Haushalt erhitzt die Gemüter

18.12.2015
Von Susan Abbe
Region Hinterland und Marburg
Haushalt erhitzt die Gemüter
PARLAMENT Koalition bringt Etat 2016 durch / Opposition kritisiert Projekte und Thiemig
BIEDENKOPF Die Biedenkopfer Parlamentarier sind im Wahlkampfmodus: In ihrer Sitzung
am Donnerstagabend haben sie sich eine hitzige Debatte um den Haushaltsplan 2016 geliefert
- gegenseitige Vorwürfe inklusive.
600 000 Euro fließen 2016 in ...
Die Koalition aus SPD und UBL brachte den Haushalt
letztlich mit ihrer Mehrheit durch. CDU, Bürgerblock und
FDP stimmten dagegen.
Unverständnis für die Opposition äußerte Bürgermeister
Joachim Thiemig (SPD). Der Haushalt 2016 sei "ein guter Haushalt", der - trotz der am 6.
März anstehenden Kommunalwahl - die Zustimmung aller Fraktionen verdient hätte.
Zum dritten Mal in Folge liege ein ausgeglichener Ergebnishaushalt vor, so Thiemig. Der
Ergebnishaushalt hat ein Volumen von fast 29 Millionen Euro und weist einen Überschuss
von 1,23 Millionen Euro aus. Der Überschuss soll für den Schuldenabbau von 112 000 Euro
und für Investitionen genutzt werden. Insgesamt stehen im Finanzplan Investitionen von fast
fünf Millionen Euro, die aber nicht voll erwirtschaftet werden können. 440 000 Euro muss die
Stadt deshalb aus ihren liquiden Mitteln - also Bankguthaben - entnehmen.
Als Thiemig den Etat im November im Parlament vorstellte, lag dieser Betrag noch bei 340
000 Euro. Zwischenzeitlich sei es nötig geworden, 100 000 Euro bereitzustellen, um das
Stammkapital des Eigenbetriebs "Freizeit, Erholung und Kultur" aufzustocken, um so die
Liquidität des Betriebs sicherzustellen und Schwankungen abzufedern, erklärte Thiemig dazu.
An der insgesamt guten Situation des Eigenbetriebs ändere das nichts, so Thiemig.
Die Opposition bezweifelte das. Die kurzfristige Änderung um 100 000 Euro habe seine
Fraktion "massiv irritiert", sagte Gerhard Hesse (CDU) und warf Thiemig "Zahlenspielerei"
vor. Der jetzige Etat sei nicht mehr der, den die Fraktionen in den letzten Wochen beraten
hätten. Hesse fragte auch, warum die Betriebskommission nicht über die "finanzielle
Schieflage" des Eigenbetriebs informiert wurde.
Der CDU-Politiker lehnte zudem das Freizeitgelände auf dem Badgelände Wallau ab, für das
im Haushalt 2015 bereits 100 000 Euro genehmigt waren und im Haushalt 2016 weitere 100
000 vorgesehen sind. Das Projekt würde - sofern das Parlament in Zukunft der kompletten
Umsetzung zustimmt - insgesamt 750 000 Euro kosten. Die meisten Wallauer wollten das
Projekt nicht, so Hesse. Er kritisierte, dass SPD und UBL die Stadt in "finanzielle Abenteuer"
stürzten, zugleich aber Hundesteuer und - aktuell am Donnerstag - Kita- und
Abwassergebühren erhöhten (Bericht folgt). Hesse warf dem Bürgermeister auch vor, dass es
noch keine Mieter für das Haus Marktplatz 2 gibt, dessen Sanierung 2016 abgeschlossen wird,
und dass ein Neubau der Obermühlsbrücke erst 2017 geplant ist.
CDU wirft Thiemig Zahlenspielerei vor - Bürgermeister kritisiert im Gegenzug fehlende
sachliche Arbeit
Es gebe gute Gründe, dem Haushalt zuzustimmen, schlug Michael Miss (Bürgerblock)
versöhnlichere Töne an. Millionen-Investitionen ins Gewerbegebiet Krummacker, weitere
600 000 Euro für das Haus Marktplatz 2 und der Schuldenabbau gehörten dazu. Aber Miss
nannte auch "Aspekte, die uns die Zustimmung schwer machen": die Erhöhung der
Hundesteuer und die Aufstockung des Eigenbetrieb-Stammkapitals.
Nicht tragbar für den Bürgerblock sind die Freizeitgelände-Pläne für Wallau. Miss würde auf
dem Badgelände lieber Bauplätze ausweisen. Mit einem Änderungsantrag versuchte der
Bürgerblock am Donnerstag, die 100 000 Euro für das Freizeitgelände aus dem Etat 2016 zu
streichen - scheiterte aber an der Mehrheit von SPD und UBL.
Deren haushaltspolitische Sprecher waren voll des Lobes für den vom Bürgermeister
vorgelegten Haushalt. SPD-Fraktionschef Christoph Schwarz sagte, dass sich die "gute
finanzielle Entwicklung" der Stadt seit 2014 fortsetze. SPD und UBL schritten gezielt auf
dem Weg zu ausgeglichenen Haushalten voran und bauten Schulden ab. Positiv hob Schwarz
die Investitionen in den Marktplatz 2, das Gewerbegebiet Krummacker und den Biedenkopfer
Busbahnhof hervor. Die Planungen für das Badgelände Wallau seien unter maximaler
Bürgerbeteiligung gelaufen. Die bisherigen 200 000 Euro seien als Investition in Wallau
"absolut vertretbar".
Jörg Sperling (UBL) sah das ähnlich und fragte, welche Alternative zur Nutzung des
Badgeländes es gebe. Auch der UBL-Politiker sah die Investition in das Gewerbegebiet
Krummacker positiv. Sperling lobte zudem die Entscheidungen des Parlaments zum
Windpark Schwarzenberg, die der Stadt finanzielle Spielräume für die Zukunft eröffneten.
Bürgermeister Thiemig wies die Kritik der Opposition und den Vorwurf der Zahlenspielerei
zurück und kritisierte seinerseits, dass die CDU während der Haushaltsberatungen in den
Ausschüssen keine Fragen zum Etat gestellt, keine Vorschläge oder Änderungsanträge
beigesteuert habe. Thiemig forderte die Opposition auf, zur "sachlichen Arbeit
zurückzukehren." Zum Marktplatz 2 sagte er, dass das Projekt Chefsache sei, aber Mieter
backen könne er nicht. Für die Obermühlsbrücke gehe die Stadt den schnellstmöglichen Weg,
der führe 2016 erst einmal über aufwendige Genehmigungsverfahren.
Richtig hitzig wurde es zum Ende der Debatte. CDU-Mann Hesse warf Thiemig vor, ihm das
Wort im Munde herumzudrehen. Der Bürgermeister kündigte daraufhin an, das Protokoll
abzuhören, um den Wortlaut zuprüfen. Thomas Mayerle (SPD) polterte in drastischen
Worten, die CDU täusche beim Badgelände die Bürger, woraufhin CDU-Fraktionschef
Siegfried Engelbach diesen Vorwurf zurück- und Mayerle für seine Wortwahl zurechtwies.
Im Streit erinnerten die Fraktionen einander daran, wer seit dem Kauf des Hauses Marktplatz
2 was getan oder unterlassen hatte, als aus der SPD der Antrag kam, die Rednerliste zu
schließen, da inzwischen klar sei, wer wie abstimmen würde - eine Einschätzung, die durch
das Abstimmungsergebnis bestätigt wurde.