B-1-Demo: Bunte Truppe macht gegen Rechte mobil

HildesHeimer lANd
Freitag, 29. Mai 2015 | Seite 23
CDU/FDP fordern
halbe Million mehr
für Fachräume
Kreis HildesHeim. Der Landkreis Hildesheim soll in diesem Jahr einmalig
eine halbe Million Euro für die Ausstattung naturwissenschaftlicher Unterrichtsräume von Kreis-Schulen ausgeben. Das fordern CDU und FDP jetzt in
einem Antrag, über den der Kreistag
entscheiden muss.
Christdemokraten und Liberale hatten schon vor einigen Wochen die Sorge
geäußert, die Fachräume der hiesigen
Schulen seien möglicherweise nicht ausreichend ausgestattet – und hatten dies
vor allem vor dem Hintergrund moniert,
dass den sogenannten MINT-Fächern
(Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) von Wirtschaft und
Politik doch immer mehr Bedeutung beigemessen werde.
abu
Weser-Bahn fährt
früher ab
Kreis HildesHeim. Die Gleise zwischen
Hildesheim und Elze werden vom 5. bis
24. Juni von der DB Netz AG erneuert.
Laut der Nordwestbahn ist es erforderlich, die Abfahrtszeiten der Linie RB 77
Weser-Bahn auf diesem Streckenabschnitt zu verlegen. Die Züge verlassen
den Hildesheimer Hauptbahnhof bereits
zur Minute 30. In Emmerke und Nordstemmen fahren die Züge früher ab. In
Elze erreichen Reisende wie gewohnt
die Anschlussverbindungen in Richtung
Göttingen. Die Züge ab Elze sowie alle
Verbindungen der Gegenrichtung (Bünde-Hildesheim) verkehren planmäßig.
Der Ersatzfahrplan ist in den Zügen der
NordWestBahn zu finden.
pec
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B-1-Demo: Bunte Truppe macht gegen Rechte mobil
200 Menschen bei Kundgebung gegen Protestaktion der Partei „Die rechte“ mit 30 teilnehmern / ausschreitungen bleiben aus
Von AlexAnder rAths
steinbrücK/Gross lafferde. Eine Demonstration des Bündnisses für Toleranz
Peine hat gestern 200 Menschen mobilisiert. Die Aktion an der B 1 richtete sich
gegen eine gleichzeitige Kundgebung
der Partei „Die Rechte Hildesheim“ mit
30 Teilnehmern. Die behaupteten, sich für
Tierschutz einsetzen zu wollen. Eine tote
Katze in Steinbrück war Anlass der Demo
der angeblichen Tierfreunde aus der
rechten Szene. Diese und weitere Katzen
hätten Flüchtlinge aus einem nahen Asylbewerberheim getötet. Was in ihren Köpfen vorgeht, dokumentierten die Rechten
mit einem Transparent. Seine Aufschrift:
„Hund, Katze, Maus – kriminelle Ausländer raus“. Gegen 20.30 Uhr zogen sie
wieder ab. „Es gab keine Ausschreitungen“, berichtete die Polizei.
Anfangs wirkt es so, als kämen die angeblichen Tierschützer gar nicht. PolizeiEinsatzleiter Günter Müller ist sich trotzdem sicher: „Die kommen. Das wäre meine Premiere, wenn die nicht erscheinen“,
sagt der Mann der schon gut 150 Demos
erlebt hat. Und „die Herrschaften“, wie er
sie nennt, lassen sich tatsächlich Zeit.
Sehr viel Zeit. Zwischen 17 und 18 Uhr
erwartet die farbenfrohe Schar an der alten Raststätte die „braune Truppe.“ Doch
die nähert sich erst um 19.08 Uhr. Zu Fuß.
Sofort kommt Bewegung in die linken
Demonstranten. Die vermummten jungen
Männer von der „Antifa“ wirken angespannt. Ein paar Minuten später sind die
Rechten da. „Nazis raus!, Nazis raus!“
Das Peiner Bündnis für Toleranz und dessen Unterstützer stellen sich an der B 1 zur Demo gegen eine Aktion der Rechten auf.
schallt es ihnen entgegen. Manche von
ihnen sind ebenfalls vermummt, tragen
Sonnenbrillen.
Andere schwenken wie zum Hohn Regenschirme oder klatschen den Demonstranten auf der Gegenseite hämisch Beifall. Sie postieren sich an der B 1 an der
Einmündung eines Gewerbegebiets.
