NRW-Luftverkehrskonzept. Eckpunkte für einen

1/24
Inhalt
Zusammenfassung ......................................................................................................................................... 3
Einleitung: Warum Nordrhein-Westfalen ein Luftverkehrskonzept braucht ......................................... 4
1.
NRW-Luftverkehr ohne Orientierung: Innerdeutsch oder interkontinental,
Billigflieger oder Nahostflüge?............................................................................................................ 5
2.
Flughafenentwicklung in NRW: Außer am Flughafen Düsseldorf ist weder Wachstum
noch Wirtschaftlichkeit in Sicht ......................................................................................................... 8
3.
70.000 Kurzstreckenflüge von NRW-Flughäfen auf die Schiene verlagern ............................... 13
3.1 Exkurs: Mit der Bahn nach London ......................................................................................... 15
4.
Das Subventionsproblem der Regionalflughäfen ............................................................................ 16
5.
Effektive Minderung des Fluglärms (Fokus Düsseldorf) ................................................................ 18
5.1 Lärmentgelte wesentlich stärker spreizen ................................................................................ 18
5.2 Lärmobergrenzen bzw. Lärmkontingente einführen ................................................................ 19
5.3 Effektive Lärmminderungskonzepte erstellen .......................................................................... 19
5.4 Den besonderen Schutz der Nachtruhe gewährleisten............................................................ 19
6.
Festlegung der An- und Abflugverfahren: „Flugrouten“ ............................................................... 20
7.
Lösungsvorschläge .............................................................................................................................. 20
7.1. Umweltziele festlegen für NRW-Luftverkehr und Bundesziele beeinflussen ...................... 20
7.2. 70.000 Kurzstreckenflüge pro Jahr auf die Schiene verlagern ............................................ 21
7.3. Konzept einer Flughafenkooperation Düsseldorf und Köln/Bonn entwickeln ..................... 21
7.4. Subventionen für Regionalflughäfen abbauen ....................................................................... 21
7.5. Fluglärm effektiv mindern durch reformierte lärmabhängige Entgelte,
Festlegung von Lärmobergrenzen und Schutz der Nachtruhe ...................................................... 22
7.6. Flugrouten rechtssicher festlegen mit Beteiligung der Öffentlichkeit ................................ 22
8.
Literaturhinweise: .............................................................................................................................. 23
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Zusammenfassung
Die in der NRW-Koalitionsvereinbarung versprochene Erstellung eines Luftverkehrskonzepts für Nordrhein-Westfalen sollte nach der Sommerpause 2015 mit der Beteiligung der Zivilgesellschaft begonnen
werden. Ziele sollten ein effizientes Flughafennetz im Rahmen eines Gesamtverkehrssystems sein, das die
Potenziale zur Verlagerung von Kurzstreckenflügen auf die Schiene ausschöpft und Fluglärm effektiv
mindert. Eine solche zukunftsfähige Verkehrsstrategie wäre auch ein Standortvorteil für das Land, das
heute bereits Verkehrsdrehscheibe für Westeuropa ist. Das wären wesentliche Schritte zu einer nachhaltigen Mobilitäts- und Transportstrategie. Auch die Verpflichtung für effektive Klimaschutzmaßnahmen
zur Einhaltung der 2°C Obergrenze durch Maßnahmen im Luftverkehr muss Teil dieses Konzepts sein.
Die nordrhein-westfälische Landesregierung sollte auch Impulse für die derzeitige bundespolitische Diskussion über das nationale Luftverkehrskonzept setzen (vgl. BUND 2015). Mit diesem Papier schlägt der
BUND ein effizientes Flugverkehrssystem und ein Gesamtverkehrssystem für NRW vor, das die Erreichbarkeit zum interkontinentalen Flugverkehr („Konnektivität“) für ganz NRW verbessert durch Kooperation
zwischen Flughäfen und Kooperation mit der Schiene, den Lärm effektiv zu mindert, Flugverkehr auf die
Schiene zu verlagern und die Bürger wirksam an der Planung zu beteiligen.
Kooperation ist auch für Düsseldorf, das mit über 200.000 Flugbewegungen pro Jahr die Grenze seiner im
Angerlandvergleich festgeschriebenen Einbahnkapazität erreicht hat. Durch die jetzt geplante Erweiterung der Betriebserlaubnis für die verstärkte Nutzung der Zweiten Bahn darf dieser nicht in Frage gestellt
werden. Eine grundlegende Veränderung der Flugrouten erfordert eine neue Umweltverträglichkeitsprüfung mit umfassender Öffentlichkeitsbeteiligung, also ein neues Planfeststellungverfahren.
Erste Priorität der NRW-Luftverkehrspolitik muss die Ausschöpfung der sehr hohen Verlagerungspotenziale auf die Schiene sein – auch als Alternative zu einer Änderung der Betriebserlaubnis. Auch Möglichkeiten einer verstärkten Kooperation mit dem Flughafen Köln/Bonn sollten geprüft werden. Letzteres
wäre sinnvoll, wenn es zu einer Verminderung der Lärm- und Emissionsbelastungen insgesamt führt.
Auch vermehrte interkontinentale Direktflüge für Nachfrage aus dem Rhein-Ruhr-Raum von Düsseldorf
aus bei Verlagerung von Low-Cost-Flügen (dort sind es 38 Prozent) nach Köln/Bonn (LCC-Anteil 74 Prozent) wären sinnvoll. Dabei muss Ziel die Verbesserung des Schutzes der Nachtruhe in Köln/Bonn erreicht werden.
Der Wildwuchs der Regionalflughäfen infolge kommunaler Kirchturmpolitik macht NRW heute zu einem
Flugzeugträger für Billigflieger. Etwa die Hälfte der Subventionen für den Betrieb von Regionalflughäfen
leistet sich Nordrhein-Westfalen (Bezug: 2013). Die Flughäfen Dortmund, Münster/Osnabrück und Paderborn konkurrieren im gleichen Einzugsgebiet. Damit kannibalisieren sich gegenseitig. In Dortmund wird
jeder Passagier mit 10 Euro bezuschusst, eine Wirtschaftlichkeit ist wegen der hohen Fixkosten der Infrastruktur aber nicht erreichbar. Langfristig gilt das auch für den Flughafen Niederrhein, trotz seiner außerordentlich niedrigen Personalkosten. Eine regionalwirtschaftliche Bedeutung kann aber auch diesem
Flughafen nicht beigemessen werden. Der Flughafen Siegerland sollte sofort geschlossen werden.
Jährlich 70.000 Flüge zu/von den Flughäfen Düsseldorf und Köln/Bonn könnten auf die Schiene verlagert
werden. Düsseldorf ist das Beispiel für einen misslungene Verlagerung: Auch nach Einrichtung des AIRailSystems im Sommer 2013 finden immer noch 4.500 Flugbewegungen pro Jahr auf der Relation nach
Frankfurt/Main statt. Das Airrail-System sollte für Flughafenumsteiger in Frankfurt beim Gepäcktransport
noch optimiert werden.
Der Lärmschutz in Düsseldorf ist zurzeit völlig unwirksam: Die Spreizung der lärmabhängigen Landeentgelte in finanzieller und zeitlicher Hinsicht muss stark erhöht werden, um lärmärmeres Fluggerät zu fördern. Frankfurt kann hierbei Vorbild sein. Ferner sollte durch die Einführung von Lärmobergrenzen dafür
gesorgt werden, dass der nur sehr langfristig wirksame technische Lärmfortschritt an der Quelle (Flugzeuge) viel schneller an die Anwohner weitergegeben wird.
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Einleitung: Warum Nordrhein-Westfalen ein Luftverkehrskonzept braucht
Unter Federführung des Bundesverkehrsministeriums wird derzeit intensiv am Luftverkehrskonzept der
Bundesregierung gearbeitet. Im Koalitionsvertrag vom Dezember 2013 heißt es: „Wir streben ergänzend
zum neuen Bundesverkehrswegeplan 2015 eine stärkere Rolle des Bundes bei der Planung eines deutschlandweiten Flughafennetzes an. Dazu erarbeiten wir im Dialog mit den Ländern und der interessierten
Öffentlichkeit ein Luftverkehrskonzept.“ Im Laufe des Sommers 2015 sollen die wesentlichen Grundlagen
durch die beauftragten Gutachter erarbeitet und mit den Ländern und anderen Stakeholdern diskutiert
werden. Der BUND vertritt dabei die Umweltverbände, die Bundesvereinigung gegen Fluglärm, BVF das
Anliegen für einen effektiven Lärmschutz.
