GA-SV01 EXTRA INSOLVENZ UND SANIERUNG Experten im Dialog: Insolvenzverwalter und Sanierer diskutieren beim RPForum über Branchenthemen RHEINISCHE POST FREITAG, 23. OKTOBER 2015 Krisen rechtzeitig erkennen: Unternehmer und Geschäftsführer sollten sich nicht scheuen, Rat zu suchen. Lotsen durch Krisen: Insolvenzerfahrene Kanzleien können auch in der Sanierung Mehrwerte bieten. Seiten 4-6 E1 Seite 11 Seite 9 Die Weichen richtig stellen Unternehmen sollten frühzeitig handeln, bevor eine Schieflage droht. Dann haben sie die meisten Optionen. Doch selbst in der Krise bietet das neue Insolvenzrecht Chancen auf eine erfolgreiche Sanierung. FOTO: THINKSTOCK/KLDLIFE MARKT Die Spezialisten für die Unternehmensrettung Bielefeld Münster Insolvenzverwalter und Sanierer wetteifern um die besten Konzepte für Firmen in Not. VON JÜRGEN GROSCHE Die Nachricht überraschte kürzlich: In Deutschland steigt aktuell die Zahl der Firmenpleiten trotz robuster Konjunktur. Im Juli lag die Zahl nach Angaben des Statistischen Bundesamtes um 3,6 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats; insgesamt meldeten die Amtsgerichte 2187 Unternehmensinsolvenzen. Das ist bereits der zweite Monat in Folge mit einer Zunahme: Im Juni hatte es sogar ein Plus von 11,2 Prozent gegeben. Die Zahlen ändern indes nichts am Gesamtbild der vergangenen Jahre: Im Vergleich etwa zur Krisenperiode 2008 bis 2010 sind die Unternehmen sehr stabil. Insolvenzverwalter haben insgesamt derzeit weniger zu tun. Und ob die neuesten Zahlen eine Trendwende anzeigen, bleibt dahingestellt. Also müssen sich die Verwalter neues Geschäft suchen – und dabei drängen sie auf Terrain, das bislang von Sanierern und Unternehmensberatern bearbeitet wurde. Die wiederum kontern manchmal und wagen sich aufs Feld der Insolvenzverwaltung. Der neue Wettbewerb hat durchaus Vorteile für Unternehmen, die Rat suchen: Verwalter, die nun auch Sanierungsberatung anbieten, kön- Der neue Wettbewerb hat durchaus Vorteile für Unternehmen, die Rat suchen nen ihre Erfahrungen und Kniffe in die Beratung einbringen, vor Fallstricken warnen. Und die Sanierer sehen immer auch die positiven Wirkungen einer Insolvenz. Meist mehr als die Unternehmen: Noch immer gilt es als Makel, die Zahlungsunfähigkeit einzuräumen. Dabei bietet sie Chancen auf schnellere Genesung, den Erhalt des Unternehmens und der Arbeitsplätze. Manchmal ist ein Ende mit Schrecken eben doch besser als ein Schrecken ohne Ende. Was passiert am Markt? Wie sehen die Chancen für Unternehmen in der Praxis aus? Und wie können die Experten Mut dazu machen, neue Wege zu wagen? Über diese und weitere Themen rund um die Sanierung diskutierten Experten aus Anwaltskanzleien und Unternehmensberatungen beim RPWirtschaftsforum „Insolvenz und Sanierung“. Eines der heißen Eisen ist der Anfechtungsanspruch. Im Insolvenzfall soll sich kein Gläubiger vorsätzlich einen ungerechtfertigten Vorteil verschaffen. Die Insolvenzordnung sieht deshalb vor, dass Zahlungen an Gläubiger anfechtbar sind, wenn andere Gläubiger eines insolventen Schuldners vorsätzlich benachteiligt wurden. Gerichte haben dies oft sehr restriktiv ausgelegt, das führte in manch einem Unternehmen zu einem bösen Erwachen. So sollten zum Beispiel Lieferanten Geld zurückzahlen, das sie vor etlichen Jahren erhalten haben. Sie hätten nach ein paar Mahnungen ja wissen können, dass ihr Kunde in Schwierigkeiten steckt. Verbände fordern vehement eine Gesetzesänderung, die nun sogar auf den Weg gebracht wurde. Die Bundesregierung hat am 29. September den Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechtssicherheit bei Anfechtungen beschlossen. So soll zum Beispiel der Anfechtungszeitraum von vier (anstatt bislang zehn) Jahren verkürzt werden. Beim RPForum diskutierten die Experten im Düsseldorfer IndustrieClub ausführlich darüber. Die folgenden Seiten geben einen Einblick in die spannende Welt der Sanierung, stellen wichtige Akteure vor und zeigen, wie eine gut gemachte Sanierung zur Rettung von Firmen und Arbeitsplätzen beitragen kann. Dortmund Essen Düsseldorf Köln Bonn Anteil insolvente Unternehmen Stadt- und Landkreise NRW Sehr geringer Anteil (0% bis 0,19%) Geringer Anteil (0,19% bis 0,24%) Mittlerer Anteil (0,24% bis 0,29%) Hoher Anteil (0,29% bis 0,35%) Sehr hoher Anteil (0,35% bis 0,71%) QUELLE: BISNODE / GRAFIK: ZWEIMETERDESIGN.DE Wenig Pleiten in Olpe Führende Insolvenz- und Sanierungsexperten diskutierten beim RP-Wirtschaftsforum „Insolvenz und Sanierung“ über neue Entwicklungen im Rechtssystem und über die Chancen der Sanierungsinstrumente für Unternehmen. FOTO: ALOIS MÜLLER (rps) Die Insolvenzen entwickeln sich je nach Region recht unterschiedlich. In diesem Jahr weist der Landkreis Olpe mit 0,14 Prozent den geringsten Anteil an Unternehmensinsolvenzen in NordrheinWestfalen auf. Den höchsten Anteil an Insolvenzen zeigt der Stadtkreis Gelsenkirchen mit 0,70 Prozent auf. Die Daten hat der europäische Anbieter digitaler Wirtschaftsinformationen Bisnode erhoben. Die Bisnode-Analysten errechneten den Anteil von Firmenkonkursen in NRW und Deutschland für den Zeitraum vom 1. Januar 2015 bis zum 9. Oktober 2015. Bei der Auswertung wurde untersucht, wie viele Unternehmen in Stadt- und Landkreisen in diesem Zeitraum Insolvenz anmelden mussten. Für jeden Stadt- und Landkreis wurde die Anzahl der Insolvenzen durch die Gesamtanzahl der Unternehmen in dem jeweiligen Kreis dividiert. Im Deutschland-Vergleich schneiden Baden-Württem- berg und Bayern mit einem viel geringeren Insolvenzanteil besser ab als Nordrhein-Westfalen. Der Landkreis Regen in Bayern ist mit 0,04 Prozent der Spitzenreiter und somit der Landkreis, der den geringsten Anteil insolventer Unternehmen aufweist. Gelsenkirchen schneidet auch im bundesweiten Ranking am schlechtesten ab. Die Experten haben alle Stadt-und Landkreise in Deutschland – insgesamt 402 – analysiert. GA-SV02 EXTRA INSOLVENZ UND SANIERUNG RHEINISCHE POST FREITAG, 23. OKTOBER 2015 E2 Vorsicht vor der Vorsatz-Falle Im Insolvenzfall soll sich kein Gläubiger vorsätzlich einen ungerechtfertigten Vorteil verschaffen. In der Praxis bringt dieser gut gemeinte Rechtsgrundsatz viele unbescholtene Unternehmen in Schwierigkeiten. VON JÜRGEN GROSCHE Der Fall erregte Aufsehen: Bayer Leverkusen zahlt nach einem mehrjährigen Rechtsstreit 13 Millionen Euro an den Insolvenzverwalter seines früheren Trikotsponsors Teldafax. Das Telefonunternehmen war zahlungsunfähig geworden. Der Fußballverein sollte zuvor erhaltene Sponsorengelder zurückzahlen, da die Insolvenz bei Zahlung der Gelder bereits absehbar gewesen sei. Weniger spektakulär, aber viel zahlreicher sind die Fälle, die Mittelständler erleben und die sie selbst in die Insolvenz treiben können. Wie kann es dazu kommen? Die Gründe liegen in der bisherigen Gesetzeslage und der höchstrichterlich bestätigten Rechtsprechung. „Kein Gläubiger darf bevorzugt werden“, fasst Michael Bretz die juristische Absicht zusammen. Als Leiter Wirtschaftsforschung und Mitglied der Geschäftsleitung des Verbandes der Vereine Creditreform kennt Bretz aus zahlreichen Gesprächen mit Mittelständlern die Brisanz, die das Thema auf der anderen Seite hat. So sieht die Gesetzeslage aus: Die Insolvenzordnung sieht vor, dass Zahlungen an Gläubiger anfechtbar sind, wenn andere Gläubiger eines insolventen Schuldners vorsätzlich benachteiligt wurden. Und das derzeit noch bis zu zehn Jahre rückwirkend. Das war eigentlich gut gemeint. So sollte verhindert werden, dass Schuldner Vermögenswerte verschieben und so einen Teil der Gläubiger schädigen. Insolvenzverwalter gehen aber häufig sehr restriktiv vor, berichtet Bretz: Wenn ein Lie- ferant seinem Kunden häufiger Mahnungen verschickt oder Zahlungsaufschübe gewährt hat, gehen die Insolvenzverwalter gerne davon aus, dass man also von Schwierigkeiten des Kunden Kenntnis hatte, und werfen den Gläubiger-Unternehmen vor, sie hätten aufgrund der Engpässe wissen können, dass da was im Argen liege. Die Insolvenzverwalter unterstellen also die gesetzlich geforderte Vorsätzlichkeit. Die Vorgehensweise sei durch die gängige Rechtsprechung bis hin zum Bundesgerichtshof gedeckt, sagt Bretz. Das Problem trete häufig bei Insolvenzen mit größeren Volumina auf. Dort lohne sich die Rückforderung, die im Übrigen auch noch verzinst werden muss. Betroffen sind dann häufig eine Vielzahl von Zulieferern, Caterern, Handwerksbetrieben und Dienstleistern. „Für sie ist das existenzbedrohend“, betont Bretz, der wie viele andere eine Änderung der juristischen Lage fordert. Zum einen kritisiert der Creditreform-Experte die Argumentation der Insolvenzverwalter: Bei der Einräumung Michael Bretz, Creditreform FOTO: CREDITREFORM längerer Zahlungsziele von Vorsatz auszugehen, dass man eher an das Geld eines Wackelkandidaten kommen wolle als andere Gläubiger, sei unlogisch: „Niemand verliert gerne Geld; bei einem längeren Zahlungsziel wächst aber die Gefahr, auf den Forderungen sitzenzubleiben.“ Die Problematik sei mittlerweile in Berlin bekannt, sagt Bretz. Das Bundesjustizministerium hatte von Verbänden bis Ende Juli Stellungnahmen angefordert. Neben dem Verband der Vereine Creditreform haben sich auch der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) geäußert. Ende September hat die Bundesregierung nun einen Gesetzentwurf vorgelegt. Creditreform hat eine ganze Forderungsliste zur Reform. So fordert der Verband eine Umkehr der Beweislast: Der Insolvenzverwalter müsse nachweisen, dass ein Gläubiger vorsätzlich und unlauter handelte, wenn er einem Schuldner entgegengekommen ist. Die Zehnjahresfrist müsse verkürzt werden. Dem trägt der Entwurf mit einer Verkürzung auf vier Jahre bereits Rechnung. Und Zinsen dürften erst ab dem Zeitpunkt verlangt werden, an dem die Rückforderung geltend gemacht wurde. Was können Unternehmen tun? Es könne ja nicht sein, dass Gläubiger schon bei ersten Bitten um Zahlungsaufschub gleich die Geschäftsverbindung abbrechen, warnt Bretz. Er rät in solchen Fällen allerdings zur Vorsicht. Helfen könnten Auskünfte zur Bonität des Schuldners. Die Gläubiger befriedigen und gleichzeitig so viele Arbeitsplätze wie möglich zu erhalten und dem Unternehmen eine neue Perspektive zu geben, das sind die Ziele, die sich der Insolvenzverwalter Georg F. Kreplin für seine Arbeit setzt. FOTO: MICHAEL LÜBKE RESTRUKTURIERUNG Auf Augenhöhe beraten Aufgrund steigender Nachfrage einer professionellen Beratung in Krisenzeiten erweitert die auf Insolvenzverwaltung spezialisierte Düsseldorfer Kanzlei Kreplin & Partner ihr Leistungsportfolio und bautnun auch die vorinsolvenzliche Sanierungsberatung weiter aus. Das kommt nicht von ungefähr: Der namensgebende Partner Georg F. Kreplin und seine Kollegen sind für ihren Sanierungswillen bekannt. VON PATRICK PETERS Eine Insolvenz muss nicht das Ende sein. Dies betont Georg F. Kreplin im Gespräch immer wieder. Der namensgebende Partner der auf Insolvenzverwaltung spezialisierten Düsseldorfer Kanzlei Kreplin & Partner mit über 50 hochspezialisierten Fachkräften ist für seinen Sanierungswillen krisengeschüttelter Unternehmen bekannt und tritt jedes Verfahren mit dem Anspruch an, für das betroffene Unternehmen eine echte Zukunft zu ! !! "$"#! $% $ + ,! + +,1 +,, 5+ " !"!"" "!%$ "! !#" schaffen. Das gelingt ihm regelmäßig, zuletzt im Falle des renommierten Modehändlers Mexx Deutschland. „Wir setzen als Insolvenzverwalter natürlich alles daran, die Gläubiger zu befriedigen, das ist unser Kernaufgabe. Gleichzeitig wollen wir aber so viele Arbeitsplätze wie möglich erhalten und dem Unternehmen eine neue Perspektive geben, und sei es durch harte Einschnitte. Wir haben auch die Erfahrung gemacht, dass das für viele Gläubiger sehr häufig die nachhaltigere und wirtschaftlich sinnvollere Lösung ist als die Zerschlagung“, sagt der erfahrene Rechtsanwalt, der gemeinsam mit den Partnern und Insolvenzverwaltern Nada Nasser, Verena Vogt und Marco Kuhlmann aktuell an insgesamt 24 Gerichten in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Norddeutschland tätig ist und 16 Büros unterhält. Dieser Fokus auf die Sanierung im Falle der Insolvenz hat die Rechtsanwälte dazu gebracht, die Angebotspalette der Kanzlei in Richtung einer nachhaltigen Sanierungsberatung weiter zu entwickeln. Sicher: Die Insolvenzverwaltung bleibt der absolute Schwerpunkt, das klassische Profil bleibt erhalten. „Aber wir stellen immer wieder fest, dass Unternehmen mit Sanierungsbedarf vor einer möglichen Insolvenz zu uns kommen und uns um Rat fragen. Diesem Umstand wollen wir nun verstärkt Rechnung tragen und die vorinsolvenzliche Sanierung durch eine interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern und ESUG-Spezialisten als festes Thema unserer Dienstleistung etablieren“, sagt Georg F. Kreplin. Denn auch wenn die Insolvenz beinahe immer die Chance auf einen Neuanfang beinhalte, sei es häufig ratsam, es gar nicht erst zu einem Verfahren kommen zu lassen. Dabei steht ein Gedanke im Mittelpunkt: „Bei der Sanierungsberatung ist der Unternehmer der Auftraggeber und befindet sich dementsprechend mit dem Berater auf Augenhöhe. In einem eröffneten Insolvenzverfahren ist das nicht mehr der Fall. Da übernimmt der Insolvenzverwalter die gesamte Verantwortung und setzt die Entscheidungen um, die nach seiner Auffassung in der konkreten Situation die richtigen sind, um Gläubigerinteressen bestmöglich zu befriedigen und Zukunftschancen zu wahren.“ Bei der Restrukturierung vor der Insolvenz sitzen Berater und Unternehmer gemeinsam am Tisch und analysieren die Situation, in der sich ein Unternehmen befindet – und zwar offen und schonungslos, wie der Rechtsanwalt sich ausdrückt. Dabei gehe es vor allem darum, das Ziel der Sanierung herauszufinden. „Ist die Strategie die falsche oder passen die Produkte nicht mehr in den Markt? Oder gibt es betriebswirtschaftliche Fehler, die für die Schieflage gesorgt haben? Es ist für die Sanierung entscheidend, dass diskutiert wird, um was es wirklich geht, denn eine Sanierung ohne Konzept ergibt keinen Sinn.