Dornbirn Bregenz Schlafende Häuser wecken Offspaces, recycelty Orte und Zwischennutzung in Vorarlberg Leerräume im Stadtgefüge sind kein neues Phänomen, sie begleiten Städte kontinuierlich, da diese schon immer ökonomischen, gesellschaftlichen und politischen Veränderungen unterliegen. Gerade ländliche Regionen, welche teilweise mit starken demografischen Abwanderungsbewegungen zu kämpfen haben, sehen diesem Problem verstärkt ins Auge. Eine Strategie dagegen vorzugehen ist die temporäre Nutzung, beziehungsweise Zwischennutzung der brachliegenden Flächen. Wegen ihrer vermeintlichen ökonomischen Schwäche waren Zwischennutzungen aus der Sicht der Stadtplanung als eigenständige Nutzungsform lange Zeit nicht anerkannt und blieben daher unbenannt. Wie viel Wirkung diese Vorgehensweise jedoch erzielen kann, lässt sich an zahlreichen positiven Beispielen sehen. Es gibt mittlerweile einige Initiativen und Agenturen, die sich der Problematik annehmen. Genannt sei hier die Agentur für Leerstandsmanagement „Nest“ oder aber auch „Paradocks“, die sich selber als „Think- and Do-Tank für leerstehende Gebäude“ beschreiben. Beide sind tätig in Wien. Auch Online-Portale, die überregional leerstehende Räumlichkeiten für eine temporäre Nutzung vermitteln gibt es. Beispiele dafür sind www.gopopup.com oder www.offoff.ch. Aktionsraum N25, Feldkirch 14 Schlafende Häuser Das Konzept der Wiederverwertung, beziehungsweise dem Recycling von Orten, fand zunächst hauptsächlich in Großstädten Verwendung, doch auch in Vorarlberg ist diese Nutzungsform anzutreffen. Ich begebe mich auf die Suche nach genau solchen Orten. Dabei begegne ich engagierten und visionären Persönlichkeiten, die dem Stillstand und dem Aussterben der Innenstädte den Kampf ansagen. die zeitgleich stattfinden. Die Bandbreite reicht von Kunst und Design bis hin zu Mode und Fotografie. Alle Veranstaltungen zusammen präsentieren sich seit dem Jahr 2015 deshalb unter dem Namen „POTENTIALe“. Ihr Debüt hatten dabei auch die sogenannten „Lost Places“. Das waren leerstehende Räume, die jungen Aussteller_innen kostenlos zur Verfügung gestellt wurden. Meine erste Station ist dabei das Büro des Stadtmarketing in Feldkirch. Das Stadtmarketing organisiert jährlich die Kunst- und Designmesse „ArtDesign Feldkirch“. Im Laufe der Zeit haben sich zahlreiche weitere Veranstaltungsformate entwickelt, Schlafende Häuser 15 Hohenems Feldkirch, Schmiedgasse 3. Ich treffe mich mit Jasmine Türk und Johanna Bernkopf. Die beiden sind Teil des Stadtmarketings und sind zuständig für die Organisiation der „POTENTIALe“. Sie erzählen mir wieso die Stadt Feldkirch sich dem Thema Zwischennutzung annimmt und warum es das Veranstaltungsformat „Lost Places“ überhaupt gibt. Der Kerngedanke bei dem Projekt ist es, die versteckten Potentiale, wie der Name ja schon sagt, der Stadt zu offenbaren. Die Stadt ist nicht länger schlichte Gastgeberin für Kulturschaffende mit Potential – sie selbst, mit den zahlreichen ungenutzten Flächen, ist das Potential. Vor allem aber soll es dem kreativen Nachwuchs als Präsentationsplattform dienen, auf der aktuelle Arbeiten, innovative Produkte sowie unterschiedlichste Nutzungsmöglichkeiten präsentiert und ausprobiert werden können. Dass diese Plattformen nicht immer leicht zu finden sind, erfahren wir später auch noch von der Künstlerin Miriam Prantl, die von ihren Anfängen im Kunstbetrieb berichtet. Über die temporäre Belebung von still gelegenen Potentialen der Stadt hinaus entsteht auch ein Anstoß zur nachhaltigen Nutzung von vorhandenen Räumlichkeiten im suburbanen Raum. Dieser Anstoß treibt eine dynamische Stadtbelebung und Entfaltung im kulturellen Sektor voran und ist Grundbedingung, um diese überhaupt zu ermöglichen. Des weiteren können dem jüngeren Zielpublikum Hochschulprogramme und innovative Denkmuster näher gebracht werden. 