Auch die rot-grüne NRW-Landesregierung verspricht im Koalitionsvertrag 2012-2017 die Ausarbeitung
eines Luftverkehrskonzeptes des Landes. Dort heißt es: Auf Basis des nationalen Luftverkehrskonzeptes
werde „unter Beteiligung der Anliegerinnen und Anlieger, der Beschäftigten und Betreiber sowie der Airlines“ ein umfassendes „Luftverkehrskonzept 2020“ erstellt, um dem „stetigen Wachstum im Luftverkehr
und den Anforderungen, die Klimawandel und Lärmschutz an den Luftverkehr stellen, […] durch intelli1
gente, klima- und anwohnerfreundliche sowie wirtschaftliche Lösungen“ begegnen zu können. Mit
diesen Arbeiten wurde offenbar noch nicht begonnen, obwohl die Legislatur in weniger als zwei Jahren
zu Ende ist.
Dabei sind die Voraussetzungen für die Erarbeitung des NRW-Luftverkehrskonzepts, wie dargelegt, erfüllt. Und wenn das nationale Luftverkehrskonzept spätestens Anfang 2017 verabschiedet sein soll, wäre
jetzt der richtige Zeitpunkt für eigene Konzeption, die auch in die bundesweite Konzeption einfließen
soll, gekommen. Die „NRW-Luftverkehrskonzeption 2010“ vom Dezember 2000 ist zudem völlig veraltet
und muss grundlegend überarbeitet werden.
Vier weitere sachliche Gründe sprechen für die Erarbeitung eines neuen NRW-Luftverkehrskonzepts gerade zu diesem Zeitpunkt:
Das Verfahren zur Änderung der Betriebsgenehmigung des wichtigsten Flughafens in NRW, Düsseldorf,
beginnt vermutlich nach der Sommerpause 2015. Bei einer Festlegung neuer Flugrouten muss erstmals
die Öffentlichkeit beteiligt werden. Als stadtnaher bzw., wenn man die Nachbarstädte bis Ratingen einbezieht, innerstädtischer Flughafenstandort verursacht der Flughafen kaum lösbare Fluglärmprobleme.
Diese Änderung sollte Anlass geben, über ein Flug-Zug-System in NRW sowie ein Flughafensystem mit
vermehrter Kooperation mit Köln/Bonn zu diskutieren. An allen Flughäfen außer Düsseldorf gingen in den
letzten fünf Jahren die Zahlen der Fluggäste und Flugbewegungen zurück.
Es stellen sich einige Fragen: Erstens, wie kann die Rolle der NRW-Flughäfen in einem bundesweiten
Flughafensystem aussehen? Wie kann durch Direktflüge (Point-to-Point-Flüge) von Düsseldorf aus die
Nachfrage nach Interkontflügen aus dem Rhein-Ruhr-Gebiet besser erfüllt werden statt den Billigfliegern
immer größere Anteile zu überlassen? Welche Klimaschutzziele strebt die Landesregierung im Luftverkehr
an und welche Maßnahmen sind dafür am besten geeignet? Welche Schritte zu einem nachhaltigen
Flughafen- und Gesamtverkehrssystems sind jetzt zu gehen?
Zweitens wird das Potenzial der Verlagerung von Kurzstreckenflügen auf die Schiene in NRW nicht ansatzweise ausgeschöpft. Das gilt auch nach der Einbeziehung von Düsseldorf in das Airrail-System – bzw.
in der Schreibweise der Lufthansa: „AIRail“ - im Juli 2013.
Drittens bekommen die Regionalflughäfen in NRW überproportional hohe Subventionen. Dennoch sind
die Fluggastzahlen und Bewegungszahlen dort insgesamt stark rückläufig. Die Flughäfen in NRW haben
heute bereits einen sehr hohen Anteil an Billigfliegern. Trotz Kostensenkungsprogrammen und zunehmendem Druck auf Löhne und Arbeitsverhältnisse werden diese Flughäfen nicht kostendeckend arbeiten
und nicht durch die Nutzer finanziert.
1
NRWSPD – Bündnis 90/Die Grünen NRW (2012): Koalitionsvertrag 2012–2017. Verantwortung für ein starkes NRW – Miteinander die Zukunft gestalten. http://www.gruene-nrw.de/fileadmin/user_upload/gruene-nrw/politik-undthemen/12/koalitionsvertrag/Koalitionsvertrag_2012-2017.pdf
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Viertens ist man von einer effektiven Minderung des Fluglärms in NRW weit entfernt. Wirksame und
rasch greifende Maßnahmen sind notwendig.
Der BUND legt deshalb seine Eckpunkte eines NRW-Luftverkehrskonzepts vor, macht sozusagen einen
ersten Aufschlag, um diesen Prozess anzuschieben und zu beschleunigen. Wir hoffen und erwarten, dass
die Landesregierung die Reformvorschläge aus diesem Luftverkehrskonzept diskutiert und berücksichtigt
und eine Neuausrichtung der Luftverkehrspolitik des Landes in diesem Sinne vornimmt.
1.
NRW-Luftverkehr ohne Orientierung: Innerdeutsch oder interkontinental, Billigflieger oder Nahostflüge?
Nordrhein-Westfalen ist als bevölkerungsreichstes Bundesland mit zentraler Lage in der Europäischen
Union auch auf gute Verkehrsverbindungen angewiesen. Der Geschäftsreiseverkehr und die Interkontinentalverbindungen haben dabei eine besondere Bedeutung. Zielkonflikte zwischen Luftverkehr einerseits, Lärmschutz von Anwohnern und Klima- und Umweltschutzzielen sind zu lösen. Die Wirtschaft
möchte gute Verbindungen, die Anwohner verlangen den Schutz der Gesundheit und weniger Lärmbelastung. Für Umweltschutzverbände sind die Aspekte Klima- und Lärmschutz besonders wichtig. Der Luftverkehr muss Teil eines Gesamtverkehrssystems sein, um zukunftsfähig und umweltverträglich zu werden.
Der Luftverkehr in Nordrhein-Westfalen basiert im Wesentlichen auf den internationalen Flughäfen Düsseldorf und Köln/Bonn. Die regionalen Flughäfen Dortmund, Münster/Osnabrück, Niederrhein-Weeze,
Paderborn/Lippstadt und Siegerland sind Flughäfen mit erheblich weniger Flugbewegungen. Diagramm 1
verdeutlicht die Bedeutung des Luftverkehrs in NRW für Deutschland: Etwa 17% aller innerdeutschen
Flüge und etwa 19% aller von Deutschland ausgehenden internationalen Flüge beginnen in NRW. Damit
hat NRW innerdeutsch mehr Flugbewegungen als alle anderen Flughäfen. Und auch bei internationalen
Flügen werden nordrhein-westfälische Flughäfen lediglich vom internationalen Drehkreuzflughafen
Frankfurt am Main (knapp 200.000 Starts in 2014) übertroffen.
800 000
714 372
Anzahl Flugbewegungen (Starts)
700 000
600 000
500 000
400 000
300 000
200 000
100 000
Streckenherkunftsflughafen
306 857
Restl. Deutschland
NRW
18,8%
NRW
16,7%
134 015
Düsseldorf
Köln/Bonn
Niederrhein
51 170
0
Innerdeutsche Flüge
Flüge ins Ausland
Diagramm 1: Innerdeutsche und internationale Flugbewegungen an Flughäfen in NRW
und Deutschland (2014). Quelle Grafik nach Daten des Statistischen Bundesamtes
5/24
Der Hubflughafen München liegt mit etwa 137.000 Starts auf dem Niveau von NRW. Der Flughafen Düsseldorf ist der aufkommensstärkste Flughafen in NRW: Mit etwa 25.000 innerdeutschen und 77.500 internationalen Flügen (Starts) werden 2,2 bzw. 8,7 Millionen Passagiere abgefertigt. In Köln/Bonn kommen auf etwa 16.000 innerdeutsche und 38.500 internationale Flüge 1,5 bzw. 3,2 Millionen Passagiere.
0,97
1,00
0,93
1,00
Stuttgart ‐
Berlin
1,10
1,10
München ‐
Frankfurt
0,80
2014
München ‐
Köln
1,08
1,11
1,29
1,32
Köln ‐
Berlin
1,00
Düsseldorf
‐ Berlin
1,36
1,34
Passagiere in Mio.
