Ist der Mini? Wie sein Vorgänger ist auch der neue Mini Clubman ein Charakter-Auto, zu dem sich nicht so leicht ein passender Vergleichstest-Konkurrent findet. Wir haben es mit dem VW Golf GTI probiert, denn ganz so mini ist dieser Mini nicht mehr. Oder doch? 58 23/2015 VERGLEICHSTEST MINI COOPER S CLUBMAN, VW GOLF GTI Das ist wahre Designkunst: Ein VW Golf, ein Mini Cooper – beide erkennt selbst ein interessiertes Vorschulkind auf den ersten Blick W ir könnten es uns nun einfach machen, so wie Nick Carraway, der Ich-Erzähler in F. Scott Fitzgeralds wunderbarem Roman „Der große Gatsby“, der seinen Beruf als Wertpapierhändler hauptsächlich deswegen ergreift, weil es bereits so viele davon gibt, dass es auf einen mehr nun wirklich nicht mehr ankommt. Oder anders gesagt: Die Golf-Gegner sind so zahlreich, dass man ruhig auch den Mini Clubman dazuzählen kann. Dabei haben nicht wir uns das ausgedacht. Mit seinen deutlich gestiegenen Abmessungen und dem besseren Raumangebot sei der Clubman nun bereit zur Eroberung des Premium-Kompaktsegments, vermeldet etwa der Pressetext zum neuen Mini. Also her mit dem GTI. Der Clubman Cooper S ist nur eineinhalb Zentimeter kürzer als ein handelsüblicher VW Golf, mit dem neuen BMW-Vierzylinder-Turbo wuchtet er 192 PS auf die Vorderräder, und der Grundpreis bleibt mit 27 500 Euro südlich der 30 000er-Marke. Dazu passt ein Golf besonders gut: der GTI, 220 PS stark und als Viertürer 30 125 Euro teuer. Agiler Mini, schneller Golf IM VERGLEICH MINI COOPER S CLUBMAN: 192 PS, 4253 mm Länge, 360–1250 l Kofferraum, ab 27 500 Euro VW GOLF GTI: 220 PS, 4268 mm Länge, 380–1270 l Kofferraum, ab 29 225 Euro Agiles Handling zählt ja zu den Basistugenden eines jeden Mini, der Clubman sollte da keine Ausnahme sein. Er basiert wie die zwei- und viertürigen Versionen auf der neuen BMWFrontantriebsplattform, teilt sich diese mit BMWs Zweier-Tourern und dem neuen X1. Von daher sind also keine unangenehmen Überraschungen zu erwarten. So lenkt der Mini denn auch sehr willig ein, reagiert zackig auf Lenkbefehle und bleibt bei schneller Kurvenfahrt lange neutral, bevor er zum Lastwechselschwänzeln neigt. Das passt also. Doch es passt nur so lange, bis du in den Golf GTI 23/2015 59 VERGLEICHSTEST umgestiegen bist. So geht’s also auch, denkst du, während du den GTI durch Kurven zirkelst. Die Lenkung spricht harmonisch an, die Karosseriebewegungen bleiben gering, die Vorderräder werden mit den 350 Nm des Zweiliter-Turbos spielend fertig, auch ohne die Differenzialsperre des zehn PS stärkeren Performance-GTI. Der Testwagen ist mit dem optionalen DCC-Fahrwerk (1035 Euro) ausgerüstet, die Normalstellung funktioniert bei zügiger Landstraßenfahrt am besten. Also noch mal in den Mini. Der kommt mit der Dynami- Niklas: „Wetten, in den Clubman passt so viel wie in den Golf?“ Igor: „Nie im Leben, der VW wirkt doch doppelt so groß.“ (Fakt ist: Beide sind fast gleich.) VERBRAUCHSMESSUNG Golf GTI als Sechsgang-Schalter Fahrzeug Verbrauch in l/100 km Clubman Cooper S Golf GTI Testverbrauch Zusammensetzung: 15 % Eco 15 % Sportfahrer 70 % Pendler 8,0 8,3 6,1 6,4 7,7 8,0 11,3 11,9 Eco Besonders sparsam gefahrene Runde (275 km) Pendler Typische Fahrt vom Wohnort zur Arbeit (ø 21 km) Sportfahrer Sportliche Fahrweise mit häufig hohen Geschwindigkeiten 60 23/2015 schen Dämpfer Control und dem Driving-Mode-Paket (zusammen 780 Euro), die Fahrmodi werden mittels Drehring am Schalthebel angewählt. Der sportlichste davon verspricht wörtlich