Schauspielerin MonicaBellucci überAlter,Erotik

deluxe
Reif für
Bond
Schauspielerin
Monica Bellucci
über Alter, Erotik
und 007
EDITORIAL
Alexander Pfeffer
Coverfoto: © Isabel Snyder/courtesy Schirmer/Mosel, Kolumnenfoto: Richard Tanzer
Chefredakteur WirtschaftsBlatt deluxe
edition 5*15 deluxe 5
Im Schlafzimmer von Gloria von
Thurn und Taxis steht neben ihrer
E-Gitarre auch eine Gebetsbank.
6 deluxe edition 5*15
Foto: Wolfgang Stahr
EDITORIAL
cartier.at
Diamant Kollektion
DELUXE STELLT VOR
Susanne Wuest
Was vermisst eine junge Schauspielerin, die von Berufs wegen
größtenteils in Berlin lebt? Die
Wiener Küche! Im Speziellen
Knödel in ihrer ganzen Bandbreite:
von Semmel- bis Marillenknödel.
Wie sich Wien ansonsten im
Vergleich mit Berlin schlägt,
warum sie gern bis nachmittags
frühstückt und was sie sich nach
dem Shoppen gönnt, verrät
Susanne Wuest ab Seite 30.
Margarete Gockel
Die Gelsenkirchenerin zählt zu
den weltweit gefragtesten
Mode-Illustratorinnen. Ihre
Arbeiten finden sich etwa in
„Elle“, „Marie Claire“, „Forbes“,
„Time“, „New York Times“ oder
„The Wall Street Journal“. Jetzt
8 deluxe edition 5*15
gehört auch das WirtschaftsBlatt
deluxe dazu: Ab Seite 20 finden
sich ihre Illustrationen zur Story
„Dress to Success“. Mehr von
der Künstlerin auf der Plattform
www.instagram.com/margaretegockelillustration.
deluxe-iPad-Edition zum Download:
Mehr Infos >
Weitere Links, Informationen und Bilder
zu den Storys.
Fotos: Wolfgang Stahr, Julia Malysch für VOGUE Deutschland, Illustration: Margarete Gockel
Ralf Eibl und Wolfgang Stahr
Hausbesuch bei der Pop-Aristrokratin: Der preisgekrönte Autor
Ralf Eibl und der renommierte
Fotograf Wolfgang Stahr haben
für ihr Buch „Stilikonen unserer
Zeit“ Gloria von Thurn und Taxis
in New York besucht. Ab Seite 48
können auch Sie einen Blick in das
Loft der Fürstin werfen, die gerade
in Manhattan mit ihren Zeichnungen von sich reden macht.
INHALT
26
34
10 deluxe edition 5*15
14 Königinnen-Macher
Seit 40 Jahren brilliert und schockiert Jean
Paul Gaultier mit seiner Arbeit. Jetzt verbeugt
sich München mit einer Ausstellung vor dem
63-jährigen Modegenie.
24 Es duftet bereits nach Herbst
Bikini und Badeanzug können wir schön langsam einpacken, die neuen Düfte hingegen
auspacken: 13 olfaktorische Inspirationen für
den Herbst – von Orangenblüte bis Zedernholz.
16 Kriminelle Energie
Unser Autor Franzobel versteht es in seiner
neuen Kolumne, Frauen mörderische
Komplimente zu machen. Eine Liebeserklärung, die es in sich hat.
26 „Ich mag keine Strumpfhosen“
Caroline de Maigret ist Model, Muse, Tochter
aus sehr gutem Hause – und der Inbegriff der
modernen Französin. In Sachen Stil können
Frauen sich einiges von ihr abschauen.
18 Uhren auf dem Laufsteg
Diese Geschichte haben wir modisch aufgezogen: Zu den aktuellen Looks von Chloé,
Balmain und Jil Sander gesellen sich die neuen
Uhren von Cartier, Omega und Breguet.
30 Frau Wuests Wien
Die Österreicherin Susanne Wuest zählt zu
den gefragtesten Schauspielerinnen Deutschlands. Ein Tischgespräch über Wien, Berlin und
Linsen mit Semmelknödel.
20 Dress to Success
Wird man als Frau nur im Hosenanzug oder
Kostüm ernst genommen? Wir haben bei drei
Topmanagerinnen nachgefragt, die es wissen
müssen.
34 Star und Stilikone
Audrey Hepburn ist zeitlos und ihre Anziehungskraft bis heute ungebrochen: Davon
zeugt eine große Ausstellung in der National
Portrait Gallery in London.
Fotos: © Philipe Halsman, Thibault for Lancôme 2015, © Emil Larsson
14
INHALT
42
62
35 Gefährlich schön
Anmut und Eleganz, Kraft und Willensstärke: Der
Panther ist ein Tier, das faszinierende Assoziationen weckt. Mit dieser Strahlkraft schmückt Cartier
sich und seine Kunden seit einem Jahrhundert.
35
36 Bond-Girl? Bond-Lady!
Monica Bellucci spielt im neuen James-BondFilm „Spectre“ die Witwe eines Kriminellen.
Endlich sehen wir James Bond einmal in den
Fängen einer richtigen Frau.
56 Spätsommertage in Südfrankreich
Côte d’Azur und Korsika: Wenn der Besucheransturm des Sommers vorüber ist, zeigt sich Frankreichs Süden in schönstem Licht. Eine Reise von
Menton bis Calvi.
42 Echt schön
Trachten spielen wieder eine Rolle in der Mode,
nicht zuletzt dank Chanel und Karl Lagerfeld.
Dirndl, Janker und Lederhosen stehen für
Ursprünglichkeit und ein wenig Weltflucht.
62 Unbeschreiblich und weiblich
Alte Bikes, junge Kerle und erstaunlich viele
Frauen: Das „Wheels and Waves“-Festival in
Südfrankreich ist Dreh- und Angelpunkt einer
neuen Motorradkultur.
48 Alles ist hier Lebenselixier
Neben einem Fast-Food-Laden und einer mittlerweile geschlossenen Gay-Bar residiert Gloria
von Thurn und Taxis in Manhattan. Zu Besuch
bei einer ungewöhnlichen Aristokratin.
66 Gepflegter Geburtstag
Schönes Alter: Die Kosmetikmarke Lancôme
feierte ihren 80. Geburtstag. Und wer hat
gratuliert? Natürlich die Crème de la Crème:
von Julia Roberts bis Isabella Rossellini.
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Produktion Leitung: Stephan Flisnik, Art-Direction: Matthias Eberhart, Fotoredaktion: Yasmin El Mohandes, Bildbearbeitung: Christian Stutzig, Hersteller: Neografia a.s., Škultétyho 1, 036 55 Martin, Slowakei,
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WirtschaftsBlatts. Offenlegung gem. § 25 Medieng. http://www.wirtschaftsblatt.at/impressum
Nächste Ausgabe: Freitag, 2. 10. 2015
12 deluxe edition 5*15
Fotos: Chanel, Cartier, Jörg Künstle, © Cliff Watts
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14 deluxe edition 5*15
redaktion
Alexander Pfeffer
Foto: Peter Lindbergh Studio, Paris/Gagosian Gallery, ©Alix Malka
München
KÖNIGINNEN-MACHER
„In der Mode habe ich die Frauen wirklicher
machen wollen, später, vor allem in der
Haute Couture, habe ich sie dann in Königinnen verwandelt“, so Jean Paul Gaultier, der
seit 40 Jahren mit seiner Arbeit brilliert und
schockiert, auf jeden Fall aber fasziniert.
Nach Paris verbeugt sich nun München vor
dem Schaffen des 63-Jährigen: Ab 18. September zeigt die Kunsthalle die Ausstellung
„Jean Paul Gaultier. From the Sidewalk to the
Catwalk“. Die Schau zeichnet mit mehr als
140 Kreationen seine Karriere nach. Neben
Haute Couture und Prêt-à-porter sind auch
Kostüme aus Pedro Almodóvars Filmen oder
Bühnenoutfits wie das berühmte Bustier
aus Madonnas „Blond Ambition Tour“ des
Jahres 1990 zu sehen. „An der Mode haben
mich nicht die Kleider an sich interessiert,
sondern ich wollte echte Frauen anziehen,
vielleicht sogar Schauspielerinnen. Aber jede
Frau wird Schauspielerin, sobald sie etwas
anzieht.“
*
edition 5*15 deluxe 15
KOLUMNE
KRIMINELLE ENERGIE
Unser Autor Franzobel versteht es, Frauen mörderische Komplimente zu
machen. Eine Liebeserklärung, die es in sich hat.
bei denen ich im Affekt dazu fähig wäre. Nicht so meine Frau,
das friedlichste Wesen auf Erden, die mit einem Bertha-vonSuttner-Monolog um den ganzen Globus tourt, von Friedensmuseum zu UNO-Friedenskonferenz. Sie, die aufpasst, dass
unser Kind keine gewalttätigen Filme schaut und nicht mit
Waffen spielt. Würde sie gegebenenfalls eine Stunde lang ins
Sommerhaus fahren und den Bleikristall-Aschenbecher suchen,
um dieses hässliche Relikt aus den 1970ern einem Todfeind
über die Rübe zu ziehen? Frauen sind anders. Sie morden
raffinierter, hinterhältiger, oft mit Gift, und haben einen Plan.
U
W
enn ich jemals erschlagen aufgefunden werde,
wissen Sie, weshalb. Es war meine Frau!
Unlängst hat sie mir nämlich gestanden, sich
überlegt zu haben, wie sie einen Menschen
umbringen würde: mit dem Bleikristall-Aschenbecher aus
dem Sommerhaus ihrer Eltern. Wie sie gerade auf dieses
scheußliche Ding kommt, das es früher als Werbegeschenk
zum Weltspartag gegeben hat, wollte sie mir aber nicht
verraten. Ein tief verschüttetes Kindheitstrauma? Rache an
der Tabakindustrie? So ein Bleikristall-Aschenbecher kommt
in „Columbo“-Filmen vor und passt zu dunkler Eichenfurnier
mit Spitzendeckchen, zu Falk-Zigaretten und Menschen mit
Dauerwellen. Aber als Mordinstrument?
Obwohl ich Krimis schreibe und mir zumindest theoretisch
immer wieder überlege, wie man Menschen beseitigt, mit
Eiszapfen, Eisenhutsamen oder mit dem Auto, wäre ich noch
nie auf den Gedanken gekommen, mir einen realen Mord
vorzustellen, gleichwohl es ein paar alternde Frustbeulen gibt,
16 deluxe edition 5*15
*
Buchtipp
Unser Kolumnist Franzobel ist Wiederholungstäter: Der Bachmann-Preisträger schickt
nach seinem erfolgreichen Debüt als Krimiautor seinen Kommissar Falt Groschen erneut auf eine skurrile Verbrecherjagd
(„Groschens Grab“, Verlag Zsolnay).
Foto: Peroutka, Montage
„Frauen sind anders. Sie morden
raffinierter, hinterhältiger, oft mit
Gift, und haben einen Plan.“
nter Krimilesern heißt es, dass sich weibliche
Autorinnen die perfideren Mordpläne ausdenken
und wesentlich grauslicher morden lassen als ihre
männlichen Kollegen. Während bei Fernsehkrimis
à la „Tatort“ immer der erste prominente Gastschauspieler
der Mörder ist, sind Frauen viel schwerer zu durchschauen.
Frauen? Sie wissen, wie jemand fühlt, und können sofort
darüber reden. Oft sind sie nah an der Hysterie und kurz
darauf wieder völlig bei sich. Sie können stundenlang telefonieren, kochen und ganze Nachmittage lang einkaufen, ohne
nachher eine Woche Urlaub zu benötigen. Dafür gehen ihnen
Fußball, Actionfilme und Kugelgriller am Arsch vorbei. Sie
können mit „Down Under“ von Men at Work (Bubenlied!)
nichts anfangen, bekommen dafür bei Mariah Carey oder
„Ich war noch niemals in New York“ von Udo Jürgens ein von
Heulkrämpfen begleitetes Sentimentalitätshyperventilieren.
Meine Frau liebt sogar das Fliegen, was für mich ungefähr so
entspannend ist wie Eishockey, wenn die gegnerische Mannschaft ein Powerplay hat. Frauen? Sie würden niemals „cool“
sagen, wenn sie wissen, dass man sich damit als alternder
Mensch outet, was ich cool finde. Sie sind anders. Vielleicht
bin ich deshalb gegen die sprachliche Gleichmachung und
halte das neuerdings überall angehängte „-In“ (Menschinnen)
für eine Kompensation des Penisneids.
Meine kriminelle Energie reicht allenfalls zum Fälschen
einer Autobahnvignette oder zum Aufbrechen eines sonntäglichen Zeitungsständers. Ohne meine Frau würde ich inmitten
leerer Pizzaschachteln und Bierkisten dahinvegetieren, mir
nur zu den Feiertagen die Zähne putzen, mir niemals neue
Kleidung kaufen und jahrelang in derselben Bettwäsche
schlafen. Ihr verdanke ich, dass ich noch lebe. Ich liebe sie.
Aber den Bleikristall-Aschenbecher im Sommerhaus habe ich
sicherheitshalber doch verschwinden lassen.
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UHREN
Louis Vuitton
Les Indomptables
de Cartier
Broschenuhr mit
Krokodildekor aus
18 Karat Gelbgold,
mit Brillanten und
Smaragden.
Preis: 173.000 €.
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Louis Vuitton
Tambour Damier
Das Design ist
von der ikonischen
Damier-Signatur
von Louis Vuitton
inspiriert.
Preis: 2700 €.
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Foto: Beigestellt
von Yasmin El Mohandes
Glashütte Original
Pavonina
Die PavoninaKollektion wurde
im Sommer um
dieses Rotgoldmodell ergänzt.
Preis: 23.300 €.
Vionnet
Diese Geschichte haben wir
modisch aufgezogen: Zu den
aktuellen Looks von Chloé,
Balmain und Jil Sander gesellen sich die neuen Uhren von
Cartier, Omega und Breguet.
Chloé
UHREN
AUF DEM
LAUFSTEG
Omega Aqua Terra
Master Co-Axial
Das Design
besticht mit
Diamanten als
Stundenindizes und
auf der Lünette.
Preis: 12.500 €.
Bulgari Geometry
of Time
Diese Neulancierung gehört zur
Kollektion
„Giardini Italiani”
High Jewellery.
Preis: 115.000 €.
