Welcher Esel / welches Muli passt zu mir?

SCHWERPUNKTTHEMA »DER ERWERB EINES ESELS/MULIS«
Welcher Esel / welches Muli
passt zu mir?
Judith Schmidt erläutert, an was man alles
denken sollte.
Vor dem Erwerb eines Esels oder eines
Mulis sollten man sich Gedanken darüber
machen, was man für die Zukunft überhaupt geplant hat. Daraus ergeben sich
erst einmal die drei wichtigsten Fragen:
䢇 Welches Alter sollte das Tier haben?
䢇 Welches Geschlecht sollte das Tier haben?
䢇 Möchte man ein reines Kuscheltier
oder hat man vor, mit dem Tier auch
zu arbeiten?
Alter des Esels/des Mulis
Esel und Mulis bis 6 Jahre
Ein junges Tier ist meist die bevorzugte
Wahl beim Erwerb. Absetzer und Jungtiere werden manchmal verlockend günstig angeboten. Doch gerade ein junges Tier
muss erst noch erzogen werden. Für Eselund/oder Mulihalterneulinge ist das oft
ein schwieriges Unterfangen, denn eine
Esel-/Muli-Kindheit ist lang und die Pubertät raubt einen meist den letzten Nerv.
Viele Neueinsteiger unterschätzen die Erziehung und müssen sich dann fachlichen
Rat holen. Fehler, die in der Erziehung
anfangs gemacht wurden, lassen sich häufig zwar korrigieren, aber nicht alles vergisst ein Esel und nicht alles vergibt ein
Muli. Sollte man sich nicht sicher sein,
diese Aufgabe zu meistern, rate ich dringend davon ab, einen Esel oder ein Muli
vor dem sechsten Lebensjahr zu kaufen.
Der nächste Aspekt ist die Wachstumsphase. Bevor man sein Tier vor die
Kutsche spannen oder mit Gewicht belasten kann, muss es ausgewachsen sein.
Nichts desto trotz will und soll es auch in
den Jahren davor beschäftigt werden. Alternativen wie Führtraining, Spaziergänge und Bodenarbeit sind angesagt.
Bei einem jungen Tier weiß man selten, wie es sich einmal entwickeln wird.
Sowohl körperlich, wie auch charakterlich. Manches kann man mit Sicherheit
beeinflussen, aber eben nur Manches,
ererbte Mängel im Körperbau z. B. nicht.
Menschen, die bereits junge Esel
und/oder Mulis erfolgreich ausgebildet haben und nervenstark genug sind, dies erneut in Angriff zu nehmen, sind mit einem
jungen Tier mit Sicherheit bestens bedient.
Esel und Mulis von 6–20 Jahre
Ein Tier in den besten Jahren ist für all
diejenigen interessant, die sofort loslegen
wollen. Sollte es noch ein Rohdiamant
sein, kann man mit den Training gleich
beginnen. Hat es hingegen schon eine solide Grundausbildung genossen, sollte
man sich die Handhabung vom Vorbesitzer unbedingt erklären lassen, damit in
der zukünftigen Zusammenarbeit keine
Missverständnisse zwischen Mensch und
Tier aufkommen.
Das Risiko, dass der Vorbesitzer Fehler bei der Ausbildung gemacht hat, die
man selber vielleicht vermieden hätte, besteht bei einem „gebrauchten“ Tier natürlich immer.
Menschen, die noch nicht viel Erfahrung im Umgang mit Eseln haben, tun
sich selber einen Gefallen, sich ein Tier
im mittleren Alter zuzulegen. Die Tiere
sind körperlich und geistig gefestigt und
in der Blüte ihres Lebens.
Esel und Mulis älter als 20 Jahre
Wenn man weiß, dass die Lebenserwartung eines Esels und eines Mulis ca.
35 Jahre beträgt, sollte man sich mit 70
Jahren nicht unbedingt noch ein Fohlen
anschaffen. Es sei denn, man hat Kinder
und Enkel oder Bekannte oder Institutionen, von denen man weiß, dass sie die
Tiere übernehmen können. Der Kauf eines Tieres sollte eine Investition fürs Leben
sein – zumindest für die Dauer des Eseloder Mulilebens. Denn mit dem Kauf
übernimmt man nicht nur die Kosten für
den Unterhalt des Tieres, sondern auch
die Verantwortung für ein Lebewesen.