im Display Gokart-Feeling. Neben dem Ansprechverhalten von Lenkung und Gaspedal animiert der Gokart-Modus zudem die Ambiente-Beleuchtung zu lustigen Farbenspielen im LED-Ring um das mittlere Großinstrument. Nun ja, kann man mögen. Abgesehen von den unerbetenen Lichtspielen im Interieur verschärft er das Handling, vom GokartÄhnlichen bleibt der Mini dennoch weiter entfernt als der GTI. Und im Übrigen auch als sein kürzerer Vorgänger auf der alten Plattform. Dass der Unterschied zum Golf nicht nur ein gefühlter ist, zeigt ein Blick auf die Zeitmesssysteme der Tester: Sowohl beim Slalom als auch beim Ausweichtest bleibt der Mini deutlich langsamer als der Golf, und das liegt nicht nur an den 28 Minus-PS. Womit wir bei den Antrieben wären. Der GTI-Motor ist ein ziemlicher Musterknabe, drehfreudig, leistungsbereit und kultiviert, keine wirklich neue Erkenntnis. Überraschender dagegen die eher blasse Vorstellung, die das Mini-Triebwerk hier gibt. Ja, der Zweiliter-Turbo kann alles, ohne in irgendeiner Disziplin zu brillieren. Im Falle des Testwagens arbeitet er mit der neuen Achtstufen-Steptronic zusammen, eine gelungene Kooperation. Der Wandlerautomat arbeit aufmerksam, wechselt Gänge fix und passend, nur das manchmal zu hektische Zurückschalten beim Gasgeben trübt die Harmonie. Der Golf GTI war zum Testzeitpunkt nur mit Schaltgetriebe verfügbar, das DSG hätte den Grundpreis um 1950 Euro erhöht, ohne dem VW entscheidend zu helfen. Denn die manuelle Sechsgangbox passt hervorragend zu diesem Auto, lässt sich leicht und exakt auf kurzen Wegen schalten. Und sie erinnert uns ein wenig daran, wie es früher war, als Sitze im Karomuster noch als sportlich galten und das zwischengasintensive Betätigen eines Getriebes mit Sperrsynchronisation als besonderer Beleg feiner Autofahrkunst galt. Doch eigentlich wollten Sie ja noch etwas zum BMW-Motor im Mini lesen. Man kann ihm wirklich nichts vorwerfen, er steht so gut im Futter, dass er trotz seines Leistungsmankos den rund 50 Kilogramm schwereren Clubman gut beschleunigt, sodass dieser mit dem GTI einigermaßen mithält. Und er ist sparsam, verbraucht auf 100 Kilometer 0,3 Liter weniger als der VW-Motor. Was ihm fehlt, ist das Begeisterungspotenzial. MINI Recht geräumig und komfortabler als gedacht: Der Mini schlägt sich nicht so schlecht Auf den ersten Blick ist alles beim Alten, die Instrumente sehen nach Mini aus, ebenso die liebevoll gestalteten Schalter. Der Dreh-Drück-Steller versteckt sich zwischen den vorderen Sitzen Der Motor heißt B48 und entstammt dem modularen BMW-Baukasten Hier verspricht das Mini-Fahrprogramm maximales Gokart-Feeling VW Der GTI ist ein Golf: einwandfreie Qualität, toller Antrieb, durchdachte Ergonomie Karositze und Schaltknauf im Golfball-Look, das muss ein GTI sein. Die Sportsitze sehen nicht nur gut aus, sie sind sehr bequem. Selbst auf der Rückbank sitzt es sich recht kommod Der Direkteinspritz-Turbo ist deutlich spritziger als der Mini-Motor 62 23/2015 Das DCC-Fahrwerk kostet 1035 Euro Aufpreis, straff ist es in allen Modi VERGLEICHSTEST Was Sie hier nicht sehen: Hinter dem Bergrücken liegt Neuschwanstein Das ist freilich nur ein Gefühl, das in der Punktewertung am Ende des Tests keinerlei Niederschlag findet. Dort kommen unter anderem die Komfortqualitäten des Mini zum Tragen. Und das ist diesmal gar nicht ironisch gemeint. Zwar kann auch der Neue eine gewisse Grundhoppeligkeit nicht verleugnen, doch gerade bei größeren Wellen und stärkeren Anregungen