Prabal Gurung
Victoria Beckham
Balmain
Hublot Big Bang
Unico „10 Jahre“
Haute Joaillerie
Topmodell zum
Zehn-Jahr-Jubiläum der Big-BangKollektion.
Preis: 1.000.000 €.
Chanel Première
Rock
Diese Quarzuhr
mit dem geschlungenen Kettenarmband gibt es jetzt
in „Pastel Blue“.
Preis: 4000 €.
Chanel
Breguet Haute
Joaillerie Rêve de
Plume
Das Roségoldmodell ist mit einem
federförmigen
Dekor geschmückt.
Preis: 135.400 €.
Jil Sander
Jaeger-LeCoultre
Rendez-Vous Moon
Dieses Modell
bereichert die
Damenuhrenlinie
mit einer
Mondphase.
Preis: 53.000 €.
edition 5*15 deluxe 19
PROFESSION
DRESS
TO
SUCCESS
Wird man als Frau nur im
Hosenanzug oder Kostüm ernst
genommen? Wir haben bei drei
Topmanagerinnen nachgefragt,
die es wissen müssen – denn sie
bekleiden Führungspositionen in
der Kunst-, Luxus- und Finanzbranche.
von Alexander Pfeffer und Christoph Pridun
Illustrationen von Margarete Gockel
20 deluxe edition 5*15
PROFESSION
Andrea Jungmann,
Geschäftsführerin von Sotheby‘s
Gibt es in den Führungsetagen eine klare Kleiderordnung?
Gibt es sicher. In Flip-Flops und Tanktop zu einem Meeting zu
kommen, ist eher nicht ratsam. Dennoch hat wohl auch jede
Branche ihre eigenen Dos and Don‘ts. In der Kunstbranche ist
es für die Damen nicht nur absolut in Ordnung, auch etwas
ausgefallenere und auffallende Mode zu tragen, auch die
Herren wurden schon mit roten Socken gesichtet.
Wird man im Job als Frau nur im Hosenanzug oder Kostüm
ernst genommen?
Das kommt auf die Frau und die Branche an. In technischen
Berufen denke ich schon, in der Kunstbranche darf es auch
einmal ein farbenfrohes Kleid sein, und man wird vielleicht
gerade dadurch ernst genommen.
Kleiden Sie sich, ohne die Weiblichkeit zu verleugnen?
Definitiv.
Soll Kleidung Erfolg und Durchsetzungsvermögen vermitteln?
Bis zu einem gewissen Grad jedenfalls, aber sie sollte vor
allem die Persönlichkeit zum Ausdruck bringen.
Welche Rolle spielt Mode in den Chefetagen?
Unter Frauen sicherlich eine große, aber auch bei den Herren
in meinem Metier muss es schon der maßgeschneiderte
Anzug sein.
Ballerinas, Vintage-Look, blauer Nagellack: Wie modisch
darf man sein?
Ich wiederhole mich, aber in meiner Branche
darf man Gott sei Dank modisch sein, es wird
sogar gewissermaßen verlangt.
Foto: Lukas Beck
Was ist Ihr perfektes Outfit tagsüber, welches
abends zum Business-Talk?
Ich liebe Kleider: Man ist ohne großen Aufwand
immer gut angezogen. Tagsüber mit Stiefeln (im
Winter) und abends mit High Heels und
entsprechenden Accessoires.
Haben Sie Lieblingsdesigner?
Ich habe eigentlich keinen, weil ich eher kaufe,
was mir gefällt, wo immer ich es sehe. Müsste
ich mich festlegen, würde ich aber sagen, Pitour
in Österreich und Prada international.
Ihre Stilikonen?
Audrey Hepburn.
„In meiner
Branche darf
man Gott sei
Dank modisch
sein, es wird
sogar gewissermaßen
verlangt.“
edition 5*15 deluxe 21
PROFESSION
Monika Wiltschnigg,
Geschäftsführerin von Tiffany Österreich
Wird man im Job als Frau nur im Hosenanzug
oder Kostüm ernst genommen?
Nein, erfreulicherweise sind es tatsächlich Erfolg,
Kompetenz und Leistung, die zählen. Dennoch hat
es mit sozialer Kompetenz zu tun, sich den Anforderungen seines Arbeitsumfeldes anzupassen und
auch im Auftritt den Erwartungen von Geschäftspartnern oder Kunden gerecht zu werden. Eine
Anwältin wird sich für einen Gerichtstermin sicherlich anders kleiden als die Repräsentantin eines Kunst- oder Luxusunternehmens für einen
Presse-Lunch oder einen besonderen Kundentermin.
Kleiden Sie sich, ohne die Weiblichkeit zu
verleugnen?
Ich habe seit zehn Jahren in meinem Arbeitsalltag
keine Hosen mehr getragen und täglich Schmuck
und Accessoires passend zu meinem Outfit
gewählt – das wäre also ein klares Ja.
Soll Kleidung Erfolg und Durchsetzungsvermögen
vermitteln?
Mit Kleidung wird sicherlich ein bewusstes Signal
gesetzt, das vom Gegenüber auch entsprechend
interpretiert wird. Bekanntlich sind die ersten 20
Sekunden maßgeblich für das Bild, das wir uns von
22 deluxe edition 5*15
einer Person machen. Dabei kommt der Kleidung
sicherlich eine wichtige Rolle zu.
Welche Rolle spielt Mode in den Chefetagen?
Eine subtile, aber nicht zu unterschätzende Rolle. Es
gibt oft keine ausgesprochenen Regeln, es wird
jedoch vorausgesetzt, dass jeder den Comment
kennt. Dies gilt nicht nur für Frauen: Auch bei den
Herren der oberen Führungsebenen kann ein
falsches Stecktuch oder ein unmodisches Revers
für Gesprächsstoff sorgen.
Ballerinas, Vintage-Look, blauer Nagellack: Wie
modisch darf man sein?
In kreativen Arbeitswelten, beispielsweise in der
Redaktion eines Fashion-Magazins oder in der Welt
der Bildenden Künste, ist alles erlaubt, hier werden
die Trends kreiert.
Was ist Ihr perfektes Outfit tagsüber, welches
abends zum Business-Talk?
Schlichte, elegante Kleider tagsüber, das „Little Black
Dress“ für den Abend, Heels zu jeder Tageszeit.
Haben Sie Lieblingsdesigner?
Valentino und Prada. Unter den jungen Österreichern finde ich die unverwechselbaren Outfits von
Lena Hoschek toll.
Ihre Stilikonen?
Die Klassiker: Jackie O., Grace Kelly, Audrey
Hepburn – ich bewundere alle Frauen, die einen
unterschiedlichen, aber ganz unverwechselbaren
Stil durch ihre Persönlichkeit, ihr Auftreten und ihre
Ausstrahlung berühmt gemacht haben. Dies gilt
jedoch auch für die englische Queen!
„Ich habe
seit zehn
Jahren
in meinem
Arbeitsalltag
keine Hosen
mehr
getragen.“
Fotos: Jindrich Foltin, beigestellt
Gibt es in den Führungsetagen eine klare Kleiderordnung?
In internationalen Konzernen sind Dresscodes
üblich, Frauen haben hier natürlich mehr Spielraum.
Es geht dabei auch darum, die Werte der Firma
durch das persönliche Auftreten zu verkörpern.
Man ist nicht Privatperson, sondern Repräsentant,
sowohl intern als auch extern.
PROFESSION
Sonja Sarközi, Vorstandsdirektorin der Easybank
Gibt es in den Führungsetagen eine klare
Kleiderordnung?
Eine solche Ordnung existiert in unserem Unternehmen nicht und ist auch nicht notwendig. Jede
Führungskraft ist sich ihrer Verantwortung bewusst,
und dazu gehört auch, entsprechend gekleidet zu
sein.
Welche Rolle spielt Mode in den Chefetagen?
Meiner Erfahrung nach ist Mode in den Chefetagen
kaum ein Thema. Männer haben nicht wirklich
großen Spielraum, wenn ich an Anzüge denke. Wir
Frauen haben mehr Möglichkeiten, Stücke
miteinander zu kombinieren und durch Accessoires
aufzuwerten.
Wird man im Job als Frau nur im Hosenanzug oder
Kostüm ernst genommen?
Ein adäquates Outfit ist selbstverständlich wichtig,
aber im Job zählen vor allem die fachlichen und
sozialen Kompetenzen.
Ballerinas, Vintage-Look, blauer Nagellack: Wie
modisch darf man sein?
Das Büro ist meiner Meinung nach nicht der richtige
Platz für Modeexperimente. Das bedeutet aber
nicht, dass es nur der klassische Look sein muss. Kleine Modifikationen auch farblicher Natur sind in Ordnung, wenn sie zum Gesamteindruck passen.
Soll Kleidung Erfolg und
Durchsetzungsvermögen vermitteln?
Es ist wichtig, durch gut gewählte Kleidung ein authentisches Bild der eigenen Person darzustellen.
Dazu gehört auch, dass das Outfit zur eigenen Persönlichkeit passt. Wenn dieses Gesamtbild stimmig
ist, können durchaus positive Eigenschaften ausgestrahlt werden.
Was ist Ihr perfektes Outfit tagsüber, welches
abends zum Business-Talk?
Wichtig ist mir, dass ich mich wohlfühle und mich
auf die Arbeit konzentrieren kann. Ich trage sehr
gern Kleider, sie sind für mich sowohl tagsüber als
auch abends für Business-Talks passend.
„Das Büro ist nicht der richtige Platz für Modeexperimente.“
T I M E
F O R
U L T I M A T E
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M E N
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T H E
B O Y S
ES DUFTET BEREITS
NACH HERBST
04
Bikini und Badeanzug können wir schön langsam
einpacken, die neuen Düfte hingegen auspacken:
13 olfaktorische Inspirationen für den Herbst –
von Orangenblüte bis Zedernholz.
von Yasmin El Mohandes
Foto von Konrad Limbeck
03
05
02
01
06
07
01 Bulgari
Goldea
Moschusnoten
erweitern die Frische und Natürlichkeit der Orangenblüte. 50 ml,
Preis: 98 €.
24 deluxe edition 5*15
02 Prada
Iris Cèdre
Schwertlilie und
Orangenblütenöl
treffen auf Zedernholz und Weihrauch. 100 ml,
Preis: 105 €.
03 YSL Black Opium Eau de Toilette
Cassis- und Birnenakkord in Kombination mit Jasmintee
und Orangenblüten. 50 ml, Preis:
70,50 €.
04 Shiseido
Ever Bloom
Ein frischer, moschusartig-floraler
Duft mit Veilchen,
Lotus und Rosenessenz. 30 ml,
Preis: 52 €.
05 Lancôme
Intense
Zwei Akkorde
bestimmen diese
Komposition:
Tuberose und
Haselnuss. 30 ml,
Preis: 59 €.
06 Tom Ford
Black Orchid
Schwarzer Trüffel
und Ylang-Ylang
vereint mit Bergamotte und Johannisbeerextrakten.
50 ml, Preis: 100 €.
07 Bottega Veneta
Knot Eau Florale
Mandarine und
Lavendel sowie
Zedernholz und
Tonkabohne prägen diesen Duft.
65 ml, Preis: 85 €.
GROOMING
10
08
12
09
08 Marc Jacobs
Decadence
Bulgarische Rose
verschmilzt mit
üppiger Iriswurzel
und cremigem
Jasmin. 50 ml,
Preis: 69,50 €.
13
11
09 My Burberry
Eau de Toilette
Zitronenblüte und
Platterbse sowie
Pfingstrose und
Freesie definieren
diesen Duft. 50 ml,
Preis: 72 €.
10 Miu Miu
Eau de Parfum
Das erste Parfum
des Modelabels
versprüht florale
Noten wie Mai­
glöckchen. 50 ml,
Preis: 82 €.
11 Alaïa Paris
Eau de Parfum
Der Designer setzt
bei seinem Duft­
debüt auf rosa
Pfeffer, Freesie und
Pfingstrose. 50 ml,
Preis: 85 €.
12 Comme des
Garcons Floriental
Labdanum begeg­
net Vetiver, Weih­
rauch, Sandelholz
und Zwetschkenli­
kör. 100 ml,
Preis: 95 €.
13 Gucci Bamboo
Eau de Parfum
Sandelholz und
Tahiti­Vanille stehen
in Kontrast zu
Casablanca­Lilie
und Orangenblüte.
50 ml, Preis: 93 €.
edition 5*15 deluxe 25
INTERVIEW
„Ich mag keine
Strumpfhosen“
Caroline de Maigret ist die Pariserin der Stunde. Sie ist Model,
Muse, Tochter aus sehr gutem Hause – und der Inbegriff der
modernen Französin. In Sachen Stil können Frauen sich einiges
von der 40-Jährigen abschauen.
von Jennifer Wiebking
26 deluxe edition 5*15
Sie sind ja öfter in den Vereinigten Staaten. Was machen die
Amerikanerinnen im Vergleich zu den Pariserinnen falsch?
„Falsch“ würde ich nicht sagen.
Anders?
Anders! Vielleicht haben sie mehr Spaß und probieren mehr
aus. Für mich ist das nichts, ich bin in so einem Aufzug oft
noch nicht einmal bis zur Tür gekommen, weil ich mich
verkleidet gefühlt habe oder zu sexy. Ich finde es sexy, Haut
an überraschenderen Stellen zu zeigen, und weniger sexy,
einen tiefen Ausschnitt zu tragen, so wie Amerikanerinnen
das machen würden. Ich wäre eher für den Pullover, der ein
Stück meiner Schulter zeigt, sodass der Mann das Gefühl
hat, diesen Moment für sich erobert zu haben. Das ist
erotischer, als einfach die Brüste zu zeigen.
deluxe: Da Sie gerade aus Los Angeles kommen: Wie
übersteht man einen Langstreckenflug eigentlich modisch
mit Würde?
Ich trug Jeans zu einem dünnen schwarzen Hemd ohne
Kragen, eine Art Mao-Stil, dazu weiße Nike-Schuhe. So sah
ich zumindest noch ganz gut aus. Zwei meiner Flüge wurden
gestrichen, ich war 36 Stunden lang unterwegs. Ach ja, und
ich trug so viel Feuchtigkeitscreme, dass daraus beinahe
eine Gesichtsmaske wurde.
Und die österreichischen Frauen, was machen sie anders als
die Pariserinnen?
Manchmal sind sie ein bisschen zu ernst und zu schwarz.
