Gefördert durch das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg Jugendstudie Baden-Württemberg 2015 – ein Überblick „Jugendliche wollen aktiv an der Mitgestaltung ihrer Lebenswelt beteiligt werden. Die Jugendstudie leistet hierzu einen wichtigen Beitrag!“ Andreas Stoch MdL, Minister für Kultus, Jugend und Sport des Landes Baden-Württemberg Die Jugendstudie Baden-Württemberg ist ein gemeinsames Projekt der Jugendstiftung Baden-Württemberg und des Landesschülerbeirats (LSBR), gefördert durch das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport BadenWürttemberg und erscheint nach 2011 und 2013 jetzt zum dritten Mal. Gemeinsam mit Jugendlichen aus dem Vorstand des LSBR wurden der Fragebogen entwickelt, die Erhebungsmethoden festgelegt und die Durchführung der Befragung abgestimmt. Die Studie ist damit nicht nur eine statistische Erfassung von aktuellen Daten, sondern ein Jugendbildungs- und Beteiligungsprojekt. Besondere Bedeutung gewinnt neben den statistischen Darstellungen und Auswertungen die Kommentierung einzelner Teilergebnisse der Studie durch Wissenschaftler und LSBR. Insgesamt wurden 2.436 Jugendliche aus nahezu allen Stadt- und Landkreisen Baden-Württembergs klassenweise befragt. Dieser Stichprobe liegt die Übergangsquote von der Klassenstufe vier der Grundschule auf eine weiterführende Schulart zugrunde: 16,5 Prozent Schülerinnen und Schüler an Hauptund Werkrealschulen, 33,3 Prozent an Realschulen, 47,4 Prozent an Gymnasien und 2,8 Prozent an Gemeinschaftsschulen. Die Jugendstudie Baden-Württemberg erfasst neben den Basisdaten Jugendlicher zwischen 12 und 18 Jahren die Themenfelder Freundschaft, Geld, Medien, Schule, Freizeit, Engagement, Werte und Zukunft. Die befragten Jugendlichen wurden in drei Altersgruppen aufgeteilt: 12 bis 14, 15 bis 16 und 17 bis 18 Jahre. Die Jugendstiftung hat zudem standardisierte Interviews mit Jugendlichen durchgeführt, in denen die Fragestellungen der Studie vertieft erörtert wurden. Jugendstudie Baden-Württemberg 2015 – ein Überblick Sprache (S. 8 f) 27,8 Prozent der befragten Jugendlichen geben an, zu Hause Deutsch und eine weitere Sprache zu spre1 chen. Bei Jugendlichen aus Einwandererfamilien sind es sogar 86,3 Prozent. Damit kann Baden-Württemberg auf ein bemerkenswertes Potenzial bilingual aufwachsender Jugendlicher bauen. Lediglich 1,6 Prozent aller befragten Jugendlichen sprechen zu Hause kein Deutsch. Religion (S. 9 ff) 71,5 Prozent der Befragten bezeichnen sich als religiös. Bei Jugendlichen aus Einwandererfamilien ist mit einer Nennung von 51,2 Prozent das Christentum am stärksten vertreten, gefolgt vom Islam mit 39 Prozent. Rund 82 Prozent aller Jugendlichen, die sich als religiös empfinden, geben an, sich dem Christentum zugehörig zu fühlen. Freundschaft (S. 12 ff) 77,4 Prozent der Jugendlichen geben an, ein oder zwei gute Freunde/Freundinnen zu haben. 89 Prozent der Jugendlichen haben Freundinnen und Freunde, die unterschiedliche Schularten besuchen. Das legt nahe, dass Jugendliche ihre Freundschaften nicht ausschließlich im schulischen Umfeld, sondern beispielsweise auch in der häuslichen Umgebung, im Jugendclub, in Vereinen und Verbänden oder bei sonstigen Freizeitaktivitäten schließen. Baden-Württemberg ist ein Einwanderungsland. 