Ein altes Tier ist vom Gemüt her meist
ruhiger, hat die nötige Lebenserfahrung,
ist im besten Fall wohlerzogen, macht
keine Zicken, wenn der Tierarzt oder der
Hufschmied kommt, geht klasse vor der
Kutsche und ist kinderlieb usw. … aber
es kommen auch die ersten Wehwehchen,
die nicht nur zeitintensivere Pflege, sondern
auch einiges an Medikamenten und/oder
Extra-Futter und damit verbundene Kosten
bedeuten können. Die Zähne sind z. B.
stark abgenutzt und die richtige Futteraufnahme ist nicht mehr gewährleistet.
Aufgeweichte Heucobs zu verfüttern ist
eine Alternative. Doch nicht jedes Tier in
der bestehenden Herde sollte sie fressen.
Man muss die Tiere bei der Fütterung also trennen und später wieder zusammen
lassen, und zwar mehrmals am Tag. Das
alles muss gut organisiert sein, denn es
soll ja niemand in der Herde zu kurz
kommen. Auch die Unternehmungen,
die man mit seinem Liebling machen
möchte, müssen manchmal zum Wohle
des Tieres zurückstehen. Das Langohr
kann halt nicht mehr immer so, wie es
früher der Fall war. Allerdings wird ein
Esel seine Unpässlichkeit selten zeigen,
denn Esel leiden leider still. Die Aussage
eines Tierarztes: „Esel sterben über Jahre.“
machte mich seinerzeit sehr nachdenklich und traurig. Umso einfühlsamer
sollte das Verhältnis zu einem alten Tier
sein. Man muss seinen alten Esel genau
beobachten, um festzustellen, wann ihm
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etwas fehlt. Ob er im Winter
schneller friert, im Frühjahr
mit dem Fellwechsel nicht zurecht kommt, Gelenkschmerzen hat und deshalb klamm
geht usw.
Menschen, die vorzugsweise in der Fürsorge eines
Tieres voll und ganz aufgehen
und gerne Tiere aufpäppeln,
finden in einem alten Tier mit
Sicherheit ihre Erfüllung.
ner gewählt hat, hatte mit Sicherheit mehr Freude bei der
Ausbildung seines Tieres.
Weitere Gedanken zum
Esel-/Mulikauf
Keine Kompromisse
eingehen
Wenn das Tier, dass man
sucht, zur Zeit zu teuer fürs
Budget ist oder so ein spezielles Tier gerade nicht angeboten wird, dann sollte man lieber abwarten (und sparen) anDas Geschlecht
Die Qual der Wahl – welcher Esel ist der richtige für mich?
statt sich einen Esel oder ein
Die Stute
Mit einer Eselstute kann man Nach- ring, dass er sich mit angeblichen Rivalen Muli anzuschaffen, mit dem man auf lankommen züchten. Vielleicht ist die Stute kämpferisch auseinandersetzt. Viele Wal- ge Sicht nicht glücklich ist.
beim Kauf sogar bereits tragend? Darauf- lache vollziehen zwar noch den Deckakt,
doch der Trieb ist lange nicht mehr so In die Zukunft planen
hin sollte man sich fragen:
Der Esel/das Muli soll nicht nur jetzt,
ausgeprägt. Sie führen ein stressfreieres
䢇 Will ich züchten?
und somit risikoärmeres Leben, als ihre sondern auch noch viele Jahre später den
䢇 Eignet sich die Eselstute zur Zucht?
eigenen Bedürfnissen gerecht werden.
hormongesteuerten Artgenossen.
䢇 Will ich ein Fohlen haben?
Beispiele: Herr Krause kauft sich einen
䢇 Habe ich einen Käufer für das Fohlen?
17-jährigen Esel. In 10 Jahren, wenn er
䢇 Habe ich Zeit und Platz, um das Foh- Kuscheltier oder Arbeitstier?
Ein Esel, der nichts weiter zu tun hat, pensioniert ist, möchte er mit dem Esel
len selber zu behalten?
Eselstuten kommen regelmäßig in die als es sich gut gehen zu lassen und vom mehrtägige Wanderungen unternehmen.
Rosse und neigen dazu, in dieser Zeit Besitzer beschmust zu werden, muss we- Dann wird der Esel allerdings schon 27
Jahre alt sein und ist solchen Touren dann
nicht immer so umgänglich zu sein, wie nige Voraussetzungen mit sich bringen.
Will man hingegen mit seinem Lieb- vielleicht gesundheitlich nicht mehr geman es ansonsten von ihnen gewohnt ist.
