42 H YG I E N E „Cleaning in Place“ – CIP. Was ist darunter zu verstehen? Teil 3 Wenn über Hygienic Design und Reinigung gesprochen wird, kommt zeitgleich oft der Begriff „Cleaning in Place“ – CIP zur Anwendung. Was sich dahinter verbirgt und wie Bäckereien mit der Begrifflichkeit umgehen können, erläutern die Autoren, Dr. Markus Schirmer und Rudolf Hofer, Bühler AG, Uzwil/Schweiz in diesem Beitrag. + Bereits in Teil I dieser Berichtreihe wurde erwähnt, dass nach den aktuellen EHEDG-Ausarbeitungen für Bäckereien eine Reinigung in vier Reinigungskategorien eingeordnet werden kann: + Reinigung nass mit Zerlegen + Reinigung nass ohne Zerlegen (CIP) + Reinigung trocken mit Zerlegen + Reinigung trocken ohne Zerlegen (CIP) „Cleaning in Place“, also CIP Reinigung, kann auch als eine möglichst einfache, Reinigbarkeit von Anlagen und Maschinen beschrieben werden. Nur Konstruktionen, die für eine Reinigung zugänglich sind, können hygienisch betrieben werden. Das heißt, Maschinen und Anlagen müssen so konstruiert sein, dass sie an Ort und Stelle reinigbar sind. Ob nass oder trocken, ist zunächst noch nicht von Bedeutung. Durch die Vermischung der Systemgrenzen, wie es in Bäckereien meist zutrifft, ist eine komplette Anlagenreinigung ohne Zerlegen nicht immer durchführbar. Ein praktisches Beispiel hierfür wäre ein Kegelrundwirker, der zwar konstruktiv zur Nassreinigung ausgelegt ist, dennoch im Trockenraum, also in der Backstube steht. Die Mobilität dieses Einzelgeräts macht wiederum eine Schaum- und Sprühreinigung im separaten Waschraum möglich. An diesem Beispiel lassen sich die Unterschiede zur Fleischereibranche gut aufzeigen. Dort ist eine Nassreinigung aufgrund der Auslegung von Produktionsräumen auch direkt vor Ort möglich. Wichtig ist in allen Fällen die Konstruktion der Maschinen und Anlagen. Beispielsweise müssen Maschinenabdeckungen entweder so gestaltet sein, dass diese ohne großen Aufwand abnehmbar und dahinter reinigbar sind, oder noch besser so abgedichtet, dass sich erst gar keine Schmutzablagerung bilden. An einem weiteren Beispiel, der Reinigbarkeit von Knetsystemen, kann dies nochmals vertieft werden. Schaumund Sprühreinigung von Knetern hat sich bereits bei einigen Herstellern durchgesetzt, wohingegen CIP-fähige Kneter meist noch ein Zukunftsmodell darstellen. Diese Technologie sollte sich jedoch vor allem im Bereich der kontinuierlichen Knetung zukünftig auch als Standard etablieren. Die genaue Betrachtung des Portfolios von Bäckereimaschinen zeigt deutlich: Eine „inline“-Reinigung, also CIP ohne Zerlegen, liegt im Backgewerbe in weiter Ferne. Eine Anwendung findet bisher nur in sehr spezifischen Fällen statt. Grundsätzlich gilt, was nicht direkt einsehbar ist muss noch genauer betrachtet werden! Flüssighefe und Kochstücksysteme zählen zu den kritischen Prozesszonen. Eine CIP-Reinigung in diesen Bereichen ist nur dann erfolgreich, wenn die zu reinigenden Anlageteile ohne Kompromisse nach diesem Reinigungsverfahren konstruiert wurden. Nur durch Zu- und Abfuhrmechanismen des Reinigungsmediums sowie durch spezifische Düsensysteme kann eine CIP-Reinigung ohne Zerlegen ermöglicht werden. Jede produktführende Komponente und Oberfläche muss diesen Ansprüchen entsprechen. Durch konsequente