Nur aktiv, wenn`s regnet SONDERDRUCK

SONDERDRUCK
aus 9/2015
Photovoltaik-Reinigungssystem Osborn SolarProtec:
Nur aktiv, wenn’s regnet
Osborn ist Bürstenspezialist. Sein neustes Produkt ist eine vollautomatische Reinigungsanlage
für Solarmodule, die auf großen Dächern installiert sind. Regengesteuert arbeitet sie nachts.
Wir haben uns die Details angesehen.
Osborn International
GmbH
Ringstraße 10
35099 Burgwald
Telefon: +49 (0)64 51/5 88-0
Fax: +49 (0)64 51/5 88-2 06
E-Mail: [email protected]
Energie
Photovoltaik-Reinigungssystem Osborn SolarProtec:
Nur aktiv, wenn’s regnet
Osborn ist Bürstenspezialist. Sein neustes Produkt ist eine vollautomatische Reinigungsanlage
für Solarmodule, die auf großen Dächern installiert sind. Regengesteuert arbeitet sie nachts.
Wir haben uns die Details angesehen.
Die Osborn-Solarreinigung SolarProtec arbeitet vollautomatisch. Normalerweise nur nachts und bei Regen fährt die Schienentraverse zum Reinigen der
Module quer zum Dach. In dem Kasten rotiert dann eine Bürstenwalze. Fotos: Tovornik
Anja Böhrnsen
D
as Futtersilo direkt neben dem Stall
mit den Photovoltaikmodulen auf
dem Dach, ein Steinbruch nebenan,
eine Trocknungsanlage auf dem
Betrieb… — all das sind denkbar ungünstige
Voraussetzungen für den dauerhaft effizienten Betrieb einer Solarstromanlage. Denn
Staub ist Feind Nummer eins für die Module.
Je schmutziger sie werden, um so tiefer
fallen die Stromerträge der Anlagen. Das ist
bekannt und auch nur logisch.
Doch wie schnell geht die schmutzbedingte
Ertragsabnahme auf einem landwirtschaftlichen Betrieb? Darüber hat sich manch
einer bei der Planung sicher keine Gedanken gemacht. Hinterher stellen dann viele
Betreiber fest, wie notwendig und wie aufwändig das regelmäßige Waschen ist. Wer
es mit Teleskop-Waschbürsten selbst in die
Hand nimmt, muss viel Zeit investieren und
vernachlässigt dabei oftmals die Arbeits­
sicherheit.
Besonders auf großen Eternit-Dächern wird die manuelle Modulreinigung zum Problem. Das Dach darf man
eigentlich gar nicht betreten; und die Stangen sind zu kurz, um von unten überall dran
zu kommen. Eine Lösung für das Problem
kann das neue automatisch betriebene
Modulreinigungssystem SolarProtec von
Osborn sein.
Die Firma Osborn stellt Bürsten jeglicher Art
her — nicht nur Bürsten und Besen zum
Kehren und Putzen, sondern auch Werkzeuge verschiedenster Größe und Form zum
Polieren, Entgraten und Schleifen. Neu im
Produktportfolio ist seit diesem Jahr das
Reinigungssystem SolarProtec.
„Das Reinigen einer Glasfläche, ohne
sie dabei zu zerkratzen, ist eine Herausforderung“, sagt Jochen Ertl, Leiter
Forschung und Entwicklung bei Osborn. „Um
die geeigneten Borsten für unsere
PV-Waschbüste zu finden, haben wir deshalb einzelne Module immer wieder mit
Mehl bestäubt und gereinigt. Erst als die
Bürste nach insgesamt 2 000 Reinigungs­
zyklen keine Kratzer — noch nicht mal mikroskopisch feine — hinterließ, waren wir mit
dem Ergebnis zufrieden.“
Die Bürste in der SolarProtec-Reinigungsanlage ist eine Bürstenwalze, die genauso lang
ist wie ein Photovoltaikmodul hoch. Zwei
Spiralen mit Borsten aus Kunststoff sind um
die Walze gebunden — eine mit blauen Borsten und eine mit weißen. Die Borstenfarbe
ist dabei aber nicht das Entscheidende, sondern die Borstenhärte. Die weißen Borsten
sind weicher als die blauen. Die blauen Bors-
Im Automatik-Betrieb werden die Module
nur nachts und nur bei Regen, Tau oder
Schneefall abgebürstet. Ein Regensensor
erkennt die Niederschlagsmenge bzw. die
Niederschlagintensität. Zurzeit hat Osborn
die Automatik so programmiert, dass sich
die Reinigungsanlage nur einschaltet, wenn
mehr als 0,3 mm Niederschlag pro Viertelstunde fallen, und wenn der letzte Regen
und damit die letzte Modulreinigung mindestens zwölf Stunden her sind.
