Jessica arbeitet ihre Qualen im Mädchenhaus auf

Dagmar Schäfer
Westfalen
Flüchtlingsbetreuung
Stichwort
Samstag, 31. Oktober 2015
Jessica arbeitet
ihre Qualen im
Mädchenhaus auf
a Das Mädchenhaus Bielefeld
unterstützt Mädchen und junge
Frauen, die sexualisierte, körperliche und seelische Gewalt erfahren haben. Die Betroffen sollen
darin gestärkt werden, für sich
neue Perspektiven zu entwickeln.
Das Mädchenhaus arbeitet interkulturell, stellt sich stets auf die
Seite der Mädchen und greift
aktuelle Entwicklungen wie
Flucht, Inklusion oder soziale
Medien auf.
In den Einrichtungen Porto
Amal (Hafen der Hoffnung) und
Mädchenwohnen Linah wohnen
geflüchtete Mädchen. Dort erhalten sie zum Beispiel Sprachunterricht und therapeutische Angebote. Das Mädchenhaus ist in freier
Trägerschaft und wird von der
Stadt Bielefeld unterstützt. Nähere
Informationen
unter
www.maedchenhaus-bielefeld.de
und w 0521/178813.
Bielefeld (gl). Ihr Alltag in
Deutschland gibt Jessica* Halt.
Um 5 Uhr morgens klingelt ihr
Wecker im Mädchenhaus Bielefeld, ab 6 Uhr sitzt die 18-Jährige
für anderthalb Stunden im Bus
zur Schule nach Espelkamp
(Kreis Minden-Lübbecke). Dort
lernt sie Deutsch und Mathe. Und
wenn die aus Afrika geflüchtete
junge Frau abends wieder in ihrem Zimmer im Mädchenhaus ist,
fühlt sie sich oft zu müde, um
noch etwas zu unternehmen.
Unterstützt Mädchen und junge
Frauen darin, ein selbstbestimmtes Leben zu führen: Birgit Hoffmann, Geschäftsführerin des
Mädchenhauses Bielefeld.
Was Jessica mit ihren 18 Jahren
bereits erlebt hat, ist kaum vorzustellen. Man merkt, dass es ihr
schwerfällt, über das Erlebte zu
sprechen. Sie wuchs in einem
afrikanischen Land bei ihrer Tante auf, die Eltern kannte sie nur
von Bildern. Als die Tante ermordet und Jessica politisch verfolgt
wurde, sah die damals 15-Jährige
keine Perspektive mehr in ihrer
Heimat. „Die Leute wollten mir
dort schaden“, sagt sie ernst und
senkt den Blick.
Alleine floh sie über Belgien
nach Deutschland, das Mädchenhaus in Bielefeld nahm die traumatisierte Geflüchtete im September 2013 auf. Dort arbeiten
ausschließlich Frauen mit den
Mädchen, die oft etwa durch
Krieg, Gewalt, Zwangsprostitution oder Genitalbeschneidung
traumatisiert sind. „Unsere Einrichtung Porto Amal (Hafen der
Hoffnung) nimmt minderjährige
Von unserem Redaktionsmitglied
MATTHIAS BORNHORST
Flüchtlingsmädchen in Obhut“,
sagt Birgit Hoffmann, Geschäftsführerin des Bielefelder Mädchenhauses. Zwölf Plätze stehen
zur Verfügung, alle sind belegt. Es
ist die einzige Einrichtung dieser
Art in NRW. „Häufig sind in
Flüchtlingsheimen der Jugendhilfe viele Jungen gemeinsam mit
einigen
wenige
Mädchen
untergebracht. Das geht nicht“,
sagt Hoffmann entschieden.
Nachdem die persönlichen Daten und der medizinische Zustand
der Mädchen aufgenommen wurden, versuchen die Betreuerinnen
behutsam, Nähe aufzubauen.
„Das Vertrauen fassen ist ein Prozess. Wir sind verlässlich da,
kommen wieder, begleiten die
Mädchen, zum Beispiel beim
Arztbesuch“, berichtet Hoffmann. So entwickeln sich die Pädagoginnen zu wichtigen Bezugspersonen der Mädchen.
„Am Anfang kannte ich niemanden und habe viel geweint“,
sagt Jessica leise. Inzwischen
habe sich das gebessert. Sie geht
mit ihrer Betreuerin Katrin Pohlmann gerne spazieren. Sie sprechen, schweigen und lachen auch
mal. „Sie kann mit allen Fragen
zu mir kommen“, sagt Pohlmann.