hygienegerechte Gestaltung und entsprechendes CIP-System sind auch schwer zu reinigende Rückstände wie z. B. Roggensauerteig ohne manuelles Einwirken zu entfernen. Nach derzeitigem Kenntnisstand gibt es keine expliziten Richtlinien oder Vorschriften für Behälter und Anlagenteile, mit welchem Verfahren (CIP oder einfache Reinigung) und in welchen Intervallen gereinigt werden muss. Dies gilt für die Bäckereiindustrie im gleichen Maße wie für alle anderen Lebensmittelbranchen. Die angemessene Reinigung orientiert sich immer an folgenden Einflussgrößen des erweiterten sinnerischen Kreises: Beeinflusst die Reinigung das Geschmacksprofil von Brot? „Ist es richtig, dass es Anlagenteile in Bäckereien gibt, bei denen es im Hinblick auf das Ziel ein schmackhaftes Brot zu erstellen sogar kontraproduktiv wäre, zu viel zu reinigen? Da ansonsten immer der Teig mit blankem Metall in Verbindung kommt und zu viel Sauberkeit dem Produkt beziehungsweise dem Geschmack des herzustellenden Brotes schadet?“ Diese Aussage muss revidiert werden! Eine Verschleppung von Mikroorganismen und im speziellen von pathogenen Keimen kann ohne Reinigung nicht ausgeschlossen werden. Sollte dies der Fall sein, sind sowohl Anlagenteile als auch Rohrleitungen falsch konzipiert. Des Weiteren darf eine Produktgefährdung durch Fremdstoffe wie Lacke oder Metallteile keineswegs geduldet werden. Dennoch sind eine Vielzahl der bestehenden Anlagen nicht durchgängig für eine Nassreinigung, geschweige denn einer CIP-Reinigung Sogenannte „Blackboxes“ wie Tank- und Rohrleitungssysteme von Vor- und Sauerteiganlagen sowie Restbrotverwertung, www.brotundbackwaren.de 05/2015 konzipiert. H YG I E N E +Temperatur + Zeit (Dauer) + Chemie (Konzentration und Art der Reinigungsmittel) +Mechanik + Schmutz (Art, Zustand) + Reinigungsgut (Gestaltung, Material) Durch die prozessorientierte Anpassungen dieser Parameter wird ein optimales Reinigungsergebnis erzielt. Meist bestehen Erfahrungswerte aus betriebsinternen bzw. firmeninternen Standards die von diesen Stellparametern abhängig sind. Eine CIP-Reinigung besteht meist aus den gleichen Stufen: 1. Vorspülen, um grobe Verschmutzungen zu entfernen 2.Alkalische Reinigung 3.Reinigungsmittel ausspülen mit Wasser 4.Säure Reinigung zur Entfernung von Säure-Reinigung z. B. Kalk 5.Nachspülen mit Wasser Optional: 6.Desinfektion zur Abtötung von Mikroorganismen 7. Nachspülen mit Reinstwasser Einen Zeit- und Kostengewinn ergibt sich aus kombinierten Säure / Desinfektionsmitteln auf Basis von Wasserstoffperoxid oder Peressigsäure. Die Desinfektion ist nur optional bei sogenannter Keimverschleppung oder in spezifischen Abständen zur Sicherstellung der Keimfreiheit relevant. Unter anderem könnte beispielsweise auf eine Desinfektion verzichtet werden, wenn im Anschluss an die Säurebehandlung eine „Sterilization in Place“ (SIP) stattfindet. Auch eine „einfache“ Reinigung mit z. B. Wasser ist möglich, solange eine dem Produkt angepasste Reinheit gewährleistet wird und dies dem betriebsinternen HACCP-Konzept entspricht. Bei Produktionsänderungen oder der Inbetriebnahme von Neuanlagen ist eine Validierung der Reinigung durchzuführen. Zielsetzung dabei ist es, ein an den Prozess angepasstes Reinigungsregime aufzubauen. Eine solche CIP-Validierung