“ Diesem Ziel müsse dann alles untergeordnet werden, um es innerhalb einer vorgegebenen Zeit zu erreichen, und deshalb müsse der Unternehmer auch aus eigener Überzeugung alle Schwierigkeiten auf den Tisch legen. „Eine Sanierungsberatung in Anspruch zu nehmen ist kein Schuldeingeständnis, sondern zeigt die Verantwortung, die ein Unternehmer für seinen Betrieb und die Mitarbeiter übernimmt. Er ist Willens, auch unpopuläre Entscheidungen zu treffen, um sein Unternehmen dauerhaft zu erhalten, und Gegenmaßnahmen zu ergreifen.“ Georg F. Kreplin hat erkannt, dass Sanierungen oft an den falschen Maßnahmen scheitern. „Dann bekommt ein Unternehmer beispielsweise durch einen Investor frisches Kapital und kann damit den finanziellen Engpass überwinden. Aber an der eigentlichen Misere, nämlich der Ursache der Zahlungsschwierigkeiten, ändert er nichts.“ Folge ist dann häufig eine später erneut auftretende Krise, die dann jedoch kaum noch bewältigt werden kann. Für die Kanzlei stehen bei der Restrukturierung besonders die Branchen im Fokus, in denen die Partner bereits nachhaltige Sanierungserfolge erzielt haben. Neben den großen Bereichen Textil/Mode/ Einzelhandel und produzierendes Gewerbe sind das insbesondere auch die Branchen Automotive und die Finanzdienstleistungen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob beispielsweise ein mittelständisches Unternehmen wegen der Rückzahlungsprobleme entsprechend aufgenommener Anleihen in Schwierigkeiten gerät oder es sich bei dem betroffenen Unternehmen selbst um eine offene oder geschlossene Fondsgesellschaft handelt. „In allen Fällen ist das Ziel die Gesundung des Unternehmens unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Interessen aller Beteiligten“, sagt der gelernte Bankkaufmann Georg F. Kreplin. extra Insolvenz und Sanierung # ,+,7+1+ 1+) 32 9- 5,,#+ * " '9( 3%% / %2" 9 "" 4#++ 1+) % -9- 4,4+ #+14 ,1+) . %29 ,,! "! + 2 .92% +!4+1 ) ) $ !!,1+) %% +6!+# % #,,,1+) .9. #!8 &$1#6 %%9 99 + % "! 4!,1+) -% 3%% 4&&+1 #!116)4 777)6)4 Verlag: Rheinische Post Verlagsgesellschaft mbH, Zülpicher Straße 10, 40196 Düsseldorf Geschäftsführer: Geschäftsführer: Dr. Karl Hans Arnold, Patrick Ludwig, Hans Peter Bork, Stephan Marzen (verantwortl. Anzeigen), Johannes Werle Druck: Rheinisch-Bergische Druckerei GmbH, Zülpicher Straße 10, 40196 Düsseldorf Anzeigen: Leitung Finanz- und Wirtschafts-Extras: Pia Kemper, RP Media Service, 0211 505-2054, E-Mail: [email protected] Redaktion: Rheinland Presse Service GmbH, Zülpicher Straße 10, 40196 Düsseldorf, José Macias (verantwortlich), Jürgen Grosche, Dr. Patrick Peters, Mitarbeit: Anja Kühner, Matthias von Arnim Kontakt: 0211 528018-14, [email protected] GA-SV03 RHEINISCHE POST FREITAG, 23. OKTOBER 2015 EXTRA INSOLVENZ UND SANIERUNG E3 KRISENBEWÄLTIGUNG Reinen Wein einschenken schafft Vertrauen FRH Fink Rinckens Heerma Rechtsanwälte haben bekannte Düsseldorfer Unternehmen wie Pannenbecker und Cosmo Sports saniert. Zurzeit führen sie Hein Gericke durch ein Schutzschirmverfahren. VON ANJA KÜHNER „Unglaublich interessant“ findet Dr. Paul Fink seine Aufgabe als Insolvenzverwalter und Restrukturierer. Innerhalb von wenigen Stunden muss er sich in ein Unternehmen und dessen Probleme einarbeiten und die ersten Entscheidungen treffen. „Die Grundsatzentscheidung, ob es noch zu retten ist oder nur noch abgewickelt werden kann, fällt sehr schnell.“ Dabei helfen ihm seine mehr als 20 Jahre Berufserfahrung. „Auf meinen Namen sind bisher etwa 1200 Insolvenzverfahren gelaufen“, rechnet Fink zusammen. Allein in diesem Jahr hat FRH einige bekannte Fälle auf dem Tisch gehabt: Cosmo Sports in DüsseldorfGerresheim beispielsweise, das zu den größten Freizeitund Sportzentren Deutschlands zählt. Nach nur acht Monaten kam ein Insolvenzplan mit 100-Prozent Zustimmung aller Gläubiger zustande. Und die meisten Kunden hätten die Insolvenz gar nicht bemerkt. Ganz anders beim Busunternehmen Pannenbecker. Dort löste der Medienwirbel um die Insolvenz eine Flut an Buchungen aus. „Viele Düsseldorfer erinnerten sich, dass sie schon in der Schulzeit mit Pannenbecker gefahren sind und haben die Busse für ihre Ausflüge wieder bei Pannenbecker gebucht“, sagt Fink. So bekam das Unternehmen Aufschwung, wurde an einen Mitbewerber verkauft und die Marke ebenso wie die Arbeitsplätze blieben erhalten. Aktuell ist das Team von FRH Rechtsanwälte damit beauftragt, einen Insolvenzplan für Hein Gericke zu erstellen. Der Düsseldorfer Motorradzubehör-Händler mit 67 Shops in Westeuropa hat erst vor wenigen Tagen ein Schutzschirmverfahren in Eigenverwaltung beantragt. „In diesem Verfahren nutzen wir unser KnowHow als Insolvenzverwalter und gehen als Restrukturierer in die Geschäftsführung der Gesellschaft“, beschreibt Fink. Juristische und betriebswirtschaftliche Kenntnisse gehören zum Handwerkszeug eines guten Insolvenzverwalters, ist Dr. Paul Fink (FRH) überzeugt. FOTOS: MICHAEL LÜBKE „Läuft alles planmäßig, sollte Hein Gericke im Frühjahr 2016 saniert aus dem Schutzschirmverfahren entlassen werden, ohne dass es zu spürbaren Einschränkungen bei Kunden und Lieferanten der Traditionsmarke gekommen ist.“ Mit mehr als 70 Mitarbeitern an sieben Standorten im gesamten Bundesgebiet hat FRH Rechtsanwälte sich breit aufgestellt. 15 Juristen arbeiten nicht nur in Düsseldorf und Mönchengladbach, sondern auch in den Standorten Hamburg, Bremen, München, Bochum und Erfurt. Sie bearbeiten in der Regel mehrere hundert Regelverfahren und mehrere tausend Verbraucherinsolvenzverfahren parallel. Juristische und betriebswirtschaftliche Kenntnisse gehören zum Handwerkszeug. „Ein guter Insolvenzverwalter und Restrukturierer zeichnet sich durch Einfühlungsvermögen und Kommunikationsfähigkeit aus“, ist Fink überzeugt. Denn er müsse nicht nur das bestmögliche für die Gläubiger he- rausholen, sondern dabei auch alle anderen Beteiligten wie Kunden, Inhaber und nicht zuletzt die Arbeitsplätze der Mitarbeiter im Blick behalten. „Sie alle ins Boot zu holen ist nicht leicht.“ Faszinierend findet Fink die Psychologie in einer Krise. „Im Bewusstsein der Beteiligten ist oft der Tiefpunkt erreicht, „Viele Unternehmer sind erstaunt, welche Möglichkeiten ihnen das Insolvenzrecht bietet“ wenn wir auftauchen – es kann dann nur noch aufwärts gehen.“ Oftmals seien die Insolvenzverwalter die ersten, die allen reinen Wein einschenken. Zudem sichere ein Insolvenzverwalter nie mehr zu als er auch einhalten könne. So bringe er wieder Vertrauen in das Unternehmen. „Nach teils monatelangen unregelmäßigen oder ausgefallenen Zah- lungen erhalten die Mitarbeiter wieder ihre Löhne, die Lieferanten werden bezahlt – allein das dreht die Stimmung im Unternehmen wieder ins Positive“, beschreibt Fink. Zwar sei der Beginn eines Insolvenzverfahrens emotional für viele Unternehmer gleichbedeutend mit dem Eingeständnis des eigenen Scheiterns. „Doch fällt vielen Unternehmern ein Stein vom Herzen, wenn wir ins Unternehmen kommen“, beschreibt Paul Fink. Sie wissen, dass die Zeit der Ungewissheit ein Ende hat und nun endlich die notwendigen Entscheidungen getroffen werden. „Viele Unternehmer sind erstaunt, welche Möglichkeiten ihnen das Insolvenzrecht auch noch in dieser Phase bietet“, erklärt Fink. „Besser ist es aber immer, wenn man sich so frühzeitig wie die Gesellschafter von Hein Gericke dafür entscheidet, aktiv über ein Schutzschirmverfahren Sanierungsmaßnahmen einzuleiten.“ Unternehmer für die Eigenverwaltung sensibilisieren Der Gesetzgeber hat vor einigen Jahren eine Option für Unternehmen zur Regelinsolvenz geschaffen. Durch ESUG können Unternehmer gemeinsam mit einem Sanierungsberater an der Restrukturierung ihres Betriebs arbeiten und selbst Entscheidungen für die Zukunft treffen. VON PATRICK PETERS Es besteht seit 2012, das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen, kurz: ESUG. Doch in der Wirtschaft sind die Möglichkeiten, die ESUG eröffnet, noch immer nicht allzu bekannt – und das kann Unternehmern die Chance nehmen, ihre Unternehmen vor dem Hintergrund fester gesetzlicher Regelungen zu sanieren und so in eine neue Zukunft zu führen. Eine der ersten Kanzleien, die sich mit ESUG und dessen Auswirkungen auf die Sanierung von notleidenden Unternehmen konzentriert hat, ist Buchalik Brömmekamp aus Düsseldorf. Die Sozietät kombiniert Rechts- und Unternehmensberatung mit einem Schwerpunkt auf Sanierung und hat es sich seit der Einfüh- rung von ESUG zur Aufgabe gemacht, Unternehmenslenker dafür zu sensibilisieren und die Vorteile des Gesetzes aufzuzeigen. Das gelingt immer öfter, betont Dr. Jasper Stahlschmidt, seit kurzem einer der vier Partner von Buchalik Brömmekamp. „Wir haben mittlerweile 70 ESUG-Verfahren durchgeführt und Unternehmen auf diese Weise saniert.“ Er stellt auch den Unterschied zu einem Regelinsolvenzverfahren deutlich heraus: „Während bei der Regelinsolvenz der Insolvenzverwalter die komplette Führung des zahlungsunfähigen Betriebs übernimmt und der Unternehmer keine Einflussmöglichkeiten mehr besitzt, schafft das ESUG die Möglichkeit der sogenannten Eigenverwaltung. Dabei arbeiten der Un- Dr. Jasper Stahlschmidt (links) und Robert Buchalik wollen Unternehmern die Vorteile des ESUG nahebringen. ternehmer und ein Sanierungsberater auf Augenhöhe miteinander, unter Aufsicht eines gerichtlich bestellten Sachwaltes“, erläutert Jasper Stahlschmidt. „Das heißt konkret, dass die Unternehmensführung die Rolle des Insolvenzverwalters übernimmt, ihren Einfluss erhält die Sanierung aktiv steuert. Entscheidungen zu notwendigen Einschnitten werden gemeinsam mit dem Berater getroffen, während der Sachwalter die Einhaltung der Insolvenzordnung überwacht.“ Denn natürlich unterlägen auch Verfahren in Eigenverwaltung der Insolvenzordnung und dem wichtigsten Grundsatz der bestmöglichen Gläubigerbefriedigung. „Natürlich besteht diese häufig darin, den Betrieb zu sanieren, denn aus einem störungsfrei laufenden Geschäftsbetrieb lassen sich Schulden in der Regel besser bedienen als aus der Insolvenzmasse. Und gerade Lieferanten wollen ja ihren Geschäftspartner nicht verlieren. Dennoch sind die Gläubiger die wichtigste Partei auch in einem Verfahren in Eigenverwaltung, da ihre Rechte und Interessen gewahrt werden müssen.“ Ihre Zustimmung sei notwendig, um überhaupt eine Eigenverwaltung in Gang setzen zu können, betont der Fachanwalt für Insolvenzrecht, der früher selbst bestellter Insolvenzverwalter war, aber seit seiner Sanierungstätigkeit keine Regelinsolvenzverfahren mehr betreut. Es sei deshalb Aufgabe des Sanierungsberaters, vor einem möglichen Antrag auf Eigenverwaltung alle Details zu überprüfen, um festzustellen, ob eine Eigenverwaltung überhaupt erfolgversprechend sein könne. „Außerdem sollte er mit den Gläubigern sprechen, um deren Haltung zu einer Eigenverwaltung abzuklopfen und diese gegebenenfalls zu erläutern. Das hat den Vorteil, dass das Gericht den Antrag auf Eigenverwaltung nicht ablehnen kann, wenn sich der vorläufige Gläubigerausschuss einstimmig dafür ausgesprochen hat“, sagt Jasper Stahlschmidt, der regelmäßig auch in großen Verfahren als Sanie- rungsgeschäftsführer auftritt. Seine Aufgabe: Er restrukturiert das Unternehmen im Hintergrund, während die Unternehmensleitung für das operative Geschäft zuständig ist. Natürlich trifft er als Sanierungsgeschäftsführer zusammen mit den Altgeschäftsführern auch unangenehme Ent- scheidungen, zum Beispiel die Schließung von maroden Betriebsteilen oder den Verkauf von Assets. „Wir tun das, was das Unternehmen langfristig wieder auf die Beine bringen kann. Selbstverständlich kann der Unternehmer dies ablehnen, aber das könnte möglicherweise den Erfolg des anschließenden Insolvenzplans gefährden, der ja für die weitere Fortführung unter Eigenregie notwendig ist.“ Der Buchalik Brömmekamp-Partner betont deshalb, dass der Unternehmer die Eigenverwaltung als zweite Chance sehen müsse, die er dementsprechend annehmen sollte. Im besten Falle wartet der Unternehmer übrigens nicht, bis sich die finanziellen und operativen Schwierigkeiten stapeln, sondern geht den Schritt in die Sanierungsberatung schon viel früher. „Dann sind die Gestaltungsspielräume natürlich größer. Und es ist keine Schande, eine solche Beratung in Anspruch zu nehmen“, sagt Jasper Stahlschmidt. EXTRA INSOLVENZ UND SANIERUNG Corinne Rennert-Bergenthal, ADKL Nicoler Irmer, Allianz Generalvertretung Dr. Marc d’Avoine, ATN d’Avoine Teubler Neu Thomas Austmann, Austmann & Partner Dr. Guido Krüger, Beiten Burkhardt Robert Buchalik, Buchalik Brömmekamp Dr. Paul Fink, FRH MARKT „Der Wettbewerb wird in Zukunft n Der Markt für Insolvenzverwalter und Sanierungsberater verändert sich zusehends. Nicht nur der We Ausrichtung der Experten wird stark diskutiert. Denn so mancher Verwalter will auch die Beratung vor „Insolvenz und Sanierung“. Dr. Wolf-Rüdiger von der Fecht, von der Fecht LLP Prof. Dr. Thomas Druyen, Sigmund Freud Privat-Universität Prof. Dr. Jürgen Wessing, Wessing & Partner Patrick Ludwig, Rheinische Post Die Teilnehmer des Forums „Insolvenz und Sanierung“ ADKL Abels Decker Kuhfuß Lenzen & Partner mbB Corinne Rennert-Bergenthal, Rechtsanwältin, Wirtschaftsprüferin, Steuerberaterin, Partner Allianz Generalvertretung Hannemann und Dumsch oHG Nicole Irmer, Hauptvertreterin ATN d’Avoine Teubler Neu Rechtsanwälte RA Dr. Marc d’Avoine, Partner Austmann & Partner Rechtsanwälte Partnerschaft Thomas Austmann, Partner Beiten Burkhardt Rechtsanwaltsgesellschaft mbH Dr. Guido Krüger, Partner Buchalik Brömmekamp Rechtsanwälte | Steuerberater Robert Buchalik, Partner FRH Rechtsanwälte Steuerberater Dr. Paul Fink, Fachanwalt für Insolvenzrecht Kanzlei AndresPartner Dr. Dirk Andres, Partner, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht Klaas & Kollegen Rechtsanwälte Wilhelm Klaas, Geschäftsführer Kreplin & Partner Rechtsanwälte Georg F. Kreplin, Rechtsanwalt und Gründungsgesellschafter Mayer Brown LLP Dr. Marco Wilhelm, Partner Piepenburg – Gerling Rechtsanwälte Horst Piepenburg, Partner PLUTA Rechtsanwalts GmbH Dr. Maximilian Pluta, Geschäftsführer, Rechtsanwalt, Steuerberater, Dipl.