16 Schlafende Häuser Dornbirn So viel zur Theorie. Um aber auch einen der „Lost Places“ persönlich zu erleben besuche ich den Aktionsraum N25, der auch über die Dauer der „POTENTIALe“ hinaus, noch immer Bestand hat. Feldkirch, Neustadt 25. Ich nähere mich der Adresse und sehe schon von weitem die weißen Stehtische und ein Leuchtschild, das die Nachricht „open“ in hellen Neonbuchstaben verkündet. Ich werde herzlich begrüßt von Miriam Dobler und Christoph Eppacher, dem sympathischen Architektenpaar, das den Aktionsraum N25 ins Leben gerufen hat. Noch bevor ich meinen Rucksack ablegen kann stoßen wir mit einem Bier an. „Die Stadtraumbelebung geht hier voll auf“, denke ich mir. Wir kommen sofort ins Gespräch und sie freuen sich sehr, als ich ihnen von meiner Reportage erzähle. Es sei wichtig, dass viele Menschen von solchen Projekten erfahren, damit sie sehen wie einfach es ist etwas in der Stadt zu verändern. Auf die Frage hin, wie einfach es denn war das Projekt auf die Beine zustellen und wie es dazu kam, erzählen sie mir die Entstehungsgeschichte des Aktionsraums. Das einst leerstehende Ladenlokal befindet sich direkt in der Innenstadt von Feldkirch, genau gegenüber von Miriams und Christophs Wohnung. Als ihnen der immer länger andauernde Leerstand des Raumes aufgefallen ist, kontaktierten sie kurzerhand den Vermieter und stellen ihm die Idee von einem Aktionsraum vor. Dieser lässt sich glücklicherweise dafür begeistern und stellt den beiden den Raum bis zur Renovierung im Sommer 2016 zur Verfügung. Die beiden haben seitdem den Raum Bregenz mehrmals umgestaltet und aufgezeigt welches Nutzungsmöglichkeiten er bietet. Vor allem auch für den Vermieter ist das ein positiver Nebeneffekt, bei der Suche nach einem langfristigen Mieter. Die beiden haben den Teppichboden entfernt, sodass der abgenutzte Parkettboden zum Vorschein kommt. Spiegel und Holzverkleidungen wurden von den Wänden ebenfalls entfernt. Darunter verborgen zeigt sich nun zum Teil Tapete mit blumigem Muster und zum Teil alte Farbe, die von der Wand abblättert. Ich sehe mich um und stelle fest, dass diese vermeintlichen Schönheitsfehler dem Raum einen ganz besonderen Charme und Charakter verleihen. „Genau aus diesem Grund werden sie auch nicht ausgebessert“, fügt Miriam hinzu. Umso mehr Details man im Raum entdeckt, umso neugieriger wird man, was wohl zuvor zwischen diesen Mauern geschehen sein könnte. Auch auf die derzeitige Kunstausstellung wirkt sich die Atmosphäre des Raumes aus. Der Raum tritt nicht in den Hintergrund, wie man es vom klassischen „White Cube“ gewöhnt ist. Der Raum ist präsent und steht in Wechselbeziehung mit den Gemälden. Als Reaktion auf diese Gegebenheiten hängen die Bilder auch nicht wie gewohnt an der Wand, sondern werden mittels Beamer auf Leinwände projiziert. Bevor der Raum für die Ausstellung genutzt wurde, diente er als temporäres Stummfilmkino und während der „POTENTIALe“ im Herbst 2015, war der Raum selbst das Kunstobjekt. An der vielfältigen Nutzung lässt sich auch schön sehen worum es den beiden Architekt_innen bei dem Projekt eigentlich geht. Der Raum ist für keinen bestimmten Zweck vorgesehen, vielmehr soll er anstiften Neues auszuprobieren, so Christoph. „Wir wollen ein Bewusstsein in der Gesellschaft schaffen, wie viel Potential eigentlich in solchen Räumen steckt“. Nutzungen aller Art sind willkommen, solange dadurch die Innenstadt belebt und der Stillstand bekämpft wird. Kulturelle Veranstaltungen sind ebenso gewünscht wie Unternehmensgründungen, die Raum zum experimentieren benötigen. Die beiden mussten bisher ohnehin erst wenige Vorschläge zur Nutzung ablehnen, wie etwa den ein „Indoor-Holi-Fest“ zu feiern, bei dem man sich gegenseitig mit Farbpulver beschmeißt. Es hat wohl ein wenig gedauert bis die Einwohner von Feldkirch