Rund um die Uhr ist für die jungen Flüchtlinge eine Ansprechpartnerin im Mädchenhaus da.
„Wir wollen die Mädchen da abholen, wo sie in ihrem Leben stehen“, erklärt Hoffmann. Am Wochenende gehen sie gemeinsam
auf die Herbstkirmes. Und Jessica
versucht, ihr Trauma für einige
Stunden zu vergessen.
Angekommen, und doch noch nicht dauerhaft zu Hause: Jessica (18) ist mit 15 Jahren alleine aus Afrika
nach Bielefeld geflohen. Sie möchte auf dem Bild nicht erkannt werden. Im Mädchenhaus der Leineweberstadt wurde das traumatisierte Mädchen aufgenommen, betreut und therapiert. Inzwischen geht es Jessica
besser und sie besucht die Schule. Doch ob sie in Deutschland bleiben darf, ist unklar. Bilder: Bornhorst
Unklarer Aufenthaltsstatus belastet
Bielefeld (bor). Seit drei Jahren
lebt Jessica in Deutschland, doch
wie lange sie noch bleiben darf,
ist ungewiss. „Ich habe eine Aufenthaltsgestattung, die gilt aber
immer nur für drei bis sechs Monate“, sagt die 18-Jährige in flüssigem Deutsch. Das macht es
schwierig, über Wünsche oder
Träume zu sprechen. „Ich kann
nicht einplanen, wie es bei mir
weitergeht, solange ich nicht
weiß, ob ich in Deutschland bleiben darf“, sagt sie .
Die Zukunft liegt nicht in ihren
Händen, selbst nach drei Jahren
hat Jessica keine Gewissheit über
ihr Bleiberecht. „Das belastet die
ohnehin schon traumatisierten
Mädchen zusätzlich“, sagt ihre
Betreuerin und berichtet, dass
dies sehr an dem Mädchen nagt,
Wut und Verärgerung auslöst.
Umso mehr, da sich Jessica so
gut eingelebt hat, dass sie von der
Aufnahmeinrichtung Porto Amal
des Mädchenhauses Bielefeld inzwischen in die Wohngruppe Linah umgezogen ist. „Ich teile mir
ein Appartement mit einem ande-
ren Mädchen“, sagt Jessica. In der
Wohngruppe, wo noch weitere
Mädchen wohnen, übernehmen
sie mehr Verantwortung für ihren
Alltag. Sie kochen selbst, erledigen ihre Schularbeiten und werden so an ein selbstbestimmtes
Leben in einer eigenen Wohnung
herangeführt. Oft mit Erfolg, was
Pohlmann beeindruckt: „Im Vordergrund steht dann nicht mehr,
was sie durchlebt haben, sondern
was sie geschafft haben.“
*Name von der Redaktion
geändert
Stadt sucht Gasteltern für Jugendliche
FH bietet Sprachkursus
Ahlen (gl). Kleiderspenden,
Freizeitgestaltung, Sprachkurse –
Die Unterstützung von Flüchtlingen in der Region umfasst viele
Aspekte. Das Jugendamt der
Stadt Ahlen will nach dem Beispiel von Dortmund noch einen
Schritt weiter gehen: Gesucht
werden Gastfamilien für alleinreisende minderjährige Flücht-
Bielefeld/Minden (gl). Im Januar
2016 beginnt am Campus Minden
der Fachhochschule (FH) Bielefeld
ein halbjähriger Deutschkursus für
Flüchtlinge, die ein Studium anstreben. Der Kursus setzt ein
Sprachniveau B1 voraus und führt
zu einer Prüfung auf dem Sprachniveau C1, das für ein Studium in
den meisten Studienfächern in
linge. Rund 40 Jugendliche –
männlich, zwischen 15 und 17
Jahre alt – leben aktuell in der
Wersestadt. Bis zu 20 weitere sind
angekündigt.
Für diejenigen, die bleiben,
werden ab sofort Gastfamilien in
Ahlen und Umgebung gesucht.
Diese sollen den Jugendlichen
helfen, ein Leben in Eigenstän-
digkeit zu führen, wie Jugendamtsleiterin Ute Gallasch-Meyer
betonte.
