b+b 2015-05 42 Cleaning in Place Was ist darunter zu verstehen

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„Cleaning in Place“ – CIP.
Was ist darunter zu verstehen?
Teil 3
Wenn über Hygienic Design und Reinigung gesprochen wird, kommt zeitgleich oft der Begriff
„Cleaning in Place“ – CIP zur Anwendung. Was sich dahinter verbirgt und wie Bäckereien mit der
Begrifflichkeit umgehen können, erläutern die Autoren, Dr. Markus Schirmer und Rudolf Hofer, Bühler
AG, Uzwil/Schweiz in diesem Beitrag.
+
Bereits in Teil I dieser Berichtreihe wurde erwähnt, dass
nach den aktuellen EHEDG-Ausarbeitungen für Bäckereien eine Reinigung in vier Reinigungskategorien eingeordnet
werden kann:
+ Reinigung nass mit Zerlegen
+ Reinigung nass ohne Zerlegen (CIP)
+ Reinigung trocken mit Zerlegen
+ Reinigung trocken ohne Zerlegen (CIP)
„Cleaning in Place“, also CIP Reinigung, kann auch als eine
möglichst einfache, Reinigbarkeit von Anlagen und Maschinen
beschrieben werden. Nur Konstruktionen, die für eine Reinigung zugänglich sind, können hygienisch betrieben werden.
Das heißt, Maschinen und Anlagen müssen so konstruiert sein,
dass sie an Ort und Stelle reinigbar sind. Ob nass oder trocken,
ist zunächst noch nicht von Bedeutung. Durch die Vermischung der Systemgrenzen, wie es in Bäckereien meist zutrifft,
ist eine komplette Anlagenreinigung ohne Zerlegen nicht
immer durchführbar. Ein praktisches Beispiel hierfür wäre ein
Kegelrundwirker, der zwar konstruktiv zur Nassreinigung ausgelegt ist, dennoch im Trockenraum, also in der Backstube
steht. Die Mobilität dieses Einzelgeräts macht wiederum eine
Schaum- und Sprühreinigung im separaten Waschraum möglich.
An diesem Beispiel lassen sich die Unterschiede zur Fleischereibranche gut aufzeigen. Dort ist eine Nassreinigung aufgrund
der Auslegung von Produktionsräumen auch direkt vor Ort
möglich. Wichtig ist in allen Fällen die Konstruktion der
Maschinen und Anlagen. Beispielsweise müssen Maschinenabdeckungen entweder so gestaltet sein, dass diese ohne großen
Aufwand abnehmbar und dahinter reinigbar sind, oder noch
besser so abgedichtet, dass sich erst gar keine Schmutzablagerung bilden. An einem weiteren Beispiel, der Reinigbarkeit von
Knetsystemen, kann dies nochmals vertieft werden. Schaumund Sprühreinigung von Knetern hat sich bereits bei einigen
Herstellern durchgesetzt, wohingegen CIP-fähige Kneter meist
noch ein Zukunftsmodell darstellen. Diese Technologie sollte
sich jedoch vor allem im Bereich der kontinuierlichen Knetung
zukünftig auch als Standard etablieren. Die genaue Betrachtung
des Portfolios von Bäckereimaschinen zeigt deutlich: Eine „inline“-Reinigung, also CIP ohne Zerlegen, liegt im Backgewerbe
in weiter Ferne. Eine Anwendung findet bisher nur in sehr
spezifischen Fällen statt. Grundsätzlich gilt, was nicht direkt
einsehbar ist muss noch genauer betrachtet werden!
Flüssighefe und Kochstücksysteme zählen zu den kritischen
Prozesszonen. Eine CIP-Reinigung in diesen Bereichen ist nur
dann erfolgreich, wenn die zu reinigenden Anlageteile ohne
Kompromisse nach diesem Reinigungsverfahren konstruiert
wurden. Nur durch Zu- und Abfuhrmechanismen des Reinigungsmediums sowie durch spezifische Düsensysteme kann
eine CIP-Reinigung ohne Zerlegen ermöglicht werden. Jede
produktführende Komponente und Oberfläche muss diesen
Ansprüchen entsprechen. Durch konsequente hygienegerechte
Gestaltung und entsprechendes CIP-System sind auch schwer
zu reinigende Rückstände wie z. B. Roggensauerteig ohne
manuelles Einwirken zu entfernen.
Nach derzeitigem Kenntnisstand gibt es keine expliziten Richtlinien oder Vorschriften für Behälter und Anlagenteile, mit
welchem Verfahren (CIP oder einfache Reinigung) und in
welchen Intervallen gereinigt werden muss. Dies gilt für die
Bäckereiindustrie im gleichen Maße wie für alle anderen
Lebensmittelbranchen. Die angemessene Reinigung orientiert
sich immer an folgenden Einflussgrößen des erweiterten sinnerischen Kreises:
Beeinflusst die Reinigung das
Geschmacksprofil von Brot?
