„Gericht“ Predigt am Ewigkeitssonntag über Joh 5, 24-29 Ich lese uns den Predigttext von heute. Ich bitte Sie, besonders aufmerksam zuzuhören, weil ich Sie im Anschluss zu diesem Text etwas fragen will (wobei ich weiß, dass Sie natürlich immer besonders aufmerksam zuhören, wenn ich etwas sage ) „Und Jesus sprach: Ich versichere euch: Wer auf mein Wort hört und dem glaubt, der mich gesandt hat, der hat das ewige Leben. Er kommt nicht ins Gericht, sondern hat den Schritt vom Tod ins Leben bereits getan. Ich sage euch: Die Zeit kommt, ja sie ist schon da, wo die Toten die Stimme des Sohnes Gottes hören werden, und wer sie hört, wird leben. Denn wie der Vater aus sich selbst heraus Leben hat, so hat er auch dem Sohn die Macht gegeben, aus sich selbst heraus Leben zu haben. Und der Vater hat dem Sohn die Vollmacht gegeben, Gericht zu halten; denn er ist der Menschensohn. Seid deshalb nicht erstaunt, wenn ich euch sage, dass der Tag kommt, an dem die Toten in ihren Gräbern die Stimme des Sohnes hören und herauskommen werden. Die, die getan haben, was gut ist, werden zu neuem Leben auferweckt werden; die aber, die getan haben, was schlecht ist, werden zu ihrer Verurteilung auferweckt werden.“ (Joh 5,24-29) So, und nun meine Frage: Welche Aussage, welche Worte haben sich Ihnen am meisten eingeprägt? … [reinrufen lassen] Bei mir waren es mit jedem Lesen interessanterweise andere Worte und Aussagen, die mich beschäftigt haben. Insgesamt bin ich an drei Aussagen hängen geblieben und möchte mein Hängengeblieben-Sein gerne mit Ihnen teilen : 1. Gericht Und der Vater hat dem Sohn die Vollmacht gegeben, Gericht zu halten (…). Seid deshalb nicht erstaunt, wenn ich euch sage, dass der Tag kommt, an dem die Toten in ihren Gräbern die Stimme des Sohnes hören und herauskommen werden. Die, die getan haben, was gut ist, werden zu neuem Leben auferweckt werden; die aber, die getan haben, was schlecht ist, werden zu ihrer Verurteilung auferweckt werden.“ Durch das ganze neue Testament hindurch zieht sich die zentrale Aussage: Es ist nicht egal, wie wir leben. Hätten wir uns unser Leben selbst gegeben, dann wäre es möglicherweise egal. Dann könnten wir selbst bestimmen, was gut und was böse ist. Dann könnten wir selbst eigene Maßstäbe entwerfen und an uns anlegen. Aber wir haben unser Leben nicht aus uns selbst. Unser Leben ist eine Art Leihgabe. Gott hat uns unser Leben für eine bestimmte Zeit zur Verfügung gestellt. Und in der Bibel finden wir, was Gott sich dabei gedacht hat, uns unser Leben zu leihen. Sinn und Zweck dieser Leihgabe Gottes kommt wohl am besten in folgendem biblischen Wort zum Ausdruck: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, mit all deiner Kraft und mit deinem ganze Verstand. Und du sollst deinen Nächsten lieben, wie dich selbst.“ (Lukas 10,27). Gott und die Menschen lieben in Wort und Tat, mit unserem Herzen, unserer Kraft und unserem Verstand – das ist das, was Gott von uns will. Sinn und Zweck unseres Lebens. Grund dafür, dass Gott uns unser Leben geliehen hat. Mit dem Wort „Gericht“ beschreibt Jesus nun die Sichtung unseres Lebens nach diesem Kriterium: Gott und die Menschen lieben in Wort und Tat. Am Ende unseres Lebens werden wir vor Gott gerufen werden und Gott wird sich einen jeden unserer Tage gemeinsam mit uns daraufhin anschauen. Er wird es einerseits barmherzig tun: er wird berücksichtigen, was wir zu tragen hatten, wie wir aufgewachsen sind und wer alles Einfluss auf uns genommen hat. Und er wird