Auf einer Informationsveranstaltung wurde deutlich, dass
Gasteltern von der Stadt organisatorisch und finanziell unterstützt werden. Eine Voraussetzung sei ein eigenen Zimmer für
den jungen Flüchtling.
Für alleinreisende jugendliche
Flüchtlinge sucht das Jugendamt
Ahlen Gasteltern.
Bild: dpa
Deutschland erforderlich ist. Außerdem muss eine in Deutschland
geltende
Hochschulzugangsberechtigung vorliegen. Das Programm umfasst die Möglichkeit
der Teilnahme an einzelnen Lehrveranstaltungen und eine Betreuung durch ehrenamtliche Mentoren. Die Finanzierung wird die FH
Bielefeld übernehmen.
Sonderedition aus Brasilien
Legendärer VW-Bully T2 für
deutsche Straßen fit gemacht
Manfred Mulder, Autohändler in Beckum und Oldtimerfan, freut sich,
dass er die Zulassung der brasilianischen Jubiläums-Bullys für den
deutschen Straßenverkehr hinbekommen hat.
Bilder: Clauser
Gegen Gastwirt
Raucherparty:
Bußgeld rechtens
Hamm (dpa). Bußgelder in
Höhe von 2400 Euro, die ein Essener Gastwirt für Protestpartys
gegen den Nichtraucherschutz
kassiert hatte, sind rechtens.
Damit bestätigte das Oberlandesgericht in Hamm ein Urteil
des Amtsgerichts Essen, wonach
der Kneipier wiederholt und
vorsätzlich gegen das Nichtraucherschutzgesetz
verstoßen
habe. Mit seinen „Helmut Partys“ hatte er in Anspielung an
den auch als Raucher bekannten
Alt-Bundeskanzler
Helmut
Schmidt Schlagzeilen gemacht.
Die Aktion richtete sich gegen
das in Nordrhein-Westfalens
Kneipen geltende Rauchverbot.
2014 hatte die Stadt ihn zur
Zahlung von 800 Euro, dann im
Wiederholungsfall zu einem
Bußgeld von 1600 Euro verdonnert, weil er seinen Kneipengästen das Rauchen gestattet hatte.
Beckum (scl). Er war das
Flaggschiff der 68er-Generation.
Der Traum automobiler Globetrotter. Kaum jemand über 50, der
nicht ins Schwärmen geriete beim
Anblick eines VW-Bully T2. Vor
dem Beckumer Autohaus Am Wasserturm ist zurzeit gleich eine ganze Reihe der Oldtimer-Prachtstücke zu besichtigen. Fabrikneu.
Als Inhaber und Oldtimer-Fan
Manfred Mulder davon erfuhr,
dass 2014 in Brasilien nach 56
Jahren die letzten 1200 T2 in einer Sonderedition vom Band laufen sollten, stand für ihn fest:
„Davon muss ich einen haben.“
Wie vielleicht 50 oder 100 weitere stolze Eigentümer bundesweit
ergatterte Mulder auch einen der
begehrten Bullys. Dabei stand von
vornherein fest: In Deutschland
würden sie keine Zulassung erhalten. Den hiesigen hohen technischen Anforderungen erfüllen die
Brasilianer einfach nicht.
Wirklich nicht? Manfred Mulder
begann nachzudenken. In Clubs
und Foren beriet er sich mit anderen Oldtimer-Kennern. Und bekam
so Kontakt zu einem Fachmann
beim TÜV, der sich mit derart
kniffligen Fragen auskannte. Nach
einjährigen Beratungen wusste der
Beckumer, wie eine Umrüstung für
die südamerikanischen T2 funktionieren könnte. Als Hauptproblem
erwies sich dabei die Einhaltung
der strengen europäischen Abgasnorm. Nach Einholen verschiede-
ner Gutachten und viel Tüftelei
stand das Konzept. Die Zulassungsreife für den Mulder-Bully
war erreicht und gleichzeitig die
Möglichkeit, auch die anderen
Fahrzeuge aus der Serie tauglich
für deutsche Straßen zu machen.
Momentan hat der Kfz-Fachmann zehn Bullys in Arbeit, es
könnten aber noch mehr werden.
Zwei Arbeitstage kostet es, sie auf
europäischen Standard zu bringen.