-Kfm. Verband der Vereine Creditreform e.V. Michael Bretz, Leiter Wirtschaftsforschung, Mitglied der Geschäftsleitung von der Fecht LLP Rechtsanwälte & Steuerberater Dr. Wolf-Rüdiger von der Fecht, Partner Wessing & Partner Rechtsanwälte mbB Prof. Dr. Jürgen Wessing, Partner Sigmund Freud Privat-Universität Wien Paris Prof. Dr. Thomas Druyen, Direktor Rheinische Post Patrick Ludwig, Geschäftsführer Moderation José Macias, Jürgen Grosche, Dr. Patrick Peters VON PATRICK PETERS Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen ist rückläufig. Acht Prozent weniger Pleiten als im ersten Halbjahr 2014 hat die Wirtschaftsforschung Creditreform zuletzt für Januar bis Juni des Jahres ermittelt. Nichtsdestotrotz geraten Unternehmen immer wieder in Schieflagen, die dann nicht selten in einer Insolvenz münden. Was das für die Betroffenen heißt, aber auch vor welchen Herausforderungen In- „Das erste Forum hat die Experten positiv in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt“ solvenzverwalter und Sanierungsberater stehen, diskutierten Fachleute beim zweiten RP-Wirtschaftsforum „Insolvenz und Sanierung“, zu dem die Rheinische Post zum zweiten Mal in den Industrie-Club Düsseldorf eingeladen hatte. „Das erste Forum hat den Lesern breites Wissen über die Arbeit von Insolvenzverwaltern und Sanierungsberatern vermittelt und die Experten positiv in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt“, sagte Patrick Ludwig, stellvertretender Vorsitzender der Geschäftsführung der Rheinische Post Mediengruppe, bei seiner Begrüßung und stellte heraus, dass er stolz auf den hochkarätigen Kreis sei, der sich auch bei der zweiten Auflage des Wirtschaftsforums versammelt habe. Er wies auf die Veränderungen hin, die das neue Insolvenzrecht gebracht und das zu attraktiven Sanierungsmöglichkeiten geführt habe, stellte aber gleichzeitig heraus, dass die Zahl der Unternehmensinsolvenzen im sechsten Jahr rückläufig sei. Für Horst Piepenburg, Insolvenzverwalter aus Düsseldorf (Piepenburg-Gerling), ist der aktuelle Rückgang bei den Insolvenzen nicht dramatisch. Denn, so betont er, es habe immer Wellen gegeben, und letztlich lägen die Zahlen jetzt auf dem Niveau von 2008/2009. „Nach einem deutlichen Anstieg erleben wir jetzt einen Rückgang, aber befinden uns eben immer noch auf einem ordentlichen Level.“ Michael Bretz, Leiter der Wirtschaftsforschung bei Creditreform, sieht jedoch, dass viele Verfahren sehr kleinteilig seien und die Umsätze der Kanzleien pro Insolvenz sinken würden. Für Wilhelm Klaas von Klaas & Kollegen hat diese Kleinteiligkeit in Kombination mit gestiegenen Anforderungen seitens der Gerichte dazu geführt, dass er nicht mehr als Insolvenzverwalter tätig ist und sich nur noch in der Beratung engagiert. Und auch Georg Kreplin (Kreplin & Partner) weist da- Beim zweiten Wirtschaftsforum „Insolvenz und Sanierung“ der Rheinischen Post im Düsseldorfer Industrie-Club diskutierten Insolvenzverwalter und Sa rauf hin, dass der Wettbewerb fundamental anders und schärfer geworden sei und viele Verfahren von niedriger Qualität seien. Das sieht auch Dr. Dirk Andres von Andres Partner so und fügt hinzu: „Der Wettbewerb wird in Zukunft nicht geringer werden.“ Für Thomas Austmann von der Wirtschaftsrechts-Boutique Austmann & Partner könne dies zu einer Marktkonsolidie- rung führen; diese aber be- aber auch auf Langfristigkeit grüßt er: „Eine Konsolidierung ausgelegt. Die Verwalter dürfen als Unterwird zu einer „Eine Konsolidienehmer nicht besseren Quadie gleichen lität führen.“ rung wird zu einer Fehler machen Dr. Paul Fink besseren Qualität wie ihre Manvon FRH führen“ danten. Sonst Rechtsanwälte war die Berufsist auch der Thomas Austmann Austmann & Partner wahl vermutÜberzeugung, lich falsch.“ Dr. dass man den Markt genau beobachten müs- Guido Krüger von Beiten Burkse. „Insolvenzverwaltung ist hardt – einer Kanzlei, die selbst keine Verwaltung anbietet – blickt auch optimistisch in die Verwalterzukunft. „Beim nächsten umfassenden Börsen-Crash, den ich für 2017 erwarte, werden die Regelinsolvenzen wieder anziehen. Gleichzeitig stoßen aber viele Beteiligte auch Sanierungen und Restrukturierungen frühzeitiger an.“ Das habe natürlich mit den immer noch jungen Möglich- GA-SV05 EXTRA INSOLVENZ UND SANIERUNG Dr. Dirk Andres, AndresPartner Wilhelm Klaas, Klaas & Kollegen Georg Kreplin, Kreplin & Partner Dr. Marco Wilhelm, Mayer Brown Horst Piepenburg, Piepenburg – Gerling RHEINISCHE POST FREITAG, 23. OKTOBER 2015 Dr. Maximilian Pluta, Pluta Rechtsanwälte E5 Michael Bretz, Verband der Vereine Creditreform Vernünftige Planung vermeidet Fehler nicht geringer werden“ ettbewerb zwischen den Kanzleien um qualitativ hochwertige Verfahren wird schärfer – auch die r der Insolvenz forcieren. Themen gab es also genug beim zweiten Rheinische Post-Wirtschaftsforum venzverwalter einfach abwarten und sich mit der Rolle der Sachwalter in den Eigenverwaltungen zufrieden geben? Es gibt keinen Grund für gute Verwalter, sich nicht neu aufzustellen“, sagt Dr. Wolf-Rüdiger von der Fecht von der gleichnamigen Kanzlei, der die vorinsolvenzliche Sanierungsberatung bereits implementiert hat. Und auch Dr. Dirk Andres sagt, dass eine Beratung hinsichtlich Eigenverwaltung und Schutzschirm durchaus sinnvoll für Insolvenzverwalter sei. „Nur die ausschließlich leistungswirtschaftlich orientierte Beratung wirkt möglicherweise nicht glaubwürdig.“ Ebenso Wilhelm Klaas: „Es ist legitim, nach Alternativen zu suchen. Der Markt wird das regulieren.“ Auf die Authentizität kommt es auch Dr. Marc d’Avoine an (ATN Rechtsanwälte). „Wir wollen, in dem was wir tun, Experten bleiben und für etwas stehen. Deshalb hängt eine mögliche Beratung immer an der qualitativen Befassung mit der Sanierung und Restrukturierung“, sagt der In- Bei der Beratung muss die Ursachenforschung im Vordergrund stehen nierungsexperten über die Marktsituation und die Herausforderungen für Unternehmen und Kanzleien. keiten durch das ESUG, dem Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen, zu tun. Einer der ersten, die diese Eigenverwaltung vorangetrieben haben, war Robert Buchalik von der auf Sanierung und Restrukturierung spezialisierten Kanzlei Buchalik Brömmekamp. „Die Zahl der ESUG-Verfahren nimmt jedes Jahr zu, aber viele Insolvenzverwalter haben die Be- Dr. Maximilian Pluta (Zweiter von links) betont, dass bei der Sanierung allein die Anforderungen der Mandanten im Fokus stehen. FOTOS: ALOIS MÜLLER deutung und die Möglichkeit noch immer nicht verstanden.“ Er kritisiert die Pläne einiger Verwalter, aufgrund der sich verändernden Marktbedingungen nun auch Sanierungsberatung und die Begleitung von Eigenverwaltungen anzubieten. „Das ist unglaubwürdig.“ Dass das nicht unbedingt auf Gegenliebe stößt, ist nicht verwunderlich. „Sollen die Insol- solvenzverwalter. Gleichzeitig fordert Georg Kreplin aber auch, dass bei dieser Beratung immer die Ursachenforschung im Vordergrund stehen müsse. Nur der kurzfristige Einsatz bestimmter gesetzlicher Instrumente, um die finanzielle Situation zu verbessern, sei noch keine echte Sanierung und erst recht keine nachhaltige Restrukturierung. Dr. Maximilian Pluta (Pluta Rechtsanwalts GmbH) betont, dass allein die Anforderungen der Mandanten im Fokus stehen: „Komplexe Restrukturierungen und Eigenverwaltungen gelingen nur in einem interdisziplinären Team aus Sanierungsexperten mit juristischer, betriebswirtschaftlicher und steuerrechtlicher Expertise sowie einem hohen Maß an unternehmerischem Verständnis.“ In schwierigen Fällen können sogar Aufgaben der Geschäftsführung kurzfristig mit erfahrenen Krisen-Managern besetzt werden. Corinne Rennert-Bergenthal, Partnerin bei Abels Decker Kuhfuss Lenzen & Partner (ADKL), betont, dass die Arbeit in der Sanierung eine psychologisch andere sei. „Der Unternehmer ist der Auftraggeber, mit ihm muss man auf Augenhöhe umgehen.“ Sie ist überzeugt, dass eine Welle in der Beratung kommen wird, aber gleichzeitig bemerkt sie, dass viele Unternehmer sich leider noch immer zu spät um eine hochwertige Beratung kümmern würden. „Die Wirtschaft kann von der Raumfahrt lernen“, sagt der ehemalige Raumfahrer und heutige Münchner Professor Ulrich Walter. VON PATRICK PETERS Physiker, IBM-Manager, Raumfahrer an Bord der Columbia, Professor für Raumfahrttechnik in München: Ulrich Walter ist ein vielseitiger Mann und jemand, dem man nicht jeden Tag begegnet. Und so war auch seine Key Note auf dem zweiten RP-Wirtschaftsforum „Insolvenzen und Sanierung“ nicht alltäglich. „Die Wirtschaft kann von der Raumfahrt lernen. Damit ein Projekt perfekt funktioniert, braucht es mehrere Jahre Vorbereitung. Denn der Schlüssel zum Erfolg liegt nicht im Prinzip des ‚Trial and Error’, also Versuch und Scheitern, sondern in zehn speziellen Maßnahmen“, sagt Ulrich Walter. Eine Maßnahme laut dem renommierten Forscher, der im Rahmen der 55. Space Shuttle-Mission fast zehn Tage im All war, sei es, die Anforderungen im Verlaufe eines Projektes nicht zu verändern. Auch wenn sich ein Projekt als schwierig herausstelle, die ursprünglich avisierte hohe Qualität dürfe nicht in Frage gestellt werden. Ebenso wichtig für Ulrich Walter: „Wer am Anfang viel Zeit in Planung und Vorbereitung investiert, spart später Geld.“ Dass eine unzureichende Planung zu einer Katastrophe führen kann, zeigt Walter am Beispiel des Columbia-Absturzes 2003. Aufgrund eines technischen Fehlers am Shuttle war die Columbia 16 Minuten vor der geplanten Landung in einer Höhe von 63,1 Kilometern über Texas auseinandergebrochen. „Die anschließende Untersuchung hat ergeben, dass vor allem organisatorische Ursachen zu dem Unglück geführt haben. Das Problem des fehleranfälligen Bauteils war bekannt, aber durch unter anderem unzureichende Kommunikation und das Ignorieren von Hinweisen wurde es nicht angepackt.“ Schließlich hätten die vorangegangenen Missionen auch fehlerfrei funktioniert. Kaum Kultur des Scheiterns in Deutschland (ppe) Was in den USA beinahe Unternehmer ist eine echte zum guten Ton in der Wirt- Krisensituation – insbesondeschaftswelt gehört, ist in re mit der Insolvenz als KonseDeutschland weiterhin ver- quenz – eine persönliche Niepönt. Scheitern ist hierzulande derlage. In dem Zusammenein Makel, kein Zeichen von hang weiß Corinne Rennertunternehmerischer Erfahrung Bergenthal, Partnerin bei oder mutigen Entscheidungen. Abels Decker Kuhfuss Lenzen Dabei ist für den Vermögens- & Partner (ADKL), dass das psychologen und Zukunftsfor- Scheitern im Mittelstand zwar scher Professor kein umfassenThomas Druydes Tabu mehr Für Unternehmer en (Sigmund sei, aber oft ist eine echte Freud Privatignoriert würuniversität de: „Gute SaKrisensituation Wien Paris) der nierung kostet eine persönliche „Umgang mit Geld, aber das Niederlage Scheitern ein wird zuvor sehr unternehmerioft in den scher Akt“, und schwankenDruyen fordert eine „Kultur den Betrieb gesteckt, sodass des Scheiterns“ – wobei Horst später nicht mehr genügend Piepenburg, Insolvenzverwal- für die wirklich wichtigen ter bei Piepenburg-Gerling, Maßnahmen übrig ist.“ darauf hinweist, dass das Für Dr. Paul Fink (FRH Scheitern bei Unternehmen Rechtsanwälte) ist eine Komnatürlich nicht zur Regel wer- ponente in der Arbeit der Saden dürfe. nierungsberater und InsolGrundsätzlich hätten gerade venzverwalter wichtig: „Wir Eigentümer große Schwierig- müssen Psychologen sein und keiten mit dem Scheitern. Das erspüren, was im Betrieb los stellt Thomas Austmann he- ist.“ Und Dr. Marc d’Avoine raus, seine Kanzlei Austmann von ATN Rechtsanwälte defi& Partner berät regelmäßig In- niert eine Kernaufgabe der Inhaber mittelständischer Un- solvenzverwalter: „Der profesternehmen in wirtschafts- sionelle Umgang mit dem rechtlichen Fragestellungen. Scheitern und die NeuausrichDie Teilnehmer des zweiten tung für eine erfolgreiche ZuRheinische Post-Wirtschafts- kunft sind die Anforderungen forums „Insolvenzen und Sa- an eine moderne Insolvenznierung“ sind sich einig: Für verwaltung.“ GA-SV06 EXTRA INSOLVENZ UND SANIERUNG GLÄUBIGERSCHUTZ es ja aus Honorierungssicht besser, eine Insolvenz in die Da kann man schon mal nei- Länge zu ziehen. Das wäre disch werden. Als die amerika- gleichzeitig der Tod der kleinische Großbank Lehman nen und mittleren InsolvenzAuch Brothers in der Finanzkrise die verwalter-Kanzleien. Segel strich, rieben sich viele eine Pauschalierung von GeBundesbürger verwundert die bühren kann nicht die Lösung Augen: Bis zu 800 Millionen sein, denn bei vielen InsolEuro an Honorar waren im Ge- venzverfahren ist zu Beginn spräch, weil die beauftragte nicht erkennbar, wie lange und Kanzlei eine gigantische Insol- wie teuer das Verfahren sein venzmasse von rund 15 Milli- wird.“ Hinzu kommt, dass die arden Euro zusammenbekom- vielen kleinen Insolvenzvermen hatte. Bei solchen Sum- fahren bei weitem nicht so lumen kocht oft nicht nur die krativ sind, wie die MillionenVolksseele hoch, auch unter summen der spektakulären Fachleuten wurde diskutiert, Fälle dies vermuten lassen. ob solche gigantischen Hono- Wilhelm Klaas verweist auf die rare angemessen sind. Bedeutung einer angemessen Dabei regelt die Insolvenz- Honorierung: „Es muss eine rechtliche Vergütungsverord- auskömmliche Vergütung danung genau, welche Regelsät- hinter stehen, sonst kann auch ze, Zu- und Abschläge ein In- keine Qualität in der Beratung solvenzverwalter erhält. Alles und Sanierung entstehen.