es andererseits gerecht und klar und unbestechlich tun: Er wird jede gute Tat und jedes freundliche, liebevolle Wort ebenso entdecken und wertschätzen, wie er jegliche Form von Selbstbezogenheit, Herzenskälte und Lieblosigkeit ans Licht bringen und verurteilen wird. Wie denken Sie, wird sein Urteil über Sie ausfallen? Wieviel Prozent Ihres bisherigen Lebens bestanden aus Segen weitergeben, Gott lieben und den Mitmenschen liebevoll dienen? [1 min Stille] Meinen Sie, es wird reichen für das Gericht? Falls Sie sich da unsicher sind (oder vielleicht sogar sicher, dass es nicht reichen wird), dann lassen Sie uns weiter auf das hören, was Jesus hier sagt. 2. Hören Das Zweite, was mich an diesem Text sehr beschäftigt hat, ist nämlich das hier: „Wer auf mein Wort hört und dem glaubt, der mich gesandt hat, der hat das ewige Leben. Er kommt nicht ins Gericht, sondern hat den Schritt vom Tod ins Leben bereits getan. Und „Die Zeit kommt, ja sie ist schon da, wo die Toten die Stimme des Sohnes Gottes hören werden, und wer sie hört, wird leben. “ Es scheint eine Möglichkeit zu geben, das Gericht Gottes zu bestehen (oder sogar zu umgehen). Und diese Möglichkeit steht in unmittelbarem Zusammenhang mit etwas, das Jesus hier als „Hören“ bezeichnet. „Wer auf mein Wort hört und dem glaubt, der mich gesandt hat, der hat das ewige Leben. Er kommt nicht ins Gericht, sondern hat den Schritt vom Tod ins Leben bereits getan.“ Um was für ein „Hören“ geht es hier also? Handelt es sich bei diesem Hören um so etwas wie Magie? Dass also bei jedem von uns – simsalabim – wie von Zauberhand ewiges Leben entsteht, wenn wir nur einmal in unserem Leben in der Bibel oder im Gottesdienst mit einem Wort Jesu in Berührung kommen? Ein einmal gehörtes Wort Jesu als Eintrittskarte in die Ewigkeit? Sie merken schon an der Fragestellung, dass es das vermutlich eher nicht trifft. Um der Sache näher zu kommen, bitte ich Sie mal, sich folgendes vorzustellen: Ihr Ehepartner (oder Ihr Partner) schaut Ihnen tief in die Augen und sagt mit ehrlicher und bewegter Stimme „Ich liebe dich! Du machst mein Leben lebenswert. Ich danke dir, dass es dich gibt!“ Oder stellen Sie sich vor, Ihr kleiner Sohn oder Ihre kleine Tochter wirft sich Ihnen um den Hals, umarmt Sie und flüstert Ihnen ins Ohr: „Spielst du was mit mir? Biiitte, biiiiitte!“ Oder stellen Sie sich vor, Ihr Vorgesetzter nimmt Sie zur Seite, vertraut Ihnen eine wichtige Aufgabe an und bittet Sie: „Erledigen Sie das bitte bis spätestens übermorgen. Wohl und wehe unserer Firma hängen an dieser Aufgabe!“ Wenn Sie solche Worte hören, sie achselzuckend zur Kenntnis nehmen und ungerührt mit dem weitermachen, womit Sie davor beschäftigt waren, dann haben Sie gar nicht wirklich gehört. Dann sind Sie der Sache nicht gerecht geworden, die Ihnen da angetragen wurde. Dann habe Sie höchstens etwas überhört. Wenn Jesus hier also sagt: Wer auf mein Wort hört und dem glaubt, der mich gesandt hat, der hat das ewige Leben“, dann meint Jesus damit ein Hören, das wirklich reagiert. Dass wir uns die Dinge, die Jesus sagt, ins Herz fallen lassen und dass wir sie unser Leben prägen lassen. Dass wir uns überhaupt einmal dafür interessieren, was Jesus gesagt hat. Dass wir uns jeden Tag neu mit seinen Worten umgeben und aus ihnen leben. Aus diesem Grund sind ein eigenes Bibellesen, und ein regelmäßiger Gottesdienstbesuch so alternativlos. Wenn Sie wissen wollen, ob Sie in Ihrem Leben auf die Worte Jesu hören, dann gebe ich Ihnen hier ein paar Testfragen an die Hand: 1. Sind Ihnen relativ viele Worte von Jesus vertraut oder kennen Sie kaum welche? 