„Nazis vertreiben! Ausländer bleiben“,
skandieren die Linken. Einige AntifaLeute wollen sich den Rechten nähern,
betreten die Fahrbahn. Aber ein Teil der
Polizei-Hundertschaft Hannover drängt
sie zurück. Sie sollen wieder auf den Bür-
tierschutz: Katzen wurden Unfallopfer
steinbrücK. Der angeblichen tierquälerei in groß Lafferde ist auch der Hildesheimer tierschutz auf den grund gegangen. eine Fachfrau, die sich besonders
für den Schutz von Katzen einsetzt, sah
sich die toten tiere an der Bundesstraße 1
an. „Die tiere wiesen typische Unfallverletzungen auf“, erklärt sie. entsprechende informationen stellte die Hildesheimerin auch auf eine internet-Seite der Partei „Die rechte“. „Doch der text ist da
ganz schnell wieder heruntergeflogen“,
berichtet die autorin.
anhand der implantierten Chips konnte
die tierschützerin ermitteln, dass es sich
um die kastrierten tiere Max und Lotte
handelte. „Max war sicher schon ein bis
zwei Wochen tot“, berichtet die Frau. Die
Vierbeiner gehören zu einer gruppe freilebender Katzen aus Steinbrück, die dort
versorgt werden. Damit sich die Katzen
nicht ungehindert vermehren, sind die
Freigänger im tierheim kastriert und anschließend gechipt worden. Deshalb wa-
ren sie für den tierschutz schnell zu identifizieren.
Spuren, dass die tiere zu tode gequält
wurden, konnten weder die Hildesheimerin, noch die bei dem termin anwesende Polizei entdecken. im gespräch mit
der HaZ zeigt sich die tierschützerin entsetzt über die Hetzkampagne gegen die
Flüchtlinge in groß Lafferde. Mitglieder
der Partei „Die rechte“ behaupteten, die
asylanten würden Katzen zu tode quälen
(diese Zeitung berichtete).
am
Fotos: Heidrich
gersteig. „Deutsche Polizisten schützen
Faschisten“, wütet die Gruppe. Aber die
Polizei lässt sich nicht aus der Ruhe bringen.
Jetzt versuchen sich auch die Rechten
zu Wort zu melden. Aber sie werden von
der Gegen-Demo übertönt. Mal durch unablässiges Getrommel, mal durch lautstarke Pop-Musik aus den Lautsprechern,
die das Bündnis für Toleranz aufgestellt
hat.
Das Treiben verfolgen auch etliche Bewohner des Flüchtlingswohnheims. Sie
stehen draußen im Regen und schauen
sich das Szenario nachdenklich an. „Ich
habe keine Angst. Ich kann mich wehren“, sagt der 22-jährige Inder Garbinder
Singh. Den schmächtigen Mann scheinen
die Rechten nicht einzuschüchtern.
Gegen deren Aktion wendet sich auch
Superintendent Volker Menke vom Kirchenkreis Peine. Er hält eine Rede. „Diese Leute verbergen unter dem Deckmantel des Tierschutzes ihre braune Ideolo-
Ein vermummter Demonstrant aus den
Reihen der angeblichen Tierschützer.
gie“, betont Menke. Und spricht damit
vielen vom Bündnis für Toleranz aus der
Seele. „Es geht um Menschenschutz.“
Doch auf den scheine es den „Braunen“
nicht anzukommen.
Die kümmern solche Worte nicht. Sie
machen sich weiter über die Gegen-Demo lustig. Etwas später ist der Spuk im
Regen vorbei.
Weitere informationen zum thema
finden Sie bei der HaZ im internet unter
www.hildesheimer-allgemeine.de/
neonazis
Protest gegen Schacht Konrad in Berlin
Plattenbörse und
Disco in Algermissen
alGermissen. Der Algermissener Kulturbrunnen lädt für Samstag, 30. Mai, zu
seiner ersten Plattenbörse mit anschließender Disko ein. Diese findet von 16 bis
19 Uhr am alten Wasserwerk, Kranzweg
40, statt. Dort können Schallplatten gekauft oder getauscht werden. Die anschließende 70/80er-Jahre-Disko beginnt um 20 Uhr. Der Eintritt kostet 5
Euro. Uli Kneip, freier Mitarbeiter beim
NDR, hat angekündigt, ebenfalls zur
Plattenbörse zu kommen und anschließend im NDR in seiner Radiosendung
darüber berichten.
pec
Salzgitters Oberbürgermeister Klingebiel übergibt Unterschriftenliste an Staatssekretär Flasbarth
Von Peter rütters
Demonstration vor dem Bundesumweltministerium. Salzgitters Oberbürgermeister
Frank Klingebiel (rote Krawatte) hat fast 70 000 Unterschriften mitgebracht.
salzGitter / Kreis HildesHeim. Doppelter Protest aus Salzgitter. Fast 70 000
Unterschriften hat Oberbürgermeister
Frank Klingebiel gestern in Berlin an
Staatssekretär Jochen Flasbarth vom
Bundesumweltministerium übergeben.
