breisach und kaiserstuhl

di e ns tag, 22. m är z 2016
badische zeitung
breisach und kaiserstuhl
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breisach
w w w. b a d i s c h e - z e i t u n g . d e / b r e i s a c h
Die Entlastung wird nachgeholt
Deutlich mehr Touristen
Nur in einem Revier läuft’s rund
Neue Parkplätze am Rathaus
In der Jahreshauptversammlung des Bürgervereins
Hochstetten war der Kassenbericht nicht
ganz vollständig.
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Dank der Eröffnung des Hotels Köpfers Steinbuck
steigt die Zahl der Urlauber in Bischoffingen
um 82 Prozent.
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Ein Jagdpächter in Buchheim ist zufrieden,
der andere übt Kritik – beide berichteten jetzt
über ihre Erfahrungen.
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Im April sollen die Arbeiten zur Erweiterung
des Parkplatzes vor dem Bötzinger Rathaus
starten.
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Ein großes Herz für Flüchtlinge
Bei zwei Benefizkonzerten im Breisacher Münster und in der neuapostolischen Kirche in Freiburg kamen 3200 Euro zusammen
Bußgelder für
das Bauen ohne
Genehmigung
Von Kai Kricheldorff
Behörde erarbeitet Vorschläge
BREISACH. Mehr als 3200 Euro an
Spenden haben am Wochenende zwei
Benefizkonzerte in Freiburg und Breisach für die Flüchtlingshilfe in der Europastadt eingespielt. Am Palmsonntag
erlebten über 400 Zuhörer, darunter
viele Flüchtlinge, im Stephansmünster
ein ökumenisches Passionskonzert,
das der Chor „Subito Vocale“ aus Breisach gemeinsam mit dem Konzertchor
der neuapostolischen Kirche des Bezirks Freiburg/Offenburg aufführte.
BREISACH (gz). Auf Bauherren, die ohne eine Genehmigung bauen, könnten
bald höhere Bußgelder zukommen.
Als einen Abend von tieferer Bedeutung
und großer ökumenischer Begegnung
charakterisierte Martin Hau, der Vorsitzende des Pfarrgemeinderats der Seelsorgeeinheit Breisach-Merdingen, das Konzert. Breisachs Bürgermeister Oliver
Rein, Schirmherr des Benefizabends,
richtete den Blick auf das Gebot der
christlichen Nächstenliebe, das danach
verlange, Flüchtlingen, die in Not sind,
Schutz und Heimat zu bieten. Mit dem
Benefizkonzert werde auch ein Zeichen
gegen Fremdenfeindlichkeit und das
Schüren von Angst gesetzt, so Rein. Er forderte die Besucher auf, reichlich zu spenden und am besten mit Scheinen die Sammelkörbe zu „füttern“. Eine Empfehlung,
die von den allermeisten Gästen des
Abends befolgt wurde.
Bernd Leuz, Leiter der Behelfsunterkunft Murhau in Breisach, in der zurzeit
270 Flüchtlinge, darunter 75 Kinder aus
9 Ländern leben, lobte ausdrücklich die
Arbeit des Breisacher Helferkreises, die
er als beispielhaft bezeichnete. Wichtigster Einzelfaktor für eine gelingende Integration seien Kenntnisse der deutschen
Sprache, betonte Leuz.
An die 50 Frauen und Männer sangen im Breisacher Münster für einen guten Zweck.
Cornelie Büchner vom Helferkreis
sprach über den Verwendungszweck der
Spenden aus den beiden Benefizkonzerten. Mit dem Geld wird eine computerunterstützte Lernbibliothek für die Behelfsunterkunft Murhau angeschafft. Sie ermöglicht Flüchtlingen, über die Deutschkurse hinaus, selbständig ihre Sprachkenntnisse zu vertiefen.
Schon am Abend vor dem Palmsonntag
hatte das erste Konzert vor kleinerem Publikum in der neuapostolischen Kirche in
Freiburg-Ost stattgefunden. Die Dirigentinnen Cornelia Wahl und Nicola Heckner („Subito Vocale“) leiteten abwech-
selnd den aus beiden Gesangsformationen gebildeten Chor mit rund 50 Sängerinnen und Sängern. Gesanglich stellten
sie eine harmonische Einheit dar und begeisterten mit ihrem von der frühen Barockzeit bis zur Gegenwart gespannten
Liedprogramm.
Lisa Schell (Sopran) und Bianca Steiger
(Mezzosopran) interpretierten das Duett
aus dem Elias von Felix Mendelssohn Bartholdy. Dabei wurden sie von Almut Ernst
an der Orgel begleitet, die abwechselnd
mit Ina Radzuweit und Gabriela Burst
auch die pianistische Begleitung des
Chors übernahm.
