eBook-Leser Der unsichtbare Kunde Abschlussarbeit SAB-Grundkurs 15/16 Ramona Eggenberger Tania Flores Jost Christiane Hoppe Caroline Mosca Bernadette Sprecher Begleitende Fachperson: Karin Brechbühl Kantonsbibliothek Graubünden Chur, 22. März 2016 Inhaltsverzeichnis Vorwort Einleitung 1 Zahlen und Fakten 3 5 Bernadette Sprecher 6 1.1 Entwicklung Markt eBooks und Onleihe 6 1.2 Zahlen Dibiost und DiBiZentral 7 1.3 Prognosen 2 eBook-Leser sichtbar machen (Umfrage, Statistik) 10 Caroline Mosca 11 2.1 Umfrage Onleihe 11 2.2 Auswertung 11 2.3 Analyse und Schlussfolgerung 16 3 Neue Kunden gewinnen Ramona Eggenberger 17 3.1 Jugendliche 17 3.2 Männliche Kundschaft 18 3.3 Generation 50plus 20 4 Ideenpool zur Kundenbetreuung Christiane Hoppe 21 4.1 Einleitung 21 4.2 Darstellung digitaler Medien in der physischen Bibliothek 21 4.3 Der Kontakt mit Nutzern digitaler Medien in der physischen Bibliothek 23 4.4 Vorschläge zur Infrastruktur 25 5 Neues Berufsbild der Bibliothekarin Tania Flores Jost 26 5.1 Veränderung im Arbeitsalltag durch eMedien (Onleihe) 26 5.2 Neue Kompetenzen und Interessensgebiete 27 5.3 Aus- und Weiterbildung der Bibliothekarin 30 Schlussfolgerungen Quellenangaben Literaturverzeichnis: Fragebogen 32 33 33 34 2 Vorwort Diese Gruppenarbeit bildet den Abschluss unserer Ausbildung zur Bibliothekarin SAB (Schweizerische Arbeitsgemeinschaft der allgemeinen öffentlichen Bibliotheken) für Gemeinde- und Schulbibliotheken 2015/16 an der Kantonsbibliothek in Chur. Während rund einem Dreivierteljahr haben wir uns wöchentlich in der Kantonshauptstadt Graubündens getroffen und in sämtlichen Bereichen ausbilden lassen, in denen eine Bibliothekarin von heute tätig ist. Ganz im Gegensatz zu früher, als eine Bibliothekarin vor allem ordnungsliebend zu sein hatte und Lust auf Ordnen und Registrieren mitbringen sollte, verlangt die hoch komplexe und vernetzte Welt von heute ganz andere Fähigkeiten und Interessen von den Frauen und wenigen Männern in den Bibliotheken. Der Spagat zwischen digitaler und realer Bibliothek ist nicht immer ganz einfach zu bewerkstelligen und stellt uns vor neue Herausforderungen. Auch diese Projektarbeit gehörte für uns modernen Bibliothekarinnen zu einer dieser Herausforderungen! Wenn fünf so unterschiedliche Frauen aufeinandertreffen und sich zu einem Team zusammenfinden müssen, das eine Arbeit mit Hand und Fuss zustande bringen soll, dann könnte das ganz schön schwierig werden, müsste man denken. Das Gegenteil war der Fall! Wir erlebten uns als Gruppe, die einander stützte und ergänzte und eine offene Kommunikation pflegte. Wir konnten voneinander profitieren und waren schlussendlich nicht selten froh um unsere Unterschiedlichkeit, denn es bedeutete auch, dass jedes Gruppenmitglied ganz verschiedene Fähigkeiten mit ins Team brachte, was die Arbeit an unserem Projekt vereinfachte und verbesserte! 3 Dank an beteiligte Personen Wir möchten uns bei unserer Betreuungsperson Karin Brechbühl, Kantonsbibliothek Graubünden und bei der Leiterin Grundkurs SAB, Theres Schlienger, Kantonsbibliothek Graubünden für ihre wertvolle Unterstützung und die Ratschläge bei der Themenwahl bedanken. Weiters danken wir für die Mitwirkung an unserer Projektarbeit: Olivia Furter, für das Erstellen der Online-Umfrage, Susanne Manz, für die Führung durch die Bibliothek Zug, Felix Stadler, Kantonsbibliothek Vadiana für die Zahlen zur Onleihe, Dr. Eckhard Kummrow für die Masterarbeit eMedien und Bibliotheken und allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Online-Umfrage, die uns mit ihren Angaben die Grundlage für diese Gruppenarbeit lieferten. Ausserdem danken wir den jeweiligen Bibliotheksleiterinnen für die Begleitung während unserer Ausbildung. Eigenständigkeitserklärung / Einverständniserklärung Wir bestätigen, dass wir die Gruppenarbeit ohne unerlaubte fremde Hilfe selbständig verfasst haben. Ausserdem geben wir unser Einverständnis in Bezug auf Zugänglichkeit. Chur, 22. März 2016 Bernadette Sprecher Caroline Mosca Christiane Hoppe Ramona Eggenberger Tania Flores Jost 4 Einleitung Mit unserer Arbeit wollen wir uns unserem „unsichtbaren“ Kunden widmen, namentlich dem eBook-Leser. Wieso „unsichtbar“? Da die Onleihe, also die Nutzung der digitalen Bibliothek, vornehmlich von zu Hause aus geschieht, im privaten Raum, bleibt der Nutzer für uns unsichtbar – im Gegensatz zum „sichtbaren“ Kunden, den wir täglich an unserem Arbeitsplatz, der physischen Bibliothek, treffen können. Mit ihm können wir sprechen, er kann uns seine Buchwünsche mitteilen, wir können ihn beraten, wir sehen, was er ausleiht und zurückgibt. Diese Form der Kommunikation ist nicht eins zu eins auf den unsichtbaren Kunden übertragbar. Weil aber die Onleihe – wie wir in unserer Arbeit darstellen - ein in Zukunft unabdingbarer Faktor in der Angebotspalette der Bibliothek ist, müssen wir andere Wege beschreiten, um die Kommunikation mit diesem Kunden sicherzustellen. Andererseits möchten wir auch den Besucher unserer physischen Bibliothek dazu verführen, das digitale Angebot zu nutzen. Ganz wichtig ist uns hierbei: Wir möchten das digitale Angebot nicht als Konkurrenz verstehen, sondern immer als Mehrwert, als Zusatz-Angebot für den Kunden. Beide Formen des Lesens haben ihre Vorteile, beide haben ihre Nachteile; warum also nicht beide Formen je nach Bedarf und Anwendungsbereich nutzen? Wir stellen deshalb Methoden zusammen, mit denen wir in unseren Bibliotheken das Onleihe-Angebot integrieren können, damit auch dieses aus der „Unsichtbarkeit“ ans Tageslicht gerückt wird. Auf diese Weise kann es von den Kunden leichter wahrgenommen werden – und von den Bibliothekarinnen auch. Damit dies zielgruppengerecht geschehen kann, brauchen wir einen „Steckbrief“ unseres unsichtbaren Kunden. Daher haben wir zunächst Fakten gesammelt und eine Umfrage durchgeführt. Aufgrund der Ergebnisse dieser Umfrage, die sowohl bekannte Muster bestätigt als auch neue Erkenntnisse gebracht hat, konnten wir uns überlegen, wie man die Kunden ansprechen kann, dass sie sich auch angesprochen fühlen. Das Ziel besteht sowohl in einer grösseren Kunden-Bindung als auch in der Kunden-Neugewinnung. Und schliesslich müssen sich die Bibliothekarinnen zuerst auf diese neuen Anforderungen einstellen. Wir haben uns die Frage gestellt, wie sich das Berufsbild verändert hat und wie es sich noch verändern wird. Worauf sollten wir uns einstellen? Wie und wo kann man sich weiterbilden? Dies sind wichtige Fragen, denen sich keine Bibliothek verschliessen darf. Viele, zumeist grössere Bibliotheken in der ganzen Welt haben sich bereits intensiv mit diesen Themen befasst. Sie sind uns zum Teil schon einen ganzen Schritt voraus. Aber auch die kleineren Gemeinde- und Schulbibliotheken müssen mit der Zeit gehen, innovativ sein und das Thema Onleihe in ihre tägliche Arbeit integrieren. Auf diese Weise können wir unser Image verbessern und zeigen, dass wir in der digitalen Welt bestehen können. Wir sind eine moderne Institution. Nur so können wir langfristig unser Überleben sichern! In unserer Arbeit verwenden wir sowohl die weibliche als auch die männliche Form, meinen dabei jeweils auch das andere Geschlecht. 5 1 Zahlen und Fakten 1.1 Bernadette Sprecher Entwicklung Markt eBooks und Onleihe „Wussten Sie, dass die Entwicklung des Buches 60 Jahrhunderte gedauert hat, die Entwicklung des eBooks im Vergleich nur 43 Jahre“?1 eBooks erfreuen sich immer grösserer Beliebtheit. Und obwohl die eBooks am gesamten Buchmarkt einen bescheidenen Umsatz-Anteil haben, ist dieser in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. Im deutschen Buchmarkt waren es im Jahr 2010 noch 0,5 %, 2014 bereits 4.3 %.2 https://de.statista.com/infografik/2969/umsatzanteil-von-e-books-auf-dem-deutschen-buchmarkt Eine stetig steigende Nachfrage nach elektronischen Büchern, Zeitungen und Zeitschriften spüren auch unsere Bibliotheken. Diesen Trend müssen wir nutzen und versuchen, unsere noch unsichtbaren und sichtbaren Kunden gezielter zu erreichen, mit ihnen in Kontakt zu treten, sie zu unterstützen und zu beraten. Wie in der Einleitung erwähnt, ist die Onleihe ein immer wichtigerer Faktor in der Angebotspalette der Bibliothek. Mit der Onleihe können die Ausleihzahlen der Bibliotheken gesteigert werden, und wir können neue Kunden gewinnen. 