wie auch durch die Sphinx am rechten Bildrand an das Gemälde Wien III anschließt. 1952 besann sich Frankl bei seinem Auftrag der Stadt Wien für eine Wienansicht sowohl farblich als auch teilweise stilistisch auf seine Auseinandersetzung mit dem Blick über die Stadt von 1948 (Abb. 15).42 Abb. 11a, b Gerhart Frankl Skizzen zu St Paul’s Cathedral und Londoner Stadtansicht, wahrscheinlich um 1949 Kugelschreiber auf Papier, 18,2 x 27,3 cm Albertina Wien Die in relativ kurzer Zeit entstandenen Arbeiten zum Belvedere zeichnen sich durch ihre Heterogenität, durch die Hinwendung zu einer kubistisch-konstruktivistischen Formensprache sowie durch den Wechsel von Strenge und Lockerheit der Darstellung aus, die – bewusst oder unbewusst – auch Frankls innere Zerrissenheit jener Monate widerspiegeln. Das Aufgreifen neuer stilistischer Mittel dokumentiert einmal mehr Frankls Offenheit auf seiner Suche nach künstle- Abb. 10 Peter Paul Rubens (?) Der Kampf um die Fahne, um 1601/08 Öl auf Leinwand, 82,5 x 117 cm Kopie nach Leonardo da Vincis Schlacht von Anghiari Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste Wien rischen Ausdrucksmöglichkeiten. „Seine Empfindlichkeit und seine Zuneigung gegenüber verschiedensten Erscheinungsformen auch geistiger Natur waren so groß, daß Widersprüche und wechselnde Ansatzpunkte innerhalb des Werks nicht ausbleiben konnten.“43 Die Serie dokumentiert Frankls künstlerisches Können und seine malerische Kraft und präsentiert ihn als einen herausragenden Zeichner und Aquarellisten. Die intensive Auseinandersetzung des Denkers „[…] es sind nicht Flügel eines Frankl in nur wenigen Monaten untermauert sein „geistiges Durchdringen“ des kleinen Vogels, sondern eines, der mit großer Spannweite zu einem Ganzen.44 Höhenflug ansetzt.“ Franz Ottomann, 1946 54 55 Erneutes „Exil“ „Dieses Nicht-Malen ist eine gefährliche Sache. […] Ich möchte […] ein Bild malen, das die Dinge enthält und von mir abnimmt die mich zerreißen.“ Gerhart Frankl an Fritz Novotny, 1952 Frustriert über seine stagnierende finanzielle wie berufliche Situation in Wien schrieb Frankl im Oktober 1948: „[…] I have come to the conclusion that I hate living in a country where Western civilised ideas and behaviour are at a discount. […] It is maddeningly frustrating to find oneself excluded from all useful activities by a coalition of Nazis and Communists.“45 Am 21. Jänner 1949 brachen Gerhart und Christine Frankl in ihr zweites Londoner „Exil“ auf. Eine spätere Berufung an die Akademie ab 1962 wurde zur wahren Gedulds- und Nervenprobe, obsolet wurde sie durch Frankls plötzlichen Tod 1965.46 Wirklich wohl und glücklich fühlten sich die Frankls in London nie: „We would love to return and retire to a small village in the Tyrol, to really live again and experience a little nature and freedom […].“47 „Ich möchte und könnte wohl auch soviel tun und endlich wo dazugehören, und mit Freunden zusammen sein, es wäre ein anderes Leben […]“, so Gerhart Frankl 1962.48 Schlussendlich blieb dieser Wunsch eine „Fata Morgana von Sicherheit, Wirkungs- und Freundeskreis“49. Oskar Kokoschka vertreten waren. Weiters hielt er einen Vortrag über moderne Kunst. Siehe Oesterreichisches College, hg. vom Generalsekretariat des „Österreichischen College“, Juli 1948, Typoskript, S. 15. Die Eröffnungsrede zur ersten Ausstellung hielt Fritz Wotruba, der kritisch den „immer träger“ werdenden Geist und „die sentimentale Versenkung in die historische Vergangenheit“ des österreichischen Volks anprangerte. Simon Moser (Hg.), Gesetz und Wirklichkeit, Alpbach 1948, S. 265–268. Archiv European Forum Alpbach, Wien. 18 Akademische Osterwochen. Unterlagen und Brief von Maurice Besset an GF, 6. Februar 1948, UAK, GF 145. Das am 8. Juli 1946 eröffnete Institut Français d’Innsbruck war ein Treffpunkt junger Künstlerinnen und Künstler und bot in Form von Vorträgen, Kursen, Lesungen etc. eine Plattform für den regen Austausch über französische Kunst und Literatur. Siehe http://www.uibk. ac.at/brenner-archiv/projekte/frzkultpol/kultur.html (zuletzt besucht am 21. September 2015). 19 Karl M. Swoboda an GF, 8. Juli 1948, UAK, GF 145. 20 UAK, GF 145. 21Canaletto, Wien, vom Belvedere aus gesehen, 1758/61, Kunsthistorisches Museum, Wien. 22 Vgl. Werke in den Sammlungen der Albertina, des Belvedere und des Wien Museums. 1 Vgl. S. 23, Anm. 12. Zu Flucht und Exil: vgl. die Biografie in diesem Katalog auf S. 156ff. 2 Vgl. Bericht über Bombenangriffe und das Exil: Christine Frankl (CF) an Kate (?), 1940, UAK, GF 111; CF an Peter Parzer, 3. Dezember 1979, AdB, LPP. Betreffend die beschlossene Rückkehr: Gerhart Frankl (GF) an Fritz Novotny (FN), 22. Juli 1947, UAK, 11.944/1-42/Aut. 3 UAK, 11.944/1-42/Aut. 4 Rosemarie Hansel an GF und CF, 2. April 1946, UAK, GF 128; GF an Vita Künstler, 14. Mai 1947, AdB, Archiv Neue Galerie. 5 22. Jänner 1947, AdB, Archiv Neue Galerie. Siehe auch GF an FN, 25. April 1946, UAK, 11.944/1-42/Aut. Viktoria Maria Künstler (1900–2001) war viele Jahre Mitarbeiterin von Otto Nirenstein in der Neuen Galerie und leitete diese von 1938 bis 1952. 6 GF an FN, 22. März 1946, UAK, 11.944/1-42/Aut. 7 GF an Vita Künstler, 22. Juli 1947, AdB, Archiv Neue Galerie. 8 16. Jänner 1946, 11.944/1-42/Aut. 9 GF an FN, 29. August 1947; GF an FN, 21. Februar 1947; beide UAK, 11.944/1-42/Aut. Ein Teil der Sammlung war während der Kriegsjahre im Depot der Österreichischen Galerie verwahrt. AdB, 421/1950. – Emil Frankl war Jurist und Kunstsammler, Förderer von Anton Kolig und ab 1923 im Vorstand der Gesellschaft zur Förderung moderner Kunst. 10 Baty war zu dieser Zeit Leiter der Education Branch der Allied Commission for Austria (British Element) mit Sitz in Schönbrunn. Von 1930 bis 1945 war er Direktor der King’s School in Chester gewesen, wo Frankl ab Herbst 1944 Unterricht erteilt hatte. 11 Genaue Auflistung der Odyssee: Gerhart Frankl, Memorandum, Typoskript, August 1948, AdB, 47/1948. Siehe auch UAK, 11.989/1-4/Aut, sowie Edwin Lachnit, Ringen mit dem Engel, Wien/ Köln/Weimar 1998, S. 242ff. 12 Rennweg 6/15a. AdB, 378/1947. Möbel wurden aus dem Hofmobiliendepot zur Verfügung gestellt. Am 24. Dezember 1947 traf der Möbeltransport aus London ein. Vgl. ÖSTA, AVA, CuU, 68.196-II/6-47, sowie Frankl 1948 (wie Anm. 11). 13 GF an Herbert Boeckl, Dezember 1945, Abschrift, UAK, 11.944/1-42/Aut. 14 5. Sitzung am 25. März 1946, UAABKW, GZ 391/1946; ÖSTA, AVA, CuU, 67.126-II/6-47. – Vgl. Fritz Wotruba, Bericht an das Unterrichtsministerium. Über die geistige und künstlerische Situation der Akademie der bildenden Künste in Wien (Winter 1945 – Sommer 1946), 30. Juni 1946, AdB, Archiv Herbert Boeckl. 15 AdB, 47/1948. Siehe dazu den Beitrag von Katinka Gratzer-Baumgärtner in diesem Katalog. 16 AdB, 63/1948; ÖSTA, AVA, CuU, 3044-II/6-49. 17Vierte Internationale Hochschulwochen Alpbach des Österreichischen College, 21. August bis 9. September 1948, Gesamtthema: Gesetz und Wirklichkeit, Alpbach 1948. Neben dem Historiker und Juristen Jean Rouvier war Frankl für die Kunstausstellungen vor Ort verantwortlich. Am 3. September eröffnete er die dritte Ausstellung, in der u. a. Herbert Boeckl, Béni Ferenczy, Anton Kolig, Franz Wiegele, Fritz Wotruba, Hans Fronius, Werner Scholz, Albert Paris Gütersloh sowie 56 Abb. 12 Gerhart Frankl Fotografie der Befestigungsanlage Fort des Têtes, vor 1938 Universität für angewandte Kunst Wien, Kunstsammlung und Archiv Abb. 13 Gerhart Frankl Fotografie des Château des Baux de Provence, vor 1938 Universität für angewandte Kunst Wien, Kunstsammlung und Archiv 57 23 Hans Riemer, Perle Wien. Ein Bilderbuch aus Wiens schlimmsten Tagen, Wien 1946. Riemer (1901– 1963) war ein österreichischer Politiker und von 1956 bis 1963 amtsführender Stadtrat in Wien. 24 Gottfried Hohenauer, Erinnerungen an eine Freundschaft durch dreissig Jahre, Absam, Manuskript, August 1975, S. 28, AdB, Archiv Herbert Boeckl. Hohenauer (1894–1977) war Jurist, von 1938 bis 1945 Beamter der Reichsregierung in Berlin und ab 1947 Leiter des Kulturamts der Tiroler Landesregierung. 25 Fritz Novotny, „Das Belvedere in Gefahr!“, in: Wiener Montag, 10. Dezember 1945. Siehe auch Besatzung, Notizen, 2. Juli 1946, Bundesdenkmalamt, Allg. 28, Wiederaufbau, Fasz. 7. 26Ad Lilly Steiner: AdB, 501/1924. – G. J. R. Frankl: personal Notes, Typoskript einer Biografie, Privatarchiv. 27Peter Gorsen, „In Bildern verarbeitete Trauer“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 8. Oktober 1990, S. 36. 28Siehe S. 32 sowie Cornelia Reiter, „Gerhart Frankl“, in: Gerbert Frodl (Hg.), Gerhart Frankl (1901–1965), Ausst.-Kat. Belvedere, Wien, Wien 1999, S. 18. 29 Siehe S. 33f. 30 Siehe dazu u. a. Agnes Husslein-Arco (Hg.), Wien–Paris. Van Gogh, Cézanne und Österreichs Moderne, Ausst.-Kat. Belvedere, Wien, Wien 2007. – Agnes Husslein-Arco et al.(Hg.),Wiener Kinetismus – eine bewegte Moderne, Ausst.-Kat. Belvedere, Wien, Wien 2011. 31Kerstin Jesse, „Konstruktive Tendenzen – Die Avantgarde organisiert sich“, in: Husslein-Arco 2011 (wie Anm. 30), S. 137ff. 32 „Aber ich habe aus dem Impressionismus etwas Festes und Beständiges machen wollen, wie die Kunst der Museen.“ Paul Cézanne, Über die Kunst. Gespräche mit Gasquet und Briefe, Hamburg 1957 (franz. Originalausgabe 1926), S. 23. 33 Anton Kolig (AK) an Emil Frankl (EF), 29. August 1922, AdB, NAK, Anton Kolig. 34 Die genaue Reihenfolge der Entstehung der Werke lässt sich nur annehmen. 35 Bezüglich des Titels Wiedersehen mit Wien II siehe Liste von Frankl, AdB, 291/1962. 36 Adalbert Stifter, Aus dem alten Wien, Wien 1914 (Original 1844), S. 20. 37 Taf. 47 und 50 wurden von Antoine Seilern 1952 erworben (Anfrage bereits 1949), lt. Frankl die besten Studien der Serie. GF an FN, 2. Februar 1952, UAK, 11.945/1-22/Aut. Abb. 14 Gerhart Frankl Battisti und andere Figuren, 1948 Öl und Tempera auf Leinwand, 95 x 106,5 cm Privatsammlung Abb. 15 Gerhart Frankl Wien vom Belvedere aus gesehen, 1952 Öl auf Leinwand, 80 x 111,5 cm Wien Museum 38 Für Hinweise danke ich Thomas Posch. Eine ringförmige Sonnenfinsternis fand am 20. Mai 1947 statt und war von Südamerika und Zentralafrika aus zu beobachten (http://eclipse.gsfc.nasa.gov/ SEdecade/SEdecade1941.html [zuletzt besucht am 21. September 2015]). Solche Ereignisse wurden in den Medien ausführlich besprochen, z. B. „Himmlisches Ereignis“, in: Der Spiegel, Sonnabend, 3. April 1948. 39Adalbert Stifter, Adalbert Stifter erzählt, Ebenhausen 1968, S. 47. – GF an FN, 8. Juni sowie 31. August 1946, UAK, 11.944/1-42/Aut. Nachweislich las Frankl den Roman Nachsommer und Stifters Briefe. Fritz Novotny publizierte 1941 ein Buch über Adalbert Stifter als Maler. 40 Garzarolli an das Unterrichtsministerium, 14. September 1948, AdB, 602/1948. 41 Radierungen Op. 68 und 69, beide 1931. Gerhart Frankl. Œuvre-Katalog der Radierungen, Salzburg 1994, S. 92. Die Szene basiert auf einem Dokumentationsfoto, welches u. a. 1922 als Frontispiz zu Karl Kraus’ Tragödie Die letzten Tage der Menschheit publiziert wurde. 42 Franz Glück an GF, 12. Februar 1952, UAK, GF 158. 43 Kristian Sotriffer, „Vereinigt in einem Glauben“, in: Die Presse, 6. April 1987. 44 AK an EF, 22. Oktober 1922, AdB, NAK, Anton Kolig. 45 Gerhart Frankl, TO WHOM IT MAY CONCERN, 6. Oktober 1948, UAK, 12.066/Aut. 46Vor allem das Finanzministerium erwies sich „als eine eiserne unnachgiebige Bastion“. Fritz Wotruba, „In memoriam Gerhart Frankl“, in: Die Presse, 10./11. Juli 1965, S. 11. Ebenda kritisiert Wotruba „gewisse Paragraphen und eine sehr reale Lauheit gegenüber individuellen Fragen und künstlerischen Prinzipien“. Vgl. Gerhart Frankl, Memorandum über die Berufung des Unterzeichnenden als Professor an die Wiener Akademie der Bildenden Künste, Typoskript, 4. Oktober 1963, UAK, 11.989/7/Aut. 47 CF an Fr. Kleinwächter, 19. November 1959, Privatarchiv. 48 GF an Klaus Demus (KD), 28. Juni 1962, ÖNB, Wien, Autogr. 1304/17-5 Han. 49 GF an KD, 1. Juli 1962, 1304/17-6. „G. [Gerhart] hat als juengerer Mensch oft mit dem Gedanken gespielt in ein Kloster einzutreten, weil er nur dort das sein konnte (ungestoert und in Frieden) was er immer sein wollte, ein Maler.“ Christine Frankl an Fritz Novotny, 1973 58 59 Der Kunsthistoriker Gerhart Frankl oder die „Quadratur des Zirkels“1 Brigitte Borchhardt-Birbaumer Künstler waren lange vor „künstlerischer Forschung“ als Kunstwissenschaftler tätig (von Leonardo über Hogarth bis Kandinsky), und Giorgio Vasaris Künstlerviten gelten als Geburt der modernen Kunstgeschichte.2 1915 hielt Heinrich Wölfflin eine Parallelsetzung von Kunst und Kunstgeschichte für angebracht.3 Die Gleichwertigkeit von theoretischer und künstlerischer Begabung in einer Person wird allerdings erst seit den späten 1980er-Jahren mit modischem „Multitasking“ wieder propagiert. „Delacroix meinte, dass Denken das Gefühl vertieft und das Gefühl das Denken erhellt – dies scheint mir sehr entscheidend.“ Gerhart Frankl, 1962 Der besondere Fall des Künstler-Kunsthistorikers Gerhart Frankl rückt das Randthema Doppelbegabung in den Mittelpunkt. Im Alter von 29 Jahren bekam der Maler 1930 seine erste Monografie von Hans Tietze, der schon 1925 die „Verkettung“ von Gegenwart und Vergangenheit wie auch jene von Kunsthistoriker und Künstler betonte: „[…] daraus ergibt sich, wie sinnlos es ist, einen Gegensatz zwischen Kunst und Kunstgeschichte, Künstler und Kunsthistoriker zu konstruieren.“4 Tietze – neben Fritz Novotny, Otto Demus, Ludwig Münz, Johannes Wilde, Ernst Gombrich und Kenneth Clark – erweckte die kunsttheoretische Seite Frankls. Edwin Lachnit widmete sich in seiner Dissertation 1984 und in Forschungen zur „Wiener Schule der Kunstgeschichte“ beidem: dem Maler Frankl und dem Naheverhältnis der Kunsthistoriker zur zeitgenössischen Kunst vor 1945.5 Obwohl im Folgenden Lachnits Studien um die Einschreibung Frankls in die von Wien aus international gewordene Exil-Kunstgeschichte erweitert werden, sind unsere Ideengeber dieselben.6 Günther Heinz,7 selbst eine Doppelbegabung als Kunsthistoriker und Maler, ermutigte uns zur Analyse des eigenen Fachs, Werner Hofmann erweiterte unsere Sicht dahingehend, dass die Berufe Kunsthistoriker, Kunstkritiker und Ausstellungskurator international ohnehin in einer Person vereinbar sind. Die Doppelbegabung Künstler-Kunsthistoriker, hier sind so wichtige Namen wie Heinrich Wölfflin, Fritz Burger, Adolph Goldschmidt, Wilhelm Koehler, Franz Wickhoff, Meyer Schapiro, Rudolfo Pallucchini, Roger Fry, Kurt Badt, Otto Benesch, Fritz Novotny, Philipp Fehl und Hans Belting zu nennen, ist hingegen weniger bekannt.8 Wegen Johann Wolfgang Goethes Dilettantismus – auf seine eigenen malerischen Versuche gemünzt – wurde ein Doppelleben außerhalb privater Kreise verschwiegen.9 Oder es wurde – wie im Fall Frankls – als eine durch die äußeren politischen und ökonomischen Umstände aufgebürdete Last des Unterrichtens widersprüchlich gesehen, um die eigentliche Kompetenz nicht zu schmälern. 60 61 Abb. 1 Essay „The Head and the Symbol“ von Gerhart Frankl, publiziert in The Listener, 9. April 1953 Privatarchiv Heute wäre es für die Förderer des Theoretikers Frankl – neben den oben genannten Demus, Gombrich und Wilde sind Anthony Blunt, Herbert Read und Ludwig Baldass zu ergänzen – leichter, ihn gleichwertig in ihre Zunft aufzunehmen. Frankl hat wie Read mit Unterstützung Wildes und der BBC-Direktoren Blunt und Gerald Kelly seine wissenschaftlichen Texte im Wochenmagazin der BBC The Listener publiziert.10 Drei davon wurden zu Vorträgen an der Royal Academy sowie zu Vorlesungen an den Universitäten von London und Cambridge erweitert: „How Cézanne Saw and Used Colour“, „On the ‚Reading‘ of Pictures“ und „The Head and the Symbol“ (Abb. 1).11 Sie ermöglichen eine kunsthistorische Beurteilung der Texte Frankls als eine im Exil stark erweiterte Wiener Methode. Weitere existierende Manuskripte für Vorlesungen, Kunstkritiken für die BBC und ein Konzept für eine Ausstellung im Forum Alpbach 1949 wurden von Kerstin Jesse in Wiener und englischen Archiven zusammengetragen.12 Sie zeigen Frankls breiten Ansatz als künstlerischer Forscher und Kritiker, der Museumskunde, Geschichte der Kunstgeschichte, durch sein Chemiestudium aber auch naturwissenschaftliche Thesen des Wiener Positivismus einbezogen hat. In Quellenstudium, Sprachmitteln und formalen Fragen kam Frankl von der „Wiener Schule der Kunstgeschichte“, nahm aber durch Ludwig Münz die Ikonologie der Warburg-Schule auf und entwickelte sich im Exil mit Tätigkeiten in Volksbildung und Kunstkritik zum englischen (amerikanischen) Typus Kunstwissenschaftler. Sprachprobleme hatte er im Unterschied zu vielen anderen nicht, sein Englisch ist anspruchsvoll. In London wurde erst mit der Gründung des Courtauld Institute 1931 sowie durch die Emigranten ab 1938 der universitäre Typus Kunstwissenschaftler wie in Wien, Berlin und Rom etabliert. Frankl verfasste dazu wie zur Kunstkritik Texte und hob die Vorteile der aus Künstlern, Wissenschaftlern und Laien bestehenden Hörerschaft des Londoner Instituts hervor.13 Die (langwierige und an seinem frühen Tod schließlich gescheiterte) Berufung als Professor an die Wiener Akademie wäre für Frankls didaktische Begabung als Pictor-doctusTypus oder „Philosophenkünstler“ folgerichtig gewesen.14 „Es ist auch, natürlich, sehr qualvoll wenn man von Vorträgen über Malerei leben muss: denn diese sind ja nur moeglich, wenn sie ganz echt und intensiv sind. Und das kostet zuviel Kraft, oder sagen wir: viel Kraft.“ Gerhart Frankl an Fritz Novotny, 1955 Zahlreiche Fans unter den englischen Hörern Frankls kauften seine Werke, darunter auch Clark, Antoine Seilern oder Julian Sofaer, der später sein Œuvre verwaltete. Frankls Problem war aber die nicht vorhandene Altersversorgung, deshalb unterrichtete er an Gymnasien in Bristol und Chester bildnerische Erziehung und Französisch, bevor er 1949 Vorlesungen an der Londoner Universität zu halten begann (Abb. 2). In Wien in den Jahren von 1947 bis 1949 vermittelte ihm Novotny einen Lehrauftrag am Institut für Kunstgeschichte unter Karl Maria Swoboda, allerdings war das Thema – typisch für die Vorurteile einem Künstler-Kunsthistoriker gegenüber – Maltechnik. Otto Demus (Abb. 3) war wohl schon durch Erfahrungen aus Studententagen klar, dass er Frankl guten Gewissens an Read empfehlen konnte:15 Von 1949 bis 1965 unterrichtete Frankl durch die Vermittlung des im Exil als Bibliothekar am Warburg Institute tätigen Demus Kunstgeschichte am Londoner Courtauld Institute (1949/50 Morley College) und an der Universität von Cambridge (extramural, also nicht für Forscher, sondern als Volksbildner). Sein sich steigerndes Niveau brachte ihm wegen zu hoher Anforderungen an die Hörerschaft die Ein62 stellung der Verträge ein; er glich den Verlust seiner wöchentlich bis zu fünf (!) Lectures mit Vorträgen an der Royal Academy (Abb. 4), an Reads Institute of Contemporary Art, aber auch an Botschaften, etwa der amerikanischen, aus.16 Abb. 2 Deckblatt eines Verzeichnisses von Vorlesungen Gerhart Frankls über europäische Malerei an der Universität London, Senate House, Department of Extra Mural Studies Privatarchiv Die wissenschaftliche Wiener Herkunft Abb. 3 Otto Demus, 1940er-Jahre Bundesdenkmalamt Frankl erwähnt in einem Vortrag zu Cézanne Demus und Novotny als mit ihm diskutierende Studenten, was ein Hinweis auf seinen Status als außerordentlicher Hörer am Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien sein könnte.17 Allerdings war deren Lehrer Josef Strzygowski, von dem wie auch von Hans Sedlmayr Frankl aus politischen Gründen kaum Anregungen aufnahm – eher von den Vertretern der streng getrennten zweiten Lehrkanzel Max Dvořák und Julius von Schlosser sowie von deren Schüler Tietze. Novotny (Abb. 5) bedankt sich in seiner Habilitationsschrift über Cézanne bei Frankl, der baut im Gegenzug dessen Buch folgend die Farbtheorien zu diesem Maler in einem Bogen von der Spätantike über „Passagen“ in byzantinischen Mosaiken aus Büchern Demus’ bis zu Tizian ein. Dazu kommen Texte von Michel Eugène Chevreul zur Farbchemie.18 Dessen Beobachtungen zum Simultankontrast kannte Frankl wohl aus dem Chemiestudium oder aber er übernahm sie aus Quellenschriften Paul Signacs und Eugène Delacroix’. Weitere Anregungen aus Lionello Venturis Buch über Kunstkritik sind möglich.19 63 „Weisst Du dass Du uns sehr abgehst. Deine Art Humor, oft kopiert […] nie erreicht, ist sehr noetig in diesem provisorischen Leben!