ist aufwendig und beinhaltet folgenden chronologischen Ablauf: 1. Installation Qualifikation (IQ) 2.Operationelle Qualifikation (OQ) 3.Durchführungsqualifikation – Validierung 4.Akzeptanzkriterien festlegen 5.Monitoring 6.Verifizierung 7.Revalidierung Wann wird eine CIP-Reinigung durchgeführt? Ob eine Reinigung im laufenden Produktionsprozess, der Stillstandzeit oder sowohl als auch stattfindet, muss zwingend Anzeige www.brotundbackwaren.de 05/2015 43 H YG I E N E Kontrolle ein Probenahmehahn angebracht ist. Bei der Erkennung von Abweichungen sollten anschließend Anpassungen am Reinigungsablauf durchgeführt werden. © Bühler 44 ++ Sogenannte „Totleitungen“ in Leitungssystemen bilden Schwachstellen in der Reinigung vor Auslegung und Planung der Anlage geklärt werden. In den meisten Unternehmen wird eine CIP-Reinigung nach Produktverbrauch (zwischen zwei Chargen) durchgeführt. Bei kontinuierlichen Befüllprozessen müssen im Reinigungszyklus spezifische CIP-Reinigungszeiten eingehalten werden, welche vom Produkt und dessen mikrobieller Belastung abhängig ist. Auch dieser Prozess muss im Vorfeld einer Validierung unterzogen werden. Leider ist aus der Praxis von Bäckereibetrieben bekannt, dass diese Reinigungszyklen ungenügend oder z. T. gar nicht stattfinden. Ob diese CIP-Zyklen manuell überwacht oder vollautomatisch gesteuert werden, ist von der Anlagenkonzeption und dem Automatisierungsgrad abhängig. Üblicherweise sind CIPVorgänge nach der Validierung vollautomatisch gesteuert. Wobei stichprobenartig Kontrollen durchgeführt werden müssen, was jedoch Grundbestandteil eines jeden Qualitätsmanagements sein sollte. Folgende Elemente sollten bei der Planung und Auslegung von Rohstoffverarbeitungen im Nassbereich beachtet werden Leitungssysteme und Totleitungen Handelt es sich bei der Produktführung um hochviskose Medien wie z. B. Sauerteig oder Kochstück, ist der Einsatz von Molchsystemen zwingend erforderlich. Nur dadurch kann eine CIP Reinigung wirtschaftlich erfolgen. „Totleitung“ bzw. „tote Teilbereiche“ dürfen im gesamten Rohrleitungssystem nicht auftreten. Diese stellen aufgrund ungenügender Durchspülung eine mikrobielle Risikozone dar. Probenahmehähne für Nachspülwasser Zur Verifizierung einer CIP-Reinigung muss eine Probenahme des Spülmediums möglich sein. Üblicherweise ist ein gemeinsamer Nachspülwasserrücklauf installiert, an dem zur www.brotundbackwaren.de 05/2015 Übergänge/Abtrennung von Nass und Trockenstoffen Gerade in der Bäckereibranche stellt die Schnittstelle der Trocken- zu Nasszonen, z. B. bei der Befüllleitung von Mehl in einen Tank, eine der kritischsten Zonen dar. Neue Technologien ermöglichen eine Vermengung von Mehl und Wasser, ohne dabei sekundäre Anlagenkomponenten zu beeinträchtigen. Vor allem Kondensatentwicklung in Steigleitungen kann zusammen mit Mehlrückständen zu mikrobiellem Wachstum führen. Elemente zur Trockenzufuhr müssen so abgeriegelt sein, dass eine solche Vermischung ausgeschlossen ist. Vor allem für Komponenten, die sich in einem Mischbereich befinden, ist eine automatische Reinigbarkeit von ausschlaggebender Bedeutung. Einbauten im Tanksystem Im Speziellen bei der Fermentation von Vor- und Sauerteigen kommt es zu einer Volumenzunahme der Teige während der