“ hängt von der Von der „Beraterhonorare InsolvenzmasFecht spricht se ab – ausin diesem Zuund Insolvenzverschlaggebend sammenhang walter-Honorare ist dabei nicht, von „Druck“, sind gleichermaßen der durch die wieviel Geld der InsolvenzDiskussion um in der Diskussion“ verwalter am die Honorare Ende an die entstanden ist Gläubiger verteilt, sondern wie und der möglicherweise in die hoch die Insolvenzmasse ist, falsche Richtung führt: „Wenn die er zusammenträgt. Bei gro- man jetzt die Axt an die Honoßen, spektakulären Verfahren rarordnung legt, dann wird es kommen da schnell Millionen- vor allem für kleinere Büros in summen zustande, doch diese Zukunft schwierig, qualitativ Fälle werden immer seltener, vernünftige Leistungen zu lieund im Alltag gibt es für viele fern. Das kleine und mittlere Kanzleien durchaus Risiken. Geschäft darf man jedoch „Beraterhonorare und Insol- nicht wegrasieren!“ venzverwalter-Honorare sind Andererseits stehen Insolgleichermaßen in der Diskus- venzverwalter auch finanziell sion“, betont Dr. Wolf-Rüdiger im Risiko, zumal sie viele Kosvon der Fecht beim RP-Finanz- ten vorfinanzieren müssen. Dr. forum. „Die Honorarsätze sind Dirk Andres verweist etwa daim Gesetz klar geregelt, doch rauf, dass heutzutage von den das Beispiel Lehman hat ge- Sachwaltern erwartet wird, zeigt, in welche Dimensionen dass „sie immer mehr machen. die dort festgelegten Regelsät- Da gibt es für die Zukunft einize führen können.“ ge Diskussionsthemen, vor alHorst Piepenburg verweist lem bei Fragen, welche Aufgain diesem Zusammenhang auf ben mitgemacht werden solden anglo-amerikanischen Be- len, ohne dafür vergütet zu reich, wo Stundenvergütungen werden.“ die Honorarsätze bestimmen: Thomas Austmann vertei„Wir haben in Deutschland ein digt die Honorarordnung: Erfolgshonorierungsmodell: Je „Vieles hängt von der Situation schneller wir etwas für die ab: In der Sanierungsberatung Gläubiger regeln, desto schnel- etwa, in der es oftmals um Kopf ler bekommen wir Insolvenz- und Kragen geht, fällt es immer verwalter unser Honorar.“ einfacher, entsprechende HoGleichzeitig warnt er jedoch norare zu zahlen. Aber machen davor, auf ein Stundenhono- wir uns nichts vor: Es gibt tatrarmodell umzustellen: „Wenn sächlich Qualitätsunterschiewir das machen würden, wür- de, die auch hohe Honorare de sich alles ändern: dann wäre rechtfertigen.“ VON JOSÉ MACIAS VON JÜRGEN GROSCHE Gerechtfertigter Schutz der Interessen aller Gläubiger – oder ein Instrument, das eine wirksame Sanierung bremst? Insolvenz- und Sanierungsexperten sehen beim Thema Insolvenzanfechtung jedenfalls einen hohen Gesprächsbedarf. Umfassend und vielfältig waren die Diskussionen beim zweiten RP-Wirtschaftsforum „Insolvenz und Sanierung“. Teilgenommen hatten Insolvenzverwalter und Sanierungsberater aus Düsseldorf und der Region. FOTOS: ALOIS MÜLLER auflasteten, eine drohende dann nicht von einem SachZahlungsunfähigkeit schon walter vorgegeben werde, der früh zu erkennen. Wie die vielleicht zu restriktiv einfach Richter Indizien bewerteten, nur Forderungen eintreibt. Wilhelm Klaas (Klaas & Kolsei in Teilen schon etwas übertrieben, meint Thomas Aust- legen) weist auf eine Problematik im Zumann (Aust„Eine Schwächung sammenhang mann & Partmit Beratern ner). Es sei ein des Anfechtungshin: Grundrichtiger Anrechtes kann sätzlich sollten satz, das Recht die Sanierung sie ja eigentlich hier zu refordie Lage eines mieren. Vor alschwächen“ Unternehlem komme die mens im VorFrage ja nach einer zunächst erfolgreichen feld einschätzen können. Aber Sanierung wieder auf. Die Fra- in der Praxis bestehe die Gege stelle sich dann: Ist das Un- fahr, dass Insolvenzanträge ternehmen wirklich saniert – immer später gestellt werden, oder muss man wieder eine weil die Berater vorher noch drohende Schieflage früh ein- andere Möglichkeiten ausschöpfen wollen. Das gefährde kalkulieren? Robert Buchalik (Buchalik aber häufig eine spätere SanieBrömmekamp) hat grundsätz- rung. Daher könne eine lich kein Problem mit der An- Schwächung des Anfechtungsfechtung, er hält aber ebenfalls rechtes – das eben auch die Bedie BGH-Rechtsprechung für rater diszipliniert – die Sanie„zu exzessiv“. Eine Sanierung rung schwächen. „Ein Berater muss aufpaswerde hoffnungslos, wenn sich etwa ein zentraler Lieferant sen, dass er nicht selbst in Hafaus Sorge vor Regressen zu- tung gerät“, warnt auch Dr. rückziehe. Hier sieht Buchalik Dirk Andres (AndresPartner). einen Vorteil der Insolvenz in Grundsätzlich sieht er aber Eigenverwaltung. Dabei könn- auch Positives in der Rechtslaten sich die Gläubiger über ihr ge. Manchmal sei es förderlich Vorgehen abstimmen, das für eine Sanierung, wenn man E6 Honorierung: Die Masse macht’s Das Für und Wider der Anfechtungsklage Ein Wort geistert gerade durch die Flure der Gerichte, der Anwalts- und Unternehmensbüros: Insolvenzanfechtung. Insolvenzverwalter nutzen das Instrument gegebenenfalls mit damit verbundener Klage, um Geschäfte rückgängig zu machen, die ein angeschlagenes Unternehmen vor seiner Insolvenz getätigt hat. Die entsprechenden Rechtsvorschriften sollen verhindern, dass einzelne Gläubiger bevorzugt werden. Bis zu zehn Jahre rückwirkend können zum Beispiel Lieferanten verpflichtet werden, erhaltene Zahlungen zurückzuerstatten. Zurzeit wird eine Reform der Insolvenzanfechtung diskutiert. Grund genug, sich auch beim zweiten RPWirtschaftsforum „Insolvenz und Sanierung“ damit zu befassen. „Viele haben das Thema nicht auf dem Schirm“, weiß Corinne Rennert-Bergenthal (ADKL). Die „Schärfe des Schwertes“ sei auch vielen Beratern nicht präsent. Die Gleichbehandlung der Gläubiger sei das „Mantra des Insolvenzrechts“, erklärt Dr. WolfRüdiger von der Fecht und verteidigt den Grundsatz auch als „wichtigen Baustein“ in Insolvenzverfahren. Eine Reduzierung der Zehnjahresfrist hält von der Fecht für gerechtfertigt. „Auch Sachwalter müssen grundsätzlich dieses Mantra hochhalten.“ Dr. Marco Wilhelm (Mayer Brown) erachtet den Grundsatz ebenfalls als „oftmals notwendig für die Restrukturierung“, er diszipliniere die beteiligten Parteien. Allerdings sei die Rechtsprechung „in Teilen sanierungsfeindlich“. Denn Kunden oder Lieferanten, die einem klammen Unternehmen helfen wollen, gingen ein Risiko ein, das sie bei zu restriktiver Rechtsprechung eher meiden. Ähnliches gelte auch für Berater, wie aktuelle Urteile zeigen. Für Schlagzeilen sorgten insbesondere Urteile des Bundesgerichtshofes (BGH), die Gläubigern große Verantwortung RHEINISCHE POST FREITAG, 23. OKTOBER 2015 allein schon das Mittel der An- auf keinen Fall mit Vollstrefechtung ins Gespräch bringen ckung oder Insolvenzantrag drohen. Das ist eine Steilvorlawürde. Was ergibt sich aus alledem ge für den Insolvenzverwalter, für die Praxis? Buchalik em- der anfechten will.“ Man müsse aber auch nicht fiehlt eine Checkliste: Wenn ein Kunde bei Ratenzahlungen bei jedem Schreiben eines Instottert, sei eine Mahnung ver- solvenzverwalters Angst bebunden mit weiterem Abwar- kommen, wendet Horst Pieten töricht. Hier müsse der Lie- penburg (Piepenburg Gerling) ferant die drohende Zahlungs- ein. Wenn der Verwalter offenunfähigkeit erkennen. „Wenn sichtlich ein Rundschreiben an ein Kunde Ratenzahlungen viele Gläubiger mit Anfechtunverlangt, sollte man sich darauf gen verschickt, müsse man nur einlassen, wenn man si- nicht gleich zahlen: „So eincher davon ausgehen kann, fach ist das mit der Anfechtung dass er nicht drohend zah- auch wieder nicht.“ Nicole Irmer lungsunfähig (Allianz) empoder gar zah- „Man muss nicht bei fiehlt Manalungsfähig ist. jedem Schreiben gern darüber Das kann zum eines Insolvenzhinaus, sich Beispiel durch gegen solche eine entspreverwalters Angst juristischen chende Erkläbekommen“ Unwägbarkeirung seines ten zu schütSteuerberaters aus der Welt geräumt werden. zen. Die VersicherungsexperBesser aber ist es, anstelle einer tin findet es indes erstaunlich, Ratenzahlung eine Verlänge- dass viele Geschäftsführer keirung der Zahlungsziele zu ver- ne Versicherung gegen Vermögensschäden hätten. Fahrläseinbaren. Solange der Kunde inner- sig sei es auch, keine Strafhalb der verlängerten Zah- rechtsschutzversicherung zu lungsziele zahlt, ist das völlig haben. Sinnvoll könnten auch unkritisch. Wenn der Kunde Vertrauensschadenversichebei Ratenzahlungen stottert, rungen sein. GA-SV07 RHEINISCHE POST FREITAG, 23. OKTOBER 2015 EXTRA INSOLVENZ UND SANIERUNG E7 Tausche Altschulden gegen Hochprozentiges Immer mehr Unternehmen lösen ihre Bankverbindlichkeiten ab und geben dafür Unternehmensanleihen aus. Die Umschuldung kann sich aus verschiedenen Gründen lohnen. VON MATTHIAS VON ARNIM Hochzinsanleihen, in der internationalen Bankensprache High-Yield-Bonds genannt, galten lange Zeit als Wertpapiere für Zocker-Naturen. Denn solche Anleihen bieten zwar deutlich höhere Renditen als sichere Staatsanleihen wie beispielsweise Bundespapiere. Damit ist aber auch das entsprechend größere Risiko eines Zinsausfalls oder sogar eines Totalverlusts verbunden. Rating-Agenturen bewerten Hochzinsanleihen unterhalb des sogenannten Investment Grade. Bei Standard & Poor’s sowie Fitch ist das BB+ und jedes Rating darunter, bei Moody’s Ba1 und jedes Rating darunter. Solche Ratings sagen: Wer als Anleger keine guten Nerven hat, sollte die Finger davon lassen. Zockerpapiere sind Hochzinsanleihen deshalb jedoch nicht. Der Markt hat sich enorm entwickelt. Das wird schon an der Umsatzentwicklung deutlich: Vor zehn Jahren gab es in Europa de facto noch keinen Markt für Hochzinsanleihen. Vor fünf Jahren wurden High-Yield-Bonds im Wert von insgesamt 61 Milliarden USDollar emittiert. Im vergangenen Jahr betrug das Emissionsvolumen in Europa 121 Milliarden US-Dollar. Kein Wunder, dass der Markt boomt: Für institutionelle Investoren sind High-Yield-Bonds als Depotbeimischung immer interessanter geworden. Denn beispielsweise Pensionsfonds, Hedgefonds oder Versicherungen haben angesichts des langanhaltend niedrigen Zinsniveaus immer mehr Probleme damit, die RenditeVersprechen zu halten, die sie ihren Kunden vor Jahren gegeben haben. Staatsanleihen mit hoher Bonität wie etwa Bun- „Im Idealfall ist die Finanzierung über Anleihen günstiger als ein Bankkredit“ Dr. Marco Wilhelm Mayer Brown desanleihen bieten nur noch Renditen nahe der Nulllinie. Die Institutionellen greifen deshalb gerne zu, wenn Papiere auf den Markt kommen, die eine überdurchschnittliche hohe Verzinsung bieten. „Für Unternehmen, die ihre Bank-Verbindlichkeiten neu sortieren wollen oder müssen, ist das eine Chance“, sagt Dr. Marco Wilhelm von der Wirtschaftskanzlei Mayer Brown. Firmen, die einen Teil ihrer Kredite bei den Banken ablösen und dafür Unternehmensanleihen ausgeben, hatten in den zurückliegenden Jahren gute Chancen, Abnehmer dafür zu finden. Vorteil solch einer Umschuldungsmaßnahme: Schulden die Unternehmen einen Großteil ihrer Verbindlichkeiten um, sorgt das langfristig für mehr Planungssicherheit. Anleihen mit Laufzeiten zwischen fünf und sieben Jahren mit festen Zinsen sorgen dafür, dass die Unternehmen Zeit gewinnen. Gerade für Firmen, die sich in einem Restrukturierungsprozess befinden, sind wichtige Argumente. Und es gibt weitere gute Gründe. So profitieren zuweilen auch die für alle Unternehmen geeignet betreffenden Banken von sol- ist. „Um solch einen Schritt zu chen Umschuldungen: „Durch gehen, muss ein Unternehmen die neuen Regulierungsvor- schon eine gewisse Größe haschriften der vergangenen Jah- ben“, sagt Marco Wilhelm. re sind Banken angehalten, Denn die Emission von Anleiihre Eigenkapitalstruktur zu hen ist mit einer Menge Aufverbessern. Da kam es der ei- wand verbunden. Die Prospekterstellung, die nen oder anderen Bank schon Es geht bei der Emis- Roadshows zu den potenzieleinmal gelesion von Anleihen len Käufern, gen, wenn sie um Kreditvolumina die Due Dillieinen Schuldvon mindestens gence, also die ner aus ihren Büchern strei200 Millionen Euro Bewertung des Unternehchen konnte“, mens, der Geerklärt Wilhelm. Denn schließlich muss schäftsentwicklung und des jeder Kredit, den eine Bank Risikopotenzials, schließlich ausgibt, mit Eigenkapital hin- der Verkauf der Anleihen über terlegt sein. Die Regeln dafür die Banken an die Investoren. sind seit der Finanzkrise im- Da kommen hohe Kosten zumer weiter verschärft worden. sammen, die sich erst ab eiZwar gibt es bei einer Um- nem gewissen Betrag rechnen. Konkret: Hier geht es um strukturierung der Schulden in Hochzinsanleihen scheinbar Kreditvolumina von mindesnur Gewinner. Das heißt je- tens 200 Millionen Euro. „Für doch nicht, dass diese Option einen mittelgroßen Malermei- sterbetrieb ist das Instrument nicht geeignet“, so Wilhelm. In Deutschland kalkuliert eine ganze Reihe von mittelständischen Unternehmen mit solchen Kreditvolumina. „Gerade eigentümergeführte Unternehmen sind oft über die Jahrzehnte gewachsen – und mit ihnen auch ihre Kreditstrukturen. Da macht es zuweilen Sinn, diese mal anzupassen“, sagt Marco Wilhelm. Dabei gilt die Faustregel: Je krisenfester die Produktpalette der Unternehmen und ihre Bilanz, desto weniger Zinsen müssen sie erfahrungsgemäß für ihre Anleihen bieten, und desto leichter finden sich Käufer. „Im Idealfall ist die Finanzierung über Anleihen für die Firmen unterm Strich manchmal sogar günstiger als die alten Bankkredite“, erklärt Wilhelm. Fazit: Hochprozentiges muss für Unternehmer nicht teuer sein. INTERVIEW PROFESSOR JÜRGEN WESSING Wenn der Staatsanwalt zweimal klingelt für rechtfertigen, auch vor dem Staatsanwalt. Ist das deutsche Insolvenzrecht schädlich für das Unternehmertum? JÜRGEN WESSING Sagen wir es anders: Es ist ein kultureller Unterschied, der sich in Form von Gesetzestexten wiederfindet. In den USA scheitern Sie und können mit einer neuen Unternehmung beweisen, dass Sie etwas gelernt haben. In Deutschland scheitern Sie und Professor Jürgen Wessing, Fachanwalt für Strafrecht in der Kanzlei Wessing & Partner Wer hierzulande mit seinem Unternehmen Insolvenz anmeldet, steht oft schon mit einem Bein im Gefängnis. Professor Jürgen Wessing, Fachanwalt für Strafrecht, über die Gefahren des Zögerns. Herr Professor Wessing, Sie bieten auf Ihrer Website strafrecht.de eine „DurchsuchungsApp“ an. Was hat es damit auf sich? JÜRGEN WESSING Wenn Sie als