“ Die Effekte der Farbinduktion für die Moderne sind Perspektivverflachung und horizontale Schichtung wie bei Cézanne. Daher kommt Frankls eigenständige Erweiterung zur Farb- und Perspektivtheorie. Im Rahmen einer Ausstellungsbesprechung zu William Turner bezeichnet Frankl diesen, Victor Hugo und William Blake als Vorläufer der Moderne und des „Immateriellen“. Gombrich wollte offenbar nicht zur Kenntnis nehmen, dass Frankl eigenständige Theorien entwickelte, Wilde zeigte sich begeistert.20 Gerhart Frankl an Fritz Novotny, 1955 In einer Postkarte an Novotny vom 9. März 1957 drückt Frankl seinen Schmerz über den Tod seines Lehrers Ludwig Münz, benannt „der Chef“, aus. An der Wiener Urania hatte dieser in den 1920er-Jahren neben Hilde Zaloscer und Arnold Hauser als Privatdozent gewirkt.21 Ihn hatte Frankl nach Uni und Gasthörerschaft 1920/21 an der Kunstgewerbeschule zu seinem Lehrer gewählt.22 Das Chemiestudium davor hatte seine das Metaphysische23 ablehnende Haltung gefördert, was ihn in die Nähe der Denkstrukturen des „Wiener Kreises“ rückt; darauf weist Matthias Boeckl in seinem Katalogtext hin. In Frankls Texten tauchen vor allem Namen emigrierter Kunsthistoriker im engen Sinn des Fachs auf sowie neue Begegnungen in England, die seinen Wissenshorizont erweiterten. Mit dem in Wien im „inneren Exil“ verbliebenen Freund Novotny verband ihn die Vorliebe für Cézanne und Autoren wie Roger Fry, Abb. 5 Fritz Novotny, 1960er-Jahre Bildarchiv des Belvedere, Wien Abb. 4 Royal Academy of Arts, London Vorträge zur Ausstellung Landscape in French Art, 1550–1900, 1950 Privatarchiv Erwin Panofsky und Meyer Schapiro. Zudem war Novotny der Fotografie gegenüber aufgeschlossen, Vergleiche von schwarz-weißen Aufnahmen John Rewalds mit Cézannes abstrahierten Motiven dienten ihm als Beweise eines Zurückdrängens des Subjektiven. Dieses „Außermenschliche“ verwendete er wie Frankl in seiner Vorlesung vom 24. Jänner 1951 über Cézanne als Metapher der Gefährdung der Existenz im 20. Jahrhundert.24 Schlossers Begriff der „Inselhaftigkeit“ des Kunstwerks bedeutete für Frankl mehr als eine Kunstgeschichte ohne Namen; dessen Bezüge zur Linguistik Karl Vosslers finden sich mit „Sprachmittel“ und „Lesen von Bildern“ ebenfalls in Frankls Vorträgen.25 Vielleicht verstärkte sich die Kenntnisnahme von Schlossers Vergleich von Mittelalter und Moderne durch dessen Schüler Gombrich in London. Neben Tietzes Auffassung von der Koexistenz von Künstler und Wissenschaftler hing Frankl dessen Theorieketten zurück bis zur Kunst der Antike an, die auch Read und Clark in England verfolgten. Es gibt Bezüge zu Tietzes Ablehnung irrationaler seelischer Begründung für die gegenstandslose Abstraktion – vor allem waren beide gegen Wassily Kandinskys esoterische Theorien.26 Hergeleitet von der kubistischen Formzertrümmerung nach Cézanne sowie von Turner und Hugo folgte er 1950 Roger Frys Vorstellung, man könne sich in der Gegenwart von bedeutendem Geschehen fühlen, auch wenn nichts dargestellt wird.27 Anton Koligs Aussage über Frankls absolute Denkmaßstäbe im Gegensatz zum eigenen instinkthaften Malen erklärt, warum keine spielerische Sicht auf die Abstraktion möglich war. 64 65 Das von Frankl und Clark als bedrohlich angesehene Ende des Humanismus und der Kunst trifft sich mit der nachhegelianischen Angstthese Hilde Zaloscers, die über Fritz Grossmann Kontakt zu den Frankls im Exil hatte (Abb. 6).28 Beachtlich ist Frankls Erkennen der Doppelbegabung August Strindbergs, dessen chemische und fotografische Experimente in Richtung abstrakter Malerei ihn interessierten.29 Bei Tizian spricht er von dessen Fingerarbeit und von seiner Werkstatt als „Factory“ – eine Analogie zum offenen Atelier Andy Warhols.30 Der von ihm verehrte Freund Tietze nahm Werner Hofmann lange vorweg in der Erkenntnis, dass in der Gegenwartskunst „[…] nicht nur Lernen, sondern auch Verlernen […]“ wichtig sei und der Künstler auch „die Kunst verlassen“ könne.31 Wissenschaftliche Reife im englischen Exil Abb. 6 Gerhart Frankl beim Skizzieren von Bombenschäden in Bristol Bristol Evening Post, 1. Oktober 1943 The British Library Am 18. März 1969 schrieb Christine Frankl an Fritz Novotny: „Ausserdem schicke ich dir eine Kopie eines Bildes von Gerhard [sic!] vom Oktober 1943 in Bristol dass [sic!] ich in einem alten Zeitungsausschnitt gefunden habe; ich habe einige Kopien machen lassen […] es ist soo [sic!] Gerhard [sic!] wenn er im Freien gezeichnet oder gemalt hat.“ Reads große Bögen zu „Bild und Idee“ von der Steinzeit bis heute weiten jene Tietzes noch aus.32 In der Beobachtung des Formenwandels in Folge des Wiener Herbartianismus verschweigt Frankl die der Ikonografie des Warburg Institute skeptisch gegenüberstehende formalhistorische Richtung des in Oxford lehrenden und 1962 nach Wien zurückberufenen Otto Pächt völlig.33 Denn in London war offenbar Frankls Trauzeuge Johannes Wilde (Abb. 7) die wichtigste Bezugsperson, über die andere Bekanntschaften gemacht wurden.34 Wilde unterrichtete neben Blunt, Gombrich oder Frederick Antal am Courtauld Institute. Dvořáks Abb. 7 Gerhart und Christine Frankl nach ihrer Hochzeit mit Gerhart Frankls Trauzeugen Johannes Wilde, 1936 Privatarchiv Blick auf Manierismus und Moderne kam über dessen Doktoranden Wilde, der ab 1924 in Wien mit Swoboda Dvořáks Nachlass herausgegeben hatte. Als Kustos im Kunsthistorischen Museum hatte Wilde ab 1923 mit seinem Kollegen Gustav Glück und dem Künstler Sebastian Isepp als Mitarbeitern erstmals in Europa Tausende Röntgenbilder von Gemälden erstellt. Frankl teilte das Interesse, damit die Vorgangsweise des kreativen Prozesses sichtbar zu machen. In Vorträgen und Vorlesungen in Oxford baute er das Thema der künstlerischen Handschrift im Röntgen als Zeichen seines positivistischen Ansatzes gegen den Genie-Mythos ein. Frankl trieb neben Wölfflins Beobachtung zur Komposition eine innovative Seite der Gestalttheorie Ernst Cassirers an, wohl weil die Untersuchung europäischer Schriftrichtung von links nach rechts sowie die Gewichtung im Bild ihn doch mehr interessierten als Kunstpsychologie oder Hermeneutik.35 Diese Richtungen lehnten auch Gombrich und Clark skeptisch ab, alle drei waren Gegner der marxistischen Kunstsoziologie Karl Mannheims oder Arnold Hausers, die im Londoner Exil und an der Universität von Leeds tätig waren. Mit Hauser verbindet Frankl wie Novotny die progressive Aufnahme von Film und Fotografie in Kunst und Kunstgeschichte.36 Marxistische Kunsttheorien vertrat auch Frederick Antal, dessen Bücher Frankl in seine Leselisten aufnahm und auch rezensierte, weil ihn die französische Moderne ebenso interessierte. Antal und Wilde hatten vor 1919 in Budapest am Museum der schönen Künste in der Grafikabteilung zusammengearbeitet. Antal studierte nach Budapest bei Wölfflin in Berlin, dissertierte bei Dvořák in Wien über französische Malerei zwischen Romantik und Realismus und widmete sich 1917 bereits Cézanne (!).37 Antoine Seilern, in dessen Kunstsammlung Wilde im Krieg tätig war, hatte Wilde und seiner jüdischen Frau 1938 zur Flucht verholfen. 1939 nahm Clark, der als 66 67 Direktor der National Gallery im Krieg Kunstwerke auf Seilerns Schloss in Wales neben einem Salzbergwerk auslagerte, das Paar in London auf. 1940 arbeitete am British Museum im Department of Prints and Drawings neben Wilde ein weiterer Förderer Frankls, Arthur Hind, bei dem gemeinsam mit dem Bildhauer Georg Ehrlich und den Ehefrauen im Exil Weihnachten gefeiert wurde.38 Ehrlich, zu dessen Skulpturen Frankl als Kunstkritiker die testende Hypothese des Experiments in gewagtem Vergleich mit Albert Einstein brachte, während er Henry Moores Serien ablehnte, schuf die Büsten von Hans Tietze und seiner Frau Erika Conrat, die sich heute im Belvedere befinden.39 Blunt klärte mit Frankl die Inhalte seiner Lectures für das Courtauld Institute ab und lud ihn zu Vorlesungen an die Royal Academy ein, wo er mit Gombrich Vortragszyklen veranstaltete: Frankl sprach mit Farbdias über Cézanne, Soutine, Turner, französische Kunst, Hals, aber auch immer wieder über Gegenwartskunst in Londoner Museen und Galerien, über die Neugestaltung der Räume des V&A Museum sowie über Neuerscheinungen von Antal, Clark und Mâle. Blunt folgte Clark 1962 auf die Slade-Professur in Oxford, Frankls Literaturzitate, angenähert an Blunt, beweisen seine Breite im Selbststudium englischer Kunstgeschichte.40 Der gut strukturierte Aufbau von Clarks Landschaftsbuch imponierte ihm und ist in seinen Cambridge-Vorlesungen spürbar. Den Gedanken des Aufbruchs in die „Unkunst“ des Populären teilte Frankl nicht. Er beschwerte sich 1964 in einem Brief an Novotny über Clarks Befürworten von „grauslichen“ Dingen wie Kondomen, Strümpfen, Exkrementen und Christbaumschmuck, ein unmalerischer Weg einer für ihn dünnen, wohl nachsurrealistischen Kunst, die er kitschig nennt und zu der er voll Humor meint, „dass einem das Öl stockt“ (vgl. Werke der „Nouveau Réalistes“).41 Frankl reagierte empfindlich und mit Ironie auf die „falsche“, dekorative, politisch wenig korrekt auch als „mädchenhaft“ beschriebene abstrakte Nachkriegsmalerei, den „Chic“ und das Raffinement der École de Paris, aber auch auf absichtsvolle figurale „religiöse“ Positionen wie jene George Rouaults. Der Kitsch eines ökonomisierten Umfelds der „Pariser Schule“ reichte für ihn „von Patagonien bis Schottland“. Doch empfahl er seinen Hörern, Alfred Barr zu lesen, den großen Verfechter der Abstraktion in Amerika, auch wenn Frankl selbst Jackson Pollock als „Fall“ bezeichnete. In der Kitschauffassung lässt sich die Lektüre Clement Greenbergs erahnen, freilich noch ohne Wissen über ein militärisches Kunstdiktat des CIA gegen die realistische Kunst der Diktaturen. Frankl lehnte die gegenstandslose Abstraktion aber nicht an sich ab, weder in der Theorie noch in der Praxis seiner dem Immateriellen Turners nahen aufgelösten Berg- und Stadtansichten. Spezielle Forschungsschwerpunkte Frankls Cézanne ist für Frankl Ausgangspunkt der Abstraktion, die durchdacht und seriös untermauert ist durch Blicke zurück auf „Perlen seltenster Art“ wie Hugo, „Prophet Turner“ oder „Seher“ Blake. Etwas widersprüchlich stellt er das Experimentieren über das Erstarren im Akademischen und lobt Amateurmaler Winston Churchill oder einen provinziellen expressionistischen Maler aus Schleswig-Holstein, der im „proletarischen Realismus“ (der Nazis) als „entartet“ galt, denn sie stünden über der Diktatur des Kunsthandels.42 68 „Wie ein furchtbares Narkotikum, wie Morphium oder Haschisch wirken diese Bilder [Rembrandt im Rijksmuseum, Amsterdam, Anm.], die die Seele mit Gewalt in die höhere Ebene ziehen, in der man mit aller Kraft bleiben möchte. Immer neue Beziehungen tun sich auf immer weiter wird der Blick. Vor einem Jahr genügte mir die Sicherheit: ich bin am rechten Weg. Damit weiß ich heute nichts mehr anzufangen; – oder doch – ist es nur die veränderte Perspektive, vom höheren Standpunkt aus? Alles wird sich klären, alles ist eiIn „The Head and the Symbol“ bespricht Frankl eine Ausstellung von Roland Pen- nes Tages entschieden.“ Gerhart Frankl an Christine Büringer, 1925 rose 1953 im ICA (Reads Institut für Gegenwartskunst), Wonder and Horror of the Human Head, mit einem Vergleich eines Kopfs von Picasso mit einem gezeichneten von Dürer. Er bezweifelt den modernen Glauben an ein einheitliches Denken und versucht, mit Masken aus fernen Ländern Ordnung ins Chaos von frühen Idolen und Seitenwegen der Kunstgeschichte zu bringen. Die altägyptische Mehransicht der Köpfe Picassos zitiert er nach Gombrich, und andere Affinitäten der klassischen Moderne zur Prähistorie sind ihm – im heutigen Sinne des Postkolonialen – in der Schau zu wenig differenziert dargestellt. Doch schließt er versöhnlich mit der oft geäußerten Meinung, es könne wegen des fehlenden Abstands noch kein ausgeglichenes Statement zur Gegenwartskunst geben. Links und rechts war in der Nachfolge Wölfflins neben Frankl in „On the ‚Reading‘ of Pictures“43 auch einem anderen Autor wichtig: Heinz Luschey. Obwohl dessen Schrift Rechts und links erst 2002, nach seinem Tod, veröffentlicht worden ist, zeigt sich ein Trend der 1950er-Jahre, Wölfflins Arbeit zu frühzeitlicher Wahrnehmung in Europa weiter zu ergründen.44 Frankls Aufnahme der Wahrnehmungspsychologie, die vom Ausgleich durch das Binokulare der zwei Gesichtshälften spricht, klingt fast postmodern ambivalent. Die Dinge laufen in Frankls Malerei immer parallel zur theoretischen Auseinandersetzung – sichtbar im Fall der Vertreibung aus dem Paradies von Masaccio als Beispiel einer Bewegungsrichtung rechts aus dem Bild mit „unsicherem“, „unabgeschlossenem“ Ausgang. Das Motiv überträgt Frankl in eine Studie für das Gemälde Wien III (Taf. 55). Das Paar stellt wohl metaphorisch ihn selbst und seine Frau auf dem Weg ins ungewisse Exil dar. Der eigentliche Anlass für die Fortführung von Wölfflins Text ist die neu entdeckte „All-over“Malerei des Action Painting, die ein Drehen der Leinwand ermöglicht, wobei für Frankl aber der Sinn und die Gewichtung verloren gehen. Anlässlich der Besprechung einer Ausstellung Fernand Légers in der Tate Gallery 1950 behauptet er, Picasso habe den Demoiselles d’Avignon „Negermasken“ aufgesetzt, damit das Bild nicht mehr wie ein Cézanne aussah wie die frühen Légers, die sich einzig durch schmutzigere Farbigkeit unterschieden. Die starken Farben und den Maschinenkubismus der reifen Zeit empfindet er als plakativ, gesteht aber zu, dass sich diese Werke bewähren werden.45 Frankl vergleicht sich als „konservativer Revolutionär“ ironisch mit dem typischen englischen Doppelcharakter.46 Die Engländer stünden Neuem immer vorsichtig gegenüber, egal ob in der Kunst oder in der Technik. Als Kosmopolit nimmt sich Frankl so wie der Kunstkritiker Fry zurück, was das Erkennen des letzten Wesens der Kunst betrifft. Émile Bernard über Cézanne klingt schon wie eine Anspielung auf Frankl: „Er begab sich in die Knechtschaft des Forschens. Die Idee der Schönheit gab es in ihm nicht, sondern nur die Wahrheit.“47 Nicht intuitiv oder pittoresk wie Dilettanten, Kinder und spielende Antikünstler ging Frankl vor, sondern mit gemischter Praxis von geordneten Form-Experimenten, unterlegt durch genaues Quellenstudium. Damit war er Ideengeber für Fritz Novotny und Klaus Demus, der in einem Brief schreibt, man könne aus Frankls Kunstwerken lernen.48 Wie viel mehr erst aus seinen Texten. 69 1 BBC-Talk Frankls am 16. Mai 1951 über die neu eröffneten Räume des Victoria & Albert Museum, UAK, GF 150. 2 Udo Kultermann, Geschichte der Kunstgeschichte, Frankfurt a. M./Berlin/Wien 1981, S. 31ff.; Regine Prange, Die Geburt der Kunstgeschichte. Philosophische Ästhetik und empirische Wissenschaft, Köln 2004. 3 Heinrich Wölfflin, Kunstgeschichtliche Grundbegriffe. Das Problem der Stilentwicklung in der neueren Kunst, München 1915, Vorwort. 4 Hans Tietze, „Moderne Kunst und Alte Kunst“, in: ders., Lebendige Kunstwissenschaft. Zur Krise der Kunst und der Kunstgeschichte, Wien 1925, S. 17. 5 Edwin Lachnit, Die Wiener Schule der Kunstgeschichte und die Kunst ihrer Zeit. Zum Verhältnis von Methode und Forschungsgegenstand am Beginn der Moderne, Wien/Köln/Weimar 2005; ders., Ringen mit dem Engel, Wien/Köln/Weimar 1998. Meinem Kollegen und Freund Edwin Lachnit ist dieser Text gewidmet. 6 Werner Hofmann konnte 1986 mit Matthias Boeckl, Monika Faber, Wolfgang Drechsler und Assistentinnen und Assistenten des Instituts für Kunstgeschichte die Wiener Festwochen-Schau Zauber der Medusa verwirklichen. 7 Bei seinem zweiten und dritten Aufenthalt in Wien nach 1945 wohnte Frankl bei Ludwig Baldass in der Dienstwohnung des Kunsthistorischen Museums; ab 1951 war Günther Heinz als junger Kustos bei Baldass tätig, die Begegnung der beiden spiegelt sich aber auch in Ähnlichkeiten ihrer Bildthemen wider. 8 Einen Großteil der Namen habe ich von Hans Aurenhammer erhalten, einige sind in Kultermann 1981 (wie Anm. 2) zu finden. 9 Johann Wolfgang Goethe, „Maximen und Reflexionen“, in: ders., Schriften zur Kunst, Stuttgart 1965, S. 984. 10 UAK, GF 147, 150; Archiv GFMT. 11Siehe The Listener, 25. Oktober 1951, S. 685f.; 13. November 1952, S. 816; 9. April 1953, S. 608. 12 Die Autorin bedankt sich bei Kerstin Jesse für ihr unermüdliches Streben, in Wien und London an alle noch vorhandenen Manuskripte Frankls zu gelangen – unser beider Neugier wurde extrem enttäuscht durch einen Brief von Christine Frankl an Peter Parzer vom 11. Dezember 1980, in dem diese von einer ihre Augen schädigenden Stauborgie beim „Ausmisten“ und „Wegwerfen“ der Manuskripte aus zwanzig Mappen berichtet. AdB, LPP. 13 Am 26. Februar 1950 wurde sein BBC-Vortrag über das Courtauld Institute gesendet; damit zeigt Frankl sich auch der Wissenschaftsgeschichte zugehörig. UAK, GF 150. 14 „Denkend“ ist Ernst Gombrichs Meinung zu Frankl, doch in zwei seiner Texte geht es um den Maler, als Kunsthistoriker erwähnt ihn der Autor zwar, aber er schwächt ab in Richtung Praxis der Maltechnik und physiologische Optik und stützt sich auf die Ablehnung des Künstlers, als Kunsthistoriker gelten zu wollen – wohl eine unüberlegte Unterstellung, denn Frankls Texte zeigen breites Fachwissen und bleiben nicht in spezifischer Kenntnis positivistischer Technikfragen stecken. Die Texte von Gombrich erschienen anlässlich der Ausstellung Frankls in der Hayward Gallery 1970 und in Das Kunstkabinett im Winter 71, Wien 1971, S. 11ff. – Gerhard-Johann Lischka (Hg.), Philosophen-Künstler, Berlin 1986. 15 Otto Demus an Herbert Read, 26. April 1951, UAK, 11.993/1. 16 Gerhart Frankl an Fritz Novotny (FN), 3. Mai 1965, UAdUKW, TFN. 17 Die Vorträge über Cézanne entstanden auf Wunsch Blunts, geäußert in einem Brief aus dem Jahr 1951, sie wurden am 24. und am 30. Jänner sowie am 7. Februar 1952 in der Royal Academy gehalten. Im Archiv des GFMT gibt es ein Manuskript (1951) zu den Cézanne-Vorträgen mit Nennung der Kollegen. 18 De la Loi du Contraste Simultané des Couleurs erschien 1839 in Paris. Frankl gibt die Quellenschrift in Vortragsmanuskripten als Lesestoff an. 19 Lionello Venturi, Die Geschichte der Kunstkritik, München 1964, S. 301ff. 20 7. März 1951, „Turner Exhibition in der Tate Gallery“ für BBC. Zu Blake und Hugo: „Neuankäufe der Tate Gallery“, 20. November 1949, für BBC und Brief Blunts von 1951, UAK, GF 152. 21 Ludwig Münz war mit Adolf Loos, Oskar Kokoschka und Karl Kraus befreundet. Er studierte in Wien und Hamburg Jus und Kunstgeschichte bei Max Dvořák, Erwin Panofsky und Fritz Saxl. Sein hohes Engagement in der Erwachsenenbildung fand im englischen Exil seine Fortsetzung. Nach 1945 war er Direktor der Gemäldegalerie und von 1947 bis 1957 Dozent an der Wiener Akademie. 22 Aufnahmedokument der Kunstgewerbeschule, UAK, Nationale 1920/21. 23Auch Alois Riegls „Kunstwollen“ als Begriff der immanenten Formgesetze ist selten in Frankls Notizen zu finden, eher Wölfflin und Fiedler als Vorfahren. 70 24 Vorlesung im Archiv GFMT; Fritz Novotny, Cézanne und das Ende der wissenschaftlichen Perspektive, Wien/München 1970 (Originalausgabe 1938). Für Novotny ist wie für Frankl Cézannes Schritt der radikalen Unterordnung der Großform unter die malerische Struktur wesentlich in der Geschichte der Malerei. Wie bei Münz ist auch hier Panofskys Perspektivaufsatz neben Theodor Hetzers Analogie Tizian-Cézanne in Sachen Farbinterferenz von Bedeutung. 25 Julius von Schlosser, „Stilgeschichte und Sprachgeschichte der bildenden Kunst“, in: Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Jg. 1935, H. 1, S. 3–39. Frankl betitelt seinen gedruckten Vortrag „On the Reading of Pictures“; siehe S. 33ff. 26 Tietze 1925 (wie Anm. 4), S. 108. Frankl für BBC am 24. Jänner 1951 über „Paris School“ und Gegenwartskunst in der Royal Academy-Ausstellung betont die Verarmung des Malerischen außer bei Soutine. Picabia habe überhaupt nur Kuriositätenwert, und der frühe Kandinsky sehe bedenklich schlecht und kunstgewerblich aus, wie der Welterfolg der Abstraktion den Parisern nicht gut getan habe. Archiv GFMT. 27 1. Februar 1950 für BBC: kritischer Bericht über die Royal Academy-Ausstellung French Landscape mit Start am 6. Dezember 1949, UAK, GF 147. 28Hilde Zaloscer, Visuelle Beschwörung. Autonomes Kunstwerk. Ideograph. Eine Begriffserklärung, Wien/Köln/Weimar 1997, S. 9, 37, 45. Zaloscer war im Exil in Ägypten, sie korrespondierte mit Grossmann, und dieser hielt u. a. Kontakt zu Benesch, Novotny und Badt. 29 Im Rahmen der Vorlesungen für Cambridge 1964, „The Minds and Methods of Great Paintings“, nennt Frankl Strindberg in Lecture 5. UAdUKW, TFN. 30 Wie Anm. 29, Lecture 12. 31 Tietze 1925 (wie Anm. 4), S. 43, 103. 32 Herbert Read, Bild und Idee. Texte und Perspektiven, Köln 1961 (englische Ausgabe 1955). 33 Johann F. Herbart war der philosophische Gegenpart in Wien zu Immanuel Kant im deutschen Idealismus. Formalismus und Empirie bildeten eine autonome Wiener Methode, die aber alle sozialkritischen Perspektiven ausklammerte. Siehe Christoph Landerer, „Die Geburt der Wiener Schule aus dem Geist des Herbartianismus“, in: kunstgeschichte aktuell, H. 2, 2005, S. 8. 34 Wilde gelang durch Clarks Einladung an die National Gallery die Flucht von Wien über Holland, er war von 1948 bis 1958 am Courtauld Institute unter der Direktion von Anthony Blunt (1947– 1974) tätig. Graf Seilern kaufte Werke Frankls, und Franz Glück, späterer Direktor des Historischen Museums der Stadt Wien, erteilte Frankl 1952 einen Auftrag für eine Wienansicht. Die verschlungenen Verbindungen zeigen, wie sehr sich die Emigranten aufeinander verlassen haben. 35 Den Terminus „symbolische Form“ von Ernst Cassirer im Sinn einer kulturellen Form übernahm Frankl aus dem von ihm immer wieder zitierten Aufsatz Erwin Panofskys „Die Perspektive als symbolische Form“ (in: Fritz Saxl [Hg.], Vorträge der Bibliothek Warburg 1924–1926, Berlin 1927, S. 258–330). 