Trinkst Du noch oder säufst Du schon?

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HEIMATGESCHICHTE
MONTAG, 20. JULI 2015 | NR. 166
Trinkst Du noch oder säufst Du schon?
Ausstellung widmet sich früheren Trinkgewohnheiten und -spielen – die Wettiner konnten auch ganz schön bechern
Von Christian ruf
„Er möge trinken – oder fortgehen!“ Was
klingt wie ein Spruch aus den Saufritualen einer Studentenverbindung, stammt
in Wirklichkeit von Cicero, dem großen
Rhetor des klassischen Rom. Dort pflegten nicht nur der Plebs, sondern auch erhabene Geister die Kunst des Gelages
und wussten eine gute excursio perpotationis, eine Sauftour, zu schätzen. Erst
mit Beginn der Neuzeit geriet der kollektive Rausch in Verruf. Dem aufstrebenden Bürgertum, das individuelle
Leistungsfähigkeit gegen adelige Geburt in Stellung brachte, galt der Rausch
als Pflichtverletzung, und der Exzess als
asoziales Verhalten, das dem dekadenten Adel und anderen verkrachten Existenzen überlassen bleibt. Die Protestanten konnten sich dabei auch auf Luther
berufen, der wieder und wieder wider
den Saufteufel gepredigt hatte. „Unser
teutscher Teufel wird ein guter Weinschlauch sein und muss Sauff heißen, da
er so durstig ist, daß er mit so grossem
sauffen weins und biers nicht kann gekület werden,“ sorgte sich Luther um
das deutsche Volk. Vehement kritisierte
der durchaus nicht abstinente Reformator das unmäßige Trinken des Adels, der
Bauern und Bürger sowie der „Brüder
Studium“. Und in einer Predigt über den
Petrusbrief geißelte er das „Säuleben“
seiner Landsleute drastisch. Deutschland sei „ein arm gestraft und geplagtes
Land mit diesem Saufteufel, und gar ersäuft in diesem Laster, dass es sein Leib
und Leben und dazu Gut und Ehre
schändlich verzehret“.
An den deutschen Fürstenhöfen hatte
man lange eine rege Trinkkultur gepflegt. Gemeinsame Umtrünke gehörten
ebenso zur mittelalterlichen Tafel wie
derbe Trinkspiele. Das Trinken hatte einen repräsentativen und einen zeremoniellen Charakter. Seit dem 16. und 17.
Jahrhundert galt die Trinkfestigkeit als
Hoftugend. An Trinkgelagen war wahrlich kein Mangel. Wer entsprechend
Trinkproben bestand, durfte sich im
Trinkbuch eintragen. In der Hoftrinkordnung, die Kurfürst Christian II. (1583–
1611) von Sachsen 1608 erließ, wird eine
Walzenförmiger Zinnhumpen mit kursächsischem Wappen. Fotos (2): aus „zünftig trinken“
Nagelprobe erwähnt. Dabei ging es
nicht darum, die Fingernägel vorzuzeigen, um Schmutzfinken zu entlarven,
sondern es musste ein Glas geleert und
über den linken Daumen gekippt werden. Hatte der im Glas verbliebene Rest
Platz auf dem Daumennagel, war die
Nagelprobe bestanden.
Klotzsche: 70 Jahre
St.-Marien-Krankenhaus
Von siegfried bannaCk
„Bierjörg“ und „Saufchristel“
Die Wettiner und der Alkohol, das ist
auch eine besondere Beziehung. Der einen zügellosen Lebensstil pflegende
Kurfürst Christian I. von Sachsen (15601591) soll mal betrunken vom Pferd gefallen sein. Und es gibt wenige, die bestreiten, dass es die Alkoholsucht war,
weshalb er schon im Alter von 31 Jahren
starb. Sein Sohn und Nachfolger Christian II. (1583–1611) wurde ob seiner Leidenschaft für Wein und Bier „Saufchristel“ genannt, so wie Johann Georg I.
