Rektor des Jahres - Deutscher Hochschulverband

214
Forschung & Lehre
D H V- R A N K I N G
3|16
Rektor und Wissenschaftsminister des Jahres 2016
Ergebnisse des DHV-Rankings
| T H O M A S K R Ü G E R | G E O R G R U D I N G E R | Zum achten
Mal konnten die Mitglieder des Deutschen Hochschulverbandes die Arbeit „ihres“ Rektors/Präsidenten und zum sechsten Mal „ihres“ Wissenschaftsministers
bewerten. Wer steht dieses Mal an erster Stelle? Wer hat sich verbessert und wer
verschlechtert?
nde letzten Jahres hat der DHV
seine Mitglieder zum achten
Mal zur Wahl „Rektor des Jahres“ und zum siebten Mal zur Wahl des
„Wissenschaftsministers des Jahres“ aufgerufen.1 Insgesamt haben sich 3 507
Mitglieder an mindestens einer der Abstimmungen beteiligt. Gewählt wurde
zum „Rektor des Jahres 2016“ Professor
Dr. Stephan Dabbert von der Universität Hohenheim und zum „Wissenschaftsminister des Jahres 2016“ Frau
E
AUTOREN
Dr. Thomas Krüger
ist Leiter des Bereichs Umfragen &
Statistik am Zentrum für Evaluation
und Methoden
(ZEM). Er koordiniert die Durchführung von Auftragsforschung via Onlinebefragungen, das Telefonlabor mit 60
Plätzen sowie umfangreiche Papierbefragungen. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich Sampling-Methoden und Imputation.
Georg Rudinger ist
Gründer des ZEM
und Professor em.
für Methodenlehre,
Diagnostik und
Evaluation am Institut für Psychologie der Universität
Bonn. Seine Forschungsschwerpunkte
sind Längsschnitt- und Panelerhebungen und räumliche Mobilität im Kontext
der demographischen Entwicklung. Seit
Mitte 2011 ist er Geschäftsführender Gesellschafter der uzbonn GmbH – Gesellschaft für empirische Sozialforschung
und Evaluation.
Theresia Bauer, Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst BadenWürttemberg, die schon letztes Jahr und
2013 zum „Wissenschaftsminister des
Jahres“ gewählt worden war. Der letztjährige Rektor des Jahres, Professor Helmut Schmidt von der TU Kaiserslautern
erreicht nun den fünften Platz.
Das Vorgehen bei den Wahlen zum
„Rektor des Jahres“ und „Wissenschaftsminister des Jahres“ entsprach grundsätzlich dem bisherigen Procedere. Die
Teilnehmer sollten bei beiden Wahlen
aus einer Liste von elf bzw. zehn Eigenschaften (s.u.) die fünf wichtigsten auswählen, über die ihrer Meinung nach der
Rektor ihrer Hochschule bzw. der Minister ihres Bundeslandes verfügen sollte.
Dies ist der erste Schritt, um für jede
Hochschule sowie für jedes Bundesland
ein eigenes je spezifisches Anforderungsprofil bestimmen zu können. In einem
zweiten Schritt bewerteten die Teilnehmer dann den Rektor ihrer Hochschule
und ihren Minister auf jeder der elf bzw.
zehn Eigenschaften mit einer Note von 1
(sehr gut) bis 6 (ungenügend). Dabei bestand jedoch immer die Möglichkeit, auf
Bewertung einzelner Eigenschaften zu
verzichten. Diese Noten wurden dann
für jede Hochschule bzw. für jedes Bundesland gemäß ihrem bzw. seinem jeweiligen Anforderungsprofil gewichtet zu einer Gesamtnote aggregiert.
Jeder Teilnehmer konnte neben dem
Rektor seiner Hochschule und dem Wissenschaftsminister seines Bundeslandes
auch die Bundesministerin für Bildung
und Forschung, Frau Professor Dr. Johanna Wanka, beurteilen. Auch hier soll-
ten zunächst die fünf wichtigsten Eigenschaften bestimmt und dann die Ministerin bezüglich aller Eigenschaften bewertet werden. Die gemäß Anforderungsprofil gewichteten Bewertungen sind wieder
zu einer Gesamtnote aggregiert worden.