„Ist es richtig, dass es Anlagenteile in Bäckereien gibt,
bei denen es im Hinblick auf das Ziel ein schmackhaftes
Brot zu erstellen sogar kontraproduktiv wäre, zu viel
zu reinigen? Da ansonsten immer der Teig mit blankem
Metall in Verbindung kommt und zu viel Sauberkeit
dem Produkt beziehungsweise dem Geschmack des
herzustellenden Brotes schadet?“
Diese Aussage muss revidiert werden! Eine Verschleppung von Mikroorganismen und im speziellen von
pathogenen Keimen kann ohne Reinigung nicht ausgeschlossen werden. Sollte dies der Fall sein, sind
sowohl Anlagenteile als auch Rohrleitungen falsch
konzipiert. Des Weiteren darf eine Produktgefährdung
durch Fremdstoffe wie Lacke oder Metallteile keineswegs geduldet werden. Dennoch sind eine Vielzahl
der bestehenden Anlagen nicht durchgängig für eine
Nassreinigung, geschweige denn einer CIP-Reinigung
Sogenannte „Blackboxes“ wie Tank- und Rohrleitungssysteme
von Vor- und Sauerteiganlagen sowie Restbrotverwertung,
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konzipiert.
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+Temperatur
+ Zeit (Dauer)
+ Chemie (Konzentration und Art der Reinigungsmittel)
+Mechanik
+ Schmutz (Art, Zustand)
+ Reinigungsgut (Gestaltung, Material)
Durch die prozessorientierte Anpassungen dieser Parameter
wird ein optimales Reinigungsergebnis erzielt. Meist bestehen
Erfahrungswerte aus betriebsinternen bzw. firmeninternen
Standards die von diesen Stellparametern abhängig sind. Eine
CIP-Reinigung besteht meist aus den gleichen Stufen:
1. Vorspülen, um grobe Verschmutzungen zu entfernen
2.Alkalische Reinigung
3.Reinigungsmittel ausspülen mit Wasser
4.Säure Reinigung zur Entfernung von Säure-Reinigung
z. B. Kalk
5.Nachspülen mit Wasser
Optional:
6.Desinfektion zur Abtötung von Mikroorganismen
7. Nachspülen mit Reinstwasser
Einen Zeit- und Kostengewinn ergibt sich aus kombinierten
Säure / Desinfektionsmitteln auf Basis von Wasserstoffperoxid
oder Peressigsäure. Die Desinfektion ist nur optional bei
sogenannter Keimverschleppung oder in spezifischen Abständen zur Sicherstellung der Keimfreiheit relevant. Unter anderem
könnte beispielsweise auf eine Desinfektion verzichtet werden,
wenn im Anschluss an die Säurebehandlung eine „Sterilization
in Place“ (SIP) stattfindet. Auch eine „einfache“ Reinigung mit
z. B. Wasser ist möglich, solange eine dem Produkt angepasste
Reinheit gewährleistet wird und dies dem betriebsinternen
HACCP-Konzept entspricht.
Bei Produktionsänderungen oder der Inbetriebnahme von
Neuanlagen ist eine Validierung der Reinigung durchzuführen.
Zielsetzung dabei ist es, ein an den Prozess angepasstes Reinigungsregime aufzubauen. Eine solche CIP-Validierung ist aufwendig und beinhaltet folgenden chronologischen Ablauf:
1. Installation Qualifikation (IQ)
2.Operationelle Qualifikation (OQ)
3.Durchführungsqualifikation – Validierung
4.Akzeptanzkriterien festlegen
5.Monitoring
6.Verifizierung
7.Revalidierung
Wann wird eine CIP-Reinigung durchgeführt?
Ob eine Reinigung im laufenden Produktionsprozess, der
Stillstandzeit oder sowohl als auch stattfindet, muss zwingend
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Kontrolle ein Probenahmehahn angebracht ist. Bei der Erkennung von Abweichungen sollten anschließend Anpassungen am Reinigungsablauf durchgeführt werden.
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++ Sogenannte „Totleitungen“ in Leitungssystemen bilden Schwachstellen in der Reinigung
vor Auslegung und Planung der Anlage geklärt werden. In den
meisten Unternehmen wird eine CIP-Reinigung nach Produktverbrauch (zwischen zwei Chargen) durchgeführt. Bei kontinuierlichen Befüllprozessen müssen im Reinigungszyklus
spezifische CIP-Reinigungszeiten eingehalten werden, welche
vom Produkt und dessen mikrobieller Belastung abhängig ist.
