Studieren mit Handicap Hinweise zur Gestaltung eines

Studieren mit Handicap
Hinweise zur Gestaltung eines Nachteilsausgleichs
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Studieren mit Handicap
Hinweise zur Gestaltung eines Nachteilsausgleichs
Inhaltsverzeichnis
1. Vorbemerkung
2. Welche rechtlichen Grundlagen gelten für Nachteilsausgleiche im Studium
3. Wer kann einen Nachteilsausgleich beantragen?
4. Welche Möglichkeiten der Organisation und Gestaltung eines Nachteilsausgleichs gibt es?
5. Nachteilsausgleich bei diagnostizierte Legasthenie oder Dyskalkulie
6. Nachteilsausgleich bei psychischen Erkrankungen
7. Wie läuft das Antragsverfahren ab?
8. Nützliche Adressen, Links und Literaturhinweise
Anlage 1:
Musterantrag „Nachteilsausgleich bei Studien- und Prüfungsleistungen“
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1. Vorbemerkung
Die Datenerhebung „beeinträchtigt Studieren- zur Situation Studierender mit
Behinderung und chronischer Krankheit 2011“
www.best-umfrage.de/PDF/beeintraechtigt_studieren_2011.pdf
zeigt auf, inwieweit sich gesundheitliche Beeinträchtigungen im Wechselspiel mit
Barrieren in Hochschule und Studium studienerschwerend auswirken.
Nach der Selbsteinschätzung der teilnehmenden Studierenden erschwert sich das
Studium für „45% der Studierendenam stärksten durch eine psychische Beeinträchtigung, für 20% durch eine chronisch-somatische Erkrankung, für 6% durch
eine Teilleistungsstörung, für 5% durch eine Seh-, für 4% durch eine Mobilitätsund für 3% durch eine Hör-/Sprechbeeinträchtigung.“
Diese Hinweise richten sich sowohl an Studierende als auch an Lehrende und
Mitarbeiter der HTW Berlin. Betroffene Studierende als auch Mitarbeiter der
Hochschule sollen ausdrücklich ermutigt werden sich mit Fragen und Befürchtungen sowohl an die Beauftragte für behinderteund chronisch Studierende als auch
an die Allgemeine Studienberatung und die Psychologische Beratung der HTW
Berlin zu wenden.
Es geht dabei um die Gestaltung gleichwertiger Studien- und Prüfungsbedingungen, nicht um inhaltliche Erleichterungen der Prüfungsanforderungen.
2. Welche rechtlichen Grundlagen gelten für Nachteilsausgleiche im
Studium?
Sowohl das Hochschulrahmengesetz (HRG) mit §2 Abs. 4 als auch das Berliner
Hochschulgesetz (BerlHG) mit § 4 Abs. 7 verpflichten die Hochschulen, die besonderen Bedürfnisse von behinderten Studienbewerbern und Studienbewerberinnen sowie Studierenden zu berücksichtigen. Die Hochschulen gewährleisten
den barrierefreien Zugang zu allen Hochschulangeboten und treffen geeigneten
Maßnahmen, unter Beibehaltung der Gleichwertigkeit, zur Umsetzung von Nachteilsausgleichen.
An der HTW Berlin steht als Rechtsgrundlage für den Ausgleich eines objektiven,
behinderungsbedingten Nachteils („Nachteilsausgleich“) der § 13 Absatz 9 der
Rahmenstudien- und Prüfungsordnung (RStPO)zur Verfügung. Dort heißt es:
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"Macht der oder die Studierende im Rahmen eines schriftlichen Antrages an den
Prüfungsausschuss bis in der Regel sechs Wochen nach Semesterbeginn glaubhaft, dass er oder sie aus Gründen, die er oder sie nicht zu vertreten hat, nicht in
der Lage ist, Modulprüfungen ganz oder teilweise in der vorgesehenen Form zu
erbringen, so wird ihm oder ihr gestattet, die Modulprüfung in einer anderen vergleichbaren Form zu erbringen. Der Prüfungsausschuss trifft unverzüglich eine
Entscheidung in Abstimmung mit den Prüfer(inne)n und teilt diese über die Prüfungsverwaltung dem oder der Studierenden schriftlich mit."
3. Wer kann einen Nachteilsausgleich beantragen?
Studierende mit einer Behinderung oder chronischen Erkrankung können einen
solchen Antrag stellen.
„Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder
seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von
dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am
Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Sie sind von Behinderung bedroht, wenn
die Beeinträchtigung zu erwarten ist.“ (§ 2 Absatz 1 SGB IX)
Der moderne Behinderungsbegriff erfasst also auch länger andauernde, episodenhaftverlaufende chronische Erkrankungen, sofern diese nicht nur eine Gesundheitsstörung darstellen, sondern auch zu einer Beeinträchtigung der gesellschaftlichen Teilhabe führen. Hierzu gehören beispielsweise auch psychische Erkrankungen.