Die Eigenschaftsliste ist analog zu der
Liste für die Landesminister, wenn nötig
angepasst von Landes- auf Bundesebene.
Daher können wir die Ergebnisse der
Bundesministerin mit denen der Landesminister vergleichen und die Bundesministerin in dieses Ranking einordnen.
Abgestimmt werden konnte nur über
Rektoren, die zum Ende des Abstimmungszeitraums mindestens 100 Tage
im Amt waren und deren Amtszeit auch
noch mindestens zum Tag der Verleihung des Preises (4. April 2016 in Berlin) andauert. Auch die aktuellen Wissenschaftsminister konnten nur bewertet
werden, wenn diese zum Ende des Befragungszeitraums mindestens 100 Tage
im Amt waren. Wenn dies nicht der Fall
war, konnte aber der Amtsvorgänger bewertet werden. Für das hier vorzustellende Ranking wurden aus statistischen
Gründen schließlich nur Rektoren mit
mindestens 30 und Minister mit mindestens 50 Voten berücksichtigt.
Wie in vorherigen Jahren bestand
die Möglichkeit, über die numerischen
Bewertungen hinaus Kommentare zum
eigenen Rektor, zum Minister bzw. zur
Bundesministerin abzugeben. Davon
machten sechs Prozent (Bundesministerin) bzw. zehn Prozent (Wissenschaftsminister) bis 14 Prozent (Rektor) der
Teilnehmer der jeweiligen Befragung
Gebrauch. Weit über Dreiviertel der
Kommentare wurden von den Teilnehmern zur Veröffentlichung freigegeben –
natürlich ohne Verweis auf das jeweilige
DHV-Mitglied.
Die Bewertungen konnten DHV-Mitglieder online zwischen dem 16. Novem-
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Forschung & Lehre
ber und 18. Dezember 2016 abgeben.
Die Einladungen zur Teilnahme an den
Rankings sind am 16. November 2015
vom DHV elektronisch an die 25 396
Mitglieder versandt worden, für die dem
DHV eine E-Mail-Adresse vorlag. Jede
Einladung enthielt ein individuelles
Passwort. Durch die Nutzung von Passwörtern konnte sichergestellt werden,
dass nur DHV-Mitglieder an den Umfragen teilnehmen und diese nur jeweils einmal abstimmen konnten. Dem Zentrum
für Evaluation und Methoden (ZEM) als
durchführendem Institut war aber nie bekannt, welche Personen den jeweiligen
Passwörtern zugeordnet waren. Es war
jedoch technisch möglich, dem DHV zurückzumelden, welche Passwörter genutzt worden waren. Der DHV konnte
mit dieser Information dann Anfang Dezember nochmals jene Mitglieder zur
Teilnahme einladen, die bis dato noch
nicht an der Befragung teilgenommen
hatten. Auf die Einladungen haben 4 178
Mitglieder reagiert und mit einer Befragung begonnen. Schließlich haben 3 507
Mitglieder mindestens eine der Befragungen komplettiert. Dies ist ein erfreulicher
Anstieg im Vergleich zu 2015, als es
knapp 3 000 Mitglieder waren.