verstanden haben was der N25 ist, doch der Zuspruch und das Interesse wird immer größer. Auch wenn Miriam und Christoph sich gerne um den Aktionsraum kümmern, so freuen sie sich auch, wenn im Sommer ein dauerhafter Mieter einzieht und die Nachbarschaft dadurch bereichert. „Es war von Anfang an klar, dass es sich hierbei um ein temporäres Projekt handelt und das ist auch gut so“, so Miriam. Dass die beiden in Zukunft ein ähnliches Projekt in Angriff nehmen, wollen die beiden dennoch nicht ausschließen. Um nun auch einen Blick auf die Sicht einer Ausstellenden zu bekommen, führe ich ein Interview mit der Dornbirner Künstlerin Miriam Prantl. Prantl hatte zahlreiche Ausstellungen, u.a. an der Fordham University, New York, im Kunstpavillon Innsbruck, im Palais Liechtenstein, Feldkirch sowie in der Johanniterkirche, Feldkirch. Raum, Licht und Farbe sind Grundkomponenten der Werke Dornbirn Miriam Prantls, mit denen sie sich in Lichtinstallationen, architektonischen Interventionen, Skulpturen, Wandreliefs und gemalten Bildern auseinandersetzt. Besonders interessiert mich die Ausstellung im einstigen Offspace Johanniterkirche, die sich in den vergangenen 20 Jahren als festen Ausstellungraum für zeitgenössische Kunst etablieren konnte. Allgemein, inwiefern beeinflusst der Ausstellungsort Ihre Arbeiten? Ich arbeite sehr gerne in Bezug auf einen Ort. Für mich ist Raum eines der wichtigsten Aspekte in meiner Arbeit und deshalb ist auch der Raum in dem ich ausstelle, voraussetzend und Impuls gebend. Die Johanniterkirche ist ein ganz spezieller Ort. Raum und Atmosphäre sind hier sehr fein und fast mystisch. Der White Cube hingegen ist neutral verglichen mit einer grey card als Mittelwert beim Fotografieren und ist somit offen für alles. Johanniterkirche als Ausstellungsort? Wie sind Sie damit umgegangen? Wie hat das Ihre Arbeitsweise beeinflusst? Da ich mit Licht und Sound arbeite habe ich versucht mich auf die Atmosphäre einzulassen, ich habe deshalb auch nur eine Form gewählt und habe meine Arbeit noch extremer minimalisiert. Das Prinzip der Zwischennutzung von leerstehenden Räumen für kulturelle Zwecke ist in Großstädten weit verbreitet. Besonders für junge Künstler, die es noch nicht in bekannte Galerien schaffen, bietet dies eine attraktive Alternative. Auch in Vorarlberg erkennt man langsam das Potential, das darin steckt. Wieso, denken Sie, ist das Prinzip der Zwischennutzung im ländlichen Raum noch eher gering vertreten? Denken Sie die Städte sollten sich dafür stärker engagieren? Oder ist das die Aufgabe der Künstler selbst? Als Sie angefangen haben mit der Kunst, wie haben Sie geeignete Räume für Ausstellungen gefunden? Was hat sich in dieser Hinsicht verändert? Ist es heute schwieriger oder leichter geworden für junge Künstler einen Raum zu finden? In größeren Städten ist es natürlich einfacher geeignete Räumlichkeiten zu finden, die entweder leer stehen oder kurz zur Verfügung stehen und dann von Künstlern temporär aktiviert werden können für Ausstellungen. In Vorarlberg gibt es auch mehrere Initiativen, wo Künstler zeitweise solche Orte besetzten. Da wir zwei Künstler Vereinigungen in Vorarlberg haben, die beide eigene Ausstellungsorte haben, bietet das für junge Künstler auch Möglichkeiten auszustellen. Es gibt in Vorarlberg überraschender Weise zahlreiche Ausstellungsorte, auch für junge Künstler. Die kulturelle Dichte hier ist schon beeindruckend. Es kommt sicher auch immer auf die Idee und den Unternehmungsgeist der Künstler an, der ist nicht Ort gebunden und kann überall eine Möglichkeit finden um Ideen umzusetzen. Räumlichkeiten für Ausstellungen zu finden sind immer schwierig und brauchen viel Selbstinitiative und Arbeit. Wer Räume erschließen möchte, wird auch geeignete Orte finden. Auch heute noch. Die Ansprüche spielen dabei auch eine