1 2 Quelle Zitat: http://www.buecher.de/go/special/ebook-vs-buch/ https://de.statista.com/infografik/2969/umsatzanteil-von-e-books-auf-dem-deutschen-buchmarkt/ vom 5.3.15 6 Das Angebot der elektronischen Bibliotheksmedien kann von allen Kunden der am Onleihe-Projekt beteiligten Bibliotheken genutzt werden. In Deutschland, Österreich und der Schweiz haben über 2600 Bibliotheken eine eigene Onleihe oder sind Teilnehmer eines Onleihe-Verbunds und täglich werden es mehr3. Bildquelle: http://www.onleihe.net 1.2 Zahlen Dibiost und DiBiZentral Wie hat sich die Onleihe in der Schweiz entwickelt? Wie sehen die Zahlen in den Bibliotheken der an der Abschlussarbeit beteiligten Bibliothekarinnen aus? Nachfolgend zeigen wir die Entwicklung der Onleihe von Dibiost, der Digitalen Bibliothek Ostschweiz, und DiBiZentral, der Digitalen Bibliothek Zentralschweiz. Dibiost Dibiost startete im Jahr 2008 mit 20 Teilnehmerbibliotheken, heute gehören 94 Ostschweizer Bibliotheken und die Liechtensteinische Landesbibliothek dazu. Im Verbund Dibiost sind auch unsere Bibliotheken Buchs SG, Domat/Ems und Scuol dabei. Die Entwicklung unserer Gemeindebibliotheken kann noch nicht einzeln gezeigt werden, da wir im Kanton Graubünden durch die Kantonsbibliothek Chur mit Dibiost dabei sind. Deshalb schauen wir nachfolgend die Entwicklung der Onleihe der Kantonsbibliothek Chur im Ganzen an. Die Interkulturelle Bibliothek Vossa Lingua in Chur (Arbeitsort einer Projektteilnehmerin) hat zum jetzigen Zeitpunkt noch keine digitalen Medien im Angebot. 3 Live-Ticker auf http://www.onleihe.net/fuer-bibliotheken.html, Stand 19.2.2016 7 Downloads Dibiost 2011 - 20154 In den letzten fünf Jahren haben sich die Downloads von Dibiost jährlich mehr als verdoppelt. Die Onleihe ist also eindeutig auf Erfolgskurs. Von 31’053 im Jahre 2011 sind die Downloads bis im Jahr 2015 mit 521’559 fast auf das siebzehnfache gestiegen. Die Zahlen sprechen für sich! Auch der eBook-Bestand hat sich stark vergrössert und ist von 13’682 Titeln im Jahr 2011 auf 31’399 Titel im Jahr 2015 gewachsen. Anders sieht es bei der konventionellen Ausleihe aus, hier zu sehen am Beispiel der Bibliothek Domat/Ems, in der ich arbeite, und die sicher nicht als einzige Bibliothek mit schwindenden Ausleihzahlen zu kämpfen hat. Konventionelle Ausleihe Bibliothek Domat/Ems 2011 – 20155 4 Zahlenquelle: Felix Stadler, Kantonsbibliothek Vadiana, St. Gallen, Stand 11.1.2016 5 Zahlenquelle Statistik Bibliothek Domat/Ems 8 Anzahl Nutzer Onleihe Dibiost Zahlenquelle: Felix Stadler, Kantonsbibliothek Vadiana, St. Gallen, Stand 11.1.2016 Die Anzahl Nutzer bei Dibiost ist in den letzten 5 Jahren um 640 % gestiegen. Durchschnittlich werden von jedem Nutzer jährlich mehr als 20 Exemplare ausgeliehen. DiBiZentral Als eine der ersten drei Schweizer Pilotbibliotheken führte die Digitale Bibliothek Zug im Mai 2008 die Ausleihe digitaler Medien im Internet ein. Ende Juni 2013 wurde sie zum Verbund DiBiZentral erweitert. Bei DiBiZentral nehmen 29 Bibliotheken teil. Gestartet wurde mit einem Bestand von 16‘000 Medien, Ende November 2015 waren es bereits 43‘895 Medien.6 Downloads DiBiZentral 2014 - 20157 Auch bei DiBiZentral, wo nur Zahlen der letzten zwei Jahre verglichen werden können, ist der Trend eindeutig. Die Downloads haben hier stark zugenommen. 6 7 Zahlenquelle: eMail Gemeindebliothek Wollerau vom 12. Januar 2016 Zahlenquelle: eMail Gemeindebliothek Wollerau vom 12. Januar 2016 9 Denselben Trend sehen wir nachfolgend bei der Gemeinde Wollerau. Entwicklung Onleihe Gemeinde Wollerau8 1.3 Prognosen Aus unserer Umfrage (vgl. Kapitel 2, Umfrage S.13) geht hervor, dass bereits zwei Drittel der Teilnehmer das Angebot der Onleihe nutzen. Allerdings nutzen nur ein Viertel der Befragten ausschliesslich die Onleihe. Die Leserschaft ist gespalten. Zum einen gibt es die Leser, die das digitale Angebot ablehnen, zum anderen die Leser, für die das eBook eine weitere Revolution der Computerwelt ist. Und dazwischen befinden sich die Anwender, die längst einen Reader gekauft haben und die Vorteile der Onleihe, wie zum Beispiel die unbeschränkten Öffnungszeiten der digitalen Bibliothek, nutzen. Einer aktuellen Prognose zufolge sollen die eBook-Nutzerzahlen von gegenwärtig 7 Millionen bis im Jahr 2020 auf über neun Millionen Usern steigen. Das geht aus dem kürzlich veröffentlichten Digital Market Outlook von Statista, einem deutschen OnlinePortal für Statistik, hervor. Ausserdem bin ich bei meinen Recherchen auf einen Artikel im Tages-Anzeiger vom 2.4.2014 gestossen, wo bereits vorausgesagt wurde, dass im Jahr 2020 die Hälfte des Buchumsatzes online erzielt werden wird. Die Zahlen beziehen sich zwar auf Deutschland, dürften aber auch auf die Schweiz zutreffen. Verantwortlich dafür sind zum grossen Teil die jungen Leute, die in der digitalen Welt aufwachsen und ganz selbstverständlich online einkaufen. 8 Zahlenquelle Gemeindebibliothek Wollerau 12. Januar 2016 10 2 eBook-Leser sichtbar machen (Umfrage, Statistik) Caroline Mosca 2.1 Umfrage Onleihe Um mehr über unsere unsichtbaren Kunden, welche vor allem das Angebot der Onleihe nutzen, zu erfahren, haben wir an sieben verschiedenen Standorten eine Umfrage durchgeführt. Dabei handelt es sich um folgende Bibliotheken: Gemeindebibliothek Domat/Ems, Gemeindebibliothek Wollerau, Bibliothek Buchs SG, biblioteca populara Scuol, vossa lingua, Gewerbeschule Chur und Stadtbibliothek Chur. Diese fand in der Zeit vom 4. bis zum 14. Januar 2016 statt. 4900 Kunden sind via Mail angeschrieben und gebeten worden, sich an unserer Umfrage zu beteiligen. Die Fragen konnten online beantwortet werden, denn wir haben die Umfrage auf www.umfrageonline.ch erstellt. Pro digitalem Gerät war es nur einmal möglich den Fragebogen auszufüllen. So stellten wir sicher, dass die Befragten an der Umfrage nicht mehrfach teilnahmen. Das Beantworten nahm ungefähr drei Minuten in Anspruch. Insgesamt haben 959 Personen an der Umfrage teilgenommen. Geäusserte Wünsche haben wir zum Teil für den Ideenpool verwendet. (vgl. Kapitel 4, Ideenpool, S.21) 2.2 Auswertung Wir haben insgesamt sechs Fragen gestellt. Die Auswertung beinhaltet drei Elemente. Einerseits ist jeweils die einzelne Frage ersichtlich. Andererseits verdeutlichen Grafiken die erhaltenen Antworten. Und schliesslich widerspiegelt ein Kommentar unsere gewonnenen Erkenntnisse aus den Antworten. Frage 1: Geschlecht? 11 73% der Teilnehmer waren Frauen. Dies entspricht unseren Erfahrungen in der Bibliothek. 26.67% waren Männer. Der fast drei Mal so hohe Anteil an Frauen zeigt ganz allgemein, dass diese sowohl das klassische als auch das Onleihe-Angebot intensiver nutzen als Männer. Der Prozentsatz an Männern ist allerdings höher als der, welchen ich von meiner Bibliothek kenne. Ich schliesse daraus, dass die Männer das Onleihe-Angebot im Vergleich mehr nutzen als das klassische Bibliotheks-Angebot. Wir leiten daraus ab, dass es wichtig ist, das Onleihe-Angebot gut zu kennen, um es einerseits besser an den Mann und die Frau bringen zu können und andererseits auch, um es zielgerichteter in unserer Arbeit bewerben und vermarkten zu können. Frage 2: Alter? Die über 50-Jährigen bilden prozentual die grösste Gruppe. Danach nimmt die prozentuale Verteilung in den entsprechenden Altersgruppen bis zu den 31 bis 40Jährigen um ca. 10 Prozent ab. Die Twens9 bilden mit 6.47% die kleinste Gruppe. Die Anzahl der Teens entspricht wieder den über 30-Jährigen. Auch diese Verteilung entspricht unseren Beobachtungen, die wir in der Bibliothek machen. Namentlich Frauen ab 50 gehören zu unseren treusten Kundinnen und besuchen unsere Bibliotheken am häufigsten. Mit dieser Erkenntnis können wir nun einen gezielteren Marketingplan aufstellen und diesen den Bedürfnissen der entsprechenden Altersgruppe anpassen. Insbesondere könnte es interessant sein herauszufinden, ob man das OnleiheAngebot ganz gezielt für die Twens vermarkten könnte, um diese wieder zum Lesen zu animieren. 