4. Welche Möglichkeiten der Organisation und Gestaltung einesNachteilsausgleichs gibt es?
So vielfältig gesundheitliche Einschränkungen und ihre Auswirklungen auf den
Studienverlauf sein können, so individuell und bedarfsgerecht sollte die Gestaltung der ausgleichenden Maßnahmen festgelegt werden.
Ein möglicher Ausgleich kann beispielsweise sein:
•
eine angemessene Verlängerung der Bearbeitungszeiten sowohl in Prüfungen als auch bei Haus- und Abschlussarbeiten
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•
die Zulassung zusätzlicher Arbeits- oder Hilfsmittel (Laptop, andere Assistenzleistungen z.B.Gebärdensprachdolmetscher, Schriftdolmetscher)
•
das Ablegen der Prüfungen in einer anderen Form (Hausarbeit, Ersatz
mündlicher durch schriftliche Prüfung und umgekehrt)
•
individuell abgestimmte Prüfungstermine/Abgabetermine
•
die Durchführung von Prüfungen in einem gesonderten Raum
•
eine Verlängerung und/oder Einrichtung von Pausen während des Prüfungszeitraumes
Für hörbehinderte oder gehörlose Studierende kann beispielsweise eine mündliche durch eine schriftliche Prüfung ersetzt werden.
Blinden oder stark sehbehinderten Studierenden sollte im Einzelfall die Benutzung des eigenen, mit besonderen Hilfsmitteln ausgestatteten Computers gestattet werden. Auch hier kann es sinnvoll sein, die schriftliche durch eine mündliche
Prüfung oder eine Hausarbeit zu ersetzen.
Körperbehinderte Studierende benötigen außerdem oft aufgrund der Beeinträchtigung ihrer Schreibgeschwindigkeit eine Zeitverlängerung.
Bei Studierenden mit einer Lese-Rechtschreibschwäche treten gehäuft Fehler
beim Verfassen und Aufnehmen von Texten auf. Auch hier könnendie Zulassung
eines Laptops mit Rechtschreib- und Grammatikprüfung zur Klausur und eine
Zeitverlängerung hilfreich sein. Oft wird auch die Kombination mehrerer Ausgleiche erforderlich.
5. Nachteilsausgleich bei diagnostizierter Legasthenie (LeseRechtschreibstörung/LRS) oder Dyskalkulie (Rechenstörung)
Teilleistungsstörungen wie z.B. Legasthenie oder Dyskalkulie,sind in den letzten
Jahren immer mehr in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt.
Immer häufiger gelingt Menschen mit einer solchen Beeinträchtigung der Zugang zu einem Hochschulstudium.
Folgt man der internationalen Klassifikation der Krankheiten der Weltgesundheitsorganisation (WHO)www.who.int/en/, so zählen die LeseRechtschreibstörung und die Rechenstörung zu den "umschriebenen Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeiten (F81)". Die Fähigkeit des Erlernens des
Lesens, des Rechtschreibens und des Rechnens sind hier erheblich beeinträchtigt.
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Studierende, mit einer Lese- Rechtschreibstörung oder Rechenstörung, sind in
der Regel normal bis hoch intelligent. Sie verfügen meist sogar über besondere
Fähigkeiten oder künstlerische Neigungen.
Die Probleme treten also nicht auf, weil die/der Studierende „dumm” oder „faul”
ist, sondern weil sie/er unter einer Teilleistungsschwäche leidet.
Studierende mit einer Lese- Rechtschreibschwäche benötigen zum Erfassen, verarbeiten und Verfassen schriftlicher Inhalte mehr Zeit.
Legasthenie oder Dyskalkulie sindlängerfristige Beeinträchtigungenund alssolche
im Sinne des § 2 SGB IX eine Behinderung.Eine Reihe von Verwaltungsgerichtsentscheidungen folgt ebenfalls der Auffassung, dass die Legasthenie einem körperlichen Dauerleiden gleichzusetzenist und eine Behinderung vorliegt, die nicht
die in der Prüfung zu ermittelnde wissenschaftliche Leistungsfähigkeit, sondern
lediglich die Lese- und Schreibtätigkeit als technischen Vorgang(ähnlich wie bei
blinden und sehbehinderten) beeinträchtigt. (www.bvl-legasthenie.de)
Nachteilsausgleichende Maßnahmen können hier sein:
•
Schreibzeitverlängerung
•
Zulassung technischer Hilfsmittel z.B. PCD mit Rechtschreibprogramm
6. Nachteilsausgleich bei psychischen Erkrankungen
Im Rahmen der best- Umfrage geben insgesamt 45% der Befragten eine psychische Beeinträchtigung als besonders studienerschwerend an.