36Arnold Hauser, Sozialgeschichte der Kunst und Literatur, München 1953; ders., Philosophie der Kunstgeschichte, München 1958. 37Beide tauschten sich mit Otto Benesch aus, mit dem Antal vor 1919 im Budapester Museum bereits Ausstellungen kuratiert hatte. Antal gehörte mit Mannheim zum „Sonntagskreis“ Georg Lukács’ und war ab 1933 mit Blunt beruflich am Courtauld Institute wie auch weltanschaulich befreundet. 38 Bettina Ehrlich an Christine Frankl, 1. Juli 1965, UAK, 11.922/Aut. 39 „Experimental and Official Art“, Manuskript für die Royal Academy oder das Institute of Contemporary Arts (ICA), Privatarchiv. 40 Anthony Blunt, Artistic Theory in Italy 1450–1600, Oxford 1956 (Erstausgabe 1940). 41 UAdUKW, TFN. 42 „Experimental and Official Art“ (wie Anm. 39) und „Current Exhibition St. George’s Gall. Work done by Schleswig-Holstein Painters since 1945“, Manuskript aus dem Jahr 1949, Privatarchiv. 43 Siehe die erstmalige Übersetzung und Veröffentlichung des Essays in diesem Katalog, S. 73ff. 44Heinz Luschey, Rechts und links. Untersuchungen über Bewegungsrichtung, Seitenordung und Höhenordnung als Elemente antiker Bildsprache, Tübingen 2002 (Habilitationsschrift von 1955). 45 „Fernand Léger Exhibition“ für BBC-Talk, 23. März 1950, Privatarchiv. 46 In seinem BBC-Talk über die „Position of the Art-Critic“ am 5. September 1949, Privatarchiv. 47 Zit. nach Novotny in Lachnit 2005 (wie Anm. 5), S. 72. 481960 undatiert begonnener und am 29. September 1960 fortgesetzter Brief von Klaus Demus, UAK, 11.940/22. 71 Über das „Lesen“ von Bildern Gerhart Frankl In einer vor einiger Zeit gezeigten Ausstellung moderner Gemälde aus Privat- „Sein Werk wird leben und sammlungen hängte einer der Besitzer ein nahezu abstraktes Gemälde „verkehrt dauern.“ Ernst Gombrich, 1970 herum“ auf, genauer gesagt um neunzig Grad gedreht. Er behauptete, da es sich um ein abstraktes Bild handle, sei es im Grunde egal, wie es gehängt werde; bei einem abstrakten Bild gebe es keine „richtige Richtung“. Andere, darunter auch der Urheber des Gemäldes, waren davon nicht überzeugt. In der Tagespresse erschienen einige kontroverse Briefe, und so ist es vielleicht immer noch interessant, ein paar nicht nur auf dieses eine Bild anwendbare Argumente zu erörtern. 1885 schrieb Gauguin in einem Brief an Émile Schuffenecker: „Nach unserem Gefühl streben nach rechts führende Linien vorwärts, solche nach links weichen zurück. Die rechte Hand schlägt zu, die linke verteidigt.“ Ohne Gauguins Brief zu kennen, schrieb der österreichische Maler Faistauer 1925: „Der Beschauer ist gewöhnt, ein Bild zu lesen wie die Schrift von links nach rechts. Aus Instinkt dafür oder bewusst haben die Alten Meister die Eingangspforte in die linke untere Ecke des Bildes gesetzt … Der Maler soll diesem anerzogenen Gefühle des Beschauers entgegenkommen, wenn ihm daran liegt, leichter verstanden zu werden.“ Und wieder ein wenig später, 1928, stellte Wölfflin, der seinerseits weder Gauguins noch Faistauers Beobachtungen kannte, seine Überlegungen „Über das Rechts und Links im Bilde“ an. Auch für ihn lassen sich Gemälde nicht umkehren. Das zeige sich bei jedem verkehrt eingelegten Diapositiv. Und zwar nicht nur weil dabei linke zu rechten Händen würden, sondern aus tiefer reichenden Gründen. Die rechte Bildhälfte habe nämlich einen anderen Stimmungswert als die linke. „Es entscheidet über die Stimmung des Bildes, wie es nach rechts ausgeht. Gewissermaßen wird dort das letzte Wort gesprochen.“ Wölfflin führt weiter aus, dass Künstler sich dieser Wirkungen bereits vor dem 17. Jahrhundert bewusst waren, und nennt Dürer als Beispiel. Er verweist auch auf „die Gewohnheit, mit einer überschnittenen Form als Kulisse am linken Rande anzufangen und nach rechts hin die Zeichnung vollständig werden zu lassen“. Und er beschließt den kurzen Artikel mit der Feststellung, dass dieses Phänomen der Erklärung bedürfe und Wurzeln besitze, die in die untersten Gründe unserer sinnlichen Natur hinabreichten. Gauguin, Faistauer und Wölfflin gelangten also zu drei wesentlichen Einsichten: Bilder werden von links nach rechts „gelesen“; deshalb werden von links kommende Linien als voranschreitend und aufsteigend interpretiert, während von rechts kommende Linien als zurückweichend und absteigend empfunden werden; Gemälde scheinen links mit fragmentarischen Objekten oder Figuren zu „beginnen“, während sich rechts, wo das „letzte Wort gesprochen“ wird, vollständigere Figuren finden, sodass der rechte Teil des Bildes über seine Stimmung entscheidet. 72 73 Abb. 1 Masaccio Die Vertreibung aus dem Paradies, um 1427 Fresko Santa Maria del Carmine, Florenz Zu ersterer Kategorie gehören z. B. Bilder, die Szenen der Unterwerfung zeigen: Velázquez’ Die Übergabe von Breda oder Veroneses Die Familie des Darius vor Alexander (National Gallery); aber auch Tizians Votivbild der Familie Vendramin (ebenfalls in der N. G.). Ganz allgemein wird die Vergangenheit als links liegend empfunden und die Zukunft als rechts liegend. Selbst Linkshänder deuten nach rechts, wenn man sie fragt: Wo ist morgen? Die zweite Gruppe von Gemälden, diejenigen, die eine Bewegung darstellen, deren Ziel oder Bedeutung für den Betrachter ikonografisch offensichtlich ist – oder wenigstens war, solange die christliche Ikonografie eine allgemein verständliche Sprache war –, umfasst Szenen wie die Vertreibung aus dem Paradies, die Flucht nach Ägypten, die Reise der Heiligen Drei Könige, den Einzug in Jerusalem usw. Immer treibt unser Auge die Figuren ihrem Bestimmungsort entgegen, weshalb sich selbst eine gewaltsame Bewegung von links nach rechts mit einer sanften Geste ausdrücken lässt. In Masaccios Vertreibung hebt der Engel lediglich einen Finger; vertrieben werden Adam und Eva durch unsere „Lesebewegung“ von links nach rechts. Zu dem Gefühl, dass sich die Figuren ins Unendliche oder Ungewisse bewegen, trägt in solchen Bildern auch das Fehlen starker begrenzender Vertikalen auf der Rechten bei. Umgekehrt stellen Bilder, die eine Bewegung ohne festen Bestimmungsort zeigen, diese von rechts nach links verlaufend dar. Trifft unser Auge auf die Bewegung, wird diese gebremst, woraus sich Intensitätseffekte ergeben. Beispiele wären etwa Masaccios Schattenheilung des heiligen Petrus oder Picassos Guernica. Auf die vielen Gemälde, die rechts offen sind, ohne zum „Vertreibungstyp“ zu gehören, also etwa Landschaften, kann ich aus Platzmangel nicht eingehen, aber auch hier scheint die Statistik gewisse universelle Merkmale nahezulegen. Abb. 2 Masaccio Die Schattenheilung des hl. Petrus, um 1427 Fresko Santa Maria del Carmine, Florenz Es ist verlockend, diese Beobachtungen auch auf Bildinhalt und Komposition anzuwenden, etwas, das Wölfflin ebenfalls anspricht: „Man könnte meinen, dass unsere Kunst – im Sinne unserer Schrift – immer die Neigung haben müsste, einen objektiven Bewegungszug (marschierende Soldaten, rennende Pferde) von links nach rechts sich entwickeln zu lassen. So ist es nicht. Aber das ist sicher: dass die rechte Bildhälfte einen anderen Stimmungswert hat als die linke.“ Eine wichtige Frage, eine, die die Mechanik aller Malerei und unserer Wahrnehmung derselben berührt, lässt Wölfflin also offen, nämlich die Frage: „Wann werden Figuren von links nach rechts gehend dargestellt und umgekehrt? Wann marschieren Soldaten, wann rennen Pferde von links nach rechts und wann nicht?“ Mir scheint, dass es eine statistisch belegbare Antwort darauf gibt, und die lautet: Die kompositorische Bewegung verläuft von links nach rechts, wenn die Bestimmung, das Ziel dieser Bewegung entweder im Bild gezeigt wird oder ikonografisch offensichtlich ist. 74 Um nun zu unserem Ausgangspunkt zurückzukehren, nämlich zur Frage, ob nahezu oder ganz abstrakte Gemälde richtungsunabhängig sind, so würde ich sagen: Nein, weil unser Auge, egal ob als Künstler oder Betrachter, mehr „Definition“ auf der rechten Seite des Bildes erwartet; dort verlangt es nach einer Conclusio, aber auch nach einer Vorbereitung für den Rahmen, welcher der Bildbewegung ein Ende setzt, ganz so wie auch Sonaten und Symphonien „falsche Enden“ aufweisen, um uns auf das richtige Ende vorzubereiten. (Giottos Fresken sind ein wunderbares Beispiel für diese „Technik“; in ihnen erscheinen angeschnittene und fragmentarische Figuren stets links, während wir rechts vollständige und monumentale Figuren finden.) Im Bild von Herrn Grear – auf das ich eingangs angespielt habe – zeigte sich diese universelle „Regel“ der stärkeren Definition und Akzentuierung auf der Rechten sehr deutlich, weshalb es auch nicht ohne Bedeutungsverlust verdreht werden konnte. Erstabdruck: Gerard J. R. Frankl, „On the ‚Reading‘ of Pictures“, in: The Listener, 13. November 1952, S. 816 „Die entsetzliche Frage an das Schicksal: Was ist mir beschieden? Wohin führt dieses Leiden, diese Freude, was ersinnt dieses unermüdliche Gehirn? Wohin treibe ich, wer bestimmt mit der Sicherheit des unfehlbarsten Regisseurs solches Erlebnis?“ Gerhart Frankl an Christine Büringer, 1925 75 Gerhart Frankl – Die Porträts Anna Maria Haider „Ich habe nicht vergeblich die gewaltigsten Dinge gesehen, die malende Menschen gemacht haben.“1 „Und nun erhebt sich eben die Frage: wie kann diese Erscheinung auf der Leinwand, diese Abstraktion, dennoch die Vorstellung eines Innenlebens, einer Seelenhaftigkeit und ihres bestimmten Charakters hervorrufen?“2 In einem Brief aus dem Jahr 1979 an den Sammler Peter Parzer bezieht sich Gerhart Frankls Witwe Christine Frankl (1897–1985) als Nachlassverwalterin des Künstlers explizit auf das Konvolut der Porträts in Gerhart Frankls Œuvre: „Portraits: 40 Ölbilder in Kartei (interessierten ihn sehr); er hatte absolut keinen Mangel an guten Freunden und Bekannten, die menschlich und geistig hochstehende Menschen waren, nicht nur in Wien, sondern auch besonders in England. Natuerlich gab es auch Auftraege, Leute zu malen, die er vorher nicht kannte. Von den 40 sind 8 in Wien gemalt, darunter Otto Benesch, Albertina, dessen Vater Heinrich Benesch (letzteres in Wien durch Bomben vernichtet, Photo vorhanden) Schauspieler Paul Hoerbiger, Baurat Otto Trnik, F. N. Kl. Demus, die Schwester von Bogdan Herzmansky (Bild in Prag) etc. und 32 in England gemalt, nicht nur in London, sondern auch in Harpenden, Uckfield, Berwickshire (Schottland), Chichester, York, Wateringbury […].“3 An bisher bekannten Porträts waren, abgesehen von zahlreichen Arbeiten auf Papier, aus heutiger Sicht 43 Gemälde in Öl bzw. Tempera und Öl auf Leinwand zu erfassen. Eines der beiden Bildnisse von Heinrich Benesch – beide sind um 1926 entstanden – ging in den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs verloren. Der Verbleib der Porträts von Hans Tietze (um 1930) und Karl GarzarolliThurnlackh4 (vermutlich um 1952) ist unbekannt. Von diesen Arbeiten kennen wir nur Fotografien. Ebenfalls nicht mehr zu eruieren war zum Zeitpunkt des Erstellens dieses Beitrags der Standort der von Christine Frankl erwähnten Porträts von Lili Herzmansky und Otto Trnik, diese Arbeiten sind auch nicht durch Fotografien dokumentiert. Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang, dass von einzelnen Modellen mehrere Bildversionen bzw. Studien in Öl existieren. Frankl versuchte sich in verschiedensten Medien, schuf Porträts mit dem Zeichenstift, als Radierung, Gouache, Pastell, in Öl-Tempera-Technik und arbeitete skulptural in Bronze und Terrakotta für Medaillen und Büsten; die Menschendarstellung trat zwar zeitweilig zugunsten der Motive Landschaft und Stillleben in den Hintergrund, kehrte aber über vierzig Jahre als wichtiges Thema der Werkentwicklung immer wieder. 76 77 „Das Selbstportrait das Ihr also bekommt [Taf. 37, Anm.] hab ich besonders gern: es war das erste der Reihe, ich hab unter den tollsten Umständen unendlich lang daran gemalt.“ Gerhart Frankl an Fritz Novotny, 1956 Abb. 1 Gerhart Frankl Bildnis Heinrich Benesch, um 1926 Öl auf Leinwand, 79,3 x 63 cm Leopold Museum, Wien bleibende Wertigkeit kritisch-zweifelnd – noch in einem seiner kunsttheoretischen Aufsätze von 1953 konstatiert er für seine Generation: „The time for balanced judgment and finesse has not yet arrived.“11 Seine eigene Position beschreibt er mit Blick auf Lichtgestalten seiner Kunstauffassung wie Bruegel, Tizian, Michelangelo, Daumier und Cézanne als „ein Ausloten der eigenen Möglichkeiten bei gleichzeitiger Abgrenzung zu zeitgenössischen Kollegen durch die Wahl älterer Vorbilder“12. Nach einer Wanderausstellung (Folkwang Museum, Essen, und Gemäldegalerie Bochum) im Jahr 1928 zusammen mit Herbert Boeckl, Georg Ehrlich und dem ungarischen Bildhauer Béni Ferenczy (1890–1967; Abb. 3, 4) und der Gemeinschaftsausstellung Österreichische und deutsche Gegenwartskunst in der Neuen Galerie in Wien 1931 hatte Frankl begonnen, unter Ferenczys Einfluss dreidimensionale Porträtarbeiten in Form von Medaillen und Büsten herzustellen. Ferenczy – seit 1921 als in Ungarn unerwünschter Künstler linker Gesinnung in Wien – und Frankl pflegten eine enge Freundschaft, zu beider Kreisen gehörten die Kunsthistoriker Otto Benesch, Johannes Wilde13 (1936 sollte Wilde als Trauzeuge bei der Hochzeit der Frankls fungieren, nur wenig später teilte er als einer der „heimatlichen“ Freunde das englische Exil) und Karl von Tolnai14. Ferenczy kannte darüber hinaus auch Karl Maria Swoboda, Ludwig Münz und Hans Sedlmayr. Abb. 2 Paul Cézanne Selbstbildnis vor rosa Hintergrund, um 1875 Öl auf Leinwand, 66 x 55 cm Musée d’Orsay, Paris Am Anfang von Gerhart Frankls Laufbahn steht eine Anzahl von Bildnissen, die einen spontan lockeren, freieren Zugang vermitteln als spätere Porträtwerke aus den 1950er- und frühen 1960er-Jahren. Fritz Novotny nennt diese anfänglichen, selbstsicher und dabei zart ausgeführten Antlitzschilderungen Beispiele „einer unproblematischen frühen Könnerschaft“5 im Sinne intuitiver Erfassung von äußerer Erscheinung korrespondierend mit subjektiv erfühlter Charakterpsychologie. Hervorzuheben sind die berühmte Zeichnung der Mutter Else Frankl6 aus dem Jahr 1923, das Selbstporträt in Öl7 (1926) wie die im selben Jahr gemalten Porträts von Otto8 und Heinrich9 Benesch (Abb. 1). Letzteres dokumentiert bereits die Frankls Gesamtwerk prägende Rezeption der Erkenntnisse Cézannes, das Bemühen um Beständiges, Überdauerndes, von ihm selbst postuliert als „malerische Festigkeit“10 (Abb. 2). Auch im Hinblick auf die Menschendarstellung zog Frankl disziplinierte Selbstanalyse, technisch perfektes Know-how und die Schulung an klassischen Vorbildern den radikaleren Positionen seiner Zeit vor. Er kommentiert die damaligen divergierenden Impulse und deren Aussichten auf 78 79 Abb. 3 Béni Ferenczy bei der Arbeit, um 1916 Abb. 4 Gerhart Frankl Der Bildhauer (Béni Ferenczy, Zustand III), 1928 Radierung auf Japanpapier, 23 x 15,6 cm Sammlung P. C., Wien „Die Ausstellung sieht brillant aus, Caspari hat mir große Komplimente gemacht, die Kritiker sind teilweise begeistert, ich bin ganz zufrieden. Das Selbstportrait hängt herrlich, ganz dunkelglühend und tragisch sieht es aus.“ Gerhart Frankl an Christine Büringer über seine Ausstellung in der Münchner Galerie Caspari, 1928 1928 besuchte Frankl nachweislich Ferenczys Atelier,15 offenbar interessiert an dessen klarer, vereinfachender Kunstsprache und der strengen Geschlossenheit, seinen eigenen Grundsätzen gemäß beeindruckt durch „[…] diese klassische, humanistische Auffassung der Menschendarstellung, die Pflicht des Eingreifens und auch die Pflicht der Verewigung von etwas allgemein Menschlichen“16. Mit den bildhauerischen Versuchen erwies Frankl auch „seinen“ Meistern Ehre, indem er für einige der Bronzeplaketten ihre Gesichter als Modelle wählte, die Rückseiten zeigen jeweils Ausschnitte aus ihren Werken (Abb. 5a, b); zwei Terrakottabüsten stellen die Mutter Else Frankl (1932) und Christine (1929–1932; vgl. Abb. 6, Bronzeversion im Belvedere, Taf. 36) dar. Zu einer weiteren, als Pendant dazu und Selbstporträt katalogisierten Bronzebüste gibt es allerdings seit 2013 neue Forschungen, die sie – wie auch eine Plakette mit dem Kopf Honoré Daumiers – den Werken Béni Ferenczys zuordnen.17 Stellt man sich das Porträt auf dialogischer Ebene vor, so wird schnell klar, dass die Sprache der Gesten und Posen, die Formen der Inszenierung und der Psychologie, die Deutbarkeit von Physiognomie und Mimik eine große Kraftanstrengung bedeuten – für den Maler und für das jeweilige Modell. Für Frankl schien wichtig, dass diese Art der Beziehung zumindest auf einer gewissen Gemeinsamkeit kunstaffinen, kultivierten Bewusstseins fußte. Zu seinen Gegenübern gehörten in diesem Sinn die bereits als wichtige Kontakte erwähnten Kunsthistoriker Otto Benesch, Karl von Tolnai, Hans Tietze, Klaus Demus, Fritz Novotny und Karl Garzarolli-Thurnlackh, denen er sich freundschaftlich verbunden fühlte und von deren Interesse für seine künstlerische Position er wusste. Auch im Exil gelang den Frankls die Vernetzung mit Gleichgesinnten im Geistigen, Exilanten wie auch britischen Intellektuellen; nun saßen ihm Männer mit Rollen im kulturellen Leben Londons wie Basil Taylor, George Aristides Eumorfopoulos und der Sammler und Gelehrte Paul Oppé.18 In seinem Tagebuch schildert Oppé den Beginn seiner Bekanntschaft mit Gerhart Frankl und im Anschluss daran mehrere Treffen in den Monaten Oktober und November 1938 für eine Porträtradierung, die Frankl im ersten Jahr nach seiner Ankunft in England in Angriff nahm: „October 6th 1938 Frankl and Abb. 5a, b Gerhart Frankl Tizian (Vorder- und Rückseite), um 1936 Bronzemedaille, Durchmesser 11,5 cm Privatbesitz 80 Abb. 6 Gerhart Frankl Stillleben mit Totenkopf und Porträtbüste (Der Tod und das Mädchen), 1933 Öl auf Leinwand, 69,7 x 80 cm Sammlung Liaunig, Neuhaus D. Wardley at lunch […] Frankl excellent. They both looked at Townes […] F enormously admired the Arveyron. He also admired the Claude and Turner […] His Eumo etching is very good.“ „October 12th 1938 Saw Frankl’s drawings at Calmann’s and bought a print of Eumo. Calmann said Frankl wants the Delacroix drawing and to etch a head of me. I agreed.“19 (Abb. 7, 8) Aus den Aufzeichnungen Oppés geht hervor, dass er Gerhart Frankl schätzte und unterstützte, etwa mit einer lobenden Besprechung in The London Mercury anlässlich Frankls Ausstellung von Zeichnungen in der jungen Galerie Calmann im Herbst 1938 oder mit der Vermittlung eines Ankaufs des Gebirgs-Aquarellblattes Nuvolau in Tirol durch die National Gallery of Canada, Ottawa. Ein Bildnis der Tochter Armide Oppé vollendete Frankl 1939. Danach sehen wir eine etwa zehnjährige Pause im Fertigen von Porträts bis zu einer Reihe von Auftragsarbeiten, beginnend 1948 mit dem während des letztlich gescheiterten Versuchs, sich wieder in Wien niederzulassen, gemalten Porträt des Schauspielers Paul Hörbiger20 (Abb. 9), die sich nach der Rückkehr nach England bis 1961 fortsetzte. Diese Reihe von Bildern mit Porträts von British-Upper-Class-Persönlichkeiten trug wohl wesentlich zum Lebensunterhalt des Ehepaars Frankl bei, so beispielsweise das Porträt des 89-jährigen Bertrand Russell, zum Zeitpunkt des Entstehens des Werks politisch aktiv als Demonstrant für nukleare Abrüstung: „Unterdessen hab ich den Auftrag erhalten, ein Portrait von Bertrand Russell zu malen; die erste Sitzung ist aber verschoben worden, weil er und seine Frau zuerst einmal eine Woche im Gefängnis verbringen müssen […].“21 Letztendlich war Frankl bei der Fertigstellung des Porträts auf Fotografien angewiesen. 81 Abb. 7 Gerhart Frankl porträtiert Paul Oppé, 1938 Privatbesitz Abb. 8 Gerhart Frankl Porträt Paul Oppé (Zustand V), 1938 Radierung auf Japanpapier, 14,9 x 12,5 cm Wien Museum Frankl bildete seine Modelle gern als Halbfiguren ab, oft zeigt er den Oberkörper bis in Taillenhöhe, seltener sind es Brustbilder. Die Darstellung der Hände, ihre sparsame Gestik, im Schoß verschränkt, angespannt oder lose übereinandergelegt, nutzt er – wie wir es von Oskar Kokoschka kennen – als psychologisierendes Bildelement; hier beweist er eine Fähigkeit zur Expression, ohne zusammenhanglos zu agieren. Mit den Jahren kamen komplexere Stilmittel zur Anwendung, kompakte Strukturen, Schichtungen, Farbmodulationen, Verschattungen, akzentuiertes Hell-Dunkel, stellenweise aufleuchtendes Kolorit vor ruhig angelegtem Hintergrund. Frankls mehr und mehr abstrahierende Annäherung an Formationen des Hochgebirges,22 die um 1960 in aufgelöst-ungegenständlichen Berglandschaften ihren Höhepunkt erreichen sollte, fand eine Art Spiegelung in der Umsetzung der späteren Porträts: „Es scheint, dass das, was die ‚Berge‘ mich gelehrt haben, jetzt in Portraits herauskommt.“23 Damit bezieht sich Frankl im Speziellen auf das Porträt des australischen Biologen Leonard Wilson (1957/58). Sein Kommentar trifft aber auch auf eine Reihe von bereits eher begonnenen Selbstbildnissen zu. Sie bezeugen in ihrer spirituell aufgeladenen Intensität und Dramatik eine thematische Herausforderung, der sich Frankl mangels Aufträgen in seinen späteren Schaffensjahren vermehrt stellte.24 In dem großen Doppelporträt des Künstlers mit seiner Frau erweitert Frankl sein Innen-Ich25 mit der Präsenz seiner ihm in seiner rastlosen künstlerischen Suche innig-selbstlos zugetanen Frau, er selbst erscheint neben ihr in skeptischem Selbstbewusstsein mit den Insignien seines Berufs, beide blicken frontal zum Betrachter, aufrecht, zerbrechlich, bescheiden, ohne körperliche Verbindung – von ihrer Seelennähe und ihrer Schicksalsgemeinschaft erfährt man nur angesichts des Gleichklangs von Haltung und Blick (Abb. 10). 