Chinesen lieben KleiderbĂĽgel aus Bayern

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Münchner Merkur
190.067
20/11/2015
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EXPORTPREIS
Chinesen lieben Kleiderbügel aus Bayern
Millionenfach billig
pro-
duzierte Kleiderbügel,
zumeist aus China, überschwemmen den europäischen Markt. Aber es
geht auch anders: Ein
oberbayerisches Unternehmen stellt hochwertige Kleiderbügel her, in
Bayern. Und in China
reißt man sich darum.
Diese ungewöhnliche
Geschichte trug der Mawa GmbH aus Pfaffenhofen jetzt den bayerischen
Exportpreis ein.
VOM CHRISTOPH SCHNEIDER
München Produkte "madc
-
in Germany" sind begehrt,
meist sind es Hightech-Erzeugnisse oder komplexe Maschinen, die ihren Weg ins
Ausland finden. Niedrigprcisige Alltagsgcgenständc damit hatte man sich abgefunden
kommen heutzutage
aus Femost. Doch so muss es
nicht sein. Die Mawa GmbH
aus Pfaffenhofen hat es geschafft, mit Qualitätsprodukten, entwickelt und hergestellt in Oberbayern, Erfolg zu
haben. Nicht nur in Übersee,
sondern auch in China. Der
unternehmerische Mut der
Inhaberin wurde jetzt mit
dem Bayerischen Exportpreis
ausgezeichnet.
Wenn Michaela Schenk
durch deutsche Haushaltswarengeschäfte schlendert, fällt
ihr als erstes auf, wie einfallslos ihr Produkt präsentiert
wird: "In Deutschland hängen unsere Bügel lieblos an
Lochwänden, die Asiaten
präsentieren viel besser und
-
-
liebevoller." Ganz recht, es
geht
um etwas so Profanes
wie Kleiderbügel. Doch wer
Schenk länger zuhört, betrachtet den schnöden Gebrauchsgegenstand bald mit
anderen Augen und überlegt
es sich zweimal, frisch gestärkte Hemden auf dem spitzen Drahtbügcl aus der Reinigung hängen zu lassen, denn
der Mawa-Chefin ist so etwas
ein Graus.
-
Heute produziert die Mawa
GmbH in Pfaffenhofen über
500 verschiedene Klciderbügelmodelle aus Metall und
Holz. Mit einem Exportanteil
von mehr als 80 Prozent liefert das 1948 gegründete mittelständische Unternehmen
heute Kleiderbügel in 64 Länder weltweit. Eine eindrucksvolle Bilanz für ein Unternehmen, das vor zehn Jahren
noch mitten in der Insolvenz
steckte.
Eine unklare Nachfolgeregclung in der Geschäftsführung und vor allem die wachsende Konkurrenz durch Plagiate und Billig-KJeiderbügel
führten Mawa 2003 in die Insolvenz. 2007 entschied sich
die heutige Inhaberin und
Geschäftsführerin Michaela
Schenk dazu, die marode Firma zu kaufen. Die gebürtige
Hamburgerin war in verschiedenen leitenden Positionen in
der Medienbranche tätig, ehe
sie den Neuanfang wagte.
"Ich komme aus einer Unternehmerfamilie und hatte immer den Wunsch, etwas Eigenes aufzubauen", erklärt
Schenk. Die Situation bei
Mawa war für sie eine spannende
Herausforderung:
"Was ich da gekauft hatte,
war ein klassisches Produktionsunternehmen mit einem
einzigartigen Maschinenpark,
aber quasi ohne Marketing."
Hier setzte die mit Sanierungsfällen vertraute Unternehmerin an. Sie restrukturierte die Produktion, um
schnell auf individuelle Kundenwünsche reagieren zu
können, führte eine neue Unternchmenskulturein und arbeitete vor allem daran, Mawa wieder zu einer anerkannten Marke zu machen.
Nicht alle diese Veränderungen waren einfach, immer
wieder bekam sie zu hören:
"Aber das haben wir schon
immer so gemacht." Doch der
Erfolg gab Schenk recht, heute ist Mawa wieder in den
schwarzen Zahlen und beschäftigt 58 Mitarbeiter
mehr als vor der Insolvenz.
Um das Marketing küm-
mert sich die Unternehmerin
auch heute noch größtenteils
selbst. Ihre Vision ist durchaus anspruchsvoll: "Irgendwann soll Mawa für Kleiderbügel das sein, was Tempo für
Taschentücher ist." An Kreativität mangelt es Schenk dabei nicht, wie der Guinessbuch-Eintrag für den größten
Kleiderbügel der Welt beweist
sechs Meter lang und vier
Meter hoch ist der Bügel des
Modells "Mawa No. 1", den
es in limitierter Auflage auch
in handlicherer Größe gab.
