di e ns tag, 22. m är z 2016 badische zeitung breisach und kaiserstuhl 29 breisach w w w. b a d i s c h e - z e i t u n g . d e / b r e i s a c h Die Entlastung wird nachgeholt Deutlich mehr Touristen Nur in einem Revier läuft’s rund Neue Parkplätze am Rathaus In der Jahreshauptversammlung des Bürgervereins Hochstetten war der Kassenbericht nicht ganz vollständig. Seite 30 Dank der Eröffnung des Hotels Köpfers Steinbuck steigt die Zahl der Urlauber in Bischoffingen um 82 Prozent. Seite 30 Ein Jagdpächter in Buchheim ist zufrieden, der andere übt Kritik – beide berichteten jetzt über ihre Erfahrungen. Seite 31 Im April sollen die Arbeiten zur Erweiterung des Parkplatzes vor dem Bötzinger Rathaus starten. Seite 31 Ein großes Herz für Flüchtlinge Bei zwei Benefizkonzerten im Breisacher Münster und in der neuapostolischen Kirche in Freiburg kamen 3200 Euro zusammen Bußgelder für das Bauen ohne Genehmigung Von Kai Kricheldorff Behörde erarbeitet Vorschläge BREISACH. Mehr als 3200 Euro an Spenden haben am Wochenende zwei Benefizkonzerte in Freiburg und Breisach für die Flüchtlingshilfe in der Europastadt eingespielt. Am Palmsonntag erlebten über 400 Zuhörer, darunter viele Flüchtlinge, im Stephansmünster ein ökumenisches Passionskonzert, das der Chor „Subito Vocale“ aus Breisach gemeinsam mit dem Konzertchor der neuapostolischen Kirche des Bezirks Freiburg/Offenburg aufführte. BREISACH (gz). Auf Bauherren, die ohne eine Genehmigung bauen, könnten bald höhere Bußgelder zukommen. Als einen Abend von tieferer Bedeutung und großer ökumenischer Begegnung charakterisierte Martin Hau, der Vorsitzende des Pfarrgemeinderats der Seelsorgeeinheit Breisach-Merdingen, das Konzert. Breisachs Bürgermeister Oliver Rein, Schirmherr des Benefizabends, richtete den Blick auf das Gebot der christlichen Nächstenliebe, das danach verlange, Flüchtlingen, die in Not sind, Schutz und Heimat zu bieten. Mit dem Benefizkonzert werde auch ein Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit und das Schüren von Angst gesetzt, so Rein. Er forderte die Besucher auf, reichlich zu spenden und am besten mit Scheinen die Sammelkörbe zu „füttern“. Eine Empfehlung, die von den allermeisten Gästen des Abends befolgt wurde. Bernd Leuz, Leiter der Behelfsunterkunft Murhau in Breisach, in der zurzeit 270 Flüchtlinge, darunter 75 Kinder aus 9 Ländern leben, lobte ausdrücklich die Arbeit des Breisacher Helferkreises, die er als beispielhaft bezeichnete. Wichtigster Einzelfaktor für eine gelingende Integration seien Kenntnisse der deutschen Sprache, betonte Leuz. An die 50 Frauen und Männer sangen im Breisacher Münster für einen guten Zweck. Cornelie Büchner vom Helferkreis sprach über den Verwendungszweck der Spenden aus den beiden Benefizkonzerten. Mit dem Geld wird eine computerunterstützte Lernbibliothek für die Behelfsunterkunft Murhau angeschafft. Sie ermöglicht Flüchtlingen, über die Deutschkurse hinaus, selbständig ihre Sprachkenntnisse zu vertiefen. Schon am Abend vor dem Palmsonntag hatte das erste Konzert vor kleinerem Publikum in der neuapostolischen Kirche in Freiburg-Ost stattgefunden. Die Dirigentinnen Cornelia Wahl und Nicola Heckner („Subito Vocale“) leiteten abwech- selnd den aus beiden Gesangsformationen gebildeten Chor mit rund 50 Sängerinnen und Sängern. Gesanglich stellten sie eine harmonische Einheit dar und begeisterten mit ihrem von der frühen Barockzeit bis zur Gegenwart gespannten Liedprogramm. Lisa Schell (Sopran) und Bianca Steiger (Mezzosopran) interpretierten das Duett aus dem Elias von Felix Mendelssohn Bartholdy. Dabei wurden sie von Almut Ernst an der Orgel begleitet, die abwechselnd mit Ina Radzuweit und Gabriela