zeigt er sich sogar leicht nachgiebiger als der in dieser Hinsicht etwas enttäuschende Golf. Dessen Adaptivfahrwerk spricht auf den alltäglichen Fugen und Holpereien 47 kg Video: Hier gibt’s Clubman und Golf GTI in Aktion mehr als der Golf GTI wiegt der Mini Clubman, obwohl er ein paar Millimeter kürzer ist. Erfreulich: die hohe Zuladung. Er packt 83 kg mehr als der VW ams-Messwerte auf Seite 64 etwas verbindlicher an. Den wahren Komfort-Vorsprung erzielt er jedoch mit den besseren Sitzen. Die sind größer, bequemer gepolstert und bieten mehr Seitenhalt als die etwas klein geratenen Sessel im Mini. Das gilt auch für die hinteren Sitzgelegenheiten. Dort geht es im Clubman übrigens kaum enger zu als im Golf, eine kleine Überraschung. Gutes Raumangebot im Mini Ebenso bemerkenswert, dass das Raumangebot insgesamt im Mini kaum schlechter ist, bei der Laderaumgröße gibt es keine relevanten Unterschiede. Hier zeigt sich der Golf alltagstauglicher, weil sein Abteil günstiger geformt ist und die Öffnung großzügiger aufklappt. Ach ja, klappen, da war was: Der Clubman rettet mit den beiden Hecktüren zumindest ein charakteristisches Detail von der einen Plattform zur nächsten. Die Türen sind sehr unpraktisch, versperren die Sicht nach hinten, benötigen beim Öffnen viel Platz und reduzieren die Ladeluke auf ein ziemlich unpraktisches Maß. Die Türen f lapsen übrigens gasdruckfederbelastet selbsttätig auf, wollen dann mit kräftiger Hand zurück ins Schloss gedrückt werden. Unpraktische Details hat der Mini noch ein paar andere, doch dass die Bedienung zum Teil von der konzerntypischen Klarheit abweicht, hat die Kunden noch nie gestört, das wird wohl auch beim neuen Clubman so bleiben. Ebenso wenig wie das einfache Head-up-Display auf grauem Glas – der Aufpreis von 600 Euro gehört zu denjenigen Posten in der Optionsliste, die man sich sparen kann. Ausstattungsbereinigt ist der Mini sogar etwas teurer als der Golf, auch das ist kein Kriterium bei einem Lifestyle-Auto. Doch es führt ebenfalls dazu, dass dieser Test so endet wie viele andere auch: Der Nikolaus ist kein Osterhase, am Ende liegt immer der Golf vorn. Und das ist jetzt nicht von F. Scott Fitzgerald, sondern von Uli Hoeneß, der statt „Golf“allerdings „FC Bayern“ sagte. Text: Heinrich Lingner Fotos: Achim Hartmann 23/2015 63 VERGLEICHSTEST DATEN UND -MESSWERTE Fahrzeugtyp ERGEBNISSE Mini Cooper S Clubman VW Golf GTI Reihe/4 1998 141 (192) 5000 300 bei 1250 Vorderradantrieb Achtgangautomatik 225/45 R 17 W Dunlop Sport Maxx Reihe/4 1984 162 (220) 4500 350 bei 1500 Vorderradantrieb Sechsganggetriebe 225/40 R 18 Y Bridgestone Potenza S001 1432/528 4253 × 1800 (2002) × 1441 2670 11,4/11,4 360/1250 720/1300 1430/1415 1035/935 710 1385/445 4268 × 1799 (2027) × 1442 2631 11,1/11,0 380/1270 670/1800 1485/1445 1020/975 695 8,0 6,1 7,7 11,3 186 Super 7,1/5,0/5,8 Euro 6 134 C 48 600 8,3 6,4 8,0 11,9 193 Super 7,5/5,1/6,0 Euro 6 139 B 50 602 Fahrzeugtyp Antrieb Motorbauart/Zylinderzahl Hubraum cm3 Leistung kW (PS) bei 1/min max. Drehm. Nm bei 1/min Kraftübertragung Testwagenbereifung kg mm mm m l/VDA kg mm mm mm Verbrauch/Reichweite/CO2 Testverbrauch l/100 km ams-Eco ams-Pendler ams-Sportfahrer g/km CO2-Ausstoß im Test NEFZ-Verbrauch l/100 km Stadt/über Land/gesamt Schadstoffeinstufung g/km CO2-Ausstoß (NEFZ) Effizienzklasse Tankinhalt l Reichweite km Raumangebot Außenabmessungen Kofferraum Zuladung Variabilität/Funktionalität Instrumente/Anzeige Bedienung Rundumsicht Qualitätsanmutung Summe