Medizinische Fakultät Heidelberg: Pressemitteilungen

Haarzell-Leukämie: Zielgerichtete Therapie auch in geringer Dosierung wirksam
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Nummer: 38 / 2016 vom 21.03.2016
Haarzell-Leukämie: Zielgerichtete Therapie auch in geringer Dosierung
wirksam
Die Haarzell-Leukämie (HCL) ist eine seltene Blutkrebsart. Bei fast allen HCL-Erkrankten liegen
Mutationen des BRAF-Gens vor, die einen wichtigen Signalweg überaktivieren und damit das
Wachstum von Krebszellen begünstigen. Daher eignet sich die Krebsart besonders gut, um die
Wirkung des BRAF-Hemmers Vemurafenib zu erforschen. Ärzte und Wissenschaftler des Nationalen
Centrums für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg, des Universitätsklinikums Heidelberg und des
Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) in Zusammenarbeit mit einer Reihe europäischer
Zentren untersuchten den Therapieverlauf von 21 HCL-Patienten. Sie konnten zeigen, dass bereits
niedrige Dosierungen des Medikaments Vemurafenib den Signalweg hemmen können und die Wirkung
bei den HCL-Patienten unabhängig von der Dosierung war. Das NCT ist eine gemeinsame Einrichtung
des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), des Universitätsklinikums Heidelberg und der
Deutschen Krebshilfe.
Noch ungeklärt war bislang die Frage, welche Dosierung des Medikaments Vemurafenib ausreicht, um das
B-Raf-Protein zu hemmen und damit den überaktivierten Signalweg zu stoppen. "Klinische Studien arbeiten
in der Regel mit festgelegten Medikamentendosen. Das Ziel unserer Studie war es, die Remissionsrate und
den Effekt auf die mutierten Zielzellen in Abhängigkeit von der Dosierung zu untersuchen", erklärt Professor
Thorsten Zenz von der Medizinischen Klinik V des Universitätsklinikums Heidelberg und der Abteilung
Translationale Onkologie des DKFZ/NCT.
Etwa acht Prozent aller soliden Tumoren zeigen Veränderungen im Erbgut des BRAF-Gens, die als
therapeutische Zielstruktur genutzt werden können. Die Mutation des B-Raf-Proteins an der
Aminosäureposition 600 aktiviert einen Signalweg besonders stark, der am Wachstum und Überleben von
Zellen beteiligt ist. Dies kann in Kombination mit weiteren Mutationen zu unkontrolliertem Zellwachstum
und somit der Entstehung von Krebs führen. Fast 50 Prozent aller fortgeschrittenen Melanome, dem
schwarzen Hautkrebs, besitzen eine Mutation im BRAF-Gen. Bei diesen Patienten setzen Ärzte den
spezifischen BRAF-Hemmer Vemurafenib bereits ein. Bei der Haarzell-Leukämie (HCL) - ihr Name leitet
sich von dem charakteristischen Aussehen der Zellausläufer der Krebszellen ab - liegen bei 95-100 Prozent
aller Erkrankten ebenfalls Mutationen des BRAF-Gens vor. Auch hier wird Vemurafenib als zielgerichtete
Therapie gegen das fehlerhaft aktivierte B-Raf-Protein als Behandlungsoption verwendet.
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Haarzell-Leukämie: Zielgerichtete Therapie auch in geringer Dosierung wirksam
In klinischen Studien aus Italien (mit 26 untersuchten HCL-Patienten) und den USA (mit 24 untersuchten
HCL-Patienten) erhielten die Erkrankten zweimal täglich 960 mg des BRAF-Hemmers. Das Ergebnis: Bei
35-42 Prozent der HCL-Patienten verschwand der Tumor vollständig, zeigten also eine komplette Remission.
Dr. Sascha Dietrich und weitere Wissenschaftler um Zenz haben nun in einer retrospektiven Studie den
Verlauf von 21 HCL-Erkrankten aus elf verschiedenen europäischen Ländern untersucht. 19 Patienten hatten
zuvor auf eine Reihe von Chemotherapien nicht angesprochen. Zwei erhielten Vemurafenib als erste
Therapie. 17 der Patienten nahmen das orale Medikament zweimal täglich in der geringen Dosierung von 240
mg ein. Bei fünf dieser Patienten wurde die Dosierung im Laufe der Behandlung erhöht. Vier weitere
Patienten bekamen das Medikament bereits ab Behandlungsbeginn in höherer Dosierung.
Bei allen verbesserte sich das Blutbild unter der Behandlung, ein vollständiges Verschwinden des Tumors
wurde bei 40 Prozent der Erkrankten erzielt. Sowohl der Patient mit der höchsten Dosierung als auch vier
Patienten mit der niedrigsten Medikamentengabe zeigten eine komplette Remission; bei allen anderen
verschwand der Tumor teilweise. "Unsere aktuellen Daten haben gezeigt, dass bereits ein Viertel der bislang
eingesetzten Dosen von Vemurafenib das Krebsprotein B-Raf blockieren kann", so Professor Dr. Christof von
Kalle, geschäftsführender Direktor des NCT.
Die Wissenschaftler konnten damit nachweisen, dass die Wirkung des BRAF-Hemmers bei der HCL
unabhängig von der Dosierung Ergebnisse zeigte, die zu den bereits veröffentlichten Studien aus Italien und
den USA mit höheren Gaben des Wirkstoffs vergleichbar waren. Die Nebenwirkungen der Therapie blieben
allerdings ähnlich, unabhängig von der Medikamentenmenge.
Das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg
Das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg ist eine gemeinsame Einrichtung des
Deutschen Krebsforschungszentrums, des Universitätsklinikums Heidelberg und der Deutschen Krebshilfe.
Ziel des NCT ist die Verknüpfung von vielversprechenden Ansätzen aus der Krebsforschung mit der
Versorgung der Patienten von der Diagnose über die Behandlung, die Nachsorge sowie der Prävention. Die
interdisziplinäre Tumorambulanz ist das Herzstück des NCT. Hier profitieren die Patienten von einem
individuellen Therapieplan, den fachübergreifende Expertenrunden, die sogenannten Tumorboards, zeitnah
erstellen. Die Teilnahme an klinischen Studien eröffnet den Zugang zu innovativen Therapien. Das NCT ist
somit eine richtungs¬weisende Plattform zur Übertragung neuer Forschungsergebnisse aus dem Labor in die
Klinik. Das NCT kooperiert mit Selbsthilfegruppen und unterstützt diese in ihrer Arbeit.
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Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ)
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die
größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1000 Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach
neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit
denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Die
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Krebsinformationsdienstes (KID) klären Betroffene, Angehörige und
interessierte Bürger über die Volkskrankheit Krebs auf. Gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Heidelberg
hat das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg eingerichtet, in dem
vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik übertragen werden. Im Deutschen
Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für
Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren an sieben universitären Partnerstandorten.
Die Verbindung von exzellenter Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung eines
Helmholtz-Zentrums ist ein wichtiger Beitrag, um die Chancen von Krebspatienten zu verbessern. Das DKFZ
wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land
Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft deutscher Forschungszentren.
Literatur:
Dietrich S, Pircher A, Endris V et al. (2016) BRAF inhibition in refractory hairy-cell leukemia. Blood DOI:
10.1182/blood-2015-11-680074
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