9 Twen ist die Bezeichnung für einen Menschen im Alter von 20 bis 29 Jahren, abgeleitet von englisch twenty „zwanzig“, deren Gebrauch in den letzten Jahren nachgelassen hat. Im Gegensatz zum Ausdruck Teenager handelt es sich um einen Scheinanglizismus. www.wikipedia.de, 10.03.2016 12 Frage 3A: Benutzen Sie das Onleihe-Angebot? Mit dieser Frage wollten wir gezielt herausfinden, wie viele Menschen schon das Onleihe-Angebot nutzen. Das Resultat verdeutlicht noch einmal, dass neue Medien auch in der Bücherwelt an Bedeutung gewinnen. Mit 63.10% nutzen schon über die Hälfte unserer Kunden diesen digitalen Service. Wir folgern daraus, dass sich die heutige Bibliothekarin unbedingt mit diesem Angebot auseinandersetzen muss und auch ganz gezielt Zeit darauf verwenden sollte, um auf dem neuesten Stand zu sein. Dies könnte insbesondere für ältere Menschen eine Herausforderung darstellen. (vgl. Kapitel 5, Neues Berufsbild, S.26) Frage 4A: Lesen Sie nur eBooks? 24.14% der Befragten Onleihe-Benützer nutzen ausschiesslich die Onleihe. Dies entspricht bezogen auf die Umfrage einer Zahl von 146 Kunden, mit denen wir lediglich einmal pro Jahr direkten Kontakt haben. Wir sehen sie nur beim Bezahlen des Jahresabonnements. Bibliotheken, die ihren Jahresbeitrag per Einzahlungsschein einfordern, sehen demnach diese Kunden sogar nur einmal, nämlich beim Eröffnen des Abonnements. 13 Dieses Ergebnis ist eine der grössten Überraschungen der Umfrage. Wir sind von einer viel grösseren Anzahl an unsichtbaren Kunden ausgegangen. Für uns heisst das, dass wir mit den meisten Kunden direkten Kontakt haben und das Marketing dementsprechend aufgebaut werden sollte. Frage 5A: Was lesen Sie? Frage 6A: Wie viele Downloads haben Sie in der Onleihe? Die meisten Leser wählen den Bereich Belletristik, gefolgt von den Zeitungen und den Sachbüchern. Die Onleiher und Onleiherinnen machen im Durchschnitt einen Download pro Monat. Am meisten Anklang findet das Angebot in den Ferien und auf Reisen. Diese Erkenntnisse über Inhalt und Downloadhäufigkeit lassen sich auch wieder konkret in Marketingmassnahmen umsetzen, wo man die Onleihe noch gezielter bewerben könnte. 14 Frage 3B: Wieso nutzen Sie das Angebot nicht? Der grösste Teil der 36.90% Kunden, welche die Onleihe nicht nutzt, gibt an, lieber ein „richtiges“ Buch lesen zu wollen. In persönlichen Gesprächen wurde dafür unter anderem folgendes Argument genannt: Bedingt durch die Arbeit sitzen unsere Kunden tagsüber viel vor dem Computer und wählen in ihrer Freizeit ganz bewusst ein anderes, elektronikfreies Medium, als Ausgleich zu ihrem Berufsalltag. Frage 4B: Was bräuchten Sie um die Onleihe zu benutzen? Auch hier sind die meisten ganz einfach zufrieden mit dem traditionellen Bibliotheksangebot. Sie scheinen sich bewusst gegen das Onleihe Angebot entschieden zu haben. Allerdings stellt sich auch die Frage, ob man nicht neue Kunden für die Onleihe gewinnen könnte, indem man zum Beispiel Tablets vor Ort hätte und so gleich eine Beratung in Form einer Einführung und mehr Informationen zum Thema machen könnte. Vielleicht wäre es möglich sogar Tablets auszuleihen, um so den Einstieg in die Onleihe zu vereinfachen und noch mehr „Sowohl-als-auch-Kunden“ zu generieren. 15 2.3 Analyse und Schlussfolgerung Aus den oben genannten Fragen zeichnet sich folgendes Bild des unsichtbaren Kunden. Es ist eine Kundin, über 50 Jahre alt und sie nutzt sowohl das traditionelle Angebot der Bibliothek als auch die Onleihe. Folglich ist sie nicht unsichtbar. Sie tätigt einen Download pro Monat und macht am meisten Gebrauch des OnleiheAngebots während den Ferien und auf Reisen. Der Rücklauf in Form einer Beteiligung von 19.5% an der Umfrage ist statistisch gesehen sehr hoch. Zum Thema Rücklauf, auch Ausschöpfungsquote genannt, erfährt man bei Wikipedia, dass ein Rücklauf (bei einer schriftlichen Umfrage), welcher 15% übersteigt, als bemerkenswert hoch eingestuft wird. Wir schliessen daraus, dass das Thema der Onleihe unseren Kunden am Herzen liegt. Gleichzeitig hat sich herausgestellt, dass unsere stärkste Benutzergruppe Kundinnen sind, die auch das traditionelle Angebot der Bibliothek nutzen und die Onleihe als Ergänzung sehen und deswegen nicht unsichtbar sind. Wir erreichen sie bei den Ausleihen in der Bibliothek und haben „klare Gesichter“ vor uns. Was uns fehlt, ist eine Notiz oder ein Vermerk, welcher Kunde und welche Kundin die Onleihe benützt. Dies wäre aus unserer Sicht ein erster wichtiger Schritt, um sich gezielt mit den Kunden in Verbindung zu setzen und auch gezielt Angebote entwickeln zu können. Aus der Umfrage lässt sich nicht ableiten, ob unser stärkstes Kundensegment von der Onleihe Gebrauch macht, weil es viel in der Bibliothek ist und deswegen informiert ist oder einfach, weil es viel liest. Hier hilft uns nur bewusstes Nachfragen weiter. Im Fragebogen konnten die Teilnehmer am Schluss noch Wünsche und Anregungen anbringen. Kritisiert und bemängelt wurde vor allem die Benutzerfreundlichkeit der Onleihe. Ein digitales Buch kann jeweils für drei Wochen nur von einer Person ausgeliehen werden. Daraus ergeben sich lange Wartezeiten. Die Suchfunktion ist ungenügend. Für Apple Geräte benötigt man zusätzliche Apps, damit der Onleihe Service funktioniert, Hörbücher können nicht heruntergeladen werden. Diese Mängel zu beseitigen liegt nur bedingt in unseren Händen: Natürlich können wir Dibiost/Dibizentral darauf aufmerksam machen. Das Problem mit Apple-Geräten ist ein bekanntes Problem, welches von Seiten von Mac wahrscheinlich auch ganz bewusst so gesteuert wird. In der Bibliothek können wir mit speziellen Mac-Infos oder Veranstaltungen entgegenwirken. 16 3 Neue Kunden gewinnen Ramona Eggenberger 3.1 Jugendliche Eine der grössten Herausforderungen jeder Bibliothek von heute ist die Zielgruppe Jugend. Jugendliche für die freiwillige Nutzung von Bibliotheken zu gewinnen, bedarf eines grossen Mehraufwands zu unseren herkömmlichen und bekannten Aufgaben. Das Angebot an alternativen Beschäftigungsmöglichkeiten und Freizeitgestaltung ist besonders in diesem Alter sehr gross. Obwohl zuweilen der Eindruck besteht, dass die sogenannte Gruppe der Digital Natives 10 sowieso mit der virtuellen Welt unablässig im Kontakt steht via Smart Phone, verwundert es nicht, dass nur gerade einmal 2% der Jugendlichen einen eBook-Reader besitzen (JIM-Studie, www.bibliotheksportal.de, 07.02.2016). Alleine der Umstand, dass eine Bibliothek von heute Bücher auch digital anbietet per Onleihe, verleitet junge Erwachsene also noch lange nicht zu deren Nutzung, sprich dem simplen Lesen. Kunden in der Altersgruppe bis 20 Jahre belegen dann auch den zweitletzten Platz in unserer Umfrage zur Benutzung von eMedien allgemein (14.61%), gefolgt nur noch von den 21-30-Jährigen auf dem letzten Rang mit 6.47%. (vgl. Kapitel 2, Umfrage, S.12) Tendenziell wird der Anteil an eMedien in den Bibliotheken wachsen. Wie also bringen wir uns mit dieser, gerade für Jugendliche so interessanten, Sparte wieder ins Spiel? Erfahrungsgemäss und vor allem auch in