Darum stellt sich die Frage, ob man mit ling auch etwas unternehmen, muss man wachsen … Familie Fischer hat eine 6diesen „Auszeiten“ der Eselstute klar schon genauer aussieben. Beispiele: Ein jährige Tochter, für die ein zierlicher Reitkommt, oder ob man ein Tier möchte, Tier mit Senkrücken eignet sich nicht als esel mit 95 cm Stockmaß angeschafft
das kontinuierlich einsetzbar ist. Auch Lastenträger – sei es nun das Reiten oder wird. Als das Mädchen später erfahren
während einer Trächtigkeit und wenn die das Tragen von Gepäck im Allgemeinen. genug ist, um selbständig auf dem Esel zu
Stute ein Fohlen bei Fuß hat, ist natürlich Ein Tier welches Kinder nicht mag, kann reiten, ist sie zu schwer und dieser leider
Rücksichtnahme geboten. Aktivitäten man schlecht in der tiergestützten Arbeit zu klein für sie.
Ebenso muss auch der Mensch auf
werden dann nur noch eingeschränkt in Schulen einsetzen. Ein extrem nervöses Tier sollte nicht im dicksten Straßen- lange Zeit den Bedürfnissen des Esels
möglich sein.
verkehr vor die Kutsche gespannt werden. und/oder des Mulis gerecht werden könVieles kann man mit Sicherheit mit nen.
Der Hengst
Beispiel: Für die 13-jährige Sarah hat
Ein Eselhengst sollte ausschließlich in viel Geduld auch noch umtrainieren,
erfahrene Hände und nur dann als aber jedes Tier ist nun mal individuell sich endlich ihr sehnlichster Wunsch
Hengst gehalten werden, wenn man ihn und körperliche Mängel lassen sich leider nach einem eigenen Esel erfüllt. Sie beschäftigt sich jeden Tag mehrere Stunden
meist nur bedingt beheben.
für die seriöse Zucht einsetzt.
Wichtig ist, egal ob Kuscheltier oder mit dem Tier, macht Bodenarbeit, ZirMulihengste sind zwar zeugungsunfähig, haben aber dennoch einen enormen Arbeitstier, dass der Esel oder das Muli ei- kuslektionen und Wanderungen. Aber
Trieb, den sie ausleben wollen. Dies ist ne positive Grundeinstellung dem Men- wer wird sich in ein paar Jahren, während
unter Umständen für Mensch und Tier schen gegenüber hat, die Nähe des Men- ihrer Ausbildung oder ihres Studiums,
schen genießt und sie sogar sucht. Es ist um den Esel kümmern?
lebensgefährlich.
vielleicht auf lange Sicht sehr befriedigend, wenn man aus einem scheuen oder Die bereits bestehende Herde
Der Wallach
Man muss sich auch fragen, welches
Ein Wallach ist wohl das umgänglichs- aggressiven Tier einen zuverlässigen Freite Tier. Wenn der Hengst seinerzeit früh- zeitpartner gemacht hat, aber wer gleich Tier zu den bereits vorhandenen Tieren
zeitig kastriert wurde, ist das Risiko ge- einen freundlichen, zutraulichen Vierbei- passt.
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Beispiele: Frau Heuer hält seit zig Jahren ausschließlich männliche Tiere. Plötzlich kommt eine einzelne Stute hinzu. Zu
Zeiten der Rosse gibt es nicht nur vermehrt Unstimmigkeiten zwischen den
Jungs, nein, sie bedrängen die Stute auch
massiv.
Herr Schemel hat sein Leben lang Esel
gehabt und diese sind mit ihm alt geworden. Zu seiner festen Seniorengruppe
stellt er ein Fohlen. Der Spieltrieb des
Fohlens wird von den Alten nicht erwidert. Auf beiden Seiten herrscht Unmut.
Das Fohlen kommt in seiner Lebenslust
zu kurz und die Alten sind von dem
Frechdachs nur genervt.
Frau Dacher hat ausschließlich große
Reitmulis. Aus Mitleid nimmt sie einen
Zwergesel zu sich, doch dieser hat ganz
andere Futteransprüche, als die Riesen.
Er bekommt zuviel Futter ab, wird zu fett
und krank. Er wird nun von der Herde
getrennt und muss oft alleine stehen.
Wenn man den Wunsch hat, irgendwann etwas mit mehreren Tieren gleichzeitig zu unternehmen, z. B. mehrspännig
Fahren oder Gruppenwanderungen,
dann sollten die Tiere ungefähr gleich
groß sein und gleich schnell laufen. Vorhandene Ausrüstung lässt sich bei Tieren
mit ähnlicher Größe auch leichter anpassen.