Ich verstehe, dass es gerade für Frauen mit Dresscode im
Büro nicht einfach ist, aber ein Trick wäre zum Beispiel,
unter einem maskulinen Anzug nicht noch ein strenges
Hemd zu tragen, sondern besser eine Bluse, um den Look zu
brechen. Pariserinnen tragen zwar auch nie mehr als zwei,
drei Farben, aber dazwischen ist immer ein Teil, das wirklich
Eindruck macht und für den ganzen Look steht. Ohne das
wirkt der ganze Auftritt hingegen langweilig.
Wie lange brauchen Sie, um sich für ein Outfit zu entscheiden?
Hierfür eine Minute, denn mein Gepäck ist verloren gegangen. Also musste mir Stylebop, der Onlineshop, aushelfen.
Als ich ankam, hingen schon drei Hosen und drei Hemden
bereit, da ging es mir gleich besser.
Sie schreiben in Ihrem Buch, dass man keine übertrieben
teure Garderobe braucht, um immer toll auszusehen.
Eigentlich genüge ein Teil, in dem man zu jeder Gelegenheit
gut aussieht. Was ist das für Sie?
Ein weißes Hemd!
Entscheidet eine Pariserin spontan, wie sie aussehen will,
oder plant sie das akribisch?
Beides. Geplant ist es, weil sie sich zunächst Zeit nimmt, um
die richtigen Teile für ihre Garderobe zu finden, und dann
ist es spontan, weil sie weiß: Egal, was da hängt, es wird zu
ihrer Figur und Persönlichkeit passen.
Wie findet man so ein Lieblingsstück – oder geht es eher
darum, dass das weiße Hemd einen findet?
Mein Lieblingshemd ist nicht tailliert, nicht geschnitten, als
wäre es für eine Frau gemacht, und zugleich nicht zu groß.
Danach muss man schon suchen, aber dann wird es fester
Bestandteil einer Uniform.
Quelle: FAZ, Foto: Thibault for Lancôme 2015
C
aroline de Maigret sitzt in der Ecke einer
Hotellobby über einem Teller Reis. Sie kommt
gerade aus Los Angeles. Arbeit hat sie zwar
überall auf der Welt, für ihr eigenes Plattenlabel,
das sie 2006 mit ihrem Mann Yarol Poupaud
gründete, sowie als Ex- und jetzt Comeback-Model. 2011
kehrte sie im zarten Alter von 35 Jahren zurück auf den
Laufsteg von Chanel, seitdem läuft es. Im Herbst bringt sie
etwa gemeinsam mit Lancôme eine Make-up-Kollektion auf
den Markt. Aber vor allem ist Caroline de Maigret Pariserin,
die jeder Lebenssituation mit einem beeindruckenden Maß
an Stilsicherheit begegnet, egal ob es um die Frage geht, ob
halbhohe Absätze okay sind (auf gar keinen Fall) oder um
jene, was es zum After-Sex-Lunch gibt (Omelette mit Toast
und Rotwein). Mit drei weiteren Pariser Institutionen, Anne
Berest, Sophie Mas und Audrey Diwan, hat sie darüber ein
Buch geschrieben: „How to Be Parisian Wherever You Are“.
Angezogen. „Mein
Lieblingshemd ist
nicht tailliert, nicht
geschnitten, als
wäre es für eine
Frau gemacht.“
edition 5*15 deluxe 27
INTERVIEW
„Alter ist nie ein guter Grund, mit irgendetwas aufzuhören.“
War Valérie Trierweilers Abrechnungsbuch, nachdem sie im
vergangenen Jahr von François Hollande betrogen wurde,
total pariserisch?
Nein. Pariserinnen sind für gewöhnlich verschlossener, sie
wollen auf gar keinen Fall, dass jeder weiß, was in ihrem
Leben passiert. Andererseits ist es sehr pariserisch von ihr,
diesen Mann so unglaublich geliebt zu haben. Ich hatte das
Gefühl, da spielt sich eine griechische Tragödie ab, als hätte
sie sich gesagt: Wenn ich stürze, stürzt du mit mir.
War Julie Gayets Einfall, sich auf eine Affäre mit Hollande
einzulassen, total pariserisch?
Sie hat sich einfach sehr in einen Mann verliebt. Sie muss
wirklich schwer verliebt sein, um sich darauf einzulassen,
die Affäre des Präsidenten zu sein.
28 deluxe edition 5*15
Wie selbstsicher sind Pariser Männer im Vergleich zu den
Frauen?
Was sowohl Männer als auch Frauen in Paris gemeinsam
haben, ist die Mischung aus nordischer und südländischer
Seele. Wir öffnen unsere Türen, sind herzlich – und zugleich
reserviert, wenn es von Vorteil ist.
Was halten Sie eigentlich von Anne Hidalgo, der ersten
Bürgermeisterin von Paris?
Mir gefällt ihre Meinung zu Umweltthemen, aber ich weiß
noch zu wenig von ihr, um wirklich etwas sagen zu können.
Sie muss ja gerade erst einmal die Projekte ihres Vorgängers
zu Ende bringen.
War es ein großes Ding, dass es eine Pariserin ins Rathaus
geschafft hat?
Nicht wirklich. Wenn eine Frau zur Präsidentin oder
Premierministerin gewählt werden würde, wäre das ein
großes Ding. Aber hoffentlich Amerika, nächstes Jahr (sie
kreuzt ihre Finger und lacht) …
Nach dem Rekordsommer noch ein paar Stilregeln zum
Schluss: Sind nackte Beine im Büro okay?
Auf jeden Fall. Ich mag keine Strumpfhosen.
Ärmellose Tops?
Ja, wenn man für offizielle Situationen einen Blazer parat
hat.
Sandalen?
Ja, solange sie nicht zu „strandig“ sind.
Meidet die Pariserin die Sonne oder bräunt sie sich?
Wir bräunen – aber mit Lichtschutzfaktor 50.
*
Fotos: Thibault for Lancôme 2015
Ihr Buch ist voll mit Tipps, wie sich das eigene Leben
pariserischer und somit besser gestalten lässt. Was sind
Ihre drei wichtigsten Ratschläge für Frauen – völlig
unabhängig vom Wohnort oder Lebensalter?
Da muss ich gleich mit dem Lebensalter anfangen: Alter ist
nie ein guter Grund, mit irgendetwas aufzuhören, sich nicht
mehr um sich selbst zu kümmern, nicht mehr auszugehen,
nicht mehr neugierig zu sein. Zweitens: Ja zum Leben sagen.
Oft ist das Leben so durchgeplant, und man ist einfach zu
faul, um etwas daran zu ändern. Sagen wir, Sie haben den
ganzen Tag gearbeitet, zu Hause wartet noch mehr Arbeit
auf Sie, Sie sind müde, und dann kommt jemand und sagt:
„Da ist eine tolle Veranstaltung, komm mit.“ Ich muss mich
auch zwingen, in solchen Situationen Ja zu sagen, aber ich
mache es. Drittens: Die eigene Comfort Zone regelmäßig
verlassen. Bei allen meinen beruflichen Entscheidungen
habe ich Bauchschmerzen, weil ich Angst habe und nie
weiß, wie es ausgeht, aber genau das macht es spannend.
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Foto: © Julia Malysch für VOGUE Deutschland
Köstlich. Zur Meierei im Stadtpark
unterhält Susanne
Wuest eine „FrühstücksliebhaberBeziehung.“
30 deluxe edition 5*15
INTERVIEW
Frau Wuests Wien
Die Österreicherin Susanne Wuest zählt zu den gefragtesten
Schauspielerinnen Deutschlands. Im Vorfeld der ersten
„Vogue Fashion‘s Night Out“ am 10. September in Wien ist sie
in ihre Heimatstadt zurückgekehrt, um dem Modemagazin ihre
Lieblingsplätze zu zeigen. WirtschaftsBlatt deluxe war exklusiver
Augenzeuge – und konnte sich ein paar Fragen nicht verkneifen.
von Alexander Pfeffer
deluxe: Sie sind gerade mit der „Vogue“ unterwegs in Wien.
Daher meine erste Frage: Wie en vogue ist Wien?
SUSANNE WUEST: Eine gute Frage. Wie en vogue ist Wien?
Ich glaube, dass gerade in einer so schnelllebigen Zeit wie
heute eine Stadt, die sich vieles bewahrt hat, immer en
vogue sein wird. Insofern muss man sagen: Wien ist sehr en
vogue.
Was macht Wien für Sie aus?
Wien ist meine Geburtsstadt, daher habe ich eine emotiona­
le Bindung zur Stadt. Aber davon abgesehen: Es gibt keine
Küche auf der ganzen Welt, die der Wiener Küche gleich­
kommt. Wenn ich im Ausland etwas vermisse, dann ist es die
Wiener Küche. Momentan verbringe ich viel Zeit in Berlin,
weil ich dort oft drehe. Aber bei jedem Besuch in Österreich
führt mich der erste Gang in ein Lokal. In Wien gehe ich
gern zur Witwe Bolte oder in den Gmoakeller.
Der Gmoakeller ist nicht gerade für seine leichte Küche
bekannt. Das heißt, Sie haben keine Berührungsängste vor
Gebackenem, Geschmortem oder Sonstigem?
(Lacht) Nein, überhaupt nicht. Was ich nicht brauche, sind
Sachen, die vor Fett triefen. Ich liebe vor allem Knödel­
gerichte wie etwa Semmelknödel mit Linsen. Die kriegt man
auf der ganzen Welt nur hier so. Es sei denn, man macht sie
sich selber. In Deutschland ist es schwer, Semmelwürfel zu
finden. Ich schneide mir die Semmeln selbst und lasse sie
trocknen. So eine Knödelkultur, wie wir sie hier haben, habe
ich noch nirgendwo anders entdeckt.
Österreich ist auch für seine Süßspeisen bekannt. Sind Sie
eine Süße?
Ich bin ein großer Fan der Süßspeisen. Etwas Vergleichba­
res zum Marillenknödel kenne ich nicht. Den Besten seit
Langem habe ich im Café Bazar in Salzburg bekommen. Die
Kellnerin war dort so nett, dass sie mir einmal einen für
später reserviert hat. Als ich fünf Stunden später wieder
zurückkam, hat mein Marillenknödel tatsächlich auf mich
gewartet.
Sie sind Wahlberlinerin. Wenn Sie Wien mit Berlin vergleichen, wie nah und wie fern sind sich die beiden Städte?
Es gibt ein paar Dinge, die tatsächlich sehr ähnlich sind, z. B.
die Ecke, in der ich in Berlin lebe, hat viel von dieser Ecke
hier. Man geht in den gleichen drei, vier Straßen Kaffee
trinken und von Café zu Café. Das tut man auch in Wien.
Der größte Unterschied ist, dass es in Berlin eine unendliche
Auswahl auch außerhalb der Straßen gibt, in denen ich mich
bewege. In Wien gibt es einen kleinen Stadtkern, und um
den dreht sich alles. Ich kann mich in Wien nicht verstecken.
Das ist komplett unmöglich. In Berlin ist das ganz anders.
Wenn ich Lust habe, im Pyjama auf die Straße zu gehen, tue
ich das. Das würde niemandem auffallen, hoffe ich. Ich
glaube, ich kann jetzt nicht mehr im Pyjama auf die Straße
gehen (lacht).
Was vermissen Sie nicht an Wien?
Was ich nicht vermisse, sind diese absurden Diskussionen
zwischen Bezirkspolitikern. Die finde ich zum Teil grotesk.
Dabei fällt mir die Debatte über die Neuordnung der Maria­
hilfer Straße ein. Entweder man macht das oder nicht. Wenn
man es macht, soll man es ordentlich tun. Stattdessen gab es
ein monatelanges Hickhack. Das vermisse ich gar nicht.
„Wenn ich im Ausland etwas
vermisse, dann
ist es die Wiener Küche.“
edition 5*15 deluxe 31
INTERVIEW
„Ich glaube,
Modeln ist
ein sehr
harter
Beruf, noch
viel härter
als die
Schauspielerei.“
Bevor uns die Politik auf den Magen schlägt: Wie wichtig ist
Frühstück für Sie?
Sehr wichtig! Das ist die Mahlzeit am Tag, bei der ich ewig
sitzen könnte. Habe ich frei, ist die Chance, dass aus einem
Frühstück ein Mittag- oder Nachmittagsessen wird, sehr,
sehr groß. Aber freie Tage sind bei mir gerade etwas Seltenes.
Das Frühstück macht für mich einen großen Unterschied
aus, wie man einen Tag beginnt. Ich würde eher in der Früh
eine Stunde zeitiger aufstehen, als ohne Frühstück aus dem
Haus zu gehen.
Was kommt bei Ihnen auf den Tisch?
Was wirklich wichtig ist, ist schwarzer Kaffee mit viel
Zucker. Und ein gutes Brot. So wie etwa heute in der Meierei:
ein Schnittlauchbrot und ein Ei im Glas.
Die Meierei im Wiener Stadtpark war auch ein Schauplatz
für Ihr „Vogue“-Shooting. Welche Beziehung haben Sie zu
diesem Lokal?
Eine Frühstücksliebhaber-Beziehung kann man sagen. Ich
sitze einfach wahnsinnig gern da und esse Frühstück. Es ist
ein sehr versteckter, ruhiger Ort. Und die Käseplatte, die wir
heute leider nicht probiert haben, ist großartig.
Sie mussten ja schließlich weiter zum Kunsthistorischen
Museum. Warum haben Sie uns dorthin mitgenommen?
Ich bin keine Kunstexpertin, aber das Kunsthistorische
Museum hat mich immer schon fasziniert. Es ist eines der
wenigen Museen, in denen ich jedes Mal länger drin bin, als
ich vorher dachte. Man sieht sich Gemälde an und entdeckt
viele Dinge dabei. Das Museum ist ein sehr meditativer Ort.
Und die Sammlung Alter Meister gibt es auch nicht in jeder
Stadt.
Haben Sie einen Lieblingsmaler?
Ich glaube, dass das stimmungsabhängig ist. Mir fällt die
New Yorker Malerin Aurel Schmidt ein. Ich habe vor vielen
Jahren eine Zeichnung von ihr im „Purple“-Magazin
32 deluxe edition 5*15
gesehen: Ich war so fasziniert, dass ich ihr geschrieben habe,
wie großartig ich sie fand. Es handelte sich um ein Porträt:
Wenn man näher hingesehen hat, waren das Millionen von
Fliegen, die sie mit einem Faserstift gemalt hat. Wir sind
seitdem in einem losen Kontakt. Ich glaube, dass man solche
Sachen nicht oft entdeckt, aber man sollte offen sein. Man
entdeckt immer auch etwas über sich selbst. Offensichtlich
finde ich Porträts mit lauter toten Fliegen spannend (lacht).
