ZUM ARTIKEL: Seite E8

GA-SV01
EXTRA
INSOLVENZ UND
SANIERUNG
Experten im Dialog:
Insolvenzverwalter
und Sanierer diskutieren beim RPForum über
Branchenthemen
RHEINISCHE POST
FREITAG, 23. OKTOBER 2015
Krisen rechtzeitig
erkennen: Unternehmer und Geschäftsführer sollten sich nicht scheuen, Rat zu suchen.
Lotsen durch
Krisen: Insolvenzerfahrene Kanzleien können auch in
der Sanierung
Mehrwerte bieten.
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E1
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Die Weichen
richtig stellen
Unternehmen sollten frühzeitig handeln, bevor eine Schieflage droht.
Dann haben sie die meisten Optionen. Doch selbst in der Krise bietet
das neue Insolvenzrecht Chancen auf
eine erfolgreiche Sanierung.
FOTO: THINKSTOCK/KLDLIFE
MARKT
Die Spezialisten für die
Unternehmensrettung
Bielefeld
Münster
Insolvenzverwalter und Sanierer wetteifern um die besten Konzepte für Firmen in Not.
VON JÜRGEN GROSCHE
Die Nachricht überraschte
kürzlich: In Deutschland steigt
aktuell die Zahl der Firmenpleiten trotz robuster Konjunktur. Im Juli lag die Zahl nach
Angaben des Statistischen
Bundesamtes um 3,6 Prozent
über dem Niveau des Vorjahresmonats; insgesamt meldeten die Amtsgerichte 2187 Unternehmensinsolvenzen. Das
ist bereits der zweite Monat in
Folge mit einer Zunahme: Im
Juni hatte es sogar ein Plus von
11,2 Prozent gegeben.
Die Zahlen ändern indes
nichts am Gesamtbild der vergangenen Jahre: Im Vergleich
etwa zur Krisenperiode 2008
bis 2010 sind die Unternehmen
sehr stabil. Insolvenzverwalter
haben insgesamt derzeit weniger zu tun. Und ob die neuesten Zahlen eine Trendwende
anzeigen, bleibt dahingestellt.
Also müssen sich die Verwalter
neues Geschäft suchen – und
dabei drängen sie auf Terrain,
das bislang von Sanierern und
Unternehmensberatern bearbeitet wurde. Die wiederum
kontern manchmal und wagen
sich aufs Feld der Insolvenzverwaltung.
Der neue Wettbewerb hat
durchaus Vorteile für Unternehmen, die Rat suchen: Verwalter, die nun auch Sanierungsberatung anbieten, kön-
Der neue
Wettbewerb hat
durchaus Vorteile
für Unternehmen,
die Rat suchen
nen ihre Erfahrungen und
Kniffe in die Beratung einbringen, vor Fallstricken warnen.
Und die Sanierer sehen immer
auch die positiven Wirkungen
einer Insolvenz.
Meist mehr als die Unternehmen: Noch immer gilt es
als Makel, die Zahlungsunfähigkeit einzuräumen. Dabei
bietet sie Chancen auf schnellere Genesung, den Erhalt des
Unternehmens und der Arbeitsplätze. Manchmal ist ein
Ende mit Schrecken eben doch
besser als ein Schrecken ohne
Ende.
Was passiert am Markt? Wie
sehen die Chancen für Unternehmen in der Praxis aus? Und
wie können die Experten Mut
dazu machen, neue Wege zu
wagen? Über diese und weitere
Themen rund um die Sanierung diskutierten Experten aus
Anwaltskanzleien und Unternehmensberatungen beim RPWirtschaftsforum „Insolvenz
und Sanierung“.
Eines der heißen Eisen ist
der Anfechtungsanspruch. Im
Insolvenzfall soll sich kein
Gläubiger vorsätzlich einen
ungerechtfertigten Vorteil verschaffen. Die Insolvenzordnung sieht deshalb vor, dass
Zahlungen an Gläubiger anfechtbar sind, wenn andere
Gläubiger eines insolventen
Schuldners vorsätzlich benachteiligt wurden. Gerichte
haben dies oft sehr restriktiv
ausgelegt, das führte in manch
einem Unternehmen zu einem
bösen Erwachen. So sollten
zum Beispiel Lieferanten Geld
zurückzahlen, das sie vor etlichen Jahren erhalten haben.
Sie hätten nach ein paar Mahnungen ja wissen können, dass
ihr Kunde in Schwierigkeiten
steckt. Verbände fordern vehement eine Gesetzesänderung,
die nun sogar auf den Weg gebracht wurde. Die Bundesregierung hat am 29. September
den Entwurf eines Gesetzes zur
Verbesserung der Rechtssicherheit bei Anfechtungen beschlossen. So soll zum Beispiel
der Anfechtungszeitraum von
vier (anstatt bislang zehn) Jahren verkürzt werden. Beim RPForum diskutierten die Experten im Düsseldorfer IndustrieClub ausführlich darüber.
Die folgenden Seiten geben
einen Einblick in die spannende Welt der Sanierung, stellen
wichtige Akteure vor und zeigen, wie eine gut gemachte Sanierung zur Rettung von Firmen und Arbeitsplätzen beitragen kann.
Dortmund
Essen
Düsseldorf
Köln
Bonn
Anteil insolvente Unternehmen
Stadt- und Landkreise NRW
Sehr geringer Anteil (0% bis 0,19%)
Geringer Anteil
(0,19% bis 0,24%)
Mittlerer Anteil
(0,24% bis 0,29%)
Hoher Anteil
(0,29% bis 0,35%)
Sehr hoher Anteil
(0,35% bis 0,71%)
QUELLE: BISNODE / GRAFIK: ZWEIMETERDESIGN.DE
Wenig Pleiten in Olpe
Führende Insolvenz- und Sanierungsexperten diskutierten beim RP-Wirtschaftsforum „Insolvenz und Sanierung“ über neue Entwicklungen im
Rechtssystem und über die Chancen der Sanierungsinstrumente für Unternehmen.
FOTO: ALOIS MÜLLER
(rps) Die Insolvenzen entwickeln sich je nach Region recht
unterschiedlich. In diesem
Jahr weist der Landkreis Olpe
mit 0,14 Prozent den geringsten Anteil an Unternehmensinsolvenzen in NordrheinWestfalen auf. Den höchsten
Anteil an Insolvenzen zeigt der
Stadtkreis Gelsenkirchen mit
0,70 Prozent auf.
Die Daten hat der europäische Anbieter digitaler Wirtschaftsinformationen Bisnode
erhoben. Die Bisnode-Analysten errechneten den Anteil von
Firmenkonkursen in NRW und
Deutschland für den Zeitraum
vom 1. Januar 2015 bis zum 9.
Oktober 2015.
Bei der Auswertung wurde
untersucht, wie viele Unternehmen in Stadt- und Landkreisen in diesem Zeitraum Insolvenz anmelden mussten.
Für jeden Stadt- und Landkreis
wurde die Anzahl der Insolvenzen durch die Gesamtanzahl
der Unternehmen in dem jeweiligen Kreis dividiert.
Im Deutschland-Vergleich
schneiden Baden-Württem-
berg und Bayern mit einem viel
geringeren
Insolvenzanteil
besser ab als Nordrhein-Westfalen. Der Landkreis Regen in
Bayern ist mit 0,04 Prozent der
Spitzenreiter und somit der
Landkreis, der den geringsten
Anteil insolventer Unternehmen aufweist. Gelsenkirchen
schneidet auch im bundesweiten Ranking am schlechtesten
ab.
Die Experten haben alle
Stadt-und
Landkreise
in
Deutschland – insgesamt 402 –
analysiert.
GA-SV02
EXTRA INSOLVENZ UND SANIERUNG
RHEINISCHE POST
FREITAG, 23. OKTOBER 2015
E2
Vorsicht vor der Vorsatz-Falle
Im Insolvenzfall soll sich kein Gläubiger vorsätzlich einen
ungerechtfertigten Vorteil verschaffen. In der Praxis bringt dieser gut
gemeinte Rechtsgrundsatz viele unbescholtene Unternehmen in
Schwierigkeiten.
VON JÜRGEN GROSCHE
Der Fall erregte Aufsehen: Bayer Leverkusen zahlt nach einem mehrjährigen Rechtsstreit 13 Millionen Euro an den
Insolvenzverwalter seines früheren Trikotsponsors Teldafax.
Das Telefonunternehmen war
zahlungsunfähig
geworden.
Der Fußballverein sollte zuvor
erhaltene Sponsorengelder zurückzahlen, da die Insolvenz
bei Zahlung der Gelder bereits
absehbar gewesen sei.
Weniger spektakulär, aber
viel zahlreicher sind die Fälle,
die Mittelständler erleben und
die sie selbst in die Insolvenz
treiben können. Wie kann es
dazu kommen? Die Gründe liegen in der bisherigen Gesetzeslage und der höchstrichterlich
bestätigten Rechtsprechung.
„Kein Gläubiger darf bevorzugt
werden“, fasst Michael Bretz
die juristische Absicht zusammen. Als Leiter Wirtschaftsforschung und Mitglied der Geschäftsleitung des Verbandes
der
Vereine
Creditreform
kennt Bretz aus zahlreichen
Gesprächen mit Mittelständlern die Brisanz, die das Thema
auf der anderen Seite hat.
So sieht die Gesetzeslage
aus: Die Insolvenzordnung
sieht vor, dass Zahlungen an
Gläubiger anfechtbar sind,
wenn andere Gläubiger eines
insolventen Schuldners vorsätzlich benachteiligt wurden.
Und das derzeit noch bis zu
zehn Jahre rückwirkend. Das
war eigentlich gut gemeint. So
sollte verhindert werden, dass
Schuldner
Vermögenswerte
verschieben und so einen Teil
der Gläubiger schädigen.
Insolvenzverwalter
gehen
aber häufig sehr restriktiv vor,
berichtet Bretz: Wenn ein Lie-
ferant seinem Kunden häufiger
Mahnungen verschickt oder
Zahlungsaufschübe gewährt
hat, gehen die Insolvenzverwalter gerne davon aus, dass
man also von Schwierigkeiten
des Kunden Kenntnis hatte,
und werfen den Gläubiger-Unternehmen vor, sie hätten aufgrund der Engpässe wissen
können, dass da was im Argen
liege. Die Insolvenzverwalter
unterstellen also die gesetzlich
geforderte Vorsätzlichkeit. Die
Vorgehensweise sei durch die
gängige Rechtsprechung bis
hin zum Bundesgerichtshof
gedeckt, sagt Bretz.
Das Problem trete häufig bei
Insolvenzen mit größeren Volumina auf. Dort lohne sich die
Rückforderung, die im Übrigen auch noch verzinst werden
muss. Betroffen sind dann
häufig eine Vielzahl von Zulieferern, Caterern, Handwerksbetrieben und Dienstleistern.
„Für sie ist das existenzbedrohend“, betont Bretz, der wie
viele andere eine Änderung der
juristischen Lage fordert.
Zum einen kritisiert der Creditreform-Experte die Argumentation der Insolvenzverwalter: Bei der Einräumung
Michael Bretz, Creditreform
FOTO: CREDITREFORM
längerer Zahlungsziele von
Vorsatz auszugehen, dass man
eher an das Geld eines Wackelkandidaten kommen wolle als
andere Gläubiger, sei unlogisch: „Niemand verliert gerne
Geld; bei einem längeren Zahlungsziel wächst aber die Gefahr, auf den Forderungen sitzenzubleiben.“
Die Problematik sei mittlerweile in Berlin bekannt, sagt
Bretz. Das Bundesjustizministerium hatte von Verbänden
bis Ende Juli Stellungnahmen
angefordert. Neben dem Verband der Vereine Creditreform
haben sich auch der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) geäußert. Ende
September hat die Bundesregierung nun einen Gesetzentwurf vorgelegt.
Creditreform hat eine ganze
Forderungsliste zur Reform. So
fordert der Verband eine Umkehr der Beweislast: Der Insolvenzverwalter müsse nachweisen, dass ein Gläubiger vorsätzlich und unlauter handelte, wenn er einem Schuldner
entgegengekommen ist. Die
Zehnjahresfrist müsse verkürzt werden. Dem trägt der
Entwurf mit einer Verkürzung
auf vier Jahre bereits Rechnung. Und Zinsen dürften erst
ab dem Zeitpunkt verlangt
werden, an dem die Rückforderung geltend gemacht wurde. Was können Unternehmen
tun? Es könne ja nicht sein,
dass Gläubiger schon bei ersten Bitten um Zahlungsaufschub gleich die Geschäftsverbindung abbrechen, warnt
Bretz. Er rät in solchen Fällen
allerdings zur Vorsicht. Helfen
könnten Auskünfte zur Bonität
des Schuldners.
Die Gläubiger befriedigen und gleichzeitig so viele Arbeitsplätze wie möglich zu erhalten und dem Unternehmen eine neue Perspektive zu geben, das sind die Ziele, die sich der Insolvenzverwalter Georg F. Kreplin für seine Arbeit setzt.
FOTO: MICHAEL LÜBKE
RESTRUKTURIERUNG
Auf Augenhöhe beraten
Aufgrund steigender Nachfrage einer professionellen Beratung in Krisenzeiten
erweitert die auf Insolvenzverwaltung spezialisierte Düsseldorfer Kanzlei Kreplin &
Partner ihr Leistungsportfolio und bautnun auch die vorinsolvenzliche
Sanierungsberatung weiter aus. Das kommt nicht von ungefähr: Der namensgebende
Partner Georg F. Kreplin und seine Kollegen sind für ihren Sanierungswillen bekannt.
VON PATRICK PETERS
Eine Insolvenz muss nicht das
Ende sein. Dies betont Georg F.