Summe Summe km/h 5,0 6,7 9,2 11,8 15,6 20,0 26,8 7,4 3,7 4,8 228 3,1 4,2 246 36,4 59,7/60,1 102 36,1 59,2/60,6 103 66 68 71 75 77 65 66 70 73 74 Bremswege aus 100 km/h kalt aus 130 km/h kalt/warm aus 170 km/h kalt m Innengeräusche bei 80 km/h bei 100 km/h bei 130 km/h bei 160 km/h bei 180 km/h letzter Gang dB(A) FA ZIT 1 VW Ja nun, der Golf. Als GTI! Der erwartete Gewinner, überzeugend in Fahrdynamik und Antrieb, etwas enttäuschend beim Komfort, dennoch ein lockerer Sieg für den Bestseller. Fahrversuche Slalom 18 m TC/ESP ein/aus km/h doppelter Spurwechsel Fahrdynamikbewertung Lenkpräzision indirekt/direkt Balance unter-/übersteuernd ESP konservativ/sportlich Beherrschb. leicht/anspruchsv. Fahrzeugkonzept konservativ/sportl. 63,9/64,5 129,8/132,9 ◀ ø ▶ ••••• ••••• ••••• ••••• ••••• Kosten Festkosten Euro 118,– Steuer 318,– Haftpflicht 142,– Teilkasko1) Vollkasko2) 490,– Unterhaltskosten im Monat3) bei 15 000 km/Jahr Euro 195,– bei 30 000 km/Jahr Euro 342,– Grundpreis Euro 29 450,– 1) ohne SB; 2) mit 150 Euro SB; 3) ohne Wertverlust 64 23/2015 128,– 299,– 177,– 553,– 204,– 358,– 30 125,– Laufkultur Durchzugskraft Leistungsentfaltung Schaltung/Getriebeabstufung Beschl./Höchstgeschwindigkeit Zwischenbeschleunigung Testverbrauch Lademöglichkeiten Reichweite Elektro Reichweite Summe 64 55 (40) (10) (10) (5) (10) (5) (5) (15) 13 8 3 3 5 5 5 14 14 7 3 3 6 5 5 13 (100) 56 56 (25) (15) (10) (20) (10) (10) (5) (5) 18 13 9 18 5 7 3 4 16 12 7 15 3 7 3 3 (100) 77 66 8 8 5 8 8 4 9 – – 3 7 7 4 9 8 3 9 – – 3 (100) 53 50 (20) (25) (20) (10) (15) (10) 12 23 18 2 10 9 8 21 18 2 8 7 (100) 74 64 (30) (15) (5) 16 10 3 17 10 2 29 353 29 320 Fahrdynamik Handling/Fahrspaß Lenkung Wendekreis Traktion/Wintertauglichkeit Geradeausl./Windempf. Summe 24 10 4 7 10 14 14 5 25 8 4 7 10 15 15 5 88 441 89 409 1 2 Umwelt Summe Eigenschaftswertung 2 MINI Mini geht irgendwie anders. Der Clubman ist verglichen mit dem Vorgänger das bessere Auto, der bessere Mini ist er jedoch nicht. Und gegen den Golf hat er auch so wenig Chancen. (10) (10) (5) (10) (15) (5) (20) (10) (10) (5) Fahrverhalten Well-to-Wheel-CO2-Emission Emissionen nach NEFZ Stand- und Fahrgeräusch 66,9/67,4 139,4/141,4 ◀ ø ▶ ••••• ••••• ••••• ••••• ••••• (100) Antrieb hafts sc ege -Si r s 4,8 6,9 9,6 13,0 17,5 23,5 32,7 15,1 8 5 5 6 6 3 7 7 8 Komfort Federungskomfort Sitze vorn Sitze hinten Multimedia Komfort-Assistenzsysteme Klimatisierung Innengeräusch-Messwerte Geräuscheindruck Eigen s 9 5 5 5 9 5 9 8 9 (20) (10) (15) (10) (10) (5) (10) (10) (10) Sicherheit Sicherheitsausstatt./-assistenz Licht Bremsweg kalt (100 km/h) Bremsweg kalt (130 km/h) Bremsweg warm (130 km/h) Verzögerung (170 km/h) Pedalgefühl Fahrsicherheit Beschleunigung/Höchstgeschwindigkeit Beschleunigung 0 – 80 km/h 0 – 100 km/h 0 – 120 km/h 0 – 140 km/h 0 – 160 km/h 0 – 180 km/h 0 – 200 km/h 0 – 400 m Zwischenspurt 60 – 100 km/h 80 – 120 km/h Höchstgeschw. Mini Cooper S Clubman Karosserie Maße/Gewichte Leergewicht/Zuladung Länge × Breite (mit Spiegeln) × Höhe Radstand Wendekreis links/rechts Gepäckraum Anhängelast/gebremst Innenbreite v./h. Innenhöhe v./h. Normsitzraum VW Golf GTI (Maximalpunktzahl) (50) (550) Kosten Grundpreis* Ausstattung* Aufpreisgestaltung Wiederverkaufschancen Festkosten für 5 Jahre* Wart./Reparatur 100 000 km* Kraftstoffkosten 100 000 km* Garantie Summe Gesamtwertung * Bester erhält volle Punktzahl (25) (10) (5) (10) (10) (15) (15) (10) (100) (650)
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