2. Darf Jesus Ihnen sagen, wie Sie Ihr Leben zu leben haben? Oder anders gefragt: Haben Sie Ihr Leben aufgrund der Worte Jesu schon einmal kräftig umgestellt? 3. Spüren andere Menschen Ihnen ab, dass Sie sich, Ihre Entscheidungen, Taten und Worte von Jesu Worten prägen lassen? Wenn wir jeden Tag, jede Woche aufs Neue eintauchen in die Worte Jesu und es den Worten Jesu erlauben, unser Leben zu gestalten und zu prägen, dann kommen wir entweder nicht ins Gericht, oder können das Gericht zumindest bestehen. Denn dann haben wir das ewige Leben bereits. Und müssen es uns nicht durch das Gericht hindurch mit guten Taten erwerben. Und damit wären wir beim letzten Stichwort: 3. Leben Jesus sagt: „Die Zeit kommt, ja sie ist schon da, wo die Toten die Stimme des Sohnes Gottes hören werden, und wer sie hört, wird leben. Denn wie der Vater aus sich selbst heraus Leben hat, so hat er auch dem Sohn die Macht gegeben, aus sich selbst heraus Leben zu haben. Es ist nicht besonders überraschend, dass Jesus hier in zwei Sätzen gleich dreimal nachdrücklich vom „Leben“ spricht. Denn unsere Realität ist der Tod, ist die Vergänglichkeit. Das fängt ganz harmlos an: Einstmals neue technische Geräte veralten, einstmals neue Kleider werden schäbig und bekommen Löcher, ein einstmals neu gebautes Haus braucht nach spätestens 30 oder 40 Jahren dringend eine Renovierung. Bekommt es die Renovierung nicht, verfällt es. Selbst Obstbäume im Garten kommen in die Jahre und unsere Haustiere sterben mal nach zwei, mal nach sieben und mal nach vierzehn Jahren. Alles vergeht – natürlich auch wir: Angehörige sterben, Flüchtlinge sterben, Kriegs- und Terroropfer sterben, Kranke sterben, Alte sterben – auch wir werden früher oder später sterben. Unsere Realität ist der Tod. Aus diesem Grund erinnert uns Jesus daran, dass es einen gibt, der mitten in all unserer Todesverfallenheit steht wie ein Fels in der Brandung. Einen, dem das Leben nie entweicht. Einen, der das Leben immer schon hatte, hat und haben wird. Einen, der das Leben ist und der ständig neues Leben schafft. Ja der sogar die Macht hat, aus dem Tod heraus erneut ins Leben zu rufen: Gott. Die Quelle allen Lebens. Und weil Jesus Gottes Sohn ist, gilt das Gleiche auch für ihn. „Denn wie der Vater aus sich selbst heraus Leben hat, so hat er auch dem Sohn die Macht gegeben, aus sich selbst heraus Leben zu haben.“ Jesus ist die Quelle von purem, unvergänglichem Leben. Wo Jesus ist, da ist Leben. Was er tut, verschafft Leben. Was er sagt, transportiert Leben. Und genau das ist auch der Grund, warum wir mit unserem Hören ewiges Leben erlangen: Die Worte Jesu transportieren Leben. Wir erhalten Anteil an dem ewigen Leben Jesu, indem wir auf seine Worte hören. Indem wir die Dinge, die Jesus sagt, uns ins Herz fallen und unser Leben prägen lassen. Indem wir uns jeden Tag neu mit seinen Worten umgeben und aus ihnen leben. Weil Jesus das Leben ist. Weil das, was er tut, Leben verschafft. Weil das, was er sagt, Leben transportiert. Sie wollen leben? Sie wollen das Gericht Gottes bestehen? Dann umgeben Sie sich mit Jesu Worten, hören Sie seine Worte, tun Sie seine Worte! Und in Ihnen wird Leben entstehen: ewiges, unauslöschliches Leben. Leben, das den Tod und das anschließende Gericht weit überdauert. Leben, das Christus mit Ihnen teilt – in Ewigkeit. Amen.
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