Kommen wir von der Kunst zur Mode: Welchen Stellenwert
hat Mode in Ihrem Leben als Schauspielerin?
Ich mag schöne Dinge sehr. Ich weiß es sehr zu schätzen,
wenn ich ein Kleid habe und weiß, dass sich jemand über
Stoff, Verarbeitung, Fertigung viele Gedanken gemacht hat.
Ich habe große Freude daran. Ich weiß aber gleichzeitig,
dass es im Leben ganz andere Probleme gibt und Menschen,
die sich nicht an diesem Luxus erfreuen können. Ich finde,
dass Kleidung immer ein Ausdruck einer Haltung ist oder
zumindest sein sollte. Ich habe sehr viele, schöne Sachen zu
Hause. Ich sage aber auch: Das Besitzen eines Paares Manolos entscheidet nicht über Glück oder Unglück im Leben.
Ich glaube, man sollte sich bewusst sein, was das für ein
großer Luxus ist. Und es darf einen Stellenwert haben – es
ist auch wichtig, dass wir in unserem Leben von schönen
Dingen umgeben sind, weil es uns vielleicht zu glücklicheren Menschen macht und wir Glück weitergeben können.
Vielleicht ist es manchmal besser, ein teureres, schöneres,
handgefertigtes Teil zu kaufen anstelle eines Billigmodells,
und eine Menge Müll zu produzieren, weil die Sachen nicht
lange halten.
Apropos schön und teuer – da sind wir auch schon bei den
Boutiquen rund um das Goldene Quartier. Wo könnten wir
Sie antreffen?
Prada ist ein tolles Label und macht sehr viele schöne
Sachen. Ich habe auch schon mit Prada mehrfach zusammengearbeitet und ich kooperiere auch mit Burberry – das
ist mein persönliches Favourite.
Fotos: © Julia Malysch für VOGUE Deutschland, Illustration: Olivia Fritz für VOGUE Deutschland
Wien. „In einer
schnelllebigen
Zeit wie heute
wird eine Stadt,
die sich vieles
bewahrt hat,
immer en vogue
sein.“
Unvergleichlich.
„Es gibt auf der
ganzen Welt keine
Küche, die der
Wiener Küche
gleichkommt.“
Zusammenarbeiten heißt?
Dass ich vermehrt auf Events von Burberry ausgestattet
werde.
Sie standen für die österreichische Designerin Anelia
Peschev als Model vor der Kamera. War der Job Model
jemals ein Thema für Sie?
Nein. Es gibt ganz viele Menschen, die denken, das sei ein
toller Beruf. Ich habe einen Riesenrespekt vor diesen
Mädchen. Ich glaube, das ist ein sehr harter Beruf, noch viel
härter als die Schauspielerei. Ich finde, Mode und Schauspiel,
speziell Film, greift wunderbar ineinander. Das ist eine sehr
schöne Symbiose.
Shoppen. „Prada
und Burberry sind
meine Favourites.“
Gibt es noch andere österreichische Modedesigner, die
Ihnen gefallen?
Ich finde Lena Hoschek cool. Lena ist als Persönlichkeit eine
absolute Bereicherung. Es gibt so viele, etwa Petar Petrov
und Michaela Mayer. Ich habe ein großartiges Kleid von
Michaela Mayer beim Filmpreis getragen. Ich habe große
Freude daran gehabt. Das war ein wunderschönes Kleid.
Worauf freuen Sie sich nach dem Shoppen?
Auf Marillenknödel (lacht.). Ich bin nämlich nicht so ein
Shoppingtyp in dem Sinn. Es passiert ganz selten, dass ich so
einkaufen gehe. Beim Shoppen bin ich sehr pragmatisch und
nutze es eher als Vorwand, um auf einen Kaffee zu gehen. Das
Café Landtmann ist dabei eine meiner Lieblingsecken.
Gehört der grantige Kellner in Wien dazu?
Die waren zu mir noch nie grantig! Ich habe schon viele
Situationen erlebt, in denen ich mir gedacht habe: Das ist
speziell. Ich erinnere mich an eine Episode im Café Ritter.
Ein Keller hat mit mir geplaudert. Die Dame am Nebentisch,
die zahlen wollte, hat er ignoriert. Als sie irgendwann
wiederholt „Entschuldigen Sie bitte, ich möchte jetzt wirklich zahlen“ sagte, drehte er sich um und antwortete: „Sehen
Sie nicht, dass ich beschäftigt bin?“
*
Vogue Fashion´s Night Out in Wien
Am 10. September findet rund um das
Goldene Quartier, Graben und
Kohlmarkt die erste Wiener Vogue
Fashion´s Night Out statt. Beim Goldenen Quartier gibt es Modenschauen
mit den Entwürfen österreichischer
Jungdesigner zu sehen und im
Pop-up-Store zu kaufen. Auch große
Designlabels wie Alexander
McQueen, Emporio Armani, Etro,
Jimmy Choo, Prada und Vivienne
Westwood sind in Wien dabei.
edition 5*15 deluxe 33
AUSSTELLUNG
redaktion
Alexander Pfeffer
„Audrey Hepburn ist zeitlos, und ihre Anziehungskraft geht
über Generationen hinweg.“ So sieht es Terence Pepper,
Chefkurator der National Portrait Gallery in London, der
eine umfassende Fotoausstellung zu der 1993 gestorbenen
Schauspielerin zusammengestellt hat. Die 60 Exponate
zeichnen das Bild einer großen Künstlerin einerseits und
einer Stilikone andererseits. So verband die gebürtige
Belgierin eine jahrzehntelange Freundschaft mit dem
Couturier Hubert de Givenchy. Auch das legendäre kleine
Schwarze aus „Frühstück bei Tiffany“ (1961) hat er
entworfen. Darüber hinaus hat Hepburn mit den
bedeutendsten Fotografen des 20. Jahrhunderts zusammengearbeitet, wie Richard Avedon, Cecil Beaton oder Irving
Penn. Übrigens: Wer es bis 18. Oktober nicht nach London
schafft, verfügt mit dem Buch „Audrey Hepburn – Portraits
einer Ikone“ (Schirmer/Mosel) über eine Alternative.
*
34 deluxe edition 5*15
Foto: © Douglas Kirkland / courtesy Schirmer/Mosel
STAR UND
STILIKONE
BÜCHER
redaktion
Alexander Pfeffer
Foto: © Harald Gottschalk
GEFÄHRLICH SCHÖN
Anmut und Eleganz, Kraft und Willensstärke: Der Panther
ist zweifellos ein Tier, das faszinierende Assoziationen
weckt. Mit dieser Strahlkraft schmückt Cartier sich und
seine Kunden seit einem Jahrhundert. 1914 gab Louis
Cartier dem französischen Maler und Illustrator George
Barbier den Auftrag für ein Bild, das eine „Dame mit
Panther“ darstellen sollte. Dieses besondere Aquarell sollte
das Juwelierhaus fortan prägen. 2014 wurde das
100-Jahr-Jubiläum zelebriert, das dieser Tage mit dem
Buch „Cartier Panthère“ (Assouline-Verlag) gekrönt wird.
Die opulenten und historischen Bilder werden mit Texten
von Persönlichkeiten wie Kunsthistorikerin Bérénice
Geoffroy-Schneiter, Schmuckexpertin Vivienne Becker
oder „Vogue“-Doyen André Leon Talley ergänzt.
*
edition 5*15 deluxe 35
PORTRÄT
BOND
GIRL?
BOND
LADY!
Monica Bellucci spielt im neuen James-Bond-Film „Spectre“
die Witwe eines berühmt-berüchtigten Kriminellen. Endlich
sehen wir James Bond einmal in den Fängen einer richtigen
Frau. Warum hat das eigentlich so lange gedauert?
von Ulrich Lössl
W
eißt du eigentlich, dass ich gerade 50 geworden
bin?“, fragte Monica Bellucci den „Bond“-Regisseur
Sam Mendes, als er sie anrief, um sie für eine Rolle
in seinem neuen 007-Film „Spectre“ zu gewinnen.
Er antwortete wie aus der Pistole geschossen: „Klar,
wir wollen ja gerade eine reife Frau wie dich haben!“ Damit war der
Deal perfekt. Also wird Monica Bellucci als das älteste Bond-Girl –
oder, wie sie lieber genannt werden möchte, als Bond-Lady – in die
Filmgeschichte eingehen. Sie ist sogar drei Jahre älter als Bond-Darsteller Daniel Craig selbst. Aber das sei nur am Rande erwähnt. Denn
eines ist sonnenklar: Italiens heißester Exportartikel wird – wie guter
Wein – mit den Jahren immer besser. Aufregender. Sinnlicher. Und
Monica Bellucci ist weit mehr als nur das: Sie ist die personifizierte
36 deluxe edition 5*15
Weiblichkeit. Eine klassische Schönheit, wie sie vielleicht Botticelli
gemalt hätte.
Rom, Hotel Hassler. Zum Interview mit La Bellucci geht man mit
Herzklopfen. Während man mit dem Aufzug zu ihrer Luxussuite
hinauffährt, schießen einem all die unvergesslichen Filmbilder in den
Kopf: Monica Bellucci als blutsaugende Nymphe in Coppolas „Dracula“. Als verführerische Traumfrau Malèna, als hocherotische Persephone in den „Matrix“-Filmen, als Kleopatra oder als furchtbarbezaubernde Hexe in „The Brothers Grimm“. Und klopft man dann an
ihre Tür, weiß man natürlich, dass einem gleich eine sehr schöne Frau
öffnen wird. Doch nichts bereitet einen wirklich auf den Augenblick
vor, wenn man ihr tatsächlich gegenübersteht. Denn nicht ihre betörende Schönheit verschlägt einem den Atem, sondern die natürliche
Foto: Getty Images
edition 5*15 deluxe 37
PORTRÄT
Herzlichkeit, mit der sie einen willkommen heißt. Keine Allüren, kein
Dünkel, stattdessen ein warmes „Hi, ich bin Monica, kommen Sie doch
herein“, gefolgt von einem Lachen wie ein Sonnenaufgang über der
Piazza di Spagna. Schnell hat sie es sich auf dem Sofa bequem gemacht,
die braun gebrannten Beine übereinandergeschlagen, sodass ihr
weißer Faltenrock eine Handbreit übers Knie hochrutscht. Sie trägt
eine schwarze Seidenbluse, schwarze Pumps. Keinen Schmuck. Ihre
brünette Haarmähne schüttelt sie mitunter beim Sprechen recht
lebhaft, vor allem wenn sie gestikuliert. Die wachen, braunen Augen
blitzen oft vor Begeisterung auf und beginnen zu glänzen, wenn sie
von ihren beiden Töchtern erzählt. Ihr Erdbeermund, die hohen
Wangenknochen, die Killergrübchen, wenn sie lacht: Was für eine
Frau! Es ist diese feminine, italienische Aura, die ihre Bewunderer zu
Vergleichen mit Sophia Loren, Gina Lollobrigida und Claudia
Cardinale hinreißen. „Das ist wohl etwas zu viel der Ehre“, meint sie
lächelnd. „Und außerdem bin ich alles andere als eine Diva.“
Metamorphosen
Monica Bellucci, Jahrgang 1964, wuchs als Einzelkind in Città di
Castello, einer italienischen Kleinstadt in Umbrien auf. Sie ist die
Tochter einer Kunstmalerin und eines Lastwagenfahrers. „Das
provinzielle Leben dort hat mich sehr geprägt. Da kannte jeder jeden,
da wurde viel getratscht. Die Männer pfiffen einem nach und die
Frauen taxierten einen eifersüchtig, wenn man über die Piazza ging“,
meint sie lachend und wischt ein paar Haarsträhnen aus der Stirn.
„Und ich gestehe freimütig, dass ich mich schon mit 14 für Männer
interessiert habe. Ich meine, für richtige Männer. Die Jungs in meinem
Alter waren mir immer viel zu unreif und zu albern. Ich war nämlich
schon damals sehr unabhängig und hatte meinen eigenen Kopf.“
Das Jurastudium, das sie nach dem Abitur begann, fand sie schnell zu
trocken. Stattdessen ging sie 1988 nach Mailand, wurde Elite-Model
und warb unter anderem für Dolce & Gabbana. War ihre Schönheit
25 Jahre und fast 50 Filme später besteht nicht mehr der geringste
Zweifel daran, dass sie zu den gefragtesten Schauspielerinnen in
Europa gehört, inklusive sehr erfolgreicher gelegentlicher Ausflüge
nach Hollywood. Doch mit Hollywood hat sie so ihre Probleme: „Ich
könnte nie in Los Angeles leben. Dort dreht sich ja praktisch alles nur
um Film, Film, Film. Aber das allein wäre noch gar nicht das
Schlimmste. Was mich tatsächlich abstößt, ist der dort grassierende
Jugendwahn. Wie dort junge hübsche Mädchen in ein, zwei, drei
Filmen regelrecht verheizt werden – das ist doch nicht normal. Ebenso
wenig, dass sich 16-Jährige ihre Brüste vergrößern lassen oder sich
fast zu Tode hungern. Das hat doch nichts mehr mit Lebensfreude zu
tun. Und es ist doch genau diese Lebensfreude, die der Schlüssel zum
Glück – und auch zur Schönheit – ist. Denn nur wer sich des Lebens
freut, fühlt sich auch wohl in seinem Körper. Und jeder, der sich
wohlfühlt, ist in meinen Augen schön.“ Und lachend fügt sie hinzu:
„Außerdem esse und trinke ich viel zu gern. Bevor ich mich jeden Tag
stundenlang in einem Fitnesscenter quäle – eher friert die Hölle zu!“
Diese selbstbewusste Sinnlichkeit strahlt sie auch auf der Leinwand
aus, gerade in oft sehr mutigen Nacktszenen. Unvergessen ist die
schockierende, achtminütige Vergewaltigungssequenz im Thriller
„Irreversible“, mit der sie 2002 bei den Filmfestspielen in Cannes fast
einen Skandal entfachte. Doch bei ihr wirkt der nackte Körper niemals
ordinär oder ausgestellt. Monica Bellucci bewahrt sich auch dann
noch ihr Geheimnis. Sie ist immer mehr Sphinx, nie Playmate. Kein
Wunder, dass sie schnell zum Lieblingsobjekt diverser Starfotografen
avancierte: Peter Lindbergh, Helmut Newton und Richard Avedon
schwärmen von ihr. Als vor ein paar Jahren ein Bildband mit erotischen
Fotos von ihr erschien, konnte sich dann jeder selbst von ihrer Klasse
überzeugen. Und man stimmt Regisseur Giuseppe Tornatore gern zu,
der im Vorwort dazu schreibt: „Monica Bellucci ist ein Strudel aus
verführerischer Sinnlichkeit, aus dem es kein Entrinnen mehr gibt.“
Sie ist, laut eigener Aussage, „gern die Muse für Fotografen oder
„Monica Bellucci ist ein Strudel aus verführerischer
Sinnlichkeit, aus dem es kein Entrinnen mehr gibt.“
Champagner für die Augen
Kein Geringerer als Kultregisseur Francis Ford Coppola hat Monica
Bellucci 1990 für die Leinwand entdeckt. „Das war zwar ein exquisiter
Start, aber eben nur der Anfang. Danach musste ich mich erst einmal
richtig beweisen. Nicht jedes Model ist auch eine gute Schauspielerin.“
38 deluxe edition 5*15
Regisseure. Und ich habe wirklich keine Scheu, mich nackt oder in
gewagten Posen ablichten zu lassen, solange es kunstvoll und ästhetisch
ist. So wie ich mich zum Beispiel für die italienische „Vanity Fair“ auf
dem Cover gezeigt habe – im sechsten Monat schwanger.“
Das war 2010, damals war sie 45 und erwartete ihre zweite Tochter,
Léonie. Mit diesem spektakulären Nacktfoto, das damals um die Welt
ging, demonstrierte sie auch gegen die Pläne der italienischen
Regierung, Samenspenden für illegal zu erklären. Ihre erste Tochter,
Deva, kam 2004 zur Welt. Der Vater der beiden Kinder ist der
französischen Filmschauspieler Vincent Cassel, mit dem Monica
Bellucci 18 Jahre zusammen und 14 Jahre davon verheiratet war. Das
Paar ließ sich 2013 scheiden.