Platz
Hochschule
Rektor
Note
1
Universität Hohenheim
Prof. Dr. sc. agr. Stephan Dabbert
1,65
2
Universität Wuppertal
Prof. Dr. rer. pol. Lambert T. Koch
1,67
3
TU München
Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Wolfgang A. Herrmann
1,98
4
Universität Erlangen-Nürnberg
Prof. Dr.-Ing. Joachim Hornegger
1,98
5
TU Kaiserslautern
Prof. Dr. rer. nat. Helmut J. Schmidt
1,99
6
Universität Bayreuth
Prof. Dr. Stefan Leible
2,10
7
Universität zu Köln
Prof. Dr. rer. nat. Axel Freimuth
2,15
8
Universität Marburg
Prof. Dr. Katharina Krause
2,17
9
Universität Tübingen
Prof. Dr. Bernd Engler
2,21
10
Universität Bonn
Prof. Dr. Michael Hoch
2,24
11
Universität Regensburg
Prof. Dr. Udo Hebel
2,35
12
Universität Duisburg-Essen
Prof. Dr. Ulrich Radtke
2,39
13
TU Dresden
Prof. Dr. Hans Müller-Steinhagen
2,40
14
Universität Rostock
Prof. Dr. med. Wolfgang Schareck
2,43
15
TU Dortmund
Prof. Dr. Ursula Gather
2,44
16
Universität Münster
Prof. Dr. Ursula Nelles
2,45
17
FU Berlin
Prof. Dr. Peter-André Alt
2,45
18
Universität Gießen
Prof. Dr. Joybrato Mukherjee
2,45
19
Universität Heidelberg
Prof. Dr. Bernhard Eitel
2,48
20
Universität Jena
Prof. Dr. Walter Rosenthal
2,50
21
TU Berlin
Prof. Dr. Christian Thomsen
2,55
22
Universität Mainz
Prof. Dr. Georg Krausch
2,55
23
TU Darmstadt
Prof. Dr. Hans Jürgen Prömel
2,57
24
Universität Hannover
Prof. Dr. iur. Volker Epping
2,58
25
Universität Frankfurt am Main
Prof. Dr. Birgitta Wolff
2,59
26
Universität Magdeburg
Prof. Dr.-Ing. habil. Jens Strackeljan
2,59
27
TU Braunschweig
Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. Jürgen Hesselbach
2,63
28
Humboldt-Universität Berlin
Prof. Dr. Jan-Hendrik Olbertz
2,77
29
RWTH Aachen
Prof. Dr.-Ing. Ernst M. Schmachtenberg
2,79
30
Universität Trier
Prof. Dr. Michael Jäckel
2,82
31
Universität Kiel
Prof. Dr. Lutz Kipp
2,83
Universität Bielefeld
Prof. Dr.-Ing. Gerhard Sagerer
Letztes Drittel
(alphabetisch nach Standort sortiert)
Ergebnisse „Rektor des
Jahres“
Insgesamt haben 3.027 Mitglieder den
Rektor ihrer Hochschule bewertet. Für
das Ranking berücksichtigen wir aus erwähntem Grund nur die 47 Rektoren,
die mindestens 30 Bewertungen erhalten haben.
Die Kommentare zum Preisträger
Prof. Dr. Dabbert sind (entsprechend
seiner „Note 1,65“) überwiegend positiv:
Auch bei wachsender Leistungsorientierung der Universität mit anspruchsvollen Zielen in Forschung und Lehre bleibe die persönliche Atmosphäre gewahrt,
nicht zuletzt weil er zuhöre und andere
Meinungen respektiere, umsichtig und
geduldig mit allen Beteiligten umgehe,
indem er seine informierten Entscheidungen plausibel begründe, ohne andere
Positionen zu desavouieren. Bei aller
tiefen Detailkenntnis könne er Wichtiges von Unwichtigem trennen. Beim
Zweitplatzierten Professor Dr. Koch
wird besonders seine integrative Kompetenz hervorgehoben, aufgrund derer
er in der Universität Wuppertal sehr anerkannt und erfolgreich sei. Seine Verlässlichkeit in allen Belangen gestalte
die Zusammenarbeit effektiv und fair
zugleich. Die positiven Kommentare zu
Professor Dr. Dr. h.c. mult. Herrmann
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Universität Bremen
Prof. Dr.-Ing. Bernd Scholz-Reiter
Universität Düsseldorf
Prof. Dr. Anja Steinbeck
Universität Freiburg