Die Parameter der Reinigungsprogramme
sind vom Servicetechniker jederzeit anpassDie elektrisch angetriebene
Bürstenwalze hat 20 cm
Durchmesser. Sie ist mit harten und weichen Borsten
bestückt.
ten sollen hartnäckigem Schmutz zu Leibe
rücken, die weißen machen die Feinarbeit.
Angetrieben wird die Bürstenwalze von
einem Elektromotor. Beides sowie eine Steuerung und ein weiterer Elektromotor sind
in einem Kasten aus Edelstahl untergebracht. Der Kasten ist gleichzeitig ein Transportwagen, der auf vier Kunststoffrollen in
Schienen läuft. Die Schienen sind C-Profile,
die oben und unten Schlitze haben. In diese
Schlitze greifen Zahnräder, die angetrieben
von einem der Elektromotoren den Reinigungswagen wie eine Zahnradbahn auf dem
Dach hoch und runter bewegen können.
Ein Blick von oben in den geöffneten Reinigungswagen: Links sitzen die Steuerungselek­
tronik für die Elektromotoren und der Elektromotor für den Fahrantrieb der Laufkatze in
der Schienentraverse.
bar. So lässt sich beispielsweise auch programmieren, wie schnell sich die Bürste
dreht, oder mit welcher Geschwindigkeit die
Traverse mit dem Reinigungswagen vorwärts fährt. In der Steuerung ist der Modulplan hinterlegt. Sie weiß daher, wie viele
Module in einer Reihe liegen, welche Module
zu einem String bzw. Wechselrichter gehören, wie viele Modulreihen übereinander
angeordnet sind, und wo es Lücken in der
Fläche gibt. Lücken werden bei der Reinigung übersprungen. Dazu stoppt die Steuerung die Bürste und hebt diese leicht an.
Der Servicetechniker legt vor der
Erstinbetriebnahme fest, wo die
Parkposition der Reinigungstraverse sein
soll. Diese kann am Rand neben den Modulen oder in der Mitte in einem Wartungsgang
liegen. Ist dann die Automatik eingeschaltet,
muss sich der Betreiber nicht mehr um die
Reinigung seiner PV-Anlage kümmern. An
der Bedieneinheit kann er zwischen verschiedenen Reinigungsstrategien wählen
sowie die Automatik starten und stoppen.
Dieser Motor bewegt
über ein Zahnrad, das
in die Schlitze der Schienen greift,
die Schienentraverse auf dem Dach hin
und her. Nach dem gleichen Prinzip fährt auch
der Reinigungswagen hoch und runter.
Oben am First und unten vor der
Traufe werden jeweils quer zum
Dach die gleichen, geschlitzten Laufschienen montiert. Diese tragen die parallel zur
Dachneigung verlaufenden Schienen mit
dem Reinigungswagen. Zwei Elektromotoren, einer oben und einer unten, fahren zum
Reinigen der Module die Schienentraverse
hin und her. Die Elektronik erkennt dabei,
um wie viel Schritte sich der obere und der
untere Motor gedreht haben. Hat einer mehr
Schritte pro Zeitintervall gemacht als der
andere, gleicht die Elektronik das beim
nächsten Intervall aus.
Der Bürstenwagen fährt zuerst ganz nach
oben und reinigt dann Reihe für Reihe. Ist
eine Modulreihe fertig gewaschen, fährt die
Laufkatze mit der Bürste in der Traverse
eine Etage tiefer.
Die Module direkt neben dem Futtersilo verschmutzen besonders schnell. Ohne regelmäßiges
Waschen sinkt hier ganz schnell die Leistung der PV-Anlage.
Energie
Was uns sonst noch auffiel:
Die Schienentraverse stützt sich mit Rollen auf
den Modulrahmen ab. Das Gewicht von
Traverse plus Reinigungswagen (225 kg)
verteilt sich hier auf 15 m Länge.
Die normale Reinigungsstrategie ist
der automatische Betrieb nur bei Nacht
und bei Regen. Darüber hinaus lässt sich
eine so genannte Intensivreinigung einprogrammieren, bei der besonders schnell verschmutzende Modele häufiger gereinigt
werden als der Rest der Fläche. Möglich ist
auch eine „Tagreinigung“, bei der die Reinigung zusätzlich zur Nachtreinigung bei trübem Wetter und Regen startet.