Neue Ufer
Beide gaben sich sehr viel Mühe, die Ehe am Leben zu erhalten, „schon
allein wegen der Kinder. Vincent und ich haben ja schon zu Beginn
unserer Ehe öfter in verschieden Städten gewohnt, er in Paris, ich in
London oder Rom. Auch um die Routine zu vermeiden, die sich wohl
irgendwie in jeden Ehealltag einschleicht, aber …“, bricht sie ab.
„Lassen Sie uns lieber über etwas anderes reden, ja?“
Kein Problem. Natürlich wollen wir noch etwas mehr über ihre Rolle
als Schwarze Witwe Lucia Sciarra in „Spectre“ wissen. War es leicht,
Bond mit ihren erotischen Reizen um den Finger zu wickeln? Wird es
mit ihr ähnliche ikonografische Szenen geben wie zum Beispiel mit
Foto: © Vincent Peters / courtesy Schirmer/Mosel
jemals ein Handicap für sie? Monica Bellucci lächelt süffisant: „Sie
meinen, ob man mich zwar für gut aussehend, aber strohdumm hielt?
Nein, eigentlich nicht. Natürlich hat mir mein guter Look bei meiner
Karriere als Model und später als Schauspielerin geholfen. Aber
wissen Sie, kein Regisseur will einen für seinen Film haben, bloß weil
man gut aussieht – sondern weil man Talent hat. Und Ausstrahlung.
Die Ausstrahlung ist überhaupt das Allerwichtigste.“ Also aufgepasst,
Lèa Seydoux! Denn ob es die 30-jährige Französin, die das zweite
„Spectre“-Bond-Girl spielt, in puncto Sex-Appeal und erotischer
Ausstrahlung mit Monica Bellucci aufnehmen kann, darf durchaus
bezweifelt werden. Die Sinnlichkeit von Monica Bellucci war den
Bond-Machern natürlich auch schon früher aufgefallen. „Sie haben
mich in den vergangenen Jahren immer mal wieder angefragt“,
erinnert sich Bellucci lachend, „und vor 20 Jahren war ich auch einmal
kurz davor, Ja zu sagen. Aber dann hat es sich doch nicht ergeben.“
Und mit einem süffisanten Lächeln fügt sie hinzu: „Eigentlich bin ich
ganz froh darüber, dass es erst jetzt passiert ist.“
edition 5*15 deluxe 39
40 deluxe edition 5*15
PORTRÄT
Ursula Andress, die im Bikini aus dem Meer steigt und langsam auf
Sean Connery zugeht? Oder wenigstens so einen sexy Nahkampf
inklusive Beinschere, mit der Famke Jansen damals Pierce Brosnan in
die Mangel nahm? Kein Kommentar, natürlich. Alle „Bond“-Darsteller werden in Sachen Filminhalt zu absolutem Schweigen verdonnert.
Sie lässt allerdings durchblicken, dass sie viel Spaß bei den Dreharbeiten hatte. Und dass die Rolle der Lucia eine neue Ära der Bond-Girls
bzw. Bond-Ladys einläuten könnte: „Ich hoffe schon, dass diese Rolle
eine Art Signalwirkung hat. Hallo Hollywood: Auch reifere Frauen
können nämlich interessante Rollen spielen, die Substanz haben!
Nicht, dass das so neu wäre – da brauchen wir uns nur die Filme von
Catherine Deneuve, Isabelle Huppert oder Charlotte Rampling
anzusehen. Aber das sind ja meist kleinere Independent-Filme und
keine so großen Nummern wie ein „Bond“-Blockbuster“, verriet sie
vor Kurzem der italienischen „Vanity Fair“. Und meinte außerdem:
„Ich habe keine Scheu, mich nackt oder
in gewagten Posen ablichten zu lassen.“
HARLEM Sessel | Wolfgang Joop
„Die 50-jährigen Frauen von heute unterscheiden sich wesentlich von
den 50-jährigen Ladys vor ein oder zwei Generationen. Reifere Frauen
verlieren doch nicht automatisch ab einem gewissen Alter ihren
Charme.“
Wenn man das Glück hatte, Monica Bellucci über die Jahre schon
mehrmals vor dem Mikrofon zu haben und sie in verschiedenen
Lebensabschnitten und Stimmungen erleben zu können, stellt man
fest, dass es bei aller Veränderung immer eine Konstante gibt: ihre
Herzlichkeit. „Ich versuche, den Menschen immer auf Augenhöhe zu
begegnen. Denn das macht es doch erst wirklich interessant. Ich habe
nie verstanden, wieso sich manche sogenannten Celebritys ständig
durch Bodyguards abschirmen lassen oder sich in einen selbst
gemachten Elfenbeinturm zurückziehen. Dadurch sondert man sich
doch vom wirklichen Leben ab und kreist irgendwann nur noch um
sich selbst. Wie schrecklich. Wie einsam. Mein Motto war und ist
immer noch: Auf zu neuen Ufern!“
Und obwohl Monica Bellucci seit einiger Zeit ihre neue Freiheit als
ungebundene Frau genießt, ist sie doch durch und durch ein
Familienmensch geblieben. Sie ist nach wie vor fest in ihrer Heimat
Italien verwurzelt und besucht regelmäßig ihre Eltern und ihre
Freunde. Und ganz besonders stolz ist sie natürlich auf ihre beiden
Töchter. Auch darauf, dass beide ein lupenreines Italienisch sprechen
können. „Meine Familie geht mir über alles, denn da finde ich das, was
im Leben wirklich zählt – Liebe. Und meine Fähigkeit, lieben zu
können – und zwar nicht nur Menschen – ist vielleicht meine größte
Gabe. Ich liebe es zu reisen. Ich liebe die Kunst, die Musik, die
Literatur. Und natürlich auch die Menschen. Lieben bedeutet für
mich neugierig sein. Und solange man Lust aufs Leben hat, bleibt man
jung und schön. Das ist meine feste Überzeugung.“
Fotos: © 2015 Sony Pictures Releasing GmbH
*
Buchtipp
„Monica Bellucci“, Schirmer/Mosel.
Mit einem Vorwort von Regisseur
Giuseppe Tornatore und einem Text
von Monica Bellucci. Auf den 254
Seiten finden sich Bilder von weltbe-
rühmten Fotografen wie Helmut
Newton, Peter Lindbergh und Isabel
Snyder. Von Letztgenannter stammt
auch das deluxe-Coverfoto, das
ebenfalls im Buch zu finden ist.
SOHO Tisch | Wolfgang Joop
MANHATTAN Paravent | Wolfgang Joop
FENSTER
TÜREN
MÖBEL
POLSTERMÖBEL
SEIT 1927
FLAGSHIPSTORE
SCHOTTENRING 35
1010 WIEN
edition 5*15 deluxe 41
NWW.AT
MODE
42 deluxe edition 5*15
Quelle: Süddeutsche Zeitung, Fotos: Chanel
Echt
schön
Trachten spielen wieder eine Rolle
in der Mode – nicht zuletzt dank
Chanel und Karl Lagerfeld. Dirndl,
Janker und Lederhosen stehen für
Ursprünglichkeit und ein wenig
Weltflucht, weiß unsere Autorin
Anne Goebel zu berichten.
Rüschenkleider. Karl Lagerfelds
bejubelte Métiers-d‘Art-Dirndl
wirken inspirierend.
edition 5*15 deluxe 43
MODE
Unruhige Zeiten verstärken die Vorliebe für tröstliche
Kostüme aus vermeintlich heilen Welten.
A
tümgeschichte entsprach? Der Exaktheit setzte YSL seine
Fantasie, die künstlerische Freiheit entgegen, genauso wie
jüngst der Chanel­Zeremonienmeister bei der geografisch
großzügig gehaltenen Alpencouture zu Salzburg. Textile
Akribie, das ist etwas für die Feldforschung von Ethnologen.
ls das hawaiianische Model Binx Walton
vergangenen Dezember streng gescheitelt, in
schwarzem Tuch und geranienroter Blumen­
stickerei den Saal von Schloss Leopoldskron
durchschritt, war die Frage: Wer lief da eigent­
lich für Chanel über das historische Tafelparkett? Die
Malerin Frida Kahlo? Ein andalusischer Torero, eine von
Heimweh befallene Puszta­Schönheit mit Knöpfchen­
stiefeln – oder eine Mischung aus allem? Das Couture­Haus
zeigte in Salzburg seine „Métiers d’Art“­Kollektion mit
besonders aufwendig gearbeiteten Stücken, und passend
zum k. u. k. Umfeld lautete das Thema eigentlich „Habs­
burg­Glamour“. Dass sich unter die Parade der Hotpants aus
Hirschleder, die Kaskaden von Edel­
weißsternen auch ganz unösterreichi­
scher Aufputz mischte – geschenkt. Die
Grundbotschaft war angekommen: Folk­
lore. „Sissi“, hauchte der Rezensent auf
Style.com. „Heidi“, fasste verzückt die
„Vogue“ zusammen.
44 deluxe edition 5*15
Blickfang.
Imposante Kronen
schmückten Braut
und Brautjungfer
in der
Österte-Tracht.
Das Interessante ist, dass nun genau deren Arbeitsfeld in
einem neuen Bildband etwas Glamouröses bekommt.
Schlicht „Trachten“ heißt das Buch von Gregor Hohenberg,
und es geht die Dokumentation deutscher Kleiderordnun­
gen von Amrum bis Berchtesgaden durchaus gründlich an.
Faltenwurf und Rocklänge, Flechttechni­
ken oder der korrekte Name eines speziel­
len Spitzenhäubchens aus Mittelhessen:
Der Leser erfährt viel Volkskundliches auf
320 Seiten. Wenn er sich denn aufs Lesen
einlässt, denn in erster Linie ist Hohen­
bergs Buch eine Augenweide. „Das Thema
Trachten liegt einfach in der Luft“, sagt der
Fotograf über sein Fünfjahresprojekt. Un­
ermüdlich ist er kreuz und quer durch die
Republik in die Dörfer gekurvt und hat
Heimatarchive konsultiert, um den For­
menreichtum, die ganze Opulenz von
Schürzenkleidern, Schnürmiedern und be­
stickten Lederhosen einzufangen. Warum
aber die althergebrachten Muster und
Schnitte gerade jetzt so wunderbar zum
Zeitgeist passen, hat viele Gründe. Es gab
immer wieder Zyklen intensiver Ethno­
Mode, die Hippiekluft zum Beispiel mit ih­
ren fransigen und klimpernden Folklorezi­
taten. Immerhin sind die 1970er derzeit
das am heftigsten kopierte Modejahrzehnt,
darin könnte ein Grund für den neu ent­
fachten Hype um volkstümliche Formen
liegen. Karl Lagerfelds bejubelte Métiers­
d’Art­Dirndl dürften weitere Spuren hin­
terlassen in kommenden Kollektionen,
auch anderer Designer. Und angespannte
Zeiten, wie wir sie weltpolitisch und wirt­
schaftlich gerade erleben, haben die Vor­
liebe für tröstliche Kostüme vermeintlich heiler Welten so­
wieso immer verstärkt.
Deshalb ist Gregor Hohenbergs Trachtenkompendium
natürlich keine reine Dokumentation und will das auch gar
nicht sein. Der Berliner Modefotograf folgt mit seinen
Foto: Fotografie von Gregor Hohenberg, aus Trachten, Copyright Gestalten 2015
Trachtenkleidung weckt Gefühle, das ist
nicht erst so, seit die junge Romy Schnei­
der in ihrer ikonischen Filmrolle als
Kaiserbraut im Dirndl durch den Wald
tollte. Solche und ähnliche Bilder von
Heimatverbundenheit scheinen durch
alle Länder und Zeiten eine Sehnsucht
nach Ursprünglichkeit und Zugehörig­
keit zu stillen: Wenn die Art, wie sich
jemand anzieht, mit seiner regionalen
oder kulturellen Herkunft zu tun hat,
wird das Gewand zum emotional aufge­
ladenen Zeichen. Und die Mode hat mit
diesen Codes immer gespielt, denn zur
Verbundenheit kam die Schönheit als
Merkmal ganz von selbst dazu – Trach­
ten sind oft Festtagskluft und bilden
einen unerschöpflichen Fundus außer­
gewöhnlicher Schnitte, Texturen, Orna­
mente. Man muss nicht Karl Lagerfeld
heißen und ein ganzes Schloss für Rü­
schenkleider oder veredelten Grobstrick
zur Modebühne machen – Designer wie
Dolce und Gabbana schöpfen seit jeher in ihren Entwürfen
aus der multiethnischen Tradition Siziliens. Und Yves Saint
Laurent hat schon 1976 mit seiner fulminanten „Ballets
Russes“­Kollektion voller schwingender Mäntel, Keulenär­
mel und Pelzhauben Maßstäbe gesetzt in puncto Folk Glam.