Kreplin im Gespräch immer
wieder. Der namensgebende
Partner der auf Insolvenzverwaltung spezialisierten Düsseldorfer Kanzlei Kreplin &
Partner mit über 50 hochspezialisierten Fachkräften ist für
seinen Sanierungswillen krisengeschüttelter
Unternehmen bekannt und tritt jedes
Verfahren mit dem Anspruch
an, für das betroffene Unternehmen eine echte Zukunft zu
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schaffen. Das gelingt ihm regelmäßig, zuletzt im Falle des
renommierten Modehändlers
Mexx Deutschland. „Wir setzen als Insolvenzverwalter natürlich alles daran, die Gläubiger zu befriedigen, das ist unser Kernaufgabe. Gleichzeitig
wollen wir aber so viele Arbeitsplätze wie möglich erhalten und dem Unternehmen
eine neue Perspektive geben,
und sei es durch harte Einschnitte. Wir haben auch die
Erfahrung gemacht, dass das
für viele Gläubiger sehr häufig
die nachhaltigere und wirtschaftlich sinnvollere Lösung
ist als die Zerschlagung“, sagt
der erfahrene Rechtsanwalt,
der gemeinsam mit den Partnern und Insolvenzverwaltern
Nada Nasser, Verena Vogt und
Marco Kuhlmann aktuell an
insgesamt 24 Gerichten in
Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Norddeutschland tätig ist und 16 Büros unterhält.
Dieser Fokus auf die Sanierung im Falle der Insolvenz hat
die Rechtsanwälte dazu gebracht, die Angebotspalette
der Kanzlei in Richtung einer
nachhaltigen Sanierungsberatung weiter zu entwickeln. Sicher: Die Insolvenzverwaltung
bleibt der absolute Schwerpunkt, das klassische Profil
bleibt erhalten. „Aber wir stellen immer wieder fest, dass
Unternehmen mit Sanierungsbedarf vor einer möglichen Insolvenz zu uns kommen und
uns um Rat fragen. Diesem
Umstand wollen wir nun verstärkt Rechnung tragen und
die vorinsolvenzliche Sanierung durch eine interdisziplinäre Zusammenarbeit mit
Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern und ESUG-Spezialisten als festes Thema unserer
Dienstleistung
etablieren“,
sagt Georg F. Kreplin. Denn
auch wenn die Insolvenz beinahe immer die Chance auf einen Neuanfang beinhalte, sei
es häufig ratsam, es gar nicht
erst zu einem Verfahren kommen zu lassen. Dabei steht ein
Gedanke im Mittelpunkt: „Bei
der Sanierungsberatung ist der
Unternehmer der Auftraggeber und befindet sich dementsprechend mit dem Berater auf
Augenhöhe. In einem eröffneten Insolvenzverfahren ist das
nicht mehr der Fall. Da übernimmt der Insolvenzverwalter
die gesamte Verantwortung
und setzt die Entscheidungen
um, die nach seiner Auffassung in der konkreten Situation die richtigen sind, um Gläubigerinteressen bestmöglich
zu befriedigen und Zukunftschancen zu wahren.“
Bei der Restrukturierung vor
der Insolvenz sitzen Berater
und Unternehmer gemeinsam
am Tisch und analysieren die
Situation, in der sich ein Unternehmen befindet – und
zwar offen und schonungslos,
wie der Rechtsanwalt sich ausdrückt. Dabei gehe es vor allem
darum, das Ziel der Sanierung
herauszufinden. „Ist die Strategie die falsche oder passen
die Produkte nicht mehr in den
Markt? Oder gibt es betriebswirtschaftliche Fehler, die für
die Schieflage gesorgt haben?
Es ist für die Sanierung entscheidend, dass diskutiert
wird, um was es wirklich geht,
denn eine Sanierung ohne
Konzept ergibt keinen Sinn.“
Diesem Ziel müsse dann alles
untergeordnet werden, um es
innerhalb einer vorgegebenen
Zeit zu erreichen, und deshalb
müsse der Unternehmer auch
aus eigener Überzeugung alle
Schwierigkeiten auf den Tisch
legen. „Eine Sanierungsberatung in Anspruch zu nehmen
ist kein Schuldeingeständnis,
sondern zeigt die Verantwortung, die ein Unternehmer für
seinen Betrieb und die Mitarbeiter übernimmt. Er ist Willens, auch unpopuläre Entscheidungen zu treffen, um
sein Unternehmen dauerhaft
zu erhalten, und Gegenmaßnahmen zu ergreifen.“ Georg F.
Kreplin hat erkannt, dass Sanierungen oft an den falschen
Maßnahmen scheitern. „Dann
bekommt ein Unternehmer
beispielsweise durch einen Investor frisches Kapital und
kann damit den finanziellen
Engpass überwinden. Aber an
der eigentlichen Misere, nämlich der Ursache der Zahlungsschwierigkeiten, ändert er
nichts.“ Folge ist dann häufig
eine später erneut auftretende
Krise, die dann jedoch kaum
noch bewältigt werden kann.
Für die Kanzlei stehen bei
der Restrukturierung besonders die Branchen im Fokus, in
denen die Partner bereits
nachhaltige Sanierungserfolge
erzielt haben. Neben den großen Bereichen Textil/Mode/
Einzelhandel und produzierendes Gewerbe sind das insbesondere auch die Branchen
Automotive und die Finanzdienstleistungen.
Dabei
kommt es nicht darauf an, ob
beispielsweise ein mittelständisches Unternehmen wegen
der
Rückzahlungsprobleme
entsprechend aufgenommener Anleihen in Schwierigkeiten gerät oder es sich bei dem
betroffenen
Unternehmen
selbst um eine offene oder geschlossene Fondsgesellschaft
handelt. „In allen Fällen ist das
Ziel die Gesundung des Unternehmens unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Interessen aller Beteiligten“, sagt
der gelernte Bankkaufmann
Georg F. Kreplin.
extra
Insolvenz und Sanierung
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Verlag:
Rheinische Post Verlagsgesellschaft mbH, Zülpicher Straße 10, 40196 Düsseldorf
Geschäftsführer:
Geschäftsführer: Dr. Karl Hans Arnold, Patrick Ludwig, Hans Peter Bork, Stephan Marzen (verantwortl. Anzeigen), Johannes Werle
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Leitung Finanz- und Wirtschafts-Extras: Pia Kemper, RP Media Service, 0211 505-2054, E-Mail:
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Redaktion:
Rheinland Presse Service GmbH, Zülpicher Straße 10, 40196 Düsseldorf, José Macias (verantwortlich), Jürgen Grosche, Dr. Patrick Peters, Mitarbeit: Anja Kühner, Matthias von Arnim
Kontakt: 0211 528018-14, [email protected]
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RHEINISCHE POST
FREITAG, 23. OKTOBER 2015
EXTRA INSOLVENZ UND SANIERUNG
E3
KRISENBEWÄLTIGUNG
Reinen Wein einschenken schafft Vertrauen
FRH Fink Rinckens Heerma Rechtsanwälte haben bekannte Düsseldorfer Unternehmen wie Pannenbecker und Cosmo Sports saniert.
Zurzeit führen sie Hein Gericke durch ein Schutzschirmverfahren.
VON ANJA KÜHNER
„Unglaublich interessant“ findet Dr. Paul Fink seine Aufgabe
als Insolvenzverwalter und Restrukturierer. Innerhalb von
wenigen Stunden muss er sich
in ein Unternehmen und dessen Probleme einarbeiten und
die ersten Entscheidungen
treffen. „Die Grundsatzentscheidung, ob es noch zu retten ist oder nur noch abgewickelt werden kann, fällt sehr
schnell.“ Dabei helfen ihm seine mehr als 20 Jahre Berufserfahrung.
„Auf meinen Namen sind
bisher etwa 1200 Insolvenzverfahren gelaufen“, rechnet Fink
zusammen. Allein in diesem
Jahr hat FRH einige bekannte
Fälle auf dem Tisch gehabt:
Cosmo Sports in DüsseldorfGerresheim
beispielsweise,
das zu den größten Freizeitund Sportzentren Deutschlands zählt. Nach nur acht Monaten kam ein Insolvenzplan
mit 100-Prozent Zustimmung
aller Gläubiger zustande. Und
die meisten Kunden hätten die
Insolvenz gar nicht bemerkt.
Ganz anders beim Busunternehmen Pannenbecker. Dort
löste der Medienwirbel um die
Insolvenz eine Flut an Buchungen aus. „Viele Düsseldorfer
erinnerten sich, dass sie schon
in der Schulzeit mit Pannenbecker gefahren sind und haben
die Busse für ihre Ausflüge
wieder bei Pannenbecker gebucht“, sagt Fink. So bekam
das
Unternehmen
Aufschwung, wurde an einen Mitbewerber verkauft und die
Marke ebenso wie die Arbeitsplätze blieben erhalten.
Aktuell ist das Team von FRH
Rechtsanwälte damit beauftragt, einen Insolvenzplan für
Hein Gericke zu erstellen. Der
Düsseldorfer Motorradzubehör-Händler mit 67 Shops in
Westeuropa hat erst vor wenigen Tagen ein Schutzschirmverfahren in Eigenverwaltung
beantragt. „In diesem Verfahren nutzen wir unser KnowHow als Insolvenzverwalter
und gehen als Restrukturierer
in die Geschäftsführung der
Gesellschaft“, beschreibt Fink.
Juristische und betriebswirtschaftliche Kenntnisse gehören zum
Handwerkszeug eines guten Insolvenzverwalters, ist Dr. Paul Fink
(FRH) überzeugt.
FOTOS: MICHAEL LÜBKE
„Läuft alles planmäßig, sollte
Hein Gericke im Frühjahr 2016
saniert aus dem Schutzschirmverfahren entlassen werden,
ohne dass es zu spürbaren Einschränkungen bei Kunden und
Lieferanten der Traditionsmarke gekommen ist.“
Mit mehr als 70 Mitarbeitern
an sieben Standorten im gesamten Bundesgebiet hat FRH
Rechtsanwälte sich breit aufgestellt. 15 Juristen arbeiten
nicht nur in Düsseldorf und
Mönchengladbach, sondern
auch in den Standorten Hamburg, Bremen, München, Bochum und Erfurt. Sie bearbeiten in der Regel mehrere hundert Regelverfahren und mehrere tausend Verbraucherinsolvenzverfahren parallel.
Juristische und betriebswirtschaftliche Kenntnisse gehören zum Handwerkszeug. „Ein
guter Insolvenzverwalter und
Restrukturierer zeichnet sich
durch Einfühlungsvermögen
und Kommunikationsfähigkeit
aus“, ist Fink überzeugt. Denn
er müsse nicht nur das bestmögliche für die Gläubiger he-
rausholen, sondern dabei auch
alle anderen Beteiligten wie
Kunden, Inhaber und nicht zuletzt die Arbeitsplätze der Mitarbeiter im Blick behalten. „Sie
alle ins Boot zu holen ist nicht
leicht.“
Faszinierend findet Fink die
Psychologie in einer Krise. „Im
Bewusstsein der Beteiligten ist
oft der Tiefpunkt erreicht,
„Viele Unternehmer
sind erstaunt, welche Möglichkeiten
ihnen das Insolvenzrecht bietet“
wenn wir auftauchen – es kann
dann nur noch aufwärts gehen.“ Oftmals seien die Insolvenzverwalter die ersten, die
allen reinen Wein einschenken. Zudem sichere ein Insolvenzverwalter nie mehr zu als
er auch einhalten könne. So
bringe er wieder Vertrauen in
das Unternehmen. „Nach teils
monatelangen unregelmäßigen oder ausgefallenen Zah-
lungen erhalten die Mitarbeiter wieder ihre Löhne, die Lieferanten werden bezahlt – allein das dreht die Stimmung im
Unternehmen wieder ins Positive“, beschreibt Fink.
Zwar sei der Beginn eines Insolvenzverfahrens emotional
für viele Unternehmer gleichbedeutend mit dem Eingeständnis des eigenen Scheiterns. „Doch fällt vielen Unternehmern ein Stein vom Herzen, wenn wir ins Unternehmen kommen“, beschreibt
Paul Fink. Sie wissen, dass die
Zeit der Ungewissheit ein Ende
hat und nun endlich die notwendigen Entscheidungen getroffen werden.
„Viele Unternehmer sind erstaunt, welche Möglichkeiten
ihnen das Insolvenzrecht auch
noch in dieser Phase bietet“,
erklärt Fink. „Besser ist es aber
immer, wenn man sich so frühzeitig wie die Gesellschafter
von Hein Gericke dafür entscheidet, aktiv über ein
Schutzschirmverfahren Sanierungsmaßnahmen einzuleiten.“
Unternehmer für die Eigenverwaltung sensibilisieren
Der Gesetzgeber hat vor einigen Jahren eine Option für Unternehmen zur Regelinsolvenz geschaffen. Durch ESUG können Unternehmer gemeinsam mit einem Sanierungsberater an der Restrukturierung ihres Betriebs arbeiten und selbst Entscheidungen für die Zukunft treffen.
VON PATRICK PETERS
Es besteht seit 2012, das Gesetz
zur weiteren Erleichterung der
Sanierung von Unternehmen,
kurz: ESUG. Doch in der Wirtschaft sind die Möglichkeiten,
die ESUG eröffnet, noch immer nicht allzu bekannt – und
das kann Unternehmern die
Chance nehmen, ihre Unternehmen vor dem Hintergrund
fester gesetzlicher Regelungen
zu sanieren und so in eine neue
Zukunft zu führen.
Eine der ersten Kanzleien,
die sich mit ESUG und dessen
Auswirkungen auf die Sanierung von notleidenden Unternehmen konzentriert hat, ist
Buchalik Brömmekamp aus
Düsseldorf. Die Sozietät kombiniert Rechts- und Unternehmensberatung mit einem
Schwerpunkt auf Sanierung
und hat es sich seit der Einfüh-
rung von ESUG zur Aufgabe
gemacht, Unternehmenslenker dafür zu sensibilisieren
und die Vorteile des Gesetzes
aufzuzeigen. Das gelingt immer öfter, betont Dr. Jasper
Stahlschmidt, seit kurzem einer der vier Partner von Buchalik Brömmekamp. „Wir haben mittlerweile 70 ESUG-Verfahren durchgeführt und Unternehmen auf diese Weise saniert.“
Er stellt auch den Unterschied zu einem Regelinsolvenzverfahren deutlich heraus: „Während bei der Regelinsolvenz der Insolvenzverwalter die komplette Führung
des zahlungsunfähigen Betriebs übernimmt und der Unternehmer keine Einflussmöglichkeiten mehr besitzt, schafft
das ESUG die Möglichkeit der
sogenannten
Eigenverwaltung. Dabei arbeiten der Un-
Dr. Jasper Stahlschmidt (links) und Robert Buchalik wollen Unternehmern die Vorteile des ESUG nahebringen.
ternehmer und ein Sanierungsberater auf Augenhöhe
miteinander, unter Aufsicht eines
gerichtlich
bestellten
Sachwaltes“, erläutert Jasper
Stahlschmidt. „Das heißt konkret, dass die Unternehmensführung die Rolle des Insolvenzverwalters
übernimmt,
ihren Einfluss erhält die Sanierung aktiv steuert. Entscheidungen zu notwendigen Einschnitten werden gemeinsam
mit dem Berater getroffen,
während der Sachwalter die
Einhaltung der Insolvenzordnung überwacht.“
Denn natürlich unterlägen
auch Verfahren in Eigenverwaltung der Insolvenzordnung
und dem wichtigsten Grundsatz der bestmöglichen Gläubigerbefriedigung. „Natürlich
besteht diese häufig darin, den
Betrieb zu sanieren, denn aus
einem störungsfrei laufenden
Geschäftsbetrieb lassen sich
Schulden in der Regel besser
bedienen als aus der Insolvenzmasse. Und gerade Lieferanten wollen ja ihren Geschäftspartner nicht verlieren.