Besonders häufig wurden hierbei Depression (80%), Angststörung(38%), Essstörung (18%) und Persönlichkeitsstörung (15%) genannt.
Bei einer chronischen psychischen Erkrankung (im Sinne der o.g. Definition)
können sich Phasen, in denen die Betroffenen sich gut fühlen, abwechseln mit
Phasenmit gravierenden Beeinträchtigungen.
Psychische Erkrankungen können die alltägliche Lebensführung erheblich beeinträchtigen. In akuten Krankheitsphasen kann den Anforderungen eines Studiums
oft nicht mehr ausreichend nachgekommen werden.Studienbezogene Auswirkungen sind oft übermäßige Ängste und/oder Stimmungsschwankungeneingeschränkte
Konzentrationsfähigkeit oder verminderter Antrieb.Die betroffenen Studierenden
haben oft Schwierigkeiten mit zeitlichen Vorgabenoder hoher Prüfungsdichte.
PsychischeErkrankungen sind meist gut behandelbar (medikamentös und/oder
psychotherapeutisch) und können nach einiger Zeit oft abklingen oder ganz ver6
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schwinden. Erhalten die Studierenden während und nach Überwindung einer
Krankheitsphase ausreichend Unterstützung, so kann ein Studium oft fortgesetzt
und abgeschlossen werden. Auch hier sollte die Möglichkeit der Modifikation von
Prüfungsleistungen geprüft werden.
Die psychologische Beratung der HTWunterstützt Studierende ebenfalls dabei,
kleine und große Krisen während des Studiums zu bewältigen
(www.htw-berlin.de/studieren/beratung-service/studienberatung/psychologischeberatung/ )
7. Wie läuft das Antragsverfahren ab?
Für die Umsetzung eines Nachteilsausgleichs sind oft umfangreiche organisatorische Maßnahmen zu treffen. So müssen beispielsweise Raumbelegungen verändert und detaillierte Absprachen mit den jeweiligen Prüfern getroffen werden.
Ein Antrag auf Gewährung eines Nachteilsausgleichs (s. Anlage) sollte deshalb
möglichst frühzeitig in der Regel sechs Wochen nach Semesterbeginn schriftlich
beim Prüfungsausschuss des jeweiligen Studiengangs gestellt werden.
Im Antrag sollte der oder die Studierende den geeigneten Nachteilsausgleich benennen und darlegen.
Zur Begründung des Antrags kann beispielsweise, je nach Lage des Einzelfalls,
eineKopie des Schwerbehindertenausweises, eine ärztliche Bescheinigung oder
ein sozialpädagogisches oder psychologisches Gutachten vorgelegt werden. Diese
sollten bereits neben der Erläuterung der Einschränkung bei Ablegung der Prüfung, eine Empfehlung zur Gestaltung des Nachteilsausgleichs enthalten.
Die ausgleichenden Maßnahmen sollten stets individuell festgelegt werden. Sie
dürfen keinen Einfluss auf die Bewertung der Prüfungsleistung haben oder in
Leistungsnachweisen dokumentiert werden.
Ein Nachteilsausgleich wird in der Regel jeweils für ein Semester gewährt und
muss immer wieder zu Semesterbeginn neu beantragt werden.
Sowohl Studierende als auch Lehrende und Mitarbeiter der HTW Berlin können
sich jederzeit mit ihren speziellen Fragen an die Beauftragte für behinderteund
chronisch kranke Studierende wenden.
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8. Nützliche Adressen, Links und Literaturhinweise
•
Allgemeine Studienberatung der HTW
www.htw-berlin.de/studienberatung
•
best- umfrage- Beeinträchtigt Studieren
www.best-umfrage.de/PDF/beeintraechtigt_studieren_2011.pdf
•
Bundesverband Legasthenie und Dyskalkulie e.V. (BVL)
www.bvl-legasthenie.de/
•
Landesverband Legasthenie und Dyskalkulie Berlin
www.lvl-berlin.de/node/1
•
Legastheniezentrum Berlin
www.legasthenie-zentrum-berlin.de/
•
Psychologische Beratung der HTW
www.htw-berlin.de/psychologische-beratung
•
Studentenwerk Berlin,
psychologisch - psychotherapeutische Beratung
www.studentenwerk-berlin.de/bub/pp_beratung/
•
Studieren mit Behinderung
www.htw-berlin.de/studieren-handicap
Kontakt:
Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin
Studierendenservice
Allgemeine Studienberatung
Beauftragte für behinderte und chronisch kranke Studierende
Diana Wlodarczak
Treskowallee 8, 10318 Berlin, Hauptgebäude, Raum 152
Tel: (030) 5019-2575 Fax: (030) 5019-2241
E-Mail: [email protected]
www.htw-berlin.de/studieren-handicap
Sprechzeiten: Mo10.00- 12.00 Uhr und nachVereinbarung
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