(1585–1656) mit schon in zeitgenössischen Akten wie vom Volksmund dem
auch nicht gerade salonfähigen Spitznamen „Bierjörgel“ bedacht wurde. Gern
verspottete man den Mann, der Heinrich
Schütz zum Hofkapellmeister machte,
als „Trinker und Spieler“, der sein
Quentchen Geist im Alkohol ertränkt
habe. Überliefert sind Klagen, dass es
Abend für Abend „wieder ans sauffen
gehet“, dass „an diesem hof schier mehr
von saufen und fressen und von jagden
als von anderen sachen discurriert“ werde. An Diplomaten, die nicht allzu trinkfest waren, nagte die Sorge, unter diesen Umständen nur schwer das Ohr des
kurfürstlichen Zechers gewinnen und
damit keine effektive Lobbyarbeit leisten zu können, hielt schon der Historiker
Axel Gotthard in einem Buch über die
Herrscher Sachsens fest.
Wie es scheint, lehnten einige ausländische Gesandte eine Einladung an den
sächsischen Hof ab, da man dort „bis
zum Hinfallen besoffen gemacht werde“. Nach einem Besuch in Prag bedankte sich Christian II. 1610 bei Kaiser
Rudolph II. mit den Worten: „Kaiserliche
Majestät haben mich gar trefflich gehalten, also, dass ich keine Stunde nüchtern
gewesen bin.“ Mit 27 Jahren verstarb
der Kurfürst nach dem Genuss eines
Pferdekübels eiskalten Doppelbieres an
einem Gehirnschlag. Superintendent Dr.
Gartz hielt dann in seiner Leichenpredigt im Freiberger Dom mit der Wahrheit nicht hinterm Berg. Er ließ wissen:
„Sonderlich haben seine Kurfürstliche
Gnaden – wie männiglich bekannt ist
und keineswegs zu leugnen – große Zuneigung zum Trunke etlicher Massen gehabt. Er hat stets der Papisten, Jesuiten,
Calvinisten und Zwinglianer toller, voller Randalierer und Trunkenbold sein
müssen.“
Dies und vieles andere erfährt man in
der Ausstellung „Zünftig Trinken – Ständisch Saufen. Von Gefäßen und Ritualen“, die derzeit auf Schloss Neuenburg
oberhalb von Freyburg an der Unstrut zu
sehen ist. An Weinstöcken ist dieser
Ecke Sachsen-Anhalts kein Mangel – es
sind eben nicht zuletzt die Reben, die
aus Naturlandschaften Kulturlandschaften machen. Ausgehend von der umfangreichen Kollektion des Sammlers
Walter Nöcker zum Zunftzinn gingen die
Museumsleute daran, sich dem Thema
auf eine ganz eigene Weise zuzuwenden.
Die beeindruckenden Stücke – Becher, Gläser, Pokale und sonstige Gefäße
– erzählen gewissermaßen kunst- und
kulturhistorisch auf verschiedenen Ebenen: das reicht natürlich von der Formenvielfalt über die Kunstfertigkeit ihrer Erschaffer, das gesellschaftliche
Ein Heim für
mitunter recht
spezielle Fälle
Hofkellereiglas aus Sachsen von 1660 (li.) sowie ein Wappenbecher. Die über dem Wappen angebrachte Buchstabenfolge
I.G.D.3.H.Z.S.I.G.V.B.C. bedeutet aufgelöst: Johann Georg III. Herzog zu Sachsen, Jülich, Cleve und Berg, Curfürst.
Selbstverständnis und wirtschaftliche
Vermögen der Besteller und Nutzer bis
hin zu den in den Innungsartikeln und
Bräuchen definierten Regeln zum Gebrauch. An dieser Stelle gehört dann
ebenso das Bier zum zu betrachtenden
„Getränkeangebot“, welches selbstverständlich auch in Freyburg in mit dem
Braurecht ausgestatteten Bürgerhäusern
und später in einem städtischen Brauhaus hergestellt wurde.