Anlehnung an die moderne Kommunikation sollte die Inbetriebnahme eines Social-Media-Kanals von einer Bibliothek sorgfältig geprüft werden. Die Möglichkeiten, die diese Art der Informationsverbreitung bietet, sind vielfältig und zum Teil mit einem kleinen Budget- und Zeitaufwand zu bewerkstelligen. Kurzfristige Informationen, Veranstaltungshinweise und News können schnell und grossflächig verbreitet werden mit einem Twitter-, Facebookoder Instagram-Account. Ausserdem haben die (jugendlichen) Nutzer die Möglichkeit auf Meldungen und Ankündigungen unmittelbar zu reagieren. Beliebt in der realen wie auch der virtuellen Bibliothek sind nach wie vor sogenannte spielerische und interaktive Elemente. Dazu zählen, im Hinblick auf die Bibliotheksarbeit, z. B. Lesetipps, Buch der Woche/des Monats, Diagramme zu Benutzer- und Besucherzahlen, Buch-Top und Flop-Listen, etc.) Dies lässt die Kunden in der jeweiligen anderen Welt ganz einfach und schnell sichtbar werden, weckt Neugier und verleitet im besten und für uns günstigsten Fall zu einem schon lange überfälligen Besuch in der eigenen Bibliothek oder direkt zum Download des nächsten, evtl. auch ersten Buchtitels auf ein digitales Endgerät. 10 Als digital native (deutsch: „digitaler Ureinwohner“; Plural: digital natives) wird eine Person der gesellschaftlichen Generation bezeichnet, die in der digitalen Welt aufgewachsen ist. Als Antonym existiert der Begriff des digital immigrant (deutsch: „digitaler Einwanderer“ oder „digitaler Immigrant“) für jemanden, der diese Welt erst im Erwachsenenalter kennengelernt hat. www.wikipedia.de, 07.02.2016 17 Startseite der Bibliothek Zug auf Facebook/ Bildquelle: www.facebook.com, 10.02.2016 Voraussetzung für die Betreuung aller virtuellen Kunden in einer Bibliothek sind aber natürlich ein schneller WLAN-Anschluss, (bereits bestückte) eBooks zum Ausleihen, geschultes Bibliothekspersonal, Freude am Umgang mit digitalen Medien und zeitnahe, regelmässige Betreuung der Social-Media-Kanäle und der Homepage. 3.2 Männliche Kundschaft Männer in öffentlichen Bibliotheken sind ein rares Gut! Ob als Kunden oder gar als Mitarbeiter, wer sich als Mann im feminisierten Bereich „Öffentliche Bibliothek“ bewegt, darf sich nicht ganz zu Unrecht als Hahn im Korb bezeichnen. Leider lassen sich unsere täglichen Beobachtungen während der Arbeit deckungsgleich auf die virtuelle Bibliotheken-Welt, sprich die Onleihe, übertragen. Frauen lesen mehr online als Männer und nutzen dieses Angebot auch viel fleissiger. Nur gerade ein Viertel unserer befragten Kunden (vgl. Kapitel 2, Umfrage, S.11) waren denn auch tatsächlich männlicher Natur. Als uns das Umfrage-Ergebnis Anfang Januar bekannt war und wir die Grafiken erstmals gross und in Farbe vor uns liegen sahen, hat uns dann aber doch die Deutlichkeit dieser Zahlen erschreckt! Sofort fragten wir uns: Was könnten wir tun, um uns als Bibliothek im Ort und im Netz attraktiver zu machen für Frau UND (ihren) Mann? 18 Männer in der (virtuellen) Bibliothek: ein seltener Anblick! / Bildquelle: www.help-verlag.ch/eBooks Im Zuge meiner Nachforschungen stellte ich fest, dass wir nicht die Einzigen sind, die sich diese und ähnliche Fragen stellen. Der Schweizerische Bibliotheksblog bibliomedia.wordpress.com titelte schon im Oktober 2009: Warum gehen Jungs und Männer kaum in Bibliotheken? Und auf der Website des deutschen Bibliotheksportals www.bibliotheksportal.de findet sich eine lange Liste von Bibliotheken mit besonderen Leseförderprogrammen für Jungen. Diese Bemühungen zielen vor allem darauf ab, schon die „kleinen“ Männer mit ins Boot zu holen, damit sie später der Bibliothek und ihrem Service treu bleiben. Ganz nach dem Motto: Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr! So werden z.B. Männer als ehrenamtliche Vorleser engagiert um damit ein positives Rollenmodell für Jungen anzubieten. Ausserdem werden besonders an den Interessen von Jungen ausgerichtete Medienbestände angeboten oder Lesungen und andere Veranstaltungen eigens für Jungen. Auch in der Schweiz bin ich auf solche und ähnliche Angebote gestossen. Unter dem Titel „Lesekerle – Helden hautnah“ lockten beispielsweise die Stadtbibliothek Baden im Januar dieses Jahres ihre 6 bis 9-jährigen Buben plus männlicher Begleitperson mit Vorträgen von verschiedenen Berufsvertretern wie einem Rettungssanitäter, einem Lastwagenchauffeur und einem Bodyguard in ihre Räumlichkeiten. (www.stadtbibliothek.baden.ch/veranstaltungen) Über den tatsächlichen Nutzen solcher Anstrengungen kann im Moment natürlich nur spekuliert werden. Frühestens Studien oder Untersuchungen in 20 Jahren könnten eventuell darüber Auskunft geben, wie und ob sich die besonderen Bemühungen von heute Morgen bezahlt machen. Fakt ist: viele Männer, männliche Jugendliche und Jungen sind technisch sehr interessiert. Mit dem Aufbau und weiteren Ausbau einer gut und schnell funktionierenden Onleihe machen wir in punkto Zielpublikum Mann garantiert nichts falsch. 19 Während Frauen mehr auf Romane und Erzählungen aus sind, nutzen Männer die Onleihe vielfach, um Sach- und Fachbücher, Zeitschriften und Zeitungen auszuleihen (Stiftung Lesen 2008, www.bibliotheksportal.de, 10.02.2016). Um der männlichen Kundschaft einer Bibliothek habhaft zu werden, sie vielleicht auch im Alltagsgeschäft sichtbar zu machen, darf auch gerne der Weg über ihre Frau oder Partnerin gewählt werden. Mit entsprechend platzierter Werbung z.B. als Flyer oder Aushang könnte der uns vielleicht persönlich nicht bekannte männliche Teil der Familie sehr gut auf unser Onleihe-Angebot und unsere Bibliothek aufmerksam gemacht werden. Vor allem könnten wir pensionierte Männer, die allenfalls mehr Freizeit zu ihrer Verfügung haben, ansprechen und als Kunden gewinnen. 3.3 Generation 50plus Die Gruppe 50plus hat bei unserer Online-Umfrage mit 36.12 Prozent (vgl. Kapitel 2, Umfrage, S.12) als klar stärkste Kunden- und Benutzergruppe der Onleihe abgeschnitten. Dieses Ergebnis hatten wir erwartet und waren deshalb auch nicht sonderlich überrascht, dass unsere zahlreichen Bibliothekspanther auch im virtuellen Gegenstück zu unserer herkömmlichen Bibliothek klar die Nase vorn haben. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: eBooks lesen ist für Ältere weniger anstrengend als das Lesen gedruckter Bücher. Das liegt v.a. an den beleuchteten und kontrastreicheren Buchstaben, die eine eventuell vorhandene Sehschwäche aufheben. Dank kontrastreicher Displays kann man auch im hellen Sonnenlicht scharf lesen. Für alle die es gern haben, wenn etwas vorgelesen wird, gibt es eReader mit einer sogenannten Vorlesefunktion und zusätzlichen Extras. eBook-Reader oder sonstige digitale Endgeräte wiegen weniger als ein herkömmliches Buch. Lästiges Schleppen fällt weg, was vor allem ins Gewicht fällt, wenn man nicht mehr so fit ist. Auch das längere Halten eines Buches mit grossem Umfang, d.h. vielen Seiten oder grossem Gewicht, entfällt. (vgl. Bibliothek der dritten Lebensphase – Angebote für die Zielgruppe der Älteren, Gudrun Kulzer, S. 48/49) Auch wenn viele ältere Menschen im Moment etwas Scheu vor der Technik haben, ist die spätere Freude über den unkomplizierten Lesegenuss riesengross, zumal schon viele öffentliche Bibliotheken in der Schweiz an einer entsprechenden Onleihe angeschlossen sind, deren Benutzung im konventionellen Abonnement enthalten de facto „gratis“ - ist oder als Zusatz zum herkömmlichen Angebot verstanden werden kann. Das Herunterladen neuer Bücher lässt sich in wenigen Schritten im Internet, per Bedienungsanleitung oder bei der Bibliothekarin des Vertrauens erlernen. Und genau dort sollte der Fokus der Bewerbung unserer Onleihe liegen. Fühlt sich der (ältere) Kunde verstanden, aufgehoben, ernst genommen, informiert und optimal betreut, wird der Gang in die Bibliothek auch dann zur Selbstverständlichkeit, wenn die Handhabung der elektronischen Bücher und anderen Medien schon lange zur Gewohnheit geworden ist. So laufen wir gar nicht in Gefahr, unsichtbare Kunden zu produzieren. Entsprechende Angebote werden im Kapitel 4, Ideenpool zur Kundenbetreuung, näher ausgeführt. 