Unternehmer Insolvenz anmelden, dann geht Ihre Akte immer über den Tisch eines Staatsanwalts. Der prüft, ob Sie rechtzeitig die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung erkannt und entsprechend gehandelt haben. Dafür haben Sie als Geschäftsführer drei Wochen Zeit. Wenn Sie diese Frist überschritten haben, machen Sie sich strafbar. Bei der Untersuchung dieses Sachverhalts sind Staatsanwälte nicht zimperlich. Um an die benötigten Unterlagen zu gelangen, ordnen sie auch schon mal Durchsuchungen in Geschäftsräumen an. Für solche Fälle haben wir die App entwickelt. Die gibt erste präzise Hilfestellungen und verbindet Sie bei Bedarf direkt telefonisch mit einem unserer Rechtsanwälte. Das klingt ja abenteuerlich. Unternehmer in Not sind in der Regel doch keine Straftäter, sondern einfach nur knapp bei Kasse, oder? JÜRGEN WESSING Insolvenzrecht und Strafrecht gehen hierzulande fließend ineinander über. Für viele Geschäftsführer ist eine Insolvenz deshalb nicht nur auf geschäftlicher Ebene eine Niederlage, sondern auch ganz persönlich eine Katastrophe. Denn viele Unternehmer klammern sich bis zuletzt an ihr Geschäft, schießen eigenes Vermögen ein, verpfänden ihr Haus, gehen persönlich große finanzielle Risiken ein, um das Unternehmen zu retten – und werden am Ende dafür vom Staatsanwalt persönlich in Haftung genommen. Die Rechtslage in Deutschland ist nun einmal so. Andere Länder handhaben das anders. Zum Beispiel? JÜRGEN WESSING Zum Beispiel die USA. Da ist es nicht unüblich, als Unternehmer zwei oder drei Firmen zu gründen, Pleite zu gehen und erst mit der vierten Unternehmung reich zu werden. Scheitern gehört einfach dazu und ist gesellschaftlich akzeptiert. Diese Grundhaltung spiegelt sich auch in der Gesetzgebung dort wieder. Natürlich können Sie als zahlungsunfähiger Unternehmer auch in den USA vor wurf der Insolvenzverschlep- JÜRGEN WESSING Wenn eine pung wehren muss, sollte man Insolvenz droht, sollten sie einen guten Anwalt an seiner nicht zu lange zögern und nicht Seite haben. zu lange auf Der kostet das Prinzip „Der erste und wichGeld. Und das Hoffnung settigste Schritt sollte zen. Denn der ist nun mal, wenn es um Insein, eine Manager- Tod der Hoffsolvenzen Haftpflichtversiche- nung ist die Gegeht, meistens burtsstunde gerade knapp. rung abzuschließen“ des Strafverfahrens. Haben Sie noch einen guten Rat für GeschäftsDAS INTERVIEW FÜHRTE MATTHIAS VON ARNIM führer? Wie können sich Geschäftsführer hierzulande davor schützen, als Straftäter behandelt zu werden? JÜRGEN WESSING Der erste und wichtigste Schritt sollte sein, eine Manager-Haftpflichtversicherung abzuschließen. Und zwar ganz persönlich, nicht für die Firma. Denn wenn man sich vor Gericht gegen den Vor- .UHSOLQ 3DUWQHU FOTO: MICHAEL LÜBKE Gericht landen, aber nur dann, wenn jemand Sie verklagt hat. Da geht es dann auch nicht darum, ob Sie bestimmte Fristen eines Insolvenzrechts einhalten, sondern ob Sie jemanden betrogen haben. Wenn jemand geliehenes Geld nicht zurückbekommt, fühlt er sich doch schnell betrogen. Banken zum Beispiel sind da in der Regel doch recht hartnäckig, auch in den USA. Oder? JÜRGEN WESSING Bei der Finanzierung von Unternehmen spielen Banken in den USA eine ganz andere Rolle als hierzulande. In den Staaten ist es üblicher, private Investoren ins Boot zu holen. Die erhoffen sich Chancen, wissen aber in der Regel auch, dass eine unternehmerische Beteiligung immer auch ein Risiko bedeutet. Ein Mark Zuckerberg beispielsweise schmeißt geradezu mit Geld um sich und investiert in viele Unternehmen, von denen auch viele scheitern. Aber einige schaffen vielleicht den ganz großen Durchbruch. Das rechnet sich unterm Strich. Die Unternehmer, die scheitern, werden nicht verklagt, weil sie es nicht geschafft haben. Die nehmen oftmals einfach neuen Anlauf. Und finden dafür auch wieder Investoren, wenn die Geschäfts-Idee gut ist. Von solch einer Mentalität sind wir hier weit entfernt. Wer hierzulande scheitert, muss sich da- müssen vor Gericht beweisen, dass Sie keine Formfehler begangen haben. 5HFKWVDQZlOWH 6DQLHUXQJVEHUDWXQJDXVGHP%OLFNZLQNHOHUIDKUHQHU,QVROYHQ]YHUZDOWHU 1XW]HQ6LHGLH.ULVHDOV&KDQFHIUHLQHQ1HXEHJLQQ8QVHUHODQJMlKULJH(UIDKUXQJLP5DKPHQ GHU,QVROYHQ]YHUZDOWXQJHUP|JOLFKWHVXQVPDJHVFKQHLGHUWHXQGLQGHU 3UD[LVEHZlKUWH/|VXQJHQDQ]XELHWHQ :LUVWHKHQ,KQHQLQDOOHQ.ULVHQVLWXDWLRQHQPLWHLQHPOHLVWXQJVVWDUNHQNUHDWLYHQXQGHIIL]LHQWHQ 7HDPGDXHUKDIW]XU6HLWH .UHSOLQ3DUWQHU5HFKWVDQZlOWHXQG,QVROYHQ]YHUZDOWHU $QVSUHFKSDUWQHU5HFKWVDQZDOW*HRUJ).UHSOLQ $GOHUVWUDH 'VVHOGRUI 7HO )D[ (PDLONUHSOLQ#NUHSOLQSDUWQHUGH 'VVHOGRUI'RUWPXQGÂ(VVHQ Â +DPEXUJ Â.REOHQ] Â .|OQ Â .UHIHOG Â 0|QFKHQJODGEDFK Â :XSSHUWDO ZZZNUHSOLQSDUWQHUGH GA-SV08 EXTRA INSOLVENZ UND SANIERUNG Verwalter entlasten und absichern Die interdisziplinäre Kanzlei Abels Decker Kuhfuß Lenzen (ADKL) bietet für Insolvenzverwalter zahlreiche rechtliche, steuerliche und betriebswirtschaftliche Dienstleistungen an. VON PATRICK PETERS Die Welt wird immer komplexer. Ständig verändern sich gesetzliche Regelungen, die Behörden passen ihre Kontrollmechanismen an, dadurch steigen die Anforderungen im betrieblichen Alltag. Aber eben nicht nur da, wie Corinne Rennert-Bergenthal, Partnerin bei der interdisziplinären Kanzlei Abels Decker Kuhfuß Lenzen (ADKL) und Leiterin der Praxisgruppe für Insolvenzdienstleistungen und Sanierung/Restrukturierung, betont. „Auch Insolvenzverwalter unterliegen diesen Herausforderungen. Sie sind als Manager in Krisenzeiten eines Unternehmens gefragt und können nicht alle angrenzenden rechtlichen Fragestellungen in ihren Details kennen. Das führt dazu, dass sich auch Insolvenzverwalter in ihren Verfahren möglichen Problemen aussetzen, etwa im Insolvenzsteuerrecht oder auch im Insolvenzarbeitsrecht.“ Es brauche viel Expertise, um beispielsweise Insolvenzrecht und Steuerrecht zusammenzubringen. „Eigentlich passt das nämlich nicht zusammen, aber in den Verfahren müssen die Sonderbedingungen erkannt umgesetzt werden. Beachtet ein Insolvenzverwalter diese Anforderungen nicht, kann das zu einem Verfahren durch die Steuerbehörden führen – und zwar gegen den Insolvenzverwalter“, betont die Wirtschaftsprüferin, Rechtsanwältin und Steuerberaterin. Eines der Be- ratungsmodelle von ADKL beruht deshalb auf der Begleitung von Insolvenzverwaltern, um alle in einem Verfahren notwendigen Rechtsgebiete abdecken zu können und die Verwalter damit sowohl abzusichern als auch zu entlasten. Die Tätigkeit der Kanzlei reicht bis zur Prozessführung, denn immer wieder endeten Insolvenzsteuerangelegenheiten vor Gericht. Aufgrund ihrer Erfahrung im Insolvenzrecht, der Sanierung und Restrukturierung von Unternehmen und des Full Service-Ansatzes aus Wirtschaftsprüfung, Rechtsberatung und Steuerberatung werden Corinne Rennert-Bergenthal und die weiteren Partner und Mitarbeiter des Fachbereichs immer wieder in Verfahren als Dienstleister eingebunden, und zwar in Regelinsolvenzen und Eigenverwaltungen nach dem seit 2012 gültigen Gesetz ESUG. Ein Beispiel für die Tätigkeit: „Insolvenzverwalter und Sachwalter in Eigenverwaltungsverfahren schauen sehr häufig genau hinter die Vorgänge der Vergangenheit, um beispielsweise Entscheidungen und Zahlungen im Sinne der bestmöglichen Gläubigerbefriedigung anzufechten. Wir bieten Services an, große Corinne Rennert-Bergenthal, Partnerin bei der interdisziplinären Kanzlei Abels Decker Kuhfuß Lenzen (ADKL) FOTO: LÜBKE Datenmengen nach bestimmten Parametern zu durchsuchen, um die offenen Fragen des Verwalters zu beantworten. Am Ende steht dann ein Gutachten unseres Hauses, das dem Verwalter bei seiner Entscheidungsfindung hilft.“ Solche Aufgaben würden an ADKL aber nicht nur in größeren Verfahren herangetragen, sondern auch in kleineren und mittleren. „Wir überprüfen natürlich auch, ob durch die Eigenverwaltung mit entsprechender Sanierung oder eben der Regelinsolvenz grobe Fehler der Vergangenheit verschleiert werden sollen“, betont Corinne Rennert-Bergenthal. Zu den Dienstleistungen der von Corinne Rennert-Bergenthal geleiteten Praxisgruppe gehört auch die vorinsolvenzrechtliche Beratung. Mit dieser Symbiose aus Rechts-, Steuerund Unternehmensberatung macht ADKL Unternehmen in Zahlungsschwierigkeiten wieder zukunftsfit. „Dabei geht es um eine nachhaltige Sanierung, genau wie in der Eigenverwaltung und Regelinsolvenz. Wir müssen leistungswirtschaftliche Prozesse neu anstoßen, um wirklich Erfolg zu haben. Es nur mit frischen finanziellen Mitteln zu versuchen, geht nicht immer gut aus, denn diese sind immer mit Kosten verbunden, seien es Kredite oder bei Investorenkapital die Abtretung von Gesellschaftsanteilen.“ Die Partnerin wünscht sich gerade im Mittelstand, zugunsten der Mitarbeiter und der Unternehmen, noch mehr Rationalität bei dem Thema Sanierung und Insolvenz. „Viele Unternehmer stecken bis zum letzten Tag noch Geld in ihren Betrieb, anstatt gemeinsam mit einem Fachmann die notwendigen Schritte anzupacken. Doch das Geld ist dann verloren und kann nicht mehr anderweitig eingesetzt werden.“ RHEINISCHE POST FREITAG, 23. OKTOBER 2015 E8 FIRMENRETTUNG Den Sinkflug stoppen Wenn es bei Unternehmen hakt, müssen sie reagieren, bevor die Probleme überhand nehmen. Sanierer können helfen, den Sinkflug rechtzeitig zu stoppen. Ziel ist immer, das Unternehmen zu retten. VON JÜRGEN GROSCHE „Eine Sanierung kann erfolgreich sein, wenn die entsprechenden Prozesse früh beginnen“, sagt Dr. Maximilian Pluta, Partner in der Anwaltskanzlei Pluta. Der Rechtsanwalt, Diplomkaufmann und Steuerberater weiß, wovon er spricht: Die Spezialisten sind als Unternehmensretter unterwegs – entweder als Berater im Vorfeld einer Krise oder als Insolvenzverwalter, wenn denn ein solcher Ernstfall eingetreten ist. So oder so: „Unser Ziel ist immer, das Unternehmen zu erhalten“, betont Pluta. Und er freut sich, wenn er ein paar Jahre später an einem Standort vorbeifährt, der immer noch das Namensschild der geretteten Firma trägt. Eine Krisensituation verläuft über mehrere Stadien; es gilt, sie zu erkennen und die passenden Maßnahmen zu ergreifen. Im ersten Stadium erreicht ein Unternehmen seine erwartete Zielrendite nicht. Dies ist an sich noch nicht gefährlich. Bevor nun der Sinkflug beginnt, untersuchen die Berater, welche finanziellen oder operativen Maßnahmen dazu beitragen können, die Rendite wieder zu steigern. Eine Ertrags- oder Liquiditätskrise wird schon bedrohlicher. „Hier ist es wichtig, sich gegenüber den Finanzierungs- Dr. Maximilian Pluta, Partner in der Anwaltskanzlei Pluta partnern transparent zu verhalten“, rät Pluta. Die Sanierungspartner können hier als Vermittler zwischen diesen Partnern und dem Unternehmen dienen und beiden Seiten erklären, was nun nötig ist. So erwarten Finanzierer vor allem ein klares Sanierungskonzept. Befindet sich ein Unternehmen bereits im bedrohlichen Sinkflug, dann sei wichtig, Haftungsfälle zu vermeiden, erklärt Pluta weiter. „Wir zeigen dann auf, wie lange der Unternehmer noch selbstständig handeln darf und wann es besser ist, einen Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung zu stellen.“ Um richtig gut zu beraten, müssen die Juristen in die Betriebe gehen. „Wir müssen die Abläufe studieren, um die richtigen Methoden zur Sanierung zu finden“, sagt Pluta. „Das ist nur vor Ort möglich. Wir müssen alle Beteiligten kennenlernen und schauen, dass der Einkauf wieder auf die Beine kommt, die Produktion weiter läuft und Lieferanten sind zu bezahlen“, schildert der Anwalt seine Arbeit. „Sie müssen da schnell die Leute finden, die das Geschäft wirklich verstehen“, fügt der Sanierungsexperte hinzu. Das FOTO: KLAUS HAAG seien durchaus auch mal ande- Gespräche mit Banken und anre als die Geschäftsführer. Sa- deren Gläubigern führen“, ernierer und Insolvenzverwalter klärt der Experte. Vermitteln, seien oft eher als Unternehmer externe Expertise anbieten, die tätig denn als Juristen. Wäh- Entwicklung mit dem Blick von rend für eine Beratung vor ei- außen bewerten – das sind die ner Insolvenz durchaus Zeit Eigenschaften, mit denen die zur Verfügung steht, müssen Sanierer Schlimmeres verhindie Retter gerade zu Beginn ei- dern können. „Häufig lässt nes Insolvenzverfahrens sehr sich eine Insolvenz im Vorfeld schnell entscheiden. „Da muss vermeiden“, sagt Pluta. „Je früüber Bestellungen oder ausste- her man den Sinkflug erkennt, desto besser hende Zahlungen heute entkann man ihn Mittlerweile ist schieden werabwenden.“ die Kanzlei an den, nicht Für ihre Ar36 Standorten in morgen“, beit brauchen bringt Pluta es die Sanierer Deutschland auf den Punkt. viel Fingerspitvertreten Die Kanzlei zengefühl. Und Pluta arbeite Erfahrung. Die daher teamorientiert. Zum hat die Anwaltskanzlei Pluta Team gehören zum Beispiel durchaus, blickt man auf die Steuerberater, Betriebswirte Historie. Sie wurde vor mehr und Arbeitsrechtler. Die Sanie- als 30 Jahren in Ulm gegrünrer können auch als Interims- det. Mittlerweile ist die Kanzlei manager selbst im Unterneh- an 36 Standorten in Deutschmen Verantwortung überneh- land vertreten, dazu kommen men, Verhandlungen mit Be- vier Büros in Spanien und je eitriebsräten führen, mit Kun- nes in Italien und Polen. Die den und Lieferanten sprechen. Kanzlei beschäftigt mehr als „Das geht weit über andere Be- 330 Mitarbeiter, davon mehr ratungsangebote hinaus“, be- als 70 Berufsträger (unter ihtont Pluta. nen neben Anwälten und SteuWichtig ist den Anwälten erberatern auch mehr als 35 ihre Unabhängigkeit von allen gerichtlich bestellte InsolvenzBeteiligten. „So können wir verwalter und mehr als 20 Sazum Beispiel oft effektivere nierungsexperten). Die Chance steht im Fokus VON PATRICK PETERS !!$ ($$ &! "'(!$ % !