Professor Dr. Bernd Heinrich Universität Tübingen Examensklausurenkurs 10. Klausur im Strafrecht am Di, 27.10.2015, 14-19 Uhr, HS 9 Der bei dem Mineralölhändler Max angestellte Fahrer eines Heizöltankwagens, Friedrich, verschafft sich auf folgende Weise einen beträchtlichen Nebenverdienst: Er bringt hinter dem Zählwerk des Tankwagens, das die an die Kunden abgegebene Ölmenge erfasst, einen zweiten Schlauch an, durch den Heizöl in den Tankwagen zurückgeleitet werden kann. Wie in zahlreichen anderen Fällen verfährt Friedrich gegenüber dem Kunden Kurt dann wie folgt: Mit der bestellten Menge von 8000 l Öl im Tank fährt er zu Kurt und beginnt dort das Öl in dessen Tank zu pumpen. Nach Abgabe von 7000 l in den Tank des Kurt setzt er den Zusatzschlauch in Funktion und pumpt die restlichen 1000 l, die bereits das Zählwerk durchlaufen hatten, nicht in den Tank des Kurt, sondern zurück in den Tankwagen. Der ahnungslose Kurt merkt davon nichts und nimmt wortlos den automatischen Ausdruck entgegen, der die Abgabe von 8000 l Öl ausweist. Auf der Rückfahrt von Kurt ruft Friedrich mit seinem „Diensthandy“ den Max an und teilt ihm mit, dass er sich wegen einer Panne etwas verspäten werde. Die dadurch gewonnene Zeit nutzt er für einen kleinen Abstecher zum Heizölhändler Herbert, der in das Vorgehen des Friedrich eingeweiht ist, und pumpt die restlichen 1000 l in dessen Großtank. Nach dem Abstecher zu Herbert stellt Friedrich den leeren Tankwagen bei Max ab und übergibt diesem den Durchschlag des automatischen Ausdrucks. Der gutgläubige Max erstellt daraufhin eine Rechnung, die er dem Kurt übersendet. Dieser zahlt aufgrund dieser Rechnung den Preis für 8000 l Heizöl, obwohl er nur 7000 l erhalten hat. Herbert selbst verkauft und liefert das Öl an seine gutgläubigen Kunden. Der dabei erzielte Erlös wird hälftig zwischen ihm und Friedrich aufgeteilt. Entgegen aller Erwartungen fällt es aber einigen Kunden des Max auf, dass sich die bestellten Ölmengen schneller als üblich „verbrauchen“. Max wird misstrauisch und entdeckt bei genauerer Überwachung des Friedrich die Manipulationen an der Abfüllanlage des Tankwagens. Er stellt ihn zur Rede und als dieser alles abstreitet erstattet Max Strafanzeige bei der Polizei. Als Friedrich von Polizeibeamten aufgesucht wird, findet sich in seinem Besitz folgende schriftliche Mitteilung an einen unbenannten Adressaten: „Alarm! Max weiß alles. Vernichte alle Unterlagen und sorge dafür, dass Deine Angestellten den Mund halten. Gruß Friedrich.“ Es kommt zu einem Ermittlungsverfahren, in dessen Verlauf Friedrich, der keinerlei Angaben macht, aufgrund eines richterlichen Beschlusses in Untersuchungshaft genommen wird. Die Staatsanwaltschaft hatte den Haftbefehlsantrag damit begründet, dass Friedrich einen Komplizen, den „Ölabnehmer“, gehabt haben muss und wegen der aufgefundenen Nachricht die Gefahr bestehe, dass er diesen Komplizen warne und dazu veranlasse, Dokumente zu beseitigen und Zeugen zu beeinflussen. Während der U-Haft hofft man, im Wege zusätzlicher Ermittlungen an den Komplizen heranzukommen und so weitere Beweismittel zu finden. In der Folgezeit gelingt es der Staatsanwaltschaft, genügend Beweismittel zu erlangen, um dem Friedrich seine Taten nachweisen zu können. Es gelingt aber nicht, Herbert zu ermitteln. Gleichwohl wird die Aufhebung des Haftbefehls weder beantragt noch angeordnet, weil man darauf hofft, dass Friedrich „weich“ werde und seinen Komplizen preisgebe. Nach 6 Monaten U-Haft wird es dem Friedrich zu dumm, und er fragt sich, wie lange er noch wegen dieser „Lappalie“ ohne Urteil „brummen“ soll. Frage 1: Strafbarkeit von Friedrich und Herbert? Frage 2: Ist der Haftbefehl rechtmäßig? Wie kann Friedrich gegebenenfalls gegen den Haftbefehl vorgehen? Termin der Bearbeitung: Di, 27.10.2015, 14-19 Uhr im HS 9 - eine nachträgliche Abgabe ist bis Mittwoch, 28.10.2015, 22 Uhr im Seminar (Seminaraufsicht) möglich. Besprechung: Freitag, 20.11.2015, 14-16 Uhr im Audi Max
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