71 Prozent der befragten Jugendlichen geben an, dass ihr Freundeskreis unterschiedliche kulturelle Wurzeln hat. „Diversity“, kulturelle und ethnische Vielfalt, ist im Alltag der meisten Jugendlichen also Realität. Am deutlichsten zeigt sich dies an Haupt- und Werk realschulen, hier liegt der Wert bei 79,6 Prozent. Geld (S. 18 ff) 26,6 Prozent der Jugendlichen in Baden-Württemberg haben einen Nebenjob. Ein weiteres Drittel hätte gerne einen Nebenjob, findet jedoch keinen. Die Einkünfte aus dem Nebenjob sind oft höher als das elterliche Taschengeld und stellen damit eine wichtige Einnahmequelle für Jugendliche dar. Die Mehrzahl der Jugendlichen mit Nebenjob arbeitet bis zu zwei beziehungsweise bis zu vier Stunden wöchentlich und 41,4 Prozent von ihnen verdienen dabei wöchentlich bis zu 25 Euro. 4,4 Prozent der befragten Jugend lichen geben in der Studie an, verschuldet zu sein. Medien (S. 24 ff) Über alle Altersgruppen und Schularten hinweg liegt die Nutzung sogenannter „Sozialer Netzwerke“ im Internet bei 86,2 Prozent. Bei den 15- bis 16-Jährigen sind es 90 Prozent und bei den 17- bis 18-Jährigen 92,9 Prozent. 60,8 Prozent der Jugendlichen sind täglich online. Soziale Netzwerke werden von Jugend lichen überwiegend ohne die Begleitung von Erwachsenen genutzt. 1 2 In der Jugendstudie wird von „Jugendlichen aus Einwandererfamilien“ gesprochen und nicht von Jugendlichen mit sog. „Migrationshintergrund“. Mit Jugendlichen aus Einwandererfamilien sind Jugendliche gemeint, die angegeben haben, dass ihre Eltern beide nicht in Deutschland geboren sind. Jugendstudie Baden-Württemberg 2015 Jugendstudie Baden-Württemberg 2015 – ein Überblick Schule (S. 30 ff) 41 Prozent der Jugendlichen geben an, dass sie den Alltag in ihrer Schule mitgestalten können. Dabei sind die Sitzordnung im Klassenzimmer und die Auswahl der Ziele von Klassenfahrten aus Sicht der Befragten die am häufigsten wahrgenommen Formen der Mitgestaltung. Peer Teaching, die Vermittlung von Unterrichtsinhalten durch andere Jugendliche, ist für die Befragten ein wichtiges Thema. Die meisten Jugendlichen würden gerne mal die Rolle der Lehrkraft übernehmen und 80 Prozent der in der Studie Befragten finden es interessant, wenn Schülerinnen und Schüler den Unterricht gestalten. Zur Frage, ob sie sich über die Rechte als Schülerinnen und Schüler aufgeklärt fühlen, antworten 37,8 Prozent mit „nein“. 84,1 Prozent aller Jugendlichen fühlen sich in ihrer Schule und 88,2 Prozent in ihrer Klasse wohl. Diese Werte sind auf hohem Niveau in den letzten Jahren stabil. Freizeit (S. 42 ff) Musik hören, Internetnutzung und mit der Familie zusammen sein gehören laut der Jugendstudie zu den Top-Freizeitaktivitäten der Jugendlichen, die sie mehrmals in der Woche betreiben. Bei jugendlichen Intensivnutzern, die ein Angebot einmal oder mehrmals in der Woche nutzen, ist der Sportverein mit 59 Prozent Spitzenreiter, gefolgt von öffentlichen Sportplätzen mit 36,7 Prozent. 12,1 Prozent der Jugendlichen gehen einmal wöchentlich oder öfter in einen offenen Jugendtreff und 7,7 Prozent nutzen eine Bücherei intensiv. Engagement (S. 58 ff) Derzeit geben 35,1 Prozent der befragten Jugendlichen an, sich aktiv in unterschiedlichen Organisationen und an verschiedenen Orten zu engagieren. Mädchen sind engagierter als Jungen. Mit 36,7 Prozent nimmt der Sport den Spitzenplatz bei den Engagementfeldern der befragten Jugendlichen ein. Auch hier wird Peer-to-Peer großgeschrieben: Jugendliche engagieren sich vor allem für andere Jugendliche oder Kinder. Dabei geht es allen Jugendlichen in erster Linie darum, Spaß zu haben. Aber auch die Möglichkeit, zusätz liche Kompetenzen durch das ehrenamtliche Engagement zu erlangen, wird von den Jugendlichen erkannt und ist für knapp die