% %!) +)$*'( # %'$('($$( %$'( $( %! +"' # ($'$(( $( ( $ %'( # # # # # # Deutsche und Niederländer machen, vor allem entlang der Grenze, gerne Witze übereinander. Und doch nehmen sich die Nachbarn ernst – aus gutem Grund: NordrheinWestfalen ist für das Königreich der wichtigste Handelspartner (allein der Export beläuft sich auf 40 Milliarden Euro, mehr als in die sogenannten BRIC-Staaten), rund 3000 niederländische Unternehmen haben sich in Nordrhein-Westfalen angesiedelt und 25 Prozent des gesamten niederländischen Exports geht nach Deutschland. Anhand dieser Zahlen stellte Frank van Beuningen, stellvertretender Generalkonsul der Niederlande, beim „Dutch Legal Day“ der Wirtschaftskanzlei Beiten Burkhardt auf Schloss Dyck in Jüchen die Bedeutung der deutsch-niederländischen Wirtschaftsbeziehungen heraus. Bereits zum achten Mal organisierte Beiten Burkhardt ihren „Dutch Legal Day“ mit deutschen und niederländischen Rechts- und Wirtschaftsexperten, unter anderem ein Richter des Amtsgerichts Hamburg, ein Rechtsprofessor, Restrukturierungsund Transaktionsberater und ein Insolvenzverwalter. Die Kanzlei unterhält am Düsseldorfer Standort ihr von Regine Nuckel geleitetes „Dutch Desk“ und berät deutsche und niederländische Unternehmen bei allen wirtschaftsrechtlichen Fragestellungen im deutschen Recht. Im Mittelpunkt des diesjährigen Wirtschaftstreffens stand die Frage „Insolvenz – Pleite oder Chance?“. Spezialisten aus beiden Jurisdiktionen diskutierten darüber und stellten die Unterschiede zwischen den Nationen, aber auch deren Gemeinsamkeiten beim Umgang mit Unternehmenskrisen heraus. Eine Aussage der Runde, die für beide Länder gleicher- maßen gilt: „Die Chance steht im Fokus, die Krise ist immer eine Chance, etwas zu verändern und einen Neustart zu gewährleisten“, wie Rechtsanwältin Regine Nuckel es formuliert. Aber der Weg dorthin ist ein anderer, wie die Experten feststellen. In Deutschland sei das Insolvenzrecht sehr sanierungsfreundlich. Ziel sei es, Unternehmen in der Insolvenz zu sanieren und dann in eine erfolgreiche Zukunft zu entlassen – sofern das leistungswirtschaftlich möglich und sinnvoll sei. In den Niederlanden hingegen führe eine Insolvenz in aller Regel zur Liquidation des ursprünglichen Unternehmens, oft über einen Verkauf (wobei auch dann der zumindest teilweise Fortbestand natürlich gesichert werden könne). Dafür werde alles daran gesetzt, im Vorfeld einer Insolvenz mithilfe sämtlicher möglicher Sanierungsinstrumente einen Turnaround zu schaffen. GA-SV09 EXTRA INSOLVENZ UND SANIERUNG VON PATRICK PETERS Als Wirtschaftskanzlei mit einem Kompetenzspektrum, das alle Bereiche des Wirtschaftsrechts abdeckt, ist Beiten Burkhardt sowohl bei mittelständischen als auch großen Mandanten bekannt. Dabei forciert die stark wachsende Kanzlei einen integrierten Beratungsansatz und bringt Kompetenzen aus zahlreichen Rechtsgebieten zusammen, vom Arbeitsrecht über Gesellschaftsund Transaktionsrecht bis hin zum Öffentlichen Recht. „Unsere Beratung erstreckt sich über acht Kernsektoren, in denen wir regelmäßig unterwegs und für die wir auch bei den Mandanten bekannt sind. Dazu gehören Automotive, Energie, Family Offices/Stiftungen, Finanzwirtschaft, Gesundheitswesen, Immobilienwirtschaft, Medien und die Öffentliche Hand. Als Spezialkompetenz setzen wir die Interessen unserer Mandanten auch in großen Schiedsverfahren und vor Gericht durch“, sagt der Dr. Guido Krüger, Fachanwalt für Steuerrecht und als Partner der Kanzlei Mitglied im fünfköpfigen Geschäftsführungsgremium. Beiten Burkhardt setzt diese Expertise auch für Insolvenzverwalter direkt ein, also über die Begleitung in Verfahren hinausgehend. „Wir sind die Berater der Verwalter“, betont Guido Krüger, „und begleiten Kanzleien bei zahlreichen Fragestellungen, die für sie wichtig sind.“ Durch die Interdisziplinarität der international tätigen Kanzlei können Insolvenzverwalter so auf Expertise zurückgreifen, die sie sonst in ihrer eigenen Kanzlei vorhal- ten müssten – oder ohne diese sie in Schwierigkeiten geraten können. Guido Krüger nennt zwei Beispiele: „Da ist zum einen die immer im Raum stehende Frage des Insolvenzsteuerrechts. Es existieren einige wesentliche Punkte, die ein Verwalter selbst erledigen muss, um Rechtssicherheit zu erlangen. Dabei beraten wir ihn, damit ein Verfahren nicht mit Problemen mit der Finanzverwaltung für ihn endet.“ Zum anderen trete Beiten Burkhardt vor allem durch seinen etablierten Wirtschaftsprüfungsgesellschaftsbereich auch immer wieder als Unternehmensberater bei Verwaltern auf. „Gerade in Zeiten mit sehr wenigen Verfahren kann die Menge von Mitarbeitern, die Kanzleien vorhalten müssen, um alle notwendigen Tätigkeiten in einem Verfahren ausüben zu können, zu einem wirtschaftlichen Risiko werden. Dann kommen wir ins Spiel und erarbeiten Lösungen dafür.“ Das Renommee der Kanzlei, die mittlerweile 270 Anwälte in zehn weltweiten Büros beschäftigt und durch spezialisierte Auslands-Desks von Deutschland aus viel internationales Geschäft betreut, hat sich in dem Bereich auch aufgrund von Partnern wie Guido Krüger entwickelt. Er hat 2010 beispielsweise vor dem Bundesfinanzhof die Gewerbesteuerfreiheit für Insolvenzverwalter durchgesetzt, und genau wie andere Beiten Burk- E9 SANIERUNGSBERATUNG „Wir sind die Berater der Verwalter“ Selbst nicht in der Insolvenzverwaltung tätig, unterstützt die international tätige Wirtschaftskanzlei Beiten Burkhardt Insolvenzverwalter bei Spezialfragestellungen und nimmt auch in großen Restrukturierungsverfahren oft eine federführende Rolle ein. RHEINISCHE POST FREITAG, 23. OKTOBER 2015 Lotsen durch schwierige Zeiten hardt-Partner ist er kontinuierlich in die Mandatsarbeit bei Verwaltern eingebunden. Übrigens binden Verwalter die Kanzlei mit ihren Kompetenzen auch in laufenden Verfahren ein, um Spezialfragestellungen zu lösen. Dann kommt auf Wunsch das gesamte wirtschaftsrechtliche Instrumentarium zum Einsatz, so dass Insolvenzverwalter sich auf ihre Kernaufgabe konzentrieren können. Eine eigene Verwaltungspraxis besitzt Beiten Burkhardt, auch aus diesem Grund, nicht. Dafür treten die Berater immer wieder in großen Sanierungsund Restrukturierungsverfahren auf, erstellen Gutachten, implementieren Prozesse – und überwachen für Mandanten beispielsweise die wirtschaftliche Lage bei deren Zulieferern. „Ein Beispiel dafür ist eines unserer Großmandate in der Industrie. Wir haben in einem weltweit operierenden Konzern eine Struktur etabliert, die Krisenwarnsignale aller wichtigen Zulieferer erfasst und bewertet. So können wir frühzeitig tätig werden, um Probleme für den Mandanten zu vermeiden“, erläutert Guido Krüger. Ebenso ist die arbeitsrechtliche Expertise sehr gefragt. Bei vielen Großverfahren haben Beiten Burkhardt-Rechtsanwälte die arbeitsrechtliche Seite übernommen und als Teil der Restrukturierungsmaßnahmen das Personal neu organisiert. Dr. Guido Krüger, Fachanwalt für Steuerrecht und Partner bei Beiten Burkhardt Wenn insolvenzerfahrene Kanzleien in der Sanierung beraten, trauen sie sich auch an Tätigkeiten heran, die andere Berater oft scheuen. Und ihre Tipps zeugen von der in Insolvenzverfahren erworbenen Kenntnis. VON JÜRGEN GROSCHE Der Name sagt schon viel: Die Düsseldorfer Kanzlei von der Fecht LLP führt den Namenszusatz „Rechtsanwälte & Steuerberater“; sie ist also nicht allein in ihrem klassischen Feld der Insolvenzverwaltung tätig. Die seit 1970 bestehende Sozietät hat ihr Arbeitsgebiet erweitert – eine Konsequenz der neuen rechtlichen Rahmenbedingungen. „Seit Einführung des ESUG ist alles aus einer Hand möglich, und das wird von den Richtern auch akzeptiert“, beschreibt Partner Dr. Wolf-Rüdiger von der Fecht einen Wandel in der Branche, der durch das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) ausgelöst wurde. Insolvenzverwalter können jetzt auch Unternehmen beraten, Sanierungsberater ins Verwalter-Geschäft vordringen. Dabei gibt es durchaus Unterschiede, sagt von der Fecht: „Mit den Erfahrungen aus der Insolvenzverwaltung können wir anders beraten.“ Ein Beispiel: Von der Fecht beobachtet immer wieder bei Unternehmen, die trotz guter Beratung insolvent wurden, dass kein Geld mehr in der Kasse ist. „Sie wurden so lange beraten, bis kein Geld mehr da war.“ Von der Fecht würde in einem solchen Fall schon in der Sanierungsberatung frühzeitig darauf hinweisen, dass man liquide Mittel vielleicht besser im Insolvenzverfahren nutzen könnte, „denn sie bleiben auch in der Insolvenz erst einmal im Unternehmen“. Mit liquiden Mitteln habe man mehr Spielraum für die Sanierung. Weiterer Unterschied zu herkömmlichen Beratungen: „Wir gehen mit höchstens drei Experten in die Sanierungsberatung“; andere Unternehmen würden häufig viel mehr Berater schicken. Die effizientere Arbeitsweise erklärt von der Fecht ebenfalls mit der Erfahrung aus der Insolvenzverwaltung: „Wir sind firm in der Ana- Dr. Wolf-Rüdiger von der Fecht, Partner der Düsseldorfer Kanzlei von der Fecht LLP lyse der Insolvenzgründe“; die nehmerisch tätig zu werden. Spezialisten können schneller „Falls dann trotzdem eine InLösungen aufzeigen, die keine solvenz in Eigenverwaltung Haftungsrisiken enthalten. unvermeidlich wird, steuern „Wir gehen nur mit geschäft- wir weiter durch.“ Damit überserfahrenen Beratern in die nehmen sie quasi die Funktion Unternehmen“, fügt der von Lotsen. Rechtsanwalt hinzu. Das wirkt Den Zugang zu Unternehsich auf die Qualität der Sanie- men mit Sanierungsbedarf finrung aus: „Wir sind durchaus det die Kanzlei häufig durch auch mal kantiger mit unseren Vermittlung. Banken, WirtEmpfehlungen“, diese würden schaftsprüfer oder Steuerberadann nicht jeter, die Einblick „Wir gehen mit dem in der Firin die Bilanzen ma oder dem und Entwickhöchstens drei Umfeld gefallungen haben Experten in len. Dafür und Schiefladie Sanierungsübernehmen gen erkennen, die Sanieempfehlen von beratung“ rungsprofis der Fecht weiaber auch Orter. „Wir würganverantwortung, wenn dies den uns wünschen, dass Ungewünscht wird. „Wir verste- ternehmer auch selbst frühzeihen uns als Spieler-Trainer, das tiger aktiv werden“, sagt von heißt, wir sitzen nicht nur auf der Fecht. Die Firmenlenker der Bank, sondern spielen müssten aber oft eine psychoauch aktiv mit.“ Also: Schon logische Hürde überwinden. vor der Insolvenz bieten die Von der Fecht versucht, dann Spezialisten an, selbst unter- hier eine Brücke zu bauen: 4=%4 ' 5'% + <+5 ?++ 59- *%4 (/+++ ?'4 =4 ' 9<+ < + ' 41 @'*')'+ )<9 + 3", , 6":;,6!&C1 %9549<+# 2 +'4<+# 594<(9<4'4<+# 2 +5-)>+B>4?)9<+# <95%)+ 2 5% +<4# 2 <#5<4# 2 4<B+% 2 A4<9% 2 4)'+ 2 ') ) 4<+5%?'# 2 4*+ 2 %*+'9B 2 45+ 2 55+ 2 4+( <4971 2 '$+ 2 ))4#*--5 *<4# 2 ++->4 2 ')4-++ 2 4 -4 2 55) 2 -)+B 2 /)+ 2 '0B'# 2 #<4# '+B 2 ++%'* 2 =+%+ 2 =+594 2 <4++<4# 2 =4+4# 2 )+<4# 2 #+5<4# '+#+ 2 -)'+#+ 2 9<99#49 2 )* 2 =4B<4# 2 9)'+ 2 ')+ 2 -)+ 2 594.? 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OKTOBER 2015 EXTRA INSOLVENZ UND SANIERUNG RESTRUKTURIERUNG Gerät ein Unternehmen in die Krise, betrifft dies nicht nur deren Gesellschafter und Arbeitnehmer. Es hat stets auch schwerwiegende Folgen für Kunden und Lieferanten, gegenwärtige und oft auch ehemalige Gläubiger. Mit den richtigen Rechtlich komplexes Gebiet Hebeln zum Erfolg Mit Anfechtungsansprüchen verunsichern Insolvenzverwalter viele Unternehmen. Doch man kann sich wehren, sagen die Spezialisten der Kanzlei Hoffmann Liebs Fritsch & Partner. VON PATRICK PETERS VON JÜRGEN GROSCHE „Die Insolvenz bedeutet nicht automatisch die Abwicklung eines Unternehmens, sondern bringt häufig eine zweite Chance. Im Mittelstand ist das Thema aber sehr emotional besetzt und wird oft als persönliches Scheitern aufgefasst“, sagt Thomas Austmann, namensgebender Partner der Düsseldorfer Wirtschaftskanzlei Austmann & Partner. Gemeinsam mit den Partnern Dr. Nina Böttger und Ulf Marquardt berät Thomas Austmann neben nationalen und internationalen Transaktionen auch bei Restrukturierungen. Für ihn ist die Insolvenz nicht der zwangsläufige Abschluss einer Unternehmenskrise. „In vielen Fällen ist ein Insolvenzverfahren, das zur Zerschlagung eines Unternehmens führt, tatsächlich unvermeidbar. Oft ist dies jedoch gerade dann der Fall, wenn die Symptome einer Krise zu lange verkannt oder verdrängt wurden. Wird rechtzeitig gehandelt und in geeigneter Weise restrukturiert, ist eine Insolvenz in den meisten Fällen vermeidbar. Und sogar die geplante Einleitung eines Insolvenzverfahrens kann als Sanierungsmaßnahme eingesetzt werden, um das Unternehmen wieder nachhaltig profitabel und wettbewerbsfähig zu machen.“ Solche Prozesse zu strukturieren und zu begleiten, setzt, so Austmann, spezielle Expertise auf der Beraterseite voraus. In der Krise spiele der Faktor Zeit eine herausragende Rolle, betonen die Rechtsanwälte. Frühzeitiges Erkennen, Kommunizieren und Handeln seien die wichtigsten Zutaten einer Restrukturierung, durch die eine Insolvenz abgewendet werden kann. „Der überwiegende Teil der Betroffenen reagiert zu spät und setzt sich damit sowohl strafrechtlichen Konsequenzen als auch per- E10 Dr. Nina Böttger, Ulf Marquardt und Thomas Austmann von der Kanzlei Austmann & Partner beraten unter anderem in Restrukturierungsfragen. FOTOS: MICHAEL LÜBKE sönlich zivilrechtlichen Haf- „Beispielsweise sind auch Zahtungsansprüchen aus“, sagt lungen an Lieferanten in dieser Nina Böttger. Zahlungsunfä- Phase anfechtungsgefährdet higkeit setze nicht erst dann und zwar rückwirkend über eiein, wenn der letzte Cent aus- nen Zeitraum von bis zu zehn gegeben und kein Kredit mehr Jahren. Das kann zur Folge hazu bekommen sei, sagt die ben, dass ein Gläubiger nicht Partnerin. „Schon die systema- nur auf seinen aktuellen Fortische Ausnutzung von Zah- derungen sitzen bleibt, sonlungsfristen, wenn bislang im- dern darüber hinaus an den Inmer sofort bezahlt worden ist, solvenzverwalter alles zurückkann von den Gerichten als In- zahlen muss, was er in den diz für Zahlungsunfähigkeit letzten Jahren von dem insolgewertet werden und Zah- venten Unternehmen an Zahlungen erhallungsunfähigWird rechtzeitig in ten hat“, sagt keit muss Ulf Marquardt. rechtlich die geeigneter Weise Dazu reiche es Antragstellung restrukturiert, ist aus, dass aus zur Folge haeine Insolvenz oft seinem Verhalben. Passiert ten geschlosdas nicht, kann vermeidbar sen werden das für einen kann, er wisse Geschäftsführer sehr schmerzhaft werden. um die Probleme seines GeInsolvenzverschleppung kann schäftspartners. „Wer dann zu einer Haftstrafe führen.