Dennoch sind die Gläubiger
die wichtigste Partei auch in einem Verfahren in Eigenverwaltung, da ihre Rechte und Interessen gewahrt werden müssen.“ Ihre Zustimmung sei notwendig, um überhaupt eine Eigenverwaltung in Gang setzen
zu können, betont der Fachanwalt für Insolvenzrecht, der
früher selbst bestellter Insolvenzverwalter war, aber seit
seiner Sanierungstätigkeit keine
Regelinsolvenzverfahren
mehr betreut.
Es sei deshalb Aufgabe des
Sanierungsberaters, vor einem
möglichen Antrag auf Eigenverwaltung alle Details zu
überprüfen, um festzustellen,
ob eine Eigenverwaltung überhaupt erfolgversprechend sein
könne. „Außerdem sollte er
mit den Gläubigern sprechen,
um deren Haltung zu einer Eigenverwaltung
abzuklopfen
und diese gegebenenfalls zu
erläutern. Das hat den Vorteil,
dass das Gericht den Antrag
auf Eigenverwaltung nicht ablehnen kann, wenn sich der
vorläufige Gläubigerausschuss
einstimmig dafür ausgesprochen hat“, sagt Jasper Stahlschmidt, der regelmäßig auch
in großen Verfahren als Sanie-
rungsgeschäftsführer auftritt.
Seine Aufgabe: Er restrukturiert das Unternehmen im
Hintergrund, während die Unternehmensleitung für das
operative Geschäft zuständig
ist.
Natürlich trifft er als Sanierungsgeschäftsführer zusammen mit den Altgeschäftsführern auch unangenehme Ent-
scheidungen, zum Beispiel die
Schließung von maroden Betriebsteilen oder den Verkauf
von Assets. „Wir tun das, was
das Unternehmen langfristig
wieder auf die Beine bringen
kann. Selbstverständlich kann
der Unternehmer dies ablehnen, aber das könnte möglicherweise den Erfolg des anschließenden Insolvenzplans
gefährden, der ja für die weitere Fortführung unter Eigenregie notwendig ist.“ Der Buchalik Brömmekamp-Partner betont deshalb, dass der Unternehmer die Eigenverwaltung
als zweite Chance sehen müsse, die er dementsprechend
annehmen sollte.
Im besten Falle wartet der
Unternehmer übrigens nicht,
bis sich die finanziellen und
operativen
Schwierigkeiten
stapeln, sondern geht den
Schritt in die Sanierungsberatung schon viel früher. „Dann
sind die Gestaltungsspielräume natürlich größer. Und es ist
keine Schande, eine solche Beratung in Anspruch zu nehmen“, sagt Jasper Stahlschmidt.
EXTRA INSOLVENZ UND SANIERUNG
Corinne Rennert-Bergenthal,
ADKL
Nicoler Irmer,
Allianz Generalvertretung
Dr. Marc d’Avoine,
ATN d’Avoine Teubler Neu
Thomas Austmann,
Austmann & Partner
Dr. Guido Krüger,
Beiten Burkhardt
Robert Buchalik,
Buchalik Brömmekamp
Dr. Paul Fink,
FRH
MARKT
„Der Wettbewerb wird in Zukunft n
Der Markt für Insolvenzverwalter und Sanierungsberater verändert sich zusehends. Nicht nur der We
Ausrichtung der Experten wird stark diskutiert. Denn so mancher Verwalter will auch die Beratung vor
„Insolvenz und Sanierung“.
Dr. Wolf-Rüdiger von der Fecht,
von der Fecht LLP
Prof. Dr. Thomas Druyen,
Sigmund Freud Privat-Universität
Prof. Dr. Jürgen Wessing,
Wessing & Partner
Patrick Ludwig,
Rheinische Post
Die Teilnehmer des
Forums „Insolvenz und
Sanierung“
ADKL Abels Decker Kuhfuß Lenzen & Partner mbB
Corinne Rennert-Bergenthal, Rechtsanwältin, Wirtschaftsprüferin, Steuerberaterin, Partner
Allianz Generalvertretung Hannemann und Dumsch
oHG
Nicole Irmer, Hauptvertreterin
ATN d’Avoine Teubler Neu Rechtsanwälte
RA Dr. Marc d’Avoine, Partner
Austmann & Partner Rechtsanwälte Partnerschaft
Thomas Austmann, Partner
Beiten Burkhardt Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Dr. Guido Krüger, Partner
Buchalik Brömmekamp Rechtsanwälte | Steuerberater
Robert Buchalik, Partner
FRH Rechtsanwälte Steuerberater
Dr. Paul Fink, Fachanwalt für Insolvenzrecht
Kanzlei AndresPartner
Dr. Dirk Andres, Partner, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht
Klaas & Kollegen Rechtsanwälte
Wilhelm Klaas, Geschäftsführer
Kreplin & Partner Rechtsanwälte
Georg F. Kreplin, Rechtsanwalt und Gründungsgesellschafter
Mayer Brown LLP
Dr. Marco Wilhelm, Partner
Piepenburg – Gerling Rechtsanwälte
Horst Piepenburg, Partner
PLUTA Rechtsanwalts GmbH
Dr. Maximilian Pluta, Geschäftsführer, Rechtsanwalt,
Steuerberater, Dipl.-Kfm.
Verband der Vereine Creditreform e.V.
Michael Bretz, Leiter Wirtschaftsforschung, Mitglied der
Geschäftsleitung
von der Fecht LLP Rechtsanwälte & Steuerberater
Dr. Wolf-Rüdiger von der Fecht, Partner
Wessing & Partner Rechtsanwälte mbB
Prof. Dr. Jürgen Wessing, Partner
Sigmund Freud Privat-Universität Wien Paris
Prof. Dr. Thomas Druyen, Direktor
Rheinische Post
Patrick Ludwig, Geschäftsführer
Moderation
José Macias, Jürgen Grosche, Dr. Patrick Peters
VON PATRICK PETERS
Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen ist rückläufig. Acht
Prozent weniger Pleiten als im
ersten Halbjahr 2014 hat die
Wirtschaftsforschung Creditreform zuletzt für Januar bis
Juni des Jahres ermittelt.
Nichtsdestotrotz geraten Unternehmen immer wieder in
Schieflagen, die dann nicht
selten in einer Insolvenz münden. Was das für die Betroffenen heißt, aber auch vor welchen Herausforderungen In-
„Das erste Forum
hat die Experten
positiv in den Fokus
der Öffentlichkeit
gerückt“
solvenzverwalter und Sanierungsberater stehen, diskutierten Fachleute beim zweiten
RP-Wirtschaftsforum „Insolvenz und Sanierung“, zu dem
die Rheinische Post zum zweiten Mal in den Industrie-Club
Düsseldorf eingeladen hatte.
„Das erste Forum hat den
Lesern breites Wissen über die
Arbeit von Insolvenzverwaltern und Sanierungsberatern
vermittelt und die Experten
positiv in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt“, sagte Patrick Ludwig, stellvertretender
Vorsitzender der Geschäftsführung der Rheinische Post
Mediengruppe, bei seiner Begrüßung und stellte heraus,
dass er stolz auf den hochkarätigen Kreis sei, der sich auch
bei der zweiten Auflage des
Wirtschaftsforums
versammelt habe. Er wies auf die Veränderungen hin, die das neue
Insolvenzrecht gebracht und
das zu attraktiven Sanierungsmöglichkeiten geführt habe,
stellte aber gleichzeitig heraus,
dass die Zahl der Unternehmensinsolvenzen im sechsten
Jahr rückläufig sei.
Für Horst Piepenburg, Insolvenzverwalter aus Düsseldorf
(Piepenburg-Gerling), ist der
aktuelle Rückgang bei den Insolvenzen nicht dramatisch.
Denn, so betont er, es habe immer Wellen gegeben, und letztlich lägen die Zahlen jetzt auf
dem Niveau von 2008/2009.
„Nach einem deutlichen Anstieg erleben wir jetzt einen
Rückgang, aber befinden uns
eben immer noch auf einem
ordentlichen Level.“ Michael
Bretz, Leiter der Wirtschaftsforschung bei Creditreform,
sieht jedoch, dass viele Verfahren sehr kleinteilig seien und
die Umsätze der Kanzleien pro
Insolvenz sinken würden. Für
Wilhelm Klaas von Klaas & Kollegen hat diese Kleinteiligkeit
in Kombination mit gestiegenen Anforderungen seitens der
Gerichte dazu geführt, dass er
nicht mehr als Insolvenzverwalter tätig ist und sich nur
noch in der Beratung engagiert. Und auch Georg Kreplin
(Kreplin & Partner) weist da-
Beim zweiten Wirtschaftsforum „Insolvenz und Sanierung“ der Rheinischen Post im Düsseldorfer Industrie-Club diskutierten Insolvenzverwalter und Sa
rauf hin, dass der Wettbewerb
fundamental
anders
und
schärfer geworden sei und viele Verfahren von niedriger
Qualität seien. Das sieht auch
Dr. Dirk Andres von Andres
Partner so und fügt hinzu: „Der
Wettbewerb wird in Zukunft
nicht geringer werden.“ Für
Thomas Austmann von der
Wirtschaftsrechts-Boutique
Austmann & Partner könne
dies zu einer Marktkonsolidie-
rung führen; diese aber be- aber auch auf Langfristigkeit
grüßt er: „Eine Konsolidierung ausgelegt. Die Verwalter dürfen als Unterwird zu einer
„Eine Konsolidienehmer nicht
besseren Quadie
gleichen
lität führen.“
rung wird zu einer
Fehler machen
Dr. Paul Fink
besseren Qualität
wie ihre Manvon
FRH
führen“
danten. Sonst
Rechtsanwälte
war die Berufsist auch der
Thomas Austmann
Austmann & Partner
wahl vermutÜberzeugung,
lich falsch.“ Dr.
dass man den
Markt genau beobachten müs- Guido Krüger von Beiten Burkse. „Insolvenzverwaltung ist hardt – einer Kanzlei, die selbst
keine Verwaltung anbietet –
blickt auch optimistisch in die
Verwalterzukunft.
„Beim
nächsten umfassenden Börsen-Crash, den ich für 2017 erwarte, werden die Regelinsolvenzen
wieder
anziehen.
Gleichzeitig stoßen aber viele
Beteiligte auch Sanierungen
und Restrukturierungen frühzeitiger an.“
Das habe natürlich mit den
immer noch jungen Möglich-
GA-SV05
EXTRA INSOLVENZ UND SANIERUNG
Dr. Dirk Andres,
AndresPartner
Wilhelm Klaas,
Klaas & Kollegen
Georg Kreplin,
Kreplin & Partner
Dr. Marco Wilhelm,
Mayer Brown
Horst Piepenburg,
Piepenburg – Gerling
RHEINISCHE POST
FREITAG, 23. OKTOBER 2015
Dr. Maximilian Pluta,
Pluta Rechtsanwälte
E5
Michael Bretz,
Verband der Vereine Creditreform
Vernünftige Planung
vermeidet Fehler
nicht geringer werden“
ettbewerb zwischen den Kanzleien um qualitativ hochwertige Verfahren wird schärfer – auch die
r der Insolvenz forcieren. Themen gab es also genug beim zweiten Rheinische Post-Wirtschaftsforum
venzverwalter einfach abwarten und sich mit der Rolle der
Sachwalter in den Eigenverwaltungen zufrieden geben? Es
gibt keinen Grund für gute Verwalter, sich nicht neu aufzustellen“, sagt Dr. Wolf-Rüdiger
von der Fecht von der gleichnamigen Kanzlei, der die vorinsolvenzliche Sanierungsberatung bereits implementiert
hat. Und auch Dr. Dirk Andres
sagt, dass eine Beratung hinsichtlich Eigenverwaltung und
Schutzschirm durchaus sinnvoll für Insolvenzverwalter sei.
„Nur die ausschließlich leistungswirtschaftlich orientierte
Beratung wirkt möglicherweise nicht glaubwürdig.“ Ebenso
Wilhelm Klaas: „Es ist legitim,
nach Alternativen zu suchen.
Der Markt wird das regulieren.“ Auf die Authentizität
kommt es auch Dr. Marc
d’Avoine an (ATN Rechtsanwälte). „Wir wollen, in dem was
wir tun, Experten bleiben und
für etwas stehen. Deshalb
hängt eine mögliche Beratung
immer an der qualitativen Befassung mit der Sanierung und
Restrukturierung“, sagt der In-
Bei der Beratung
muss die
Ursachenforschung
im Vordergrund
stehen
nierungsexperten über die Marktsituation und die Herausforderungen für Unternehmen und Kanzleien.
keiten durch das ESUG, dem
Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen, zu tun. Einer der ersten, die diese Eigenverwaltung
vorangetrieben haben, war Robert Buchalik von der auf Sanierung und Restrukturierung
spezialisierten Kanzlei Buchalik Brömmekamp. „Die Zahl
der ESUG-Verfahren nimmt jedes Jahr zu, aber viele Insolvenzverwalter haben die Be-
Dr. Maximilian Pluta (Zweiter von links) betont, dass bei der Sanierung
allein die Anforderungen der Mandanten im Fokus stehen.
