Dr. Ralf Lehrke Tiefe Hirnstimulation bei Morbus Parkinson

ST. BARBARAKLINIK HAMM - HEESSEN
„Tiefe Hirnstimulation bei M. Parkinson“
R. Lehrke
Stereotaktische Neurochirurgie
Lehrke 10/15
Heiko Braak
Neuropathologe Prof. Dr. med. Heiko Braak,
Anatomisches Institut der Universität, Frankfurt/Main
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KRANKHEITSENTWICKLUNG
pathological changes associated with sporadic Parkinson’s disease immunostained for synuclein
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Unser Programm für flüssige Bewegungen
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BASALGANGLIEN (STN)
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WANN SOLLTE OPERIERT WERDEN ?
Hypothetisches Modell zum Effekt der STN-HFS auf den Krankheitsverlauf von Parkinsonpatienten: Derzeit
werden die Patienten relativ spät im Krankheitsverlauf behandelt (ca. 14 Jahre nach Krankheitsbeginn). Zu diesem
Zeitpunkt hat sich die soziale Isolierung der Patienten bereits manifestiert. Eine Verbesserung der motorischen
Situation führt zu keiner Verbesserung der sozialen Situation mehr. Die Frage ist, ob eine frühe Behandlung der
Patienten mit einer STN-HFS den Krankheitsverlauf derart positiv beeinflusst, dass der soziale Abstieg erst
wesentlich später im Krankheitsverlauf eintritt.
Jan Herzog, Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel, 2007, psychoneuro 2007; 33 (7+8): 293–
296
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EARLY STIM (2013)
•Beurteilung der Wirkung einer Stimulation des STN auf die Lebensqualität bei
Patienten in einem früheren Stadium der Parkinson-Erkrankung.
•Studientyp: Multizentrische, bi-nationale (Deutschland, Frankreich), randomisierte,
kontrollierte Studie
•Studiendesign
–251 Patienten wurden in die Therapiegruppe Tiefe Hirnstimulation (DBS) mit
optimaler medikamentöser Behandlung (n=124) oder in die Gruppe mit alleiniger
optimaler medikamentöser Therapie (BMT; n=127) randomisiert.
–Die Patienten waren 60 Jahre oder jünger mit Levodopa-induzierten motorischen
Komplikationen für nicht mehr als 3 Jahre, Höhn und Yahr Stadium unter
Medikation von ≤ 2,5 bei erhaltener sozialer und beruflicher Funktion.
–Primärer Endpunkt war der Unterschied der durchschnittlichen Veränderung in der
krankheitsbezogenen Lebensqualität (QoL), gemessen mittels des PDQ-39
Summary Index nach 24 Monaten. Sekundäre Endpunkte waren motorische Skalen,
Aktivitäten des täglichen Lebens, Levodopa-induzierte Komplikationen und Stunden
mit guter Mobilität.
EARLYSTIM RESULTS, NEJM 2013 3
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EARLY - STIM
EARLYSTIM RESULTS, NEJM 2013 3
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INDIKATIONSSTELLUNG
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WIRKFLUKTUATIONEN
Auf- und Ab guter u. schlechter Wirksamkeit:
– Wirkungsabfall: “wearing-off”-Phänomen
• “end of dose”-Akinesie
– unvorhersehbare Zufallsschwankungen
-
Dyskinesien
unwilkürliche Bewegungen
(Bei An- und Abfluten der Medik., bei niedrigem
Dosispiegel, auf dem Dosismaximum)
Psychiatrische Komplikationen
– Verwirrtheitszustände
– Halluzinose
“on” time
with Dyskinesia
3.5 hours
(20%)
1.82
Dyskinesia =
4
“on” time
5.6 hours
(32%)
“off” time
8.4 hours
(48%)
ADL Score = 9.9
52
ADL Score = 31.6
52
Time of Day
n=39
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MICHAEL FOX
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1. Patient , 42j
• Parkinson Diagnose: 2000
• 2009 Beginn ON/OFF
• DBS STN 2012 (ACTIVA RCR,
MedtronicR)
• Moderate Anpassung der
Stimulation im Verlauf
Vor Operation:
• Levo-Dopa 800mg
• Ropirinol 28mg
• + Madopar LT
Nach Operation:
• 10/2012 Absetzen jgl.