Rolle. Ich selbst bin bei einer Künstlervereinigung dabei und habe das Glück von einer Galerie im Land vertreten Schlafende Häuser 17 Dornbirn zu werden. Allerdings muss man internationale Kontakte knüpfen und pflegen. Nur so kann man einen Einstieg finden um auch mit musealen Ausstellungstätigkeiten zu beginnen und international auszustellen. Nach dem aufschlussreichen Gespräch heißt meine nächste Station Bregenz. Genauer gesagt die „Tankstelle“ in Bregenz. Ich treffe mich mit Stefan Lins, einem der drei Gründungsmitglieder, die 2012 den Grundstein für das Projekt „Tankstelle“ gelegt haben. Sie haben einen Raum gesucht, wo sich Menschen unterschiedlicher Altersgruppen und Kulturen ohne Konsumzwang treffen können, so Stefan. „Ein Ort zum Auftanken für Hirn und Herz“, diese Beschreibung ist sehr treffend und verleiht der „Tankstelle“ auch ihren Namen. Bregenz, Deuringstraße 9. Während der Kaffee noch durch die Maschine läuft zeigt mir Stefan die Räumlichkeiten. Es gibt einen großen Hauptraum im Erdgeschoß und weitere Räume im Kellergeschoß. Der große und helle Hauptraum, der davor als Friseursalon genutzt wurde, ist offen und hat eine breite Fensterfront, die gut Dreiviertel der Wände ausmacht. Entlang der Scheiben stehen kleine Tische und Stühle mit Platz für jeweils vier Personen. Kein Stuhl gleicht dem anderen, jeder Stuhl hat eine andere Form und Farbe. An den Scheiben selbst hängen Flyer von den einzelnen Veranstaltungen, sodass man sie von der Straße aus lesen kann. Von der Decke hängen unzählige Glühbirnen wie Lampions herunter. Am Ende des Raumes, in der Ecke, befindet sich die Küche. Über eine schmale Wendeltreppe gehen wir in 18 Schlafende Häuser Feldkirch den Keller. Hier befindet sich neben einem Lagerraum und einer Toilette noch ein etwas größerer Raum, der unterschiedlich genutzt wird. Auf der einen Seite davon sieht man die Anfänge einer Werkstatt, die hier entstehen soll. Insgesamt betrachtet fühlt man sich in der „Tankstelle“ auf Anhieb wohl, was mit Sicherheit an den Second Hand-Möbeln liegt, die den größten Teil der Einrichtung ausmachen. Gerade weil die Möbel bunt gemischt und nicht immer perfekt sind, erhält der Raum eine so warme und einladende Atmosphäre. Wir setzen uns und Stefan erklärt mir wie es zu dem Projekt kam. Sowohl er als auch Michael Lederer und Julia Stadelmann, die beiden anderen Gründungsmitglieder, haben in größeren Städten studiert. Als sie nach ihrem Abschluss zurück nach Vorarlberg kamen, war ihnen schnell klar, dass sie etwas vermissen. Was das genau war, konnten sie am Anfang noch gar nicht genau definieren. Doch nach und nach wurde ihnen klar, dass in Bregenz ein Raum fehlt, in dem man sich treffen kann, seine Talente und Interessen ausleben kann, ohne dabei konsumieren zu müssen. Daraufhin haben sich die drei auf die Suche nach leerstehenden Räumen und Gebäuden gemacht und überraschenderweise sehr viele davon gefunden. Ende 2012 war es dann soweit, der Kulturfreiraum „Tankstelle“ wird in der Deuringstraße eröffnet. Seitdem finden hier die verschiedensten Veranstaltungen statt, vom Wohnzimmerkonzert über Lesungen bis hin zum gemeinsamen Kochen ist hier alles dabei. Im Prinzip kann sich hier jeder mit seiner Idee ein- Dornbirn bringen. Solange die Aktion offen und für jeden zugänglich ist und keinen kommerziellen Hintergrund hat, ist sie willkommen. Es gibt keine Hierarchie und man muss auch kein Mitglied sein oder ähnliches. Es gibt zwar ein Kernteam, das sich um den Raum an sich und um die Miete kümmert, alle Entscheidungen werden jedoch in der Gruppe getroffen und jeder kann mitreden, der Interesse hat. Die Finanzierung läuft hauptsächlich über freie Spenden bei den Veranstaltungen und über Patenschaften. Und bisher hätte das auch immer ziemlich gut funktioniert, so Stefan. Die „Tankstelle“ gibt kein