82 Abb. 9 Gerhart Frankl Porträt Paul Hörbiger, 1948 Öl auf Leinwand, 76,5 x 67 cm Wien Museum Unter den zuletzt entstandenen Londoner Porträts stellen zwei Arbeiten in berührend sanfter Weise Anne Screeton dar, damals enge Vertraute von Frankls Förderer Julian Sofaer. „[…] ein sonderbar unschuldiges junges Mädchen, etwas was ich noch nie zu malen hatte“26 (Abb. 11). Noch mehr als das fertige Porträt in Öl und Tempera spricht die Studie von Frankls Bejahung der Sicht Tizians (Abb. 12): Die junge Frau ist in Gelassenheit erfasst, kontemplativ und geheimnisvoll, klassische „Donna“, deren Schönheit mehr bedeutet als ihr Rang und Name. Ein letztes Selbstporträt aus dem Jahr 1962, eine souveräne Gouache auf Papier, signifikante Sichtbarmachung seines inneren Zustands zerfahrener Müdigkeit, gibt sich verschleiert, entfernt. Die malerische Umsetzung seelischen Schmerzes konfrontiert uns mit jenen unkontrollierbaren Emotionen, die auch den distanzierten, verstörenden Triptychen Francis Bacons eigen sind (Abb. 13, 14). Aus einem Brief vom Pfingstsamstag 1962 wissen wir, dass Frankl die am 24. Mai dieses Jahres eröffnete erste große Retrospektive Bacons in der Tate Gallery gese83 Abb. 11 Gerhart Frankl Porträtstudie Anne Screeton, 1961 Kohle, Pastell und Gouache auf Papier, 64 x 48 cm Privatbesitz Abb. 12 Tiziano Vecellio Porträt einer jungen Frau, um 1520 Kreide auf Papier, 41,9 x 26,5 cm Galleria degli Uffizi, Cabinetto Disegni e Stampe, Florenz Abb. 10 Gerhart Frankl Doppelporträt (mit Christine Frankl), 1950 Öl und Tempera auf Leinwand, 77 x 109,5 cm Hans Schmid Privatstiftung, Wien hen hat27 – und sich vielleicht in den leidvollen, verfremdeten Antlitzen wiedererkannt hat. Auch rein formal dürften Francis Bacons Schöpfungen Frankls Vorstellung entgegengekommen sein: „Kein anderer Maler unserer Tage – und ausnahmsweise kann man diese Formulierung so stehenlassen, ohne sich um das Wort ,englisch‘ zu kümmern – könnte diese fünf großen Säle so sehr wie die Ausstellung eines alten Meisters wirken lassen“, schrieb z. B. die Times.28 In Frankls Landschaften und seinen urbanen Impressionen fehlen figurale Motive. Außer in seinen Porträts widmete er sich dem Menschenbild in von der Kunstgeschichte inspirierten zeichnerischen Paraphrasen von Figurenszenen nach Gemälden Alter Meister, mit denen er sich in den 1940er-Jahren und Anfang der 1950er immer wieder befasste – sein nie erlahmendes Interesse für die Kunst früherer Epochen und die differenzierte, folgenreiche Auseinandersetzung mit diesen Leistungen ziehen sich wie der sprichwörtliche „rote Faden“ durch sein Gesamtwerk: Schon in den frühen Radierungen ab 1928 finden sich Betrachtungen von Reiseeindrücken architekturgebundener Skulpturen wie jener der romanischen Denkmäler in Vézelay, Souillac, Arles oder Autun. Um 1930 folgten zahlreiche grafische Arbeiten, Versuche zur Anwendung künstlerischer Gestaltungsmittel Cézannes für eine neue, eigenständige Interpretation mittelalterlicher Sakralstatuen.29 „[…] ich [habe] mich mit romanischer und gotischer Kunst seit 30 Jahren intensiv befasst, mein Herz hängt an diesen Dingen, ich mach die Blätter nicht um‚ Blätter zu erzeugen‘ sondern weil es schoen ist, sich in dieser grossartigen Welt zu verlieren.“ Gerhart Frankl an Friedrich Welz, 1962 Ab 1961 nahm Frankl ottonische und romanische Vorbilder wieder auf, gepackt von Assoziationen zur Zeitgeschichte intensivierte er den Zugang zu deren Ikonografie in einer Reihe von technisch ausgefeilten Gouachen: „In der romanischen Kunst, in den Kapitellen von Autun oder der Bronzetür von San Zeno zum Beispiel, habe ich damals Szenen von menschlichem Drama und menschlicher Grausamkeit gefunden, deren schreckliche Aktualität und Zeitlosigkeit mir nun bewußt wurde.“30 In der Tat erhalten die fratzenhaften, dämonischen Vertreibungssymbole und die biblischen Szenen archaischer Angst, Bedrohung, Strafe 84 und Verzweiflung in Frankls expressiver Bearbeitung auch im übergeordneten Sinn neue Gewalt. Mit diesem „ungewöhnlichen Unternehmen“31, balancierend zwischen sachlicher Wiedergabe und leidenschaftlich aufgewühlter innerer Bewegtheit, bereitete Frankl ganz bewusst den Zyklus In Memoriam vor, sein metaphorisches Vermächtnis, „die Schilderung des leidenden, ausgesetzten und verfolgten Menschen in all seiner existentiellen Erschütterung“32 mit dem Ziel des Gedenkens und der Mahnung. Aus 1962 datieren erste Studienblätter zu den Sujets von Vernichtungsopfern; in den Jahren 1964 und 1965 schuf Frankl schließlich 19 großformatige Gemälde, die Aufarbeitung seiner persönlichen Geschichte und künstlerischen Höhepunkt vereinen. Die Serie entstand nach Fotografien33 – wichtiges Medium seit Beginn seiner malerischen Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit –, die von Kameraleuten der britischen Armee bei der Befreiung der Konzentrationslager 1945 aufgenommen worden waren. In den zu monumentalen Bildern gesteigerten Dokumentationen der Qual und des hoffnungslosen Sterbens, mit der imaginären Wucht der eindringlichen Farbigkeit und Drastik der Formen, vor allem aber mit dem „Malen ohne Hass“34 gelang Frankl eine transzendente Erwiderung auf schicksalhafte und künstlerische Fragen. 1 Gerhart Frankl (GF) an Christine Büringer, 31. Oktober 1925, UAK, 11.948/32/Akt. 2 Georg Simmel, „Das Problem des Portraits“, in: Die neue Rundschau, XXIX. Jg. der freien Bühne, Bd. 2, H. 10, Oktober 1918, S. 1336–1344. 3 Christine Frankl (CF) an Peter Parzer, 14. Jänner 1979, AdB, LPP (F. N. = Fritz Novotny). 4 Direktor der Österreichischen Galerie von 1947 bis 1960. Fotografie des Porträts: UAK, GF 63. In einem Schreiben vom 8. Februar 1952 (AdB, Zl 156) an Garzarolli-Thurnlackh bietet Frankl an, Porträts von Fritz Novotny und Karl Garzarolli-Thurnlackh anzufertigen: „Schön wäre, wenn ich gleichzeitig ein oder zwei Portraits […] malen könnte: Dr. Novotny und Sie.“ Am 9. Juni 1952 erfolgte die schriftliche Genehmigung des Bundesministeriums für Unterricht über 4 000 85 Abb. 13 Gerhart Frankl Selbstporträt II, 1962 Kohle, Pastell und Gouache auf Papier, 51 x 36 cm Albertina Wien Schilling für Ersteres (AdB, Zl 344/52), am 8. Juli 1952 stellte Frankl an die Direktion der Österreichischen Galerie die Rechnung über 2 500 Schilling für ein „Herrenbildnis“, vermutlich für Zweiteres (AdB, Zl 413/52). 5 Fritz Novotny, Gerhart Frankl, Salzburg 1973, S. 36. 6 Albertina Wien. 7 Privatsammlung, London. 8 Wien Museum. 9 Leopold Museum, Wien. 10 E. H. Gombrich, „Gerhart Frankl“, in: Das Kunstkabinett im Winter 71, Wien 1971, S. 12. 11Gerhart J. R. Frankl, „The Head and the Symbol“, in: The Listener, Vol. XLIX, No. 1258, 9. April 1953, S. 608. 12 Zit. nach Eva Michel, Inventing Tradition, Die Rezeption der Alten Meister und das „Barocke“ in der österreichischen Malerei des 20. Jahrhunderts. Topos und Strategie, Diss., Universität Wien, 2009, S. 25. 13Johannes (János) Wilde (1891–1970), ungarisch-österreichischer Kunsthistoriker, nach Studien in Budapest promovierte er 1918 bei Max Dvořák in Wien. Zwischen 1914 und 1920 arbeitete er im Museum der schönen Künste in Budapest, in den Jahren von 1923 bis 1938 war er Assistent im Kunsthistorischen Museum in Wien. 1938 emigrierte er nach London; ab 1941 lehrte er am Courtauld Institute. 14Karl von Tolnai (Karóly von Tolnay, Charles de Tolnay), ungarisch-deutsch-US-amerikanischer Kunsthistoriker, Mitglied im philosophischen „Sonntagskreis“ in Budapest, an dem auch Friedrich Antal, Arnold Hauser, Tibor Gergely, Anna Lesznai und Johannes Wilde teilnahmen. Siehe dazu Éva Kárady/Erzébet Vezér (Hg.), Georg Lukács, Karl Mannheim und der Sonntagskreis, Frankfurt a. M. 1985. – Nach dem Sturz der Räterepublik gingen viele Vertreter dieser Denkerelite nach Wien, wo auch von Tolnai 1925 bei Julius von Schlosser promovierte. Von Tolnai floh 1933 von Deutschland nach Paris und emigrierte 1939 in die USA. 15 Albert Herz an CF, 28. Jänner 1977, UAK, GF 245. 86 16Zit. nach Flóra Király, Die Wiener Emigrationsjahre des ungarischen Bildhauers Béni Ferenczy (1921–1932), Dipl.-Arb., Universität Wien, 2013, S. 52. 17 Király 2013 (wie Anm. 16), S. 47ff. 18 Basil Taylor (1922–1975), Verleger und Kunsthistoriker in leitender Position am Royal College, London. Dessen 1952 angefertigtes Porträt bezeichnet Frankl in einem Brief an Friedrich Welz vom 11. Juni 1962 (AdB, AKB_VN-11, Schenkung Franz Eder, Salzburg) als „eines der besten der letzten Jahre“. – George Aristides Eumorfopoulos (1863–1939), Experte für Asiatika, Sammler früher chinesischer und koreanischer Kunst sowie von Kunst des Nahen Ostens. – Paul Adolphus Oppé (1878–1957), britischer Kunstwissenschaftler und Autor. Ab 1904 legte Oppé eine der ersten und bedeutendsten Privatsammlungen von historischen Meisterwerken auf Papier an; sie beinhaltete u. a. Arbeiten von Fra Bartolommeo, Veronese, Poussin, Claude Lorrain sowie eine große Anzahl von Aquarellen der Engländer William Hogarth, William Turner, Alexander und J. Robert Cozens. Der größte Teil der Sammlung, über 3 000 Werke britischer Künstler, befindet sich heute in der Tate Gallery, London. 19Tagebuch Paul Oppé, 1938, Privatarchiv. – Hans Maximilian Calmann (1899–1982), einer Hamburger Börsenmakler-Familie entstammend, gründete 1937 seinen Kunsthandel (spezialisiert auf Zeichnungen Alter Meister) in London. 20 Auftragsbestätigung, Magistrat der Stadt Wien, 12. Juli 1948, UAK, GF 145. 21 GF an Klaus Demus, 13. September 1961, ÖNB, Wien, Autogr. 1304/15-6 Han. 22Vgl. Hans Tietze, „Alpenradierungen von Gerhart Frankl“, in: Die graphischen Künste, Jg. 53, 1930, Nachdruck in Gerhart Frankl. Œuvre-Katalog der Radierungen, Salzburg 1994, S. 22–25. 23 GF an Fritz Novotny (FN), 21. Juli 1961, UAdUKW, TFN. 24 Vgl. Edwin Lachnit, Ringen mit dem Engel, Wien/Köln/Weimar 1998, S. 250. 25 Vgl. Christoph Bertsch, „Das Ich ist unrettbar. Selbstbildnisse österreichischer Künstler zwischen den beiden Weltkriegen“, in: ders./Markus Neuwirth (Hg.), Die ungewisse Hoffnung. Österreichische Malerei und Graphik zwischen 1918 und 1938, Salzburg 1992, S. 21–32. 26 GF an FN, 21. Juli 1961, UAdUKW, TFN. 27 GF an FN, 9. Juni 1962, UAdUKW, TFN. 28 Zit. nach Anonymus, „Bacon – Angst in Öl“, in: Der Spiegel, H. 26, 1962, S. 60. 29 Vgl. Michel 2009 (wie Anm. 12), S. 26ff. 30 Gerhart Frankl in Elend und Würde, Ausst.-Kat. Gürzenich, Köln, Köln 1965, zit. nach Cornelia Reiter, „Gerhart Frankl“, in: Gerbert Frodl (Hg.), Gerhart Frankl (1901–1965), Ausst.-Kat. Belvedere, Wien, Wien 1999, S. 68. 31 Novotny 1973 (wie Anm. 5), S. 49. 32 Reiter 1999 (wie Anm. 30), S. 68. 33 Associated Newspapers (Hg.), Lest We Forget. The Horrors of the Nazi Concentration Camps, London 1945. 34 Vgl. Peter Parzer, „Gerhart Frankls Bilderreihe ‚In Memoriam‘. Ein geglückter Wurf oder ein gescheitertes Experiment? Versuch einer Klärung“, in: Lachnit 1998 (wie Anm. 24), S. 269. 87 Abb. 14 Francis Bacon Studie für drei Köpfe, 1962 Öl auf Leinwand, je Leinwand 35,9 x 30,8 cm Museum of Modern Art (MoMA), New York – The William S. Paley Collection „Kunstarbeiter“ und „Bildtechniker“. Gerhart Frankls Maltechnik im Licht optischer Analyse und archivischer Überlieferung Katinka Gratzer-Baumgärtner Die Idee zum vorliegenden Beitrag resultiert aus der auffallend häufigen Erwäh- „Ich habe Glück gehabt, weil mir nung von Gerhart Frankls Arbeitstechniken im Zusammenhang mit seinen Er- nie jemand gesagt hat, wie man fahrungen auf dem Gebiet der Restaurierung in den überlieferten Quellen zum etwas machen soll.“ Künstler. Um zu verifizieren, inwiefern sich archivierte Aussagen mit den realiGerhart Frankl über seinen Werdegang als Autodidakt, 1962 sierten Malmethoden decken, wurden sowohl Arbeiten auf Papier als auch Gemälde auf Leinwand aus dem Bestand des Museums einer Autopsie mit den in der Restaurierungsabteilung des Belvedere verfügbaren optischen Untersuchungsmethoden unterzogen und in Beziehung zu Frankls Vita gesetzt. Aufgrund des eng gesteckten Rahmens werden die sehr detaillierten Aufzeichnungen en gros dargestellt, Besonderheiten exemplarisch herausgegriffen.1 An dieser Stelle wird versucht, den Nachweis zu erbringen, ob in Dokumenten und Literatur2 Festgehaltenes mit der Faktenlage, die die naturwissenschaftlich untersuchten Werke aufdecken, übereinstimmt. Es handelt sich hierbei keinesfalls um mehr als einen repräsentativen Querschnitt, der nicht zwingend auf Frankls gesamtes Œuvre umzulegen ist. Die ersten prägenden Berührungspunkte mit der Malerei erlebt Frankl von 1920 bis 1922 bei Anton Kolig in Nötsch, wo das Interesse an technischen Grundlagen entsteht.3 Ebendort verkehrt in regelmäßigen Abständen Sebastian Isepp, der sich nach dem Ersten Weltkrieg auf das Restaurieren von Bildern verlegt hat und seinen Lebensunterhalt auch nach seiner Emigration 1938 in London als professioneller Restaurator verdienen wird.4 Dieser beeindruckt Frankl mit seinem Feingefühl für die Kunst tief.5 Zum Lernprozess trägt insbesondere das Studium des 1921 erschienenen, auch heute für die Restaurierung unverzichtbaren Standardwerks von Max Doerner, Malmaterial und seine Verwendung im Bilde, bei, das ihm ein „eigenartige[s] primäre[s] Erlebnis der eigenen Entdeckung“ verschafft6 und gleichsam Triebfeder für seine wissenschaftlich-technische Auseinandersetzung mit der Malerei ist. Autodidaktisch eignet er sich Kenntnisse und Möglichkeiten zur technologischen Umsetzung an. 1925 lässt sich der junge Frankl hochwertige Farben nach Triest schicken: „Soeben Blockx-Aquarellfarben angekommen. Das ist ein gutes Omen, gell!!“7 Im Londoner Exil wird der Maler bei Johann (Jani) Hell8 und unter Charles W. Baty das Restaurieren nach modernsten Methoden an Werken Alter Meister erlernen, die er in seinen Anfängen aus empirischem Anspruch malerisch neu interpretiert hat. Ein Stillleben aus dem Kreise Rembrandts etwa lässt ihn bald erfahren, dass zur Erzielung unterschiedlicher malerischer Qualitäten deckende Farbe über transparente gelegt werden kann,9 eine Wahrnehmung, die sich auf seine Malweise auswirken wird. Die von Frankl empfundene Ambivalenz hinsichtlich seiner künstlerisch unbefriedigen88 89 Abb. 1 Gerhart Frankl Bergphantasie IX – Dolomiten (Detail), 1963 Belvedere, Wien – Legat Peter Parzer, Wien Abb. 2 Selbstbildnis II, 1950/53 Detail der Hände unter Streiflicht, siehe Taf. 37 Belvedere, Wien „Du weisst wahrscheinlich d. Gerhard [sic!] sich bei Betrachtung der alten Meister – nebst allem anderen – fuer die ‚Schrift‘ der Malerei (man kann auch Technik sagen) interessierte; er sagte einmal als er im Basement der Nat. Gallery mit Oppi [Paul Oppé, Anm.] vor einem gerade ausgepackten neuerworbenen Rembrandt kniete (2 Stunden lang) und einer der Englaender ihn fragte ‚was studieren Sie eigentlich so lang vor dem Bild? ‚ich versuche den Maler beim Malen zuzuschauen‘.“ Christine Frankl an Fritz Novotny, 1977 den, im Exil jedoch ökonomisch notwendigen Tätigkeit als Restaurator lässt sich anhand der an seinen Freund Fritz Novotny10 gerichteten Bemerkungen belegen: „Sogar die Murkserei an den Bildern ging flotter und schien weniger deprimierend als sonst. (heute wars ein Nachahmen de Vlieger’s, der sich gewaschen hatte, und den auch schon andere bis auf den Grund gewaschen haben!) Aber eins ist wahr: die Restauriererei lässt mich die technischen Dinge, die im Delacr. [Delacroix, Anm.] Journal11 stehen, besser verstehen; wenn man einmal einen schönen Rubens wochenlang genau angesehen hat, hat man doch eine bessere Idee von seiner Malweise und das ist sicher ein Gewinn.“12 Er hat das Thema schon zuvor reflektiert: „Meine jetzige Tätigkeit ist zwar instruktiv, aber als Dauerzustand wäre sie fürchterlich unbefriedigend. Das, was daran von allgemeinem Interesse ist, hab ich schon längst intus und die mechanische ‚Ausübung‘ ist tötlich [sic!] langweilig. Mir geht das Malen und Zeichnen mehr ab, als ich’s sagen kann.“13 Die Ergebnisse der Begutachtung von Papierarbeiten in Mischtechnik, Pastell und Gouache aus dem in den frühen 1960er-Jahren entstandenen Zyklus Bergphantasien müssen spekulativ bleiben (vgl. Abb. 1, Taf. 26), da die dafür angewendete Methode der Ausleuchtung der Bildoberflächen mit UV-Licht keinen aussagekräftigen Schluss ermöglicht: Unterzeichnungen sind zwar partiell erkennbar, die Malmittel jedoch kaum zu differenzieren, da sie in zahlreichen dünnen Schichten14 mit unterschiedlicher Menge an Bindemittel aufgetragen sind. Als Fixativ wird von den Expertinnen und Experten ein von Frankl selbst erzeugtes Kunstharz angenommen, was Frankls Chemiestudium in Wien und den in England erlernten Techniken zufolge nicht nur denkbar, sondern auch schriftlich überliefert ist. Frankls Witwe Christine agiert nach dessen Tod mitunter als Restauratorin seiner Werke, wobei sie dieselben Materialien verwendet und ihr Zutun somit erfolgreich verbergen kann. In einem Brief an den Sammler Peter Parzer weist sie stolz auf die Restaurierung der Bergphantasie V (Taf. 25) hin, ein 90 Blatt, das sie von zwölf Tropfen des von Frankl entwickelten Fixativs, dessen streng geheime Rezeptur zwar nicht nachdunkle, wiewohl über all die Jahre schwarz geworden war, befreien konnte: „Niemand hat bisher die Stellen finden können, auch Experten nicht.“15 Frankl selbst spricht zur Entstehungszeit von einer „höchst flexiblen Technik“, die es ihm möglich mache, „dahinzuphantasieren“ und Zufälle auszunutzen.16 Zudem erwähnt er eine Vorfixierung aus „Celluloid in Azeton“ bei einem Pastell, „wenn mit hohem Druck gespritzt wird – ja nicht mit dem Pinsel – dann sitzen die Firnispartikeln ziemlich trocken auf der Oberfläche und dringen nicht so ein. Deshalb ist es in solchen Fällen günstig, 2 oder 3 mal ganz leicht mit hohem Druck zu spritzen um eine ganz dünne und nicht süffige Schicht aufzubauen.“17 Firnis hat Frankl offenbar nur bei Arbeiten auf Papier angewendet, auf den zur Überprüfung herangezogenen Öl- bzw. Temperamalereien lässt sich keiner dezidiert nachweisen, der rein zu ihrem Schutz aufgetragen worden wäre. Die schriftliche Überlieferung zeigt, dass sich Christine Frankl nach dem Tod ihres Mannes vorrangig der Betreuung der Papierwerke gewidmet hat. In einem Brief an Peter Parzer vergleicht sie die Technik mit der in Öl angewendeten: „Aus der spaeteren Zeit (in England) gibt es eine Menge Aquarelle und Pastelle, die er in einer von ihm erfundenen Technik (die er geheim hielt; ich kenne sie) in mehreren Lagen, wie Oelbilder malte und auch diese haben wie Oelbilder Lasuren. Z. B. Ihre Bergphantasie V war so schwierig zu restaurieren, weil ich die beschaedigten Stellen erst vorsichtig in Lagen aufbauen musste, damit die Lasuren den richtigen Ton bekamen.“18 Frankl suchte 1939 aus dem Londoner Exil bei Fritz Novotny um ein Fläschchen des stark nach Azeton riechenden „wasserhellen“ Pastellfixativs an, das in England nicht verfügbar sei.19 Seine eigene Geheimrezeptur wird er vermutlich später entwickelt haben. Entgegen der Erwartung, dass die oft pastosen Gemälde Unter- bzw. Vorzeichnungen aufweisen würden, bringen die Werkautopsien unter Anwendung von Streiflicht, UV-Licht und Infrarotreflektografie (IRR) andere Ergebnisse zutage. Grund zu dieser Annahme liefert Frankls eigene Aussage, dass es ihm leichter falle, die Natur zusätzlich zum intensiven Naturstudium auch mit fotografischen Vorlagen als Inspirationsquellen aufzubauen.20 Diese setzt er dann sehr eigenständig und kreativ um. Edwin Lachnit regt an, diese Vorgangsweise nicht als unoriginell zu interpretieren, sondern sie als „optischen Ausgangspunkt für die Konstruktion einer eigenen malerischen Wirklichkeit“ anzusehen.21 Zum Vergleich wurden Gemälde unterschiedlichen Entstehungsdatums und Sujets aus den Beständen des Belvedere gewählt. 91 Abb. 3a, b Blaues Stillleben, 1924 Detail unter Streiflicht, siehe S. 168, Inv. Nr. 10747 Belvedere, Wien – Legat Peter Parzer, Wien Abb. 4 Der Montblanc von Chamonix aus, 1929 Detail unter UV-Licht, siehe Taf. 4 Belvedere, Wien – Legat Peter Parzer, Wien „[…] Frankl has found a way of using gouache and pastel so as to give himself the maximum both of freedom and of control in the use of these difficult materials.“ Basil Taylor, 1960 Die erste Untersuchung der Werke aus dem Museumsbestand findet unter Aufund Streiflicht sowie unter UV-Licht statt und verstärkt die Wahrnehmung der etwa mittels Spachtel direkt auf den Untergrund dick aufgebrachten und verdrückten Malmittel, die sowohl öl- als auch wasserhaltige Bindemittel beinhalten, möglicherweise Wachs,22 da sie sich mit der bloßen Hand aufpolieren lassen (z. B. Taf. 29, 37 oder 49, Abb. 2). Die entstehenden nebelig-milchigen Verwischungen erzeugen nicht zuletzt eine immense Tiefe. Bereits mit freiem Auge erkennbar sind die zuweilen zutage tretenden geraden Malabschlüsse, die unter Anwendung von Abdeckungen entstanden sind, wie auch die nackten, von Farbe unberührten Stellen, die als Gestaltungsmittel mitwirken. Mit dem Durchscheinen der Leinwand (Abb. 3a, b) als Stilelement arbeitet Frankl bereits bei dem 1924 entstandenen Blauen Stillleben (S. 168, Inv.