Bei der Beschäftigung mit dem Gegenstand geriet „jedoch noch eine weitere Dimension in den Blickpunkt“, wie
Jörg Peukert, Direktor des Museums
Schloss Neuenburg, im Vorwort des
höchst informativen Ausstellungskataloges wissen lässt. Trinken, Gefäße, Rituale haben historisch eine ganz klare, den
sozialen Schichten entsprechende Bedeutung, wie vermittelt wird. In einer
hierarchisch strukturierten Gesellschaft
symbolisieren sie laut Peukert „Standeszugehörigkeit und Selbstverständnis“.
Damit definieren sie Gleichheit und Unterschied. Der große Wert, der dem vor
allem in der Frühen Neuzeit zugemessen wurde, fand seinen Niederschlag in
zahlreichen Gesetzen, Vorschriften und
Trinkordnungen. Man kommt nicht umhin, durchaus auch feststellen zu müssen, dass das „ständische Trinken“ gerade im herrschaftlichen Bereich oftmals
solche Dimensionen erreicht habe, dass
man eigentlich nur vom „(Voll-)Saufen“
sprechen könne.
Und August der Starke? Er spielt in
der Schau keine Rolle, wohl auch, weil
er schon dem Barock zuzuordnen ist. Der
Monarch trank gern. An einem ganz
normalen Tag konnte er schon mal zwei,
drei Bouteillen Wein leeren. Und er
gründete zusammen mit dem Preußenkönig Friedrich Wilhelm I. die Sociéte
des antisobres, eine spaßig-ernsthafte
„Gesellschaft zur Bekämpfung der
Nüchternheit“, die mancherlei Kriterien
erfüllte, wie man sie von Geheimbünden
aus Abenteuerromanen kennt: Tarnnamen, verschwiegene Treffpunkte und
ein striktes Geheimhaltungsgelübde.
Auch Trinkspiele sind Thema
Das Gremium tagte bei Graf Wackerbarth, der verdonnert worden war, die
Kellerräume seines Kurländer Palais in
Dresden dazu zur Verfügung zu stellen.
Als rituelles Zentrum ließ August seinen
Hofarchitekten einen runden Tisch anfertigen, was womöglich der Idee geschuldet war: Wo eine Runde kreisförmig tafelt, kennt die Sitzordnung keine
Hierarchien mehr; wenigstens formal
sind hier alle gleich. August persönlich
hatte die Satzung und die Mitgliederliste verfasst.
Trinkfest war August, jedenfalls meint
Jakob Heinrich von Flemming 1722: In
der Ausschweifung nehme der König
seinen Gästen nichts übel, „aber sehr
vieles missfällt ihm, und auch wenn er
völlig betrunken ist, so entgeht ihm doch
nichts.“ Eines der Augusteischen Saufgelage bezeugt am 12. Mai 1718 wird
auch vom Schriftsteller Johann Michael
von Loen bezeugt: „Man trank stark, wo
der König war. Die Damen, die Gesandten und diejenigen Herren, welche auf
diesem Kampfplatz keine Helden waren,
hatten sich davon gemacht. Einige polnische Magnaten, denen hier die Deutschen wacker zugesetzt hatten, fanden
sich übermannt ...“
August war da aus anderem Holz.
Überliefert ist, dass er, als kein anderer
auch nur noch einen Tropfen Bier trinken konnte, einen seiner Stiefel auszog,
ihn bis zum Rand mit Gerstensaft füllen
ließ und diesen dann durch den königlichen Schlund laufen ließ. Dieser Tat zum
Andenken sollen Handwerker bald
Trinkstiefel in unterschiedlichsten Größen und aus allen möglichen Materialien angefertigt haben.
Ein ganzer Abschnitt der Ausstellung
ist den Trinkspielen gewidmet: Die „Reihekanne machen“ war beispielsweise
ein Umtrunk, bei dem ein voller Willkomm dreimal herumgereicht wurde.
Jeder durfte nur so viel trinken, dass
auch in der dritten Runde der letzte noch
einen Schluck bekam. Bei „Kleeblättlein
trinken“ mussten drei Gefäße ohne Pause hintereinander geleert werden. Man
nannte dieses Trinkspiel wegen der Folgen auch „Teufel trinken“. Eine Steigerung war das „Stenglein trinken“ bzw.
die „Schwertnot“ mit vier Gefäßen.