Der Bauch entscheidet mit
Die Entscheidung für oder gegen ein
bestimmtes Tier sollte logisch und objektiv durchdacht werden. Aber das „Bauchgefühl“ darf man trotzdem nicht außer
Acht lassen. Aussagen wie „Man muss
erst mit dem Esel/Muli zusammenwachsen“ sind zwar im Prinzip richtig, aber
wenn man von Anfang an ein schlechtes
Gefühl im Umgang mit diesem Tier hat,
dann ist das eine sehr ungünstige Basis
für den Aufbau einer guten Mensch-TierBeziehung.
Über Ausbildungsmängel
hinwegsehen – oder nicht
Machen Sie sich Gedanken, über welche Mängel in der Ausbildung eines
Esels/Mulis Sie am ehesten hinwegsehen
können. Welche Dinge muss das Tier dagegen unbedingt können?
Beispiel: Frau Huber hat Rückenprobleme. Sie sucht deshalb ein Muli, das
keine Schwierigkeiten beim Hufe geben
macht und welches nicht zu klein ist, damit sie sich nicht so tief bücken muss.
Dass das Muli noch nicht eingefahren ist,
stört sie nicht, sie traut sich zu, das dem
Muli mit Hilfe eines erfahrenen Ausbilders beizubringen.
Text:
Judith Schmidt
Tel.: 0032 – (0)80 – 511305
www.esel.jimdo.com
Foto:
Annemarie Bank-Lauer 䡵
Eselkauf aus tierärztlicher Sicht
Worauf man beim Kauf eines Esels achten sollte
erklärt Tierärztin Maren Hessing.
Zuerst einmal muss man sich darüber
im Klaren werden wofür man diesen Esel
denn verwenden will. Für einen Zuchtesel gelten andere Auswahlkriterien als für
einen Reitesel und wieder andere für einen reinen Schmuseesel.
Dann, ob ich den Esel von einem
Züchter erwerben möchte oder ihn bei
einem Händler gesehen habe oder auch
über ein Inserat oder einem Pferdemarkt.
Das größte gesundheitliche Risiko geht
man sicherlich bei einem großen Händler oder gar auf einem Markt ein. Die
dort angebotenen Tiere sind oftmals
nicht gesund, haben schlechte Erfahrungen gemacht oder werden viel älter oder
jünger gemacht, als sie tatsächlich sind.
Altersbestimmung
Das ist im Allgemeinen recht einfach
bei Eseln, die zwischen 2 und 5 Jahre alt
sind. Auch Equiden haben in jungen Jahren noch Milchzähne, die zu ganz bestimmten Zeiten wechseln. Der 1. Milchschneidezahn (in der Mitte oben, unten,
links und rechts) wechselt mit 2,5–3 Jahren, der 2. mit 3,5–4 Jahren und der 3.
mit 4,5–5 Jahren. Das ist auch für nicht
ganz so Erfahrene gut sichtbar, da die
bleibenden Zähne größer und dunkler
sind als die Milchzähne. Danach wird es
schwieriger, denn man muss sich an der
Zahnstellung und der Zahnform sowie
dem Abnutzungsgrad der Zähne orientieren. Generell stehen bei ganz jungen
Eseln die vorderen Zähne steiler aufeinander als bei ganz alten. Um genau feststellen zu können, ob das Alter des Tieres
mit den Verkaufsangaben übereinstimmt,
benötigt man allerdings viel Erfahrung.
Gerade bei Zwergeseln oder Shettymulis sollte man darauf achten, dass die
Zähne genau aufeinander passen, denn
bei diesen Rassen kommt es häufig vor,
dass der Unterkiefer deutlich kürzer ist als
der Oberkiefer.
Ein erfahrener Tierarzt erkennt bei einer Kaufuntersuchung auch, ob noch andere Gebissprobleme vorliegen, diese sind
teilweise problemlos zu beheben, aber in
einigen Fällen führen sie zu lebenslangen
erheblichen Mehrkosten in der Pflege des
Tieres.
Kutsch- und Tragesel
Hat man sich für einen Kutsch- oder
Tragesel entschieden, sollte man ganz
besonders auf die Hufe achten. Ist die
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Hufform regelmäßig oder sehen die Hufe
schief aus? Ist das Horn fest und hat eine
leicht glänzende Oberfläche oder sieht es
bröckelig aus und riecht faulig, wenn man
den Huf aufhebt? Ist die Zehe sehr lang
oder biegt sich vielleicht sogar wie bei einem Pantoffel nach oben? Hat das Tier
gerade Beine? Sind die Fesseln zu steil
oder zu durchtrittig, d. h. der Fesselkopf
berührt fast den Boden? Sind die Sehnen
stramm und klar und nicht warm?