1,20
Frankfurt ‐
Hamburg
1,40
2013
1,56
1,53
1,71
1,76
1,60
1,85
1,79
1,80
1,83
1,87
2,00
0,60
0,40
0,20
München ‐
Düsseldorf
München ‐
Hamburg
Frankfurt ‐
Berlin
München ‐
Berlin
0,00
Diagramm 2: Die zehn aufkommensstärksten innerdeutschen Flugverbindungen und NRW.
Quelle: Eigene Auswertung der Fachserie „Luftverkehr“ des Statistischen Bundesamtes
Diagramm 2 gibt das Passagieraufkommen auf den zehn aufkommensstärksten innerdeutschen Relationen wieder. Von sämtlichen innerdeutsch beförderten Fluggästen 2014 (22,8 Millionen) entfällt auf
diese zehn Relationen ein Anteil von 61% mit zusammen etwa 13,8 Millionen Personen. Vier der zehn
aufkommensstärksten Strecken - mit insgesamt fast 5 Millionen Passagieren - haben eine Verbindung
nach Nordrhein-Westfalen (Düsseldorf, Köln/Bonn).
Sowohl Düsseldorf als auch Köln/Bonn haben ihre aufkommensstärksten Strecken zu innerdeutschen
Zielen, insbesondere zu den etwas weiter entfernten Flughäfen in Berlin, Hamburg und in München. Sie
stehen damit in einer direkten Konkurrenz zur Bahn und profitieren davon, dass sich Bahnprojekte der
Verkürzung der Bahnfahrzeiten auf den Parallelstrecken in den letzten Jahrzehnten verzögerten bzw.
davon, dass die Bahn keine gezielten Angebote für Kurzstreckenflieger macht.
Die internationalen Destinationen der Einsteiger in NRW sind zu großen Teilen klassische Urlaubsziele
wie Spanien, Türkei und Italien (vgl. Abbildung 1). Ein weiteres aufkommensstarkes internationales Ziel
ist Großbritannien, London hat daran einen Anteil von mehr als 70%.
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Abbbildung 1: Einnsteiger von NRW-Hauptverrkehrsflughäfen
n ins Ausland 2014 (in Tauseend, alle intern
nationalen
Deestinationen ab
a 125.000 Ein
nsteigern). Queelle: Eigene Grafik
G
nach Angaben des Staatistischen Bundesamtes
(Fa
Fachserie 8, Reiihe 6).
Vergleichht man die innternationaleen Flugziele N
Nordrhein-Westfalens mitt den Streckeen der Billigflieger aus
Deutschland (siehe Abbildung
A
2), wird deutlicch, dass diesse überwiegend deckungssgleich sind. Die DLR2
Analyse des Low-Cosst-Marktes bestätigt dieesen visuellen Eindruck: Während in Düsseldorf der Low8,3% und
Cost-Antteil bei „nur“ 38,1% liegt,, kommt der Flughafen Kööln/Bonn auff 73,5%, Dorttmund auf 98
Niederrhein-Weeze sogar auf 99,9
9%. Im Verg leich: der Flu
ughafen Frankfurt hat einnen Billigflieg
ger-Anteil
von 3,1%
% und Deutsschland hat insgesamt e inen Durchschnitt von 32,0%.
3
NRW kann daher eine Art
„Flugzeugträger für Billigflieger“
B
bezeichnet
b
w
werden.
2
Deutsches Zentrum füür Luft- und Raumfahrt e.VV. (2015): Low Cost Monitorr 1/2015. Einee Untersuchung
g des DLR.
w.dlr.de/dlr/pressse/Portaldata/1/Resources/doc uments/2015/_
_Low_Cost_Monitor_I_2015.pdff
http://www
7/24
Abbildung 2: Verbindungen der Low-Cost-Carrier im Januar 2015. Quelle: DLR 2015.
Die Nähe Nordrhein-Westfalens zu den BENELUX-Ländern und den dort ansässigen Flughäfen setzen die
NRW-Flughäfen unter Konkurrenz. Neben Hubflughäfen wie Amsterdam und Brüssel konkurrieren dabei
auch Maastricht, Rotterdam, Eindhoven, Antwerpen, Lüttich und andere um Streckenangebote und Flug3
preise. Zusätzlich zum internationalen Wettbewerbsdruck sollten auch „ruinöse Konkurrenzen“ zwischen
Flughafenstandorten
in Deutschland und innerhalb Nordrhein-Westfalens eingedämmt werden
(vgl. Kapitel „4. Das Subventionsproblem der Regionalflughäfen .")
2.
Flughafenentwicklung in NRW: Außer am Flughafen Düsseldorf ist weder Wachstum noch Wirtschaftlichkeit in Sicht
Von den knapp 30 Flughäfen in Deutschland erwirtschaften nur sechs operative Gewinne vor Steuern,
Abschreibungen und Investitionen (EBITDA: earnings before interest, taxes, depreciation and amortizati4
on). Unter ihnen ist aus NRW nur Düsseldorf vertreten. Alle anderen machen Verluste, insbesondere ist
das bei den Regionalflughäfen der Fall (dazu weiter unten).
Zuwächse im Flugverkehr verzeichnen, wie Abbildung 3 zeigt, im bundesweiten Trend nur die größten
Flughäfen, in Nordrhein-Westfalen nur Düsseldorf. Wie in Frankfurt und München wächst das Passagieraufkommen, bei rückläufigen Flugbewegungszahlen. An allen anderen Flughäfen sind Flüge und Passagier
teilweise deutlich rückläufig.
Die Zuwächse in Düsseldorf resultieren aus einem Anstieg der innerdeutschen Flüge um drei Prozent von
2009 bis 2014 (bei einer durchschnittlichen Auslastung von 67,4%) sowie steigenden internationalen
Flügen (plus 29%) unter Einschluss von Direktflügen nach USA (1.900 Flüge in 2014 mit 400.000 Fluggästen bei einer Auslastung von 82%). Seit 2011 gibt es Flüge in die Vereinigten Arabische Republiken.
2014 fanden 1.500 Flugbewegungen zu diesem Ziel statt mit 372.000 Fluggästen (Auslastung: 80%).
3
NRW-Koalitionsvertrag
Es handelt sich nicht um echte Gewinne im Sinne von Jahresüberschüssen, da Kapitalkosten, Abschreibungen und Steuern
nicht berücksichtigt sind.
4
8/24
Abbildung 3: Flughäfen in Deutschland. Aus: BUND Hrsg. NGO-Luftverkehrskonzept,Berlin Juli 2015,S.27
Die oben in Abbildung 1 dargestellte Struktur des Luftverkehrs in NRW weicht nicht gravierend von der
bundesweiten Struktur ab. Die internationalen Flüge von Flughäfen in Deutschland machen nur 10% der
Flüge insgesamt aus. Der Anschluss, die „Konnektivität“ von Nordrhein-Westfalen über Frankfurt kann
auch mit der Bahn sichergestellt werden. In einem bundesweiten Flughafensystem (vgl. das NGOLuftverkehrskonzept vom Juli 2015) erscheint eine Entlastung der Drehkreuzflughäfen durch vermehrte
Point-to-Point-Flüge von sekundären Hubs mit hohen Lokalaufkommen wie Düsseldorf-Köln/Bonn ökolo9/24
gisch wiee ökologisch sinnvoll zur Entlastung dder Region Frrankfurt mit ihrem Flugläärmteppich vo
on Darmstadt bis Mainz und Offenbach.
O
D
Diagramm 3: Entwicklung
E
deer Luftverkehrsssegmente in Deutschland
D
Q
Quelle: Auswertung Statistissches Bundesaamt, Fachserie „Luftverkehr“
„
Die Auslaastung des Flughafens
F
Dü
üsseldorf ist mit derzeit 106 Fluggästten pro Flug im Durchsch
hnitt ähnlich hochh wie die dess Drehkreuzflughafens Müünchen. Am Flughafen Kö
öln/Bonn lieggt sie dagegeen nur bei
86, am FFlughafen Müünster/Osnab
brück sogar nnur bei 60 pro
p Flugbeweegung. An Fluughäfen, die fast ausschließlicch von Billiggfliegern angeflogen werdden, liegt siee dagegen höher (Niederrrhein 134, Dortmund
D
101, Paderborn 90 im
m Jahre 2014)).