Burst auch die pianistische Begleitung des Chors übernahm. FOTO: KAI KRICHELDORFF Gesanglicher Höhepunkt des Abends war das Lied „Denn er hat seinen Engeln befohlen über dir“ von Mendelssohn Bartholdy. Neben weiteren Liedern dieses Komponisten erklangen unter anderem Werke von Heinrich Schütz, Johann Sebastian Bach, Josef Rheinberger, Gerrit Junge und John Rutter. Wohl am bekanntesten waren die von Max Reger für vierstimmigen Chorsatz vertonten Verse des „Abendlieds“ von Matthias Claudius („Der Mond ist aufgegangen“). Am Ende gab es stehende Ovationen. Als Zugabe erklang „Bleib bei uns, Herr“, das dem Benefizkonzert als Motto gedient hatte. In der Josef-Bueb-Straße 4 hat ein Bauherr einen Wintergarten errichtet sowie sein Haus umgebaut. Dabei hatte er wohl mehrmals vollendete Tatsachen geschaffen und erst danach die Baupläne bei der Stadt eingereicht. Dieses Vorgehen war bei der Stadtverwaltung und den Mitgliedern des Technischen Ausschusses auf scharfe Kritik gestoßen (die BZ berichtete). Sie versagten dann auch die Genehmigung. Baudezernent Stefan Baum teilte den Mitgliedern des Technischen Ausschusses jetzt mit, dass das Landratsamt dem Antragsteller dennoch die Baugenehmigung erteilt hat, weil es für eine Ablehnung keine Gründe sah. In diesem Zusammenhang berichtete Bürgermeister Oliver Rein von einem Gespräch mit dem Kreisbaumeister, weil es immer wieder Bauherren gebe, die ohne Genehmigung bauen würden. „Dies kann in einem Rechtsstaat nicht sein“, betonte der Bürgermeister. Deshalb habe er den Kreisbaumeister aufgefordert, Bußgelder zu verhängen und die Einstellung von Bauvorhaben zu überprüfen. In der Kupfertorstraße sei ein Umbau auch eingestellt worden, weil ein Gutachten fehlte. Rein kündigte an, dass das Landratsamt einen Leitfaden erarbeite, wie bei Verstößen gegen das Baurecht zu verfahren sei und wie hoch die Bußgelder sein könnten. Dieser Leitfaden werde noch 2016 dem Kreistag vorgelegt. Zudem könne die Baurechtsbehörde bei vorzeitigem Baubeginn die zwei- bis vierfache Gebühr für die Baugenehmigung verlangen. Den Opfern von Straftaten eine Stimme geben In diesem Jahr wird der von Eduard Zimmermann gegründete „Weiße Ring“ 40 Jahre alt / Karin Pado hilft in und um Breisach Von Julius Steckmeister BREISACH. Es war im Jahr 1976, als Fernsehfahnder Eduard Zimmermann, Erfinder und langjähriger Moderator der Fernsehfahndungssendung „Aktenzeichen XY … ungelöst“, den „Weißen Ring“ ins Leben rief. Der Verein kümmert sich mit seinen derzeit rund 3000 ehrenamtlichen Mitarbeitern in bundesweit 420 Außenstellen um die Opfer von Straftaten. Neu im Team der Außenstelle der Landkreise Breisgau-Hochschwarzwald und Emmendingen ist die Breisacherin Karin Pado. Das Ungleichgewicht aufheben Sie stehen – je gravierender das jeweilige Verbrechen, desto mehr – im Fokus der Öffentlichkeit: Straftäter. Von den Opfern und den Folgen, die eine Straftat für diese haben kann, wird hingegen kaum Notiz genommen. Und viele Kriminalitätsopfer scheuen sich oft aus Scham, über das ihnen widerfahrene Unrecht zu reden, zumal „Du Opfer“ zu allem Überfluss als Schimpfwort kursiert. Dieses Missverhältnis erkannte bereits vor 40 Jahren der als „Ganove-Ede“ zur Fernsehlegende gewordene Zimmermann und gründete den Opferhilfeverein. Mittels Notfalltelefon und direkten Ansprechpartnern – allesamt arbeiten ehrenamtlich – steht der Verein seither Menschen zur Seite, die zu Opfern geworden sind. Die Bandbreite der Betreuten reicht vom Handtaschenraub über den Wohnungseinbruch bis zu Kapitalverbrechen. Und in Zeiten von Internet, „social networks“ und Smartphone sind neue Arten der Kriminalität hinzugekommen – viele betreffen Kinder und