-Nr. 10747), dem ersten Gemälde, das er seiner späteren Frau Christine schenkt. Allen untersuchten Werken gemein ist ihr zumindest partiell mehrschichtiger Farbaufbau, der sich nicht nur mit bloßem Auge erkennen lässt und dessen Wirkung sich insbesondere unter UV-Licht verstärkt (Abb. 4). Das Wechselspiel von matten und glänzenden Stellen trägt zur optischen Raffinesse bei. Entgegen dem optischen Ersteindruck gibt es keine nachträglichen Übermalungen des Künstlers, alles, was darauf hindeuten könnte, ist in den Malprozess integriert. Das Selbstbildnis II (Taf. 37) und das Porträt Christine Frankls (Taf. 38) weisen an einigen Stellen ausgeprägte Pastositäten auf sowie ein Pigment mit einer intensiven orangen Reflexion unter UVLicht, bei dem es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um den Rotbraunton des eisenhaltigen Chromoxidrots handelt (Abb. 5). Darüber hinaus sind Stoff- und Faserfetzen als strukturgebende Mittel eingesetzt, was das Spannungsfeld ähnlich dem Kontrast zwischen glänzenden und matten Stellen erweitert. Das Werk Sonne im Hochgebirge – Westalpen (Taf. 31) ist trockener in seiner Ausführung, viel Grundierung bleibt sichtbar, und mittels Verwischung erscheinen einzelne Sequenzen stark verfeinert (Abb. 6). lich verhält es sich mit den Berglandschaften (Taf. 29, 31), in denen sich großzügige Entwurfszeichnungen ausmachen lassen, die unabhängig von der Ausführung existieren, aber nicht als Unterzeichnung im üblichen Sinn zu werten sind. Die Entwurfslinien sind vereinzelt in die Malerei integriert. Insbesondere beim Gasteinertal im Winter und bei Sonne im Hochgebirge – Westalpen (Taf. 29, 31) ist diese Entwurfszeichnung am ehesten als architektonisches Gebilde zu interpretieren, mehr Pentiment als Unterzeichnung (Abb. 8, 9). Frankls leidenschaftliche Liebe zu den Bergen und seine technische Experimentierfreudigkeit finden ihren Niederschlag in der Verknüpfung von Natur und Architektur, indem das Dach des Hauses letztlich zum Berggipfel mutiert und die Strukturen des Gebirges sich verdichten.24 1961, im Entstehungsjahr des Werks, schreibt Frankl über den Malprozess: „Vor allem ein Bild auf Leinwand von ‚Bergen‘ [ist] fast fertig: in Putrido Tempera mit einverarbeitetem Pastell, eine wunderbare Technik, die Kraft und Zauber zugleich ermoeglicht […].“25 Diese Technik geht auf Cennino Cenninis um 1400 entstandene Schrift Il Libro dell’Arte zurück, deren Inhalt spätestens ab 1936 in der englischen Übersetzung verfügbar war.26 Dass sie sich ab den 1960erJahren sowohl in Öl- als auch in Temperamalerei in Frankls Werk ausgewirkt hat, lässt sich durch das zur Erstellung eines Werkverzeichnisses27 von Christine Frankl angelegte Karteikartensystem belegen, in dem diese Form der Mischtechnik bei Abb. 5 Porträt Christine Frankl, 1950 Detail unter UV-Licht, siehe Taf. 38 Belvedere, Wien Zur nächsten Untersuchung wird die IRR herangezogen, die ihre Strahlung in unterschiedlichem Ausmaß entsprechend der Dichte des Farbauftrags durch die Pigmentschichten dringen lässt. Bei Wiedersehen mit Wien II (Taf. 49) sind die mit freiem Auge sichtbaren schwarzen Linien das eigentliche Konstruktionsmittel,23 es gibt offenbar keine davon unabhängige Unterzeichnung (Abb. 7). Ähn92 93 in jedem Sinn.“35 Eine solche ist nur in Verbindung mit allen Malschichten, nicht aber extra angelegt nachweisbar. Das Blaue Stillleben ist Christine Frankl zufolge „technisch interessant und einmalig“, da es erfolgreich in „Cezannes Maltechnik“ ausgeführt sei.36 1947 schickt Frankl Fritz Novotny aus London brieflich Maltipps: „Einen schönen leuchtend blauen Himmel kann man leicht malen auf rotem Grund, d. h. eine Grundierung aus 70 % Leim + armenischem Bolus. Dieser Grund kann auf die weiße Leinwand gestrichen werden; soll dann mit etwas Firnis isoliert werden, damit er nicht zusehr [sic!] saugt, und auf dieser Präparierung steht eine Mischung aus Weiß, Kobaltblau und einer Spur Brilliantgelb Dunkel ganz prächtig.“37 Abb. 6 Sonne im Hochgebirge – Westalpen, 1963 Detail unter Streiflicht, siehe Taf. 31 Belvedere, Wien – Legat Peter Parzer, Wien „Die Intensität mit der Befassung der Mittel führt zu einem besseren Ausdruck.“ Gerhart Frankl, 1962 den besprochenen Gemälden angegeben ist.28 Zudem betont Frankl 1960, dass seine neuen Leinwandbilder ebenso empfindlich wie seine Gouachen seien, er habe „eben derzeit reine Oelmalerei satt und die neuen Techniken sind nicht robust“29. Die Technik setzt die Verwendung von mit Eigelb gemischtem Wasser als Bindemittel für die Malmittel auf dem Untergrund voraus, das den Pigmenten hinzugefügt wird. Aus Sicht der Konservatorinnen und Konservatoren lässt sich ohne ergänzende chemische Analysen kein eindeutiger Nachweis erbringen, dass es sich um Öl-Tempera-Verbindungen handelt. Es ist auch zu jener Zeit, dass Frankl sich selbst als „Bildtechniker“ bezeichnet, eine in ein einziges Wort gefasste Beschreibung seines Tuns.30 Kurz zuvor berichtet er Novotny in einem seiner zahlreichen Briefe von vier beinahe fertiggestellten Landschaftsbildern, u. a. einem Gasteinertal „[…] in der Art der besten Pastelle, aber Oelfarbe auf Tempera“31. Seinem malaffinen Freund hat er weit früher zur Verwendung von Temperamalmitteln für die Untermalung geraten: „Weiss + etwas Ölschwarz und Ölocker, als Grisaille! Das gibt schön Pastosität, trocknet im Nu, spart enorm viel Ölfarbe und ergibt herrliche ‚optische Grau‘ [?] auf dem Grund (rot!.) Mit ein wenig Ölfarbe kann mans dann fertigmachen.“32 Der Montblanc von Chamonix aus (Taf. 4) zeigt unter der IRR hingegen nichts, was nicht mit freiem Auge sichtbar wäre. Der Gebirgszug entspricht dem reduzierten Charakter einer Spachtelmasse, aus der stellenweise Material abgeschabt ist. Die Leinwände der Porträts (Taf. 37, 38) und des Blauen Stilllebens (S. 168, Inv.-Nr. 10747) sind so dick mit Pigmenten belegt, dass die IRR aufgrund der Undurchdringlichkeit kein Ergebnis liefern kann. Beim Porträt Christine Frankls sind die Pentimente, etwa an Hals und Kinn, auch ohne spezielle Ausrüstung erkennbar, eine Unterzeichnung lässt sich aber auch hier nicht nachweisen (Abb. 10).33 In einem brieflichen Diskurs mit Novotny betreffend eine Porträtstudie, die vermutlich mit dem 1952 von Karl Garzarolli-Thurnlackh34 beauftragten Novotny-Porträt (S. 167, Inv.-Nr. 4617) in Zusammenhang steht, hält Frankl fest, „dass [er] etwas viel Kompletteres machen könnte; denn das ‚Psychologisch[e]‘ und ‚Reizvolle‘ ist Untermalung 94 „Es ist eines der grossartigsten Bilder [Frans Hals, Der lachende Kavalier, Anm.] die ich kenne und Gerhart ist oft davor gestanden und hat sich den Kopf zerbrochen wie es gemalt ist – ‚reine Zauberei‘.“ Christine Frankl an Fritz Novotny, 1976 Novotny ist es auch, der Frankl auf den von Direktor Garzarolli geäußerten Wunsch nach einer Planstelle für einen Restaurator an der Österreichischen Galerie als ebensolchen unterbringen möchte.38 Frankl selbst bringt die Idee in eine Bredouille, da er die Restaurierung als lästiges Beiwerk zum kreativen Schaffen empfindet, das im Idealfall das Leben finanziell stabilisiert, wie es während seines Exils in England der Fall gewesen war. An Fritz Novotny schreibt er: „Das Restaurieren hat mich hier in eine seelische Lage gebracht […]. Es ist halt so, daß man beim Restaurieren sich selbst vollkommen ausschalten muss […] Wenn einer spürt, daß es zum Malen nicht langt, daß er nichts zu sagen hat, daß er eben nur Bilder malt, aber nicht malt, um damit seiner Liebe und Bewunderung den notwendigen Ausdruck zu geben, ohne den er nicht leben kann – dann wird er oft Restaurator. […] Verbinden lassen sich die zwei Sachen nicht. Sie sind einander durchaus feind.“39 Sich in Anbetracht der Koexistenz von künstlerischer und restauratorischer Tätigkeit als „Kunstarbeiter“ zu charakterisieren ist naheliegend, wiewohl Frankl selbst in dieser Rolle eher leidet.40 Garzarolli selbst schätzt Frankls Zugang genauso ein und möchte dessen fixe Tätigkeit in der Restaurie- Abb. 7 Wiedersehen mit Wien II, 1947/48 Detail unter Infrarotreflektografie, siehe Taf. 49 Belvedere, Wien 95 Abb. 8 Gasteinertal im Winter, 1962 Untersuchung unter Infrarotreflektografie, siehe Taf. 29 Belvedere, Wien Abb. 9 Sonne im Hochgebirge – Westalpen, 1963 Detail unter Infrarotreflektografie, siehe Taf. 31 Belvedere, Wien – Legat Peter Parzer, Wien rung trotz Liebe zum künstlerischen Wirken aber gewährleistet wissen.41 Noch im Februar 1947 klingt Frankls Appell an Novotny verzweifelt: „Aber jetzt hab ich schon übergenug studiert [die Techniken der Alten Meister, Anm.] – wenn ich nicht bald malen kann, werd ich irgendwie explodieren.“42 Im Dezember 1947 bezieht Frankl ein Wohnquartier in einem Nebengebäude des Unteren Belvedere – aus dem Oberen Belvedere lernt er einen eindrucksvollen, inspirierenden Blick auf die Stadt kennen, der sich in einer ganzen Reihe von Ansichten niederschlägt (Taf. 41, 43, 46, 49, Abb. 11). Zudem stellt Frankl der Österreichischen Galerie seine technischen Kenntnisse für die Restaurierung beschädigter Gemälde unentgeltlich zur Verfügung. Unbezahlt bleiben auch seine Vorlesungen über Maltechnik und Komposition am Kunsthistorischen Institut der Universität Wien.43 Am 8. Jänner 1948 wendet Garzarolli sich an das Bundesministerium: „Da Prof. Frankl sich in London mit den neuesten Restauriermethoden vertraut machen konnte, und fallweise auch das Bundesdenkmal [Bundesdenkmalamt, Anm.] berät, halte ich ihn für die erwähnte Aufgabe befähigt bzw. durchaus geeignet. […] Da Prof. Frankl indessen nur die rein oberflächenmäßige Restaurierung von Ölgemälden besorgt, wird späterhin auch die Gewinnung eines technischen Restaurators betrieben werden müssen.“44 1948 wird der Bestand der Österreichischen Galerie innerhalb von drei Monaten (à 300 Schilling) von Frankl auf dessen Restaurierbedürftigkeit überprüft, er erstellt eine grobe Auflistung von Schäden und notwendigen Eingriffen. Sowohl bei seinen eigenen Werken als auch bei zahlreichen weiteren aus dem Bestand findet sich der Hinweis „verlangt Mattfirnis“.45 Ebendieser ist auf den autopsierten Gemälden mithilfe von lichttechnischen Untersuchungsmethoden nicht nachweisbar. Dass Frankl sich auf die Anwendung von Öl- und Temperatechniken verstand, belegt eine „Aufstellung über Einrichtung und laufenden Bedarf einer Restaurierwerkstatt“ für die Österreichische Galerie aus demselben Jahr, in der die Ausrüstung für beide Malmedien extra ausgewiesen ist.46 Abb. 10 Porträt Christine Frankl, 1950 Detail unter Infrarotreflektografie, siehe Taf. 38 Belvedere, Wien Karl Garzarolli forciert ab Anfang 1948 die Einrichtung einer hauseigenen Werkstatt,47 die er für unerlässlich hält. Als Standort hat er das Obergeschoss der Orangerie vorgesehen.48 Mit der Bestellung Gerhart Frankls zum (auf Basis eines Werkvertrags agierenden) offiziellen Restaurator der Österreichischen Galerie setzt er den ersten Schritt zur Entstehung der Restaurierwerkstatt. Dass die Wahl auf Gerhart Frankl gefallen ist, ist nicht nur der Hilfsbereitschaft Garzarollis und der Intervention Novotnys geschuldet. Ausschlaggebend ist auch Frankls malerische Qualität gepaart mit seiner Experimentierfreudigkeit, die er in sein Œuvre zu integrieren gewusst hat. 1 Die Untersuchungen fanden im Frühling 2015 vor Ort gemeinsam mit dem externen Papierrestaurator Sascha Höchtl und den internen Restauratorinnen Bettina Urban und Stefanie Jahn statt. Wertvolle Ergänzungen zu den Erkenntnissen lieferte die langjährige Expertin Elisabeth Foissner. 2 Die jüngste fundierte Analyse zu Leben und Werk Gerhart Frankls stammt von Cornelia Reiter, in: Gerbert Frodl (Hg.), Gerhart Frankl 1901–1965, Ausst.-Kat. Belvedere, Wien, Wien, S. 9–90. 3 Edwin Lachnit, Ringen mit dem Engel, Wien/Köln/Weimar 1998, S. 70ff. 4 Lachnit 1998 (wie Anm. 3), S. 24ff. 5 Öst. Mediathek, Interview 1962, 99-63051. 6 Wie Anm. 5. 7 Gerhart Frankl (GF) an Christine Büringer, 23. April 1925, UAK 11.948/31/Aut. – Die belgische Manufaktur Blockx stellt auch heute noch Aquarellfarben in höchster Künstlerqualität her. 96 97 26 Daniel V. Thompson Jr., The Practice of Tempera Painting, New Haven 1936 (1. Aufl. 1946); http://www.noteaccess.com/Texts/Thompson/6.htm (zuletzt besucht am 21. September 2015). 27 Das Karteikartensystem wurde mithilfe von Fritz Novotny und später Julian Sofaer von Christine Frankl erstellt (Dubletten im Belvedere). 28 AdB, WVZ-Karteikarten Fritz Novotny, AKB_KD-21. Vgl. auch Reiter 1999 (wie Anm. 2), S. 58. 29 GF an FN, 22. Oktober 1960, UAK, 11.946/1-23/Aut. 30 GF an KD, 11. März 1962, ÖNB, Wien, Autogr. 1304/16-5 Han. 31 GF an FN, 28. Februar 1962, UAK, 11.946/1-23/Aut. – 1961/62 entstand eine Serie zu diesem Thema. 32 GF an FN, 28. Dezember 1946, UAK, 11.944/1-42/Aut. 33 Der Nachweis wäre mit einer Röntgenuntersuchung möglich. 34 Direktor der Österreichischen Galerie von 1947 bis 1959. 35 GF an FN, 17. November 1952, UAK, 11.945/1-22/Aut. 36 CF an PP, 27. Februar 1979, AdB, AKB_VN-27. 37 GF an FN, 24. Juli 1947, UAK, 11.944/1-42/Aut. 38 GF an FN, 24. Juli 1947, Briefzusatz, UAK, 11.944/1-42/Aut; GF an Charles Baty, 8. Mai 1947, AdB, 170/1947. 39 GF an FN, 26. März 1947, UAK, 11.944/1-42/Aut. Es folgen weitere wortreiche philosophische Ansichten zum Thema. 40 GF an FN, 16. Februar 1946, UAK, 11.944/1-42/Aut. 41 GF an FN, 15. Mai 1947, UAK, 11.944/1-42/Aut. 42 GF an FN, 5. Februar 1947, UAK, 11.944/1-42/Aut. 43 Lachnit 1998 (wie Anm. 3), S. 243. 44 AdB, Zl. 47/1948. 45 AdB, Zl. 47/1948. 46 Aufstellung über Einrichtung und laufenden Bedarf einer Restaurierwerkstatt, 10. Jänner 1948, AdB, Zl. 47/1948. 47 Zu den restauratorischen Aktivitäten vor der Gründung der Modernen Galerie (Vorläuferin der Österreichischen Galerie) 1903 siehe Bettina Urban/Manuela Rechberger, „Die Anfänge der Restaurierwerkstätten im Belvedere 1781–1891. Entwicklung und Örtlichkeiten der diversen Restaurierwerkstätten, Entstehung des Berufs RestauratorIn“, in: Agnes Husslein-Arco/Katharina Schoeller (Hg.), Das Belvedere. Genese eines Museums, Weitra 2011, S. 139ff. 48 Schreiben an das Bundesministerium, 8. Jänner 1948, AdB, Zl. 47/1948. Abb. 11 Wiedersehen mit Wien II, 1947/48 Detail unter UV-Licht, siehe Taf. 49 Belvedere, Wien 8 Christine Frankl (CF) an Fritz Novotny (FN), 19. Jänner 1975, UAdUKW, TFN. 9 Wie Anm. 5. 10 Zum späteren Direktor der Österreichischen Galerie (1960–1968) entwickelt sich ab 1934 eine intensive Freundschaft. 11Das Journal de Eugène Delacroix bietet Einblick in Leben und Kunst französischer Maler im 19. Jahrhundert (Erscheinungsjahre 1822–1863). 12 GF an FN, 5. Februar 1947, UAK, 11.944/1-42/Aut. 13 GF an FN, 4. August 1946, UAK, 11.944/1-42/Aut. 14 Vgl. Reiter 1999 (wie Anm. 2), S. 56. 15 CF an Peter Parzer (PP), 22. Mai 1977, AdB, AKB_VN-27. 16 GF an Klaus Demus (KD), 10. März 1961, ÖNB, Wien, Autogr. 1304/15-2 Han. 17 GF an KD, 12. Mai 1962, ÖNB, Wien, Autogr. 1304/17-2 Han. 18 CF an PP, 14. Februar 1978, AdB, AKB_VN-27. 19 GF an FN, 2. Jänner 1939, UAK, 11.943/49. 20 GF an KD, 12. März 1962, ÖNB, Wien, Autogr. 1304/16-6 Han. 21 Lachnit 1998 (wie Anm. 3), S. 188. 22 Wachs kommt auch bei Maßnahmen der Restaurierung zur Anwendung. 23Cornelia Reiter spricht von einer „konstruktivistischen Reduktion der Gegenstandswelt zu fast abstrakt-kubischen Formen“, die in ihrer „‚Zerstörung‘ der Gegenständlichkeit“ und im „dunkelmelancholische[n] ‚Klang‘ aus gebrochenen Farben“ auf die „seelische Erschütterung des Künstlers“ nach dessen Rückkehr nach Wien hinweist. Reiter 1999 (wie Anm. 2), S. 50. 24 Siehe zum Landschaftsmaler und Alpinisten Gerhart Frankl den Beitrag von Kerstin Jesse in diesem Katalog. 25GF an KD, 18. Mai 1961, ÖNB, Wien, Autogr. 1304/15-5 Han. – Um welches Werk es sich tatsächlich handelt, lässt sich nicht zweifelsfrei klären. 98 99 TAFELTEIL Taf. 1 Gerhart Frankl Wienerwald III, 1932 Bleistift und Aquarell auf Papier 39,2 x 54,7 cm Belvedere, Wien – Legat Peter Parzer, Wien 100 Taf. 2 Gerhart Frankl Landschaft in Tunis, 1923 Öl auf Leinwand 51 x 70 cm Belvedere, Wien 101 Taf. 3 Gerhart Frankl Marmolata – Dolomiten, 1927 Bleistift und Aquarell auf Papier 36,8 x 53,1 cm Belvedere, Wien – Legat Peter Parzer, Wien 102 Taf. 4 Gerhart Frankl Der Montblanc von Chamonix aus, 1929 Öl auf Leinwand 44 x 68 cm Belvedere, Wien – Legat Peter Parzer, Wien 103 Taf. 5 Gerhart Frankl Silvretta, 1928 (Opus 46) Diamantradierung und Roulette auf Japanpapier Platte: 15 x 24,8 cm, Blatt: 26,5 x 38,7 cm Belvedere, Wien – Legat Peter Parzer, Wien Taf. 6 Gerhart Frankl Marmolata, 1928 (Opus 42) Diamantradierung auf Japanpapier Platte: 16 x 30,1 cm, Blatt: 26 x 38,5 cm Belvedere, Wien – Legat Peter Parzer, Wien 104 Taf. 7 Gerhart Frankl Blick ins Inntal auf Schwaz in Tirol, 1935 Bleistift und Aquarell auf Papier 39,2 x 57,2 cm Belvedere, Wien – Legat Peter Parzer, Wien 105 Taf. 8 Gerhart Frankl Blick auf Pill vom Pillberg, 1933 Öl auf Leinwand 53,5 x 65,5 cm Privatbesitz 106 Taf. 9 Gerhart Frankl Blick auf Pill vom Pillberg, 1936 Sepia auf Papier 38 x 55 cm Albertina Wien 107 Taf. 11 Gerhart Frankl Horns Copse (Woolhampton), 1940 Aquarell und Bleistift auf Papier 37 x 52,5 cm Albertina Wien Taf. 10 Gerhart Frankl Hinterhöfe in Hampstead, 1938 Bleistift, Tusche und Bister auf Papier 37,5 x 26 cm Albertina Wien 108 Taf. 12 Gerhart Frankl Bucklebury Avenue – Ende der Allee, um 1942 Aquarell auf Papier 40,5 x 54,5 cm Albertina Wien 109 Taf. 13 Gerhart Frankl Baum und Häuser auf Hampstead Heath, 1940 Bister auf Papier 26 x 37 cm Galerie Magnet, Völkermarkt 110 Taf. 14 Gerhart Frankl Bäume und Häuser in Hampstead, 1940 Bister auf Papier 26 x 37 cm Albertina Wien 111 Taf. 15 Gerhart Frankl Landschaft bei Newbury, 1940 Tusche auf Papier 29 x 36,5 cm Albertina Wien 112 Taf. 16 Gerhart Frankl Wiltshire Downs, 1949 Kohle, Pastell und Gouache auf Papier 44,2 x 59 cm Albertina Wien 113 Taf. 17 Gerhart Frankl Bäume in Berkshire, 1950 Tusche auf Papier 29,5 x 37,7 cm Privatsammlung, London 114 Taf. 18 Gerhart Frankl Landschaft in Cumberland, 1950 Pastell und Gouache auf Papier 40 x 53 cm Sammlung H. W., Wien 115 Taf. 19 Gerhart Frankl Bäume – Wiltshire, 1949/50 Kohle und Pastell auf Papier 39,5 x 52,7 cm Privatsammlung 116 Taf. 20 Gerhart Frankl Baumstamm mit Gebirgslandschaft, 1950 Tusche, Pastell, Deckweiß und Bleistift auf Papier 40,7 x 53,1 cm Albertina Wien – Dauerleihgabe Artothek des Bundes 117 Taf. 21 Gerhart Frankl Felsen (Tirol), 1956 Kohle und Aquarell auf Papier 39 x 54,5 cm Albertina Wien 118 Taf. 22 Gerhart Frankl Nuvolau-Studie, 1957 Kohle und Aquarell auf Papier 40 x 53,4 cm Privatsammlung, London 119 Taf. 23 Gerhart Frankl Skizzenbuch Tyrol, 1952 Cover und ausgewählte Blätter Kohle, Pastell und Tusche auf Papier 21 x 30 cm Albertina Wien (In der Ausstellung: Reproduktion) 120 121 122 123 Taf. 24 Gerhart Frankl Gletscherbach – Ostalpen, 1960 Pastell und Gouache auf Papier 41 x 54,5 cm Belvedere, Wien – Legat Peter Parzer, Wien 124 Taf. 25 Gerhart Frankl Bergphantasie V – Westalpen, 1960 Pastell und Gouache auf Papier 40,5 x 54 cm Belvedere, Wien – Legat Peter Parzer, Wien 125 Taf. 26 Gerhart Frankl Bergphantasie IX – Dolomiten, 1963 Pastell und Gouache auf Papier 40,4 x 54,3 cm Belvedere, Wien – Legat Peter Parzer, Wien 126 Taf. 27 Gerhart Frankl Bergphantasie – Ostalpen, 1959 Pastell auf Papier 38,5 x 53 cm Sammlung H. W., Wien 127 Taf. 28 Gerhart Frankl Bergphantasie X – Westalpen, 1962 Pastell und Gouache auf Papier 39 x 54,2 cm Belvedere, Wien – Legat Peter Parzer, Wien Taf. 29 Gerhart Frankl Gasteinertal im Winter, 1962 Öl und Tempera auf Leinwand 48,5 x 54,5 cm Belvedere, Wien 128 Taf. 30 Gerhart Frankl Bergphantasie VIII – Westalpen, 1961 Pastell und Gouache auf Papier 40,5 x 54,5 cm Belvedere, Wien – Legat Peter Parzer, Wien 129 Taf. 31 Gerhart Frankl Sonne im Hochgebirge – Westalpen, 1963 Öl und Tempera auf Leinwand 96,5 x 116,5 cm Belvedere, Wien – Legat Peter Parzer, Wien 130 Taf. 32 BMW R 63 Motorrad und Beiwagen, 1928/29 Motorradmuseum Vorchdorf 131 Taf. 33 Gerhart Frankl Dolomiten – Frühling, 1961 Kohle, Pastell und Gouache auf Papier 40,5 x 56 cm Belvedere, Wien – Legat Peter Parzer, Wien 132 Taf. 34 Gerhart Frankl Salzburg, 1962 Kohle, Pastell und Gouache auf Papier 48 x 63,5 cm Belvedere, Wien – Legat Peter Parzer, Wien 133 Taf. 35 Béni Ferenczy Szentendre 1890 – 1967 Budapest (vormals Gerhart Frankl zugeschrieben) Porträt Gerhart Frankl, 1926 Bronze 39,5 x 22,5 x 29 cm Belvedere, Wien – Schenkung des Gerhart Frankl Memorial Trust, London Taf. 36 Gerhart Frankl Christine Frankl, um 1930 Bronze 27 x 18 x 23 cm Belvedere, Wien – Schenkung des Gerhart Frankl Memorial Trust, London 134 Taf. 37 Gerhart Frankl Selbstbildnis II, 1950/53 Öl und Tempera auf Leinwand 69 x 43 cm Belvedere, Wien Taf. 38 Gerhart Frankl Porträt Christine Frankl, 1950 Öl und Tempera auf Leinwand 66 x 53,5 cm Belvedere, Wien – Schenkung des Gerhart Frankl Memorial Trust, London 135 Taf. 39 Gerhart Frankl Kriegsbeschädigte Sphinx I, 1948 Kohle und