Diiagramm 4: Fluuggastaufkomm
men und Flugbbewegungen an den Flughäfeen
Düüsseldorf und Köln/Bonn
K
201
10-2014.
10/24
Nur Düsseldorf zeigt den gleichen Trend wie die Drehkreuzflughäfen Frankfurt/Main und München: Zuwachs an Passagieren (plus 7,5% in den letzten fünf Jahren) bei Abnahme der Zahl der Flugbewegungen
(minus 2,4%). Am Flughafen Köln/Bonn sind sowohl Passagieraufkommen als auch Flugbewegungen
rückläufig. Das Frachtaufkommen stagniert seit 2011.
Für die Wirtschaftlichkeit spielen die Größe des Flughafens und der geleistete Aufwand pro Passagier
nicht die entscheidende Rolle. Abgesehen von Paderborn/Lippstadt und Siegerland ist der geleistete Aufwand durchaus vergleichbar. Der Aufwand am Flughafen Niederrhein ist mit weniger als 5 Euro pro Passagier extrem und niedrig.
Aufwendungen
pro Passagier
70,00 €
60,00 €
50,00 €
40,00 €
30,00 €
20,00 €
10,00 €
0,00 €
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
Diagramm 5: Gesamtaufwand ausgewählter Flughäfen in NRW
pro Passagier. Quelle: Kadow 2015, nach BUND (Hrsg.) 2015
Deutlicher unterscheiden sich die Umsätze pro Passagier an NRW-Flughäfen, wie Diagramm 6 belegt.
Diagramm 6: Umsätze pro Passagier an ausgewählter Flughäfen in NRW
Quelle: Kadow 2015, nach BUND (Hrsg.) 2015
Erst die Kombination aus hohem Aufwand und zu geringen Einnahmen pro Verkehrseinheit führen zu den
in Diagramm 7 dargestellten massiven jährlichen Defiziten der Flughäfen Dortmund, Münster/Osnabrück,
Paderborn/Lippstadt und Siegerland.
11/24
Beitragg zum
Jahreserrgebnis
pro Passsagier
10,000 €
2005
0,000 €
2006
2007
2008
-10,000 €
2009
2010
-20,000 €
2011
2012
-30,000 €
2013
-40,000 €
-50,000 €
Diagrramm 7: Jahressergebnisse auusgewählter Fllughäfen in NR
RW pro Passaggier.
Quellle: Kadow 2015, nach BUND (Hrsg.) 2015
Ein Erreichen der Geewinnzone erscheint
e
in Dortmund, Münster/Osnabrück, Padeerborn/Lippsttadt nicht
möglich – auch wegeen des unkoo
ordinierten BBaus neuer defizitärer Flughäfen in annderen Bundesländern
wie Kasssel-Calden. Hinzu kommen in den mei sten Fällen rückläufige
r
Pa
assagierzahleen. Am Flugh
hafen Siegerland iist das Erreichen der Renttabilitätsschw
welle vollstän
ndig ausgesch
hlossen.
Diagrramm 7: Passa
agierentwickluung an NRW-FFlughäfen (Eigeene Darstellungg gem.
Statisst. Bundesamtt und Arbeitsgeemeinschaft Deutscher
D
Verkeehrsflughäfen))
12/24
3.
70.000 Kurzstreckenflüge von NRW-Flughäfen auf die Schiene verlagern
Die Verlagerung von Kurzstreckenflügen auf die Schiene bringt deutliche Vorteile für die Umwelt (vgl.
BUND, Hrsg. 2015). Im Fernverkehr der Bahn sind die CO2-Emissionen etwa um den Faktor 20 geringer:
Tabelle 1: Vergleich der CO2-Emissionen der Verkehrsträger im innerdeutschen Verkehr 2014
Luftverkehr
Bahn Fernverkehr
Fernlinienbus
Pkw
CO2-Emissionen
207 g/Pkm
11 g/Pkm
38 g/Pkm
139 g/Pkm
Auslastung
70,8%
50%
45%
1,5 Pers./Pkw
Im Koalitionsvertrag 2013 der schwarz-roten Bundesregierung wurde explizit festgehalten, dass einzelne
5
Verkehrsträger besser verzahnt und „mehr Verkehr auf die Schiene“ verlagert werden soll. Dennoch wird
das durch die Hochgeschwindigkeitsverbindungen entstandene Verlagerungspotenzial heute nicht ansatzweise ausgeschöpft.
Mit dem Ziel der Verlagerung von Kurzstreckenflügen auf die Schiene wurden milliardenschwere ICEHochgeschwindigkeitsstrecken gebaut und in den letzten fünfzehn Jahren die Flughäfen Frankfurt am
Main, Düsseldorf, Köln/Bonn, Berlin-Schönefeld und Leipzig-Halle an den Fern- oder Hochgeschwindigkeitsverkehr der Bahn angeschlossen. Anstrengungen zur Verkehrsverlagerung folgten diesen Investitionen aber nicht, obwohl das Airrail-System der Deutschen Bahn und Lufthansa („AIRail“) einen guten
Ansatz für die Verlagerung von Kurzstreckenflügen auf die Schiene darstellt: An den Bahnhöfen Düsseldorf, Köln, Stuttgart, Karlsruhe, Kassel-Wilhelmshöhe und weiteren wird vor der Bahn-Anreise nach
Frankfurt Flughafen eine kombinierte Bahnfahrt und Einchecken zum Flug ermöglicht (ein Ausdruck der
Boardkarte gilt als Bahnticket). Nach der Einführung von Airrail in Köln wurden ab 2007 die Flugverbindungen von Köln nach Frankfurt eingestellt. Dagegen wurde auch nach Etablierung der AIRailVerbindung Frankfurt–Düsseldorf die Lufthansa-Flugverbindung Düsseldorf-Frankfurt beibehalten, obwohl
die
Bahnfahrt
nur
72
Minuten
dauert
und
trotz
schlechter
Auslastung dieser Flüge.
Notwendig ist daher ein landespolitischer Anstoß zur Ausweiterung der Kooperation von Bahn, Airlines
und Flughäfen: Das Airrail-System kann über Düsseldorf hinaus auf jeden Fall bis nach Dortmund, evtl.
auch bis nach Münster und Paderborn (Fahrzeit nach Düsseldorf: 1:30 h bzw. 1:53 h) verlängert und
damit leicht ausgeweitet werden. NRW ist mit seinem dichten Bahnnetz und den guten Bahnanschlüssen
der Flughäfen Düsseldorf und Köln/Bonn dafür besonders gut geeignet. Die Erweiterung zu einem
„Airrail-Plus“-Konzept, das praktizierende Bahnhöfe in das Codesystem der International Air Transport
Association (IATA) integriert sowie Codesharing beinhaltet, ist dabei nicht nur sinnvoll, sondern notwendig. Sprich: Das Prinzip, dass sowohl Flughafen als auch Bahnhof „Abflugsort“ sein können, muss insge6
samt, aber auch in NRW erweitert werden. „Airrail-Plus“ bedeutet aber nicht nur das Vorhandensein
eines IATA-Codes – auch wenn den Kunden die Flughafenanreise mit der Bahn dadurch bereits leichter
gemacht wird. Wichtig ist, dass auch die Infrastruktur des (Gepäck-) Eincheckens vorhanden ist und das
System zudem Codesharing beinhaltet, so dass Fluggastrechte für Zubringerzüge mit Zubringerflügen
gleichgestellt werden und Reisende z.B. im Falle von Verspätungen spezifizierter Zubringerzüge kostenlose Anschlussflüge erhalten. Die Politik wird als Moderator gebraucht, um dieses System neben der Lufthansa für weitere Airlines zu öffnen und umfassend in neue Internet- und Buchungsplattformen zu integrieren.
5
Koalitionsvertrag Bund: www.archiv.spd-berlin.de/w/files/spd-2013regierungsprogramm_mp3/koalitionsvertrag-2013.pdf, S. 42
Nordrhein-Westfalen ist dabei mit sechs von 19 deutschen Bahnhof-Codes verhältnismäßig gut vertreten: Während aber IATACodes für Düsseldorf Hauptbahnhof (QDU), Köln Hauptbahnhof (QKL), Bahnhof Köln Messe/Deutz (QKU), Bonn Hauptbahnhof
(BNJ), Bahnhof Siegburg/Bonn (ZPY) und Aachen Hauptbahnhof (XHJ) vorhanden sind, fehlen IATA-Codes z.B. sowohl für die
Hauptbahnhofe Münster oder Osnabrück, als auch Dortmund und Paderborn.