Ob damals jedes Detail dem Formenkanon russischer Kos­
Das Thema Trachten liegt in der Luft
Trachtenmoden
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MODE
Das notorische Dirndlweib war schon immer langweiliger
als Frauen mit Gespür für Stilbrüche.
Im Land der Fräuleins selbst greifen junge
Designer kaum auf Volkskunstelemente
zurück, abgesehen von reinen Trachtenlabels natürlich. Das ist ein Jammer und
wohl noch immer eine Folge der Nazizeit.
Ländliches Gewand gehörte zum Idealbild
der sauberen deutschen Frau, diese dumpfe Vereinnahmung wirkt bis heute nach.
Dabei stehen Trachten auch für Weltoffenheit, das hat Gregor Hohenberg auf seinen
Erkundungsfahrten immer wieder festgestellt. Man verwendete Silber aus Portugal
für schmückende Miederketten oder steckte sich Federn
exotischer Vögel an den Hut. Manche Frauen in seinem
Buch wirken fast asiatisch mit ihren seltsam steifen Lätzen,
den polsternden Stoffbahnen oder Aufbauten aus Glasperlen
auf dem Kopf. Dann wird Tracht zu dem, was Yves Saint Laurent über seine russische Kollektion sagte, die er ersann,
ohne das Land je betreten zu haben: „Un voyage imaginaire“,
eine Fantasiereise zu anderen Zeiten und Orten.
Von Lang bis Yamamoto
Für die Mode als flüchtigste aller Künste
ist das System Tracht, das festen Regeln
bis zur vorgeschriebenen Ösenform folgt,
immer ein reizvoller Bezugspunkt gewesen. Um das Strikte zu kontrastieren, zu
verwandeln oder zu imitieren. Der coole
Minimalismus des Wieners Helmut Lang soll auch auf die
zeitlose Schlichtheit des guten alten Jankers, kastig und kragenlos, zurückgehen. Den japanischen Designer Yoji Yamamoto begeisterte die Strenge bäuerlicher Kluft, wie er sie
auf den Bildern des deutschen Fotografen August Sander
sah. Und vor ein paar Monaten hat Christopher Bailey für
Burberry in London mit einer „Crafts Collection“ die Faszination für fast ausgestorbene Textiltechniken wie Kunststeppen oder Zierstickerei gefeiert. „Ich mag das Schnelllebige unserer Zeit“, sagte der britische Designer damals.
„Aber es gibt Dinge, die ihre Zeit brauchen, die slow sind.
Das finde ich wunderschön.“ Dass darin auch ein Stück
Weltflucht liegt, ist nicht schwer zu diagnostizieren und
vielleicht nicht mehr als eine Pose. In Form eines Mantels
mit Dutzenden aufgenähten Spiegelsteinchen sah der
folklorelastige Eskapismus jedenfalls bildschön aus.
46 deluxe edition 5*15
*
Rotkäppchen.
Die Schwälmer
Tracht hat den
Gebrüdern Grimm
als Inspiration
gedient.
Buchtipp
„Trachten“ von
Gregor Hohenberg,
2015, Gestalten-Verlag.
Foto: Fotografie von Gregor Hohenberg, aus Trachten, Copyright Gestalten 2015
Was die Trachtträgerin betrifft, so ist das notorische Dirndlweib schon immer viel weniger interessant gewesen als
Frauen mit Gespür für Stilbrüche. Auf einem Sommerfrische-Foto aus den 1930er-Jahren ist zum Beispiel Marlene
Dietrich in Salzburg zu sehen, das Kunstgeschöpf, die Großstadtpflanze – im perfekt geschnittenen Lodenspenzer. Ein
irritierender Gegenpol zu den Markenzeichen Silberblick
und Lippenrot. Für die Malerin Frida Kahlo waren ihre
Schränke mit kostbaren mexikanischen
Gewändern, dokumentiert in dem opulenten Buch „Frida’s Wardrobe“, keineswegs
bloß Ausdruck anrührender Heimatliebe.
Sondern von selbstbewusster Extravaganz
– in ihrer Jugend pflegte die schöne Frida
in Männerkluft Aufsehen zu erregen. Und
die Amerikanerinnen, die sich von dem
Online-Dirndlshop „Heidi’s Closet“ angesprochen fühlen, dürften normalerweise
auch nicht in Schürze und Taillenrock unterwegs sein. Die potenzielle Kundin wird
wortreich ermuntert, modisch einmal aus
der Rolle zu fallen: „Channel your inner
Fräulein.“
Bildern aus dem Glottertal oder von der Nordseeküste dem
Stil von Magazinstrecken. So könnte auch eine Reportage
für „Neon“ oder das Lifestyle-Heft „Achtung“ aussehen:
Ohne Models zwar, sondern mit Laien, aber sie zeigen die
buchstäblich vielschichtige, oft sperrige Schönheit überlieferter Kleidung ohne Schnickschnack. Kein Kitsch à la
Rosenresli oder Friesendeern, sondern puristische Inszenierungen im Berliner Beiläufigkeitsgestus: Bild für Bild werden
die Trachten vom Brauchtumsmief befreit, zu modischen Kunstwerken erhoben und fast kieztauglich gemacht. Wenn
man schon Rüben zieht auf Stadtrandbrachen, sich in Berlins Hipsterlokalen
Waldkräuter servieren lässt – warum
nicht in gefältelter Spreewaldbluse zum
Bioladen um die Ecke? Kombiniert mit
Edeljeans, versteht sich. Gregor Hohenberg sagt: „Es ist im Grunde das Manufactum-Ding. Offenbar gibt es den Wunsch
nach Wertigem, Überliefertem – die
Glühlampe, alte Arbeiterhemden und was
sonst noch alles ausgegraben wird seit ein
paar Jahren.“ Für ein Buch über Kleidungsstücke mit Geschichte also der richtige Moment. Andernfalls hätte der Gestalten-Verlag mit seinen feinen Antennen für Trends und Tendenzen Hohenbergs Projekt auch kaum verwirklicht.
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Adeline Germain in Yves-Klein-Blau ist
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Foto: Beigestellt
Scheiblhofer-Trio.
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Erich
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seine besten Weine zusammengestellt. Das Perfection-Trio gibt es
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edition 5*15 deluxe 47
Gute Aussichten. Ihre
Durchlaucht auf der
Feuerleiter ihres Lofts.
48 deluxe edition 5*15
HOMESTORY
Alles ist hier
Lebenselixier
Neben einem mexikanischen Fast-Food-Laden und einer
mittlerweile geschlossenen Gay-Bar residiert Gloria von
Thurn und Taxis. Die deutsche Fürstin hat in Manhattan
eine Inspirationsbühne gefunden. Zu Besuch bei einer
ungewöhnlichen Aristokratin.
von Ralf Eibl, Fotografiert von Wolfgang Stahr
E
s gibt für die kunstsinnigen Kreise Manhattans ein
neues Must-have. Kein Richard Prince, kein Raymond Pettibon und auch kein Andy Warhol mehr für
die eigenen vier Wände. Das hat man doch alles
schon. Es sind die mit spitzbübischem Strich gemalten Buntstiftporträts einer deutschen Fürstin, die tout New
York jetzt haben muss. Gloria von Thurn und Taxis und die
ganz große Inspirationsbühne im Big Apple: Hier rappt sie,
in David Lettermans Late-Night-Show hatte sie auch schon
gebellt, und jetzt karikiert sie noch die Stilgrößen der Stadt.
Peter Marino und André Leon Talley, jeweils im handlichen
Papierformat, warten in ihrem Loft gerade darauf, von ihr
persönlich an die Porträtierten ausgeliefert zu werden.
Beide Werke wurden durchaus mit einem Augenzwinkern
gefertigt. Die Kontur von Interior-Rockstar Marino kommt
etwas sehr straight daher, auch Fashion-Guru Talley wirkt
noch übermächtiger als im echten Leben ohnehin schon.
Mehr Gloria geht in dieser Stadt kaum: Wir sind im Flatiron
District und Ihre Durchlaucht ist braun gebrannt. Und hat
sonnigste Laune. Sie sieht so entspannt aus, als käme sie
gerade vom Surfen. Wenig bis gar keine Schminke, dafür ein
paar strahlende Lachfältchen und eine sehr dominante
Brille von Barton Perreira. Wären im East River nicht so
viele toxische Hinterlassenschaften, hätte sie dort ihr Surfbrett schon längst ins Wasser gelassen. Wo diese deutsche
Stilbotschafterin surft, ist immer vorn. Und mit unserem
sturmerprobten Fotografen fachsimpelt sie gerade über das
Windsurfen wie ein Profi vom Waikiki Beach.
„Sie können alles fotografieren“, hatte sie uns gleich zur
Begrüßung gesagt. Wirklich alles? „Alles!“ Ihre Durchlaucht
fühlt sich in ihrem Loft sichtlich grenzenlos wohl. „Die
Kreativität, die Lebensfreude, das Neue, das Alte – einfach
alles, was die Stadt kulturell bietet, ist für mich Lebenselixier.“ Wie so viele Stars in der Stadt hat sie hier großartige
Auftritte gehabt. Nicht nur als Bellhund bei David Letterman. War es nicht Warhol, der einst zu ihr sagte: „Gloria, you
should have your own TV show.“ Viele ihrer Erinnerungen
kreisen auch um „The Pierre“, das legendäre Hotel an der
Fifth Avenue auf Höhe des Central Parks. „Hier haben mein
Mann und ich immer gewohnt, als wir gemeinsam in der
Stadt waren. New York war für mich immer der Mittelpunkt
der Welt, die Stadt, die am meisten bietet, in der ständig alles
wechselt.“ Und doch kann sie sich auch – ganz anders als in
edition 5*15 deluxe 49
HOMESTORY
Wild. Unten eine
Trophäe aus den
Regensburger
Wäldern, oben
ein Gemälde von
Friedrich Kunath.
50 deluxe edition 5*15
Raum für Freunde. Der
Essbereich mit einem
Refektoriumstisch von
Chester Jones. Die
Fotoarbeit von
Thomas Ruff zeigt
Manhattan kurz nach
den Anschlägen.
„New York war für mich immer der Mittelpunkt der Welt.“
edition 5*15 deluxe 51
HOMESTORY
„Bei mir gibt es immer einen Mix aus selbst gemalt oder
gebastelt und großer Kunst.“
Deutschland – jederzeit in die Anonymität der Straßenschluchten zurückziehen. Nicht einmal den deutschen
Touristen fällt sie hier auf, ihren New Yorker Freunden
jedoch schon. Da passt es, dass es ein Zufall war, wie „Gloria
TT“ überhaupt zu diesem Pied-à-terre kam: „Die Künstlerin
Ena Swansea gab ein Abendessen für mich in ihrem Loft. Das
Loft darüber stand zum Verkauf. Ich sah mir die Wohnung an
und wusste sofort – die ist es.“ Jetzt wohnt sie also über Ena
Swansea. Und von der Straße aus gesehen zwischen einem
Ableger der mexikanischen Fast-Food-Kette Chipotle, einem
Herrenausstatter und der mittlerweile geschlossenen
Gay-Bar „Splash“. Anders als vor Schloss St. Emmeram muss
sie hier keine Autogramme verteilen, wenn sie die Straße
entlangspaziert. Wie in Regensburg kommt sie in Manhattan
manchmal auf zwei Rädern angebraust. Sie gehört einer
elitären Motorradgang an. „Ich habe mir eine Harley
zugelegt. Sie steht bei Peter Marino in der Garage. Er ist ein
begeisterter Motorradfahrer – genau wie ich.“
So rasant, wie sie uns in ihr New Yorker Fürstentum
vorgelassen hat, ist sie auch schon wieder auf dem Sprung.
„Ich muss mal eben Peter Marino sein Porträt vorbeibringen.“ Sagt sie, drückt uns die Schlüssel in die Hand und
steht schon im Lastenaufzug. Bevor die Tür ganz zugeht,
ruft sie noch: „Könnten Sie nachher noch jemanden von der
Galerie hereinlassen? Die müssen eine meiner Installationen
52 deluxe edition 5*15
reparieren.“ So bleiben wir, den Schlüssel in der Hand, etwas
ratlos und überwältigt zurück. Warten auf Gloria, warten
auf eine Eingebung, warten auf den Installateur. Wir wären
jetzt gern Mäuschen und wüssten zu gern, was Peter Marino
zu seinem Bildnis zu sagen hat. Nutzen wir die Zeit, um uns
ein wenig umzusehen. Wir bleiben als Erstes vor einer
Arbeit von Bill Viola stehen. In der Videoinstallation des
amerikanischen Künstlers umschlingt sich ein Pärchen unter Wasser, so lange, bis es die Atemnot wieder auseinandertreibt. Viele der Kunstwerke im Loft sind nicht mehr so
aggressiv plakativ wie in früheren Wohnungen der Fürstin.
In Paris lauerten einmal Werke der Chapman-Brüder hinter
fast jeder Ecke ihres Appartements und trieben subversiven
Schabernack. Dafür hängen drei Kruzifixe vom Künstlerpaar Ed und Nancy Kienholz, die aus den Zugstangen alter
Leiterwagen, Puppenfüßen und Jesus-Kitschporträts
zusammenmontiert wurden, über dem Bett in ihrem Schlafzimmer. Je länger man sich hier aufhält, desto mehr kleine
religiöse Artefakte entdeckt man in den Zimmern. Auf einer
Fotografie ist Papst Benedikt XVI. mit ihr und den Kindern
zu sehen. Neben Glorias Gitarre steht eine Gebetsbank. Das
Gespräch mit Gott ist hier unmittelbar möglich. Das Loft ist
klar und durchdacht: An die große Küche und den
Wohnraum schließen sich ein Bad, ein Büro und drei Schlafzimmer an. Eines davon ist für ihre Tochter Prinzessin
Gut gebettet. Sakrale Neoninstalla-
tion des New Yorker Künstlers
Jonathan Horowitz.
Reflexionen.