FOTOS: ALOIS MÜLLER
deutung und die Möglichkeit
noch immer nicht verstanden.“ Er kritisiert die Pläne einiger Verwalter, aufgrund der
sich verändernden Marktbedingungen nun auch Sanierungsberatung und die Begleitung von Eigenverwaltungen
anzubieten. „Das ist unglaubwürdig.“
Dass das nicht unbedingt auf
Gegenliebe stößt, ist nicht verwunderlich. „Sollen die Insol-
solvenzverwalter. Gleichzeitig
fordert Georg Kreplin aber
auch, dass bei dieser Beratung
immer die Ursachenforschung
im Vordergrund stehen müsse.
Nur der kurzfristige Einsatz bestimmter gesetzlicher Instrumente, um die finanzielle Situation zu verbessern, sei noch
keine echte Sanierung und erst
recht keine nachhaltige Restrukturierung.
Dr. Maximilian Pluta (Pluta
Rechtsanwalts GmbH) betont,
dass allein die Anforderungen
der Mandanten im Fokus stehen: „Komplexe Restrukturierungen und Eigenverwaltungen gelingen nur in einem interdisziplinären Team aus Sanierungsexperten mit juristischer, betriebswirtschaftlicher
und steuerrechtlicher Expertise sowie einem hohen Maß an
unternehmerischem
Verständnis.“ In schwierigen Fällen können sogar Aufgaben der
Geschäftsführung kurzfristig
mit erfahrenen Krisen-Managern besetzt werden.
Corinne
Rennert-Bergenthal, Partnerin bei Abels Decker Kuhfuss Lenzen & Partner
(ADKL), betont, dass die Arbeit
in der Sanierung eine psychologisch andere sei. „Der Unternehmer ist der Auftraggeber,
mit ihm muss man auf Augenhöhe umgehen.“ Sie ist überzeugt, dass eine Welle in der
Beratung kommen wird, aber
gleichzeitig bemerkt sie, dass
viele Unternehmer sich leider
noch immer zu spät um eine
hochwertige Beratung kümmern würden.
„Die Wirtschaft kann von der Raumfahrt lernen“, sagt der ehemalige
Raumfahrer und heutige Münchner Professor Ulrich Walter.
VON PATRICK PETERS
Physiker,
IBM-Manager,
Raumfahrer an Bord der Columbia, Professor für Raumfahrttechnik in München: Ulrich Walter ist ein vielseitiger
Mann und jemand, dem man
nicht jeden Tag begegnet. Und
so war auch seine Key Note auf
dem zweiten RP-Wirtschaftsforum „Insolvenzen und Sanierung“ nicht alltäglich.
„Die Wirtschaft kann von
der Raumfahrt lernen. Damit
ein Projekt perfekt funktioniert, braucht es mehrere Jahre
Vorbereitung.
Denn
der
Schlüssel zum Erfolg liegt nicht
im Prinzip des ‚Trial and Error’,
also Versuch und Scheitern,
sondern in zehn speziellen
Maßnahmen“, sagt Ulrich Walter.
Eine Maßnahme laut dem
renommierten Forscher, der
im Rahmen der 55. Space
Shuttle-Mission fast zehn Tage
im All war, sei es, die Anforderungen im Verlaufe eines Projektes nicht zu verändern.
Auch wenn sich ein Projekt als
schwierig herausstelle, die ursprünglich avisierte hohe Qualität dürfe nicht in Frage gestellt werden. Ebenso wichtig
für Ulrich Walter: „Wer am Anfang viel Zeit in Planung und
Vorbereitung investiert, spart
später Geld.“
Dass eine unzureichende
Planung zu einer Katastrophe
führen kann, zeigt Walter am
Beispiel des Columbia-Absturzes 2003. Aufgrund eines technischen Fehlers am Shuttle
war die Columbia 16 Minuten
vor der geplanten Landung in
einer Höhe von 63,1 Kilometern über Texas auseinandergebrochen. „Die anschließende Untersuchung hat ergeben,
dass vor allem organisatorische Ursachen zu dem Unglück geführt haben. Das Problem des fehleranfälligen Bauteils war bekannt, aber durch
unter anderem unzureichende
Kommunikation und das Ignorieren von Hinweisen wurde es
nicht angepackt.“ Schließlich
hätten die vorangegangenen
Missionen auch fehlerfrei
funktioniert.
Kaum Kultur des
Scheiterns in Deutschland
(ppe) Was in den USA beinahe Unternehmer ist eine echte
zum guten Ton in der Wirt- Krisensituation – insbesondeschaftswelt gehört, ist in re mit der Insolvenz als KonseDeutschland weiterhin ver- quenz – eine persönliche Niepönt. Scheitern ist hierzulande derlage. In dem Zusammenein Makel, kein Zeichen von hang weiß Corinne Rennertunternehmerischer Erfahrung Bergenthal, Partnerin bei
oder mutigen Entscheidungen. Abels Decker Kuhfuss Lenzen
Dabei ist für den Vermögens- & Partner (ADKL), dass das
psychologen und Zukunftsfor- Scheitern im Mittelstand zwar
scher Professor
kein umfassenThomas Druydes Tabu mehr
Für Unternehmer
en (Sigmund
sei, aber oft
ist eine echte
Freud Privatignoriert würuniversität
de: „Gute SaKrisensituation
Wien Paris) der
nierung kostet
eine persönliche
„Umgang mit
Geld, aber das
Niederlage
Scheitern ein
wird zuvor sehr
unternehmerioft in den
scher Akt“, und
schwankenDruyen fordert eine „Kultur den Betrieb gesteckt, sodass
des Scheiterns“ – wobei Horst später nicht mehr genügend
Piepenburg, Insolvenzverwal- für die wirklich wichtigen
ter bei Piepenburg-Gerling, Maßnahmen übrig ist.“
darauf hinweist, dass das
Für Dr. Paul Fink (FRH
Scheitern bei Unternehmen Rechtsanwälte) ist eine Komnatürlich nicht zur Regel wer- ponente in der Arbeit der Saden dürfe.
nierungsberater und InsolGrundsätzlich hätten gerade venzverwalter wichtig: „Wir
Eigentümer große Schwierig- müssen Psychologen sein und
keiten mit dem Scheitern. Das erspüren, was im Betrieb los
stellt Thomas Austmann he- ist.“ Und Dr. Marc d’Avoine
raus, seine Kanzlei Austmann von ATN Rechtsanwälte defi& Partner berät regelmäßig In- niert eine Kernaufgabe der Inhaber mittelständischer Un- solvenzverwalter: „Der profesternehmen in wirtschafts- sionelle Umgang mit dem
rechtlichen Fragestellungen. Scheitern und die NeuausrichDie Teilnehmer des zweiten tung für eine erfolgreiche ZuRheinische Post-Wirtschafts- kunft sind die Anforderungen
forums „Insolvenzen und Sa- an eine moderne Insolvenznierung“ sind sich einig: Für verwaltung.“
GA-SV06
EXTRA INSOLVENZ UND SANIERUNG
GLÄUBIGERSCHUTZ
es ja aus Honorierungssicht
besser, eine Insolvenz in die
Da kann man schon mal nei- Länge zu ziehen. Das wäre
disch werden. Als die amerika- gleichzeitig der Tod der kleinische Großbank Lehman nen und mittleren InsolvenzAuch
Brothers in der Finanzkrise die verwalter-Kanzleien.
Segel strich, rieben sich viele eine Pauschalierung von GeBundesbürger verwundert die bühren kann nicht die Lösung
Augen: Bis zu 800 Millionen sein, denn bei vielen InsolEuro an Honorar waren im Ge- venzverfahren ist zu Beginn
spräch, weil die beauftragte nicht erkennbar, wie lange und
Kanzlei eine gigantische Insol- wie teuer das Verfahren sein
venzmasse von rund 15 Milli- wird.“ Hinzu kommt, dass die
arden Euro zusammenbekom- vielen kleinen Insolvenzvermen hatte. Bei solchen Sum- fahren bei weitem nicht so lumen kocht oft nicht nur die krativ sind, wie die MillionenVolksseele hoch, auch unter summen der spektakulären
Fachleuten wurde diskutiert, Fälle dies vermuten lassen.
ob solche gigantischen Hono- Wilhelm Klaas verweist auf die
rare angemessen sind.
Bedeutung einer angemessen
Dabei regelt die Insolvenz- Honorierung: „Es muss eine
rechtliche Vergütungsverord- auskömmliche Vergütung danung genau, welche Regelsät- hinter stehen, sonst kann auch
ze, Zu- und Abschläge ein In- keine Qualität in der Beratung
solvenzverwalter erhält. Alles und Sanierung entstehen.“
hängt von der
Von
der
„Beraterhonorare
InsolvenzmasFecht spricht
se ab – ausin diesem Zuund Insolvenzverschlaggebend
sammenhang
walter-Honorare
ist dabei nicht,
von „Druck“,
sind gleichermaßen der durch die
wieviel
Geld
der InsolvenzDiskussion um
in der Diskussion“
verwalter am
die Honorare
Ende an die
entstanden ist
Gläubiger verteilt, sondern wie und der möglicherweise in die
hoch die Insolvenzmasse ist, falsche Richtung führt: „Wenn
die er zusammenträgt. Bei gro- man jetzt die Axt an die Honoßen, spektakulären Verfahren rarordnung legt, dann wird es
kommen da schnell Millionen- vor allem für kleinere Büros in
summen zustande, doch diese Zukunft schwierig, qualitativ
Fälle werden immer seltener, vernünftige Leistungen zu lieund im Alltag gibt es für viele fern. Das kleine und mittlere
Kanzleien durchaus Risiken.
Geschäft darf man jedoch
„Beraterhonorare und Insol- nicht wegrasieren!“
venzverwalter-Honorare sind
Andererseits stehen Insolgleichermaßen in der Diskus- venzverwalter auch finanziell
sion“, betont Dr. Wolf-Rüdiger im Risiko, zumal sie viele Kosvon der Fecht beim RP-Finanz- ten vorfinanzieren müssen. Dr.
forum. „Die Honorarsätze sind Dirk Andres verweist etwa daim Gesetz klar geregelt, doch rauf, dass heutzutage von den
das Beispiel Lehman hat ge- Sachwaltern erwartet wird,
zeigt, in welche Dimensionen dass „sie immer mehr machen.
die dort festgelegten Regelsät- Da gibt es für die Zukunft einize führen können.“
ge Diskussionsthemen, vor alHorst Piepenburg verweist lem bei Fragen, welche Aufgain diesem Zusammenhang auf ben mitgemacht werden solden anglo-amerikanischen Be- len, ohne dafür vergütet zu
reich, wo Stundenvergütungen werden.“
die Honorarsätze bestimmen:
Thomas Austmann vertei„Wir haben in Deutschland ein digt die Honorarordnung:
Erfolgshonorierungsmodell: Je „Vieles hängt von der Situation
schneller wir etwas für die ab: In der Sanierungsberatung
Gläubiger regeln, desto schnel- etwa, in der es oftmals um Kopf
ler bekommen wir Insolvenz- und Kragen geht, fällt es immer
verwalter unser Honorar.“ einfacher, entsprechende HoGleichzeitig warnt er jedoch norare zu zahlen. Aber machen
davor, auf ein Stundenhono- wir uns nichts vor: Es gibt tatrarmodell umzustellen: „Wenn sächlich Qualitätsunterschiewir das machen würden, wür- de, die auch hohe Honorare
de sich alles ändern: dann wäre rechtfertigen.“
VON JOSÉ MACIAS
VON JÜRGEN GROSCHE
Gerechtfertigter Schutz der Interessen aller
Gläubiger – oder ein Instrument, das eine
wirksame Sanierung bremst? Insolvenz- und
Sanierungsexperten sehen beim Thema
Insolvenzanfechtung jedenfalls einen hohen
Gesprächsbedarf.
Umfassend und vielfältig waren die Diskussionen beim zweiten RP-Wirtschaftsforum „Insolvenz und Sanierung“. Teilgenommen hatten Insolvenzverwalter und Sanierungsberater aus Düsseldorf und der Region.
FOTOS: ALOIS MÜLLER
auflasteten, eine drohende dann nicht von einem SachZahlungsunfähigkeit
schon walter vorgegeben werde, der
früh zu erkennen. Wie die vielleicht zu restriktiv einfach
Richter Indizien bewerteten, nur Forderungen eintreibt.
Wilhelm Klaas (Klaas & Kolsei in Teilen schon etwas übertrieben, meint Thomas Aust- legen) weist auf eine Problematik im Zumann (Aust„Eine Schwächung sammenhang
mann & Partmit Beratern
ner). Es sei ein
des Anfechtungshin:
Grundrichtiger Anrechtes kann
sätzlich sollten
satz, das Recht
die Sanierung
sie ja eigentlich
hier zu refordie Lage eines
mieren. Vor alschwächen“
Unternehlem komme die
mens im VorFrage ja nach
einer zunächst erfolgreichen feld einschätzen können. Aber
Sanierung wieder auf. Die Fra- in der Praxis bestehe die Gege stelle sich dann: Ist das Un- fahr, dass Insolvenzanträge
ternehmen wirklich saniert – immer später gestellt werden,
oder muss man wieder eine weil die Berater vorher noch
drohende Schieflage früh ein- andere Möglichkeiten ausschöpfen wollen. Das gefährde
kalkulieren?
Robert Buchalik (Buchalik aber häufig eine spätere SanieBrömmekamp) hat grundsätz- rung. Daher könne eine
lich kein Problem mit der An- Schwächung des Anfechtungsfechtung, er hält aber ebenfalls rechtes – das eben auch die Bedie BGH-Rechtsprechung für rater diszipliniert – die Sanie„zu exzessiv“. Eine Sanierung rung schwächen.
„Ein Berater muss aufpaswerde hoffnungslos, wenn sich
etwa ein zentraler Lieferant sen, dass er nicht selbst in Hafaus Sorge vor Regressen zu- tung gerät“, warnt auch Dr.
rückziehe. Hier sieht Buchalik Dirk Andres (AndresPartner).
einen Vorteil der Insolvenz in Grundsätzlich sieht er aber
Eigenverwaltung. Dabei könn- auch Positives in der Rechtslaten sich die Gläubiger über ihr ge. Manchmal sei es förderlich
Vorgehen abstimmen, das für eine Sanierung, wenn man
E6
Honorierung:
Die Masse macht’s
Das Für und Wider der
Anfechtungsklage
Ein Wort geistert gerade durch
die Flure der Gerichte, der Anwalts- und Unternehmensbüros: Insolvenzanfechtung. Insolvenzverwalter nutzen das
Instrument gegebenenfalls mit
damit verbundener Klage, um
Geschäfte rückgängig zu machen, die ein angeschlagenes
Unternehmen vor seiner Insolvenz getätigt hat. Die entsprechenden Rechtsvorschriften
sollen verhindern, dass einzelne Gläubiger bevorzugt werden. Bis zu zehn Jahre rückwirkend können zum Beispiel Lieferanten verpflichtet werden,
erhaltene Zahlungen zurückzuerstatten. Zurzeit wird eine
Reform der Insolvenzanfechtung diskutiert. Grund genug,
sich auch beim zweiten RPWirtschaftsforum „Insolvenz
und Sanierung“ damit zu befassen.