6
13/24
Auch ohne umfassendes Airrail-S
System könntten in Nordrh
hein-Westfaleen schon heuute wie die folgenden
f
gbewegungenn sofort auf die Schiene verlagert
v
werrden. Sechs Millionen
M
35.000 Starts bzw. 70.000 Flug
U
deer geplanten InvestitiFluggästte könnten auf die Bahn umsteigen. Innsgesamt bessteht nach Umsetzung
onen soggar das Poteenzial, fast 45.000 Startt, also 90.00
00 Flugbeweegungen zu verlagern un
nd knapp
8 Millionnen mehr Bahhnfahrgäste zu
z gewinnen (vgl. Abbildu
ung 3 und Tab
belle 2).
Abbildungg 3:
Auf die Schiene verlag
gerbare innerddeutsche und grenzüberschre
g
eitende Kurzsttreckenflüge vo
on
Hauptvverkehrsflughäfen in NRW. VVerlagerbare Reelationen ab 300 Flügen pro JJahr (2014). Quelle:
Q
Eigene Grafik nach An
ngaben des Staatistischen Bundesamtes (Fa
achserie 8, Reihhe 6) und bahn
n.de.
14/24
Tabelle 2: Auf die Schiene verlagerbare innerdeutsche und grenzübergreifende Kurzstreckenflüge von Hauptverkehrsflughäfen in NRW. Verlagerbare Relationen ab 300 Flügen pro Jahr (2014).
Herkunftsflughafen
Zielflughafen
Starts
AuslaPassagiere
stung
Köln/Bonn
Berlin TXL
5732
664300
69,9%
Bahnfahrtzeit
04:20
Köln/Bonn
München
5235
509131
72,9%
04:32
Düsseldorf
Berlin TXL
5142
555444
68,1%
04:16
Düsseldorf
Düsseldorf
Düsseldorf
Düsseldorf
Hamburg
Paris CDG
Frankfurt
Nürnberg
3560
2777
2245
2185
301160
236068
196280
110047
60,3%
67,8%
66,6%
64,5%
03:11
04:04
01:27
03:38
Köln/Bonn
Hamburg
2158
201109
65,6%
04:00
Düsseldorf
Düsseldorf
Münster/
Osnabrück
Köln/Bonn
Amsterdam
Stuttgart
1739
1360
94804
75765
76,6%
65,9%
02:13
02:33
Sofort bei Einsatz
von Sprintern
Ab 2022 Bahnfahrtzeit 03:50
Sofort bei Einsatz
von Sprintern
Sofort
Sofort
Sofort
Sofort
Sofort, ab 2016
Bahnfahrtzeit
03:30
Sofort
Sofort
Frankfurt
1327
56017
65,3%
03:10
Sofort
Amsterdam
853
43969
64,5%
02:41
Düsseldorf
München
6406
763653
71,8%
04:47
Paderborn
München
1214
61518
64,6%
04:22
Köln/Bonn
Paris CDG
1145
3752
38,8%
04:20
Düsseldorf
Basel
653
33203
56,1%
04:20
Köln/Bonn
Friedrichshafen
308
18397
41,9%
04:28
Sofort
Prinzipiell
handen
Prinzipiell
handen
Prinzipiell
handen
Prinzipiell
handen
Prinzipiell
handen
Verlagerungspotenzial insgesamt
44039 ∑3924617
Verlagerungspotenzial
vorvorvorvorvor-
Ø 63,6%
Quelle: Eigene Analyse nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (Fachserie 8, Reihe 6) und bahn.de.
Die Umsetzung von Verkehrsverlagerungen bringt Vorteile sowohl für die Deutsche Bahn AG als auch die
Airlines. Die Auslastung der Fernverkehrszüge auf parallelen Strecken erhöht sich. Die Bahn könnte nach
der Abwanderung von 9 Millionen Fahrgästen zu den Fernbussen neue, lukrativere Kunden gewinnen und
binden. Aufgrund der geringen durchschnittlichen Auslastung dieser Flüge von durchschnittlich unter
70% sind diese ertragsschwach und werden durch andere Flüge quersubventioniert, um den Drehkreuzflughafen Frankfurt zu speisen. Diese Funktion könnte weitgehend von der Bahn übernommen werden.
3.1
Exkurs: Mit der Bahn nach London
Zusätzliches Verlagerungspotenzial besteht bei den Verbindungen Düsseldorf - London und Köln - London. Von Köln ist London in etwas über 5:00 Stunden mit der Bahn erreichbar und damit im Vergleich zur
absoluten Reisezeit mit dem Flugzeug durchaus konkurrenzfähig: Schon bei einer Berechnung der Mindest-Gesamtreisezeit mit Einchecken (1:00), Flugzeit (1:10), Auschecken (0:45) und mit Anfahrt ins Zentrum von London (1:00) von einem der fünf Satellitenflughäfen kommt man auf knapp 4:00 Stunden. Bei
einer großzügigeren Planung von Wartezeiten sowie anderen Flugzeiten (die Flughäfen geben bis 1:30 h
an) ergibt sich die gleiche Gesamtreisezeit wie mit der Bahn.
15/24
Im Vergleich zu den Airlines und Billigairlines, die mit über 8.500 Flügen über 700.000 Passagiere von
Düsseldorf und Köln/Bonn nach London transportieren – und zusätzlich etwa 200.000 Passagiere auf
1.500 Flügen von anderen Flughäfen in NRW –, sind die Bahnkapazitäten begrenzt und Tickets entsprechend teuer.
Herkunftsflughafen
Zielflughafen
Starts
Passagiere
Auslastungsgrad
Bahnfahrtzeit
Düsseldorf
London LCY
854
33377
56,0%
05:59
Düsseldorf
London LGW
561
68925
78,7%
05:59
Düsseldorf
London LHR
3393
315693
68,1%
05:59
Düsseldorf
Stansted
1108
49426
60,2%
05:59
Köln/Bonn
London LGW
578
74572
82,0%
05:14
Köln/Bonn
London LHR
916
81767
59,3%
05:14
Köln/Bonn
Stansted
1152
84519
62,4%
05:14
Verlagerungspotenzial insgesamt
∑ 8562 ∑ 708279
Ø 66,7%
Tabelle 3: Verlagerungspotenzial von Düsseldorf und Köln/Bonn nach London (2014). Quelle: Eigene Zusammenstellung nach Fachserie 8, Reihe 6 des Statistischen Bundesamtes und www.bahn.de.
4.
Das Subventionsproblem der Regionalflughäfen
In Deutschland werden Regionalflughäfen in aller Regel staatlich subventioniert: Die öffentlichen Zuschüsse für Regionalflughäfen - darunter Betriebskostenzuschüsse, Verlustübernahmen und Investitionszuschüsse - lagen 2013 bei 92,7 Millionen Euro. Kumuliert ergeben sich für den Zeitraum 2010-2013
Zuschüsse in Höhe von 448 Millionen Euro. Auch die nordrhein-westfälischen Regionalflughäfen Dortmund, Niederrhein-Weeze, Paderborn-Lippstadt und Siegerland haben daran ihren Anteil.
Im Zeitraum 2010-2013 schaffte es kein einziger Regional-Flughafen in NRW oder in ganz Deutschland
nach Abzug von Verlustübernahmen und Betriebskostenzuschüssen der Gesellschafter oder der öffentlichen Hand ein in der Summe positives Ergebnis zu erzielen. Anders gesagt: Keiner der 19 deutschen Regionalflughäfen trug sich in diesem Zeitraum selbst. Für NRW erbringt die Analyse der Wirtschaftlichkeit
noch eine weiterführende Erkenntnis: Deutsche Regionalflughäfen kommen insgesamt auf Verluste von
79,3 Millionen Euro. Der Anteil der nordrhein-westfälischen Regionalflughäfen an diesen Verlusten beträgt knapp 50%. Auf Dortmund und Niederrhein entfallen mit jeweils 18 Millionen Euro die größten
Posten (vgl. Tabelle 44). Die Steigerung aller Verluste an deutschen Regionalflughäfen lag 2013 gegenüber 2012 bei 23%. Sie ist fast ausschließlich auf den Flughafen Niederrhein-Weeze zurückzuführen.