Am Produktportfolio hat
Schenk ohnehin viel getan,
an der Bekanntheit der Marke in Deutschland arbeitet sie
noch. International sind die
Bügel aus Pfaffenhofen hingegen ein Renner. Weil 80 Prozent der Produktion ins Ausland gehen, ziert das Logo der
Firma ein englischsprachiger
Slogan, Geht es nach Schenk,
sollen pro Jahr zwei bis drei
neue Märkte dazukommen.
Seit vergangenem Jahr gehört
die Heimat der größten Konkurrenten dazu China. "Der
Markt wird von chinesischen
Plagiaten unserer Produkte
überschwemmt, aber gerade
die Chinesen wollen am liebsten das Original, made in
Germany", erklärt die Unter-
betont Schenk, die großes
Augenmerk auf nachhaltige
Produktion legt. Allein durch
eine neue Galvanik-Anläge
konnte der Wasserverbrauch
um 70 Prozent reduziert werden. In den nächsten Jahren
will sie die weltweite Expansion von Mawa weiter vorantreiben. Dabei gibt es geeignete und momentan noch weniger geeignete Märkte: "Indien
ist zum Beispiel noch nicht so
weit, aus dem einfachen
Grund, dass die weit verbreitete traditionelle Kleidung gelegt und nicht gehängt wird",
so Schenk. "Wenn auch dort
der Markenwaren-Boomstartet, dann entsteht auch die
Nachfrage nach hochwertigen Kleiderbügeln."
Dass ihre Expansionspläne
fruchten, dafür hat Schenk
zum Abschied ein gewichtiges Argument: Die Zahl der
Kleidungsstücke in den
Schränken
europäischer
Frauen habe sich seit den
80er-Jahren
verdreifacht,
Tendenz steigend.
-
nehmerin nicht ohne Stolz.
Überhaupt sei der asiatische
Markt von enormer Bedeutung.
Schmale Bügel für
kleine Wohnungen in
Japan, breite für USA
Kleine Wohnungen erfordern hier eine intelligente
Raumausnutzung, schmale
und dennoch stabile Bügel
von Mawa kommen daher besonders gut an. In den USA,
wo der begehbare Kleiderschrank zum guten Ton gehört und Platz keine Rolle
spielt, werden hingegen voluminöse Holzbügcl stärker
nachgefragt. Besonders stolz
ist Schenk auf die spezielle
Anti-Rutsch-Beschichtung
vieler Mawa-Modelle. "Die
einzige Beschichtung am
Markt ohne gesundheitsschädliche Weichmacher",
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Bayerischer Exportpreis: Die ausgezeichneten Unternehmen
Ilse Aigner (CSU), Bayerische Staatsministerin für Wirtschaft und Medien, Energie und
Technologie, hat gestern in München den
Bayerischen Exportpreis verliehen. Kleine
und mittelständische Unternehmenaus den
Bereichen Industrie, Handel, Handwerk und
Dienstleistung, die erfolgreich in Auslandsmärkten aktiv sind, wurdenfür Ihre Leistungen ausgezeichnet. "Jeder vierte Arbeitsplatz in Bayern hängt am Export", sagte Aigner, "Wir haben die Gewinner ausgezeichnet, um ihre Leistungen anzuerkennen, aber auch um anderen Unternehmen
Mut zuzusprechen." Die Preisträger seien
ein Vorbild für den Mittelstand in Bayern, so
Aigner weiter.
MichaelaSchenk nahm als Geschäftsführerin den Preis in der Kategorie Industrie für
die Mawa GmbH entgegen. In der Kategorie Handel wurde die Optima Pharmazeutische GmbH aus dem oberbayerischen
Wang ausgezeichnet, die weltweit unter
anderem Augenspray gegen müde und trockene Augen vertreibt. Im Bereich Handwerk erhielt die Novoflow GmbH aus Rain
am Lech den Bayerischen Exportpreis. Das
Unternehmen hat mehr als 20 Patente im
Bereich der Filtration angemeldet und hat
eine eigene Denkfabrik, um das Innovationspotenzial seiner Mitarbeiter zu fördern.
Fast überall auf der Welt wird die Filtrationstechnik aus Bayern eingesetzt. Sieger
der Kategorie Dienstleistung ist die Timber
Conpect GmbH. Das kleine Unternehmen
aus Weißensberg am Bodensee hat sich im
Ingenieurholzbau weltweit einen Namen
gemacht und realisiert die Wünscheseiner
Kunden aus aller Welt mithilfe von mittelständischen Holz- und Handwerksunternehmen in Bayern.
Der Bayerische Exportpreis ist undotiert, die
Sieger in jeder Kategorie erhalten einen
professionell erstellten Kurzfilm über das
Unternehmen, der von angehenden Filmemachern des Aus- und Fortbildungsfernsehens München afk tv produziert wurde.
Träger des seit 2007 verliehenen Preises
sind das Bayerisches Staatsministeriumfür
Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie, der Bayerische Industrie- und Handelskammertag und die Arbeitsgemeinschaft der bayerischen Handwerkskammern in Zusammenarbeitmit der Gesellschaft Bayern International.
esc
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