FOTO: KAI KRICHELDORFF
Gesanglicher Höhepunkt des Abends
war das Lied „Denn er hat seinen Engeln
befohlen über dir“ von Mendelssohn Bartholdy. Neben weiteren Liedern dieses
Komponisten erklangen unter anderem
Werke von Heinrich Schütz, Johann Sebastian Bach, Josef Rheinberger, Gerrit
Junge und John Rutter. Wohl am bekanntesten waren die von Max Reger für vierstimmigen Chorsatz vertonten Verse des
„Abendlieds“ von Matthias Claudius
(„Der Mond ist aufgegangen“). Am Ende
gab es stehende Ovationen. Als Zugabe
erklang „Bleib bei uns, Herr“, das dem Benefizkonzert als Motto gedient hatte.
In der Josef-Bueb-Straße 4 hat ein Bauherr
einen Wintergarten errichtet sowie sein
Haus umgebaut. Dabei hatte er wohl
mehrmals vollendete Tatsachen geschaffen und erst danach die Baupläne bei der
Stadt eingereicht. Dieses Vorgehen war
bei der Stadtverwaltung und den Mitgliedern des Technischen Ausschusses auf
scharfe Kritik gestoßen (die BZ berichtete). Sie versagten dann auch die Genehmigung. Baudezernent Stefan Baum teilte
den Mitgliedern des Technischen Ausschusses jetzt mit, dass das Landratsamt
dem Antragsteller dennoch die Baugenehmigung erteilt hat, weil es für eine Ablehnung keine Gründe sah.
In diesem Zusammenhang berichtete
Bürgermeister Oliver Rein von einem Gespräch mit dem Kreisbaumeister, weil es
immer wieder Bauherren gebe, die ohne
Genehmigung bauen würden. „Dies kann
in einem Rechtsstaat nicht sein“, betonte
der Bürgermeister. Deshalb habe er den
Kreisbaumeister aufgefordert, Bußgelder
zu verhängen und die Einstellung von
Bauvorhaben zu überprüfen. In der Kupfertorstraße sei ein Umbau auch eingestellt worden, weil ein Gutachten fehlte.
Rein kündigte an, dass das Landratsamt
einen Leitfaden erarbeite, wie bei Verstößen gegen das Baurecht zu verfahren sei
und wie hoch die Bußgelder sein könnten. Dieser Leitfaden werde noch 2016
dem Kreistag vorgelegt. Zudem könne die
Baurechtsbehörde bei vorzeitigem Baubeginn die zwei- bis vierfache Gebühr für
die Baugenehmigung verlangen.
Den Opfern von Straftaten eine Stimme geben
In diesem Jahr wird der von Eduard Zimmermann gegründete „Weiße Ring“ 40 Jahre alt / Karin Pado hilft in und um Breisach
Von Julius Steckmeister
BREISACH. Es war im Jahr 1976, als Fernsehfahnder Eduard Zimmermann, Erfinder und langjähriger Moderator der Fernsehfahndungssendung „Aktenzeichen XY
… ungelöst“, den „Weißen Ring“ ins Leben rief. Der Verein kümmert sich mit seinen derzeit rund 3000 ehrenamtlichen
Mitarbeitern in bundesweit 420 Außenstellen um die Opfer von Straftaten. Neu
im Team der Außenstelle der Landkreise
Breisgau-Hochschwarzwald und Emmendingen ist die Breisacherin Karin Pado.
Das Ungleichgewicht aufheben
Sie stehen – je gravierender das jeweilige
Verbrechen, desto mehr – im Fokus der
Öffentlichkeit: Straftäter. Von den Opfern
und den Folgen, die eine Straftat für diese
haben kann, wird hingegen kaum Notiz
genommen. Und viele Kriminalitätsopfer
scheuen sich oft aus Scham, über das ihnen widerfahrene Unrecht zu reden, zumal „Du Opfer“ zu allem Überfluss als
Schimpfwort kursiert.
Dieses Missverhältnis erkannte bereits
vor 40 Jahren der als „Ganove-Ede“ zur
Fernsehlegende gewordene Zimmermann und gründete den Opferhilfeverein. Mittels Notfalltelefon und direkten
Ansprechpartnern – allesamt arbeiten ehrenamtlich – steht der Verein seither
Menschen zur Seite, die zu Opfern geworden sind. Die Bandbreite der Betreuten
reicht vom Handtaschenraub über den
Wohnungseinbruch bis zu Kapitalverbrechen. Und in Zeiten von Internet, „social
networks“ und Smartphone sind neue Arten der Kriminalität hinzugekommen –
viele betreffen Kinder und Jugendliche.