Medikation
• Depression i. Verlauf:
Besserung mit 4mg/d
Ropirinol
2. Patient, 48j
• IPS, ED 2000
• 2008 Beginn ON/OFF
• medik. bedingte
Halluzinationen 2011
• DBS STN 06/2011
(ACTIVA RC, Medtronic)
• Moderate Anpassung der
Stimulation im Verlauf:
Vor Operation:
• Levo-Dopa 800mg (Stalevo)
• Amantadin 400mg
• Ropirinol 20mg
• Azilect 1mg
• Madopar LT b.Bed.
Nach Operation:
• Absetzen jgl. Medikation
• 2015 Beginn mit Agonisten
Indikation zur Tiefen Hirnstimulation
1.
• fortgeschrittener Parkinson, mit L-Dopa
Challenge (verbesserbar durch Medikamente)
• L-Dopa Langzeitsyndrom, Beginn der WirkFluktuationen
• durch Medikamente bedingte Psychosen/
psychiatrische NW u. Unverträglichkeiten
2.
• nicht befriedigend medikamentös
verbesserbares Zittern
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DIE STEREOTAKTISCHE
OPERATION
Beispiel: St. Barbaraklinik Hamm
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Wie kann man die Operation durchstehen?
Patienten schlafen während der Operation
Hilfe durch Gabe von kurz wirksamen
Narkosemittlen mit Überwachung
durch Narkoseteam, Betreuung durch
Physiotheapeuten während der Operation
Nur noch Mitarbeit (Wachsein) beim
Einsetzen der Elektrode erforderlich:
• Untersuchung von Muskelstarre,
Muskelsteifigkeit, Tremor
• Untersuchung von Nebenwirkungen
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GENAUE OPERATIVE ZUGANGSPLANUNG
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GENAUE OPERATIVE ZUGANGSPLANUNG
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Exaktes Zielen ist die wesentliche Voraussetzung für das Ergebnis
Stimulation Site Within the MRI-Defined STN Predicts Postoperative Motor Outcome
Wodarg , Volkmann et al., Movement Disorders, Vol. 27, No. 7, 2012
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Überprüfung der Präzision im Op
Beispiel St. Barbaraklinik in Hamm
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Exaktes Zielen ist wesentliche Voraussetzung für das Outcome
Stimulation Site Within the MRI-Defined STN Predicts Postoperative Motor Outcome
Wodarg , Volkmann et al., Movement Disorders, Vol. 27, No. 7, 2012
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Zielpunktberechnung und Zielpunktverifikation
Preoperative axial (a) and coronal (b) 3T flair magnetic resonance (MR) images. The approximate size and shape of the STN and
red nucleus (RN) are as noted. Postoperative 1.5T axial (c) and coronal (d) flairMR images showing implanted electrodes withi n
the STN.
Acta Neuropsychiatrica 2008: 20: 182–192
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Elektrophysiologie
TYPISCHE ENTLADUNGSMUSTER VON NERVENZELLEN DES GEHIRNES
Trajekt: Thalamus - Nucleus subthalamicus - Substantia nigra
Thalamus (T -9)
Zona incerta (T -5,8)
Nucleus subthalamicus (T -1,6)
© nach C. Moll Forschungszentrum Jülich
Substantia nigra, p. reticulata (T+1,3)
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Macrostimulation
Beispiele für Funktionstests
– Kinese – Fingerübungen, Berühren der Nase
– Rigor (Starre) - an Arm u. Beinen
– Tremor – Zittern : z.B: Finger an Nase, Spirale
zeichnen, z. B. eine Tasse greifen
Ständiges Überwachen der Nebenwirkungen
- Augenbewegung
- Kapselantwort (Bahnen für die Bewegung)
- Sprechstörungen
- Dyskinesien (gewollter Effekt, wie beim
Anfluten von Dopamin, z.B. kurze spontane
Bewegung im Fuß)
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Mitarbeit des Patienten
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VERBESSERTE BEWEGLICHKEIT
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Medtronic®
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St.Jude Medical ®
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Boston Scientific®
Arzt Programmierstation
Fernbedienung
Elektrode
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Elektroden
0.5 mm contact spacing
1.5 mm contact length
1.30 mm diameter
Two lengths - 30 cm or 45 cm*
Model
BSC DB-2201
Span
15.5 mm
MDT 3389
7.5 mm
MDT 3387
10.5 mm
STJ 6146-6149
15.5 mm
9.0 mm
STJ 6142-6145 12.0 mm
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Neueste Stimulationsmöglichkeiten
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Beispiel für neue Programmierung
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Neurostimulatoren
Medtronic®
St. Jude Medical®
Boston Scientific®
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So sollte es nicht aussehen:
Kosmetisches Ergebnisse (aus dem Internet)
Beispiel aus dem Internet:
So sollte es nicht aussehen!