festes Programm vor, sie bietet Raum um Veranstaltungen zu verwirklichen ohne dass man finanziellen Druck durch Miete oder ähnliches hat. Die Initator_innen wollen die Menschen animieren und dadurch die Stadt beleben und das Miteinander fördern. Am Ende des Gesprächs wird mir schnell klar, dass ich unbedingt selbst eine der vielen Veranstaltungen besuchen möchte, um die Dynamik und Leidenschaft, die von der „Tankstelle“ ausgeht, erleben zu können. Stefan empfiehlt mir deshalb, am immer gut besuchten Mittagstisch, der jeden Freitag stattfindet, teilzunehmen. Was ich dann auch tue. Es ist fünf Minuten vor zwölf als ich am Freitag Mittag erneut an der „Tankstelle“ ankomme. Bereits von außen sehe ich, dass sich etwas tut hinter den großen Fensterscheiben. Ich trete ein und verstaue erst ein mal meine Jacke und meinen Rucksack. Die fünf Frauen, die bereits da sind, sind alle noch ziemlich beschäftigt. Die einen schmecken das Essen noch ein letztes Mal ab, während die anderen sich um die Kinder kümmern, die sich mit ihren Spielsachen im Raum ausgebreitet haben. Bald ist es zwölf Uhr und der Raum füllt sich langsam mit hungrigen Gästen. Von jung bis alt, ob mit Hemd oder mit Jogginghose, es sind die verschiedensten Leute anzutreffen. Das Menü ist eröffnet. Es gibt Reis, dazu Linseneintopf und Rote Beete Suppe mit Kren, zum Nachtisch gibt es Muffins. Bei den Zutaten wird darauf geachtet, dass sie vegan, bio und lokal sind. Ich sitze zusammen mit Barbara am Tisch, die Bregenzerin ist Architektin und wohnt erst seit kurzem wieder im Ländle. Allzu viele Leute, die hier sind kennt sie noch nicht, jedoch kommt man hier schnell ins Gespräch und kann neue Kontakte knüpfen, erklärt sie mir. Ein wenig später setzen sich zwei weitere Frauen zu uns. Die eine davon kommt jeden Freitag her und hilft auch mal beim Kochen mit, das um 10 Uhr beginnt, die andere ist zum ersten Mal hier, wie ich erfahre. Ebenfalls mein erstes Mal ist es, dass ich komplett vegan esse und meine Skepsis war groß. Doch ich bin begeistert, das Essen schmeckt mir überraschend gut. Essen allgemein, scheint hier ein wichtiges Thema für alle zu sein. Als ich frage was sie an dem Mittagstisch hier besonders mögen, sind sie sich einig, dass man hier weiß woher die Lebensmittel stammen und dass sie mit Liebe zubereitet werden. Das sieht man auch daran, wie vergleichsweise langsam und lange hier alle essen. Ich denke das ist auch ein Ausdruck von großer Wertschätzung, die der Nahrung hier entgegengebracht wird. Nach gut einer Stunde holen wir uns den Nachtisch. Dornbirn Als sich die Teller so langsam leeren, werden in der Gruppe schon Pläne für den nächsten Mittagstisch geschmiedet. Wer hat Lust mit zu kochen, wer besorgt welche Zutaten und was gibt es überhaupt? Diese Fragen werden noch geklärt bevor wir unseren Tisch abräumen und unser Geschirr spülen. Abschliessend kann ich zusammenfassen, dass es wohl genau diese Do-It-Yourself-Mentalität ist, wovon die „Tankstelle“ lebt. Nicht der Raum ist es, der die „Tankstelle“ ausmacht, es sind die Menschen, die etwas unternehmen wollen und die Gemeinschaft damit bereichern. Insofern kann ich meine Suche mit einem schönen Erlebnis abschließen, auch wenn es noch zahlreiche andere spannende Projekte in Vorarlberg zu erkunden gäbe. Während der gesamten Zeit in der ich unterwegs war, hat sich der Blick auf meine Umgebung zunehmend geändert. Ich sehe keine leerstehenden Gebäude mehr, ich sehe potentielle Aktionsräume. Eine Auswahl dieser Gebäude habe ich fotografisch dokumentiert. Als Gegensatz zu den tristen und leblosen Fassaden, sind auch Fotos aus dem Bilderarchiv der „Tankstelle“ und dem Aktionsraum N25 zu sehen. Reportage: Tobias Holzmann Wohnzimmerkonzert in der „Tankstelle“, Bregenz Schlafende Häuser 19
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