„Viele haben das Thema
nicht auf dem Schirm“, weiß
Corinne Rennert-Bergenthal
(ADKL). Die „Schärfe des
Schwertes“ sei auch vielen Beratern nicht präsent. Die
Gleichbehandlung der Gläubiger sei das „Mantra des Insolvenzrechts“, erklärt Dr. WolfRüdiger von der Fecht und verteidigt den Grundsatz auch als
„wichtigen Baustein“ in Insolvenzverfahren. Eine Reduzierung der Zehnjahresfrist hält
von der Fecht für gerechtfertigt. „Auch Sachwalter müssen
grundsätzlich dieses Mantra
hochhalten.“
Dr. Marco Wilhelm (Mayer
Brown) erachtet den Grundsatz ebenfalls als „oftmals notwendig für die Restrukturierung“, er diszipliniere die beteiligten Parteien. Allerdings
sei die Rechtsprechung „in Teilen
sanierungsfeindlich“.
Denn Kunden oder Lieferanten, die einem klammen Unternehmen helfen wollen, gingen ein Risiko ein, das sie bei
zu restriktiver Rechtsprechung
eher meiden. Ähnliches gelte
auch für Berater, wie aktuelle
Urteile zeigen.
Für Schlagzeilen sorgten insbesondere Urteile des Bundesgerichtshofes (BGH), die Gläubigern große Verantwortung
RHEINISCHE POST
FREITAG, 23. OKTOBER 2015
allein schon das Mittel der An- auf keinen Fall mit Vollstrefechtung ins Gespräch bringen ckung oder Insolvenzantrag
drohen. Das ist eine Steilvorlawürde.
Was ergibt sich aus alledem ge für den Insolvenzverwalter,
für die Praxis? Buchalik em- der anfechten will.“
Man müsse aber auch nicht
fiehlt eine Checkliste: Wenn
ein Kunde bei Ratenzahlungen bei jedem Schreiben eines Instottert, sei eine Mahnung ver- solvenzverwalters Angst bebunden mit weiterem Abwar- kommen, wendet Horst Pieten töricht. Hier müsse der Lie- penburg (Piepenburg Gerling)
ferant die drohende Zahlungs- ein. Wenn der Verwalter offenunfähigkeit erkennen. „Wenn sichtlich ein Rundschreiben an
ein Kunde Ratenzahlungen viele Gläubiger mit Anfechtunverlangt, sollte man sich darauf gen verschickt, müsse man
nur einlassen, wenn man si- nicht gleich zahlen: „So eincher davon ausgehen kann, fach ist das mit der Anfechtung
dass er nicht drohend zah- auch wieder nicht.“
Nicole Irmer
lungsunfähig
(Allianz) empoder gar zah- „Man muss nicht bei
fiehlt
Manalungsfähig ist.
jedem Schreiben
gern darüber
Das kann zum
eines Insolvenzhinaus,
sich
Beispiel durch
gegen solche
eine entspreverwalters Angst
juristischen
chende Erkläbekommen“
Unwägbarkeirung
seines
ten zu schütSteuerberaters
aus der Welt geräumt werden. zen. Die VersicherungsexperBesser aber ist es, anstelle einer tin findet es indes erstaunlich,
Ratenzahlung eine Verlänge- dass viele Geschäftsführer keirung der Zahlungsziele zu ver- ne Versicherung gegen Vermögensschäden hätten. Fahrläseinbaren.
Solange der Kunde inner- sig sei es auch, keine Strafhalb der verlängerten Zah- rechtsschutzversicherung zu
lungsziele zahlt, ist das völlig haben. Sinnvoll könnten auch
unkritisch. Wenn der Kunde Vertrauensschadenversichebei Ratenzahlungen stottert, rungen sein.
GA-SV07
RHEINISCHE POST
FREITAG, 23. OKTOBER 2015
EXTRA INSOLVENZ UND SANIERUNG
E7
Tausche Altschulden gegen Hochprozentiges
Immer mehr Unternehmen lösen ihre Bankverbindlichkeiten ab und geben dafür Unternehmensanleihen aus. Die Umschuldung kann sich aus
verschiedenen Gründen lohnen.
VON MATTHIAS VON ARNIM
Hochzinsanleihen, in der internationalen Bankensprache
High-Yield-Bonds
genannt,
galten lange Zeit als Wertpapiere für Zocker-Naturen.
Denn solche Anleihen bieten
zwar deutlich höhere Renditen
als sichere Staatsanleihen wie
beispielsweise Bundespapiere.
Damit ist aber auch das entsprechend größere Risiko eines Zinsausfalls oder sogar eines Totalverlusts verbunden.
Rating-Agenturen
bewerten
Hochzinsanleihen unterhalb
des sogenannten Investment
Grade. Bei Standard & Poor’s
sowie Fitch ist das BB+ und jedes Rating darunter, bei Moody’s Ba1 und jedes Rating darunter.
Solche Ratings sagen: Wer
als Anleger keine guten Nerven
hat, sollte die Finger davon lassen. Zockerpapiere sind Hochzinsanleihen deshalb jedoch
nicht. Der Markt hat sich
enorm entwickelt. Das wird
schon an der Umsatzentwicklung deutlich: Vor zehn Jahren
gab es in Europa de facto noch
keinen Markt für Hochzinsanleihen. Vor fünf Jahren wurden
High-Yield-Bonds im Wert von
insgesamt 61 Milliarden USDollar emittiert. Im vergangenen Jahr betrug das Emissionsvolumen in Europa 121 Milliarden US-Dollar. Kein Wunder,
dass der Markt boomt: Für institutionelle Investoren sind
High-Yield-Bonds als Depotbeimischung immer interessanter geworden.
Denn beispielsweise Pensionsfonds, Hedgefonds oder
Versicherungen haben angesichts des langanhaltend niedrigen Zinsniveaus immer mehr
Probleme damit, die RenditeVersprechen zu halten, die sie
ihren Kunden vor Jahren gegeben haben. Staatsanleihen mit
hoher Bonität wie etwa Bun-
„Im Idealfall
ist die Finanzierung über
Anleihen günstiger als ein
Bankkredit“
Dr. Marco Wilhelm
Mayer Brown
desanleihen bieten nur noch
Renditen nahe der Nulllinie.
Die Institutionellen greifen
deshalb gerne zu, wenn Papiere auf den Markt kommen, die
eine
überdurchschnittliche
hohe Verzinsung bieten.
„Für Unternehmen, die ihre
Bank-Verbindlichkeiten neu
sortieren wollen oder müssen,
ist das eine Chance“, sagt Dr.
Marco Wilhelm von der Wirtschaftskanzlei Mayer Brown.
Firmen, die einen Teil ihrer
Kredite bei den Banken ablösen und dafür Unternehmensanleihen ausgeben, hatten in
den zurückliegenden Jahren
gute Chancen, Abnehmer dafür zu finden.
Vorteil solch einer Umschuldungsmaßnahme: Schulden
die Unternehmen einen Großteil ihrer Verbindlichkeiten
um, sorgt das langfristig für
mehr Planungssicherheit. Anleihen mit Laufzeiten zwischen
fünf und sieben Jahren mit festen Zinsen sorgen dafür, dass
die Unternehmen Zeit gewinnen. Gerade für Firmen, die
sich in einem Restrukturierungsprozess befinden, sind
wichtige Argumente. Und es
gibt weitere gute Gründe. So
profitieren zuweilen auch die für alle Unternehmen geeignet
betreffenden Banken von sol- ist. „Um solch einen Schritt zu
chen Umschuldungen: „Durch gehen, muss ein Unternehmen
die neuen Regulierungsvor- schon eine gewisse Größe haschriften der vergangenen Jah- ben“, sagt Marco Wilhelm.
re sind Banken angehalten, Denn die Emission von Anleiihre Eigenkapitalstruktur zu hen ist mit einer Menge Aufverbessern. Da kam es der ei- wand verbunden. Die Prospekterstellung, die
nen oder anderen Bank schon Es geht bei der Emis- Roadshows zu
den potenzieleinmal
gelesion von Anleihen
len
Käufern,
gen, wenn sie
um Kreditvolumina die Due Dillieinen Schuldvon mindestens
gence, also die
ner aus ihren
Büchern strei200 Millionen Euro Bewertung des
Unternehchen konnte“,
mens, der Geerklärt
Wilhelm. Denn schließlich muss schäftsentwicklung und des
jeder Kredit, den eine Bank Risikopotenzials, schließlich
ausgibt, mit Eigenkapital hin- der Verkauf der Anleihen über
terlegt sein. Die Regeln dafür die Banken an die Investoren.
sind seit der Finanzkrise im- Da kommen hohe Kosten zumer weiter verschärft worden. sammen, die sich erst ab eiZwar gibt es bei einer Um- nem gewissen Betrag rechnen.
Konkret: Hier geht es um
strukturierung der Schulden in
Hochzinsanleihen scheinbar Kreditvolumina von mindesnur Gewinner. Das heißt je- tens 200 Millionen Euro. „Für
doch nicht, dass diese Option einen mittelgroßen Malermei-
sterbetrieb ist das Instrument
nicht geeignet“, so Wilhelm. In
Deutschland kalkuliert eine
ganze Reihe von mittelständischen Unternehmen mit solchen Kreditvolumina. „Gerade
eigentümergeführte
Unternehmen sind oft über die Jahrzehnte gewachsen – und mit
ihnen auch ihre Kreditstrukturen. Da macht es zuweilen
Sinn, diese mal anzupassen“,
sagt Marco Wilhelm.
Dabei gilt die Faustregel: Je
krisenfester die Produktpalette
der Unternehmen und ihre Bilanz, desto weniger Zinsen
müssen sie erfahrungsgemäß
für ihre Anleihen bieten, und
desto leichter finden sich Käufer. „Im Idealfall ist die Finanzierung über Anleihen für die
Firmen unterm Strich manchmal sogar günstiger als die alten Bankkredite“, erklärt Wilhelm. Fazit: Hochprozentiges
muss für Unternehmer nicht
teuer sein.
INTERVIEW PROFESSOR JÜRGEN WESSING
Wenn der Staatsanwalt zweimal klingelt
für rechtfertigen, auch vor dem
Staatsanwalt.
Ist das deutsche Insolvenzrecht
schädlich für das Unternehmertum?
JÜRGEN WESSING Sagen wir es
anders: Es ist ein kultureller
Unterschied, der sich in Form
von Gesetzestexten wiederfindet. In den USA scheitern Sie
und können mit einer neuen
Unternehmung beweisen, dass
Sie etwas gelernt haben. In
Deutschland scheitern Sie und
Professor Jürgen Wessing, Fachanwalt für Strafrecht in der Kanzlei Wessing & Partner
Wer hierzulande mit
seinem Unternehmen
Insolvenz anmeldet,
steht oft schon mit einem Bein im Gefängnis. Professor Jürgen
Wessing, Fachanwalt
für Strafrecht, über die
Gefahren des Zögerns.
Herr Professor Wessing, Sie bieten auf Ihrer Website strafrecht.de eine „DurchsuchungsApp“ an. Was hat es damit auf
sich?
JÜRGEN WESSING Wenn Sie als
Unternehmer Insolvenz anmelden, dann geht Ihre Akte
immer über den Tisch eines
Staatsanwalts. Der prüft, ob Sie
rechtzeitig die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung
erkannt und entsprechend gehandelt haben. Dafür haben
Sie als Geschäftsführer drei
Wochen Zeit. Wenn Sie diese
Frist überschritten haben, machen Sie sich strafbar. Bei der
Untersuchung dieses Sachverhalts sind Staatsanwälte nicht
zimperlich. Um an die benötigten Unterlagen zu gelangen,
ordnen sie auch schon mal
Durchsuchungen
in
Geschäftsräumen an. Für solche
Fälle haben wir die App entwickelt. Die gibt erste präzise Hilfestellungen und verbindet Sie
bei Bedarf direkt telefonisch
mit einem unserer Rechtsanwälte.
Das klingt ja abenteuerlich.
Unternehmer in Not sind in der
Regel doch keine Straftäter, sondern einfach nur knapp bei
Kasse, oder?
JÜRGEN WESSING
Insolvenzrecht und Strafrecht gehen
hierzulande fließend ineinander über. Für viele Geschäftsführer ist eine Insolvenz deshalb nicht nur auf geschäftlicher Ebene eine Niederlage,
sondern auch ganz persönlich
eine Katastrophe. Denn viele
Unternehmer klammern sich
bis zuletzt an ihr Geschäft,
schießen eigenes Vermögen
ein, verpfänden ihr Haus, gehen persönlich große finanzielle Risiken ein, um das Unternehmen zu retten – und
werden am Ende dafür vom
Staatsanwalt persönlich in
Haftung
genommen.
Die
Rechtslage in Deutschland ist
nun einmal so. Andere Länder
handhaben das anders.
Zum Beispiel?
JÜRGEN WESSING Zum Beispiel
die USA. Da ist es nicht unüblich, als Unternehmer zwei
oder drei Firmen zu gründen,
Pleite zu gehen und erst mit der
vierten Unternehmung reich
zu werden. Scheitern gehört
einfach dazu und ist gesellschaftlich akzeptiert. Diese
Grundhaltung spiegelt sich
auch in der Gesetzgebung dort
wieder. Natürlich können Sie
als zahlungsunfähiger Unternehmer auch in den USA vor
wurf der Insolvenzverschlep- JÜRGEN WESSING Wenn eine
pung wehren muss, sollte man Insolvenz droht, sollten sie
einen guten Anwalt an seiner nicht zu lange zögern und nicht
Seite
haben.
zu lange auf
Der
kostet
das
Prinzip
„Der
erste
und
wichGeld. Und das
Hoffnung settigste Schritt sollte zen. Denn der
ist nun mal,
wenn es um Insein, eine Manager- Tod der Hoffsolvenzen
Haftpflichtversiche- nung ist die Gegeht, meistens
burtsstunde
gerade knapp. rung abzuschließen“ des Strafverfahrens.
