KINO MAGAZIN Buddykomödie auf dem Bier-Bike Foto: Laurent Trümper Berlin – Mit „Männertag“ haben Chestnut Films und Regisseur Holger Haase den ersten Kinofilm über den Vatertag realisiert. Vorbild sind Hollywoods Buddykomödien. Männer fast unter sich: Eric Tall, Axel Stein, Milan Peschel, Tom Beck, Lavinia Wilson und Oliver Wnuk, die Hauptdarsteller von „Männertag“ Immer wieder lässt Regisseur Holger Haase („Da geht noch was“) die Windmaschine in der Green-Screen-Halle im Studio Babelsberg anwerfen, um seinen Darstellern das Gefühl von frischer Luft zu geben. Sie sitzen auf einem Bier-Bike, fest verankert auf einer hydraulischen Anlage, mit der das Gefährt hinund her geschwenkt werden kann. „Wir drehen heute ein Schlüsselszene mit dem BierBike, das einen Abgrund hinunterrast, immer schneller wird, und dann kommt ihnen auch noch ein Traktor entgegen“, verrät Haase. Er dreht diverse Naheinstellungen mit den Darstellern, die fest in die Pedale treten und schreiend gen Kamera blicken müssen. Noch vor Ort kann Haase die Green-Screen-Shots dann mit den bereits gedrehten Hintergründen kombinieren. „Am Ende soll es dann so aussehen, als würden sie tatsächlich auf einer Serpentinenstraße im Bayerischen Wald herunterkacheln“, so der Regisseur, der früher selbst im VFX-Bereich tätig war, diesmal aber alles der Berliner Trickschmiede Lug & Trug überließ. Die Actionszene wird ab 8. Septem24 ber 2016 in Haases neuer Komödie „Männertag“ zu begutachten sein. Um den „Männertag“, ebenso bekannt als Vater- oder auch Herrentag, der an Christi Himmelfahrt gefeiert wird, geht es hier. „Uns ist aufgefallen, dass noch kein Film darüber gemacht wurde, obwohl der Tag doch auch eine Art Label ist“, so Drehbuchautor und Produzent Ilja Haller von Chestnut Films. „Also fingen mein Kompagnon Philip Voges und ich an, ein Drehbuch über das Thema zu entwickeln. Es hat uns viel Energie und mehrere Fassungen gekostet, bis wir endlich den Bogen raushatten, eine Geschichte über Männerfreundschaften zu erzählen, die sowohl humorvoll als auch rührend ist.“ Die Handlung spielt in einem fiktiven Provinznest irgendwo in Bayern, wo fünf Freunde aufgewachsen sind, die sich lange aus den Augen verloren hatten. Als sich einer von ihnen das Leben nimmt, treffen sich die anderen wieder, um wie in ihrer Jugend den Männertag miteinander zu verbringen. Jeder von ihnen hat sein Päckchen zu tragen, und es kristallisiert sich heraus, dass sie sich trotz der verstrichenen Zeit noch eine Stütze sein können. „Das Thema Männerfreundschaft hat mich gleich angesprungen“, gesteht Holger Haase. „Jede Figur hat ihre tiefen Probleme, die aus dem Leben gegriffen sind, und mit denen sich jeder Mann im Alter von Mitte bis Ende 30 wiederfindet.“ Daran glaubt auch Ilja Haller, für den die Interaktion der Figuren am wichtigsten ist: „Es ist ein bisschen wie ein Kammerspiel auf dem Bier-Bike, weil sich die Figuren gegenseitig antreiben und herausfordern. Ihre jeweilige Haltung erzeugt die Komik, nicht so sehr die Pointe.“ Wobei es auch schon etwas lauter werden darf, denn schließlich spielt sich alles an dem Tag ab, an dem traditionell viel getrunken wird. „Wobei es bei uns nicht ums Betrinken an sich geht“, betont Haller. „Vielmehr haben wir uns amerikanische Männerkomödien wie ‚City Slickers’, ‚Hangover’ und ‚Kindsköpfe’ als Vorbild genommen. Ein Genre, das hierzulande eher unterrepräsentiert ist.“ Bereits beim Schreiben kamen Haller und Voges Ideen fürs Casting. Milan Peschel, mit dem sie zuvor die Komödie „Irren ist männlich“ produzierten, wollten sie hier mal gegen den Strich als angepassten Lehrer in der Midlife-Crisis besetzen. „Wir hatten so viel Spaß bei den Dreharbeiten, dass ich anfing, kleine Filmchen mit dem Handy zu drehen – zuerst nur für uns. Dann ist daraus ein Drehtagebuch geworden, das ich unter ‚Männertag’ auf YouTube setzte“, so Peschel. Axel Stein spielt einen alleinerziehenden Vater, der längst einen Roman geschrieben haben wollte. Oliver Wnuks Figur trägt Frauenkleider und will sich einer Geschlechtsumwandlung unterziehen. Dazu Wnuk: „Ich habe es als Herausforderung gesehen, ein so ernstes Thema komödiantisch so leicht zu betten, dass es den Zuschauer „Ein Genre, das hierzulande unterrepräsentiert ist“ nicht unangenehm berührt, sondern ihn unterhält, aber die Figur nicht verrät.