20 4 Ideenpool zur Kundenbetreuung 4.1 Christiane Hoppe Einleitung "eBooks und die anderen digitalen Werke haben ein Potential, das den Öffentlichen Bibliotheken bei konsequenter Nutzung neue Möglichkeiten und Nutzerschichten eröffnet, bestehende Nutzer bindet und ihre Existenz nachhaltig sichert.“ (Kummrov, 2013, S.93)11 Wenn es um die Ansprache von Onleihe-Kunden geht, sind uns die grossen Bibliotheken in der Regel voraus. Sie haben aufgrund ihres grösseren Budgets häufig ganz andere Möglichkeiten, ihre Kunden auf Neuigkeiten in diesem Bereich aufmerksam zu machen. Aber auch kleinere Bibliotheken haben diverse, kostengünstigere Optionen, ihre Kunden mit dem Onleihe-Angebot vertraut zu machen. Es lohnt sich auf jeden Fall der Blick „über den Zaun“, in andere Institutionen, denn zum Zeitpunkt der Fertigstellung dieser Arbeit (März 2016) sind einige Bibliotheken deutlich weiter auf dem Weg ins digitale Zeitalter als andere. Was liegt näher als sich von ihnen abzuschauen, was bereits erprobt ist. Wir haben daher im Internet die Webseiten von innovativen Bibliotheken angesehen. Dazu gehören die Stadtbibliothek Köln, die Universitätsbibliothek Konstanz, die Bibliotheken im Kreis Mettmann, Deutschland, und die Zentralbibliothek Zürich. Ausserdem haben wir das Angebot des SBD (SBD.bibliotheksservice ag) und des ekz (ekz.bibliotheksvervice GmbH), und dabei vor allem der divibib GmbH (digitale virtuelle bibliotheken) gesichtet und auch eine mittelgrosse Bibliothek hier in der Schweiz besucht, die eine Vorreiterrolle innehat, namentlich die Bibliothek Zug. Was wir hierbei im Laufe der Zeit an Angeboten gesehen haben, geben wir im Folgenden weiter mit dem Ziel, andere Bibliotheken zum „Nachmachen“ zu animieren. 4.2 Darstellung digitaler Medien in der physischen Bibliothek Eine Möglichkeit die Kunden anzusprechen, die man im physischen Raum, also der Bibliothek, nicht antrifft (oder nur einmal jährlich bei der Verlängerung des Abonnements) besteht darin, durch Mails in periodischen Abständen, in denen man auf aktuelle Anschaffungen aufmerksam machen kann, eine neue Zeitschrift, die jetzt auch online verfügbar ist oder Neuigkeiten im technischen Bereich. Da relativ viele Männer die Onleihe benutzen, kann man sie möglicherweise auf eine Auto-Zeitschrift hinweisen oder auf ein neues Buch, das ein männliches Zielpublikum hat. Dabei sind jene Bibliotheken im Vorteil, die eine eigene Homepage besitzen und diese auf ihr Zielpublikum massschneidern können. Bibliotheken, die „nur“ auf der Homepage der Gemeinde vertreten sind, sind tendenziell die Hände gebunden. Zum anderen kann man die Kunden ansprechen, die auch zur Ausleihe zu uns in die Gemeindebibliothek kommen. Die Anzahl der zu dieser Gruppe gehörenden Kunden (vgl. Kapitel 2, Umfrage, S.13) ist deutlich grösser. Dies hat den Vorteil, dass wir als Bibliothekarinnen die Nutzer persönlich ansprechen können. 11 Kummrow, Eckhard (2013): Der Einsatz digitaler Werke in Öffentlichen Bibliotheken am Beispiel des OnleiheVerbundHessen. Masterarbeit an der Hochschule Regensburg, Fakultät Angewandte Sozialwissenschaften, Masterstudiengang „ Leitungs- und Kommunikationsmanagement“ Frankfurt am Main 21 Es gibt kostengünstige Möglichkeiten, an den Gestellen, auf einem gesonderten Tisch, in einer Ausstellung zu einem bestimmten Thema oder im Bereich der Computer-Arbeitsplätze auf aktuelle Onleihe-Angebote aufmerksam zu machen: In der Bibliothek Zug kennzeichnen die Mitarbeiter zahlreiche Bücher mit dem Sticker, den wir seit längerem schon mit der Aufschrift NEU kennen. Er ist nun gelb statt blau und trägt die Aufschrift „auch als E-Book“. So kann jeder Bibliotheksbesucher sofort sehen, dass dieses Werk auch online ausgeliehen werden kann. Abb. 1: Info-Sticker für Bücher in der Bibliothek Zug, Quelle: privat Abb. 2: Hinweis am Zeitschriftenfach in der Bibliothek Zug, Quelle: privat Auch die Zeitschriften können wir mit einem Sticker versehen, der den Kunden auf die Ausgabe als E-Paper hinweist. Es ist in jedem Fall ratsam, die Sticker und Hinweise und auch die sonstigen Werbemittel periodisch zu verändern und auszutauschen, um den Gewöhnungseffekt zu vermeiden. Um bei den Zeitschriften darauf hinzuweisen, dass sie auch online verfügbar sind und die Kunden sie bequem zu Hause lesen können, generiert man ausserdem QRCodes (z.B. mit Hilfe der Seite http://www.qrcode-monkey.de/), stellt sie unter der aktuellen Ausgabe der jeweiligen Publikation aus, und der Link führt dann zur Übersichtsseite der eMagazines und ePapers in der Onleihe. Bei diesem kostenlosen Service besteht die Möglichkeit, eigene Logos hochladen und einzubinden. In der Bibliothek Zug steht zusätzlich zur Information des Kunden noch der Hinweis „Auch in elektronischer Form ausleihbar“. In einer Ausstellung kann man zu bestimmten Themen verschiedene Medien präsentieren, unter anderem die Medien, die es (nur) online gibt (siehe Abb. 4). Auch hier ist das Ziel, unsere Kunden gewissermassen nebenbei auf die Onleihe hinzuweisen. Ein Thema, das sich anbietet, könnte das Thema „Reisen und Urlaub“ sein, wobei starke Vorteile des digitalen Lesens herausgestrichen werden können: der Kunde kann auf kleinstem Raum (fast) unendlich viel Lesestoff mit sich tragen. eReader lassen sich zudem – im Unterschied zu beispielsweise iPads - auch bei starker Sonneneinstrahlung problemlos lesen. Abb. 4: Onleihe-Regal in der Bibliothek Zug, Quelle: privat 22 Eine gute Idee ist es, an prominenter Stelle, im Bereich des Einganges oder der Theke, verschiedene eReader zum Ausprobieren und/oder zur Ausleihe zur Verfügung zu stellen. Mit diesem Service werden die Kunden zum Ausprobieren verführt, und es bietet sich die Möglichkeit, mit ihnen ins Gespräch zu kommen (siehe Abb. 5). In der Bibliothek Zug liegen die Flyer mit den entsprechenden Infos praktischerweise gleich daneben. Als zusätzliche Dienstleitung können Kunden ihre privaten Geräte an eine Ladestation aufladen. Abb. 5: Onleihe-Infostand im Eingangsbereich in der Bibliothek Zug, Quelle: privat 4.3 Der Kontakt mit Nutzern digitaler Medien in der physischen Bibliothek Durch gezielte, das heisst, auf die „unsichtbaren“ Kunden zugeschnittene Werbung sollte regelmässig versucht werden, auch diese Kunden für die physische Bibliothek zu begeistern. Viele Nutzer stellen womöglich gar nicht unbedingt den Zusammenhang zwischen den digitalen Angeboten und dem physischen Angebot unserer Bibliothek her. So, wie wir unsere Leser in der Bibliothek mit den unter 3.2 dargestellten Mitteln über das Onleihe-Angebot in Kenntnis setzen, müssen wir deshalb die Leser digitaler Medien über Angebote informieren, die wiederum nicht in der Onleihe erhältlich sind. Ziel ist, und das sollten wir uns immer wieder vor Augen halten, dass unsere Kunden Lust auf Onleihe und auf den realen Besuch unserer Bibliothek bekommen und/oder immer wieder haben! Am leichtesten lässt sich dieser Kontakt über Mail und die Webseite unserer Bibliothek herstellen. Von Zeit zu Zeit sollte man seine Kunden per Mail über die Neuerwerbungen der Onleihe informieren, über neue Service-Angebote (z.B. Onleihe-Sprechstunden o.ä.) oder eine Zeitschrift, die neu zur Verfügung steht. Mittel hierzu können Flyer sein, die man den Kunden bei der Ausleihe mitgibt. Bewährt hat es sich auch nach unserer Erfahrung, aktiv das Gespräch mit den Kunden zu suchen. Diese Chance bietet sich im Bibliotheksalltag und auch bei der Einführung von Neukunden, denen man die entsprechenden Flyer und Informationen mitgeben kann. Damit sich die Bibliothekarin diese Gespräche auch zutraut, muss sie jedoch entsprechend geschult sein. Mehr dazu in Kapitel 5. 