Prof. Dr. Dr. h.c. Hans-Jochen Schiewer
Universität Göttingen
Prof. Dr. Dr. h.c. Ulrike Beisiegel
Universität Greifswald
Prof. Dr. Johanna Eleonore Weber
Universität Halle-Wittenberg
Prof. Dr. Udo Sträter
2,90
Universität Hamburg
Prof. Dr. Dieter Lenzen
bis
Medizinische Hochschule Hannover
Prof. Dr. med. Christopher Baum
3,55
Karlsruher Institut für Technologie
(KIT), Campus Süd
Prof. Dr. Holger Hanselka
Universität München
Prof. Dr. rer. pol. Bernd Huber
Universität Potsdam
Prof. Oliver Günther, PhD
Universität des Saarlandes
Prof. Dr. phil. habil. Volker Linneweber
Universität Siegen
Prof. Dr. Holger Burckhart
Universität Stuttgart
Prof. Dr.-Ing. Wolfram Ressel
Universität Würzburg
Prof. Dr. Alfred Forchel
Tabelle 1: Ranking der Rektoren 2016
(Platz 3) betonen, dass er die TUM
nicht zuletzt dadurch für eine gute Zukunft vorbereitet habe, dass er auch unkonventionelle Wege gehe. Es nimmt
nicht wunder, dass gerade hier doch einige kritische Stimmen zu vernehmen
sind. Auch wenn die Plätze 1 bis 3,
auch Platz 4 (Professor Dr. Hornegger,
Erlangen-Nürnberg) und 5 (Vorjahressieger Professor Dr. Schmidt, TU Kaiserslautern) jeweils als die für ihre Universitäten besten Rektoren und gerade-
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Wichtigkeit Eigenschaft
Beste
Noten 2016
Mittel Schlechteste
Mittel 2015
1
64,0%
Führungskompetenz
1,61
2,68
3,90
2,58
2
58,3%
Respekt für die Unterschiedlichkeit
der Wissenschaftskulturen
1,69
2,72
4,07
2,52
3
52,1%
Kenntnis des Universitätsbetriebes
1,33
2,22
3,89
2,01
4
48,5%
Problemlösungskompetenz
1,72
2,81
4,04
2,68
5
48,2%
Kommunikationsfähigkeit
1,43
2,63
3,86
2,47
6
46,6%
Mut zu Entscheidungen
1,44
2,60
4,03
2,48
7
45,5%
Visionäre Kraft
1,36
2,90
4,18
2,75
8
38,8%
Fairness
1,59
2,75
4,06
2,54
9
38,1%
Ehrlichkeit
1,67
2,63
4,23
2,41
10
28,4%
Verhandlungsgeschick
1,55
2,61
3,52
2,49
11
23,9%
Soziale Kompetenz
1,65
2,75
3,98
2,58
Tabelle 2: Liste der Eigenschaften „Rektor des Jahres“ sortiert nach Wichtigkeit. Angegeben ist die
durchschnittliche Bewertung über alle Rektoren, sowie die jeweils beste und schlechteste Bewertung einzelner Rektoren und zum Vergleich die durchschnittliche Bewertung des Vorjahres (2015).
zu als Glücksfälle angesehen werden,
findet man im Gegensatz zu 2015
durchaus kritische Kommentare auch
schon bei Podestplätzen: „eher Regent
als Rektor“ (Platz 1), „zu dominant, zu
managerhaft“ (Platz 3) und bei allen folgenden Plätzen vermehrt, wie „mangelndes Verständnis für die Eigenheiten
der Fachkulturen, zu restriktive intrauniversitäre Förderstrategien“.
Die Platzierungen der Rektoren des
letzten Drittels (32 bis 47) sind entsprechend den bei der Abstimmung bekannt
gegebenen „Spielregeln“ nicht gesondert
ausgewiesen. In diesem Block ist die
Reihenfolge alphabetisch nach den
Hochschulstandorten. Wie schon in den
vorangegangenen Jahren soll so das Risiko reduziert werden, dass unter diesem Aspekt besonders schlecht dastehende Hochschulen auch von politischer Seite Nachteile erfahren könnten.
Platz
Bundesland
Im ersten Schritt der Bewertung
wurden – wie oben beschrieben – aus
einer Liste mit elf Eigenschaften/Kompetenzen von den Teilnehmern die fünf
ausgewählt, die für einen Rektor an ihrer jeweiligen Hochschule als besonders
wichtig erachtet werden.