Fermentationszeit. Um diese kontrolliert zu steuern ohne dabei die Teigstruktur zu zerstören, schaffen Tankrührwerke Abhilfe. Auf sogenannte Schabersysteme sollte wenn möglich verzichtet oder diese sollten CIP-reinigbar konstruiert werden. CIP-Düsen CIP-Düsen sind zur Gewährleistung einer vollautomatisierten Reinigung auszulegen. Dabei ist stets auf die rationellste, wirksamste und wirtschaftlichste Innenreinigung aller Behälterarten zu achten. Der Reinigungsstrahl muss jede Stelle und jeden Winkel des zu reinigenden Behälters erreichen. Reinigungsdüsen sind in den verschiedensten Ausführungen erhältlich, Sprühköpfe, -düsen, Orbitaldüsen etc. Die Auswahl muss je nach Einsatzgebiet evaluiert werden und bedarf großer Erfahrung. Händische Nachreinigung von spezifischen Anlagenkomponenten Die Entfernung von Verschmutzungen in Bereichen, wo eine vollautomatisierte Reinigung nicht möglich ist, muss händisch durchgeführt werden. Dabei kann es sich zum Beispiel um Deckeldichtungen oder Druckausgleichsventile handeln. Der Zeitraum einer solchen Nachreinigung muss je nach Produktion durch den Betreiber selbst ermittelt werden. Dabei sollte ein regelmäßiges System auf der Basis von Handreinigungen geschaffen und im Reinigungsplan erfasst werden. Dokumentation Eine dauerhafte Aufzeichnung von Daten, wann und wie oft eine CIP-Reinigung stattgefunden hat, sollte stets gegeben sein und in das bestehende Qualitätsmanagement-System integriert werden. Damit lassen sich Abweichungen rasch erkennen. Der Einsatz der automatisierten CIP-Reinigung erfüllt die Forderung nach sicheren Produkten, gewährleistet die Betriebssicherheit auf einem hohen Niveau und reduziert manuelle Eingriffe. +++ Dies ist ein Artikel aus der Fachzeitschrift brot+backwaren, die 6-mal jährlich erscheint. Als Abonnent erhalten Sie die Fachzeitschrift mit Praxisreportagen, Berichten aus Forschung und Entwicklung, Marktanalysen und Firmenportraits sofort nach Erscheinen. Damit haben Sie einen fundierten und umfassenden Überblick über den aktuellen Stand der Technik sowie der Backbranche. Interessierte können die Zeitschrift unter www.brotundbackwaren.de zum Kennenlernen kostenlos und unverbindlich zum Probelesen bestellen. In unserem Archiv auf dieser Homepage finden Sie sämtliche Berichte auch als PDF-Datei. Die Fachartikel finden Sie dort nach Jahrgängen sortiert; sie können per Volltextsuche durchsucht werden. ++ Copyrights, Texte zitieren und nutzen Bitte beachten Sie, dass das einfache Zitieren unserer Texte erlaubt ist, solange sich die Länge des Zitats im Rahmen hält. Dabei halten wir drei Sätze für eine gute Grenze. Verlinken Sie bitte auf unseren Text. Nur wenn Sie mit dem Zitat Werbung machen oder es gewerbsmäßig an Dritte weitergeben wollen, fragen Sie uns bitte erst unter [email protected]. Längeres Zitieren oder Übernehmen unserer Texte ist nur nach Übereinkunft mit f2m erlaubt. Bilder aus unseren Texten sowie Videos dürfen nur nach Lizenzierung mit den Rechte inhabern weiterverwendet werden. Ansonsten gilt das übliche Copyright: Wir, die f2m food multimedia gmbh, behalten uns alle Rechte an den Beiträgen auf unserer Seite vor. ++ Haben Sie noch Fragen? Dann wenden Sie sich bitte an uns.
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