Distanz trotz Empathie
Karin Pado ist Diplom-Übersetzerin und
vor zwei Jahren mit ihrem Mann nach
Breisach gezogen. Seit einem halben Jahr
gehört Pado zum zwölfköpfigen Team der
Außenstelle des „Weißen Rings“ Breisgau-Hochschwarzwald/Emmendingen,
die seit zehn Jahren von Monika Toussaint geleitet wird. „Meine Eltern waren
Mitglieder im „Weißen Ring“, daher
kenne ich die Organisation schon sehr
lange“, erzählt Pado.
Über eine Annonce des Opfertelefons
wurde sie wieder an den Verein erinnert
und bewarb sich als ehrenamtliche Helferin. Bevor die Helfer jedoch helfen dürfen, müssen sie eine Grundausbildung
durchlaufen, die sich im Wesentlichen in
zwei Teile gliedert: Praxis und Theorie.
Mindestens drei Opferfälle gemeinsam
mit einem bereits geschulten Helfer muss
ein Neuanwärter begleiten. „Das ist für
beide Seiten sehr wichtig“, betont Monika Toussaint. „Wir sehen, ob die Anwärter geeignet sind, und die Anwärter, ob
sie sich der Aufgabe gewachsen fühlen“,
erklärt sie. Denn was an die Ehrenamtlichen herangetragen wird, ist oft starker
Tobak: häusliche Gewalt, Prostitution, bis
hin zu Mord. „Man muss sich einfühlen
und trotzdem Distanz wahren“, weiß Karin Pado.
Daran schließt sich ein so genanntes
Grundseminar an, das die künftigen Opferhelfer mit der Organisation des Vereins
ebenso vertraut macht wie mit den wichtigsten Grundlagen in Sachen Psychologie, Jura und Behörden. Obligatorisch
sind zudem laufende Fortbildungen und
regelmäßige Teambesprechungen. Der
Austausch mit den Kollegen sei eine wesentliche Säule der Arbeit, sind sich Toussaint und Pado einig. Insbesondere auch
deshalb, weil das Team bunt gemischt ist.
Unter anderem sind zwei ehemalige Polizisten, Juristen und eine Psychologin mit
an Bord. Allein im Jahr 2015 hat die Außenstelle 70 Opferfälle betreut und 150
Menschen beratend zur Seite gestanden.
Hilfe für Kriminalitätsopfer und ihre
Angehörigen sowie das öffentliche Eintreten für eine bessere rechtliche wie soziale Situation von Geschädigten, lautet
die offizielle Aufgabendefinition des
„Weißen Rings“. Praktisch heißt das zunächst einmal zuhören. Egal ob am Telefon oder im persönlichen Gespräch.
„Ratschläge sind Schläge“
Die zweite Aufgabe ist Vermitteln, egal ob
Rechtsanwalt oder Therapeutin. Dritte
Säule ist das Begleiten, gleich ob in den
Gerichtssaal oder über den langen Weg,
den es oft dauert, bis ein Opfer eine Straftat verwunden hat. „Wir fragen nach“,
betont Karin Pado die Nachhaltigkeit der
Opferbegleitung. „Was wir nie tun, ist bewerten. Ratschläge sind Schläge“, ergänzt
Monika Toussaint. Wo Not am Mann ist,
springt der Verein, der sich ausschließlich
über Spenden, Mitgliedsbeiträge, Nachlässe und Geldbußen finanziert, auch finanziell ein. Daran hat sich in vier Jahrzehnten nichts geändert.
Neu hinzugekommen sind indes Straftaten wie Stalking oder Cyber Mobbing.
Letzteres betreffe gerade Kinder und Heranwachsende, bedauern die beiden Frauen. Für solche Straftaten gibt es beim
„Weißen Ring“ die „junge Truppe“, die
sich darauf spezialisiert hat. Für ihre Organisation und damit für alle Opfer von
Straftaten wünschen sich Monika Toussaint und Karin Pado noch mehr öffentliches Bewusstsein und natürlich viele wei-
Karin Pado ist neu im Team des „Weißen Rings“.
FOTO: STECKMEISTER
tere Mitglieder. Dazu soll auch der am 22.
März bereits zum 25. Mal ausgerichtete
„Tag des Kriminalitätsopfers“ beitragen,
an dem der „Weiße Ring“ seine Aktivitäten an zahlreichen Info-Ständen vorstellt.
Kontakt: Monika Toussaint, Telefon
07642/907 68 25 oder E-Mail: [email protected].
D Weitere Informationen gibt es im
Internet auf www.weisser-ring.de.