23 Es lohnt sich auf jeden Fall, diese Gespräche zu suchen, denn laut einer Untersuchung des OnleiheVerbundHessen 12 werden immerhin knapp 18% der Nutzer „durch das Bibliothekspersonal auf die virtuelle Zweigstelle aufmerksam“. Durch Plakate, die in der Bibliothek aufgehängt werden, lenkt man das Augenmerk auf das digitale Angebot. Auf ihnen kann auf Neuerwerbungen hingewiesen werden, auf Kurse oder andere Aktionen. Andere Werbemittel sind Lesezeichen, die auch zu Hause die Aufmerksamkeit auf spezifische Angebote lenken und zum weiteren Recherchieren ermutigen sollen. Abb. 7: Werbung für Onleihe, Quelle: www.onleihe.net Stand 25.2.2016 Abb. 6: Werbung für Onleihe, Quelle: www.onleihe.net Stand 25.2.2016 Je nach Zielgruppe, die die Bibliothek im Auge hat, sollte hierbei der Schwerpunkt unterschiedlich gesetzt werden. Bei Jugendlichen „herrscht die Mentalität, dass die Information sofort, problemlos und vor allem kostenfrei zur Verfügung stehen soll“. Die Marketing-AG Mettmann hat für diese Zielgruppe deshalb einen attraktiven Flyer (siehe Abb. 8) mit dem Format eines Smartphones kreiert, der positive Wirkung erzielt hat. 13 Abb. 8: Flyer Come@n, Quelle: AG-Onleihe-Werbung, Bericht zum Projekt BIBNET-Onleihe im Kreis Mettmann, 2010 - 2012 Stand 25.2.2016 Für die älteren Leser streicht man eher die Vergrösserung der Schrift und das integrierte Licht als Vorteile beim digitalen Lesen heraus. Die Generation 50plus ist auch die Zielgruppe der digitalen Sprechstunden. 12 Kummrow, Eckhard (2013): Der Einsatz digitaler Werke in Öffentlichen Bibliotheken am Beispiel des OnleiheVerbundHessen. Masterarbeit an der Hochschule Regensburg, Fakultät Angewandte Sozialwissenschaften, Masterstudiengang „Leitungs- und Kommunikationsmanagement“ Frankfurt am Main, Seite 52 13 AG-Onleihe-Werbung im Kreis Mettmann, Bibnet.de/onleihe, Bericht zum Projekt BIBNET-Onleihe 2010-2012 24 4.4 Vorschläge zur Infrastruktur Dieser Bereich ist für uns, die wir in kleinen Gemeinde- und Schulbibliotheken arbeiten, eher von untergeordneter Bedeutung, weil er zu aufwendig und zu kostspielig ist. Die Ideen und Möglichkeiten in diesem Bereich sollen aber dennoch nicht unerwähnt bleiben. Wer weiss, was die Zukunft noch an technischem Fortschritt bringt und wie unsere Bibliotheken in ein paar Jahrzehnten aussehen werden? Da wir vermutlich dem Konzept von der Bibliothek als „drittem Ort“14 Rechnung tragen werden müssen, wird sich auch unsere Einrichtung anzupassen haben. Am kostengünstigsten zu realisieren sind digitale Bilderrahmen oder Bildschirme, auf denen man sein Angebot präsentieren kann. Sie können so konfiguriert werden, dass sie das jeweils aktuelle Angebot zeigen. In sogenannten CoverShows werden die Medien präsentiert (siehe Broschüre der divibib „Kunden gewinnen für die Onleihe“, auch online verfügbar unter www.divibib.com/fuer-bibliotheke/werbetipps-html). Angeboten werden hier auch Fussmatten („FloorWindo“), in die man ein Poster einlegen kann, wiederum mit den aktuellen Angeboten und Hinweisen zur Onleihe. Sicher wünschenswert sind einer oder mehrere Computer-Arbeitsplätze mit WLANZugang, an denen Bibliotheksbesucher in Ruhe recherchieren und stöbern können. Für den Einsatz in Bibliotheken kommen „Download-Stationen infrage, die über ein Terminal verfügen, an dem man im eMedien-Angebot stöbern kann, und die digitale Daten via Bluetooth bequem auf das mobile Endgerät übertragen“.15 Das Terminal, ob mobil oder als fest eingebautes Möbel, dient sozusagen als „Daten-Tankstelle“, an der sich die Kunden bedienen und die gewünschten Medien direkt auf ihr Endgerät herunterladen können. Auf dem 104. Deutschen Bibliothekartag vom 26. bis 29. Mai 2015 in Nürnberg wurde ein solches Terminal, der eCircle der divibib, vorgestellt. Er „ermöglicht (die) Nutzung der Onleihe in öffentlichen Räumen (als Regalsystem oder eigenständiges Möbel erhältlich)“. 16 Angesichts des hohen Preises erwägt man den Kauf eines solchen Möbels im Verbund, um es dann unter den Bibliotheken wandern zu lassen. Im April 2016 wird zunächst eine Informationsveranstaltung beim SBD in Bern stattfinden, bei der man ein solches Gerät und die Software testen kann. Herr Kummrow, der Vorstandsvorsitzende der Hessischen Fachstelle für Öffentliche Bibliotheken (D) und bekannte Referent, wird von seinen Erfahrungen berichten. 14 Barth, Robert (2014): Die Bibliothek als dritter Ort, www.dibliobe.ch Taubert, Janin (2013): Absentia in Praesentia? Zur Präsentation und Vermittlung digitaler Medien im physischen Raum. Masterarbeit im Rahmen des Fernstudiums Master of Arts (Library and Information Science) an der Humboldt-Universität zu Berlin, Seite 106 16 www.sbd.ch, Kurzprotokoll Onleihe-Anwendertreffen vom 18. Juni 2015 15 25 Sehr innovativ ist auch die von Eike Kleiner entwickelte Idee des „Blended Shelf“17. Er ist wissenschaftlicher Bibliothekar und Entwicklungsmanager an der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften ZHAW. Sein Projekt bietet „neben den klassischen digitalen Zugängen zu Bibliotheksbeständen (OPAC, RDS) alternative Sichten und Sucheinstiege“. Es handelt sich hierbei um ein Programm auf einem PC, an dem der Kunde in virtuellen Regalen in den Beständen browsen und recherchieren kann. Ein weiteres Stichwort in diesem Zusammenhang ist der „digital signage screen“, eine Anzeigetafel für digitale Medieninhalte, mit dem die Kommunikation mit den Kunden verbessert werden soll. Im Rahmen dieser Arbeit können wir leider nicht auf alle aktuellen Projekte eingehen. Weitere Recherchen zu diesem Thema könnten für viele Bibliothekare interessant sein. 5 Neues Berufsbild der Bibliothekarin Tania Flores Jost 5.1 Veränderung im Arbeitsalltag durch eMedien (Onleihe) Wie in den vorhergehenden Kapiteln gezeigt wurde, hat sich das Bibliothekswesen in den letzten Jahren stark verändert. Damit einhergehend stellen sich auch neue Anforderungen an Bibliotheken und Bibliotheksmitarbeitende. Früher mussten die Kunden zu den Öffnungszeiten in die Bibliothek gehen. Dort konnten sie Bücher ausleihen, die von der Bibliothekarin dann in einem KundenKartensystem notiert wurden. Klassische Ausleihe ://www.flickr.com/photos/statelibraryofnsw/ 5882580951/ 17 Kleiner, Eike „Blended Shelf: Ein realitätsbasierter Ansatz zur Präsentation und Exploration von Bibliotheksbeständen“, B.I.T. Verlag, 2014 26 Die Bücher mussten nach einer bestimmten Zeit zurückgegeben werden, wo sie dann durch die Bibliothekarin wieder ausgebucht und versorgt wurden. Mit der Zeit wurden die Kartensysteme durch den Einsatz von Computern und einer speziellen Bibliothekssoftware ersetzt. Nebst Büchern wurden auch Hörbücher oder Musik-CDs und DVDs erfasst und ausgeliehen. Durch diese Neuerungen hat sich die Arbeit der Bibliothekarin mit der Zeit stark verändert. Einige arbeitsintensive Aufgaben sind dank dem Einsatz von Computerprogrammen stark vereinfacht worden. Das bedeutet nicht, dass die Bibliothekarinnen weniger Arbeit erledigen müssen: so müssen viele Daten von Büchern und elektronischen Medien sowie Kundendaten erfasst und immer wieder aktualisiert und ergänzt werden. Für die Bibliothekarin bedeutet die Umstellung auf Computer und die Einführung von Onleihe eine Erweiterung ihres Berufsbildes. Sie muss sich nebst dem umfassenden Bibliotheksinventar auch im Bereich der eMedien und eGeräte auskennen. Eine zusätzliche, ergänzende Ausbildung lässt sich daher nicht umgehen. Digitale Ausleihe http://www.ekz.de/csm2015eCircle 5.2 Neue Kompetenzen und Interessensgebiete Der stetige Wandel und die Entwicklung im Speziellen bei den elektronischen Medien werden immer schneller und anspruchsvoller. Heutige und zukünftige Bibliothekarinnen müssen verschiedene Fähigkeiten haben. In grösseren Bibliotheken werden sich die Mitarbeiter in den verschiedenen Kompetenzen spezialisieren können, bei kleineren Bibliotheken müssen gewisse Spezialgebiete weggelassen werden, da die Kunden und ihre Bedürfnisse je nach Bibliothekstyp verschieden sind. Bei der Ausbildung zur Bibliotheksmitarbeitenden werden viele dieser Kompetenzen übermittelt. 