In Bauchnabelnähe
aus http://jeunesseparkinson.centerblog.net/
aus http://thesun.co.uk
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Vesteckter Zugang für die Platzierung des Neurostimulators
(Beispiel aus unserem Zentrum in Hamm: Schnitt unter der Brust)

Patientin im Sitzen

Patientin im Liegen
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BEISPIEL: Tremor
Vim – STIMULATION
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TREMOR BEHANDLUNG OHNE OPERATION
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Beispiel: Cyberknife + DBS Therapie
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STANDARDS
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2012 Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für
Neurologie: Parkinson-Syndrome und THS
Die wichtigsten Empfehlungen auf einen Blick
Die pharmakologische Therapie des IPS sollte frühzeitig beginnen, effizient und gut verträglich sein. Ein
frühzeitiger Therapiebeginn scheint den Langzeitkrankheitsverlauf günstig zu beeinflussen, es gibt keine
zuverlässigen Daten, die beweisen, dass ein späterer Behandlungsbeginn die Entwicklung von
Behandlungskomplikationen hinauszögert. Der Therapiebeginn sollte früh, d. h. direkt nach
Diagnosestellung, erfolgen.
Parkinson-Patienten mit spätem Erkrankungsbeginn entwickeln seltener motorische Komplikationen
als Patienten mit einem frühen Krankheitsbeginn. Insbesondere bei älteren und multimorbiden Patienten
besitzen Dopaminagonisten ein ungünstigeres Nebenwirkungsprofil. Die medikamentöse Therapie sollte
mit dem wirksamsten und gut verträglichen L-Dopa-Präparat eingeleitet werden. Bei älteren und
multimorbiden Patienten sollte eine Monotherapie mit L-Dopa fortgesetzt werden, solange keine
Wirkungsfluktuationen oder andere Therapiekomplikationen auftreten.
Parkinson-Patienten mit frühem Erkrankungsbeginn haben ein höheres Risiko, Dyskinesien unter
einer L-Dopa-Therapie zu entwickeln. Neuere Daten lassen allerdings, zumindest unter höheren
Dosierungen, auf ein erhöhtes Risiko für Impulskontrollstörungen und die pathologische Tagesmüdigkeit
unter Dopaminagonisten schließen. Aus haftungsrechtlichen Gründen sollten alle Patienten über diese
Risiken aufgeklärt werden. Bei früh erkrankten Patienten ohne wesentliche Komorbidität sollte die
medikamentöse Therapie mit einem Non-Ergot-Dopaminagonisten eingeleitet werden. Bei
unzureichender Wirkung einer Monotherapie mit Dopaminagonisten oder Unverträglichkeit von
Dopaminagonisten, bevor eine ausreichend wirksame Dosis erreicht wurde, sollte zur weitergeführten
Agonistentherapie eine Kombinationstherapie mit L-Dopa eingeleitet werden.
Es besteht keine Indikation für den Einsatz von COMT-Hemmern bei L-Dopa-Ersteinstellung oder bei
Patienten mit stabiler L-Dopa-Antwort.
Patienten mit medikamentös ausbehandelten Fluktuationen
profitieren von der tiefen Hirnstimulation bezüglich
Beweglichkeit und Lebensqualität.
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VORURTEILE ?