In der Rubrik „Wichtigkeit“ der Tabelle 2 ist der Anteil der Teilnehmer aufgeführt, der die jeweilige Eigenschaft zu
den fünf wichtigsten zählt. Diese Anteile
bestimmen die dargestellte Reihenfolge
der Eigenschaften. Diese hat sich im
Vergleich zum letzten Jahr nur in einer
Position verändert. „Problemlösungskompetenz“ und „Kommunikationsfähigkeit“ tauschen die Position (von 4
auf 5 und vice versa). Es sind sodann jeweils die beste und schlechteste Bewertung eines einzelnen Rektors bezüglich
der elf Eigenschaften angegeben, sowie
die durchschnittliche Bewertung über
Minister
Note
N
1
Baden-Württemberg
Theresia Bauer
2,62
407
2
Bund
Prof. Dr. Johanna Wanka
3,24
2.197
3
Sachsen
Dr. Eva-Maria Stange
3,28
155
4
Bayern
Dr. Ludwig Spaenle
3,41
344
5
Thüringen
Wolfgang Tiefensee
3,47
67
6
Hamburg
Katharina Fegebank
3,50
73
7
Hessen
Boris Rhein
3,53
169
8
Rheinland-Pfalz
Vera Reiß
3,55
139
9
Mecklenburg-Vorpommern
Mathias Brodkorb
3,59
104
10
Schleswig-Holstein
Kristin Alheit
3,76
74
11
Brandenburg
Prof. Dr. Sabine Kunst
3,91
64
12
Niedersachsen
Dr. Gabriele Heinen-Kljajic
3,91
246
13
Berlin
Sandra Scheeres
4,09
108
14
Saarland
Annegret Kramp-Karrenbauer
4,31
71
15
Sachsen-Anhalt
Hartmut Möllring
4,58
112
16
Nordrhein-Westfalen
Svenja Schulze
4,62
657
Tabelle 3: Ranking der Minister 2016, Gesamtnote und Anzahl Teilnehmer (N)
3|16
alle Rektoren. Zum Vergleich sind auch
die letztjährigen Bewertungen (Spalte:
Mittel 2015) aufgeführt. Es zeigt sich bei
allen elf Eigenschaften eine leichte Verschlechterung der Wahrnehmung der
Rektoren durch die Professorenschaft.
Entsprechend ist auch die gewichtete
durchschnittliche Gesamtnote für alle
berücksichtigten Rektoren mit 2,66 minimal schlechter als 2015 (2,62).
Auch wenn sich die Note im Rahmen der letzten Jahre bewegt, erscheinen die Kommentare schon in der oberen Tabellenhälfte noch deutlicher, ungeduldiger, kritischer als bisher und verschärfen sich natürlich im letzten Drittel. Dahin müssen wir uns aber gar
nicht erst begeben, um gewisse Leitthemen zu identifizieren, wie autokratischer, autoritärer Führungsstil bis zur
Selbstherrlichkeit und Verlust der Bodenhaftung, Profilierungssucht mit Bedacht auf Außenwirkung vor allem im
politischen Raum. „Netzwerken ist in
Ordnung, Seilschaftenbildung nicht“, so
ein Kommentar. Das mangelnde Verständnis für unterschiedliche Wissenschafts- und Fachkulturen, welches sich
in flächendeckender Anwendung von
Kennzahlen und Anbiederung an die
Wirtschaft wissenschaftspolitisch verheerend auswirkt, ist ein weiteres Leitthema. Jedoch: „Es ist wie beim Fußball: Wenn der Abstiegsplatz erreicht ist,
muss das nicht am neuen Trainer liegen. Es kann auch die Folge der zuvor
erbrachten Mannschaftsleistung sein.“
Im Sinne dieser Fairness ist zu erwähnen, dass es bis in die unteren Ränge
auch eine Reihe positiver Bewertungen
gibt: „Bisher alles gut gemacht; angenehm im zwischenmenschlichen Umgang, ohne irgendwelche Allüren, jederzeit ansprechbar; von Jahr zu Jahr besser geworden.“
Ergebnisse „Wissenschaftsminister des Jahres“
An der Wahl zum „Wissenschaftsminister des Jahres“ beteiligten sich 2 828
Mitglieder. Entsprechend den „Spielregeln“ werden alle Plätze veröffentlicht,
sofern mindestens 50 Urteile abgegeben
wurden. Nur die Bremer Wissenschaftssenatorin blieb mit 37 Urteilen unter
diesem Quorum. Die Bundesministerin
wurde entsprechend in denselben (bzw.
angepassten) zehn Eigenschaften bewertet. Es ergibt sich das in Tabelle 3
dargestellte Ranking.