27 Barbara Lison, leitende Bibliotheksdirektorin der Stadtbibliothek Bremen und aktuell Mitglied der Aktionsgruppe für eMedien in Bibliotheken, hat in ihrem Vortrag an der Winterthurer Fachtagung „Bibliotheksmetamorphosen“ das Anforderungsprofil einer modernen Bibliothekarin folgendermassen vorgestellt: „Sie versteht ihren Beruf als Dienstleistung, ist kundenorientiert, ist lernbegierig und qualitätsbewusst; lernt autodidaktisch, versucht auch Ungewohntes und ist experimentierfreudig, muss die Fallen und Vorteile der neuen Technologien kennen, braucht professionelles Engagement, Vorstellungskraft und Initiative, ist neugierig und aufgeschlossen für alles Neue, sucht Kooperationen und arbeitet gerne im Team, entwickelt sich weiter in einer Atmosphäre der kontinuierlichen Veränderung, der Kreativität und Initiative sowie des Weitblicks und der Offenheit.“ (Lison, 2010, S.15 Zitat nach: Trottmann, S. 108) Die Arbeitsgruppe des „gemeinsamen Berufsbildes der Bundesvereinigung Deutscher Bibliotheksverbände“ hat folgende Fachkompetenzen für Bibliotheksmitarbeiter, unter Berücksichtigung der veränderten Umstände, zusammengestellt:18 Methodisch-fachliche Kompetenz Die Bibliothekarin muss den Bedarf der Bibliotheksbenutzer eruieren können und dementsprechend die notwendigen Informationen in allen denkbaren Medien schnell und aktuell erwerben, für die Nutzung verfügbar machen und rasch auf Informationen zugreifen, die nicht vor Ort, sondern weltweit vorhanden sind. Wissenschaftliche Kompetenz Spezielle fachwissenschaftliche Kenntnisse sind notwendig, um die richtige Literatur aus einem weltweiten Angebot nach fachlichen und qualitätsbezogenen Kriterien auszuwählen. Soziale Kompetenz Die Bibliothekarin steht ständig mit dem Kunden in Kontakt. Sie muss kommunikative Fähigkeiten haben, sodass sich der Kunde wohl fühlt und als Kunde gerne wiederkommt. Da die Bibliothekarin meistens in einem Team arbeitet, muss sie auch teamfähig sein, damit das Arbeitsklima in der Bibliothek gut ist und dieses auch nach aussen hin so wahrgenommen wird. Kulturelle Kompetenz Bibliotheken nehmen kulturelle Aufgaben wahr. Sie übernehmen zum Beispiel die Rolle eines kulturellen Zentrums im kommunalen Raum. Sie können Veranstaltungen zu aktuellen Themen anbieten oder mit speziellen Angeboten für bestimmte Zielgruppen auf sich aufmerksam machen. Der demografische Wandel bzw. die Migration, die interkulturelle Gesellschaft und die Veränderung der Kommunikationsgewohnheiten der Menschen heute sind Herausforderungen, die meiner Meinung nach bei dieser Kompetenz noch das Zusatzwort Interkulturell verlangen. 18 Die folgende Zusammenstellung beruht im Wesentlichen auf: Nach Krauss-Leichert, Ute/Dankert, Birgit/Dittmar, Roswitha u.a.: Berufsbild 2000 – Bibliotheken und Bibliothekare im Wandel, letzter Zugriff 27.02.2016) 28 Betriebswirtschaftliche Kompetenz Die meisten Bibliotheken sind öffentliche Institutionen, die durch Steuergelder finanziert werden. Doch auch diese Gelder müssen optimal eingesetzt werden, sodass die Bibliothekarin auch betriebswirtschaftlich handeln muss. Darin enthalten sind Verhandlungen für günstige Lieferbedingungen, Lizenzgebühren oder Serviceleistungen, sowie das eruieren des optimalen Dienstleistungsangebots. Technologische Kompetenz PC, Netzwerke, Datenbanken und andere elektronische Medien haben als alltägliche Arbeitsinstrumente längst in Bibliotheken Einzug gehalten. Die EDV erfüllt in Bibliotheken zwei unterschiedliche Funktionen: Sie wird für rationelle Abläufe in der Bibliothek benutzt und sie tritt neben dem traditionellen Buch als moderner Informationsträger zur Verfügung. Schon heute kann keine Bibliothekarin mehr ohne gründliche EDV-Kenntnisse und praktische Erfahrungen in den neuen Informationstechniken in einer Bibliothek tätig sein. Zusätzliche Kompetenzen im Bereich Onleihe Die Auswertung unserer Umfrage zeigt unter anderem, dass unsere Kunden von uns Bibliothekarinnen viel mehr Informationen zum Thema Onleihe brauchen. Viele dieser Kundenwünsche zielen auf die technische Unterstützung ab. So muss die neue Bibliothekarin über Zusatzkompetenzen verfügen, die rein technischer Natur sind. Technische Aspekte Die Bibliothekarin muss dem Kunden erklären können, wie die Onleihe funktioniert und wie er die Daten auf seinem Lesegerät lesen kann. Ebenfalls muss sie Bescheid wissen, welche zusätzlichen Apps bzw. Programme nötig sind, um die ausgeliehenen Daten lesen zu können. Aufgrund dessen, dass sich in der digitalen Welt alles sehr schnell ändert, muss sich die Bibliothekarin ständig weiterbilden und sich die neuesten Techniken aneignen. Lesegeräte Die Bibliothekarin muss über die aktuellen auf dem Markt erhältlichen Lesegeräte Auskunft geben können. Sie sollte auch die Vor- und Nachteile der verschiedenen Geräte kennen. Momentan sind dies PC/Notebook, Tablets (z.B. iPad), Smartphone, Smartwatch (z.B. Apple- Watch), eBook-Reader, MP3- Abspielgeräte, e-InkTechnologie, etc. Einleitung / Installation der verschiedenen Lesegeräte Die Bibliothekarin muss dem Kunden aufzeigen können, wie er die notwendigen Installationen an seinem Lesegerät machen muss, damit er die Daten herunterladen und diese auch lesen kann. Dazu gibt es Videoanleitungen im Internet und schriftliche Unterlagen, die sie dem Kunden zusätzlich abgeben kann. Leider gibt es oft technische Probleme (z.B. Mac) die nur bedingt in den Händen der Bibliothekarin liegen. (vgl. Kapitel 2, Seite 16) 29 Vertrautheit mit eNutzung Um dem Kunden kompetent Auskunft zu geben, sollte die Bibliothekarin selber im Umgang mit eMedien sattelfest sein. Dies kann sie nur, wenn sie selber eMedien konsumiert. Aktuelle Angebote kennen Die Bibliothekarin kennt die Neuheiten. Sie interessiert sich für die Neuerscheinungen, die es im Bereich der eMedien gibt. Vor allem ist es wichtig, dass sie die Neuzugänge ihrer digitalen Bibliothek kennt. Neuheiten sollten an die Kunden weitergeleitet werden. Social-Media kennen Die Bibliothekarin muss die gängigen Social-Media-Kanäle kennen. Sie muss die für sie und ihre Bibliothek sinnvollen Anwendungen kennenlernen und diese auch anwenden. Dadurch können sowohl die bestehenden Kunden als auch Neukunden einfach erreicht werden. Sie muss sich ständig über die verschiedenen Projekte und Gruppen anderer Bibliotheken informieren, zum Beispiel Tablet Heroes, Bibliofreak.org, usw. 5.3 Aus- und Weiterbildung der Bibliothekarin Die Ausbildung im I+D-Bereich (Information und Dokumentation) in der Schweiz ist national geregelt. Es gibt viele Ausbildungsmöglichkeiten in den sogenannten I+D Berufen, welche unter anderem die traditionellen Berufsbezeichnungen Bibliothekar, Archivar und Dokumentalist beinhalten. Es gibt drei Grundvarianten bzw. Möglichkeiten für eine Ausbildung im I+D Bereich: - Über eine Berufslehre zur Fachfrau Information und Dokumentation EFZ. Die Lehre dauert drei Jahre. - Über eine Fachhochschule oder eine Hochschule zum/zur I+D-Spezialist/in. Die Ausbildung dauert drei Jahren im Vollzeitstudium oder vier Jahre im Teilzeitstudium und kann beispielsweise an der HTW-Chur im Rahmen des Studiengangs Bachelor of Science in Information Science absolviert werden. - Über einen Master of Advanced Studies (MAS). Das Studium dauert zwei Jahre. Vorausgesetzt ist eine sechsmonatige Berufspraxis. Verwandte Ausbildungen Bibliothekarin SAB Dabei handelt es sich um eine Ausbildung für nebenamtliche Bibliothekarinnen, welche in Gemeinde- oder Schulbibliotheken tätig sind. Die Ausbildung dauert mindestens 100 Lektionen. Nach erfolgreicher Absolvierung des Kurses wird ein Zertifikat als Bibliothekarin SAB verliehen. Leitungskurs Nach dem Grundkurs folgt ein Leitungskurs, welcher mindestens 50 Lektionen beinhaltet. Dieser Kurs wird in der Deutschschweiz und in der Westschweiz von der SAB / CLP angeboten. 