“ Tom Beck verkörpert einen koksabhängigen Fernsehstar, der in eine Entziehungsklinik soll. Dafür soll seine Aufnahmeleiterin sorgen, gespielt von Lavinia Wilson, die ihm auch am Männertag nicht von der Seite weicht. „Ich fand es gar nicht so schlecht, die Henne im Korb zu sein“, lacht die Schauspielerin und führt aus: „ObBlickpunkt:Film 41/15 MAGAZIN KINO wohl ich ja mit Oliver Wnuk in seiner Rolle zumindest eine Schwester im Geiste hatte.“ Die Dreharbeiten begannen am 24. Juni und endeten nach 34 Drehtagen am 31. Juli. Gedreht wurde vor allem in Bayern, Babelsberg und Berlin, wo an der Vaganten Bühne das Finale in einem Theater gedreht wurde. RTL und Universum Film konnten als Partner für das Projekt schon frühzeitig gewonnen werden. Als Besetzung und Regisseur feststanden, kamen auch diverse Förderungen schnell ins Boot. FFF Bayern beteiligt sich mit 800.000 Euro, Film- und Medienstiftung NRW mit 500.000 und Medienboard Berlin-Brandenburg mit 350.000. „Männertag“ wird nicht am nächsten Männertag, dem 5. Mai 2016, ins Kino kommen. „Das erscheint uns kurz vor der Fußball-EM zu gewagt“, so Haller. Haller und Philip Voges wollen mit ihrer 2012 gegründeten Firma Chestnut Films GmbH & Co. KG neben Kinofilmen auch Fernsehserien entwickeln. Aktuell sind gleich zwei Miniserien mit jeweils sechs Folgen geplant. Zum einen „Underworld“ im Auftrag der Fox über einen Friedensrichter, der in Berlin-Neukölln Streitigkeiten zwischen arabischen und türkischen Clans ohne Beteiligung der deutschen Justiz schlichten will (für die Finanzierung wird noch ein Free-TV-Partner gesucht). Zum anderen „Bonn“, eine Serie, die mit dem WDR für den ARD-Hauptabend entwickelt wurde und 1954 im Milieu des damaligen Verfassungsschutzes spielt. Darin geht es um alte NS-Eliten, die im Hintergrund versucht, massiven Einfluss auf die sich gerade aufbauende Bundesrepublik zu nehmen. mt Leserbrief „Das Fenster ist unverzichtbar“ Leserbrief von Detlef Roßmann, Präsident der CICAE zum Editorial „Das bessere Kino“ in BF40/15 von Thomas Schultze, stellv. Chefredakteur. Sie schreiben u. a.: „Natürlich wird es immer die großen HolDetlef Roßmann lywoodblockbuster geben, die ganz automatisch klassisch und konventionell die traditionelle Auswertungsroute einschlagen werden: erst Kino, dann Home-Entertainment, dann Fernsehen. (...) Alles andere ist in Bewegung, Das ist gut so.“ Wenn ich Sie richtig verstehe, heißt das, dass für deutsche und europäische Filme – selbst für Blockbuster – die klassische Auswertungsreihenfolge nicht mehr gelten solle. Die Abschaffung des Kinofensters für deutsche und europäische Filme ist noch nicht so offen formuliert worden, noch dazu in einem der wichtigsten Organe der Filmwirtschaft. Wie Sie vielleicht wissen, wird seit geraumer Zeit in Brüssel um die Aufrechterhaltung des Kinofensters gerungen gegen die Day&Date-Release-Strategie der Europäischen Kommission. Mehrfach schon wurde den Vertretern der europäischen Film- und Kinoverbände entgegengehalten, dass die großen Mulitplexketten kei- ne Einwände hätten gegen den zeitgleichen Start europäischer Filme im Kino und auf VoD. Aus meiner Sicht ist das kein Wunder, denn wenn das Programmangebot zu weit überwiegenden Teilen aus Hollywood kommt, dann muss man sich keine Sorgen machen über die euroäische Pollitik für europäische Filme. Wenn aber die Medienchronologie für europäische Filme abgeschaft wird, dann werden 15 bis 20 Prozent des europäischen Kinomarkts existenziell gefährdet. Es sind überwiegend die Arthousekinos in Europa, die einen überdurchschnittlichen Marktanteil für nationale und nichtnationale europäische Filme garantieren. Auch im allgemeinen Interesse der deutschen und europäischen Filmwirtschaft ist die Beibehaltung des Kinofensters von überragender Bedeutung. Bernd Neumann hat erst jüngst in Leipzig noch einmal den Erhalt des Kinofensters im neuen Filmförderungsgesetz vehement verteidigt. Aus Kinosicht ist das Fenster im FFG unverzichtbar. Warum sollten Kinos eine Filmabgabe für die Förderung deutscher Filme zahlen, wenn es kein Kinofenster mehr gibt? „Männertag“ auf einen Blick Regie: Holger Haase Produktion: Ilja Haller, Philip Voges von Chestnut Films Koproduktion/Verleih: Universum Sender: RTL Förderer: FFF Bayern, Medienboard, Film- und Medienstiftung NRW Drehbuch: Ilja Haller, Philip Voges Darsteller: Milan Peschel, Tom Beck, Axel Stein, Oliver Wnuk, Lavinia Wilson, Chris Tall und Hannes Jaenicke Drehzeit: 24. Juni bis 31. Juli 2015 Drehort: Bayern, Babelsberg, Berlin Kinostart: 8. September 2016 Wir bieten mehr sucht sucht Branch Manager (w/m) Justitiar/Justitiarin in Vollzeit … ausführliche Informationen unter www.mediabiz-jobs.de Blickpunkt:Film 41/15 25
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