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kognitive Defizite (Abnahme der geistigen
Leistungsfähigkeit) nehmen zu ?
die Selbstmordrate ist erhöht ?
psychiatrische Probleme nach der Operation
a) Depression
b) sog. Impulskontrollströrungen
zunehmende Gangschwierigkeiten,
Gleichgewichtsstörungen nach der Operation ?
Sprechstörung: eher Verbesserung, aber bis zu
10% milde bis moderate Verschlechterung der
Sprechfunktion
Gefahr durch Hirnblutung?
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Risiko: erhöhte Selbstmordrate?
Ältere Studien mit kleinen Fallzahlen sahen eine erhöhte
Selbstmordrate von über 4% nach Operation
Eine Auswertung von 10.000 operierten Patienten zeigt
eine Rate von 0.16–0.32%
Diese Rate ist kleiner als die Suizid-Rate bei chronisch
kranken älteren Patienten
Burkhard, P.R. et al. 2004. Suicide after successful deep brain stimulation for movement disorders.
Neurology 63: 2170– 2172.
Appleby,B.S.,P.S. Duggan,A.Regenberg&P.V.Rabins. 2007. Psychiatric and neuropsychiatric adverse
events associated with deep brain stimulation: a meta-analysis of ten years’ experience.
Mov. Disord. 22: 1722–1728.
Juurlink, D.N., N. Herrmann, J.P. Szalai, A. Kopp & D.A. Redelmeier. 2004. Medical illness and the risk
of suicide in the elderly. Arch. Intern. Med. 164: 1179–1184.
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Risiko: Abnahme der geistigen
Leistungsfähigkeit?
Kognitive Defekte, Affekte
Kein negativer Effekt auf Denkvermögen und Affekte
In einer randomisierte, prospektiven Studie wurde besonderes Augenmerk auf die
kognitiven Defizite und Affekte gelegt, dabei wurden operierte Patienten mit nicht
operierten verglichen.
Witt, K. et al. 2008. Neuropsychological and psychiatric changes after deep brain stimulation for
Parkinson’s disease: a randomised,multicentre study. LancetNeurol. 7: 605– 614.
1470 wissenschaftliche Veröffentlichungen wurden durchsucht: Keine
Studie zeigte eine Abnahme der kognitiven Fähigkeiten.
Bemerkenswert: 13 Studien zeigten eine Verbesserung nach Operation
Isidoor O. et al. Cognitive Functioning in Psychiatric Disorders Following Deep Brain Stimulation,
Brain Stimulation 6 (2013) 532-537
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Risiko? Blutung?
Voges: Studie an 5 Zentren mit mehr als 1000 Patienten
Movement Disorders 2007
Behandlungsverlauf während der ersten 30 Tage nach Implantation eines Stimulationssystems.
Blutung im Gehirn:
nur 0,8 % der 1183 Patienten hatten nach 30 Tagen
neurologische Störungen, die auf eine Blutung zurückgingen
Gefahr an den Folgen der Operation zu versterben:
Mortalitätsrate von 0,4%
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ZUSAMMENFASSUNG
WELCHE SYMPTOME KÖNNEN VERBESSERT WERDEN?
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Kardinalsymptome (Muskelstarre, Beweglichkeit)
Tremor (Zittern)
ON- OFF Fluktuationen
Lebensqualität: Wieder „planbares“ Leben
Keine schmerzhaften Off-Dystonien mehr
Besserer, erholsamerer Schlaf
Blasenfunktion
Depression und Angstzustände im Off
Überbewegungen (Dyskinesien, Hyperkinsesien)
Medikamentenreduktion:
Weniger Nebenwirkungen als durch die vorher notwendige
hochdosierte Therapie: z.B. Psychosen, Alpträume
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Jeder interessierte Patient kann sich
gerne bei mir beraten lassen .
Auf Anfrage wird der Kontakt zu bere
operierten Patienten vermittelt .
Adresse:
STEREOTAKTISCHE NEUROCHIRURGIE
Dr. med. R. Lehrke
Am Heessener Wald 1
59073 Hamm
E-mail: [email protected]
Telefon: 02381 – 681 – 1520
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