Noch Zukunftsmusik, aber schon im Kopf
der Software-Entwickler von Osborn, ist ein
„Smart-Cleaning“, das für den Automatikbetrieb der Solarreinigung die Wetterprognosedaten nutzt.
■ Die Bürste ist schwingend gelagert. Sensoren überwachen, mit welchem Druck die
Bürste auf den Modulen liegt. Zum Ausgleich
von Höhenunterschieden kann die Bürste
um 3,5 cm angehoben werden.
■ Auch Schnee kann mit der Bürste von den
Modulen heruntergeputzt werden. Wie gut
das bei starkem Schneefall funktioniert,
darüber liegen noch keine Erfahrungen vor.
■ Die stationären Querschienen werden mit
handelsüblichen Modulmontagesystemen
auf dem Dach befestigt.
■ Das Gewicht der 15 x 65 m-Anlage beträgt
profi 9/2015
Osborn gehört zur US-amerikanischen Unternehmensgruppe Jason.
Obwohl die Mutter des Konzerns
ihren Sitz in Wisconsin (USA) hat,
ist die Zentrale von Osborn International im nordhessischen Waldburg ansässig. Osborn betreibt Fabriken in vierzehn Ländern auf vier
Kontinenten. Insgesamt rund 2 000
Mitarbeiter fertigen dort alles, was
Borsten hat („…außer Zahnbürsten
und Klobürsten“, wie Geschäftsführer Albrecht Teich von Osborn International sagt). Auch der Anlagenbau
und die Softwareentwicklung sind
im eigenen Hause angesiedelt, so
dass Osborn z. B. spezielle Zopfund Bindemaschinen für die Herstellung von rotierenden Drahtbürsten selbst konstruiert und baut.
osborn.com
rund 1 t. Die Module müssen durch das
Gewicht von Schienentraverse und Reinigungswagen etwa 80 kg/m² aushalten.
Die ersten Prototypen der Solar-Reinigung Osborn SolarProtec laufen.
Eine davon reinigt seit letztem Sommer auf
dem Dach eines Kuhstalls eine 15 x 65 m
große Modulfläche. Für einen Durchgang
braucht die rotierende Bürste dort ca. eine
Stunde. Der Strombedarf ist laut Hersteller
mit nur 0,75 kWh pro Reinigung gering. Der
Landwirt schätzt die automatische Reinigung, weil er sich nun nicht mehr selbst
drum kümmern muss.
Rund 50 000 Euro ohne Mehrwertsteuer
und ohne Montage kostet das Reinigungssystem. Bedenkt man, dass an staubigen
Standorten die Ertragsverluste schnell über
20 Prozent ansteigen können, dann sind die
Investitionskosten besonders bei einer großen Photovoltaikanlage schnell wieder eingespielt. Allerdings: Für kleine Anlagen mit
weniger als 50 kWp Leistung lohnt sich die
Anschaffung nicht.
Ebenfalls nicht geeignet ist das automatische Reinigungssystem für Flächen, die z. B.
durch Lüftungsschornsteine unterbrochen
sind, die entlang von Dachkehlen schräg verlaufen, oder die nicht ganzflächig die gleiche Neigung haben. Optimal sind homogene
Flächen mit bis zu 20 m Höhe und bis zu
100 m Länge. Bei noch größeren Flächen
Osborn International
Fazit: Das neue vollautomatische Reini-
Der Bedienungscomputer sendet seine Daten
per Funk. Der Betreiber aktiviert die automatische Reinigung per Knopfdruck.
Die Teststation von Osborn erleichtert die
Investitionsentscheidung: Mit zwei gleichen
Modulen bestückt, ermittelt sie die Ertragseinbußen. Eins der Module bleibt dafür schmutzig.
gungssystem für Solarmodule Osborn SolarProtec macht einen durchdachten und
robusten Eindruck. In der Software lassen
sich verschiedene Reinigungsstrategien hinterlegen. Regen ist Bedingung für den Start
der rotierenden Bürste, die dann in einem
Wagen auf Schienen über die Module fährt.
Geeignet ist das System für große, homogene Modulfläche.
Als Option bietet Osborn eine Monitoring-Software fürs iPad an. Diese zeigt
u.a., welche Mehrerträge durchs Reinigen erzielbar sind.
www.profi.de
profi · 48084 Münster · Internet: www.profi.de · E-Mail: [email protected] · Telefon +49 (0)2501/801-69 61 · Telefax +49 (0)2501/801-35 90
wird man in eine zweite Einheit investieren
müssen. Limitierender Faktor sind die
Schleppketten für die Kabelführung. Sie
können aufgrund des Gewichts, das von den
Elektromotoren zu bewegen ist, nicht unbegrenzt lang sein.