“ noch Zahlungen von seinem Ganz abgesehen von finanziel- Kunden entgegennimmt, läuft len Folgen: Für jede Zahlung, Gefahr, wie jemand behandelt die das Unternehmen ab dem zu werden, der mit dem später Zeitpunkt tätigt, zu dem der insolvent gewordenen Kunden Insolvenzantrag hätte gestellt gemeinsame Sache zum Nachwerden müssen, haftet der Ge- teil der übrigen Gläubiger geschäftsführer unter Umstän- macht hat – und muss an den den persönlich mit seinem Pri- Insolvenzverwalter all das zurückzahlen, was er seitdem vatvermögen. Werden die Zeichen einer von seinem Kunden an ZahKrise verkannt, so kann dies lungen erhalten hat. Das hat in aber auch zu sehr schmerzhaf- der Folge auch schon so manten Folgen für die Gläubiger chen Lieferanten ebenfalls in führen. Nicht nur, dass sie in die Insolvenz getrieben“, sagt einer Insolvenz mit Sicherheit Ulf Marquardt. Die Wirtschaftsanwälte raden größten Teil ihrer Forderungen abschreiben müssen: ten deshalb dazu, frühzeitig auch anwaltliche und betriebswirtschaftliche Beratung in Anspruch zu nehmen, um Rechtssicherheit zu erlangen, was sie in einer Krise tun dürfen oder müssen, selbst wenn es nicht ihre eigene Krise ist, sondern die eines Geschäftspartners. In einem schon fortgeschrittenen Krisenstadium ist Grundlage allen künftigen Handelns häufig die Erstellung eines belastbaren Sanierungskonzept, beispielsweise nach dem anerkannten Wirtschaftsprüferstandard IDW S6, das den Gläubigern die Ernsthaftigkeit und Erfolgsaussichten des Unterfangens aufzeigt – „die zentrale Frage“, wie Nina Böttger es nennt und darauf hinweist, dass ein Sanierungsgutachten nicht gerade einfach zu erstellen sei und es deshalb umso entscheidender sei, echte Experten einzubinden. Wichtig sei, neben den Banken auch die Kreditversicherer sowie weitere große Gläubiger und Arbeitnehmer von dem Sanierungsvorhaben zu überzeugen. Kurzum: „Restrukturierung und Sanierung ist ein rechtlich komplexes Gebiet an der Schnittstelle zur Unternehmensberatung. Deshalb müssen die Berater rechtlich und wirtschaftlich erfahren sein, aber immer auch Empathie und Verständnis für alle Seiten mitbringen“, fasst Ulf Marquardt zusammen. *OREDO 6ROXWLRQV /RFDO 6WUHQJWK Unternehmer schauen oft wie das Kaninchen auf die Schlange, wenn sie Post vom Insolvenzverwalter eines zahlungsunfähigen Geschäftspartners bekommen. In solchen Schreiben werden sie regelmäßig aufgefordert, schon längst abgewickelte Geschäfte neu aufzurollen und erhaltene Zahlungen zu erstatten. Anfechtungsanspruch nennt sich das Phänomen, das schon manch ein Unternehmen selbst an den Rand schob. „Wir beobachten eine deutliche Zunahme von Insolvenzanfechtungen“, stellt Dr. Volker Hees fest. Der Fachanwalt für Insolvenzrecht muss es wissen: Die Kanzlei Hoffmann Liebs Fritsch & Partner (HLFP), für die er als Partner tätig ist, betreut viele Mandanten, die von Insolvenzverwaltern zu Rückzahlungen aufgefordert wurden. „Wir sind die Insolvenzanfechter“, beschreibt Hees seine Positionierung. „Die Geschäftsführer der Unternehmen kennen die juristischen Feinheiten nicht und zahlen aus Angst, keine Chance zu haben“, erklärt Olga Drobiazko. Die ebenfalls bei HLFP tätige Rechtsanwältin spricht damit den Know-howVorteil an, der den Insolvenzverwaltern zugutekomme. „Doch es lohnt sich immer, genau hinzuschauen“, sagt die Anwältin. Zumindest ein Vergleich sei häufig herauszuholen. So kann die Kanzlei HLFP bei der Abwehr von Anfechtungsansprüchen auf zahlreiche Erfolge verweisen. Für das Technologie- und Dienstleistungsunternehmen technotrans in Sassenberg zum Beispiel konnten die Anwälte eine sechsstellige Forderung auf wenige tausend Euro reduzieren. Ähnliches gelang beim Mandanten A.S. Création Ta- ,* ,& ""# -1,414, $ $!,4)18 $-&"6$8 '$ -"" /( 93( 5--"&, "&$ +% 3(( /33 9 , , ,1$" 22. /923. ,$!4,1 # $ "&$ +% /% .%( 3.2( 8, ,&7$ -1 $ ,1$,-1 # 1 -,$!1, 14$ $ # 1 - 11- "" $& - ** Olga Drobiazko und Dr. Volker Hees von Hoffmann Liebs Fritsch & Partner hohe Quote zur Befriedigung ihrer Forderungen erwarten können, dann sei es doch recht und billig, dass sie sich an Prozessen des Pleite-Unternehmens beteiligen, beschreibt Hees die juristische Argumentationslinie: „Warum soll der Staat über die Prozesskostenhilfe Rechtsstreitigkeiten finanzieren, wenn der Insolvenzverwalter den Gläubigern eine hohe Quote verspricht?“ Sollte sich die Rechtsprechung ändern – eine Gesetzesnovelle ist gerade auf dem Weg –, dann dürfte dies den Geschäftspartnern kriselnder Unternehmen etwas mehr Rechtssicherheit bringen, „Gläubiger und Lieferanten werden mit ihnen wieder eher Geschäfte machen können, ohne gleich das Schlimmste befürchten zu müssen“, sagt Hees. Dennoch dürfte auch dann der Beratungsbedarf hoch bleiben. „Hier bleiben für unsere Mandanten zahlreiche offene Fragen, auf die wir Antworten liefern müssen“, sagt der Anwalt. Natürlich behandeln die Rechtsanwälte der Düsseldorfer Full-Service-Kanzlei nicht nur Anfechtungsklagen. Mittlerweile beschäftigt die seit 40 Jahren bestehende Sozietät 44 Anwälte. „Wir verzeichnen kontinuierliches Wachstum“, sagt Olga Drobiazko. Zu den Mandanten zählen vor allem Mittelständler, darüber hinaus Unternehmen aller Größen – „von einer inhabergeführten GmbH bis zum großen WeltKonzern“. Allein die Rechtsstreitigkeiten rund um Insolvenzen haben aktuell insgesamt einen Streitwert von 59 Millionen Euro; mehr als 60 Gerichtsfälle bearbeiten die Juristen derzeit bundesweit. Im Insolvenzrecht beraten die Experten nicht nur Gläubiger, Lieferanten und Banken sowie Geschäftsführer und Gesellschafter der insolventen Unternehmen. In ausgewählten Fällen arbeiten sie auch mit Insolvenzverwaltern zusammen. „Wir wissen, wie beide Seiten arbeiten, denken und vorgehen“, beschreibt die Rechtsanwältin den Vorteil, „so können wir für unsere Mandanten das Beste herausholen“. ( ( ( ,( 1( . .()' . .) 3-## :LU EHUDWHQ LPPHU PLW %OLFN DXI GDV =LHO HLQ 8QWHUQHKPHQ HUIROJUHLFK ]X VDQLHUHQ RGHU EHL GHU ,QVROYHQ] HLQHV *HVFK¶IWVSDUWQHUV VFKQHOO XQG pH[LEHO ]X UHDJLHUHQ 'DIËU DUEHLWHW XQVHU VSH]LDOLVLHUWHV LQWHUGLV]LSOLQ¶UHV 7HDP LQ ËEHU ]ZDQ]LJ %ËURV LQ $PHULND $VLHQ XQG (XURSD peten oder den Postdienstleistern Postcon und TNT Express. Der Handlungsbedarf ist immens. In Extremfällen sollen die Firmen bis zu 13 Jahre zurückliegende Zahlungen zurückerstatten. Nach bisheriger Rechtslage kann ein Anfechtungsanspruch bis zu zehn Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens greifen. Wenn das Verfahren Monate später eröffnet wurde, reichen die mitunter erst kurz vor Verjährung erhobenen Ansprüche schlimmstenfalls weit über die Aufbewahrungsfristen von Geschäftsunterlagen hinaus – für ein Unternehmen wird es dann schwer, sich zu wehren. Es sei denn, man kennt die richtigen Hebel. „Wir setzen zum Beispiel bereits bei der Prozesskostenhilfe an“, verrät Hees. Insolvenzverwalter beantragen zur Durchsetzung ihrer Anfechtungsansprüche in der Regel diese staatliche Unterstützung mit dem Argument, das Unternehmen sei ja pleite und könne also seine Rechte sonst nicht durchsetzen. „Wir prüfen dann: Hat der Verwalter überhaupt Anspruch auf die Hilfe?“, erklärt Hees. Das sei in vielen Fällen gar nicht so klar und werde mitunter von den Gerichten übersehen. So müsse der Verwalter zum Beispiel darlegen, warum es nicht den Gläubigern des insolventen Unternehmens zuzumuten ist, die Kosten des Rechtsstreits selbst aufzubringen. Wenn etwa Großgläubiger eine überdurchschnittlich - ** -33 $2), /( ),(.,.((. . (. ( ( ,,),) ,( . (!).()' 2. ,1 1( /( 2, . , "). (, ),.((, )!1 ,() . 21(,), .( ),, ) . ),2 ) ),(.,.((.) . (.)$(!, .' ) $2), /( (. .,( )!02).,2 /( 1( ( ( ) 3 ,( (!( .( .,2)(0(( !( %0!(.& 0(1,.' , 2 1( 2. (,/(( .,)' (( 2( (2 2.(( . ( /( .) .,( GA-SV11 EXTRA INSOLVENZ UND SANIERUNG RESTRUKTURIERUNG Noch immer fürchten viele Unternehmer den Reputationsschaden einer Sanierung oder Insolvenz mehr als die Konsequenzen des Nichtstuns. Dabei bietet das moderne Recht viele hilfreiche Instrumente – und je früher eine Sanierung beginnt, desto größer sind die Erfolgschancen. Insolvenzverwalter schaffen sich zusätzliche Standbeine im Bereich Sanierungsberatung. Doch dazu benötigen sie einiges an Kompetenzen. VON JÜRGEN GROSCHE VON JÜRGEN GROSCHE Schieflage, Krise, Insolvenz – so weit müsste es in einem Unternehmen eigentlich nicht kommen, wenn erste Anzeichen rechtzeitig erkannt, Signale entsprechend interpretiert würden. „Sowohl der Gesellschafter als auch die Geschäftsführung sollten so früh wie möglich Rat einholen“, empfehlen Dr. Matthias Kampshoff und Dr. Uwe Goetker, beide Partner im Düsseldorfer Büro von McDermott Will & Emery. Der Kontakt zu einer international renommierten Kanzlei wie McDermott sei gerade in einer solchen Frühphase hilfreich: „Wir können unauffällig in alle Richtungen beraten“, beschreibt Goetker die Vorteile: Wenn das Wort Krise noch nicht gefallen ist, haben Unternehmen und Berater viel mehr Gestaltungsmöglichkeiten als in Fällen, in denen bereits Forderungen ausstehen, andere Probleme bekannt werden oder gar unter Zeitdruck Lösungen gefunden werden müssen. Die Sanierungsexperten der Kanzlei beraten Unternehmen natürlich in allen Stadien, auch den kritischen. „Wir analysieren die Lage ergebnisoffen“, sagt Kampshoff, „Ziel ist das beste Ergebnis für den Mandanten.“ Die Instrumentarien sind seit Einführung des neuen Insolvenzrechts (Stichwort ESUG) vielfältiger. Dazu zählen die außergerichtliche Sanierung genauso wie Schutzschutzschirmverfahren, Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung oder die Regelinsolvenz. Problem insbesondere in Deutschland: „Hier gilt die Insolvenz immer noch als Scheitern“, beobachtet Kampshoff. Das führt dazu, dass Manager häufig lieber die Augen verschließen statt zu handeln. Dabei zeige – so Goetker – das neue Insolvenzrecht in vielen Fällen Auswege. Auch in Fällen, die kaum ins Bewusstsein drängen. So könnten zum Bei- Dank der guten wirtschaftlichen Lage sinkt die Zahl der Unternehmenspleiten. Für Insolvenzverwalter ein Problem? Zumindest keine neue Erfahrung, betont Dr. Dirk Andres aus der Kanzlei AndresPartner: „Der Markt ist seit Jahren rückläufig.“ Das sei typisch für wirtschaftliche Boomjahre. So seien zum Beispiel auch zwischen 2004 und 2006 die Zahlen zurückgegangen. Wellenbewegungen sind also nichts Neues, „allerdings ist die Branche stark gewachsen“, beobachtet Andres – auf mittlerweile rund 2500 Insolvenzverwalter. Zugleich sei mittlerweile die Ost-Problematik weggefallen – in Ostdeutschland sind kaum noch Insolvenzen zu verzeichnen, die in der Wendezeit ihre Ursache haben. Impulse gab andererseits die Insolvenzrechtsreform, die mit der Eigenverwal- Dr. Matthias Kampshoff (links) und Dr. Uwe Goetker, beide Partner im Düsseldorfer Büro von McDermott Will & Emery, machen Unternehmern Mut, in Sanierungsfragen frühzeitig Rat zu suchen. FOTOS: MCDERMOTT möglich gemacht. Nach dem seit 2009 gültigen Schuldverschreibungsgesetz kann die Mehrheit der Anleihegläubiger einen Schuldenschnitt vereinbaren, während früher alle einem solchen Schritt zustimmen mussten. Wenn dann einer ausscherte, war schlimmstenfalls die gesamte Sanierung gefährdet. Kompliziert wird es, wenn Insolvenzen internationale Konsequenzen haben. Gerade hier sehen die Anwälte ihre Kanzlei mit ihrem internationalen Netzwerk gut positioniert. Dabei erfordern viele Fragen Know-how in den verschiedensten Rechtssystemen. Daraus lassen sich dann Lösungen ableiten, die ohne solche Kenntnis kaum gefunden werden. Goetker nennt die gezielte Nutzung von Restrukturierungswerkzeugen anderer Rechtsordnungen, etwa bei Darlehensverträgen nach britischem Recht, als Beispiel. Wenn Unternehmen mit Gesellschaften in mehreren Ländern oder umgekehrt internationale Gläubigergruppen in Krisenfälle involviert sind, dann wird es regelmäßig sehr komplex. Zwar gibt es juristische Rahmen wie die Europäische Insolvenzverordnung oder das United Nations Commission on International Trade Law (UNCITRAL), also Musterregeln der Vereinten Nationen. „Aber in der Praxis bleiben viele Fragen offen, die dann letztlich gerichtlich oder im Vergleichswege geklärt werden“, sagt Kampshoff. Gerade hier sei dann die Expertise von versierten Anwälten und Beratern gefragt. Doch oft befruchten die Unterschiede auch die nationalen Entwicklungen. So hatte unter anderem die Restrukturierung der Schefenacker-Gruppe einen wichtigen Impuls zur Einführung des ESUG geleistet. Goetker betreute damals federführend die Restrukturierung für den Gesellschafter. Der Automobilzulieferer hatte seinen Sitz aus Deutschland nach England verlagert und die Rechtsform der AG in eine PLC umgewandelt. „In England war das Verfahren besser planbar als in Deutschland“, erklärt Goetker; Anleihen konnten damals nach englischem Recht zudem einfacher restrukturiert werden. Immerhin – vieles ist nun auch in Deutschland möglich. Die Sanierungsspezialisten machen Mut, die Möglichkeiten als Chance zu sehen. tung und Schutzschirmen neue Sanierungswege eröffnete. Die Umsetzung des ESUG (Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen) ließ ab 2013 die Nachfrage nach Eigenverwaltungsverfahren steigen. Mit ihren Kompetenzen sieht sich die Kanzlei AndresPartner dafür gerüstet. „Wir kommen zwar von der klassischen Insolvenzverwaltung“, charakterisiert Andres die Kanzlei. Für eine Sanierungsberatung habe sie aber alle Voraussetzungen. „Wir haben schon immer betriebswirtschaftlich gedacht“, sagt der Rechtsanwalt. Das Personal spiegelt die unternehmerische Orientierung: In der Kanzlei arbeiten seit jeher auch Betriebswirte und Controller. Insgesamt sind zwölf Anwälte und 70 Mitarbeiter hier tätig. Die Insolvenz – ob in