Tusche auf Papier 32,7 x 44,2 cm Albertina Wien Taf. 40 Gerhart Frankl Vom Krieg beschädigte Sphinx (Belvederegarten), 1948 Kohle und Tusche auf Papier 30,5 x 44 cm Albertina Wien 136 Taf. 41 Gerhart Frankl Wien vom Belvedere aus gesehen, 1947 Aquarell, Tusche und Deckweiß auf Papier 31,5 x 43 cm Albertina Wien 137 Taf. 42 Gerhart Frankl Schlacht von Anghiari, 1948 Bleistift, Tusche, Aquarell und Deckweiß auf Papier 43 x 54 cm Albertina Wien – Dauerleihgabe Artothek des Bundes 138 Taf. 43 Gerhart Frankl Blick auf Wien vom Belvedere, 1948 Öl und Tempera auf Leinwand 38 x 56 cm Privatsammlung 139 Taf. 44 Gerhart Frankl Blick auf Wien, 1948 Tusche auf Papier 32,5 x 44,4 cm Albertina Wien Taf. 45 Gerhart Frankl Wienstudie, 1948 Tusche auf Papier 32,5 x 44,2 cm Galerie Magnet, Völkermarkt 140 Taf. 46 Gerhart Frankl Blick vom Belvedere auf Wien (Landschaft I), 1948 Öl auf Leinwand 61 x 84 cm Belvedere, Wien 141 Taf. 47 Gerhart Frankl Studie für Wiedersehen mit Wien, 1948 Tusche, Aquarell und Pastell auf Papier 38,6 x 56,2 cm The Samuel Courtauld Trust, The Courtauld Gallery, London Taf. 48 Gerhart Frankl Blick auf Wien, 1948 Tusche, Aquarell und Bleistift auf Papier 38,4 x 55,3 cm Albertina Wien – Dauerleihgabe Artothek des Bundes 142 Taf. 49 Gerhart Frankl Wiedersehen mit Wien II, 1947/48 Öl und Tempera auf Leinwand 126,5 x 180 cm Belvedere, Wien 143 Taf. 51 Gerhart Frankl Blick auf Wien, 1948 Tusche und Pastell auf Papier 32,5 x 44,5 cm Belvedere, Wien – Legat Peter Parzer, Wien Taf. 50 Gerhart Frankl Studie für Wiedersehen mit Wien, 1948 Tusche und Aquarell auf Papier 38,4 x 56,2 cm The Samuel Courtauld Trust, The Courtauld Gallery, London 144 Taf. 52 Gerhart Frankl Blick auf Wien, 1948 Aquarell und Tusche auf Papier 38,5 x 56,3 cm Galerie Kovacek Spiegelgasse 145 Taf. 53 Gerhart Frankl Blick auf Wien vom Belvedere, Studie III, 1948 Tusche und Kohle auf Papier 43,6 x 58,5 cm Albertina Wien Taf. 54 Gerhart Frankl Blick auf Wien vom Belvedere, Studie I, 1948 Tusche und Kohle auf Papier 44,2 x 58,5 cm Albertina Wien 146 Taf. 55 Gerhart Frankl Wien III, 1948/49 Öl auf Leinwand 135 x 185 cm Privatsammlung 147 Taf. 56 Gerhart Frankl Studie für das Gemälde von Wien, 1948 Kohle und Farbstift auf Papier 37,4 x 55,5 cm Albertina Wien 148 Taf. 57 Gerhart Frankl Blick auf Wien, 1948 Tusche und Aquarell auf Papier 43,4 x 47,8 cm Albertina Wien 149 „Gerhart Frankl verdiente mehr als ihm das Leben hat geboten […]“1 Stefan Lehner 1901 Gerhart Frankl wird am 12. Mai als Sohn von Emil Frankl (Hof- und Gerichtsadvokat, 1. Jänner 1868 Hluk/Tschechien – 8. Juni 1943 Theresienstadt) und Else Frankl, geb. Kohn, später dann Elisabeth Kerner (16. Dezember 1880 Wien – 16. Mai 1944, letzter bekannter Aufenthalt Auschwitz), in der Porzellangasse 49a, 1090 Wien, geboren (Abb. 1–3).2 Else Frankl ist eine gebildete Frau, spricht mehrere Sprachen und hat regen Kontakt mit Künstlern, Politikern und Schriftstellern. Emil Frankl, der Musik und Kunst besonders zugetan, besitzt eine umfangreiche Sammlung, darin Arbeiten von Robin Christian Andersen, Herbert Boeckl, Georg Ehrlich, Anton Faistauer, Gustav Klimt, Anton Kolig, Egon Schiele und Egge Sturm-Skrla. 1906 Am 4. August wird Gerardus Joseph Richard Frankl in der Pfarrkirche St. Paul in Bad Aussee katholisch getauft.3 1919 Matura mit Auszeichnung am Schottengymnasium Wien.4 Johann Wolfgang Schaukal und Bohdan Heřmanský, mit denen er befreundet ist, beenden ein Jahr vor ihm das Gymnasium. Im Studienjahr 1919/20 Studium der Technischen Chemie an der Technischen Hochschule Wien.5 Abends besucht Gerhart Frankl Zeichenkurse.6 Erste erhaltene Porträtstudien zu Else Frankl. 1920 Anton Kolig wird auf das Talent Frankls aufmerksam, als dieser ihn beim Mittagsschlaf im Haus von Emil Frankl zeichnet.7 In Folge verbringt Frankl die Sommermonate der Jahre 1920 bis 1922 in Nötsch bei Kolig, der sich über „einen so begabten Schüler“ freut.8 Am 12. November tritt Frankl in die Kunstgewerbeschule Wien ein. Zahlreiche Porträt- und Aktstudien. 1921 Frankl wird am 3. Februar von der Kunstgewerbeschule Wien relegiert (Abb. 4).9 Er möchte das Handwerk der Malerei von Grund auf erlernen und beginnt ein Selbststudium auf Basis von Meisterwerken der Kunstgeschichte in Wiener Museen.10 Unterstützung und Verständnis kommen aus dem kunstaffinen Elternhaus: „Möge Deine Freude […] so groß sein wie unsere mit Deinen künstlerischen Leistungen. […] glücklich, […] trotz allen Qualen des schaffenden, schöp150 151 Abb. 1 Gerhart Frankl, 1958 Privatarchiv Abb. 2 Emil Frankl, Vater des Künstlers Privatarchiv Abb. 3 Else Frankl, geb. Kohn, Mutter des Künstlers Privatarchiv ferischen Menschen möchten wir Dich, Burscherl, aus tiefstem Herzen wünschen und sehen.“11 Lernt die Bankangestellte Christine Katharina Büringer (1897–1985), Tochter von Franz Büringer (Baumeister) und Christina Isepp (Schwester von Sebastian Isepp, Maler und Restaurator), kennen (Abb. 5). Erste Stillleben entstehen. 1922 Letzter Sommer bei Kolig in Nötsch, wo es zu „Konflikten“ und Meinungsverschiedenheiten zwischen beiden kommt (Abb. 6).12 In Folge Auseinandersetzung mit den Alten Meistern; es entstehen u. a. Paraphrasen nach Peter Paul Rubens, Pieter Bruegel d. Ä., Abraham van Beyeren und Jan Fyt. 1923 Im Juni stellt die Direktion der Österreichischen Galerie Frankl ein Empfehlungsschreiben in deutscher und französischer Sprache für deutsche, französische und belgische Behörden aus.13 Die Vermutung liegt nahe, dass Frankl das Schreiben für seinen Aufenthalt in Tunesien benötigte, wo er nach eigenen Aussagen in der Fremdenlegion tätig war.14 Frankl erwirbt das Buch Malmaterial und seine Anwendung im Bilde von Max Doerner (1921) und kommt dadurch zum „primäre[n] Erlebnis der eigenen Entdeckung […]. Das hat dadurch mir gehört.“15 Die Gesellschaft zur Förderung der modernen Kunst wird gegründet; im Vorstand sind u. a. Hans Tietze, Emil Frankl, Franz Martin Haberditzl (Österreichische Galerie), Alfred Stix (Albertina) und Lea Bondy (Galerie Würthle) vertreten. Eröffnung der Neuen Galerie Wien durch Otto Kallir, in der Frankl immer wieder ausstellt. Vorwiegend Landschaften und Stillleben. Anton Kolig und Schüler. Albert Paris Gütersloh, Galerie Würthle, Wien, März 1923 Abb. 5 Christine Büringer, 1915 Privatarchiv 1924 Im August reist Frankl mit Christine nach Südtirol zum Falzaregopass in den Dolomiten. In den folgenden Jahren besuchen die beiden immer wieder die Bergwelt Südtirols. Von September bis Oktober bereist Frankl Frankreich und Deutschland.16 In Paris besucht er den Louvre und hat die Möglichkeit, die Sammlung von Auguste Pellerin (1853–1929, Unternehmer) in Neuilly-sur-Seine mit zahlreichen CézanneWerken zu besichtigen. In Frankfurt lernt er Max Beckmann kennen, „ein überraschend sympathischer Mensch“17. Bereits in diesem Jahr ist Frankl Mitglied im Bund österreichischer Künstler (Kunstschau) und an deren Ausstellungen beteiligt.18 Die Albertina erwirbt das Werk Bildnis (Else Frankl) um 400 000 Kronen.19 Einzel- und Gruppenausstellungen bis 1965 in roter Schrift. Ausstellung von Werken moderner dt., fr. und österr. Maler aus der Galerie Flechtheim, Galerie Würthle, Wien, Jänner 1924 Österreichische Kunstausstellung 1900–1924. Wien und die Bundesländer, Künstlerhaus Wien, 18. September – 29. Oktober 1924 Juryfreie Kunstschau Berlin, Landes-Ausstellungsgebäude am Lehrter Bahnhof, Oktober–November 1924 Abb. 4 Datenblatt Frankls der Kunstgewerbeschule Wien, 1920/21 Universität für angewandte Kunst Wien, Kunstsammlung und Archiv 152 1925 Im Oktober bereist Frankl die Niederlande. In Haarlem besucht er die Sammlung Franz Koenigs’ (1881–1941, Bankier) und ist angetan von Werken Rembrandts, Rubens’ und Boschs. Alte Meister wie Tizian oder Tintoretto kann er in der Sammlung Camillo Castiglioni (1879–1957, Industrieller) studieren.20 In Den Haag lernt er den Kunsthistoriker Cornelis Hofstede de Groot (1863–1930) kennen und sieht bei ihm vor allem zahlreiche Rembrandt-Zeichnungen.21 Zur selben Zeit besuchen die Direktoren Robert Eigenberger (Gemäldegalerie Akademie) und Otto Benesch (Albertina) das Atelier des Künstlers in Wien. Seine Freude, aber auch seine Verunsicherung ist groß: „Die Materielle Seite der Sache (Eigenbergers (unerhörter) Einfluß, Ausstellung, ev. Vertrag) ist für mich, nach wie vor, nur eine Art ‚Eiserne Reserve‘ wenns gar nicht zu vermeiden ist, dann erst werde ich meinen Freunden erlauben, meine Arbeit in die Öffentlichkeit zu stellen […].“22 XLVI. Jahresausstellung der Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens VI. Kunstschau des Bundes Österreichischer Künstler, Künstlerhaus Wien, April–Juni 1925 Osztrák Representativ Képzőművészeti Kiállitás, Nemzeti Szalon, Budapest, 16. Mai – 14. Juni 1925 Österreichische Kunst-Ausstellung, Altes Verkehrsmuseum und Kunsthalle am Marientor, Nürnberg, Mai–Juni 1925 Abb. 6 Bohdan Heřmanský, Anton Kolig und Gerhart Frankl in Nötsch, 1921 Universität für angewandte Kunst Wien, Kunstsammlung und Archiv 1926 In diesem Jahr dürfte Emil Frankl einen „Verein der Freunde Gerhart Frankls‘“ gegründet haben, der Interessierten die Möglichkeit bot, den aufstrebenden jungen Künstler zu unterstützen.23 Es entstehen vermehrt reduzierte Bergstudien in Aquarell sowie erste Porträtarbeiten in Öl. XLVII. Jahresausstellung der Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens, Künstlerhaus Wien, April–Juni 1926 Wanderausstellung: Moderne Wiener Malerei, Kölner Kunstverein, ab April 1926 Weitere Stationen: Kaiser Wilhelm-Museum, Krefeld; Museumsverein, Duisburg; Städtisches Museum, Mülheim a. d. Ruhr 1927 Frankl setzt sich mit der Radierung auseinander und arbeitet vornehmlich bis 1931 an zahlreichen Blättern. Paraphrase nach Konrad Witzs Der wunderbare Fischzug. Erste Blumenstudien. Neue österreichische Kunst VON KLIMT BIS KOKOSCHKA, Kunstverein, Leipzig, 27. Februar – 23. März 1927. Weitere Stationen: Kunstverein, Dresden; „[…] oh du, ich bin ja sicher am Kunsthütte, Chemnitz; Kunsthaus Schaller, Stuttgart rechten Weg, das weiss ich jetzt Wiener Graphik der Gegenwart, Städtisches Museum Ulm, März 1927 endlich ganz gewiss – aber halten, festhalten – der Lichtschimmer ist so fern; nur nicht am Weg bleiben und weiter […].“ Gerhart Frankl an Christine Büringer, 1924 153 Eröffnung der Modernen Galerie in der Orangerie des Belvedere, Österrei- „Ich bin ja sehr elastisch und komm immer wieder auf. Wir chische Galerie Belvedere, 1929 werden schon machen, nicht wahr, Mieza?!“ 1930 Gerhart Frankl an Christine Büringer, 1924 Anlässlich der Ausstellung in der Neuen Galerie Wien erscheint die erste Monografie über Frankl von Hans Tietze, der seinen künstlerischen Weg von Anfang an verfolgt hat.27 Am 4. April erhält Frankl das „Prüfzeugnis für Kraftfahrzeugführer“.28 Mit Christine Büringer und einem auf sie zugelassenen Auto unternimmt er zahlreiche Ausflüge (Abb. 7, 8).29 Beginn einer intensiveren Auseinandersetzung mit romanischer und gotischer Skulptur, die bis ca. 1933 andauert. Friedrich Dörnhöffer, der Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesammlung, erwirbt für die Sammlung die Landschaft Ober St. Veit, 1926, von Frankl. Dörnhöffer sieht Frankl „in voller Entwicklung“ und ist der Meinung, dass „noch wertvollere und reichere Arbeiten zu erwarten sein werden“.30 Zahlreiche Bleistiftstudien nach romanischen und gotischen Skulpturen. Abb. 7 Christine Büringer in ihrem BMW-Wagen in Vézelay, 1930er-Jahre Universität für angewandte Kunst Wien, Kunstsammlung und Archiv Abb. 8 Gerhart Frankl mit der BMW unterwegs in den Dolomiten Universität für angewandte Kunst Wien, Kunstsammlung und Archiv 1928 Die Österreichische Galerie erwirbt um 750 Schilling das Gemälde Stillleben mit Tonpfeife (Abb. siehe S. 167, Inv.-Nr. 2838). Im Mai besteht Frankl die Prüfung für den Motorradführerschein und unternimmt mit Christine Büringer eine erste große Fahrt mit einer BMW mit Beiwagen durch die Dolomiten und Südfrankreich. „[…] Der Gotthard war fabelhaft, hoffentlich gelingen die Photos!“, so Frankl, der diese auch als Vorlagen nutzt.24 Oesterreichische Kunst 1700–1928. Zeichnungen Aquarelle Graphik, Akademie der Künste zu Berlin, Jänner–Februar 1928 Gerhart Frankl. Gemälde, Aquarelle, Radierungen, Galerie Caspari, München, Jänner–Februar 1928 (Erste Einzelausstellung) Wanderausstellung: Vier Künstler aus Österreich (Erweiterung der Münchner Kollektive), Karl-Goldschmidt-Haus, Museum Folkwang, Essen, März–April 1928. Weitere Station: Städtische Galerie, Bochum Gerhart Frankl. Gemälde, Aquarelle, Graphik, Neue Galerie, Wien, ab 3. Mai 1930 (Erste Kollektive in Österreich) Wanderausstellung moderner österreichischer Gemälde in den USA, Oktober 1930 – Juni 1932. Die Schau wird in vierzig nordamerikanischen Städten, u. a. Madison, Chicago, New York, Leigh, St. Louis, Jacksonville, Chattanooga, Milwaukee, Omaha, Denver, Rochester und Memphis, präsentiert. Einladung der College Art Association of America 1931 Von Mai bis Juni sind Gerhart Frankl und Christine Büringer in Italien unterwegs: „Michelangelo und Masaccio haben ebensowenig enttäuscht wie Ravenna und Padua! Jetzt kommen Ufficien und Pitti an die Reihe.“31 (Abb. 9–11) 1929 Eine weitere Tour führt Frankl Anfang September bis Mitte Oktober durch die Schweiz und die französischen Alpen nach Paris. Wie begeistert er von dem Motorrad war, zeigen Berichte, die er an Hans Skorpil, einen befreundeten BMWHändler in Wien, und seinen Vater schickt: „[…] 1 250 Kilometer in 3 1/2 Fahrtagen; Maschine besser als je […].“25 In Paris besucht er u. a. die Sammlungen von Jacques Doucet (1853–1929, Modeschöpfer) und Paul Rosenberg (1881– 1959, Kunsthändler).26 Erste skulpturale Arbeiten entstehen; Anregungen erhält er von seinem Freund Béni Ferenczy (1890–1967). 154 155 Abb. 9, 10 Gerhart Frankl und Christine Büringer, wahrscheinlich in Kupari (oder Sestri Levante), um 1930 Universität für angewandte Kunst Wien, Kunstsammlung und Archiv Privatarchiv Exposition Internationale organisée l’art vivant. L’art vivant en Europe, Palais des Beaux-Arts de Bruxelles, 25. April – 24. Mai 1931 Österreichische und deutsche Gegenwartskunst, Neue Galerie, Wien, Sommer 1931 Moderne österreichische Malerei, Neue Galerie und Zedlitzhalle, Wien, 12. Dezember 1931 – Jänner 1932 1932 Im Mai reist Frankl nach Umbrien und Rom.32 Im August besucht er Timothy Eden, Bruder des Politikers Anthony Eden, in Windlestone, County Durham. Eden, Schriftsteller und Maler, nimmt bei Frankl Privatunterricht (Abb. 12).33 Abb. 11 Gerhart Frankl und Christine Büringer in Mödling, 1931 Universität für angewandte Kunst Wien, Kunstsammlung und Archiv Frühjahrsausstellung. Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts, Neue Galerie, Wien, April 1932 Herbstausstellung, Künstlerhaus, Wien, November 1932 – Jänner 1933 1934 Im Herbst/Winter dürfte Frankl einen seiner wichtigsten Förderer und Freunde, Fritz Novotny, kennengelernt haben.34 XIX. Esposizione Biennale Internationale d’Arte, Venedig, 12. Mai – 14. Oktober 1934 Austria in London. Austrian national Exhibition of Industry, Art, Travel, Sport, Dorland Hall, Piccadilly Circus, 16. April – 12. Mai 1934 1935 Einige Bronzeplaketten (S. 80, Abb. 5a, b) sowie zahlreiche Zeichnungen und Aquarelle entstehen. 1936 Heirat mit Christine Büringer am 16. April in der Wiener Votivkirche. Der Kunsthistoriker Johannes (János) Wilde und Sebastian Isepp fungieren als Trauzeugen.35 Gerhart Frankl – Studien an österreichischen Skulpturen des Mittelalters, Graphisches Kabinett des Antiquariates V. A. Heck, Wien, 20. Jänner – 20. Februar 1936 1937 Ausgedehnte Reise mit Christine nach Tirol, Italien und Frankreich, u. a. Verona, Vicenza, Padua, Venedig, Ravenna, Ferrara und Paris. „Ich will kein ‚berühmter‘ Mann sein. […] Wohl aber will ich ein wahrhaft großer Mensch sein. Ganz und gar verantwortlich. Das ist das Wesentliche. […] Ich will kein Feuerwerk sein, wohl aber jeden Augenblick mit meinem Gewissen ‚à jour‘ sein.“ Gerhart Frankl an Christine Büringer, 1925 Exposition d’art Autrichien, Paris, Frühjahr 1937 Österreichische Kunst im 20. Jahrhundert, Kunsthalle Bern, 20. August – 19. September 1937 1938 Der Anschluss Österreichs und die damit einhergehende Verfolgung der Juden werden für die Frankls zur wachsenden Bedrohung. Gerhart und Christine verbrennen die Briefe von Else Frankl, die in engem Kontakt mit Personen aus dem 156 antifaschistischen Lager steht.36 Den beiden ist klar, dass sie Österreich so schnell wie möglich verlassen müssen. Leider lassen sich Frankls Eltern nicht zur Emigration überreden. Gerhart und Christine gehen ins Londoner Exil und beziehen am 23. Juli eine Wohnung in 26 Netherhall Gardens, London NW3. Die Abmeldung in Wien datiert vom 28. Juli.37 Bis Kriegsende wechseln beide 21-mal ihre Unterkunft.38 Zeitweise müssen sie sogar getrennt leben: Während Christine Frankl in Horns Copse als Hausmädchen bei der Familie Waltons arbeitet und wohnt, ist Gerhart Frankl bei der benachbarten Familie Melville untergebracht.39 Frankl widmet sich vornehmlich Baum- und Landschaftsstudien. Paintings by Gerhart Frankl, The Calmann Gallery, London, 18. Oktober – 9. November 1938 Twentieth Century German Art, New Burlington Galleries, London, Juli 1938 1939 Gerhart Frankl darf seiner künstlerischen Arbeit nachgehen, jedoch keine Anstellung annehmen, außer er wird vom Secretary of State dazu autorisiert (Abb. 13).40 1940 Studienserie nach Alten Meistern wie Rubens, Delacroix, Tizian, Rembrandt. Abb. 12 Gerhart Frankl im County Durham bei Timothy Eden, August 1932 Privatarchiv 1942 Die Eltern Frankls werden am 20. August nach Theresienstadt deportiert.41 Exhibition of Drawings of Buckle Bury Common by Gerhard Frankl, Walker’s Galleries, London, 2.–31. Juli 1942 1943 Emil Frankl verstirbt am 8. Juni in Theresienstadt.42 Am 20. September geht Frankl für sieben Monate nach Bristol. Aufgrund einer sketching permit, ausgestellt vom Ministry of Information, muss er offiziell Kriegsschäden dokumentieren (siehe S. 66, Abb. 6). Vom Herbst bis zum Frühjahr 1944 Zeichen- und Französischunterricht an der Colston School for Boys in Bristol. Exhibition of Paintings by Gerhard Frankl & Friedrich Jerusalem, Reading Museum and Art Gallery, 9.–30. Jänner 1943 1944 Else Frankl wird am 16. Mai in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau überstellt und dort ermordet.43 Von Herbst bis Weihnachten unterrichtet Frankl Zeichnen und Französisch an der King’s School in Chester. 1945 Am 2. Dezember auf Anraten von Novotny Bewerbung um einen Lehrauftrag an der Akademie in Wien bei Herbert Boeckl. Charles W. Baty von der englischen Erziehungsmission, den Frankl in Chester kennengelernt hat, wirkt unterstützend. Das unzerstörbare Wien, Neue Galerie, Wien, 17. Juli – 19. August 1945 157 1946 In Sitzungen des Professorenkollegiums wird über eine Berufung Frankls diskutiert mit dem Hinweis, dass diese „von der englischen Besatzungsbehörde warm unterstützt werde“44. Seine „feine künstlerische Persönlichkeit“ wird anerkannt, jedoch festgestellt, dass derzeit keine vakante Position zu besetzen sei.45 Vom 15. November bis 1. Dezember wohnt Frankl im Hotel Krantz. Es ist der erste Besuch in Wien seit seiner Emigration. Gerhart Frankl, London, Neue Galerie, Wien, 9. November – 7. Dezember 1946 (Erste monografische Ausstellung nach dem Krieg in Wien) Weihnachtsausstellung. Ein Kunstwerk als Geschenk, Neue Galerie, Wien, Dezember 1946 Abb. 13 Christine und Gerhart Frankl in Westmoreland, 1939 Privatarchiv 1947 Am 20. September kehren Gerhart und Christine Frankl nach Wien zurück unter der Voraussetzung, dass sie vorübergehend in Untermiete in der Wohnung des in Schweden weilenden Kunsthistorikers Arpád Weixlgärtner, Schalkplatz 7, wohnen können und Rechtsanwalt Ludwig Biro die rechtliche Vertretung bei der Rückforderung der früheren Atelierwohnung in der Nußdorfer Straße 43/14 zugesagt hat. Weixlgärtners Wohnung ist aber unerwarteterweise vergeben, und so steht das Ehepaar ohne Rückreisevisum obdachlos da. Beide finden vorerst bei Charles Baty eine provisorische Unterkunft.46 Am 5. Dezember beziehen Christine und Gerhart Frankl bereitgestellte Räumlichkeiten im ersten Stock des Unteren Belvedere.47 Frankl wird Mitglied in der Wirtschaftsgenossenschaft bildender Künstler und der Berufsvereinigung der bildenden Künstler Österreichs (Abb. 14). 1948 Anfang Jänner teilt der Direktor der Österreichischen Galerie, Karl GarzarolliThurnlackh, dem Bundesministerium für Unterricht mit, dass Frankl die Bestände der Sammlung auf schadhafte Stücke durchsehen werde.48 Am 9. Jänner wird Frankl per Brief informiert, dass er als aktives Mitglied in den Art-Club Österreich gewählt worden ist. Präsident des Clubs ist zu dieser Zeit Albert Paris Gütersloh.49 Ob er die Wahl angenommen hat, ist ungeklärt. Am 21. Februar wird Frankl in die Tauschkommission für die Österreichische Galerie berufen.50 Am 6. Juli erfolgt der Bescheid, dass keine Chance auf Rückstellung des Ateliers in der Nußdorfer Straße besteht.51 Frankl ist als künstlerischer Leiter der Hochschulwochen in Alpbach tätig. Zudem hält er Vorlesungen über Maltechniken an der Universität Wien. Zahlreiche Arbeiten zum Belvedereareal und Blicke über Wien. „Ich glaube, daß ich alles daran setzen muß um wieder zu malen weil ich sonst das Schwere das vorgefallen ist nicht verarbeiten kann und Gefahr laufe in immer schlimmere Krisen zu fallen. […] Wenn ich nicht male ist mein Leben leer und sinnlos, unnötig.