Bis 1. November auf Schloss Neuenburg bei
z Freyburg
an der Unstrut, der von der
Stiftung Dome und Schlösser herausgegebene Katalog kostet 9,50 Euro
Unlängst wurde am St.-Marien-Krankenhaus in Dresden-Klotzsche der
erste Spatenstich für einen weiteren
neuen Anbau feierlich vollzogen. Das
gibt Anlass, einmal einige Sätze über
die Entstehung dieses Dresdner Spezialkrankenhauses zu Papier zu bringen.
Am 14. April 1945 erhielt die Sekretärin von Direktor Heinrich Galm, seinerzeit Inhaber einer Zigarettenfabrik in
Dresden und Eigentümer des Grundstücks Martin-Luther-Straße 24 (jetzt
Stendaler Straße), eine Nachricht, in der
er mitteilte, dass seine Hausangestellte
alle Möbel auszuräumen hätte und zusammen mit ihr nach Memmingen/Allgäu kommen sollte, wo Galm sich aufhielt. Vikar Heinen, der von Herrn Galm
die Vollmacht über die Nutzung der Villa erhalten hatte, wandte sich an die katholischen Schwestern aus Mönchengladbach, die seit dem 20. Dezember
1944 in Klotzsche wohnten und hier auch
tätig waren, und fragte sie, ob sie noch
geneigt seien, wie geplant ein Altersheim in der Villa Galm einzurichten. Die
Schwestern sagten zu. Der Vertrauensmann der NSV (Nationalsozialistische
Volkswohlfahrt), Verwaltungs-Oberinspektor Max Trepte, besichtigte daraufhin am 13. März 1945 die Räumlichkeiten, gab die Erlaubnis und versprach, für
Betten zu sorgen. Sein Versprechen wurde jedoch nicht eingehalten. Nach zwei
Tagen kam die Deutsche Wehrmacht,
um die leeren Räume zu beschlagnahmen. Der Vikar und die katholischen
Schwestern wehrten sich erfolgreich dagegen.
Am 18. April 1945, dem Schutzfest
des Heiligen Josef, wurden die ersten
zwei Frauen im neuen Altersheim aufgenommen. Beide waren in Dresden
ausgebombt. Zwei vorhandene Betten,
die bisher Flüchtlinge benutzten, wurden für die Frauen aufgeschlagen. Dass
beide katholisch waren, war für sie natürlich von Vorteil. Am selben Tag wurde ein Schild: „Altersheim und ambulante Pflege“ am Tor angebracht. In kurzer Zeit war ein großer Raum mit sieben
Betten belegt. Somit ist der 18. April
1945 der Gründungstag des neuen Wirkungskreises der katholischen Schwestern und damit des heutigen St.-MarienKrankenhauses.
In den „Nachrichten für den Rayon
Klotzsche” Nr. 84 von Anfang Dezember 1946 wurde bekanntgegeben, dass
für das St. Marien-Hospital Klotzsche
eine Namensänderung eingeführt wird.
Hier im Bild die amtliche Bekanntmachung.
Quellen: „Klotzsche!“ – Niederschrift eines
Erlebnisberichtes katholischer Nonnen vom
6. November 1945 / „Nachrichten für den
Rayon Klotzsche“, Ortszeitung von
Klotzsche und Umgebung vom Dezember
1946
Amtliche Bekanntmachung vom Dezember 1946 über die Namensänderung des
St.-Marien-Hospitals.
Foto: Archiv Bannack
Dichter, Heimatforscher und Denkmalpfleger
Vor 50 Jahren starb der bekannte Seifersdorfer Pfarrer Karl Josef Friedrich
Von Christel hebig
Er war ein hervorragender Zeichner, betrieb gern Heimatgeschichte und widmete sich der Denkmalpflege. Trotz bitterem Leid, das er schon früh erfahren
musste, bewahrte ihm ein tiefer Glaube
sein heiteres, natürliches Wesen. Und in
dem steckte eine ungeheure Erzählkunst, die sich auch in einem beachtlichen literarischen Werk niederschlägt.