Jugendliche. Distanz trotz Empathie Karin Pado ist Diplom-Übersetzerin und vor zwei Jahren mit ihrem Mann nach Breisach gezogen. Seit einem halben Jahr gehört Pado zum zwölfköpfigen Team der Außenstelle des „Weißen Rings“ Breisgau-Hochschwarzwald/Emmendingen, die seit zehn Jahren von Monika Toussaint geleitet wird. „Meine Eltern waren Mitglieder im „Weißen Ring“, daher kenne ich die Organisation schon sehr lange“, erzählt Pado. Über eine Annonce des Opfertelefons wurde sie wieder an den Verein erinnert und bewarb sich als ehrenamtliche Helferin. Bevor die Helfer jedoch helfen dürfen, müssen sie eine Grundausbildung durchlaufen, die sich im Wesentlichen in zwei Teile gliedert: Praxis und Theorie. Mindestens drei Opferfälle gemeinsam mit einem bereits geschulten Helfer muss ein Neuanwärter begleiten. „Das ist für beide Seiten sehr wichtig“, betont Monika Toussaint. „Wir sehen, ob die Anwärter geeignet sind, und die Anwärter, ob sie sich der Aufgabe gewachsen fühlen“, erklärt sie. Denn was an die Ehrenamtlichen herangetragen wird, ist oft starker Tobak: häusliche Gewalt, Prostitution, bis hin zu Mord. „Man muss sich einfühlen und trotzdem Distanz wahren“, weiß Karin Pado. Daran schließt sich ein so genanntes Grundseminar an, das die künftigen Opferhelfer mit der Organisation des Vereins ebenso vertraut macht wie mit den wichtigsten Grundlagen in Sachen Psychologie, Jura und Behörden. Obligatorisch sind zudem laufende Fortbildungen und regelmäßige Teambesprechungen. Der Austausch mit den Kollegen sei eine wesentliche Säule der Arbeit, sind sich Toussaint und Pado einig. Insbesondere auch deshalb, weil das Team bunt gemischt ist. Unter anderem sind zwei ehemalige Polizisten, Juristen und eine Psychologin mit an Bord. Allein im Jahr 2015 hat die Außenstelle 70 Opferfälle betreut und 150 Menschen beratend zur Seite gestanden. Hilfe für Kriminalitätsopfer und ihre Angehörigen sowie das öffentliche Eintreten für eine bessere rechtliche wie soziale Situation von Geschädigten, lautet die offizielle Aufgabendefinition des „Weißen Rings“. Praktisch heißt das zunächst einmal zuhören. Egal ob am Telefon oder im persönlichen Gespräch. „Ratschläge sind Schläge“ Die zweite Aufgabe ist Vermitteln, egal ob Rechtsanwalt oder Therapeutin. Dritte Säule ist das Begleiten, gleich ob in den Gerichtssaal oder über den langen Weg, den es oft dauert, bis ein Opfer eine Straftat verwunden hat. „Wir fragen nach“, betont Karin Pado die Nachhaltigkeit der Opferbegleitung. „Was wir nie tun, ist bewerten. Ratschläge sind Schläge“, ergänzt Monika Toussaint. Wo Not am Mann ist, springt der Verein, der sich ausschließlich über Spenden, Mitgliedsbeiträge, Nachlässe und Geldbußen finanziert, auch finanziell ein. Daran hat sich in vier Jahrzehnten nichts geändert. Neu hinzugekommen sind indes Straftaten wie Stalking oder Cyber Mobbing. Letzteres betreffe gerade Kinder und Heranwachsende, bedauern die beiden Frauen. Für solche Straftaten gibt es beim „Weißen Ring“ die „junge Truppe“, die sich darauf spezialisiert hat. Für ihre Organisation und damit für alle Opfer von Straftaten wünschen sich Monika Toussaint und Karin Pado noch mehr öffentliches Bewusstsein und natürlich viele wei- Karin Pado ist neu im Team des „Weißen Rings“. FOTO: STECKMEISTER tere Mitglieder. Dazu soll auch der am 22. März bereits zum 25. Mal ausgerichtete „Tag des Kriminalitätsopfers“ beitragen, an dem der „Weiße Ring“ seine Aktivitäten an zahlreichen Info-Ständen vorstellt. Kontakt: Monika Toussaint, Telefon 07642/907 68 25 oder E-Mail: [email protected]. D Weitere Informationen gibt es im Internet auf www.weisser-ring.de.
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