Eigenverwaltung oder klassisch – eröffnet kriselnden Unternehmen Wege, wieder auf die Beine zu kommen und nachhaltig Geld zu verdienen, ist Andres überzeugt. Wenn die Experten in die Bücher schauen, finden sie zum Beispiel unvorteilhafte Verträge oder zu hohe Leasingraten, derer sich das Unternehmen in der Insolvenz schnell und einfach entledigen kann. Wichtig für den Erfolg sei aber die professionelle Begleitung durch die Sanierungsexperten. Wenn Sanierer in die Bücher schauen, finden sie manches, das sich verbessern lässt. FOTO: THINKSTOCK/SEEWHATMITCHSEE Geschäftsführer im Visier VON MATTHIAS VON ARNIM Wer Teilhaber eines Unternehmens ist, geht Risiken ein. Das gilt in der Regel auch für Geschäftsführer. „Droht ein Unternehmen in Schieflage zu geraten, schicken die Banken gerne Sanierungsberater. Die haben aber vor allem die Interessen ihres Auftraggebers im Sinn. Und das ist in der Regel die Bank und nicht der Unternehmer. Und schon gar nicht der Geschäftsführer“, sagt Wilhelm Klaas von der Kanzlei Klaas & Kollegen. Die Folge: Bei einer Überschuldung werden Unternehmer und vor allem Geschäftsführer oftmals über ihre persönliche finanzielle Schmerzgrenze hinaus in Haftung genommen. Vorausschauendes Handeln sei gefragt: „Wenn ein Unternehmen in die Insolvenz geht, wird immer geschaut, wann der Zeitpunkt war, an dem das Unternehmen nicht mehr zahlungsfähig oder überschuldet war. Für den Geschäftsführer ist das eine wichtige Haftungsfrage. Denn die Frage, ob und wann eine Insolvenzreife vorliegt oder nicht, entscheidet darüber, in welchem Umfang Geschäftsführer haftbar gemacht werden“, erklärt Klaas. Deshalb sei es zwingend notwendig, dass die Geschäfte grundsätzlich, permanent und über Jahre hinaus ordentlich dokumentiert würden. „Nur so kann ein Geschäftsführer im Fall des Falles beweisen, ob er sorgfältig gehandelt hat“, so Klaas. Das Problem: Oftmals erkennen Unternehmensführer die Schwierigkeiten erst, wenn es zu spät ist. Das hat den Juristen Wilhelm Klaas persönlich berührt. „Geschäftsführer, die oftmals über Jahre hinaus mit persönlichem Einsatz und Herzblut ein Unternehmen führen, machen sich meistens zu wenig Gedanken darüber, was es für sie und ihre Familie bedeutet, wenn ihr Unternehmen in Schwierigkeiten gerät“, so Klaas. Seine Konsequenz: Die Kanzlei hat er komplett neu ausgerichtet. „Seit einigen Jahren gehen wir gezielt auf Geschäftsführer und Geschäftsführende Gesellschafter zu, um sie umfassend zu beraten, wie sie ihre persönlichen Haftungsrisiken reduzieren können“, sagt Klaas. Seine Mission: Als unabhängiger Berater ohne Interessenkonflikt zeigt er Geschäftsführer Risiken auf und zeigt Lösungswege, wie das Geschäft bleiben kann, was es an und für sich sein soll: ein Geschäft. Und nicht ein unkalkulierbares persönliches Risiko für denjenigen, der es betreibt. ## '$ $! & ! # ! 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Goetker ist zuversichtlich, dass dies auch in Deutschland passieren wird, „sobald auch Nicht-Sanierer anhand positiver Praxisbeispiele begreifen, dass wir gerade in der Krise viele positive Gestaltungsmöglichkeiten haben“. In ihrem Arbeitsalltag haben Goetker und Kampshoff teils sehr komplexe Fälle zu lösen, zum Beispiel Restrukturierungen von Anleihen. Sie erfreuten sich im Mittelstand eine Zeit lang hoher Beliebtheit. Im Krisenfall ist allerdings oft eine Vielzahl von Gläubigern involviert. Auch hier hat eine Rechtsreform neue Lösungen RHEINISCHE POST FREITAG, 23. OKTOBER 2015 !# # GA-SV12 RHEINISCHE POST FREITAG, 23. OKTOBER 2015 EXTRA INSOLVENZ UND SANIERUNG E12 UNTERNEHMENSFÜHRUNG So navigieren Firmenlenker sicher Wie können Unternehmer Krisen vermeiden oder sicher hindurchsteuern? Die Tipps, die Horst Piepenburg gibt, klingen klar und einfach. Sie werden in der Realität aber oft nicht beachtet, weiß der erfahrene Insolvenzverwalter. VON JÜRGEN GROSCHE Es waren oft genug spektakuläre Fälle, die Horst Piepenburg erfolgreich zum Abschluss gebracht hat: Der Düsseldorfer Insolvenzverwalter sanierte zum Beispiel die Immobiliengesellschaft IVG, den oberpfälzischen Holzwerkstoffhersteller Pfleiderer oder den Anlagenbauer Babcock Borsig, bei dem es auch um 22.000 Arbeitsplätze ging, von denen schließlich 18.000 gerettet werden konnten. Am Erfolg müssen indes alle Beteiligten mitwirken, betont Piepenburg. Aus Erfahrung weiß er, dass selbst einfache Regeln häufig nicht beachtet werden: „In der Krise stecken viele Unternehmer den Kopf in den Sand, statt zu handeln.“ Nichts zu tun sei aber das Gefährlichste überhaupt. Statt strukturelle, womöglich schmerzhafte Korrekturen vorzunehmen, reagieren manche Unternehmer hektisch. Zum Beispiel im Handel: Wenn die Kunden wegbleiben, die Produkte nicht gefragt sind, wollen Unternehmen mit Rabattaktionen vor den marktüblichen Zeiten das Ruder rum- reißen. „Kurzfristig funktioniert das, doch nach Ende der Aktion wechseln die Kunden zu anderen Anbietern und deren Aktionen“, warnt Piepenburg. Das kriselnde Unternehmen kann keine neuen Waren verkaufen, die Krise nimmt ihren Lauf. Sprichwörtlich steht dafür der „20 Prozent auf alles“-Slogan der mittlerweile vom Markt verschwundenen Baumarktkette Praktiker. Soweit sollte es nicht kommen. „Je früher man reagiert, desto größer ist der Spielraum, man hat mehr Alternativen“, beschreibt Piepenburg eine weitere Regel. Verzeichnet ein Unternehmen Umsatzrückgänge, kann es zunächst vielleicht noch Trends aufgreifen und neue Produkte entwickeln. „Solche Umstellungen kosten Geld, das zunehmend fehlt, je schlechter die Zahlen werden“, sagt der Sanierungsexperte. Er macht vor allem Mut zur Entscheidung. Wenn ein Problem erkannt ist, sollte sich das Management für die seiner Ansicht nach beste Lösung entscheiden und alle Schritte des Prozesses sauber dokumentieren. Was die richtige Lösung Insolvenzverwalter Horst Piepenburg aus der Düsseldorfer Kanzlei Piepenburg – Gerling FOTO: MICHAEL LÜBKE ist, wisse man naturgemäß erst im Nachhinein. Wenn die Entscheidung falsch war, aber dokumentiert ist, befinde sich das Management zumindest juristisch auf der sicheren Seite. Eine ganz wichtige Rolle kommt der Kommunikation zu – in jeder Phase des Unterneh- menslaufs. Keine leichte Auf- on häufig einen großen Fehler: gabe: „Schöne Worte sind Sie stopfen mit ihrer Altersvornicht immer wahr, wahre Wor- sorge die Lücke. Die Grundte sind nicht immer schön“, zi- probleme werden aber nicht tiert Piepenburg einen Spruch, behoben, die Krise frisst auch der dem chinesischen Philoso- die persönlichen Reserven. phen Laotse zugeschrieben Und das alles aus Angst vor eiwird. Gerade in schlechten Zei- ner Insolvenz. Die könnte aber ten gelte: „Irgendwann muss durchaus die Rettung sein, sagt man die Lage kommunizie- Piepenburg: „Neues Vertrauen ren.“ Zuerst intern: „Nichtwis- entsteht durch die Arbeit des Der sen verschärft die Krise.“ Insolvenzverwalters.“ Wenn Gerüchte am Markt kur- wurde von einem Gericht als unabhängisieren, werden gem Organ beMitarbeiter Generell habe das manchmisstrauisch, Thema Transparenz stellt, mal haben es kommt zum an Bedeutung Gläubiger ihn Vertrauensverauch empfohlust. Das gilt gewonnen, sagt len. Zudem natürlich auch Horst Piepenburg entlastet die für LieferanInsolvenz das ten, Gläubiger oder andere Betroffene, die Unternehmen – allein zum deswegen unmittelbar folgend Beispiel schon durch das Insolinformiert werden müssen. In venzgeld für die Mitarbeiterder Realität werde dies oft löhne. Kommunizieren muss dann nicht beachtet, stellt Piepenburg fest. Folge: Kunden ver- auch der Insolvenzverwalter – langen eine Vertragserfül- zum Teil differenziert. Häufig lungsbürgschaft, die Bank da- spricht Piepenburg mit Mitarfür ein Festgeld als Sicherheit. beitern, Managern, GläubiLieferanten geben Ware nur gern und Betriebsräten gegegen Vorkasse aus. Die Krise trennt. „Wir sichern zu, dass dies unter uns bleibt“, betont verschärft sich. Gestandene Mittelständler Piepenburg. So erfährt er auch machen in solch einer Situati- von Missständen und guten Vorschlägen – ungefiltert. Auch die Geschäftsleitung profitiere: „Es ist meist besser, wenn aller Ärger erst einmal an uns abprallt“, erklärt der Insolvenzspezialist. Generell habe das Thema Transparenz an Bedeutung gewonnen, sagt Piepenburg. Mittelständler müssen aufgrund vieler neuer Vorgaben der Banken für Ratings ihre Bücher öffnen. Gehen sie an den Kapitalmarkt, gilt das erst recht. Eine weitere Empfehlung des Experten: externen Rat einholen. Der Unternehmer hat womöglich wenig Erfahrung mit existenziellen Krisen. Doch auch der Insolvenzverwalter ist mehr als einmal auf Spezialwissen angewiesen, wenn er zum Beispiel in einem Chemieunternehmen agiert. Beim Umgang mit chemischen Stoffen müssen Störfallverordnungen, brand- und arbeitsschutzrechtliche Besonderheiten und technische Spezifika beachtet werden. Eigentlich ein einfaches, klares Handlungsschema also, mit dem Firmenlenker ihr Unternehmen in sicheres Fahrwasser führen könnten. Wenn sie denn nur danach handeln. Neutralität und Professionalität – Prinzipien eines Insolvenzverwalters VON PATRICK PETERS Es war ein Paukenschlag in Düsseldorf und der Region, als 2014 zahlreiche Unternehmen des bekannten Kunstberaters und -händlers Helge Achenbach Insolvenz anmelden mussten. Seitdem steht das Insolvenzverfahren der Achenbach-Gruppe unter besonderer Beobachtung, das öffentliche Interesse am Ausgang ist groß. Das weiß vor allem Dr. Marc d’Avoine, Insolvenzverwalter und Partner der Kanzlei ATN d’Avoine Teubler Neu, die zu den größten Insolvenzkanzleien der Region gehört und auch deutschlandweit aufgrund der Anzahl und Größe der Verfahren wahrgenommen wird. „Grundsätzlich ist ein In- solvenzverfahren nicht-öffentlich, es gibt keine Verpflichtung, die Öffentlichkeit zu informieren. Das ist auch normalerweise gar nicht nötig, da nach meiner Wahrnehmung etwa neun von zehn Verfahren ganz ohne Berichterstattung durch die Medien verlaufen. Zudem dürfen viele Inhalte überhaupt nicht nach außen dringen. Dazu gehören beispielsweise der konkrete Verbleib von Vermögensgegenständen oder auch die Identität von Gläubigern und deren Forderungen.“ Im AchenbachFall hat Marc d’Avoine dennoch regelmäßig Informationen an die Medien gegeben, um das Informationsbedürfnis zu befriedigen und den Medien die Arbeit zu erleichtern. Das seien jedoch nur Themen gewesen, die letztlich einer besonderen Vertraulichkeit unterlegen hätten und die im Prinzip auch hätten selbst recherchiert werden können. Wichtig für den erfahrenen Insolvenzverwalter: „Wenn die Emotionen hoch kochen, ist eine besondere Sachlichkeit notwendig. Als Verwalter ist es unsere Aufgabe, eine distanzierte Berichterstattung zu ermöglichen, aber keinesfalls zu spekulieren“, betont Marc d’Avoine und fügt hinzu. „Öffentliches Interesse darf natürlich auch nie dazu führen, dass ein Insolvenzverfahren anders verläuft. Es ist nie möglich, es in einem Verfahren allen Parteien Recht zu machen. Der Verwalter ist oft unbeliebt, und „Grundsätzlich ist ein Insolvenzverfahren nichtöffentlich“ Dr. Marc d’Avoine ATN manche Gläubiger bringen weder Verständnis noch Geduld für die Entscheidungen auf.“ Dabei treffe ein professioneller Insolvenzverwalter Entscheidungen nicht aufgrund eines öffentlichen Drucks, sondern ausschließlich nach einer gründlichen Prüfung, die immer juristische, aber selbstverständlich auch wirtschaftliche und soziale Faktoren haben könne. Ein Beispiel: Durchaus ist es in einem Insolvenzverfahren möglich, den Geschäftsführer des zahlungspflichtigen Unternehmens für Entscheidungen mit seinem Privatvermögen haftbar zu machen. „Dieser Schritt muss aber gründlich geprüft werden und zwar derart, ob sich nach der konkreten Sach- und Rechtslage ein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch begründen lässt und zudem, ob sich der Aufwand eines Verfahrens wirtschaftlich lohnt. Also kann es durchaus sein, dass ich erkennbar wertlose Haftungsansprüche gar nicht verfolge“, erläutert Marc d’Avoine. Dass dies manchmal für Unverständnis vor allem bei den Gläubigern führen kann, mag verständlich sein, ist aber für den Rechtsanwalt kein Entscheidungskriterium. „Es geht darum, nach einer fundierten Prüfung der Sachund Rechtslage wirtschaftlich vernünftig und mit Augenmaß zu entscheiden.“ Damit auch hoher Druck von außen – etwa eine Strafanzeige – den Insolvenzverwalter nicht zu Aktionismus oder Fehlentscheidungen verleite, müsse er eine gefestigte Per- \ ^ELPIR ! \ XVmYQIR 7]PX MWX IMR 8VEYQ ¯ HIR 7MI MQ 6IPEMW 'LlXIEY\ ,SXIP 0%2(,%97 786-'/)6 NIX^X RSGL IRXWTERRXIV KIRMIIR O}RRIR (IRR QMX HIQ -RWIP%VVERKIQIRX À JV ´ ^ELPIR 7MI RYV ZMIV ZSR JRJ iFIVREGLXYRKIR *VIYIR 7MI WMGL EYJ JRJ 2mGLXI MQ KIQXPMGLIR )MR^IP^MQQIV HEW :IV[}LRJVLWXGO FMW 9LV HMI 2YX^YRK HIV '-2)1% 0392+) HIR OSWXIRJVIMIR &ELRLSJ7LYXXPIWIVZMGI FIM %R YRH %FVIMWI YRH IMRI WXRHMKI -RWIPXSYV QMX IMRIQ 1EWIVEXM &YGLIR 7MI NIX^X -LVI %YW^IMX ZSR iFIV REGLXYRKIR FIVIMXW EF º ¯ JV 4IVWSR MQ )> XIPIJSRMWGL YRXIV ¯ 9RWIV OYPMREVMWGLIV 8MTT 6IWIVZMIVIR 7MI WGLSR LIYXI IMRIR 8MWGL MQ +SYVQIX 6IWXEYVERX &3()2(36*³7 SHIV 7-)&>),2;MV JVIYIR YRW EYJ 7MI FYGLFEV EF WSJSVX YRH REGL :IVJKFEVOIMX &S]2MIPWIR7XVEI ` 7]PX 38 8MRRYQ 8IP ` MRJS$PERHLEYWWXVMGOIVHI ZZZODQGKDXVVWULFNHUGH sönlichkeit haben. „Klare Kante“ nennt Marc d’Avoine das und hebt hervor, dass diese Eigenschaft bei der Auswahl des Verwalters für die Gerichte immer eine Rolle spiele. „Dazu kommen eine hohe Kompetenz in dem in Frage stehenden Wirtschaftsbereich, ein ausreichend besetztes Büro – und absolute Neutralität. Jede mögliche Nähe zum insolventen Unternehmen muss ausgeschlossen sein.“ Für den Experten ist dies auch eine Frage der persönlichen Integrität, und deshalb hat Marc d’Avoine auch schon Mandate aufgrund ehemaliger persönlicher Bekanntschaft abgelehnt. „Die Optik entscheidet, selbst wenn es keine unmittelbare Verbindung gibt.“
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