Außerdem war er ein großer Menschenfreund und „galt als ein geistvoller und
dabei volkstümlicher Prediger, ...“. In
sein Pfarrerleben ließ er manche Besonderheiten einfließen, zum Beispiel das
„Trostamt für Unglücksfälle“; im Laufe
der Zeit waren es tausende Hefte, die –
meist kostenlos verschickt – den trauernden Hinterbliebenen Aufrichtung und
Zuversicht verleihen sollten.
Freude am Schreiben
Mit Karl Josef Friedrich, der am 17.
Juli 1965 im Alter von 77 Jahren in Seifersdorf starb, war eine Persönlichkeit
dahingegangen, deren Name zum Begriff wurde. In dem kleinen sächsischen
Ort im Radeberger Land, den er „ein bezauberndes Stück Erde zwischen Berg
und Tal“ nennt, versah er von 1927 bis
1959 an der über 400 Jahre alten „Sieben-Ritter-Kirche“ treu seinen Dienst als
Seelsorger. Darüber hinaus war er ein
vielgelesener Schriftsteller. Aus seiner
Feder stammen nicht nur Reflexionen
zur Theologie, sondern auch zahlreiche
Erzählungen, Biografien und Romane.
Stets verbunden fühlte er sich dem Maler und Grafiker Ludwig Richter, was in
etlichen seiner Publikationen zum Ausdruck kommt. Anlässlich des 50. Geburtstages von Friedrich 1938, hat dessen Frau Edelgard eine äußerst gewissenhafte Bibliografie zusammengestellt,
die annähernd 300 Titel dokumentiert.
Engagement für Heimatgeschichte
Das Interesse an seinen Werken blieb
ungebrochen und weitere Lektüre folgte, wie etwa „Die Dresdner Fastnacht“,
jene Beschreibung des 13. Februar 1945
(1955 und 2004, letztere Ausgabe ediert
von Sohn Glaubrecht), auch unter dem
Titel „Die Stadt vor der Nacht“ (1957,
1985, 1990) bekannt. Sein Buch „Mein
buntes Leben“ (2003), ebenfalls von
Glaubrecht Friedrich herausgegeben,
gleicht einer Autobiografie und offenbart ferner interessante Details vom ehemaligen Dresden. Hinzu kommt von
1948 bis 1961 eine Fülle wertvoller Beiträge im „Sonntag“, dem Wochenblatt
der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens.
Schon bald nach Antritt seiner ersten
Pfarrstelle im erzgebirgischen Grünhain,
hatte der junge Theologe die Vergan-
genheit seiner Kirchgemeinde mit großer Sorgfalt aufgearbeitet, so dass seine
Schrift „Grünhain die alte Berg- und
Klosterstadt. Die tausendjährige Geschichte unserer Heimat volkstümlich
beschrieben und mit vielen Bildern versehen“ (1916) erscheinen konnte. Im selben Jahr lag das „Grünhainer Bilderbuch“ mit zwölf Darstellungen im Kunstdruck vor; eine davon zeigt Ludwig Richters „Hussiten zerstören 1429 das
Grünhainer Kloster“. 1920 folgte das
„Heldenbuch Grünhain“, mit Kurzbiografien von Einwohnern, die im Ersten
Weltkrieg ihr Leben lassen mussten.
Gleichzeitig gründete er den „Berg- und
Krippenverein Grünhain“ und förderte
dabei handwerkliche Talente. Als er von
dort wegzog, machte ihm dieser Verein
mit einem geschnitzten „stattlichen Guten Hirten“ ein passendes Abschiedsgeschenk. Obendrein war Karl Josef Friedrich maßgebend an den „Grünhainer
Geschichtsblättern“ beteiligt. Zudem
finden sich von ihm Berichte über erzgebirgische Maler in den Zeitschriften
„Glückauf“ wie im „Erzgebirgischen
Volksfreund“.