Wandspiegel von
Hubert le Gall.
Fliesen.
Wien.
Kinder-Küche. Auf der Dunst-
abzugshaube Porträts der
Töchter und Prinzessinnen.
Bild: Aparici „Moving“
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Fliesen
HOMESTORY
Stilmix. Auf der
Couch befinden sich
Buntstiftkarikaturen
der Fürstin.
Elisabeth reserviert. Das Loft sei, sagt diese, das Beste, was
ihre Mutter sich hätte zulegen können: „In New York ist sie
viel abenteuerlustiger als zu Hause.“ Nur der Kleiderschrank
der Mama ist etwas minimalistischer geworden, was nicht
heißen soll, dass sie sich nicht mehr für Mode interessieren
würde. Keineswegs, man bedenke nur die Brille. „Aber“,
sagte sie uns, „heute kann ich die Mode an meinen Töchtern
bewundern, die jene extravaganten Kleider tragen, die ich
nicht mehr kaufen kann. Ab einem gewissen Alter ist für
mich persönlich der modisch letzte Schrei nur noch albern.“
Wenn doch nur alle Frauen in ihrem Alter über diesen
Weitblick verfügten.
Die Aussicht nach Norden und Süden ist großartig. Das Empire State Building sieht Ihre Durchlaucht gleich zweimal.
Vor dem Fenster und als große Fotoarbeit von Thomas Ruff.
Auch das One World Trade Center hat sie auf der Südseite im
Blick. Mehr Aussicht geht also nicht. „Reduziert und eklektisch – die Mischung macht’s“, so beschreibt Gloria von
Thurn und Taxis ihren Stil. „Bei mir gibt es immer einen Mix
aus selbst gemalt oder gebastelt und großer Kunst.“ In der
Leseecke laden Fauteuils des französischen Künstlers Martin Szekely aus der Pariser Galerie Kreo zum Fläzen ein. Der
Grundgedanke ihrer Einrichtung ist klar: „Es muss gemütlich sein.“ So wacht ein großer Totenkopf des Künstlers
54 deluxe edition 5*15
Christoph Steinmeyer, der aus kleinen Spiegelquadraten zusammengesetzt wurde, über die seltenen handgewebten
schwedischen Rya-Teppiche von Märta Måås-Fjetterström.
Diese hat sie in der Galerie von Eric Philippe gekauft. Die
ebenfalls schwedischen Lounge Chairs von Kerstin HörlinHolmquist heißen Adam und Eva. Auch diese Namensschöpfung steht dem Loft gut. Den großen Refektoriumstisch von Chester Jones, den sie bei Christie’s in South Kensington ersteigerte, hat sie mit brasilianischen RosewoodStühlen kombiniert. Zum Lunch wird sie später André Leon
Talley von der „Vogue“ treffen. Auch er bekommt ja sein
schnuckeliges Porträt. Das Warten auf Gloria lohnt sich in
New York jede Minute.
*
Buchtipp
Diese und 20 weitere Damen finden
Sie im Buch „Stilikonen unserer
Zeit: Wohn- und Lebensgeschichten
besonderer Frauen“ von Ralf Eibl und
Wolfgang Stahr, Callwey-Verlag.
Kaffee verzögert das Einschlafen.
Dieser beschleunigt das Träumen.
Der Unterschied heißt Gaggenau.
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Kaffeegenuss, der Sie träumen lässt.
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REISE
Grüße aus
Südfrankreich
56 deluxe edition 5*15
Côte d’Azur und Korsika:
Wenn der Besucheransturm des
Sommers vorüber ist, zeigt sich
Frankreichs Süden in schönstem
Licht. Autorin Stefanie Bisping
unternimmt eine Reise von
Menton bis Calvi.
REISE
Köstlich. Mauro
Colagreco ist laut
der San-Pellegrino-Liste 2015 der
elftbeste Koch der
Welt.
Palmenparadies.
Die Villa Maria Serena ist die Residenz
des Bürgermeisters.
Stadt der Gärten: Menton
1850 brachte der Graf von Viguier die erste Palme nach
Menton. Heute gedeihen im heißesten Ort FestlandFrankreichs 145 Palmensorten, viele davon im Garten der an
Italien grenzenden Villa Maria Serena. Charles Garnier,
Architekt der Oper von Paris, baute sie für seinen Freund
Ferdinand de Lesseps, den Konstrukteur des Sueskanals.
Heute ist sie die Residenz des Bürgermeisters. Er kann sich
an der üppigen subtropischen Vegetation des Gartens
erfreuen, der sich in Serpentinen über der Küstenstraße
bergan schwingt und unterhalb des Zolls endet. Alles hier
ist verschwenderisch: die leuchtenden Wogen von Bougainvillea, die sich über die Mauer der Veranda ergießen, die
Paradiesvogelblumen und Hibiskushecken, das unwirkliche
Blau der Bucht unten. Ein weiteres Schmuckstück Mentons
ist der Jardin Serre de la Madone, ein verwunschener Ort,
an dem Eidechsen zwischen trockenen Blättern rascheln
und blaue Libellen über spiegelglatte Teiche schwirren, von
steinernen Statuen bewacht. Im Jardin Val Rameh, heute
eine Dependance des Nationalen Museums für Naturgeschichte, wachsen Mohn, Salbei, Hibiskus und Trompetenbäume neben so exotischen Gewächsen wie dem brasilianischen Florettseidenbaum, der Blüten wie Seidenbälle trägt,
dem Taschentuchbaum, dessen Blüten aussehen wie
zerknüllte Tempos, und dem Sophora toromiro, dem legendären Baum der Osterinseln. Kein Zweifel: Mit Menton hat
sich ein kleines Stück der Tropen ans Mittelmeer verirrt.
Schlemmen: Einen traumhaften Blick auf Meer und Menton
und eine hervorragende Küche (zwei Michelin-Sterne)
vereint das Restaurant Le Mirazur, 30 Avenue Aristide
Briand, 06500 Menton, Tel. 04 92 41 86 86, www.mirazur.fr.
Montags und dienstags geschlossen. Mittagsmenü ab 55 ¤
(nur wochentags), Abendmenü ab 85 ¤.
Moderne Kunst.
Die Fondation
Maeght zeigt
Werke von Chagall, Kandinsky
und Giacometti.
Stilvoll wohnen. Le
Mas de Pierre bietet Zimmer und
Suiten in den Farben der Provence.
Fotos: Montage, Beigestellt
Chagalls Idylle: Saint-Paul-de-Vence
Frankreichs Süden besitzt viele wunderschöne Dörfer.
Saint-Paul-de-Vence aber zählt mit seinen Gassen, Brunnen,
dem Kirchlein, Boule-Platz und den atemberaubenden
Ausblicken zu den schönsten. Marc Chagall, der sich an der
Côte d’Azur bereits gut auskannte, gefiel das mittelalterliche
Städtchen so gut, dass er sich 1966 entschloss, für immer zu
bleiben. Tatsächlich blieb er seiner Wahlheimat, der er einige seiner Arbeiten vermachte, über seinen Tod im Jahr 1985
hinaus treu – auf dem Friedhof von Saint-Paul-de-Vence
fand er seine letzte Ruhe. Hauptattraktion für Besucher aus
der ganzen Welt ist heute die ein wenig außerhalb gelegene
Fondation Maeght, ein Museum für moderne Kunst.
Allerdings könnte die nicht minder moderne Architektur
des Baus keinen schärferen Kontrast bilden zum romantisch
auf seinem Hügel träumenden Bergdorf. Für Kunstliebhaber ein absolutes Highlight, selbst an der mit Museen so
reich gesegneten blauen Küste mit Werken von Chagall,
Kandinsky, Matisse sowie mehr als 50 Skulpturen von
Alberto Giacometti.
Schlemmen und schlafen: Le Mas de Pierre, 2320 Route des
Serres, 06570 Saint-Paul-de-Vence. 54 Zimmer und Suiten in
den Farben der Provence. Regionale, saisonale Küche am Kamin oder auf der Terrasse des Restaurants „La Table de Pierre“. Doppelzimmer ab 178,50 ¤, Frühstück 29 ¤ pro Person.
www.lemasdepierre.com
edition 5*15 deluxe 57
REISE
Auf Nietzsches Spuren. Der
deutsche Philosoph und
Schriftsteller ließ sich in Èze
für „Also sprach Zara­
thustra“ inspirieren.
Lavendelmeer. 40 Parfüm­
hersteller sind heute noch
in und um Grasse ansässig.
Historisch. Das La Bastide
Saint Antoine ist ein
wunderschön restauriertes
provenzalisches Anwesen
aus dem 18. Jahrhundert.
Ausgezeichnet. Das Restau­
Tiefblaues Meer: Village Èze
„Viele verborgene Flecke und Höhen aus der Landschaft
Nizzas sind mir durch unvergessliche Augenblicke geweiht“,
notierte einst Friedrich Nietzsche, „jene entscheidende
Partie, welche den Titel ,Von alten und neuen Tafeln‘ trägt,
wurde im beschwerlichsten Aufsteigen von der Station zu
dem wunderbaren maurischen Felsennest Èze gedichtet“.
Seit 1883 überwinterte der deutsche Philosoph und Schriftsteller in Nizza. Seine Ausflüge nach Èze aber gruben sich
ihm tief ins Gedächtnis – sie inspirierten ihn, als er mit dem
dritten Teil von „Also sprach Zarathustra“ in eine Kreativitätskrise geraten war.
Das 1000 Jahre alte Dorf Èze kam seinerzeit noch ohne
Hotels aus – Nietzsche musste privat logieren. Der Weg, den
er so schwungvoll nach oben nahm, wurde 1970 offiziell
nach ihm benannt. Steil und schweißtreibend ist der
Aufstieg von Èze-Bord-de-Mer ins 427 Meter hoch gelegene
Èze-Village noch immer, Parkplätze vor den Toren der Altstadt sind rar, aber immerhin erwartet Erschöpfte heute auf
58 deluxe edition 5*15
400 Metern Höhe eine Oase: das Château de la Chèvre d’Or,
ein luxuriöses Hotel, das 1953 als kleines Restaurant mit
zwei Zimmern begann und nach und nach immer mehr
Häuser aus dem mittelalterlichen Stadtkern für sich eroberte. Hier wurde der Heiratsvertrag von Fürst Rainier von
Monaco und Grace Kelly ausgehandelt, Robert De Niro,
Hugh Grant, Clint Eastwood und Roger Moore nahmen
ihren Champagner auf der in den Fels geschlagenen
Terrasse. Die Idee, ein Hotel in die Altstadt zu fügen, soll
vom modernen Märchenschöpfer Walt Disney selbst stammen. Die Anziehungskraft von Èze, den schmalen Gassen
und engen Treppen war eben immer schon groß, und den
Blick über die Bucht fand auch der Amerikaner zu schön,
um es bei einem Tagesausflug bewenden zu belassen.
Schlemmen und schlafen: Château de la Chèvre d’Or, 6 Rue du
Barri, 06260 Èze Village. 31 Zimmer, acht Suiten. Die Küche
des Restaurants La Chèvre d’Or schmücken zwei
Michelin-Sterne. Doppelzimmer ab 310 ¤, Frühstück 32 ¤ pro
Person. www.chevredor.com
Fotos: Beigestellt
rant des Château de la
Chèvre d’Or ist mit zwei
Michelin­Sternen dekoriert.
REISE
Lavendel und Jasmin: Grasse
Ein kleines gallisches Dorf im 18. Jahrhundert, ganz im
Süden Frankreichs, nur wenige Kilometer von der Mittelmeerküste entfernt. Etwas unscheinbar drängt es sich an
einen Ausläufer der Seealpen. „Dieser zugleich unansehnliche und selbstbewusste Ort war die Stadt Grasse, seit
einigen Jahrzehnten unumstrittene Produktions- und
Handelsmetropole für Duftstoffe, Parfümeriewaren, Seifen
und Öle“, so schildert Patrick Süskind das Dorf in seinem
Bestseller „Das Parfum“. Auffällig aber war der Geruch.
Denn Grasse lag unter der intensiven und vielschichtigen
Duftwolke, die Parfümeure und Gerber erzeugten. Katharina von Medici hatte die Mode der parfümierten Handschuhe in Frankreich gesellschaftsfähig und damit Grasse zur
Duftmetropole gemacht. Denn die Parfümeure ließen sich
dort nieder, wo die Handschuhmacher zu Hause waren: in
Grasse, wo sie deren Produkte mit dem Duft von Lavendel,
Veilchen, Jasmin, Narzissen und Maiglöckchen veredelten.
40 Parfümhersteller sind heute noch in und um Grasse
ansässig. Denn nach wie vor genießen die Aromen von
Grasse einen Weltklasse-Ruf. Längst sind die Parfümfabriken an die Peripherie verbannt, die schneckenförmig
angelegte Altstadt mit der Kathedrale Notre-Dame-du-Puy
und den eleganten Häusern erstrahlt in schönster Pracht.
Schon im 19. Jahrhundert urlaubten hier Königin Victoria
und Baronin Rothschild, als Cannes nur ein unbedeutender
Vorort von Grasse war. Die Damen schätzten das milde
Klima und die üppige mediterrane Vegetation, die auf den
Hügeln ringsum noch heute gedeiht.
Schlemmen und schlafen: Le Bastide Saint Antoine, 48
Avenue Henri Dunant, 06130 Grasse. DZ ab 400 ¤, Frühstück 31 ¤ pro Person. Wunderschön restauriertes provenzalisches Anwesen aus dem 18. Jahrhundert, in dem Joseph
und Rose Kennedy Ende der 1930er-Jahre häufig mit ihren
Kindern urlaubten. Haute Cuisine von Jacques Chibois (ein
Michelin-Stern). Neun Zimmer, sieben Suiten. www.jacques-chibois.com
Kunstreise. Das
Museum of Classical Art zeigt auch
Werke von Künstlern mit Verbindung zu Mougins.
Im „Les Muscadins“
mußte Picasso seine
Wandgemälde auf
Geheiß des Direktors
wieder überstreichen.