„Wissenschaftsminister des Jahres
2016“ Theresia Bauer wird – mit der bisher besten Note 2,62 – als die beste Wis-
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Wichtigkeit
Eigenschaft
Landesminister 2016
beste
Ø schlechteste
1
85,5%
Setzt sich für eine angemessene Finanzierung der Hochschulen ein
2,44
2
61,3%
Macht gute Politik für Universitäten
2,55
4,03
5,00
4,24
2
3,30
3,29
3
58,6%
Gewährt den Hochschulen Autonomie
2,73
3,68
5,07
4,03
3
3,05
3,13
4
53,0%
Durchsetzungskraft im Kabinett
2,19
3,58
4,16
3,80
4
3,58
3,59
5
44,6%
Macht eine gute Bildungspolitik
2,73
3,91
4,84
4,19
5
3,25
3,27
6
42,6%
Kennt die inneruniversitären Abläufe
2,65
3,86
4,87
3,97
6
2,68
2,59
7
38,5%
Zollt unterschiedlichen wissenschaftlichen Kulturen gebührenden Respekt
2,52
3,51
4,40
3,63
8
2,85
2,91
8
37,7%
Setzt sich für eine angemessene Vergütung wissenschaftlicher Arbeit ein
2,88
3,98
4,56
4,31
7
3,58
3,83
3,89
5,16
2015
Ø
Rang
4,13
1
BMBF
2016
2015
3,32
3,26
9
31,1%
Integrität
2,24
3,06
3,82
3,34
9
2,45
2,44
10
27,0%
Visionäre Kraft
2,94
4,09
5,08
4,33
10
3,60
3,62
3,38
3,38
Durchsetzungsfähigkeit gegenüber den Landesministern und KMK
Tabelle 4: Liste der Eigenschaften „Minister des Jahres“ sortiert nach Wichtigkeit. Angegeben sind zudem die durchschnittlichen Noten (Ø) über alle
Landesminister, sowie die jeweils beste und schlechteste Note eines Landesministers. Zum Vergleich sind Rangplätze und Durchschnittsnoten der letztjährigen Befragung (2015) angegeben. In den letzten beiden Spalten sind die Noten für die Bundesministerin für 2016 und das Vorjahr angegeben.
senschaftsministerin seit langem angesehen, die sich hervorragend für die Hochschulen in Baden-Württemberg einsetze.
Ihr wird ausgeprägte Bereitschaft zum
Dialog, politische Rationalität, gar Exzellenz attestiert. Sie sei „kompetent und
engagiert. Ihre Arbeit ist sachorientiert
und ideologiefrei“.
Auf Platz zwei folgt die Siegerin von
2014, die Bundesministerin für Bildung
und Forschung Professor Dr. Johanna
Wanka mit einer Note von 3,24.
Wir sehen mit einer mittleren, nach
Teilnehmern gewichteten Note von 3,76
für die Landesminister eine Verbesserung
zum „Allzeittief“ des letzten Jahres (4,05).
Dennoch bleiben die Kommentare zu allen Wissenschaftsministern der Länder
sehr reserviert bis negativ, im Grunde unabhängig von ihrer Platzierung im Ranking, ob im unteren oder oberen Mittelfeld oder in der „Spitzengruppe“. Es wird
immer wieder die Unkenntnis des Universitätsbetriebs, das Desinteresse am intellektuellen Leben beklagt. Dies beschädige die Universitäten und zerstöre die
Motivation ihrer Professoren. Natürlich
bleibt die Unterfinanzierung der Hochschulen ebenso ein Thema wie die „Aushöhlung der Autonomie“. Nicht zuletzt
hat das in den Kommentaren (auch
schon im Vorjahr) immer wieder erwähnte nordrhein-westfälische Hochschulzukunftsgesetz zu der überaus
schlechten Bewertung der NRW-Ministerin geführt. Wir können das jährliche Resümee praktisch zum siebenten Mal wiederholen: Wie schon in den Vorjahren
sind die Mitglieder des DHV nur mäßig
zufrieden bzw. doch eher unzufrieden
mit ihren Wissenschaftsministern.
In Tabelle 4 sind die zehn Eigenschaften und die durchschnittliche Bewertung über alle Teilnehmer zu sehen,
in der letzten Zeile findet sich eine Eigenschaft, die nur bezüglich der Bundesministerin abgefragt wurde. In der Rubrik „Wichtigkeit“ ist der Anteil der Teilnehmer aufgeführt, der die jeweilige Eigenschaft zu den fünf wichtigsten zählt.