„Der Grund für das außergewöhnlich schlechte Ergebnis war eine einmalige Sonderabschreibung einer
7
Forderung gegenüber einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft.“
7
Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (2015): Steuergelder für den Flughafen von nebenan. Analyse der Subventionierung
und Wirtschaftlichkeit deutscher Regionalflughäfen. Kurzstudie im Auftrag des BUND.
16/24
Tabelle 4: Wirtschaftlichkeit von Regionalflughäfen in NRW, Jahresergebnisse 2010 bis 2013
Flughafen
Jahresergebnis in Mio. Euro (abzgl.
Verlustübernahme und Betriebskostenzuschüsse)
Jahresergebnis in Mio. Euro
2010
2011
2012
2013
2010
2011
2012
2013
Dortmund
0
0
0
0
-19,777
-19,492
-18,499
-18,103
Niederrhein-Weeze
0,034
0,367
0,312
-18,203
0,034
0,367
0,312
-18,203
Paderborn/Lippstadt
Siegerland
Summe NRW
-0,392
n.V.
-1,451
n.V.
-0,111
0
-0,67
-0,086
-0,392
n.V.
-1,451
n.V.
-1,361
-1,089
-1,92
-1,236
-0,358
-20,703
1,7%
-1,084
-27,492
3,9%
0,201
-21,156
-1,0%
-18,959
-44,374
42,7%
-20,135
-55,253
36,4%
-20,576
-64,013
32,1%
-20,637
-64,439
32,0%
-39,462
-79,277
49,8%
Summe DEU
Anteil NRW an DEU
Quelle: Eigene Analyse nach Angaben des FÖS 2015.
8
Die rot-grüne Landesregierung hat im Koalitionsvertrag 2012 festgehalten, dass eine „Subventionierung
von Flughäfen und Verkehrslandeplätzen aus Landesmitteln […]nicht statt[findet]“ – auch wenn nach
Auffassung der Landesregierung indirekte Zuschüsse wie Maßnahmen zur Verbesserung der Erreichbarkeit der Flughäfen durch Verknüpfung mit der Bahn oder Straße „im Grundsatz keine Subvention“ darstellen. Direkte Subventionen werden demnach zwar nicht aus Landesmitteln gestellt, wohl aber aus den
Kassen der Städte, Kreise und anderer öffentlicher Träger (siehe Tabelle ). So wird der Dortmunder Flughafen zu 100% öffentlich finanziert. Da dabei fast 75% auf die Dortmunder Stadtwerke AG fällt, werden
Verluste des Flughafens letztlich von den Strom- und Energiekunden und vom Steuerzahler beglichen.
Tabelle 5: Eigentumsverhältnisse von Regionalflughäfen in NRW (2013)
Flughafen
Eigentümer
Dortmund
74,00 % Dortmunder Stadtwerke AG
26,00 % Stadt Dortmund
Niederrhein-Weeze
99,93 % Airport Niederrhein Holding GmbH
0,04 % Kreis Kleve
0,03 % Gemeinde Weeze
Paderborn/Lippstadt
Siegerland
56,38 % Kreis Paderborn
12,26 % Kreis Soest
7,84 % Kreis Gütersloh
7,84 % Kreis Lippe
5,88 % Stadt Bielefeld
9,80 % Sonstige**
88,74 % Betriebs- und Beteiligungsgesellschaft Kreis SiegenWittgenstein mbH
11,26 % unklar
davon
öffentlich
100,0 %
0,10%
98,00%
88,70%
** Hochsauerlandkreis 3,92 %, Kreis Höxter 3,92 %, IHK Bielefeld 1,57 %, IHK Detmold 0,39 % | Quelle: FÖS 2015 (Unternehmensregister.de; Jahresabschlüsse der Flughafenbetreiber; Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen (ADV)).
8
Ursprünglich aus dem NRW-Koalitionsvertrag 2010: Laut Koalitionsvertrag 2012 übernimmt „bleibt es zu den einzelnen Flughäfen bei den Zielsetzungen des Koalitionsvertrages von 2010.“
17/24
5.
E
Effektive Minderung
M
des
d Fluglärm
ms (Fokus Düsseldorf)
D
Beim Lärm versprichht der Koalittionsvertrag der Bundesregierung zu
ur Sicherung der Akzepttanz „den
hienenlärm dagegen
d
wirdd der Koalitio
onsvertrag
Schutz vvor Verkehrsläärm deutlich zu verbesserrn.“ Beim Sch
wesentlicch konkreterr: „Den Schieenenlärm woollen wir bis 2020 halbieeren.“ Beim FFluglärm feh
hlt jedoch
bisher eine verbindlicche Lärmmind
derungsstrateegie, die einee effektive Lärmreduzierunng auch bei wachsenw
dem Fluggverkehr sichherstellt. Das Luftverkehrsskonzept auf Bundesebene muss eine solche Strattegie entwickeln. Für Grenzweerte und Lärmgesetzgebuung ist jedocch das Bundeesministerium
m für Umwellt, NaturBau und Reakktorsicherheitt (BMUB) zusständig.
schutz, B
9
Im Koalittionsvertrag NRW heißt es
e : „Lärm m
macht krank und ist insbesondere in dden Städten und Ballungsräumen eines deer größten Umweltproble
U
eme. Die EU- Umgebungslärmrichtliniee soll konseq
quent und
minderungspl anung bei Anpassung
A
deer Lärmgrenzzwerte unter Gesundeinheitlicch umgesetzt, die Lärmm
heitsaspeekten ausgew
weitet sowie die Finanzieerung konkreeter Maßnah
hmen verbesssert werden. Bezogen
auf die NRW-Flughäfen untersttützt das Laand die zustäändigen Kom
mmunen akttiv bei der Erstellung
E
von Lärm
maktionsplän
nen gemäß EU-Umgebun
E
ngslärmrichttlinie und be
ei der Umsettzung entsprechender
Maßnahmen. […] Um
m den Anford
derungen de r Zukunft geerecht zu werden, ist jedooch eine kon
nsensuale
wicklung derr Verkehrsinfrastruktur in Nordrhein
n-Westfalen notwendig“
n
((S. 53; eigene HervorFortentw
hebungen).
Diese Auussagen nehm
men die Belastungen durcch Lärm nich
ht ausreichen
nd ernst. Sei es durch Naachtflüge,
sei es durch die Belasstung tagsübeer.
5.1 Lärm
mentgelte wesentlich
w
stärker spreeizen
Der BUND fordert Annreize für eine rasche Lärm
mminderung, die in der Lage
L
sind, tecchnischen Fo
ortschritte
Quelle Lärmmiinderungen um
u 10-12 dB (A) sind bei neuen
n
Flugzeugen technissch möglich. Bis diese
an der Q
e aber mind
destens 30 Jaahre oder mehr Jahre. Sch
hneller an diee Anwohner weiterzuw
spürbar ssind, dauert es
10
geben sind lärmabhäängige Start- und Landeeentgelte. Bisher werden diese Möglicchkeiten jedo
och nicht
wischen lauteen und lärmaarmen Flugzeugen und
ausgeschhöpft. Die Hööhe der Entgeelte und die SSpreizung zw
zwischenn den Tages-- und Abend- bzw. Nachhtrandstundeen sind zu geering, um einne ausreicheende Lenkungswirrkung zu erzeeugen. Im Geegensatz zum
m Flughafen Düsseldorf sttaffelt der Fl ughafen Fran
nkfurt die
Gebühren nach real gemessenem
g
Lärm und in Stufen von einem
e
Dezibel (vgl. Tabellee 6).
Tabelle 6:: Vergleich lärm
mdifferenziertee Start- und Laandeentgelte in
i Düsseldorf und
u Frankfurt/M
Main
Quelle: EEntgeltordnungeen der Flughäfen
n Frankfurt am M
Main und Düsseeldorf 2015 im Vergleich
V
9
http://ww
ww.gruene-nrw..de/fileadmin/usser_upload/grueene-nrw/politik--undthemen/122/koalitionsvertrrag/Koalitionsveertrag_2012-20 17.pdf
10
Unter läärmdifferenziertten Start- bzw. Landeentgeltenn versteht man die nach Lautstärke eines Fluggzeugs und nacch Tageszeit
gestaffelteen Entgelte für Starts
S
und Landungen. Sie sind derzeit Teil der Flughafenentgeelte.