Haben Sie noch
einen guten Rat für GeschäftsDAS INTERVIEW FÜHRTE
MATTHIAS VON ARNIM
führer?
Wie können sich Geschäftsführer hierzulande davor schützen,
als Straftäter behandelt zu werden?
JÜRGEN WESSING Der erste und
wichtigste Schritt sollte sein,
eine Manager-Haftpflichtversicherung abzuschließen. Und
zwar ganz persönlich, nicht für
die Firma. Denn wenn man
sich vor Gericht gegen den Vor-
.UHSOLQ 3DUWQHU
FOTO: MICHAEL LÜBKE
Gericht landen, aber nur dann,
wenn jemand Sie verklagt hat.
Da geht es dann auch nicht darum, ob Sie bestimmte Fristen
eines Insolvenzrechts einhalten, sondern ob Sie jemanden
betrogen haben.
Wenn jemand geliehenes Geld
nicht zurückbekommt, fühlt er
sich doch schnell betrogen.
Banken zum Beispiel sind da in
der Regel doch recht hartnäckig, auch in den USA. Oder?
JÜRGEN WESSING Bei der Finanzierung von Unternehmen
spielen Banken in den USA
eine ganz andere Rolle als hierzulande. In den Staaten ist es
üblicher, private Investoren ins
Boot zu holen. Die erhoffen
sich Chancen, wissen aber in
der Regel auch, dass eine unternehmerische
Beteiligung
immer auch ein Risiko bedeutet. Ein Mark Zuckerberg beispielsweise schmeißt geradezu
mit Geld um sich und investiert
in viele Unternehmen, von denen auch viele scheitern. Aber
einige schaffen vielleicht den
ganz großen Durchbruch. Das
rechnet sich unterm Strich. Die
Unternehmer, die scheitern,
werden nicht verklagt, weil sie
es nicht geschafft haben. Die
nehmen oftmals einfach neuen Anlauf. Und finden dafür
auch wieder Investoren, wenn
die Geschäfts-Idee gut ist. Von
solch einer Mentalität sind wir
hier weit entfernt. Wer hierzulande scheitert, muss sich da-
müssen vor Gericht beweisen,
dass Sie keine Formfehler begangen haben.
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GA-SV08
EXTRA INSOLVENZ UND SANIERUNG
Verwalter entlasten und absichern
Die interdisziplinäre
Kanzlei Abels Decker
Kuhfuß Lenzen (ADKL)
bietet für Insolvenzverwalter zahlreiche rechtliche, steuerliche und
betriebswirtschaftliche
Dienstleistungen an.
VON PATRICK PETERS
Die Welt wird immer komplexer. Ständig verändern sich gesetzliche Regelungen, die Behörden passen ihre Kontrollmechanismen an, dadurch
steigen die Anforderungen im
betrieblichen Alltag. Aber eben
nicht nur da, wie Corinne Rennert-Bergenthal, Partnerin bei
der interdisziplinären Kanzlei
Abels Decker Kuhfuß Lenzen
(ADKL) und Leiterin der Praxisgruppe für Insolvenzdienstleistungen und Sanierung/Restrukturierung, betont. „Auch
Insolvenzverwalter unterliegen diesen Herausforderungen. Sie sind als Manager in
Krisenzeiten eines Unternehmens gefragt und können
nicht alle angrenzenden rechtlichen Fragestellungen in ihren
Details kennen. Das führt
dazu, dass sich auch Insolvenzverwalter in ihren Verfahren möglichen Problemen aussetzen, etwa im Insolvenzsteuerrecht oder auch im Insolvenzarbeitsrecht.“
Es brauche viel Expertise,
um beispielsweise Insolvenzrecht und Steuerrecht zusammenzubringen.
„Eigentlich
passt das nämlich nicht zusammen, aber in den Verfahren müssen die Sonderbedingungen erkannt umgesetzt
werden. Beachtet ein Insolvenzverwalter diese Anforderungen nicht, kann das zu einem Verfahren durch die Steuerbehörden führen – und zwar
gegen den Insolvenzverwalter“, betont die Wirtschaftsprüferin, Rechtsanwältin und
Steuerberaterin. Eines der Be-
ratungsmodelle von ADKL beruht deshalb auf der Begleitung von Insolvenzverwaltern,
um alle in einem Verfahren
notwendigen
Rechtsgebiete
abdecken zu können und die
Verwalter damit sowohl abzusichern als auch zu entlasten.
Die Tätigkeit der Kanzlei reicht
bis zur Prozessführung, denn
immer wieder endeten Insolvenzsteuerangelegenheiten
vor Gericht.
Aufgrund ihrer Erfahrung im
Insolvenzrecht, der Sanierung
und Restrukturierung von Unternehmen und des Full Service-Ansatzes aus Wirtschaftsprüfung, Rechtsberatung und
Steuerberatung werden Corinne Rennert-Bergenthal und
die weiteren Partner und Mitarbeiter des Fachbereichs immer wieder in Verfahren als
Dienstleister
eingebunden,
und zwar in Regelinsolvenzen
und Eigenverwaltungen nach
dem seit 2012 gültigen Gesetz
ESUG. Ein Beispiel für die Tätigkeit:
„Insolvenzverwalter
und Sachwalter in Eigenverwaltungsverfahren
schauen
sehr häufig genau hinter die
Vorgänge der Vergangenheit,
um beispielsweise Entscheidungen und Zahlungen im Sinne der bestmöglichen Gläubigerbefriedigung anzufechten.
Wir bieten Services an, große
Corinne Rennert-Bergenthal,
Partnerin bei der interdisziplinären Kanzlei Abels Decker Kuhfuß
Lenzen (ADKL)
FOTO: LÜBKE
Datenmengen nach bestimmten Parametern zu durchsuchen, um die offenen Fragen
des Verwalters zu beantworten. Am Ende steht dann ein
Gutachten unseres Hauses,
das dem Verwalter bei seiner
Entscheidungsfindung hilft.“
Solche Aufgaben würden an
ADKL aber nicht nur in größeren Verfahren herangetragen,
sondern auch in kleineren und
mittleren. „Wir überprüfen natürlich auch, ob durch die Eigenverwaltung mit entsprechender Sanierung oder eben
der Regelinsolvenz grobe Fehler der Vergangenheit verschleiert werden sollen“, betont Corinne Rennert-Bergenthal.
Zu den Dienstleistungen der
von Corinne Rennert-Bergenthal geleiteten Praxisgruppe
gehört auch die vorinsolvenzrechtliche Beratung. Mit dieser
Symbiose aus Rechts-, Steuerund Unternehmensberatung
macht ADKL Unternehmen in
Zahlungsschwierigkeiten wieder zukunftsfit. „Dabei geht es
um eine nachhaltige Sanierung, genau wie in der Eigenverwaltung und Regelinsolvenz. Wir müssen leistungswirtschaftliche Prozesse neu
anstoßen, um wirklich Erfolg
zu haben. Es nur mit frischen
finanziellen Mitteln zu versuchen, geht nicht immer gut
aus, denn diese sind immer mit
Kosten verbunden, seien es
Kredite oder bei Investorenkapital die Abtretung von Gesellschaftsanteilen.“ Die Partnerin
wünscht sich gerade im Mittelstand, zugunsten der Mitarbeiter und der Unternehmen,
noch mehr Rationalität bei
dem Thema Sanierung und Insolvenz. „Viele Unternehmer
stecken bis zum letzten Tag
noch Geld in ihren Betrieb, anstatt gemeinsam mit einem
Fachmann die notwendigen
Schritte anzupacken. Doch das
Geld ist dann verloren und
kann nicht mehr anderweitig
eingesetzt werden.“
RHEINISCHE POST
FREITAG, 23. OKTOBER 2015
E8
FIRMENRETTUNG
Den Sinkflug stoppen
Wenn es bei Unternehmen hakt, müssen sie
reagieren, bevor die
Probleme überhand
nehmen. Sanierer können helfen, den Sinkflug
rechtzeitig zu stoppen.
Ziel ist immer, das Unternehmen zu retten.
VON JÜRGEN GROSCHE
„Eine Sanierung kann erfolgreich sein, wenn die entsprechenden Prozesse früh beginnen“, sagt Dr. Maximilian Pluta, Partner in der Anwaltskanzlei Pluta. Der Rechtsanwalt, Diplomkaufmann und Steuerberater weiß, wovon er spricht:
Die Spezialisten sind als Unternehmensretter unterwegs –
entweder als Berater im Vorfeld einer Krise oder als Insolvenzverwalter, wenn denn ein
solcher Ernstfall eingetreten
ist. So oder so: „Unser Ziel ist
immer, das Unternehmen zu
erhalten“, betont Pluta. Und er
freut sich, wenn er ein paar
Jahre später an einem Standort
vorbeifährt, der immer noch
das Namensschild der geretteten Firma trägt.
Eine Krisensituation verläuft
über mehrere Stadien; es gilt,
sie zu erkennen und die passenden Maßnahmen zu ergreifen. Im ersten Stadium erreicht
ein Unternehmen seine erwartete Zielrendite nicht. Dies ist
an sich noch nicht gefährlich.
Bevor nun der Sinkflug beginnt, untersuchen die Berater,
welche finanziellen oder operativen Maßnahmen dazu beitragen können, die Rendite
wieder zu steigern.
Eine Ertrags- oder Liquiditätskrise wird schon bedrohlicher. „Hier ist es wichtig, sich
gegenüber den Finanzierungs-
Dr. Maximilian Pluta, Partner in der Anwaltskanzlei Pluta
partnern transparent zu verhalten“, rät Pluta. Die Sanierungspartner können hier als
Vermittler zwischen diesen
Partnern und dem Unternehmen dienen und beiden Seiten
erklären, was nun nötig ist. So
erwarten Finanzierer vor allem
ein klares Sanierungskonzept.
Befindet sich ein Unternehmen bereits im bedrohlichen
Sinkflug, dann sei wichtig,
Haftungsfälle zu vermeiden,
erklärt Pluta weiter. „Wir zeigen dann auf, wie lange der
Unternehmer noch selbstständig handeln darf und wann es
besser ist, einen Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung zu
stellen.“
Um richtig gut zu beraten,
müssen die Juristen in die Betriebe gehen. „Wir müssen die
Abläufe studieren, um die richtigen Methoden zur Sanierung
zu finden“, sagt Pluta. „Das ist
nur vor Ort möglich. Wir müssen alle Beteiligten kennenlernen und schauen, dass der Einkauf wieder auf die Beine
kommt, die Produktion weiter
läuft und Lieferanten sind zu
bezahlen“, schildert der Anwalt seine Arbeit.
„Sie müssen da schnell die
Leute finden, die das Geschäft
wirklich verstehen“, fügt der
Sanierungsexperte hinzu. Das
FOTO: KLAUS HAAG
seien durchaus auch mal ande- Gespräche mit Banken und anre als die Geschäftsführer. Sa- deren Gläubigern führen“, ernierer und Insolvenzverwalter klärt der Experte. Vermitteln,
seien oft eher als Unternehmer externe Expertise anbieten, die
tätig denn als Juristen. Wäh- Entwicklung mit dem Blick von
rend für eine Beratung vor ei- außen bewerten – das sind die
ner Insolvenz durchaus Zeit Eigenschaften, mit denen die
zur Verfügung steht, müssen Sanierer Schlimmeres verhindie Retter gerade zu Beginn ei- dern können. „Häufig lässt
nes Insolvenzverfahrens sehr sich eine Insolvenz im Vorfeld
schnell entscheiden. „Da muss vermeiden“, sagt Pluta. „Je früüber Bestellungen oder ausste- her man den Sinkflug erkennt,
desto
besser
hende Zahlungen heute entkann
man
ihn
Mittlerweile ist
schieden werabwenden.“
die Kanzlei an
den,
nicht
Für ihre Ar36 Standorten in
morgen“,
beit brauchen
bringt Pluta es
die
Sanierer
Deutschland
auf den Punkt.
viel Fingerspitvertreten
Die Kanzlei
zengefühl. Und
Pluta arbeite
Erfahrung. Die
daher teamorientiert. Zum hat die Anwaltskanzlei Pluta
Team gehören zum Beispiel durchaus, blickt man auf die
Steuerberater, Betriebswirte Historie. Sie wurde vor mehr
und Arbeitsrechtler. Die Sanie- als 30 Jahren in Ulm gegrünrer können auch als Interims- det. Mittlerweile ist die Kanzlei
manager selbst im Unterneh- an 36 Standorten in Deutschmen Verantwortung überneh- land vertreten, dazu kommen
men, Verhandlungen mit Be- vier Büros in Spanien und je eitriebsräten führen, mit Kun- nes in Italien und Polen. Die
den und Lieferanten sprechen. Kanzlei beschäftigt mehr als
„Das geht weit über andere Be- 330 Mitarbeiter, davon mehr
ratungsangebote hinaus“, be- als 70 Berufsträger (unter ihtont Pluta.
nen neben Anwälten und SteuWichtig ist den Anwälten erberatern auch mehr als 35
ihre Unabhängigkeit von allen gerichtlich bestellte InsolvenzBeteiligten. „So können wir verwalter und mehr als 20 Sazum Beispiel oft effektivere nierungsexperten).
Die Chance steht im Fokus
VON PATRICK PETERS
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($$ &! "'(!$ % !%
%!) +)$*'( # %'$('($$( %$'( $( %! +"' # ($'$(( $( ( $ %'( # # # # # # Deutsche und Niederländer
machen, vor allem entlang der
Grenze, gerne Witze übereinander. Und doch nehmen
sich die Nachbarn ernst – aus
gutem Grund: NordrheinWestfalen ist für das Königreich der wichtigste Handelspartner (allein der Export beläuft sich auf 40 Milliarden
Euro, mehr als in die sogenannten BRIC-Staaten), rund
3000 niederländische Unternehmen haben sich in Nordrhein-Westfalen
angesiedelt
und 25 Prozent des gesamten
niederländischen Exports geht
nach Deutschland. Anhand
dieser Zahlen stellte Frank van
Beuningen, stellvertretender
Generalkonsul der Niederlande, beim „Dutch Legal Day“
der Wirtschaftskanzlei Beiten
Burkhardt auf Schloss Dyck in
Jüchen die Bedeutung der
deutsch-niederländischen
Wirtschaftsbeziehungen heraus. Bereits zum achten Mal
organisierte Beiten Burkhardt
ihren „Dutch Legal Day“ mit
deutschen und niederländischen Rechts- und Wirtschaftsexperten, unter anderem ein Richter des Amtsgerichts Hamburg, ein Rechtsprofessor, Restrukturierungsund Transaktionsberater und
ein Insolvenzverwalter.