Hälfte der Befragten eine Motivation. Werte (S. 64 ff) Die Top-Themen der Jugendlichen sind Familie, Gesundheit und Freunde. Das gilt für Jungen und Mädchen gleichermaßen. Unter den fünf wichtigsten Themen werden Familie, Gesundheit und Freunde jeweils ähnlich häufig genannt. Bei der Frage nach der Bedeutung des Themas Geld unterscheidet sich die Haltung der Schülerinnen und Schüler von Haupt- und Werkrealschulen (58,4 Prozent), Realschulen (49,9 Prozent) und Gymnasien (35,9 Prozent) stark. Jugendliche aus Einwandererfamilien wählen das Thema Religion häufiger in ihre Top-Themen (34,6 Prozent) als die übrigen (9,6 Prozent). Zukunft (S. 70 ff) Die meisten der befragten Jugendlichen haben für ihre berufliche Zukunft konkrete Pläne. 38,4 Prozent der Jugendlichen geben an, nach der Schule ein Praktikum oder ein Freiwilliges Soziales Jahr machen zu Jugendstudie Baden-Württemberg 2015 3 Jugendstudie Baden-Württemberg 2015 – ein Überblick wollen, 27 Prozent planen ins Ausland zu gehen. Bei 34,5 Prozent steht der Berufswunsch bereits fest. Die Hälfte der Jugendlichen, 49,9 Prozent, ist sich sicher, später einen Arbeitsplatz zu finden. Bei der Berufswahl helfen in erster Linie die Eltern. Danach werden Freunde um Rat gefragt. Vor allem von der Schule wünschen sich 55,8 Prozent der Jugendlichen mehr Unterstützung, wobei die Schülerinnen und Schüler von Haupt- und Werkrealschulen sowie Realschulen deutlich zufriedener mit der bereits angebotenen Berufsorientierung sind als die befragten Gymnasiasten. Die Frage nach dem Themenfeld der Berufswünsche Jugendlicher zeigt geschlechtsstereotype Vorlieben. Für Technik interessieren sich 38,4 Prozent der Jungen und 6,8 Prozent der Mädchen. Konträr das Ergebnis im Feld Soziales/Pädagogik: 35,3 Prozent aller Mädchen und 8,2 Prozent aller Jungen benennen dies. „Ich möchte einen Nebenjob, damit ich mein Geld mal selber verdiene und nicht immer nur Taschengeld bekomme. Ich möchte auch ein bisschen weg von den Eltern, indem ich mein Geld auch mal selber verdiene.“ Sebastian, 13 Jahre, Gemeinschaftsschule „Die Arbeit im Waldheim ist ehrenamtlich. Wir kriegen zwar ein bisschen Geld dafür, aber dafür machen es die wenigsten. Weils einfach so wenig ist, dass es sich eigentlich überhaupt nicht lohnt für drei Wochen. Das ist einfach der Spaß an der Freude, den man hier hat. Also wenn ich wirklich einen Ferienjob wollte, dann würde ich zu Daimler oder so gehen und dort Geld verdienen.“ Franziska, 18 Jahre, Realschule „Vertrauen ist für mich sehr wichtig. Ich will, dass mir meine Eltern vertrauen und mir auch etwas zutrauen. Zum Beispiel war ich mir nicht sicher, ob ich die Hauptschule schaff und meine Eltern und meine Freunde haben nicht geglaubt, dass ich es schaffe. Aber ich habe es geschafft, weil ich an mich selbst geglaubt habe. Ich hab dann zu meinen Eltern gesagt: ‚Ich hab doch gesagt, ihr sollt auch mal an mich glauben und mir vielleicht ein bisschen vertrauen.‘“ Arieta, 17 Jahre, Hauptschule „Also mein Traum ist es, heiraten und einfach weg. Auf eine Insel. Ganz einfach weg von allem.“ Arkin, 17 Jahre, Realschule Die Jugendstudie Baden-Württemberg 2015 bestellen Die Ergebnisse der Jugendstudie Baden-Württemberg 2015 erhalten Sie als PDF auf der Seite des Landesschülerbeirats www.lsbr.de oder unter www.jugendnetz.de. Als Publikation können Sie die Jugendstudie auf www.jugendstiftung.de unter Publikationen für 19,80 € bestellen. 4 Jugendstudie Baden-Württemberg 2015
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