18/24
Aber auch in Frankfurt kann die tatsächliche Lenkungswirkung der Nutzungsentgelte noch gesteigert
werden: Denn die Höhe der lärmdifferenzierten Gebühren ist insgesamt begrenzt, ist durch die Höhe der
Flughafenentgelte „gedeckelt“: In Frankfurt machen die Start- und Landeentgelte immerhin 13%, demnächst 15% der Flughafenentgelte aus (gegenüber dem bundesweiten Durchschnitt: 1%). Die Verrechnung der Lärmkosten mit den Flughafenentgelten muss gelöst werden, um eine effektive Lärmminderung
zu erreichen. Die Lärmkosten müssen zusätzlich, „on top“ zu den Sicherheitsgebühren etc. erhoben werden und so hoch ein, dass sie sämtliche Ausgaben der Flughäfen für einen umfassenden und effektiven
Lärmschutz refinanzieren.
Die Landesregierung sollte an den großen Flughäfen im ersten Schritt in Düsseldorf im Zuge des Verfahrens zur Änderung der Betriebserlaubnis und in Köln/Bonn mit Hilfe ihrer 31%igen Flughafenbeteiligung
zumindest auf eine Übernahme des beschriebenen „Frankfurter Modells“ drängen und dieses auch im
NRW-Luftverkehrskonzept verankern. Außerdem sollte sie sich mit Bundesratsanträgen für eine Reform
der Landeentgelte einsetzen, um deren Wirksamkeit zu erhöhen.
5.2 Lärmobergrenzen bzw. Lärmkontingente einführen
Die bisher vom Gesetz- und Verordnungsgeber ergriffenen Maßnahmen reichen, wie gezeigt, bisher nicht
aus, um Fluglärm effektiv zu reduzieren. Durch die Einführung von Lärmobergrenzen, die dann schrittweise abgesenkt werden, könnte der technische Fortschritt bei den Flugzeugen auch an die Flughafenanwohner weitergegeben werden. Lärmobergrenzen werden derzeit am Frankfurter Flughafen diskutiert.
Die Fluglärmkommission Frankfurt am Main fordert in diesem Zusammenhang die Einführung eines zusätzlichen Index‘ zum Gesamtindex: Jede Kommune soll einen Lärmindex-Wert bekommen, der nicht
überschritten werden darf. Im Index enthalten ist eine Lärmobergrenze auf Basis der Lärmbelastung von
2012, die jährlich um 0,4 dB(A) reduziert werden soll.
5.3 Effektive Lärmminderungskonzepte erstellen
An allen deutschen Flughäfen sollen unter Beteiligung der Fluglärmkommissionen und der Öffentlichkeit
Lärmminderungskonzepte mit verbindlichen und messbaren Lärmminderungszielen erstellt werden. Die
Umsetzung der Konzepte soll fortlaufend überprüft und notfalls auch mit Sanktionen durchgesetzt werden.
Die bisherige Rechtslage sieht derartige Lärmminderungskonzepte für Flughäfen nicht vor. Die in den §§
47a ff. BImSchG geregelten Lärmaktionspläne beinhalten zwar auch Maßnahmen gegen Fluglärm, allerdings entfalten diese wegen § 47e Abs. 5 BImSchG kaum Wirkung, da sie bei planungsrechtlichen Entscheidungen lediglich zu berücksichtigen sind und damit im Rahmen der Abwägung überwunden werden
können. Bestandskräftig genehmigte oder planfestgestellte Flugplätze können ohne Teilaufhebung der
Zulassungsentscheidung nicht zusätzlichen Lärmschutzanforderungen unterworfen werden. Die in neueren luftrechtlichen Zulassungsentscheidungen vorgesehenen Vorbehalte des (Teil-) Widerrufs aus Lärmschutzgründen sollten Standard werden. Denn in allen anderen Fällen sind strengere Lärmauflagen nur
nach Maßgabe des § 75 Abs. 2 Satz 2 VwVfG bzw. nach §§ 48, 49 VwVfG möglich, wobei diese Mittel
aber in Praxis höchst restriktiv angewandt werden.
5.4 Den besonderen Schutz der Nachtruhe gewährleisten
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat ein Schlaf- und Ruhebedürfnis ermittelt, das im Laufe des
11
Lebens von 16,5 Stunden als Neugeborener auf durchschnittlich 7,5 Stunden als Erwachsener sinkt.
Nachtflüge, die dieses Schlafbedürfnis stören, erhöhen das Risiko für Herz- und Kreislauf-Erkrankungen
12
sowie für Schlaganfälle mit zunehmender Lautstärke des Fluglärms um bis zu 80%.
11
Kahn, A. et al., Sleep Characteristics and Sleep Deprivation in Infants, Children and Adolescents, Dan B. University
Pediatric Hospital Queen Fabiola, Brussels, 1999; WHO Night noise guidelines for Europe, 2009
12
Vgl. Umweltbundesamt (2010): Risikofaktor nächtlicher Fluglärm.
http://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/461/publikationen/3774.pdf
19/24
Um dem Schutz der Nachtruhe Rechnung zu tragen, ist gemäß §29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG „auf die
Nachtruhe der Bevölkerung in besonderem Maße Rücksicht zu nehmen“. Die Rechtsprechung hat hieraus
geschlussfolgert, dass der Nachtflugbetrieb einer besonderen Rechtfertigung bedarf. Nachtflugbetrieb im
Zeitraum zwischen 0:00 Uhr und 5:00 Uhr darf nur dann genehmigt werden, wenn der Nachweis eines
standortspezifischen Bedarfs vorliegt und das Interesse an der Befriedigung des Bedarfs das Lärmschutzinteresse der Anwohner überwiegt. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes (BVerwG) unterteilt allerdings die Nacht in „Kernstunden“ (0:00-5:00 Uhr) und „Randstunden“ (22:00-24:00 Uhr und
5:00-6:00 Uhr) und ist damit zu Ungunsten von Umwelt und Anwohner ausgelegt. Die Schlafrealität der
Mehrheit der Bevölkerung wird hiermit verfehlt.
Die Praxis der Nachtflugbeschränkungen und die Notwendigkeit der Gewährung von Ausnahmen in Düsseldorf in den sechs Stunden von 24 bis 6 Uhr und in den Nachtrandzeiten von 23 bis 0 Uhr muss überprüft und dem Gesundheitsschutz Priorität gegeben werden.
In Köln wurde die Nachtoffenheit für Frachtflüge bis 2030 durch den früheren Landesverkehrsminister
Wittke festgeschrieben. Faktisch gilt das auch für bestimmte Passagierflüge, obwohl den Anwohnern
über Jahrzehnte das Verbot von Passagierflügen in der Nacht versprochen wurde.
6.
Festlegung der An- und Abflugverfahren: „Flugrouten“
Mehrere Probleme sind auch für NRW-Flughäfen zu lösen: Durch die fehlende Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) ist die bisherige Praxis der Festlegung von Flugrouten (genauer: „An- und Abflugverfahren“) als rechtswidrig anzusehen, zumindest dann, wenn die Flugrouten abweichend von der Prognose im
Planfeststellungsverfahren festgelegt werden. Im Zuge der Änderung der Betriebserlaubnis ist das zu
klären und zu korrigieren.
Die Zulassungsverfahren von Flughäfen per Planfeststellungsverfahren sollen daher besser mit der Festlegung der An- und Abflugverfahren verknüpft werden. Ferner sollte das Land materiell-rechtliche Anforderungen an die Güterabwägung bei der Entscheidung über Flugrouten entwickeln. Das Land Brandenburg kann hier gegebenenfalls als Vorbild dienen.
Außerdem ist eine Beschränkung der Einzelfreigaben notwendig. An einzelnen Flughäfen wie BerlinTegel machen diese 90% der Flüge aus und weichen von den festgelegten Flugrouten ab. Daher sollte im
Luftverkehrskonzept NRW die Praxis der Einzelfreigaben an den sechs größten Flughäfen dargestellt und
ggf. Einzelfreigaben beschränkt werden
Im Fall nachträglicher Änderungen von An- und Abflugverfahren und erheblichen Abweichungen, sollte
die UVP mit Öffentlichkeitsbeteiligung nachgeholt werden. Im Fall der Erweiterung der Betriebsgenehmigung des Flughafens Düsseldorf ist daher eine UVP einschließlich Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen.