30 Zusätzliche Weiterbildungskurse und Workshops werden auch von verschiedenen anderen Institutionen angeboten. Eine moderne Bibliothek ist in der heutigen IT-Zeit den ständigen „Bibliotheksmetamorphosen“ ausgesetzt. Die Anforderungen an die Menschen, die in den Bibliotheken arbeiten, sind damit gross: Innovative Bibliotheken brauchen innovatives Personal, dass sich regelmässig weiterbildet, besonders im Bereich eMedien. Weiterbildungen im Bereich eMedien Wie meine Recherchen gezeigt haben, ist das Weiterbildungsangebot im Bereich eMedien äusserst vielfältig. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit habe ich mich auf die für unsere Region relevanten Angebote beschränkt. SBD Bibliotheksservice AG Bern Diverse Praxiskurse und Seminare/Workshops werden von der SBD angeboten. Die wichtigsten Kurse sind: - Einführungsschulung, erste Schritte mit der Onleihe - Praxisseminar Digitale Werke auf Tablets, Smartphones und in der Cloud - Praxisseminar Beratung und Support für Kunden und Mitarbeiter - Workshop Marketing, das Unsichtbare sichtbar machen. eCircle, CoverWebShow - Social Media und Bibliotheken – Tue Gutes und rede darüber! Bibliotheken Graubünden Bibliothekskommission Chur - Erste Schritte mit „Dibiost“ Die Teilnehmer lernen die Grundlagen von „Dibiost“ in Theorie und Praxis. - „Dibiost“ Aufbau Die Teilnehmer machen sich mit dem Handling der digitalen Lesegeräte vertraut. SIKJM (Schweizerisches Institut für Kinder- und Jugendmedien) Zürich - Social Reading Fachstelle Bibliotheken Zürich - Die Bibliotheken als Ort in der digitalen Welt - Lebendiger Online-Auftritt – so geht’s! Onleihe (www.onleihe.net) Die Onleihe bietet ausschliesslich digitale Weiterbildungen im Internet) an - Werbemittel eBooks: Ein Ratgeber für Einsteiger von onleihe. - Anleitungen für Bibliotheken oder für Leser in schriftlicher Form oder als Video. - Tutorials aus der Onleihe Akademie. Bibliotheksinterne Weiterbildungen Unter der Leitung eines fachkundigen Mitarbeiters in der eigenen Bibliothek die möglichen eAngebote kennenlernen. 31 Schlussfolgerungen In den letzten Wochen haben wir uns intensiv mit dem eBook-Leser auseinandergesetzt. Wir nannten ihn den „unsichtbaren“ Kunden, weil wir uns kein Bild von ihm machen konnten. Unser Ziel war es deshalb, ihm ein Gesicht zu geben, ihn in Zahlen zu fassen und ihn besser kennenzulernen. Ausserdem wollten wir herausfinden, wie wir Bibliothekarinnen uns für die Bibliothek der Zukunft rüsten können. Unsere Umfrage hat gezeigt, dass bereits ein grosser Teil unserer Kunden die digitalen Angebote nutzt. Allerdings ist der Anteil an Kunden, die ausschliesslich vom Onleihe-Angebot Gebrauch macht, kleiner, als wir angenommen hatten. Auch wenn viele Buchliebhaber dem gedruckten Buch treu bleiben werden, wird der eBookMarkt wachsen ebenso wie die Zahl der Leser, die die Vorteile der digitalen Bücher nutzen möchten. Was bedeutet das für uns Bibliothekarinnen? Es ist wichtig, dass wir mit den neuen Technologien mithalten können, und dass wir uns dem Wandel der Zeit nicht verschliessen. Dann können wir uns in der digitalen Welt als wertvolle Institution weiterhin profilieren. Durch ein attraktives Angebot, Aktualität, Fachwissen und Beratungskompetenz können wir unsere Kunden optimal unterstützen. Damit erreichen wir weiterhin sowohl den konventionellen Buchleser, als auch den eBookLeser. Mit dieser Projektarbeit haben wir den „unsichtbaren eBook-Leser“ für uns um einiges sichtbarer gemacht. Wir haben viel über sein Leseverhalten und seine Anforderungen an unser digitales Angebot erfahren. Nun heisst es, dieses Wissen in unseren Bibliotheken und in unserem Alltag umzusetzen. Und so schliessen wir unsere Arbeit mit folgendem Zitat:19 „Das gedruckte Buch ist so lebendig wie das elektronische. Beiden gehört die Zukunft. Aber bei beiden spielt die Digitalisierung eine zentrale Rolle. Entscheidend bleibt der Inhalt.“ 19 http://www.tagesanzeiger.ch/kultur/buecher/Die-Zukunft-des-Lesens-bleibt-digital/story/15459268 Artikel aus dem Tages-Anzeiger vom 2.10.2015 32 Quellenangaben Angaben, Zahlen, Zitate, Formulierungen, Bilder, etc., die nicht aus eigener Quelle stammen, wurden direkt im Text in Klammern oder in Fussnoten entsprechend gekennzeichnet. Dies gilt ebenfalls für Angaben, die direkt einer Homepage entnommen wurden und per entsprechendem Hyperlink als aus fremder Quelle hervorgehoben sind. Literaturverzeichnis: Die Zukunft des Lesens bleibt Digital Tagesanzeiger Edgar Schuler, 02.10.2015 Der Einsatz digitaler Werke in Öffentlichen Bibliotheken am Beispiel des OnleiheVerbundHessen Masterarbeit an der Hochschule Regensburg, Fakultät Angewandte Sozialwissenschaften, Masterstudiengang «Leitungs- und Kommunikationsmanagement», Frankfurt am Main Eckhard Kummrow, 2013 Absentia in Praesentia? Zur Präsentation und Vermittlung digitaler Medien im physischen Raum. Masterarbeit im Rahmen des Fernstudiums Master of Arts (Library and Information Science) an der Humboldt-Universität zu Berlin Janin Taubert, 2013 Blended Shelf: Ein realitätsbasierter Ansatz zur Präsentation und Exploration von Bibliotheksbeständen B.I.T. Verlag Eike Kleiner, 2014 Bibliothek der dritten Lebensphase – Angebote für die Zielgruppe der Älteren Verlag De Gruyter Saur Gudrun Kulzer, 2014 Bibliotheken und Bibliothekare im Wandel Berufsbild 2000, Bibliothek & Information Deutschland Ute Krauss-Leichert, Birgit Dankert, Roswitha Dittmar, u. a., 1998 Krauss-Leichert, Ute; Dankert, Birgit; Dittmar, Roswitha u. va. Berufsbild 2000 Bibliotheken und Bibliothekare im Wandel, 35 S. http://www.bideutschland.de/download/file/berufsbild2000.pdf Philipp Trottmann Die epochale Trendwende: Der Benutzerrückgang an öffentlichen Bibliotheken der Deutschschweiz in: Churer Schriften zur Informationswissenschaft, Schrift Nr. 69, Wolfgang Semar und Brigitte Lutz (Hrsg.) Chur 2014 33 Fragebogen 1. Was für ein Geschlecht haben sie? o Mann o Frau 2. o o o o o Wie alt sind Sie? bis 20 Jahre alt 21 – 30 Jahre alt 31 - 40 Jahre alt 41 – 50 Jahre alt ab 50 Jahre alt 3. Lesen Sie elektronische Medien? o Ja o Nein 4A.Benutzen Sie: o nur das Onleihe-Angebot o das Onleihe-Angebot und die traditionelle Ausleihe in der Bibliothek 5A. Lesen Sie: o Belletristik o Sachbücher o Zeitungen o Zeitschriften o Hörbücher o Fremdsprachige Literatur 6A.Wie viele Medien-Downloads haben Sie? o 1x / Monat o 2x / Monat o 1x / Woche o 1x / Tag o in den Ferien / auf Reisen o Haben Sie Wünsche / Anregungen bezüglich der Onleihe?_____________________ 4B. Warum nutzen Sie das Onleihe-Angebot nicht? o o o o Ich habe keine Möglichkeit (kein Internetanschluss, kein Tablet, kein Computer etc.) Ich lese lieber in einem „richtigen“ Buch Ich komme nicht draus wie das mit der Onleihe funktioniert Eigene Antwort _______________________________________________________ 5B. Was bräuchten Sie damit Sie das Onleihe-Angebot nutzen würden? o o o o o o Ein Tablet Eine Einführung Mehr Informationen Nichts, ich brauche/möchte es gar nicht Eigene Antwort _______________________________________________________ Haben Sie Wünsche / Anregungen bezüglich Onleihe?________________________ 34
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