Die Kanzlei unterhält am
Düsseldorfer Standort ihr von
Regine
Nuckel
geleitetes
„Dutch Desk“ und berät deutsche und niederländische Unternehmen bei allen wirtschaftsrechtlichen Fragestellungen im deutschen Recht. Im
Mittelpunkt des diesjährigen
Wirtschaftstreffens stand die
Frage „Insolvenz – Pleite oder
Chance?“. Spezialisten aus beiden Jurisdiktionen diskutierten darüber und stellten die
Unterschiede zwischen den
Nationen, aber auch deren Gemeinsamkeiten beim Umgang
mit Unternehmenskrisen heraus. Eine Aussage der Runde,
die für beide Länder gleicher-
maßen gilt: „Die Chance steht
im Fokus, die Krise ist immer
eine Chance, etwas zu verändern und einen Neustart zu gewährleisten“, wie Rechtsanwältin Regine Nuckel es formuliert. Aber der Weg dorthin
ist ein anderer, wie die Experten feststellen. In Deutschland
sei das Insolvenzrecht sehr sanierungsfreundlich. Ziel sei es,
Unternehmen in der Insolvenz
zu sanieren und dann in eine
erfolgreiche Zukunft zu entlassen – sofern das leistungswirtschaftlich möglich und sinnvoll sei.
In den Niederlanden hingegen führe eine Insolvenz in aller Regel zur Liquidation des
ursprünglichen
Unternehmens, oft über einen Verkauf
(wobei auch dann der zumindest teilweise Fortbestand natürlich gesichert werden könne). Dafür werde alles daran
gesetzt, im Vorfeld einer Insolvenz mithilfe sämtlicher möglicher Sanierungsinstrumente
einen Turnaround zu schaffen.
GA-SV09
EXTRA INSOLVENZ UND SANIERUNG
VON PATRICK PETERS
Als Wirtschaftskanzlei mit einem Kompetenzspektrum, das
alle Bereiche des Wirtschaftsrechts abdeckt, ist Beiten Burkhardt sowohl bei mittelständischen als auch großen Mandanten bekannt. Dabei forciert
die stark wachsende Kanzlei
einen integrierten Beratungsansatz und bringt Kompetenzen aus zahlreichen Rechtsgebieten zusammen, vom Arbeitsrecht über Gesellschaftsund Transaktionsrecht bis hin
zum Öffentlichen Recht. „Unsere Beratung erstreckt sich
über acht Kernsektoren, in denen wir regelmäßig unterwegs
und für die wir auch bei den
Mandanten bekannt sind.
Dazu gehören Automotive,
Energie, Family Offices/Stiftungen, Finanzwirtschaft, Gesundheitswesen, Immobilienwirtschaft, Medien und die Öffentliche Hand. Als Spezialkompetenz setzen wir die Interessen unserer Mandanten
auch in großen Schiedsverfahren und vor Gericht durch“,
sagt der Dr. Guido Krüger,
Fachanwalt für Steuerrecht
und als Partner der Kanzlei
Mitglied im fünfköpfigen Geschäftsführungsgremium.
Beiten Burkhardt setzt diese
Expertise auch für Insolvenzverwalter direkt ein, also über
die Begleitung in Verfahren hinausgehend. „Wir sind die Berater der Verwalter“, betont
Guido Krüger, „und begleiten
Kanzleien bei zahlreichen Fragestellungen, die für sie wichtig sind.“ Durch die Interdisziplinarität der international
tätigen Kanzlei können Insolvenzverwalter so auf Expertise
zurückgreifen, die sie sonst in
ihrer eigenen Kanzlei vorhal-
ten müssten – oder ohne diese
sie in Schwierigkeiten geraten
können. Guido Krüger nennt
zwei Beispiele: „Da ist zum einen die immer im Raum stehende Frage des Insolvenzsteuerrechts. Es existieren einige wesentliche Punkte, die
ein Verwalter selbst erledigen
muss, um Rechtssicherheit zu
erlangen. Dabei beraten wir
ihn, damit ein Verfahren nicht
mit Problemen mit der Finanzverwaltung für ihn endet.“
Zum anderen trete Beiten
Burkhardt vor allem durch seinen etablierten Wirtschaftsprüfungsgesellschaftsbereich
auch immer wieder als Unternehmensberater bei Verwaltern auf. „Gerade in Zeiten mit
sehr wenigen Verfahren kann
die Menge von Mitarbeitern,
die Kanzleien vorhalten müssen, um alle notwendigen Tätigkeiten in einem Verfahren
ausüben zu können, zu einem
wirtschaftlichen Risiko werden. Dann kommen wir ins
Spiel und erarbeiten Lösungen
dafür.“
Das Renommee der Kanzlei,
die mittlerweile 270 Anwälte in
zehn weltweiten Büros beschäftigt und durch spezialisierte Auslands-Desks von
Deutschland aus viel internationales Geschäft betreut, hat
sich in dem Bereich auch aufgrund von Partnern wie Guido
Krüger entwickelt. Er hat 2010
beispielsweise vor dem Bundesfinanzhof die Gewerbesteuerfreiheit für Insolvenzverwalter durchgesetzt, und
genau wie andere Beiten Burk-
E9
SANIERUNGSBERATUNG
„Wir sind die Berater
der Verwalter“
Selbst nicht in der Insolvenzverwaltung tätig,
unterstützt die international tätige Wirtschaftskanzlei Beiten
Burkhardt Insolvenzverwalter bei Spezialfragestellungen und
nimmt auch in großen
Restrukturierungsverfahren oft eine federführende Rolle ein.
RHEINISCHE POST
FREITAG, 23. OKTOBER 2015
Lotsen durch schwierige Zeiten
hardt-Partner ist er kontinuierlich in die Mandatsarbeit bei
Verwaltern eingebunden. Übrigens binden Verwalter die
Kanzlei mit ihren Kompetenzen auch in laufenden Verfahren ein, um Spezialfragestellungen zu lösen. Dann kommt
auf Wunsch das gesamte wirtschaftsrechtliche Instrumentarium zum Einsatz, so dass Insolvenzverwalter sich auf ihre
Kernaufgabe
konzentrieren
können.
Eine eigene Verwaltungspraxis besitzt Beiten Burkhardt,
auch aus diesem Grund, nicht.
Dafür treten die Berater immer
wieder in großen Sanierungsund Restrukturierungsverfahren auf, erstellen Gutachten,
implementieren Prozesse –
und überwachen für Mandanten beispielsweise die wirtschaftliche Lage bei deren Zulieferern. „Ein Beispiel dafür ist
eines unserer Großmandate in
der Industrie. Wir haben in einem weltweit operierenden
Konzern eine Struktur etabliert, die Krisenwarnsignale aller wichtigen Zulieferer erfasst
und bewertet. So können wir
frühzeitig tätig werden, um
Probleme für den Mandanten
zu vermeiden“, erläutert Guido Krüger.
Ebenso ist die arbeitsrechtliche Expertise sehr gefragt. Bei
vielen Großverfahren haben
Beiten Burkhardt-Rechtsanwälte die arbeitsrechtliche Seite übernommen und als Teil
der
Restrukturierungsmaßnahmen das Personal neu organisiert.
Dr. Guido Krüger, Fachanwalt für Steuerrecht und Partner bei Beiten
Burkhardt
Wenn insolvenzerfahrene Kanzleien in der Sanierung beraten, trauen sie sich auch an
Tätigkeiten heran, die andere Berater oft scheuen. Und ihre Tipps zeugen von der in
Insolvenzverfahren erworbenen Kenntnis.
VON JÜRGEN GROSCHE
Der Name sagt schon viel: Die
Düsseldorfer Kanzlei von der
Fecht LLP führt den Namenszusatz „Rechtsanwälte & Steuerberater“; sie ist also nicht allein in ihrem klassischen Feld
der Insolvenzverwaltung tätig.
Die seit 1970 bestehende Sozietät hat ihr Arbeitsgebiet erweitert – eine Konsequenz der
neuen rechtlichen Rahmenbedingungen.
„Seit Einführung des ESUG
ist alles aus einer Hand möglich, und das wird von den
Richtern auch akzeptiert“, beschreibt Partner Dr. Wolf-Rüdiger von der Fecht einen Wandel in der Branche, der durch
das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von
Unternehmen (ESUG) ausgelöst wurde. Insolvenzverwalter
können jetzt auch Unternehmen beraten, Sanierungsberater ins Verwalter-Geschäft vordringen.
Dabei gibt es durchaus Unterschiede, sagt von der Fecht:
„Mit den Erfahrungen aus der
Insolvenzverwaltung können
wir anders beraten.“ Ein Beispiel: Von der Fecht beobachtet immer wieder bei Unternehmen, die trotz guter Beratung insolvent wurden, dass
kein Geld mehr in der Kasse ist.
„Sie wurden so lange beraten,
bis kein Geld mehr da war.“
Von der Fecht würde in einem
solchen Fall schon in der Sanierungsberatung frühzeitig
darauf hinweisen, dass man liquide Mittel vielleicht besser
im Insolvenzverfahren nutzen
könnte, „denn sie bleiben auch
in der Insolvenz erst einmal im
Unternehmen“. Mit liquiden
Mitteln habe man mehr Spielraum für die Sanierung.
Weiterer Unterschied zu herkömmlichen Beratungen: „Wir
gehen mit höchstens drei Experten in die Sanierungsberatung“; andere Unternehmen
würden häufig viel mehr Berater schicken. Die effizientere
Arbeitsweise erklärt von der
Fecht ebenfalls mit der Erfahrung aus der Insolvenzverwaltung: „Wir sind firm in der Ana-
Dr. Wolf-Rüdiger von der Fecht, Partner der Düsseldorfer Kanzlei von der Fecht LLP
lyse der Insolvenzgründe“; die nehmerisch tätig zu werden.
Spezialisten können schneller „Falls dann trotzdem eine InLösungen aufzeigen, die keine solvenz in Eigenverwaltung
Haftungsrisiken enthalten.
unvermeidlich wird, steuern
„Wir gehen nur mit geschäft- wir weiter durch.“ Damit überserfahrenen Beratern in die nehmen sie quasi die Funktion
Unternehmen“,
fügt
der von Lotsen.
Rechtsanwalt hinzu. Das wirkt
Den Zugang zu Unternehsich auf die Qualität der Sanie- men mit Sanierungsbedarf finrung aus: „Wir sind durchaus det die Kanzlei häufig durch
auch mal kantiger mit unseren Vermittlung. Banken, WirtEmpfehlungen“, diese würden schaftsprüfer oder Steuerberadann nicht jeter, die Einblick
„Wir gehen mit
dem in der Firin die Bilanzen
ma oder dem
und Entwickhöchstens drei
Umfeld gefallungen haben
Experten in
len.
Dafür
und Schiefladie Sanierungsübernehmen
gen erkennen,
die
Sanieempfehlen von
beratung“
rungsprofis
der Fecht weiaber auch Orter. „Wir würganverantwortung, wenn dies den uns wünschen, dass Ungewünscht wird. „Wir verste- ternehmer auch selbst frühzeihen uns als Spieler-Trainer, das tiger aktiv werden“, sagt von
heißt, wir sitzen nicht nur auf der Fecht. Die Firmenlenker
der Bank, sondern spielen müssten aber oft eine psychoauch aktiv mit.“ Also: Schon logische Hürde überwinden.
vor der Insolvenz bieten die Von der Fecht versucht, dann
Spezialisten an, selbst unter- hier eine Brücke zu bauen:
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FOTOS: MICHAEL LÜBKE
„Wir zweifeln nicht die unternehmerische Kompetenz an,
sondern bieten nur zusätzlich
unsere
Restrukturierungskompetenz an.“
Eine gründliche Sanierung
umfasst viele Bereiche: Finanzwirtschaft, Arbeits- und
immer auch das Steuerrecht.
Im Zuge der Erweiterung ihrer
Tätigkeit hat die Kanzlei ihre
Kapazitäten ausgebaut und
vier Unternehmens- sowie vier
Steuerberater zusätzlich an
Bord genommen. Insgesamt
beschäftigt sie derzeit rund 50
Mitarbeiter in vier Bereichen.
Neben der klassischen Insolvenzverwaltung bietet eine
Rechtsabteilung Beratung insbesondere im Gesellschaftsund im Arbeitsrecht. Eine
Steuerberatungs-Gesellschaft
hat auch Buchhaltung im Angebot, die Unternehmensberatung liefert neben der Beratung auch leistungswirtschaftliche Beurteilungen und Management-Leistungen.
GA-SV10
RHEINISCHE POST
FREITAG, 23. OKTOBER 2015
EXTRA INSOLVENZ UND SANIERUNG
RESTRUKTURIERUNG
Gerät ein Unternehmen
in die Krise, betrifft dies
nicht nur deren Gesellschafter und
Arbeitnehmer. Es hat
stets auch schwerwiegende Folgen für
Kunden und Lieferanten, gegenwärtige und
oft auch ehemalige
Gläubiger.
Mit den richtigen
Rechtlich komplexes Gebiet Hebeln zum Erfolg
Mit Anfechtungsansprüchen verunsichern
Insolvenzverwalter viele Unternehmen. Doch
man kann sich wehren,
sagen die Spezialisten
der Kanzlei Hoffmann
Liebs Fritsch & Partner.
VON PATRICK PETERS
VON JÜRGEN GROSCHE
„Die Insolvenz bedeutet
nicht automatisch die Abwicklung eines Unternehmens,
sondern bringt häufig eine
zweite Chance. Im Mittelstand
ist das Thema aber sehr emotional besetzt und wird oft als
persönliches Scheitern aufgefasst“, sagt Thomas Austmann,
namensgebender Partner der
Düsseldorfer Wirtschaftskanzlei Austmann & Partner. Gemeinsam mit den Partnern Dr.