“ Gerhart Frankl an Fritz Novotny, 1947 Kunstausstellungen in Alpbach, Vierte internationale Hochschulwochen Alpbach des österreichischen College, 21. August – 9. September 1948 Entwicklung der österreichischen Kunst von 1897 bis 1938. Malerei, Plastik, Zeichnungen, Akademie der bildenden Künste Wien, März–April 1948 1949 Da Gerhart und Christine Frankl in Österreich nicht Fuß fassen können, kehren die beiden im Jänner nach London zurück. Im August beziehen sie eine Woh158 Abb. 14 Reisepass von Gerhart Frankl, ausgestellt 1947 Universität für angewandte Kunst Wien, Kunstsammlung und Archiv nung in 70A Wilton Road. Frankls intensive Lehr- und Vortragstätigkeit beginnt, u. a. an den Universitäten London und Cambridge, dem Courtauld Institute und dem Royal College of Art.52 Aus fünfundzwanzig Jahren, Neue Galerie, Wien, 14.–30. September 1949 1950 Am 17. Mai erhält Frankl die englische Staatsbürgerschaft. Gerhart und Christine Frankl verbringen ihre jährlichen Sommerurlaube mit einem Motorroller (Vespa, später eine Triumph Contessa) in den Alpen, vorwiegend in den Dolomiten und in Tirol (Abb. 15, 16). Während eines Aufenthalts in Paris lernt Frankl Nicolas de Staël kennen. „[…] I did like DE STAEL enormously when I met him in Paris when he had his very first exhibition, he was a splendid young man, so very civilized and genuine.“53 Arbeiten mit landschaftlichen Motiven überwiegen, einige Porträts. XXV. Esposizione Biennale Internationale d’Arte, La Biennale di Venezia, 1950 The Pittsburgh International Exhibition of Paintings, Carnegie Institute, „Ja, die Befassung mit der Kunst Pittsburgh, 1950 ist der Teufel. Glauben und wissen, dass glauben nur eine Einbildung 1951 Frankl fühlt sich in London unwohl und spielt mit dem Gedanken, „als Resident ist; verzweifelt arbeiten und wissen, artist an eine der kleinen Universitäten“ in Amerika zu gehen. „Du kannst dir dass keine Katz die Dinge will – und dass, falls sie eines Tages Geld kaum vorstellen, wie zäh die Atmosphäre hier ist.“54 bringen, es nur ‚Investition‘ sein wird.“ 1952 Gerhart Frankl an Klaus Demus, 1961 Besonders während des Exils sowie nach der erneuten Rückkehr nach London 159 unterstützt Christine Frankl ihren Mann, wo sie kann, und versucht, sämtliche Lasten und Sorgen von ihm fernzuhalten, damit er sich „jede freie Minute“ seiner Kunst widmen kann.55 Sie trägt den wesentlichen Beitrag zum Lebensunterhalt bei und arbeitet über viele Jahre in der berühmten Londoner Rahmenhandlung von Frederick Anthony Pollak (Abb. 15–19).56 Gerhard Frankl, Great Hall of Library, Harpenden, 1952 (Abb. 16) 1954 Lernt seinen Förderer und späteren Nachlassverwalter, den Architekten Julian Sofaer, kennen (Abb. 20). Blumenbilder von gestern und heute, Neue Galerie, Wien, 13. November – 5. Dezember 1954 1955 In den folgenden Jahren vermehrt Blumenstillleben und Bergaquarelle. Abb. 15 Christine und Gerhart Frankl bei Freunden in Innsbruck, um 1953 Privatarchiv Abb. 16 Christine und Gerhart Frankl bei der Ausstellung in Harpenden, 1952 Privatarchiv 1957 IV. Bienal do museu de arte moderna, Museu de Arte Moderna de São Paulo, September 1957 1958 Ansichten von London. 1959 Frankl bevorzugt das Aquarell sowie eine Mischtechnik aus Gouache und Pastell. Beginn einer Serie mit dem Titel Bergphantasien. 1960 Im Juni beziehen die Frankls ihr Haus in 25 South Croxted Road, West Dulwich (Abb. 23). Frankl zieht sich zusehends zurück, die Kunstwelt beschreibt er als „widerwärtig“ und voll von „Banditen“.57 First post-war Exhibition. Gerhard Frankl (Gouaches by Gerhard Frankl), The Reid Gallery, London, 10.–25. Juni 1960 austrian painting and sculpture 1900 to 1960, Arts Council, London, 1960 1961 Im Garten des Hauses wird das von Sofaer geplante Atelier fertiggestellt. Auf Betreiben Novotnys wird Frankl am 8. Juli der Professorentitel verliehen.58 Mehr und mehr beschäftigen Frankl Sorgen bezüglich Alter, Krankheit und Armut.59 Einige Porträtarbeiten, u. a. das Bildnis von Bertrand Russell. Art Autrichien du vingtième siècle, 1961, Palais des Beaux-Arts de Bruxelles, April–Mai 1961 160 1962 Friedrich Welz holt die Belvedere-Retrospektive noch im selben Jahr nach Salzburg und vermittelt Frankl einen Auftrag der Stadt Salzburg für eine Stadtansicht.60 Ebenso sieht Welz Frankl als möglichen Nachfolger Oskar Kokoschkas an der Internationalen Sommerakademie.61 Novotny an Welz: „[…] ich glaube, dass seine pädagogischen Fähigkeiten in dieser Hinsicht ganz hervorragend sind. Ich bin mit Prof. Frankl seit vielen Jahren befreundet, habe viele Kunstgespräche mit ihm geführt und daher kommt meine Überzeugung […].“62 Aus ungeklärten Gründen kommt es nicht zu einer Bestellung. Am 19. Juni erreicht Frankl eine Anfrage von Roland Rainer, ob er „geneigt wäre, eine Meisterschule für Malerei an der Akademie der B.K. in Wien – als Nachfolger Gütersloh – zu übernehmen“63. Frankl zeigt Interesse und hofft, „dass die amtlichen Stellen gegebene[n]falls die Loesung von Detailfragen wie pensionsberechtigte Anstellung Wohnung wohlwollend behandeln würden“64. Unter Rektor Herbert Boeckl wählt das Kollegium auf Basis eines Ternavorschlags Frankl mit 14 Stimmen an die erste Stelle. An zweiter und dritter folgen Rudolf Hausner und Max Weiler.65 Anstatt die Berufung zügig durchzuziehen, stellt sich aufgrund der Altersgrenze von sechzig Jahren vor allem das Finanzministerium gegen eine solche als beamteter Hochschulprofessor.66 Später ist eine Honorarprofessur im Gespräch, zu der es durch stetige Verzögerungen nie kommen wird.67 Intensive Auseinandersetzung mit romanischer Skulptur in groß angelegten Gouachen sowie Studien als Vorbereitung zur geplanten ergreifenden Serie In Memoriam (S. 21, Abb. 14). Dies bleibt bis 1965 das Hauptthema. Abb. 17 Christine Frankl während der jährlichen Alpen- und Urlaubstouren, um 1950 Privatarchiv Abb. 18 Gerhart und Christine Frankl mit der Triumph Contessa in Innsbruck, um 1957 Privatarchiv Abb. 19 Christine Frankl im Londoner Zoo, 1950er-Jahre Privatarchiv Gerhart Frankl zum 60. Geburtstag, Österreichische Galerie Belvedere, Wien, „Sie werden verstehen, d. das 23. Jänner – 1. April 1962 (Abb. 21; erste museale Retrospektive in Österreich) Leben mit G. F. sehr bunt und Exposition d’Art autrichien contemporain. Peinture, Sculpture, Musée d’Art nicht leicht war […].“ Christine Frankl an Peter Parzer, 1980 Moderne, Paris; Akademie der bildenden Künste, Wien, März–April 1962 161 „Wir trauern um einen wirklichen Künstler und einen so ungewöhnlich warmen und tapferen Menschen, der sichs nie im Leben leicht gemacht hat.“ Ernst Gombrich an Christine Frankl, 1965 Gerhart Frankl, Galerie Welz, Salzburg, 16. August – 30. September 1962 Alpenbilder aus 150 Jahren. 100 Jahre Österreichischer Alpenverein 1862– 1962, Künstlerhaus, Wien, 16. September – 14. Oktober 1962 1963 Im Mai wird Gerhart Frankl der erstmals mit 20 000 Schilling dotierte Preis der Stadt Wien für Malerei verliehen (Abb. 22). Frankl ist bereit, eine Erklärung abzulegen, in der er eine Pensionierung mit 65 Jahren ausschließen würde. Er schöpft Hoffnung und verwendet sein Preisgeld als Anzahlung für eine Wohnung in Wien. Durch die mangelnde Entschlussfreudigkeit seitens der Ministerien verliert Frankl schlussendlich die 20 000 Schilling.68 1964 Im September denkt Frankl nicht mehr an die Realisierung der Berufung – „[…] die Sache ist ohne jeden Zweifel mausetot und war wohl nie ernsthaft lebendig […]“ – und ärgert sich vor allem über die fehlende Courage zu einer offiziellen Absage.69 1965 Am 23. Juni schickt Gerhart Frankl aus Wien ein Telegramm an seine Frau, in dem er ein Treffen für den folgenden Tag mit Erwin Thalhammer (Unterrichtsministerium), Roland Rainer und Fritz Wotruba ankündigt. Frankl selbst blickt diesem Treffen sehr skeptisch entgegen.70 Am 25. Juni gegen 5.15 Uhr wird Frankl leblos im Gästezimmer des Kunsthistorischen Museums gefunden. Die Obduktion ergibt als Todesfolge einen natürlichen Tod infolge eines Herzinfarkts.71 Die Beerdigung findet am 5. Juli auf dem Wiener Zentralfriedhof in einem Ehrengrab statt.72 Wotruba besorgt und gestaltet den Grabstein; Engelbert Lanzenberger führt den Entwurf aus. Empore des Gürzenich. Elend und Würde. Gerhard J. R. Frankl, London, Gemälde. Hans Limmer, Köln, Graphiken und Skulpturen, Ausstellung anlässlich der „Woche der Brüderlichkeit“, Köln, 7.–14. März 1965 Wiener Malerei seit 1945. Graphik aus Wien, Künstlerhaus, Wien, Kulturamt der Stadt Wien, 28. Mai – 27. Juni 1965 Kurz nach Frankls Tod wird von Wolfgang Fischer und Georg Eisler die Gerhart Frankl Gedächtnisstiftung/Gerhart Frankl Memorial Fund gegründet. Im Ehrenkomitee vertreten sind Kenneth Clark, Otto Demus, Ernst Gombrich, Werner Hofmann, Fritz Novotny, Otto Pächt und Fritz Wotruba. Ziele sind die Bearbeitung des Nachlasses und die Rückkehr Christine Frankls nach Wien.73 Die Stiftung wird 1968 aufgelöst. Am 23. April 1966 erhält Christine Frankl den Förderungspreis des Theodor Körner-Stiftungsfonds in Höhe von 10 000 Schilling zur Betreuung des Nachlasses von Gerhart Frankl.74 Ab 1. Juli 1966 wird Christine Frankl vom Bundesministerium für Unterricht eine monatliche Ehrengabe in der Höhe von 1000 Schilling zuerkannt.75 Sie beginnt 1968 mit der Erfassung des Œuvres ihres Mannes (Abb. 24). Christine Frankl stirbt am 5. Juni 1985 im King’s College Hospital in London an einer Lungenentzündung und einer Hüftkopffraktur.76 Der Nachlass wird nach ihrem Tod vom Gerhart Frankl Memorial Trust, London, respektive von Julian Sofaer verwaltet. Im Herbst 2015 wird der Trust aufgelöst und der Nachlass gemäß dem Testament von Christine Frankl unter den darin genannten Begünstigten aufgeteilt. Abb. 20 David Blackburn, Christine Frankl, Julian Sofaer und John Tannert bei der Frankl-Ausstellung in der Rye Art Gallery, London, 1970 Privatarchiv David Blackburn, ein britischer Maler, war mit Gerhart Frankl befreundet. Julian Sofaer lernte Frankl über John und Elisabeth Tannert kennen. Die musik- und kunstliebenden Tannerts waren durch Frankls Vorträge am Courtauld Institute auf den Künstler aufmerksam geworden und stellten ihm ein kleines Zimmer als Atelier zur Verfügung. Abb. 21 Frankl-Retrospektive im Oberen Belvedere, 1962 Bildarchiv des Belvedere, Wien „[…] Georg und ich sind sehr sehr traurig über das Dahinscheiden Ihres Gatten. Solche integere Menschen wie er einer war werden im Kunstleben (und vielleicht überhaupt) so rar – !“ Bettina Ehrlich an Christine Frankl, 1965 162 163 Abb. 22 Frankl nimmt von Bürgermeister Franz Jonas und Vizebürgermeister Hans Mandl den Preis der Stadt Wien entgegen, 1963 Wiener Stadt- und Landesarchiv, Presse und Informationsdienst 1 Georg Merkel an Fritz Novotny (FN), 19. Juli 1965, AdB, AKB_VN-16. – Ausstellungsliste: Kerstin Jesse. 2 Matriken der IKG Wien, Geburtsbuch X 1901 Jän.–Juni. 3 Pfarre Bad Aussee, Taufbuch XX 1900–1910, pag. 184. 4 Jahresbericht Schottengymnasium Wien, 1920, S. 15. 5 Dank an Juliane Mikoletzky, Archiv der Technischen Universität Wien. 6 Öst. Mediathek, Interview 1962, 99-63051. ORF-Radiointerview von Oskar Schatz mit Gerhart Frankl, gesendet am 31. März 1963. 7 Wie Anm. 6. 8 Anton Kolig (AK) an Emil Frankl (EF), undatiert, AdB, NAK, Anton Kolig. 9 Nationale von Gerhart Frankl, UAK, 11.991/4/Aut. 10 Wie Anm. 6. 11 Emil und Else Frankl an Gerhart Frankl (GF), 21. Dezember 1921, AdB, LPP, Kopie. 12 AK an EF, 22. Oktober und 22. November 1922. – Kolig verfolgte weiter Gerhart Frankls künstlerische Entwicklung „mit warmer Anteilnahme“ und Wertschätzung. AK an EF, 5. April 1927, AdB, NAK, Anton Kolig. 13 AdB, 392/1923. Im Folgejahr stellte die Albertina ein ähnliches Schreiben aus; AdB, LPP. 14 Ob Frankl wirklich in der Fremdenlegion tätig war, ist schwer zu sagen, da es dazu nur Hinweise in seinen Autobiografien gibt. 15 Wie Anm. 6. 16 Vgl. Edwin Lachnit, Ringen mit dem Engel, Wien/Köln/Weimar 1998, S. 195ff. 17 GF an Christine Büringer (CB), 14. Oktober 1924, UAK, 11.948/12 Aut. 18 Leider fehlen genaue Informationen über den Eintritt zur Kunstschau. 19 Dank an Patrick Lichtenegger, Albertina. 20 GF an CB aus Haarlem, Oktober 1925, UAK, 11.948/Aut. 21 GF an CB, 23. Oktober 1925, UAK, 11.948/20/Aut. 22 GF an CB, 31. Oktober 1925, UAK, 11.948/32/Aut. 23 Christian M. Nebehay, Die goldenen Sessel meines Vaters, Wien 1983, S. 169. 24 GF an EF, 26. September 1928, UAK, 11.952/17/Aut. 25 GF an Hans Skorpil, Bar-sur-Aube, 24. September 1929, UAK, 11.990/4/Aut. 26 GF an EF, 4. Oktober 1929, UAK, 11.952/11/Aut. 27 Hans Tietze, „Gerhart Frankl“, in: Österreichische Kunst, Jg. 1, H. 12, Oktober 1930, S. 20f. 164 28 Prüfzeugnis für Kraftfahrzeugführer, 4. April 1930, UAK, GF 59. 29 Datenbank der Historischen KFZ-Verzeichnisse am Technischen Museum Wien. 30 Archiv Bayerische Staatsgemäldesammlung, 78/1931. 31 GF an EF, 8. Juni 1931, UAK, 11.952/7/Aut. 32 Lachnit 1998 (wie Anm. 16), S. 218. 33 Timothy Eden an Peggy Levy, 15. Mai 1938, UAK, GF 97, Kopie. „We need men of his feelings and intellectual knowledge of art […].“ 34 GF an FN, Postkarte, 29. November 1934, UAK, 11.943/1-60/Aut. 35 Trauungsbuch der Pfarre Votivkirche in Wien, Sig. 02-20, 1936–1941 fol.12. 36 CF an Peter Parzer (PP), 14. Dezember 1978, AdB, LPP. 37 WSLA, Historische Meldeunterlagen. 38 Handschriftliche Liste aller Unterkünfte mit Zeitraumangabe in GB, UAK, 11.987/31/Aut. 39 Anna McCosh an Julian Sofaer, 23. Dezember 1987, Archiv GFMT. 40 Secretary of State an GF, 17. Februar 1939, UAK, GF 106. 41 Freundliche Mitteilung von Elisabeth Klamper, DÖW. 42 Wie Anm. 41. 43 Wie Anm. 41. 44 5. Sitzung am 25. März 1946, UAABKW, 391/1946. 45 Wie Anm. 44. 46 Gerhart Frankl, Memorandum, Typoskript, AdB, 47/1948. 47 Heute befindet sich dort die Küche der B-Lounge. 48 Wie Anm. 46. 49 UAK, 12.068/Aut. 50 AdB, 63/1948. 51 Wie Anm. 46. 52 GF an FN, 18. April 1949, UAK, 11.944/1-42/Aut. – Siehe auch GF an KD, 1. Juli 1962, ÖNB, Autogr. 1304/17-6 Han. – GF an G.E.T Mayfield, 6. Juni 1956, UAK, 11.987/1-32/Aut. 53 GF an David Blackburn, 24. April 1962, Privatarchiv. 54 GF an FN, 7. Mai 1951, UAK, 11.945/1-22/Aut. 55 CF an PP, 3. Dezember 1979, AdB, LPP. 56 CF an PP, 25. November 1980, AdB, LPP. 57 GF an FN, 28. November 1960, AdB, 291/1962. 58 AdB, 883/1961. 59 GF an Klaus Demus (KD), 10. März 1961, ÖNB, Autogr. 1304/15-2 Han. 60 AdB, 198/1962. 61 GF an FN, 9. Februar 1964, UAdUKW, TFN. 62 FN an Friedrich Welz (FW), 21. Februar 1962, AdB, 198/192. 63Leider wurden weder im ÖStA noch im UAABKW die Unterlagen zur Bestellung Frankls als Professor an die Wiener Akademie gefunden. Die Informationen beziehen sich auf Abschriften, die Frankl in Briefen an FN und KD zitiert. 64 Briefentwurf GF an RR , 22. Juni 1962, UAK, 11.890/15 Aut. 65 ÖStA, AdR, Kunst und Kultur, 105.061-5/1962. 66 FW an GF, 23. September 1963, AdB, AKB_VN-11, Schenkung Franz Eder, Salzburg. 67 Siehe Professorenkollegiumssitzungen 1963–1965, UAABKW. 68 GF an FW, 27. September 1963, AdB, AKB_VN-11, Schenkung Franz Eder, Salzburg. – FW an GF, 30. September 1963, ebd. 69 GF an FW, 23. September 1964. – Ein Brief vom 29. September 1964 an Welz bringt Frankls Frust und Verärgerung deutlich zum Ausdruck. Beide: AdB, AKB_VN-11, Schenkung Franz Eder, Salzburg. 70 GF an CB, 23. Juni 1965, UAK, GF 204 71 ÖStA, AdR, Bestand Gerichtsmedizin, Sanitätspolizeiliche Obduktionsberichte 1965, 636/97. 72 FN an Hans Mandl, 28. Mai 1965, WStLA, M.Abt 350, 3168/1965. – 30 E, Reihe 1, Nr. 23. 73 Schriftlicher Nachlass Fritz Wotrubas, Belvedere, Wien, Dauerleihgabe der Fritz Wotruba Privatstiftung. 74 Kuratorium an CF, 23. April 1966, UAK, GF 209. 75 Bundesministerium an CF, 16. August 1966, UAK, GF 209. 76 Death registration, 12. Juli 1985, UAK, GF 253. Abb. 23 Das Haus der Frankls in West Dulwich, London Bildarchiv des Belvedere, Wien – Legat Peter Parzer, Wien Abb. 24 Christine Frankl im Garten ihres Hauses in West Dulwich, 1980 Bildarchiv des Belvedere, Wien – Legat Peter Parzer, Wien „I was […] a great admirer of your husband’s work, and believe him to have been grossly underrated by fashionable opinion.“ Kenneth Clark an Christine Frankl, 1970 165 Gerhart Frankl im Belvedere Gerhart Frankls früher künstlerischer Erfolg und seine Verbundenheit mit dem Belvedere respektive mit Mitarbeitern und Direktoren wie Karl GarzarolliThurnlackh oder Fritz Novotny führten bereits ab 1928 zum ersten Ankauf eines seiner Gemälde durch die Österreichische Galerie. Bis 1962 wurden insgesamt acht Werke direkt vom Künstler erworben, 1930 eines aus Privatbesitz der Galerie gewidmet und 1950 ein weiteres aus New Yorker Privatbesitz angekauft. Zwischen 1994 bis 2000 gelangten durch Schenkungen des Gerhart Frankl Memorial Trust respektive Julian Sofaer in London vier Arbeiten in die Sammlung. Durch das umfangreiche Legat des Sammlers Peter Parzer, das 2012 dem Belvedere anvertraut wurde, wuchs der vorhandene Bestand von 13 Arbeiten des Künstlers – elf Gemälde und zwei Skulpturen (ursprünglich drei – eine Bronzebüste (Taf. 35) wurde im Zuge der Vorbereitungen zur Ausstellung als ein Werk von Béni Ferenczy identifiziert) – auf beachtliche 105 an. Das Konvolut von 92 Werken beinhaltete elf Gemälde, 17 großformatige Gouachen, 24 Papierarbeiten (Aquarell, Pastell) sowie vierzig Radierungen. Das Gemälde Blick vom Belvedere auf Wien (Landschaft I) (1948; Taf. 46), das sich ebenfalls in der Sammlung Parzer befand, wurde vom Belvedere im November 2014 in der Dorotheums-Auktion Klassische Moderne erworben. Hinzu kam im Oktober 2015 eine umfangreiche Schenkung von 53 Gemälden des Gerhart Frankl Memorial Trust, London, aufgrund des testamentarischen Wunsches von Christine Frankl und der Auflösung des Trust. Somit beläuft sich die Gesamtzahl aller Arbeiten Frankls in der Sammlung des Belvedere auf 158. Seit geraumer Zeit wird am Institut für die Erstellung von Werkverzeichnissen im Research Center des Belvedere ein Catalogue raisonné zu Gerhart Frankl erarbeitet, der sein gesamtes Schaffen wissenschaftlich dokumentieren wird. Im Folgenden sind alle Arbeiten des Künstlers, die sich in der Sammlung des Belvedere befinden, chronologisch aufgelistet, das Parzer-Legat sowie die Schenkung des Trust vom Herbst dieses Jahres sind in einem Block zusammengefasst. Alle Kunstwerke Frankls im Belvedere können zudem in der Online-Sammlung auf der Homepage der Galerie (http://digital.belvedere.at/emuseum/) mit entsprechenden Abbildungen eingesehen werden. 166 Inv.-Nr. 4038, S. 14, Abb. 4 Stillleben nach Abraham van Beyeren, 1923 Öl auf Leinwand, 80,5 x 115 cm 1946 Ankauf vom Künstler Inv.-Nr. 4256, Taf. 49 Wiedersehen mit Wien II, 1947/48 Öl und Tempera auf Leinwand, 126,5 x 180 cm 1948 Ankauf vom Künstler Inv.-Nr. 4767, Taf. 2 Landschaft in Tunis, 1923 Öl auf Leinwand, 51 x 70 cm 1954 Ankauf vom Künstler Inv.-Nr. 11228, Taf. 46 Blick vom Belvedere auf Wien (Landschaft I), 1948 Öl auf Leinwand, 61 x 84 cm 2014 Ankauf Dorotheum, Wien Inv.-Nr. 4440 Stillleben mit Zitronen, 1925 Öl auf Leinwand, 43,5 x 66 cm 1950 Ankauf Robert Rieger, New York Inv.-Nr. 2838 Stillleben mit Tonpfeife, 1928 Öl auf Leinwand, 46,5 x 62,5 cm 1928 Ankauf vom Künstler Inv.-Nr. 5127 Montmartre, Paris, 1929 Öl auf Leinwand, 60 x 82,5 cm 1956 Ankauf vom Künstler Inv.-Nr. 9236, Taf. 36 Christine Frankl, um 1930 Bronze, 27 x 18 x 23 cm 1995 Schenkung des Gerhart Frankl Memorial Trust, London Inv.-Nr. 9235 Statue eines Bischofs, um 1930 Gips, 61,5 x 22 x 15 cm 1995 Schenkung des Gerhart Frankl Memorial Trust, London Inv.-Nr. 9543, Taf. 38 Porträt Christine Frankl, 1950 Öl und Tempera auf Leinwand, 66 x 53,5 cm 2000 Schenkung des Gerhart Frankl Memorial Trust, London Inv.-Nr. 5128, Taf. 37 Selbstbildnis II, 1950/53 Öl und Tempera auf Leinwand, 69 x 43 cm 1956 Ankauf vom Künstler Inv.-Nr. 4617 Porträt Fritz Novotny, 1952 Öl und Tempera auf Leinwand, 78 x 65 cm 1952 Ankauf vom Künstler Inv.-Nr. 3172 Die Kirche im Grünen (Saint-Jean-Baptiste in Reims), 1929 Öl und Tempera auf Leinwand, 55,5 x 82,5 cm 1930 Widmung Kommerzialrat Gustav Heller, Wien 167 Inv.-Nr. 5496, Taf. 29 Gasteinertal im Winter, 1962 Öl und Tempera auf Leinwand, 48,5 x 54,5 cm 1962 Ankauf vom Künstler Inv.-Nr. 10748 Blumenkrug, 1929 Öl auf Leinwand, 66 x 54 cm Legat Peter Parzer, 2012 Inv.-Nr. 10744 Bauernhaus in Bucklebury, 1941 Bister auf Papier, laviert, 31,8 x 47,7 cm Inv.-Nr. 10747 Blaues Stillleben, 1924 Öl und Tempera auf Leinwand, 49,5 x 63,5 cm Inv.-Nr. 10779, Taf. 51 Blick auf Wien, 1948 Tusche und Pastell auf Papier, 32,5 x 44,2 cm Inv.-Nr. 10749 Blumenstrauß in Glasvase, 1929 Kohle, Aquarell und Gouache auf Papier, 55,4 x 39 cm Inv.-Nr. 10759, Taf. 4 Der Montblanc von Chamonix aus, 1929 Öl auf Leinwand, 44 x 68 cm Inv.-Nr. 10763 Häuser auf einer Anhöhe – Ober St. Veit, 1926 Bleistift und Aquarell auf Papier, 39 x 54,8 cm Inv.-Nr. 10775, Taf. 1 Wienerwald III, 1932 Bleistift und Aquarell auf Papier, 39,2 x 54,7 cm Inv.