Auch im nachfolgenden geistlichen
Amt in Seifersdorf setzte er die heimatgeschichtlichen Studien fort. Es entstand
sein „Führer durch das berühmte Seifersdorfer Tal“ (1930). Neben einer Menge geschichtlicher Fakten erzählt Friedrich unter anderem wie einst seine Braut
durch diese Gegend streifte und in ihrem Tagebuch klagte: „Hier hauste Königin Melancholie. Über zerfallenen Gedenksteinen mit kaum lesbarer Inschrift
weinten die Bäume, kaum daß ein verträumtes Zwitschern an mein Ohr
drang“. Er hält dagegen: „Aber was
mich selbst, da ich als junger Mensch
zum ersten Male dieses Tal besuchte,
mit so wunderbarer Gewalt ergriff und
Scherenschnitt von Karl Josef Friedrich.
Foto: SLUB Dresden/Deutsche Fotothek
nie wieder losgelassen hat, das ist doch
dies: aus diesen Denkmälern und Inschriften spricht noch heute lebendiges
Herz“. Um jene Monumente hat er sich
über Jahrzehnte hinweg liebevoll gekümmert, wurde sogar offiziell „anerkannter Pfleger des Tales“ .
Geboren 1888 in Dresden-Neustadt
Geboren wurde Karl Josef Friedrich
am 17. Juni 1888 in Dresden-Neustadt,
Heinrichstraße 7 als zweites von vier
Kindern. Der Vater war Kaufmann, die
Mutter eine rührige Geschäftsfrau. In
der Kinderzeit hatte er im nahen Palaisgarten oft „im Sande gespielt“. Seit
Frühjahr 1894 besuchte er die Vierte
Bürgerschule in der Tieckstraße. Nach
dem Königlichen Gymnasium auf der
Holzhofgasse schloss sich ab 1901 die
Fürstenschule St. Afra in Meißen an.
Dort reifte in ihm der Entschluss, Theologie zu studieren, was in Marburg, Tübingen und Leipzig erfolgte. Die Ordination fand am 15. Juni 1913 in Rabenstein
bei Chemnitz statt, wo er vorübergehend
Hilfsgeistlicher war. Kurzzeitig noch
Pfarrvikar in Technitz bei Döbeln, wirkte
er von 1915 bis 1927 als Pfarrer an der
St. Nicolaikirche in Grünhain. Im Sommer 1916 führte er die Leipzigerin Elfriede Hecker in der Thomaskirche der Messestadt zum Traualtar. Sie schenkte ihm
eine Tochter und zwei Söhne. Leider
währte dieses Glück nicht lange, denn
sie starb bereits 1924. Und drei Jahre
später übernahm er das Doppelpfarramt
Seifersdorf-Schönborn bei Radeberg.
Sein Witwertum endete 1928, gelang es
ihm doch Pfarrerstochter Edelgard zu
ehelichen, geborene Ploth. Aus dieser
Ehe gingen fünf Kinder hervor.
Nach seiner Emeritierung kämpfte
Friedrich mit gesundheitlichen Problemen. Gar zu gern hätte er an einer Feierlichkeit seiner früheren Gemeinde teilgenommen, doch er schreibt im Herbst
1962: „Meine liebe Kirchgemeinde
Grünhain! … vor einem Jahr bekam ich
einen Schlaganfall, und noch heute bin
ich herzschwach und beim Gehen behindert. Ich kann nur eben an der Hand
meiner lieben Frau, die mir wie ein Engel hilft, etwa 100 Schritte mühsam gehen, mit Stock. ...“
Zuletzt hatte er den Kampf gegen die
körperlichen Beeinträchtigungen verloren. Am 21. Juli 1965 wurde er auf dem
Friedhof in Seifersdorf vor dem Gotteshaus, an dem er 32 Jahre lang tätig war,
im Schatten einer alten Linde begraben.
Renommierte Künstler verewigten ihn in
Porträts, so die Dresdnerin Hanna Hausmann-Kohlmann (1897–1984) mit einem
gelungenen Scherenschnitt, wie nebenstehendes Foto zeigt. Neben ihm ruhen
Amtsvorgänger Pfarrer Otto Bernhard
Müller (1863–1930) sowie Edelgard
Friedrich (1910–2007).