7.
Lösungsvorschläge
7.1.
Umweltziele festlegen für NRW-Luftverkehr und Bundesziele beeinflussen
Bereits heute ist der Luftverkehr für fünf Prozent der globalen Erwärmung verantwortlich, wenn man die
Klimawirkung der in hohen Luftschichten ausgestoßenen Abgase, die Non-CO2-Effekte hinzunimmt (vgl.
zur Begründung BUND, Hrsg. 2015), mit weiter steigender Tendenz. Der Luftverkehr in NRW und insgesamt muss umweltverträglicher werden. Das betrifft vor allem den Klimaschutz, wo derzeit auf Bundesebene Anforderungen an den Verkehr im Rahmen des Klimaschutzplans 2050 verhandelt werden. NRW
hat sich in seiner Koalitionsvereinbarung verpflichtet, dass NRW zur Erreichung der bundesweiten Klimaschutzziele (minus 40 Prozent bis 2020) und (minus 80-95 Prozent bis 2050) seinen Beitrag leistet. Das
muss sich auch im Luftverkehrskonzept widerspiegeln.
Die Länder können mangels Zuständigkeit im Luftverkehr keine direkt wirksamen Klimaschutzmaßnahmen ergreifen, aber NRW kann seinen eigenen Luftverkehr effizienter organisieren und die Verlagerung
von Kurzstreckenflügen auf die Schiene fördern. Maßnahmen zur Reduzierung des Luftverkehrs durch
20/24
Anlastung externer Kosten oder zur Erreichung der Klimaschutzziele sollten vorzugsweise auf internationaler Ebene ergriffen werden.
Das Land sollte sich für eine wirksame Klimaabgabe im Luftverkehr einsetzen und auf die Bundesregierung einwirken. Die Umweltverbände schlagen die Einführung einer Klimaabgabe von 10 Euro je Tonne
Kohlendioxid (CO2-Äquivalente) im Luftverkehr ab dem Jahr 2020 und deren schrittweise Erhöhung auf
80 Euro je Tonne bis 2030 vor (vgl. BUND 2015). Die Einnahmen aus der Klimaabgabe sollen je zur Hälfte
für die UN-Klimafonds „Green Climate Fund“ oder „Adaption Fund“ und für Klima-Anpassungsmaßnahmen in den wirtschaftsschwächsten und vom Klimawandel besonders betroffenen Ländern verwendet werden. Weil Non-CO2-Emissionen, also Klimaeffekte durch weitere Luftschadstoffe, die in höheren Luftschichten ausgestoßen eine besonders schädliche Klimawirkung haben, sollen diese schrittweise
mit einbezogen und Air Traffic Management angereizt werden.
Das Konzept „Carbon Neutral Growth“ der Luftverkehrswirtschaft, das zurzeit in der Internationalen Zivilen Luftfahrtorganisation (ICAO) verhandelt wird, ist dagegen klimapolitisch untauglich, da es keine Reduzierung der klimawirksamen Emissionen des Luftverkehrs bewirkt und Non-CO2-Emissions nicht einbezieht. Auch die vorgesehene Nutzung von Biomasse in großem Umfang lehnen die Verbände aus ökologischen, sozialen und menschenrechtlichen Gründen ab.
7.2.
70.000 Kurzstreckenflüge pro Jahr auf die Schiene verlagern
Die NRW-Flughäfen bieten aufgrund ihrer geographischen Lage in der Mitte Westeuropas und ihren guten Schienenanbindungen hervorragende Chancen für eine Verlagerung von Kurzstreckenflügen auf die
Schiene. 70.000 Flüge bzw. 6 Millionen Flugreisen pro Jahr könnten sofort auf die Schiene verlagert werden, da die Flugziele in maximal vier Stunden erreicht werden können. Dazu sollte das Land einen Dialog
mit Airlines (Lufthansa und AirBerlin), Flughäfen und der DB AG zu moderieren. Ziel muss es sein, z.B. das
Airrail-System von Düsseldorf nach Frankfurt/Main genauso auszuschöpfen wie bei der Verbindung Köln
nach Frankfurt, wo die Flüge eingestellt wurden, während zwischen Düsseldorf und Frankfurt noch 4.500
Flüge pro Jahr stattfinden. Auch über ein „Airrail plus-System“ und eine optimierte Gepäckbeförderung
für Zubringerzüge zu Feederflügen sollte nachgedacht werden und dieses im Rahmen der Luftverkehrskonzeption entwickelt werden.
7.3.
Konzept einer Flughafenkooperation Düsseldorf und Köln/Bonn entwickeln
Die oben dargestellte Kooperation der beiden großen Flughäfen sollte als erster Schritt zur Erhöhung der
Effizienz des NRW-Flughafensystems und als Alternative zur Änderung der Betriebserlaubnis des Flughafens Düsseldorf entwickelt werden. Die Rechtfertigung für diese Kooperation muss die Verbesserung des
Umwelt- und Gesundheitsschutzes insgesamt sein, insbesondere durch die Verbesserung des Schutzes
der Nachtruhe für die Anwohner des Flughafens Köln/Bonn. Nach einem vollständigen Abbau der Subventionen der Regionalflughäfen und des ebenfalls wirtschaftlich nicht tragfähigen Flughafens Münster/Osnabrück könnten die europäischen Flugrelationen insbesondere vom Flughafen Köln/Bonn übernommen werden, was dessen Auslastung von derzeit schwachen 86 Einsteigern pro Flug auf konkurrenzfähige 130 pro Flug erhöhen würde.
7.4.
Subventionen für Regionalflughäfen abbauen
Die Regionalflughäfen, mit denen primär Urlaubs- und VFR-Flügen („Visiting Friends and Relatives“ und
sogenannte Leisure-Verkehre) abgewickelt werden, erfüllen keine Funktion der Daseinsvorsorge und
rechtfertigen daher keine staatlichen Beihilfen. Die Einzugsgebiete der Regionalflughäfen, insbesondere
von Dortmund, Münster/Osnabrück und Paderborn/Lippstadt überlappen sich und vergrößern damit den
Umfang der Subventionen.
21/24
7.5.
Fluglärm effektiv mindern durch reformierte lärmabhängige Entgelte, Festlegung
von Lärmobergrenzen und Schutz der Nachtruhe
Durch größere Flugzeuge und dichtere Flugfolgen kann die Lärmbelastung der Anwohner sich erhöhen.
Für eine wirksame Lärmminderung ist die Einführung von Lärmobergrenzen an großen Flughäfen nötig,
die jährlich schrittweise abgesenkt werden, wie derzeit in Frankfurt am Main diskutiert.
Außerdem sollten die lärmdifferenzierten Start- und Landeentgelte nach dem real gemessenen Lärm
gestaffelt und viel stärker gespreizt werden, insbesondere zum Schutz der Nachtrandstunden. Düsseldorf
ist hier aktuell noch ein schlechtes Beispiel. Die Lärmkomponente sollte künftig nicht mehr mit den Flughafen-Entgelten verrechnet, sondern zusätzlich berechnet werden und alle Lärmschutzkosten refinanzieren. Alle Instrumente müssten Teile einer umfassenden Lärmminderungsplanung sein, auch Betriebsbeschränkungen. Diese wirken am schnellsten.
Das Land sollte sich über Bundesratsinitiativen in diesem Sinne für eine ambitionierte Politik des Schutzes gegen Fluglärm einsetzen.
7.6.
Flugrouten rechtssicher festlegen mit Beteiligung der Öffentlichkeit
Statt einer Änderung der Betriebsgenehmigung des Düsseldorfer Flughafens wäre eine Verlagerung von
Kurzstreckenflügen auf die Schiene und ggf. eine Kooperation mit Köln/Bonn aus Umweltsicht die bessere Lösung. Falls es zu einer Änderung der Flugrouten kommt, sind diese UVP-pflichtig und die Öffentlichkeit muss umfassend und wirksam beteiligt werden.
22/24
8.
Literaturhinweise:
ACI, 2004, The social and economic impact of airports in Europe, Airports Council International, Brüssel
ACI, 2014, ACI’s airport connectivity report adds weight to European aviation liberalisation debate, Analyse der Connectivity
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Autoren:
Dr. Werner Reh, Andrea Philips
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Dieses Konzept wurde erstellt im Auftrag der BUND Regionalgruppe Düsseldorf.
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