Auch dieser Prozess muss im Vorfeld einer Validierung unterzogen werden. Leider ist aus der Praxis von Bäckereibetrieben
bekannt, dass diese Reinigungszyklen ungenügend oder z. T.
gar nicht stattfinden.
Ob diese CIP-Zyklen manuell überwacht oder vollautomatisch
gesteuert werden, ist von der Anlagenkonzeption und dem
Automatisierungsgrad abhängig. Üblicherweise sind CIPVorgänge nach der Validierung vollautomatisch gesteuert.
Wobei stichprobenartig Kontrollen durchgeführt werden
müssen, was jedoch Grundbestandteil eines jeden Qualitätsmanagements sein sollte.
Folgende Elemente sollten bei der Planung und Auslegung von Rohstoffverarbeitungen im Nassbereich
beachtet werden
Leitungssysteme und Totleitungen
Handelt es sich bei der Produktführung um hochviskose Medien
wie z. B. Sauerteig oder Kochstück, ist der Einsatz von Molchsystemen zwingend erforderlich. Nur dadurch kann eine CIP
Reinigung wirtschaftlich erfolgen. „Totleitung“ bzw. „tote
Teilbereiche“ dürfen im gesamten Rohrleitungssystem nicht
auftreten. Diese stellen aufgrund ungenügender Durchspülung
eine mikrobielle Risikozone dar.
Probenahmehähne für Nachspülwasser
Zur Verifizierung einer CIP-Reinigung muss eine Probenahme
des Spülmediums möglich sein. Üblicherweise ist ein gemeinsamer Nachspülwasserrücklauf installiert, an dem zur
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Übergänge/Abtrennung von Nass und Trockenstoffen
Gerade in der Bäckereibranche stellt die Schnittstelle der
Trocken- zu Nasszonen, z. B. bei der Befüllleitung von Mehl
in einen Tank, eine der kritischsten Zonen dar. Neue Technologien ermöglichen eine Vermengung von Mehl und Wasser,
ohne dabei sekundäre Anlagenkomponenten zu beeinträchtigen. Vor allem Kondensatentwicklung in Steigleitungen kann
zusammen mit Mehlrückständen zu mikrobiellem Wachstum
führen. Elemente zur Trockenzufuhr müssen so abgeriegelt
sein, dass eine solche Vermischung ausgeschlossen ist.
Vor allem für Komponenten, die sich in einem Mischbereich
befinden, ist eine automatische Reinigbarkeit von ausschlaggebender Bedeutung.
Einbauten im Tanksystem
Im Speziellen bei der Fermentation von Vor- und Sauerteigen
kommt es zu einer Volumenzunahme der Teige während der
Fermentationszeit. Um diese kontrolliert zu steuern ohne dabei
die Teigstruktur zu zerstören, schaffen Tankrührwerke Abhilfe.
Auf sogenannte Schabersysteme sollte wenn möglich verzichtet
oder diese sollten CIP-reinigbar konstruiert werden.
CIP-Düsen
CIP-Düsen sind zur Gewährleistung einer vollautomatisierten
Reinigung auszulegen. Dabei ist stets auf die rationellste,
wirksamste und wirtschaftlichste Innenreinigung aller Behälterarten zu achten. Der Reinigungsstrahl muss jede Stelle
und jeden Winkel des zu reinigenden Behälters erreichen.
Reinigungsdüsen sind in den verschiedensten Ausführungen
erhältlich, Sprühköpfe, -düsen, Orbitaldüsen etc. Die Auswahl
muss je nach Einsatzgebiet evaluiert werden und bedarf großer
Erfahrung.
Händische Nachreinigung von
spezifischen Anlagenkomponenten
Die Entfernung von Verschmutzungen in Bereichen, wo eine
vollautomatisierte Reinigung nicht möglich ist, muss händisch
durchgeführt werden. Dabei kann es sich zum Beispiel um
Deckeldichtungen oder Druckausgleichsventile handeln. Der
Zeitraum einer solchen Nachreinigung muss je nach Produktion
durch den Betreiber selbst ermittelt werden. Dabei sollte ein
regelmäßiges System auf der Basis von Handreinigungen
geschaffen und im Reinigungsplan erfasst werden.
Dokumentation
Eine dauerhafte Aufzeichnung von Daten, wann und wie oft
eine CIP-Reinigung stattgefunden hat, sollte stets gegeben
sein und in das bestehende Qualitätsmanagement-System
integriert werden. Damit lassen sich Abweichungen rasch
erkennen. Der Einsatz der automatisierten CIP-Reinigung
erfüllt die Forderung nach sicheren Produkten, gewährleistet die Betriebssicherheit auf einem hohen Niveau und reduziert manuelle Eingriffe. +++
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