Die Menschen aus der Region Salzgitter
wehren sich damit gegen das AtommüllEndlager Schacht Konrad und die geplante Verdopplung der Lagerkapazität.
Von 70 000 Unterschriften war das
Bündnis aus Bürgerinitiative, IG Metall,
Landvolk und Stadt Salzgitter Ende vergangener Woche noch weit entfernt. Wie
berichtet, waren bis zu diesem Zeitpunkt
lediglich 25 000 Unterschriften zusam-
mengekommen. Doch über Pfingsten
schlossen sich offenbar noch etliche tausend Bürger der Protestbewegung an.
Ob alle Einwendungen auch tatsächlich
aus Salzgitter kamen, kann nicht gesagt
werden, da die Stimmabgabe auch per
Online-Petition möglich war. In der Stadt
war die Kampagne der Schacht-KonradGegner aber besonders präsent, 24
Großplakate informierten die Bürger
über die Unterschriftenaktion. Am Ende
trugen sich 68 139 Einwohner in die Listen ein.
Zuvor war bekannt geworden, dass
der Bund erwägt, knapp 600 000 statt
der genehmigten 303 000 Kubikmeter
Atommüll in dem alten Eisenerz-Bergwerk einzulagern – darunter auch Fäs-
ser, die derzeit in der Asse (Landkreis
Wolfenbüttel) liegen.
Mit Transparenten („Konrad stoppen
– statt erweitern!), Fahnen und einem
symbolischen gelben Atommüllfass
kreuzte eine Abordnung mit Salzgitters
OB Klingebiel gestern in Berlin auf, um
die Unterschriftenlisten zu übergeben.
Der CDU-Politiker hatte das Ziel von
200 000 Unterschriften ausgerufen und
auch benachbarte Städte und Landkreise um Unterstützung gebeten, da Salzgitter allein nur rund 100 000 Einwohner
hat. Gegenüber dieser Zeitung hatte er
bereits eingeräumt, diese Marke sei „natürlich sehr ambitioniert, aber man muss
sich auch hohe Ziele setzen, wenn man
etwas erreichen will“.
Erst eine Rüge – dann ein klärendes Gespräch mit Trelle
Bistum Hildesheim kündigt Harsumer Pfarrer nach Kritik wegen des Kinderheimes Henneckenrode Konsequenzen an – termin beim Bischof glättet die Wogen
Von thomAs wedig
HarsUm/alGermissen. Der katholische
Pfarrer Stefan Bringer hat offenbar nach
einer Meinungsäußerung zur geplanten
Schließung des Kinderheimes in Henneckenrode eine scharfe Ermahnung von
seinem Arbeitgeber, dem Bistum, kassiert. Er hatte in einem Leserbrief die
Auffassung vertreten, der Caritasver-
band der Diözese sei für das drohende
Aus des Kinderheims verantwortlich –
die Caritas, der Wohlfahrtsverband der
katholischen Kirche.
Nach einem vertraulichen Gespräch
mit Bischof Norbert Trelle meldete Bringer gestern zwar: „Es ist alles ausgeräumt.“ Doch wenige Tage vorher war
die Harmonie nach Informationen dieser Zeitung erheblich gestört. Offenbar
hatte Domkapitular Martin Wilk dem
Harsumer Pfarrer ernste Konsequenzen
angekündigt, wenn er sich erneut öffentlich in ähnlicher Weise wie im Fall
Henneckenrode äußern würde – das
war arbeitsrechtlich offenbar so etwas
wie eine Abmahnung.
Die Pressestelle des Bistums wollte
sich dazu auf Anfrage nicht äußern. „Zu
internen Personalangelegenheiten sa-
Unbefangenheit bewahren
Kommentar
Von
thomAs wedig
D
as größte Problem der katholischen Kirche ist heutzutage, dass
viele Menschen sie oft zu weit weg
von der alltäglichen Welt erleben.