Fotos: Beigestellt
Besuch bei Picasso: Mougins
Pablo Picasso war außerstande, eine freie Fläche sich selbst
zu überlassen. 1936, als der Schatten seines Ruhms noch
nicht bis ins idyllische Bergdorf Mougins reichte, bemalte er
dort im Hotel „Les Muscadins“ die Wände. Ungehalten wies
der Hotelier ihn an, das Machwerk schleunigst zu überstreichen. Picasso tat, wie ihm geheißen, und spätere Versuche,
das Gemälde freizulegen, schlugen fehl. Doch Mougins kann
auch so mit rund 20 Galerien und 40 Restaurants bei 17.000
Einwohnern als beispielhaft für Stadtentwicklung an der
Côte d’Azur gelten. Im September treffen sich hier zudem
zahlreiche Sterneköche zum Gastronomiefestival. Auf
Picasso trifft man im Fotografiemuseum, in dem ihn an die
100 Bilder zeigen: bei der Arbeit im Atelier, schlecht gelaunt
in kurzen Hosen, ganz privat an Fischgräten lutschend und
im Kreis der Familie. Touristisch noch wertvoller: In Mougins tat er seinen letzten Atemzug, wenn er auch seinen
zweiten Wohnsitz Aix-en-Provence zur Ruhestätte erkor.
Schlemmen und schlafen: Le Mas Candille, Boulevard
Clément Rebuffel, 06250 Mougins. Doppelzimmer mit
Frühstück und Menü für zwei Personen im Restaurant „Le
Candille“ ab 510 ¤. 45 Zimmer und Suiten. Das Restaurant
„Le Candille“ ist mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet.
www.lemascandille.com
Pool-Position. Das
Le Mas Candille
verfügt über eine
Wellnessoase mit
Shiseido-Spa.
edition 5*15 deluxe 59
REISE
Privater Strand. Das Le
Cap d’Antibes Beach
Hotel liegt unmittelbar
am Meer.
Alles Picasso. Im Picasso-Museum finden sich
über 100 Gemälde, die
der Meister der Institution überlassen hat.
Künstler und Milliardäre: Antibes
Schon seit 1919 machte Picasso Urlaub an der Riviera, doch
erst später ließ er sich auf Dauer im Süden nieder. Eine erste
Bleibe fand er in einer Etage des Grimaldi-Schlosses in
Antibes, seit 1928 ein Kunstmuseum, die ihm der Konservator
Dor de la Souchère für einen Winter zur Verfügung stellte.
Ein hormoneller Ausnahmezustand, bedingt durch schwere
Verliebtheit in die schöne Françoise Gilot, beflügelte ihn
dort zusammen mit der Aussicht und der Beschäftigung mit
der römischen Vergangenheit von Antibes zu einem Schaffensrausch, dem einige seiner berühmtesten Arbeiten zu
verdanken sind. Das Schloss war feucht, die Nachkriegszeiten schwer, doch Picasso arbeitete die Nächte durch,
bemalte Schiffsplanken und Sperrholz, arbeitete mit Handwerksfarbe, die er Fischern abkaufte, und malte über 100
Gemälde, die er dem Museum überließ. Den glücklichsten
Abschnitt seines Lebens habe er hier verbracht, und es ist
leicht, ihm zu glauben. Auch Matisse, Renoir und Chagall
strebten an die schönste aller Küsten, arbeiteten hier – und
verkauften. Denn die Klientel, die heute mit Traumschiffen
am „Quai der Milliardäre“ im Jachthafen von Antibes vor
Anker geht und sich morgens mit Orchideengebinden,
Rosensträußen, Champagnerkisten sowie Juwelen zur
Ansicht beliefern lässt, stellte eben immer schon auch
kaufkräftige Kunstliebhaber.
Schlemmen und schlafen: Das Le Cap d’Antibes Beach Hotel
liegt unmittelbar am Meer. 22 Zimmer mit privaten Terrassen
oder Gärten. 10 Boulevard Maréchal Juin, 06160 Cap d’Antibes. Das Restaurant „Le Pêcheurs“ ist mit einem
Michelin-Stern dekoriert. DZ mit Frühstück ab 390 ¤, bei Onlinebuchung ab 265 ¤. www.ca-beachhotel.com
Design abseits ausgetretener Wege.
Pano 1/2
60 deluxe edition 5*15
REISE
Sehenswürdig. Die
Zitadelle thront über
der Altstadt, dem
Hafen und dem Meer.
Foto: Beigestellt
Korsikas milder Westen: Calvi
Korsika ist der Inbegriff mediterraner Schönheit, und wer
die Hochsaison meidet, die sich hier bezüglich Preisgestaltung wie Besucherzahlen brav auf die Monate Juli und
August beschränkt, kann sich fühlen wie an der Côte d’Azur
vor Beginn des Massentourismus. Auch die Insulaner sind
zugänglicher, wenn sie ihre Heimat mit nicht ganz so vielen
Fremden teilen müssen. 316.000 Menschen, denen seit
Römerzeiten ausgeprägter Eigensinn nachgesagt wird,
leben auf der viertgrößten Mittelmeerinsel. Die spektakuläre Landschaft aus Hochgebirge und der Macchia, einem
großen, prachtvollen Buschwald aus Ginster, duftendem
Lavendel, Myrte und rosa blühender Zistrose, der mehr als
die Hälfte Korsikas bedeckt, teilen sie sich mit 80.000
Schafen. Daraus ergibt sich ein Idyll, wie man es sich schöner kaum wünschen könnte. Von der Zitadelle Calvis, die
über Altstadt, Hafen und glitzerndem Meer thront, öffnen
sich die schönsten Blicke über die blaue Bucht. Hier oben
liegen auch die Ruinen des Hauses, das der Familie von
Christoph Kolumbus gehört haben soll. Dass der Genuese
seine Wurzeln im Nordwesten Korsikas haben soll, weiß
man hier zu erklären: nämlich damit, dass Calvi im 15.
Jahrhundert zur Republik Genua gehörte. Kolumbus konnte
so als Genueser durchaus auch Korse sein. Man möchte ihn
jetzt noch darum beneiden.
Schlemmen und schlafen: La Villa Spa, Chemin Notre Dame de
la Serra, 20260 Calvi. Zimmer, Suiten, Apartments und drei Privatvillen. DZ ab 200 ¤, Frühstück 32 ¤ pro Person. Das Restaurant
„La Table de Bastien“ ist mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet.
www.hotel-lavilla.com
Tipps:
Mehr Informationen zur Côte d’Azur:
www.frenchriviera-tourism.com
oder Auskünfte bei Atout France:
Aussicht. Vom Hotel La Villa genießt
man einen tollen
Blick auf Calvi.
[email protected],
Tel: +43 (1) 503 28 92,
www.rendezvousenfrance.com
Hannes arcH,
Österreichs erfolgreichster Rennpilot
223/147
Die neuen MazDa allraD-MoDelle.
Verbrauchswerte: 4,7 – 7,2 l/100 km, CO2-Emissionen: 123 – 165 g/km. Symbolfoto.
edition 5*15 deluxe 61
mEhr auf mazda.at
Unbeschreiblich
und weiblich
Alte Bikes, junge Kerle und erstaunlich viele Frauen:
Das „Wheels and Waves“-Festival in Südfrankreich ist
Dreh- und Angelpunkt einer neuen Motorradkultur.
Text: Walter Wille, Fotos: Jörg Künstle
62 deluxe edition 5*15
MOTOR
edition 5*15 deluxe 63
M
otorradtreffen können ganz schrecklich
sein. Versammlungen der Bierbauchbikern
mit erdrückendem Männerüberschuss, der
Gaskranken, die am Ortsausgang den ersten
Gang bis Tempo 100 hochjubeln, der
Weekend-Warrior, die zum „Born to Be Wild“-Grölen
kommen und sich mit Totenkopfkrempel behängen. Es kann
wirklich schlimm sein. Aber es geht auch anders.
Als 2012 in Biarritz zum ersten Mal eine Zusammenkunft
unter dem Titel „Wheels and Waves“ stattfand, trafen sich
80 Leute. Strand, Surfen, Motorräder, Musik. Ein Jahr später
waren es 1000. 2014 kamen 3000 – darauf war keiner gefasst,
mittleres Chaos. Da hatten ein paar Typen aus Toulouse, die
sich „Southsiders“ nennen und sich immer nur lose
verabredet hatten, ehe sie ihrem Treffen einen organisatorischen Rahmen gaben, eine Massenbewegung in Gang
gesetzt. Unvorstellbar ohne die Lauffeuerfunktion des
Internets. Heuer waren es rund 10.000.
Das Treiben in der südwestlichsten Ecke Frankreichs als bunt
und laut zu beschreiben, wäre maßlos untertrieben. In der
Hauptsache: Männer, Mädels und Maschinen. Letztere
können nicht alt genug sein, alles andere dagegen ist
erstaunlich jung. So erstaunlich jung, dass sich gut erhaltene
Motorradfahrer um die 50, die anderswo mitten im
Altersdurchschnitt liegen, beim „Wheels and Waves“ wie
Veteranen fühlen, denen dämmert, dass sie allmählich der
nächsten Generation Platz machen müssen. Das sind sie nicht
gewöhnt, ebenso wenig wie die vielen jungen Frauen um sich
herum, die mit frech umgebauten Motorrädern anknattern.
Nach nur vier Jahren ist „Wheels and Waves“ schon legendär,
gilt als Fixpunkt einer neuen, jungen Motorradkultur mit
lässigen Old-School-Klamotten und klassischen, auf kreative
Weise veränderten Hobeln. Serienmäßiges ist unerwünscht,
64 deluxe edition 5*15
Langweiliges verpönt. Im Getümmel von Biarritz sehen
Neufahrzeuge merkwürdig alt aus. Was mangels eines
ernsthaften Umbaus oder fröhlichen Gefrickels dem Serienzustand entspricht, wird zwar geduldet, aber bei der Anfahrt
freundlich aussortiert und auf Parkplätze außerhalb des
Festgeländes verwiesen. Jeder Haufen Metall, jede
200-Kubik-Gurke, und sei sie noch so verschraddelt, erntet
mehr Aufmerksamkeit und Anerkennung als ein fabrikfrischer 20.000-¤-Tourer mit Vollausstattung. Verkehrte Welt.
Mühlen, die lange Zeit keiner haben wollte, stehen mit
einem Mal hoch im Kurs und bollern, irgendwie modifiziert,
als eine Art Kunstwerk herum. Die Vielfalt der Umbauten ist
überwältigend. Es wimmelt von simplen, nach heutigen
Maßstäben schlappen Bobbern, Scramblern, Café Racern
und Choppern, die Mode waren, als die meisten Besucher
noch lange nicht geboren waren. „Zurück zu den Wurzeln“
lautet die Devise. Aber natürlich nicht ohne das iPhone.
Es ist nicht ganz eindeutig, wie hoch der Anteil der Mitläufer und nur als Hipster Verkleideten ist. In erster Linie zieht
das Festival wohl tatsächlich
Menschen mit wahrer Motorradleidenschaft und starkem
Interesse daran an, was andere
sich so einfallen lassen. Sie
rumpeln in langen Kolonnen
über die Grenze ins spanische
Baskenland, wo auf der
Passstraße des Jaizkibels in
Sichtweite des Atlantiks Bergsprintrennen
veranstaltet
werden, schwärmen gemeinsam in die Landschaft aus. Und
abends ein oder zwei Bier.
Totenköpfe?
Kaum. Warnwesten? Fehlanzeige.
Und böse Kutten
gibt es hier
auch nicht.
MOTOR
Der allgemeine Fahrstil ist anarchisch, die Polizei anscheinend recht tolerant – und die Motorradindustrie wie
elektrisiert: Endlich tut sich etwas in Richtung Verjüngung,
hat das Bike wieder etwas Rebellisches an sich. Hohe
Herrschaften aus Konzernzentralen in Europa, Japan und
Amerika lassen sich blicken. Strategen wie Harley-Davidsons Chefdesigner Ray Drea tauchen ein ins Gewimmel,
sehen sich genauestens um, den Trends auf der Spur.
Customizing-Koryphäen nutzen die Bühne, BMW und
Yamaha verbünden sich inzwischen mit den Schraubenzieher-Gurus, um demonstrieren zu lassen, was sich aus ihren
Serienfahrzeugen machen lässt. Auch Triumph und Ducati
zeigten dieses Jahr in Biarritz Flagge. Harley präsentierte
unter anderem die Ergebnisse eines europaweiten Umbauwettbewerbs („Custom King“) auf Basis ihres Einstiegsmodells Street 750. Marketingmann Frank Klumpp: „Der
Besuch solcher Veranstaltungen hat mittlerweile ein hohes
Gewicht. Wir wollen junge Leute ansprechen und die Marke
für diese Zielgruppe sichtbar machen.“
Für aberwitzige Leistung und Assistenzsysteme zur Zügelung derselben interessiert sich in dieser Zielgruppe keiner.
Beim Customizing werden Zweckmäßigkeit und Nutzen der
Show untergeordnet, dem persönlichen Stil, der reinen Lust
am Verändern. Die Veranstaltung am Atlantik erscheint wie
ein heiteres Happening zur Verhöhnung des TÜV.
Totenköpfe? Kaum. Peinliche Warnwesten? Fehlanzeige.
Hightechmembrankombis, Klapphelme, böse Kutten,
verbiesterte Mienen, dicke Oberarme, die demonstrativ zur
Schau getragen werden? Nichts dergleichen in Biarritz.
Sagte ein Frankfurter, der sein Gesäß im knackigen Sattel
seiner Harley ein paar Tausend Kilometer lang („immer nur
Landstraße“) strapazierte, um einmal dabei zu sein: „Das
Beste, was ich je erlebt habe.“
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RED CARPET
redaktion Alexander Pfeffer
Kylie Minogue.
Gepflegter
Geburtstag
Peter Lindbergh.
Schönes Alter: Die Kosmetikmarke
Lancôme feierte ihren 80. Geburtstag. Und wer hat gratuliert?
Natürlich die Crème de la Crème:
von Julia Roberts über Kate
Winslet bis Isabella Rossellini.
Für einen glanzvollen
Auftritt sorgte im
Casino de Paris Popstar Kylie
Minogue.
Ellen von Unwerth.
Eva Doll.
Chiara Ferragni.
Kate Winslet.
Isabella Rossellini.
Lupita Nyong’o.
Lily Collins.
Julia Roberts.
66 deluxe edition 5*15
Fotos:Beigestellt
Foto:
© Stéphane Feugère for Lancôme
Penélope Cruz.
WIR SEHEN UNS AUF DER DESIGN 2015
Im MAK Wien erwartet die Besucher auf 2700m2 Ausstellungsfläche eine inspirierende Designschau. Neuartige Einrichtungsideen animieren zum Angreifen, Spüren und Ausprobieren.
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