Die Reihenfolge der zehn Eigenschaften
hat sich im Vergleich zum letzten Jahr
kaum verändert. Die Noten auf den
zehn Eigenschaften haben sich im Vergleich zu 2015 bei allen Eigenschaften
erkennbar verbessert.
Die Noten der Bundesministerin in
den verschiedenen Eigenschaften sind
ebenfalls in Tabelle 4 und in den letzten
beiden Spalten (BMBF: 2016 und 2015)
aufgeführt. Bei den Einzelnoten der
Bundesministerin sind kleine Veränderungen im Vergleich 2016 zu 2015 sowohl nach oben als auch nach unten zu
sehen; z.B. wird ihr Einsatz für eine angemessene Vergütung wissenschaftlicher
Arbeit nun mit einer Note von 3,58 etwas besser gesehen als noch 2015
(3,83). Hingegen wird ihre Kenntnis der
inneruniversitären Abläufe mit 2,68 etwas schlechter als 2015 (2,59) bewertet.
Insgesamt ist ihre gewichtete Durchschnittsnote mit 3,24 (s. Tabelle 3) leicht
besser als 2015 (3,26). Wie im letzten
Jahr wurde der Bundesministerin auch
2016 eine sehr engagierte, besonders
kompetente, sehr pragmatische und wissenschaftsaffine Politik im Sinne der
Universitäten und Hochschulen bescheinigt. „Sie ist glaubwürdig und integer. Sie verdient unsere Hochachtung
und Unterstützung.“ Aber auch 2016
wird stärkere Präsenz, mehr Einfluss,
mehr Durchsetzungskraft im Kabinett
und bessere Darstellung für die breite
Öffentlichkeit als wünschenswert erachtet, nur um einige der in der Mehrzahl
kritischen Kommentare zu erwähnen.
Über Sinn, Un-, Irrsinn von Rankings wie diesem hier wird zunehmend
minder oder mehr kritisch nachgedacht,
neuerdings auch unter Nutzen-, gar Profitaspekten. Den Rektoren und deren
Hochschulen, den Ministern, ihren Ländern, ihren Parteien (?) bescheren die
Ranglisten positive wie negative Aufmerksamkeit – und das ist doch gut so,
haben sie doch durchaus auch eine „legitimatorische Funktion“, wobei selbst
Frank Ziegele vom CHE die politische
Wirkung von Rankings laut der Zeitschrift Unicum für überschätzt hält. Aus
Sicht des DHV sind Rankings wie diese
für die Hochschul- und Bildungspolitik
„kein entscheidendes Kriterium, aber ein
unterstützendes Element.“
1 Es wird der besseren Lesbarkeit halber einheitlich von Rektor gesprochen, auch wenn viele Hochschulen die Bezeichnung Präsident verwenden. Zudem wird einheitlich die Bezeichnung Wissenschaftsminister für alle Minister
bzw. Senatoren verwendet, in deren Aufgabenbereich die Hochschulen fallen. Auch andere
nominelle Unterschiede zwischen den Ländern
werden im Text ignoriert.
Bisher zum Minister des Jahres gewählt
wurden: 2009 Jan-Hendrik Olbertz/SachsenAnhalt; 2010 Eva-Maria Stange/Sachsen;
2011 Professor Birgitta Wolff/Sachsen-Anhalt; 2012 Professor Birgitta Wolff/SachsenAnhalt; 2013 Theresia Bauer/Baden-Württemberg; 2014 Professor Johanna Wanka/Bundesministerin; 2015 Theresia Bauer/BadenWürttemberg.
Bisher zum Rektor des Jahres gewählt wurden: 2009 Professor Elmar Weiler/Ruhr Universität Bochum; 2010 Professor Wolfgang
Schareck/Universität Rostock; 2011 Professor
Lambert Koch/Universität Wuppertal; 2012
Professor Wolfgang Herrmann/TU München;
2013 Professor Jan-Hendrik Olbertz/HU Berlin; 2014 Professor Lambert Koch/Universität
Wuppertal; 2015 Professor Helmut J. Schmidt/
TU Kaiserslautern.