Dann ist auch der Rücken sehr wichtig,
bei vielen Eseln hängt der Rücken gerne
etwas durch, so ein Rücken ist dann nicht
gut tragfähig und der Esel leidet schnell
unter Rückenschmerzen. Ein gesunder
Eselrücken ist gerade und nicht geschwungen, wie bei einem Pferd. Das
maximale zu tragende Gewicht sollte 1/7*
des Tiergewichtes nicht überschreiten,
was bedeutet, dass ein korrekt gebauter
Esel von 120 kg ca. 17 kg tragen kann.
Zuchtesel
Bei einem Zuchtesel muss ich noch
mehr auf ein korrektes Gebäude achten
als bei einem Arbeitstier. Viele denken:
„Ich möchte ja nur damit züchten, der
muss ja nicht arbeiten, was macht es
dann schon, wenn er ein krummes Bein
oder vorstehende Zähne hat.“ Für das eigentliche „Kinderkriegen“ ist es sicherlich
nicht so wichtig, aber Zucht bedeutet
auch immer eine große Verantwortung
für die zukünftigen Generationen. Da
aber viele Mängel erblich sein können,
sollte man nur mit den gesündesten Tieren züchten. Es gelten dieselben Kriterien
wie bei dem Kauf eines Arbeitstieres, nur
kommen noch andere Faktoren hinzu:
Farbe: manche Farben (z. B. weiße
Esel) können bei Verpaarung mit anderen Eseln mit der gleichen Farbmutation
eine höhere Fohlensterblichkeit verursachen. Ebenso sollte man sehr hell gescheckte Esel nicht mit weiß geborenen
anpaaren. Auch hier ist die Gefahr von
angeborenen Missbildungen v.a. im Augen- und Ohrenbereich gegeben.
Dann gibt es noch einige Rassen, die
besonders anfällig für bestimmte Erkrankungen sind. Dazu gehört der Poitou-Esel,
aber auch andere Großesel. Diese sind besonders anfällig, schon in jungen Jahren
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an schweren Arthrosen (Veränderungen
im Gelenk, die bis zur Unbrauchbarkeit
eines Gelenks führen können und oftmals
sehr schmerzhaft sind) zu erkranken. Deshalb empfiehlt es sich, bei diesen Rassen
die Fesselgelenke, Vorderfußwurzelgelenke
und Sprunggelenke röntgen zu lassen.
Für einen Zuchthengst sind die Auswahlkriterien noch deutlich strenger als bei
der Stute, da der Hengst sich wesentlich
häufiger fortpflanzt als die Stute. Beim
Hengst muss zudem darauf geachtet werden, dass beide Hoden vorhanden und
ungefähr gleich groß sind. Der Abstieg
der Hoden aus der Bauchhöhle kann sich
bis ins 2. Lebensjahr verzögern, danach
spricht man von einem Kryptorchiden
oder Klopphengst, der auf jeden Fall
nicht zur Zucht eingesetzt werden darf.
Bei der Stute ist das Euter zu beachten. Es sollte bei einer Stute, die noch nie
ein Fohlen hatte, klein und weich an der
Bauchwand anliegen. Bei mehrfach gebärenden Stuten kann es etwas vergrößert
sein, sollte aber weich sein und beide Euterhälften gleich groß.
Die Scheide sollte auf jeden Fall geschlossen sein; schlaffe, eingerissene, narbige oder offene Schamlippen führen
häufig zu Unfruchtbarkeit oder erschwerten Geburten.
Schmuseesel
Auch ein Schmuseesel hat ein Anrecht
auf ein gesundes und schmerzfreies Leben. Darum sollte man auch bei diesen
genau darauf achten dass sie gesund sind,
wenn man sie kauft.
Bei den meisten rein aus Vergnügen
gehaltenen Eseln handelt es sich um
Zwergesel oder deren Kreuzungen. Oftmals ist Mitleid ein Hauptgrund für die
Anschaffung eines solchen Tieres. Aus
schlechter Haltung stammende Esel sind
aber oftmals krank und erfordern manchmal ein vielfaches des Kaufpreises, um
aus ihnen wieder gesunde und glückliche
Esel zu machen.
Tierärztin Maren Hessing kennt die Besonderheiten von Eseln und Mulis.
Foto: J. Schmidt