-Nr. 10764, Taf. 3 Marmolata – Dolomiten, 1927 Bleistift und Aquarell auf Papier, 36,8 x 53,1 cm Inv.-Nr. 10776 Blick von der Basilika „Hl. Franziskus“ in Assisi ins Umland, 1932 Bleistift und Aquarell auf Papier, 39,3 x 54,5 cm Inv.-Nr. 10745 Stillleben mit Äpfeln, 1928 Öl auf Leinwand, 55,5 x 81 cm Inv.-Nr. 10750 Blumen in weißem Krug, um 1932 Bleistift und Aquarell auf Papier, 55,5 x 38,7 cm 168 Inv.-Nr. 10756 Leichen in gelber Sandgrube, 1962 Kohle, Pastell und Gouache auf Papier, 40,3 x 52,6 cm Inv.-Nr. 10777, Taf. 7 Blick ins Inntal auf Schwaz in Tirol, 1935 Bleistift und Aquarell auf Papier, 39,2 x 57,2 cm Inv.-Nr. 10765 Silvretta, 1959 Kohle und Aquarell auf Papier, 42,5 x 57 cm Inv.-Nr. 10766 Westalpen, 1959 Pastell und Gouache auf Papier, 48,2 x 63,8 cm Inv.-Nr. 10767, Taf. 24 Gletscherbach – Ostalpen, 1960 Pastell und Gouache auf Papier, 41 x 54,5 cm Inv.-Nr. 10769 Bergphantasie III – Dolomiten, 1960 Pastell und Gouache auf Papier, 39,4 x 54,3 cm Inv.-Nr. 10770, Taf. 25 Bergphantasie V – Westalpen, 1960 Pastell und Gouache auf Papier, 40,5 x 54 cm Inv.-Nr. 10751 Blumenstrauß in italienischem Krug, 1961 Pastell und Gouache auf Papier, 56 x 40 cm Inv.-Nr. 10773, Taf. 28 Bergphantasie X – Westalpen, 1962 Pastell und Gouache auf Papier, 39 x 54,2 cm Inv.-Nr. 10774, Taf. 34 Salzburg, 1962 Kohle, Pastell und Gouache auf Papier, 48 x 63,5 cm Inv.-Nr. 10785 Christus auf den Zinnen des Tempels, 1962 Kohle, Pastell und Gouache auf Papier, 64,3 x 48 cm Inv.-Nr. 10752 Rote Anemonen vor blauem Hintergrund, 1961 Pastell auf Papier, 55,5 x 37,2 cm Inv.-Nr. 10768, Taf. 33 Dolomiten – Frühling, 1961 Kohle, Pastell und Gouache auf Papier, 40,5 x 56 cm Inv.-Nr. 10771, Taf. 30 Bergphantasie VIII – Westalpen, 1961 Pastell und Gouache auf Papier, 40,5 x 54,5 cm Inv.-Nr. 10746 Stillleben mit Birnen und Zitronen, 1962 Öl und Tempera auf Leinwand, 54 x 66,5 cm Inv.-Nr. 10757 Vier liegende Figuren, 1962 Kohle, Pastell und Gouache auf Papier, 48 x 63 cm Inv.-Nr. 10758 Die Schlafstelle, 1962 Kohle, Pastell und Gouache auf Papier, 63,5 x 48,5 cm Inv.-Nr. 10760 Rhonetal III, 1962 Öl und Tempera auf Leinwand, 51,5 x 66,5 cm Inv.-Nr. 10789 König von San Zeno II, 1962 Kohle, Pastell und Gouache auf Papier, 63,2 x 48,5 cm Inv.-Nr. 10790 Maske und König, 1962 Kohle, Pastell und Gouache auf Papier, 63,2 x 48,7 cm Inv.-Nr. 10761 Salzburg II, 1962 Öl und Tempera auf Leinwand, 51 x 56 cm Inv.-Nr. 10793 Christus als Weltenrichter II, 1962 Kohle, Pastell und Gouache auf Papier, 63,4 x 48,2 cm 169 Inv.-Nr. 10794 Adam von Hildesheim I, 1962 Kohle, Pastell und Gouache auf Papier, 63,2 x 48,5 cm Inv.-Nr. 10792 Maske und König III, 1963 Kohle, Pastell und Gouache auf Papier, 64 x 48,2 cm Schenkung des Gerhart Frankl Memorial Trust, 2015 Inv.-Nr. 10795 Adam von Hildesheim III, 1962 Kohle, Pastell und Gouache auf Papier, 64,5 x 48 cm Inv.-Nr. 10753 Die Sandgrube, 1964 Öl und Tempera auf Leinwand, 104 x 84 cm Inv.-Nr. 11400 Stillleben mit Fisch, 1924 Öl auf Leinwand, 60 x 74 cm Inv.-Nr. 10796 Kaiser Friedrich I. Barbarossa und ein Bischof, 1962 Kohle, Pastell und Gouache auf Papier, 64 x 48,3 cm Inv.-Nr. 10755 Eine Familie, 1964 Öl und Tempera auf Leinwand, 127 x 102 cm Inv.-Nr. 10762, Taf. 31 Sonne im Hochgebirge – Westalpen, 1963 Öl und Tempera auf Leinwand, 96,5 x 116,5 cm Inv.-Nr. 10783 Engel, 1963 Pastell und Gouache auf Papier, 63,7 x 48,2 cm Inv.-Nr. 10772, Taf. 26 Bergphantasie IX – Dolomiten, 1963 Pastell und Gouache auf Papier, 40,4 x 54,3 cm Inv.-Nr. 10787 Steinigung des hl. Stephanus, 1963 Kohle, Pastell und Gouache auf Papier, 63,3 x 48,5 cm Inv.-Nr. 11365 Blick gegen Schwaz – Tirol, 1935 Öl auf Leinwand, 48 x 63,5 cm Inv.-Nr. 10754 Ein Überlebender II, 1964/65 Öl und Tempera auf Leinwand, 127 x 102 cm Inv.-Nr. 11395 Stillleben mit Muschel und Totenkopf, 1928/29 Tempera und Öl auf Leinwand, 46 x 60,5 cm Inv.-Nr. 10788 Die Seelenwaage, 1963 Kohle, Pastell und Gouache auf Papier, 63,3 x 48,5 cm Inv.-Nr. 11364 Sion, 1930 Öl auf Leinwand, 44,4 x 68,4 cm Inv.-Nr. 10780 Madonna mit Kind I, 1963 Kohle, Pastell und Gouache auf Papier, 63,5 x 48,7 cm Inv.-Nr. 11363 Studie: Volders Kirche, 1935 Öl auf Leinwand, 55 x 74,5 cm Inv.-Nr. 11368 Felder und Hügel mit Gehöft (Westmoreland Banks Farm I), 1939 Öl auf Leinwand, 56 x 80,5 cm Inv.-Nr. 11366 English Landscape, Westmoreland Banks Farm II, 1939 Öl auf Leinwand, 56 x 76,5 cm Inv.-Nr. 10781 Kniender König, 1963 Kohle, Pastell und Gouache auf Papier, 63,8 x 48,2 cm Inv.-Nr. 10782 Bischof mit Kirchenmodell II, 1963 Kohle, Pastell und Gouache auf Papier, 63,3 x 48,7 cm Inv.-Nr. 10784 Eva von Autun, 1963 Kohle, Pastell und Gouache auf Papier, 63,2 x 48,7 cm Inv.-Nr. 10786 Die Erhängung des Judas II, 1963 Kohle, Pastell und Gouache auf Papier, 63,5 x 48,2 cm 170 Inv.-Nr. 10791 Maske und König II, 1963 Kohle, Pastell und Gouache auf Papier, 64 x 48 cm Sowie 40 Radierungen: Inv.-Nrn. 10797a, 10797b, 10803, 10805, 10806, 10808a, 10808b, 10809, 10811, 10813, 10823, 10824, 10826, 10828a, 10828b, 10798, 10799, 10800a, 10800b, 10801a, 10801b, 10802 (S. 37, Abb. 12), 10804, 10807, 10810, 10812, 10814, 10815 (Taf. 6), 10816 (Taf. 5), 10817, 10818, 10819, 10821, 10822 (S. 36, Abb. 11), 10825a, 10825b, 10827a, 10827b, 10829, 10820 Inv.-Nr. 11397 Stillleben mit Blumenkohl, Weinglas, Leuchter, Messer und Brett, 1932 Öl auf Leinwand, 45,5 x 64 cm Inv.-Nr. 11367 English Landscape, Westmoreland Banks Farm III, 1939 Öl auf Leinwand, 52,5 x 76 cm Inv.-Nr. 11396 Stillleben mit Trauben, Zuckerdose und Weinglas, 1933 Öl auf Leinwand, 45,5 x 58,5 cm 171 Inv.-Nr. 11374 Gärten und Häuser II, 1946/65 Tempera und Öl auf Leinwand, 54,5 x 68 cm Inv.-Nr. 11384 Selbstbildnis V, 1950–1961 Tempera und Öl auf Leinwand, 58,5 x 46 cm Inv.-Nr. 11379 Gasteinertal III, 1962 Tempera, Öl und Pastell auf Leinwand, 48 x 63 cm Inv.-Nr. 11408 Zwei SS-Männer, 1964 Tempera und Öl auf Leinwand, 112 x 84,5 cm Inv.-Nr. 11401 Grenzkontrolle, 1964/65 Tempera und Öl auf Leinwand, 170 x 140 cm Inv.-Nr. 11369 Gärten und Häuser V, 1946 Tempera und Öl auf Leinwand, 55,5 x 76,5 cm Inv.-Nr. 11398 Stillleben mit Krug und Spiegel, 1956 Tempera und Öl auf Leinwand, 53,5 x 74 cm Inv.-Nr. 11393 Stillleben mit Bratpfanne, 1963 Tempera und Öl auf Leinwand, 66,5 x 76,5 cm Inv.-Nr. 11402 Mann und Knabe, 1964 Tempera und Öl auf Leinwand, 95 x 76,5 cm Inv.-Nr. 11405 Ecke in einem Raum, 1964/65 Tempera und Öl auf Leinwand, 81 x 64 cm Inv.-Nr. 11370 Gärten und Häuser VI, 1946 Tempera und Öl auf Leinwand, 53,5 x 66 cm Inv.-Nr. 11399 Stillleben mit Krug, Spiegel und Zange, 1957 Tempera und Öl auf Leinwand, 52 x 74 cm Inv.-Nr. 11394 Stillleben mit fünf Zitronen, 1963 Tempera und Öl auf Leinwand, 64 x 81,5 cm Inv.-Nr. 11403 Drei Figuren, 1964 Tempera und Öl auf Leinwand, 132,5 x 107 cm Inv.-Nr. 11411 Die Grube, 1964/65 Tempera und Öl auf Leinwand, 127 x 102 cm Inv.-Nr. 11373 London I, 1963/64 Tempera und Öl auf Leinwand, 92 x 103 cm Inv.-Nr. 11404 Mann, Frau und Kind, 1964 Tempera und Öl auf Leinwand, 102 x 127 cm Inv.-Nr. 11390 Porträt Mr. M. Haique, 1950/51 Tempera und Öl auf Leinwand, 80,5 x 70 cm Inv.-Nr. 11388 Studie zum Porträt Bertrand Russell I, 1960 Tempera und Öl auf Leinwand, 61 x 51 cm Inv.-Nr. 11372 London: Blick auf die Themse und Reservoir, 1961 Tempera und Öl auf Leinwand, 63,5 x 76,5 cm Inv.-Nr. 11389 Porträt Miss Anne Screeton I, 1961 Tempera, Öl und Pastell auf Leinwand, 66 x 50,5 cm Inv.-Nr. 11378 Gasteinertal I, 1961 Tempera und Öl auf Leinwand, 53,5 x 64,5 cm Inv.-Nr. 11385 Studie I zum Bildnis F. Wilson, 1961 Tempera und Öl auf Leinwand, 72,5 x 60 cm Inv.-Nr. 11383 Selbstporträt I, 1951/54/61 Tempera und Öl auf Leinwand, 75 x 62,5 cm Inv.-Nr. 11375 Inv.-Nr. 11386 Gasteinertal II, 1962 Studie II zum Bildnis F. Wilson, 1961 Tempera und Öl auf Leinwand, Tempera und Öl auf Leinwand, 64 x 77 cm 81,5 x 63,5 cm Inv.-Nr. 11376 Inv.-Nr. 11387 Thusis Landschaft, 1962 Studie zum Porträt Tempera und Öl auf Leinwand, Bertrand Russell II, 1961 63,5 x 81 cm Tempera und Pastell auf Leinwand, 81,5 x 64 cm Inv.-Nr. 11381 Selbstporträt III, 1951–1955 Tempera und Öl auf Leinwand, 69 x 51 cm Inv.-Nr. 11382 Selbstporträt IV, 1951–1955 Tempera und Öl auf Leinwand, 60,5 x 51 cm 172 Inv.-Nr. 11406 Die Schlafstellen, 1964 Tempera und Öl auf Leinwand, 102 x 148 cm Inv.-Nr. 11371 London I mit Fluss und Tower Bridge, 1961/62 Tempera und Öl auf Leinwand, 64 x 81,5 cm Inv.-Nr. 11407 Der Wachturm, 1964 Tempera und Öl auf Leinwand, 105 x 128 cm Inv.-Nr. 11377 Gasteinertal IV, 1963/64 Tempera und Öl auf Leinwand, 89 x 114 cm Inv.-Nr. 11409 Der Blinde, 1964 Tempera und Öl auf Leinwand, 102 x 76,5 cm Inv.-Nr. 11413 Ein Überlebender I (Allegorie), 1964/65 Tempera und Öl auf Leinwand, 104 x 84 cm Inv.-Nr. 11380 Hochgebirge II, 1963/64 Tempera und Öl auf Leinwand, 99,5 x 122 cm Inv.-Nr. 11410, S. 21, Abb. 14 Leichen in Landschaft, 1964 Tempera und Öl auf Leinwand, 104 x 84 cm Inv.-Nr. 11391 Adam, 1964/65 Tempera und Öl auf Leinwand, 91,5 x 71 cm Inv.-Nr. 11414 Das Verhör (Die Angeklagten), 1964 Tempera und Öl auf Leinwand, 91 x 71 cm Inv.-Nr. 11412 Zwei Überlebende, 1965 Tempera und Öl auf Leinwand, 127 x 102 cm Inv.-Nr. 11415 Zwei liegende Figuren, 1964 Tempera und Öl auf Leinwand, 63,5 x 81 cm Inv.-Nr. 11392 Kindermord, 1965 Tempera und Öl auf Leinwand, 95 x 76 cm 173 Autorinnen und Autoren Agnes Husslein-Arco Agnes Husslein-Arco ist seit 2007 Direktorin des Belvedere. Seit ihrem Amtsantritt hat sie umfangreiche Infrastrukturmaßnahmen vorangetrieben und das Museum national und international neu positioniert. Zu den größten von Husslein-Arco verantworteten Vorhaben zählen die Neuordnung, Erweiterung und Digitalisierung der Sammlung, die Errichtung eines Research Centers sowie die erfolgreiche bauliche und institutionelle Expansion des Belvedere. Agnes Husslein-Arco studierte Kunstgeschichte und Archäologie an der Universität Wien sowie an der Sorbonne und der École du Louvre in Paris, bevor sie 1979 in Wien promovierte. 1981 eröffnete sie die Wiener Filiale von Sotheby’s, deren Geschäfte sie bis 2000 lenkte. Seit 2001 wirkt Husslein-Arco als Museumsdirektorin. Als solche hat sie Großprojekte wie etwa die Leitung des Rupertinums in Salzburg, die Gründung des Museums der Moderne Salzburg und den Aufbau des MMKK – Museum Moderner Kunst Kärnten in Klagenfurt verantwortet. Agnes Husslein-Arco ist Kuratorin zahlreicher Ausstellungen sowie Herausgeberin von mehr als zweihundert Ausstellungskatalogen und wissenschaftlichen Publikationen. Matthias Boeckl Studium der Kunstgeschichte an der Universität Wien. Nach seiner Habilitation 1999 an der Universität Innsbruck folgte eine Professur für Geschichte und Theorie der Architektur an der Universität für angewandte Kunst Wien. Matthias Boeckl ist Chefredakteur der in Wien zweisprachig erscheinenden Fachzeitschrift architektur.aktuell und Herausgeber der Kunstzeitschrift Parnass sowie Autor und Kurator zahlreicher Aufsätze, Bücher und Ausstellungen über Themen moderner und zeitgenössischer Kunst und Architektur. Brigitte Borchhardt-Birbaumer Studium Malerei und Grafik an der Hochschule für angewandte Kunst Wien sowie Kunstgeschichte, Archäologie und Byzantinistik an der Universität Wien; 1987 Dissertation. Brigitte Borchhardt-Birbaumer ist als Kunstwissenschaftlerin, Journalistin und Ausstellungskuratorin in Wien, München, Passau, Ulm, St. Pölten und Krems tätig. Sie lehrt an der Universität Wien, an der Akademie der bildenden Künste Wien und am Max Reinhardt Seminar, Wien. Internationale Vortragstätigkeit sowie zahlreiche Veröffentlichungen und Texte für Ausstellungskataloge. 2007 wurde sie mit dem Art Critic Award ausgezeichnet. Brigitte Borchhardt-Birbaumer ist Jury- und Beiratsmitglied in zahlreichen Institutionen und Museen. Seit 2009 gehört sie dem Aufsichtsrat des Kunsthistorischen Museums Wien an. 174 Katinka Gratzer-Baumgärtner Studium Restaurierung und Kunstgeschichte in Florenz und Wien. Seit 2007 ist Katinka Gratzer-Baumgärtner Mitarbeiterin im Archiv, seit 2012 stellvertretende Hauptabteilungsleiterin des Research Center im Belvedere sowie Mitglied der Kommission für Provenienzforschung im Bundeskanzleramt. Ihre Beschäftigungsschwerpunkte liegen zudem auf der Erschließung von Nachlässen sowie auf der wissenschaftlichen Recherche und Beitragserstellung für diverse Ausstellungsund Forschungsprojekte des Belvedere. Anna Maria Haider Studium Kunstgeschichte und Publizistik/Kommunikationswissenschaft an der Paris-Lodron-Universität Salzburg; Promotion mit der Monografie Sebastian Isepp – Spiritus Agens des Nötscher Kreises. 1981/82 assistierte Anna Maria Haider in der Wiener Albertina Walter Koschatzky bei den Vorbereitungen für die Ausstellung Mit Nadel und Säure – die Kunst der Radierung. Von 1998 bis 2002 war sie als freie Mitarbeiterin für das Kunstmagazin Parnass tätig (Lektorat). Publikationen für Parnass, Die Brücke, Salzburger Nachrichten etc. Von 2002 bis 2004 war Anna Maria Haider kuratorische Assistenz von Agnes Husslein-Arco und Matthias Boeckl sowie Koordinatorin der Kärntner Landesausstellung Eremiten–Kosmopoliten. Von 2005 bis 2015 arbeitete sie in den Galerien Nikolaus Ruzicska, Thaddaeus Ropac und Thomas Salis (alle Salzburg). 2006 kuratierte sie die Ausstellung Stillleben im Museum des Nötscher Kreises. Kerstin Jesse Studium an der Universität Wien, an der Universität für angewandte Kunst Wien sowie an der Freien Universität Berlin; 2008 machte sie ihren Abschluss über Franz Gertsch und den amerikanischen Fotorealismus (Publ. Saarbrücken 2009). Während der Studienzeit war Kerstin Jesse wissenschaftliche Projektmitarbeiterin im Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien und absolvierte ein Praktikum bei Christie’s. Seit 2008 ist sie als Assistenzkuratorin im Sammlungsbereich 20. Jahrhundert im Belvedere tätig; u. a. Erstellung des Werkverzeichnisses zu Herbert Boeckl, wissenschaftliche wie kuratorische Mitarbeit bei diversen Ausstellungsprojekten. Von 2013 bis 2015 wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Forschungsprojekt Internationales Netzwerk Hagenbund (1900 bis 1938). Ihr Interesse und ihr Forschungsschwerpunkt sind die europäische Avantgardekunst nach 1900 sowie die europäische und die amerikanische Kunst von der Jahrhundertwende bis in die 1960er-Jahre. Stefan Lehner Ausgebildeter Kindergartenpädagoge, Studium der Geschichte in Salzburg. Seit 2005 Mitarbeiter im Belvedere und seit 2007 wissenschaftlicher Mitarbeiter im Archiv des Belvedere, zeichnet Stefan Lehner verantwortlich für die Beantwortung von wissenschaftlichen Anfragen und die Erschließung von Nachlässen. Darüber hinaus arbeitete er an zahlreichen Katalogen und Ausstellungen mit, u. a. Gustav Klimt und die Kunstschau 1908, Alfred Hrdlicka. Schonungslos!, Klimt/ Hoffmann – Pioniere der Moderne, Gustav Klimt & Emilie Flöge – Fotografien und 150 Jahre Gustav Klimt. 2012/13 studierte er an der Schule Friedl Kubelka für künstlerische Photographie, Wien, unter der Leitung von Anja Manfredi. 175 Impressum Dieser Katalog erscheint anlässlich der Ausstellung Gerhart Frankl – Rastlos vom 18. November 2015 bis 3. April 2016 im Belvedere, Wien. Direktorin: Agnes Husslein-Arco Kuratorin: Kerstin Jesse Belvedere Prinz Eugen-Straße 27 1030 Wien www.belvedere.at Publikation Herausgeberinnen: Agnes Husslein-Arco, Kerstin Jesse Gestaltung und Satz: Peter Baldinger Lektorat: Katharina Sacken Druck und Bindung: Gerin, Wolkersdorf Gedruckt in Österreich. © 2015 Belvedere, Wien, und die Autoren Alle Rechte vorbehalten. ISBN: 978-3-902805-92-8 Partner der Ausstellungsserie: Abkürzungen AdB – Archiv des Belvedere, Wien AVA – Allgemeines Verwaltungsarchiv CuU – Kultur und Unterricht DÖW – Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes GFMT – Gerhart Frankl Memorial Trust, London IKG – Israelitische Kultusgemeinde LPP – Legat Peter Parzer, Wien NAK – Nachlass Ankwicz-Kleehoven ÖStA – Österreichisches Staatsarchiv UAABKW – Universitätsarchiv der Akademie der bildenden Künste Wien UAdUKW – Universitätsarchiv des Instituts für Kunstgeschichte Wien UAK – Universität für angewandte Kunst Wien, Archiv und Kunstsammlung TFN – Teilnachlass Fritz Novotny WStLA – Wiener Stadt- und Landesarchiv Bildnachweis © Bildrecht, Wien, 2015: Francis Bacon, Oskar Kokoschka, Anton Kolig, Franz Wiegele © Fondation Oskar Kokoschka / Bildrecht, Wien, 2015 © Herbert-Boeckl-Nachlass, Wien © The Estate of Francis Bacon, All rights reserved / Bildrecht, Wien, 2015 Albertina, Wien: Taf. 9, 10, 11, 12, 14, 15, 16, 20, 21, 39, 40, 41, 42, 44, 48, 53, 54, 56, 57. – Belvedere, Wien: S. 14, Abb. 4; S. 15, Abb. 5; S. 17, Abb. 8; S. 18, Abb. 10; S. 19, Abb. 12; S. 30, Abb. 5; S. 36, Abb. 11; S. 37, Abb. 12; S. 39, Abb. 14; S. 47, Abb. 4; S. 52, Abb. 7; S. 55, Abb. 11a, b; S. 61, Abb. 1; S. 63, Abb. 2; S. 64, Abb. 4; S. 80, Abb. 5a, b; S. 89, Abb. 1; S. 90, Abb. 2; S. 91, Abb. 3a, b; S. 92, Abb. 4; S. 93, Abb. 5; S. 94, Abb. 6; S. 95, Abb. 7; S. 96, Abb. 8, 9; S. 97, Abb. 10; S. 98, Abb. 11; Taf. 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 17, 19, 22, 23, 24, 25, 26, 28, 29, 30, 31, 33, 34, 35, 36, 37, 38, 46, 49, 51, 55; S. 167, Inv.-Nrn. 4440, 2838, 3172, 5127, 9235, 4617; S. 168, Inv.-Nrn. 10747, 10745, 10748; S. 169, Inv.-Nrn. 10751, 10746, 10756, 10760, 10785; S. 170, Inv.-Nrn. 10782, 10783, 10786, 10788; S. 171, Inv.-Nrn. 10754, 11400, 11364, 11366; S. 172, Inv.-Nrn. 11390, 11387; 11371; S. 173, Inv.-Nrn. 11373, 11380; Belvedere, Wien (Schenkung GFMT): S. 10, Abb. 1; S. 19, Abb. 11; S. 21, Abb. 14; S. 32, Abb. 8; S. 33, Abb. 9; S. 40, Abb. 15; S. 42, Abb. 17; S. 43, Abb. 18; S. 58, Abb. 14; S. 81, Abb. 6; S. 85, Abb. 11; S. 86, Abb. 13. – Bildarchiv des Belvedere, Wien: S. 50, Abb. 6d; S. 163, Abb. 21; (Foto: Alpenland): S. 51, Abb. 6j; (Foto: Olga J. Norbin): S. 65, Abb. 5; (Legat Peter Parzer, Wien): S. 8, Abb. 2; S. 9, Abb. 3, 4; S. 165, Abb. 23, 24. – BMW Group Archiv: S. 28, Abb. 2, 3; S. 29, Abb. 4. – bpk | RMN – Grand Palais | Michèle Bellot: S. 78, Abb. 2. – bpk | Scala: S. 73, Abb. 1; S. 74, Abb. 2. – Bundesdenkmalamt: S. 50, Abb. 6b, c, e, f; S. 51, Abb. 6g, h; S. 63, Abb. 3. – Courtesy Kunsthandel Giese & Schweiger, Wien: S. 127, Taf. 27. – Dorotheum: S. 139, Taf. 43. – Gabinetto Fotografico della Ex Soprintendenza Speciale per il Patrimonio Storico, Artistico ed Etnoantropologico e per il Polo Museale della città di Firenze: S. 85, Abb. 12. – Galerie 16, Wien: S. 41, Abb. 16. – Galerie Kovacek Spiegelgasse: Taf. 8, 52. – Galerie Magnet, Völkermarkt: S. 46, Abb. 2; Taf. 13, 45. – Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste Wien: S. 14, Abb. 3; S. 54, Abb. 10. – György Darabos: S. 79, Abb. 4. – Hans Schmid Privatstiftung, Wien: S. 84, Abb. 10. – IMAGNO/Sammlung Hubmann: S. 49, Abb. 5. – Kunstsammlung des Landes Kärnten/MMKK, Foto: F. Neumüller: S. 53, Abb. 9. – Leopold Museum, Wien: S. 13, Abb. 2; S. 77, Abb. 1. – Leopold Privatsammlung: S. 16, Abb. 6. – Motorradmuseum Vorchdorf: Taf. 32. – museum moderner kunst stiftung ludwig wien, Leihgabe der Artothek des Bundes: S. 20, Abb. 13. – Österreichische Nationalbibliothek, Bildarchiv: (E3/1101) S. 44, Abb. 1; (114.543 – C) S. 50, Abb. 6a; (S 643/11) S. 51, Abb. 6i. – Privatarchiv: S. 26, Abb. 1b; S. 27, Abb. 1i; S. 30, Abb. 6; S. 67, Abb. 7; (Foto: Timothy Eden): S. 157, Abb. 12; (Foto: Matthew Huntley): S. 6, Abb. 1; S. 82, Abb. 7; S. 150, Abb. 1; S. 151, Abb. 2, 3; S. 152, Abb. 5; S. 155, Abb. 10; S. 158, Abb. 13; S. 160, Abb. 15, 16; S. 161, Abb. 17, 18, 19; S. 162, Abb. 20. – Rheinisches Bildarchiv Köln: S. 17, Abb. 7. – Sammlung H. W., Wien: Taf. 18. – Scan aus Gerhart Frankl (1901– 1965), Ausst.-Kat. Belvedere, Wien, Wien 1999, S. 82: S. 18, Abb. 9. – Scan aus Gerhart Frankl. In Memoriam, London 1991, S. 70: S. 173, Inv.-Nr. 11411. – Scan aus Gerhart Frankl (1901–1965). Ölbilder und Arbeiten auf Papier, Ausst.-Kat. Galerie Welz, Salzburg, Salzburg 1997, Taf. 6: S. 171, Inv.-Nr. 11363. – Scan aus Sándor Kontha, Béni Ferenczy, Budapest 1981, o. S.: S. 79, Abb. 3. – Staatsgalerie Stuttgart: S. 53, Abb. 8. – The British Library (© Bristol Post): S. 66, Abb. 6. – The Museum of Modern Art, New York/Scala, Florence: S. 87, Abb. 14. – The Samuel Courtauld Trust, The Courtauld Gallery, London: S. 34, Abb. 10; S. 35, Abb. 11; S. 38, Abb. 13; S. 142, Taf. 47, 50. – Universität für angewandte Kunst Wien, Kunstsammlung und Archiv: S. 24, Abb. 1a; S. 26, Abb. 1c, d, e, f; S. 27, Abb. 1g, h, j, k; S. 31, Abb. 7a, b, c, d, e, f; S. 57, Abb. 12, 13; S. 152, Abb. 4; S. 153, Abb. 6; S. 154, Abb. 7, 8; S. 155, Abb. 9; S. 156, Abb. 11; S. 163, Abb. 14. – Wien Museum: S. 47, Abb. 3; S. 59, Abb. 15; S. 82, Abb. 8; S. 83, Abb. 9. – WStLA/PID: S. 164, Abb. 22. Cover: Gerhart Frankl, Landschaft in Tunis (Detail), 1923, Belvedere, Wien, Foto: Belvedere, Wien S. 4: Gerhart Frankl in Wien, April 1936, Privatarchiv, Foto: Privatarchiv Falls trotz eingehender Recherche der Inhaber der Urheberrechte einer Abbildung nicht ermittelt werden konnte oder versehentlich der Bildnachweis nicht erbracht wurde, bitten wir in diesen Fällen um Verständnis und Kontaktaufnahme.
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