Raummoden in Räumen mit nichtparallelen Wänden Alle nachfolgenden Abbildungen zeigen die Ergebnisse von Messsungen in zweidimensionalen Räumen bzw. in Modellen derartiger Räume, d.h. in Räumen, in denen die vertikale Abmessung so viel geringer als die horizontalen war, daß in den für die Experimente benutzten Frequenzbereichen keine vertikalen Moden auftraten. In üblicherweise benutzten Hallräumen existieren Interferenzmuster in Form von stehenden Wellen, was bedeutet, daß das Schallfeld nicht diffus ist, Ein diffuses Schallfeld jedoch ist eine wesentliche Grundvoraussetzung für die Anwendung der Nachhalltheorie [1], [2]. Eine Folgeerscheinung dieses nicht-diffuses Schallfeldes ist, daß die Nachhallzeit von der Position von Schallquelle und Messvorrichtung abhängt. Eine bedeutsame Konsequenz dieser Tatsache ist, daß für dasselbe Material in verschiedenen Hallräumen verschiedene Absorptionskoeffizienten gemessen wurden [1]. Um eine Vergleichmäßigung dieser Interferenzmuster zu erzielen, wurden Hallräume von unregelmäßiger Form vorgeschlagen und gebaut. Erste experimentelle Methoden zur Bestimmung von stehenden Wellen in nichtrechteckigen Räumen wurden von Bolt [1] entwickelt. Kleine Modelle aus Messing wurden angefertigt mit Wandstärken von 0.6 – 0.95 cm und Abmessungen von 5 cm in der Höhe und 20-23 cm in Länge und Breite. Drei Modelle wurden gebaut (siehe Abb.1). Mit Hilfe eines Frequenzgenerators wurden Sinustöne erzeugt und über einen bündig eingebauten Ohrlautsprecher abgestrahlt (Position “S” in Abb. 1-3). Abb. 1: Mode (2,0) Abb. 2: Mode (0,1) Abb. 3: Mode (1,1) Bolt zieht den Schluß, daß in rechteckigen Räumen eine Serie von harmonisch miteinander verbundenen Moden existieren, die übereinstimmende Regionen von Druckmaxima und -minima aufweisen, was zu hohen Druckunterschieden innerhalb des Raumes führt. In nicht-rechteckigen Räumen besteht diese harmonische Verbindung nicht, was dazu führt, daß die gemittelte Raumantwort, aus Messungen in verschiedenen Raumpunkten bestimmt, gleichmäßiger verläuft; die Überlagerung verschiedener Moden führt zu geringeren Druckunterschieden [3]. Die Unterschiede zw. Druckmaximum und –minimum einer individuellen Mode jedoch sind ungefähr gleich für verschiedene Raumformen und nicht anders als in rechteckigen Räumen [1], [3], [4]. Sobald man von der rechteckigen Raumform beginnt abzuweichen, unter Beibehaltung der Größe der Grundfläche, treten Änderungen der Modenfrequenzen auf: Abb. 4 (aus [5]) durchgezogene Linien: theoretische Kurven gestrichelt: gemessen Meßpunkte sind durch Symbole gekennzeichnet Der Abstand zw. den beiden parallelen Raumwänden ist im rechteckigen und im trapezförmigen Raum in Abb.4 gleich groß. Die Änderung der Modenfrequenzen ist für die (0,n)-Moden, die sich zw. den parallelen Wänden aufbauen, deren Isobaren (d.h. Linien gleichen Schalldrucks) also parallel zu diesen Wänden verlaufen, sehr gering [4]. Dreht man eine der kurzen Raumseiten eines rechteckigen Raumes um ihren Mittelpunkt, treten unsystematische Änderungen der Modenfrequenzen auf [3]. Wie im vorstehenden Fall des trapezförmigen Raumes ist die Änderung der Modenfrequenzen der sich zw. den parallelen Wänden aufbauenden Moden sehr gering. Fig. 5 (from [3]) Solange parallele Wände vorhanden sind, hat die Änderung des Verlaufes der Isobaren eine gewisse Regularität [4]. Je mehr die Raumform vom Rechteck abweicht, desto komplizierter wird der Verlauf der Isobaren [4]. Abb. 6 (aus [4]) Die folgenden Abbildungen zeigen Modenmuster in rechteckigen und nichtrechteckigen Räumen. Abb. 7: Modenmuster für reine Sinustöne (aus [3]) Abb. 8 (aus [4]) Modenmuster für Wobbelton Der Wobbelton (frequenzmodulierter Sinuston, Mittenfrequenz 1260 Hz, ± 125 Hz) regt mehrere Moden gleichzeitig an. Während die Schalldruckverläufe im nichtrechteckigen Raum in verschiedenen Teilen des Raumes komplizierte Formen annehmen, sind sie im rechteckigen Raum symmetrisch mit einem Minimum in der Raummitte. Der hauptsächliche Unterschied zwischen rechteckigen und nicht-rechteckigen Räumen ist der, daß in nicht-rechteckigen Räumen axiale und tangentiale Moden nicht vorkommen, sondern nur die (dreidimensionalen) obliquen [3], [4]. Das Resultat ist eine regelmäßigere Modenverteilung als man in rechteckigen Räumen mit optimalen Abmessungen finden würde. Eine regelmäßige Modenverteilung verhindert das Auftreten von großen Spitzen oder Senken im Frequenzgang. Diese Tatsache führte zu der Schlußfolgerung, daß nicht-rechteckige Räume überlegen sind [3]. Milner bestimmte die optimalen Abmessungen eines nicht-rechteckigen Raumes mit parallelem Boden und Decke als: a = 6,30 m, b = 5,24 m, c = 10,35 m , d = 7,00 m, e = 7,91 m, mit einer Höhe von 4,93 m [6]. Auf Grund des unerwarteten Modenverhaltens nicht-rechteckiger Räume sind die üblichen Berechnungsverfahren, die lediglich die linearen Raumabmessungen als Parameter verwenden, nicht mehr gültig, die Modenfrequenzen sowie die Verläufe der Isobaren müssen für jeden inviduellen Raum gesondert mit Hilfe von z.B. FiniteElemente-Verfahren berechnet werden [3]. Abb. 9 zeigt den Isobarenverlauf der 91,6 Hz Mode im 227 m3 großen Hallraum der Philips-Laboratorien in einer Horizontalebene. Abb. 9 (aus [3]) Literatur [1] Bolt, “Normal modes of vibration in room acoustics: experimental investigations in nonrectangular enclosures”, J. of the Acoustical Society of America 1939, Vol. 11, S.184 [2] Hodgson, “When is diffuse-field theory applicable?”Applied Acoustics 1996, Vol. 49, No. 3, S.197 [3] Van Nieuwland et al., “Eigenmodes in non-rectangular reverberation rooms”, Noise Control Engineering Nov. 1979, S.112 [4] Sato et al., “The effect of the room shape on the sound field in rooms”, J. of the Physical Society of Japan 1959, Vol. 14, No. 3, S.365 [5] Bolt, “Perturbation of sound waves in irregular rooms”, J. of the Acoustical Society of America 1942, Vol. 13, S.65 [6] Milner, “An investigation of the modal characteristics on nonrectangular reverberation rooms”, J. of the Acoustical Society of America 1989, Vol. 85, S.772
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