Wenn ein Pfarrer sich ihr widmet und
Position bezieht, ist das wichtig und
richtig. Bringer hat es zweimal in Leserbriefen getan – und zweimal Ärger von verschiedenen Seiten be-
kommen. Hoffentlich bewahrt er sich
trotzdem die Unbefangenheit, sich
weiter einzumischen.
Die katholische Kirche hat das
Image, dass andere Meinungen ihr
nicht immer willkommen sind. Natürlich ist auch Loyalität nötig. Wer die
eigene Firma öffentlich kritisiert,
muss damit rechnen, dass die sich das
nicht gefallen lässt. Doch Bringers
aktuelle Kritik richtete sich nicht direkt gegen seinen Arbeitgeber.
Alles wieder gut, war gestern zwar
die frohe Botschaft nach einer kurzen
Eiszeit zwischen Pfarrer und Gene-
ralvikariat. Alles sei ausgeräumt.
Doch das bezieht sich erst mal nur
auf die aktuelle Verstimmung, die ein
paar Tage schwelte. Auch wenn Bringers jüngste Kritik wohl erst einmal
abgehakt ist und folgenlos bleibt –
die erste, offenbar recht scharfe Reaktion der Bistumsverwaltung dürfte
in dem Pfarrer nachhallen. Wer nach
einer Meinungsäußerung einen solchen Gegenwind erlebt, wird sich
künftig dreimal überlegen, ob er sich
überhaupt noch einmal kritisch zu
Wort meldet. Schade, wenn es so
käme.
gen wir grundsätzlich nichts“, erwidert
Bistums-Pressesprecher Volker Bauerfeld, „dafür bitte ich um Verständnis.“
Bringer indessen erklärte nach
Pfingsten: „Ich darf nichts sagen.“ Und
schob einen vielsagenden Nachsatz hinterher: „Sonst werde ich abgesetzt.“
Das drohe nicht mehr, gab Bringer
gestern Entwarnung. Das Gespräch
beim Bischof sei sehr gut und konstruktiv gewesen. Details aus der vertraulichen Unterredung nannte Bringer nicht.
Im Grunde hatte er in seinem Leserbrief den Bischof und das Bistum sogar
gegen Kritik in Schutz genommen und
den Fokus eher auf die Rolle des Caritasverbandes als Heim-Betreiber gelenkt – doch die Caritas gehört nun mal
zur katholischen Kirche.
Öffentliche Kritik an eigenen Institutionen kollidiert bei katholischen Priestern mit einer ausdrücklichen verbrieften Pflicht: Gehorsam. Der spielt im katholischen Kirchenrecht immer noch
eine große Rolle – für alle Gläubigen,
besonders aber für Priester und Diakone: „Die Kleriker sind in besonderer
Weise verpflichtet, dem Papst und ihrem Ordinarius Ehrfurcht und Gehorsam zu erweisen“, fordert Paragraf 273
im Kodex des kanonischen Rechts, der
Stefan Bringer ist Pfarrer der katholischen
Gemeinden in Harsum, Algermissen und
Asel.
quasi das Gesetzbuch des katholischen
Kirchenrechts ist. Bei der Priesterweihe
wird der Weihekandidat vom Bischof
gefragt: „Versprichst du mir und mei-
nen Nachfolgern Ehrfurcht und Gehorsam?“ Der Weihekandidat antwortet:
„Ich verspreche es.“
Mit einer Meinungsäußerung hatte
der Harsumer Pfarrer schon einmal für
Wirbel gesorgt. Im Dezember 2012 hatte
der damalige CDU-Landtagskandidat
Jens Heinemann eine Lüge im Wahlkampf eingeräumt. Die Landtagsabgeordnete des Wahlkreises, Ursula Ernst,
warb darum, Heinemann eine zweite
Chance zu geben. Nach Auffassung des
Pfarrers hatte er allerdings durch eine
Lüge seine Glaubwürdigkeit verspielt.
Zwei Wochen später trat Heinemann
zurück – nach weiteren Vorwürfen, er
habe noch in einem anderen Punkt nicht
die Wahrheit gesagt.
Dass sich Pfarrer Bringer damals so
offen äußerte und sich einmischte,
brachte ihm ebenfalls heftige Kritik ein
– vor allem von Ursula Ernst, weniger
vom Bischöflichen Generalvikariat. Dieses betonte damals in einer Stellungnahme, ein Pfarrer dürfe sich selbstverständlich zum politischen Tagesgeschehen äußern. Raum für Interpretationen
ließ allerdings eine Ergänzung offen:
Das Generalvikariat, hieß es damals,
werde das Gespräch mit Pfarrer Bringer
suchen.