Das hat seinen Preis. 48 000 Euro
kostet ein für den hiesigen Straßenverkehr umgerüsteter T2, von
denen Mulder selbst eine Handvoll
vermarktet. Das Interesse in
Sammlerkreisen ist groß – schließlich bekommt man nicht oft einen
fabrikneuen Oldtimer angeboten.
16. November
Angekündigte AfD-Demo löst Gegenaktion aus
Oelde (gl). Der AfD-Kreisverband Warendorf hat für Montag,
16. November, eine Demonstration unter dem Motto „Asylchaos
beenden“ in Oelde angekündigt.
Bereits kurz nachdem das Vorhaben bekannt geworden war, haben Oelder Bürger mit der Pla-
nung einer Gegenveranstaltung
begonnen.
Die AfD-Veranstaltung soll
laut Ankündigung um 19 Uhr auf
dem Marktplatz beginnen. Redner aus den Reihen des Landesverbands der Partei sollen auftreten. Laut Polizei, die die Veran-
staltungen genehmigen muss, hat
die AfD-Kreistagsfraktion Warendorf zunächst 500 Teilnehmer
angekündigt. Mittlerweile soll die
Zahl erhöht worden sein.
Die Organisatoren der Gegenveranstaltung, die sich aus Vertretern der Politik sowie den Kir-
chen und Oelder Vereinen zusammensetzen, wollen mindestens
2500 Bürger mobilisieren. Sie
werden ebenfalls den Oelder
Marktplatz als Veranstaltungsort
für sich beanspruchen, um dort
nach eigenen Angaben zu zeigen,
dass Oelde bunt und vielfältig ist.
Grundbesitzerin setzt sich durch
Gericht bestätigt jagdfreie Zone
Münster (dpa). Eine Tierschützerin aus dem Kreis Steinfurt muss
keine Jäger mehr auf ihren beiden
Grundstücken dulden. Das Verwaltungsgericht Münster entschied am
Freitag, dass die Frau die betreffenden Flächen zu befriedeten Gebieten erklären und damit die Jagd
dort untersagen darf.
Nach Angaben des Gerichts war
dies das erste Urteil dieser Art in
Münster. Mit ihrer Klage gegen den
Kreis Steinfurt hatte sich die Tierschützerin auf ein Grundsatzurteil
des Europäischen Gerichtshofes
für Menschenrechte (EGMR) aus
dem Jahr 2013 berufen.
Erst seit dieser Entscheidung
ist es Eigentümern von Grundstücken, die zusammen mit weiteren
einen gemeinsamen Jagdbezirk
bilden, möglich, die Jagd auf ihren Einzelflächen zu verbieten.
Voraussetzung dafür ist, dass die
Grundbesitzer glaubhaft machen,
dass sie die Jagd auf Tiere aus
ethischen Gründen ablehnen.
Dieser Nachweis gelang der Frau
in der Verhandlung am Freitag
spielend.
Hier bitte nicht: Eine Grundbesitzerin im Kreis Steinfurt hat für
ihre Flächen ein Jagdverbot
durchgesetzt.
Bild: dpa
Ermittler klären
Brandanschlag auf
Porta Westfalica/Bielefeld
(dpa). Nach einem Brandanschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft in Porta Westfalica
Mitte September hat die Polizei
die mutmaßlichen Gewalttäter
gefasst. DNA-Spuren an einem
Beweisstück am Tatort hatten
zu einem 29-Jährigen geführt,
wie Polizei und Staatsanwaltschaft in Bielefeld am Freitag
mitteilten. Er war wegen Eigentumsdelikten in einer Datenbank erfasst. Er und ein 33 Jahre
alter Mann sollen am 14. September je eine Glasflasche mit
brennendem Benzin gegen die
Fassade der Unterkunft geworfen haben. Bewohner konnten
den Brand löschen und blieben
unverletzt.
JVA Detmold erhält
neuen Leiter
Detmold (gl). Oliver Burlage
(51) ist neuer Leiter der Justizvollzugsanstalt (JVA) Detmold.
Er folgt damit auf Kerstin Höltkemeyer-Schwick, die im September die Leitung der JVA Bielefeld-Senne übernommen hat.
Burlage ist Volljurist. Unter anderem war er zehn Jahre als
stellvertretender Leiter der damaligen Justizvollzugsanstalt
Bielefeld-Brackwede I tätig, bevor er Anfang 2014 zur JVA Bielefeld-Senne wechselte – ebenfalls als stellvertretender Anstaltsleiter.