Nina Böttger und Ulf Marquardt berät Thomas Austmann neben nationalen und
internationalen Transaktionen
auch bei Restrukturierungen.
Für ihn ist die Insolvenz nicht
der zwangsläufige Abschluss
einer Unternehmenskrise. „In
vielen Fällen ist ein Insolvenzverfahren, das zur Zerschlagung eines Unternehmens
führt, tatsächlich unvermeidbar. Oft ist dies jedoch gerade
dann der Fall, wenn die Symptome einer Krise zu lange verkannt oder verdrängt wurden.
Wird rechtzeitig gehandelt und
in geeigneter Weise restrukturiert, ist eine Insolvenz in den
meisten Fällen vermeidbar.
Und sogar die geplante Einleitung eines Insolvenzverfahrens kann als Sanierungsmaßnahme eingesetzt werden, um
das Unternehmen wieder
nachhaltig profitabel und
wettbewerbsfähig zu machen.“
Solche Prozesse zu strukturieren und zu begleiten, setzt, so
Austmann, spezielle Expertise
auf der Beraterseite voraus.
In der Krise spiele der Faktor
Zeit eine herausragende Rolle,
betonen die Rechtsanwälte.
Frühzeitiges Erkennen, Kommunizieren und Handeln seien
die wichtigsten Zutaten einer
Restrukturierung, durch die
eine Insolvenz abgewendet
werden kann. „Der überwiegende Teil der Betroffenen reagiert zu spät und setzt sich damit sowohl strafrechtlichen
Konsequenzen als auch per-
E10
Dr. Nina Böttger, Ulf Marquardt und Thomas Austmann von der Kanzlei Austmann & Partner beraten unter
anderem in Restrukturierungsfragen.
FOTOS: MICHAEL LÜBKE
sönlich zivilrechtlichen Haf- „Beispielsweise sind auch Zahtungsansprüchen aus“, sagt lungen an Lieferanten in dieser
Nina Böttger. Zahlungsunfä- Phase anfechtungsgefährdet
higkeit setze nicht erst dann und zwar rückwirkend über eiein, wenn der letzte Cent aus- nen Zeitraum von bis zu zehn
gegeben und kein Kredit mehr Jahren. Das kann zur Folge hazu bekommen sei, sagt die ben, dass ein Gläubiger nicht
Partnerin. „Schon die systema- nur auf seinen aktuellen Fortische Ausnutzung von Zah- derungen sitzen bleibt, sonlungsfristen, wenn bislang im- dern darüber hinaus an den Inmer sofort bezahlt worden ist, solvenzverwalter alles zurückkann von den Gerichten als In- zahlen muss, was er in den
diz für Zahlungsunfähigkeit letzten Jahren von dem insolgewertet werden und Zah- venten Unternehmen an Zahlungen erhallungsunfähigWird rechtzeitig in ten hat“, sagt
keit
muss
Ulf Marquardt.
rechtlich die
geeigneter Weise
Dazu reiche es
Antragstellung
restrukturiert, ist
aus, dass aus
zur Folge haeine Insolvenz oft
seinem Verhalben. Passiert
ten geschlosdas nicht, kann
vermeidbar
sen
werden
das für einen
kann, er wisse
Geschäftsführer sehr schmerzhaft werden. um die Probleme seines GeInsolvenzverschleppung kann schäftspartners. „Wer dann
zu einer Haftstrafe führen.“ noch Zahlungen von seinem
Ganz abgesehen von finanziel- Kunden entgegennimmt, läuft
len Folgen: Für jede Zahlung, Gefahr, wie jemand behandelt
die das Unternehmen ab dem zu werden, der mit dem später
Zeitpunkt tätigt, zu dem der insolvent gewordenen Kunden
Insolvenzantrag hätte gestellt gemeinsame Sache zum Nachwerden müssen, haftet der Ge- teil der übrigen Gläubiger geschäftsführer unter Umstän- macht hat – und muss an den
den persönlich mit seinem Pri- Insolvenzverwalter all das zurückzahlen, was er seitdem
vatvermögen.
Werden die Zeichen einer von seinem Kunden an ZahKrise verkannt, so kann dies lungen erhalten hat. Das hat in
aber auch zu sehr schmerzhaf- der Folge auch schon so manten Folgen für die Gläubiger chen Lieferanten ebenfalls in
führen. Nicht nur, dass sie in die Insolvenz getrieben“, sagt
einer Insolvenz mit Sicherheit Ulf Marquardt.
Die Wirtschaftsanwälte raden größten Teil ihrer Forderungen abschreiben müssen: ten deshalb dazu, frühzeitig
auch anwaltliche und betriebswirtschaftliche Beratung in
Anspruch zu nehmen, um
Rechtssicherheit zu erlangen,
was sie in einer Krise tun dürfen oder müssen, selbst wenn
es nicht ihre eigene Krise ist,
sondern die eines Geschäftspartners. In einem schon fortgeschrittenen Krisenstadium
ist Grundlage allen künftigen
Handelns häufig die Erstellung
eines belastbaren Sanierungskonzept, beispielsweise nach
dem anerkannten Wirtschaftsprüferstandard IDW S6, das
den Gläubigern die Ernsthaftigkeit und Erfolgsaussichten
des Unterfangens aufzeigt –
„die zentrale Frage“, wie Nina
Böttger es nennt und darauf
hinweist, dass ein Sanierungsgutachten nicht gerade einfach
zu erstellen sei und es deshalb
umso entscheidender sei, echte Experten einzubinden.
Wichtig sei, neben den Banken
auch die Kreditversicherer sowie weitere große Gläubiger
und Arbeitnehmer von dem
Sanierungsvorhaben zu überzeugen.
Kurzum: „Restrukturierung
und Sanierung ist ein rechtlich
komplexes Gebiet an der
Schnittstelle zur Unternehmensberatung. Deshalb müssen die Berater rechtlich und
wirtschaftlich erfahren sein,
aber immer auch Empathie
und Verständnis für alle Seiten
mitbringen“, fasst Ulf Marquardt zusammen.
*OREDO 6ROXWLRQV
/RFDO 6WUHQJWK
Unternehmer schauen oft wie
das Kaninchen auf die Schlange, wenn sie Post vom Insolvenzverwalter eines zahlungsunfähigen Geschäftspartners
bekommen. In solchen Schreiben werden sie regelmäßig
aufgefordert, schon längst abgewickelte Geschäfte neu aufzurollen und erhaltene Zahlungen zu erstatten. Anfechtungsanspruch nennt sich das
Phänomen, das schon manch
ein Unternehmen selbst an
den Rand schob.
„Wir beobachten eine deutliche Zunahme von Insolvenzanfechtungen“, stellt Dr. Volker Hees fest. Der Fachanwalt
für Insolvenzrecht muss es
wissen: Die Kanzlei Hoffmann
Liebs Fritsch & Partner (HLFP),
für die er als Partner tätig ist,
betreut viele Mandanten, die
von Insolvenzverwaltern zu
Rückzahlungen aufgefordert
wurden. „Wir sind die Insolvenzanfechter“,
beschreibt
Hees seine Positionierung.
„Die Geschäftsführer der
Unternehmen kennen die juristischen Feinheiten nicht
und zahlen aus Angst, keine
Chance zu haben“, erklärt Olga
Drobiazko. Die ebenfalls bei
HLFP tätige Rechtsanwältin
spricht damit den Know-howVorteil an, der den Insolvenzverwaltern
zugutekomme.
„Doch es lohnt sich immer, genau hinzuschauen“, sagt die
Anwältin. Zumindest ein Vergleich sei häufig herauszuholen.
So kann die Kanzlei HLFP
bei der Abwehr von Anfechtungsansprüchen auf zahlreiche Erfolge verweisen. Für das
Technologie- und Dienstleistungsunternehmen
technotrans in Sassenberg zum Beispiel konnten die Anwälte eine
sechsstellige Forderung auf
wenige tausend Euro reduzieren. Ähnliches gelang beim
Mandanten A.S. Création Ta-
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Olga Drobiazko und Dr. Volker
Hees von Hoffmann Liebs Fritsch
& Partner
hohe Quote zur Befriedigung
ihrer Forderungen erwarten
können, dann sei es doch recht
und billig, dass sie sich an Prozessen des Pleite-Unternehmens beteiligen, beschreibt
Hees die juristische Argumentationslinie: „Warum soll der
Staat über die Prozesskostenhilfe Rechtsstreitigkeiten finanzieren, wenn der Insolvenzverwalter den Gläubigern
eine hohe Quote verspricht?“
Sollte sich die Rechtsprechung ändern – eine Gesetzesnovelle ist gerade auf dem Weg
–, dann dürfte dies den Geschäftspartnern
kriselnder
Unternehmen etwas mehr
Rechtssicherheit
bringen,
„Gläubiger und Lieferanten
werden mit ihnen wieder eher
Geschäfte machen können,
ohne gleich das Schlimmste
befürchten zu müssen“, sagt
Hees.
Dennoch dürfte auch dann
der Beratungsbedarf hoch
bleiben. „Hier bleiben für unsere Mandanten zahlreiche offene Fragen, auf die wir Antworten liefern müssen“, sagt
der Anwalt.
Natürlich behandeln die
Rechtsanwälte der Düsseldorfer Full-Service-Kanzlei nicht
nur Anfechtungsklagen. Mittlerweile beschäftigt die seit 40
Jahren bestehende Sozietät 44
Anwälte. „Wir verzeichnen
kontinuierliches Wachstum“,
sagt Olga Drobiazko. Zu den
Mandanten zählen vor allem
Mittelständler, darüber hinaus
Unternehmen aller Größen –
„von einer inhabergeführten
GmbH bis zum großen WeltKonzern“.
Allein die Rechtsstreitigkeiten rund um Insolvenzen haben aktuell insgesamt einen
Streitwert von 59 Millionen
Euro; mehr als 60 Gerichtsfälle
bearbeiten die Juristen derzeit
bundesweit. Im Insolvenzrecht
beraten die Experten nicht nur
Gläubiger, Lieferanten und
Banken sowie Geschäftsführer
und Gesellschafter der insolventen Unternehmen. In ausgewählten Fällen arbeiten sie
auch mit Insolvenzverwaltern
zusammen. „Wir wissen, wie
beide Seiten arbeiten, denken
und vorgehen“, beschreibt die
Rechtsanwältin den Vorteil,
„so können wir für unsere
Mandanten das Beste herausholen“.
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peten oder den Postdienstleistern Postcon und TNT Express.
Der Handlungsbedarf ist immens. In Extremfällen sollen
die Firmen bis zu 13 Jahre zurückliegende Zahlungen zurückerstatten. Nach bisheriger
Rechtslage kann ein Anfechtungsanspruch bis zu zehn
Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens
greifen. Wenn das Verfahren
Monate später eröffnet wurde,
reichen die mitunter erst kurz
vor Verjährung erhobenen Ansprüche schlimmstenfalls weit
über die Aufbewahrungsfristen von Geschäftsunterlagen
hinaus – für ein Unternehmen
wird es dann schwer, sich zu
wehren.
Es sei denn, man kennt die
richtigen Hebel. „Wir setzen
zum Beispiel bereits bei der
Prozesskostenhilfe an“, verrät
Hees. Insolvenzverwalter beantragen zur Durchsetzung ihrer Anfechtungsansprüche in
der Regel diese staatliche Unterstützung mit dem Argument, das Unternehmen sei ja
pleite und könne also seine
Rechte sonst nicht durchsetzen. „Wir prüfen dann: Hat der
Verwalter
überhaupt
Anspruch auf die Hilfe?“, erklärt
Hees. Das sei in vielen Fällen
gar nicht so klar und werde
mitunter von den Gerichten
übersehen.
So müsse der Verwalter zum
Beispiel darlegen, warum es
nicht den Gläubigern des insolventen Unternehmens zuzumuten ist, die Kosten des
Rechtsstreits selbst aufzubringen. Wenn etwa Großgläubiger
eine
überdurchschnittlich
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GA-SV11
EXTRA INSOLVENZ UND SANIERUNG
RESTRUKTURIERUNG
Noch immer fürchten viele Unternehmer den Reputationsschaden einer Sanierung
oder Insolvenz mehr als die Konsequenzen des Nichtstuns. Dabei bietet das moderne
Recht viele hilfreiche Instrumente – und je früher eine Sanierung beginnt, desto größer
sind die Erfolgschancen.
Insolvenzverwalter
schaffen sich zusätzliche Standbeine im Bereich Sanierungsberatung. Doch dazu benötigen sie einiges an Kompetenzen.
VON JÜRGEN GROSCHE
VON JÜRGEN GROSCHE
Schieflage, Krise, Insolvenz –
so weit müsste es in einem Unternehmen eigentlich nicht
kommen, wenn erste Anzeichen rechtzeitig erkannt, Signale entsprechend interpretiert würden. „Sowohl der Gesellschafter als auch die Geschäftsführung sollten so früh
wie möglich Rat einholen“,
empfehlen
Dr.
Matthias
Kampshoff und Dr. Uwe Goetker, beide Partner im Düsseldorfer Büro von McDermott
Will & Emery. Der Kontakt zu
einer international renommierten Kanzlei wie McDermott sei gerade in einer solchen Frühphase hilfreich: „Wir
können unauffällig in alle
Richtungen beraten“, beschreibt Goetker die Vorteile:
Wenn das Wort Krise noch
nicht gefallen ist, haben Unternehmen und Berater viel mehr
Gestaltungsmöglichkeiten als
in Fällen, in denen bereits Forderungen ausstehen, andere
Probleme bekannt werden
oder gar unter Zeitdruck Lösungen gefunden werden müssen.
Die Sanierungsexperten der
Kanzlei beraten Unternehmen
natürlich in allen Stadien, auch
den kritischen. „Wir analysieren die Lage ergebnisoffen“,
sagt Kampshoff, „Ziel ist das
beste Ergebnis für den Mandanten.“ Die Instrumentarien
sind seit Einführung des neuen
Insolvenzrechts
(Stichwort
ESUG) vielfältiger. Dazu zählen die außergerichtliche Sanierung genauso wie Schutzschutzschirmverfahren, Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung oder die Regelinsolvenz.
Problem insbesondere in
Deutschland: „Hier gilt die Insolvenz immer noch als Scheitern“, beobachtet Kampshoff.
Das führt dazu, dass Manager
häufig lieber die Augen verschließen statt zu handeln. Dabei zeige – so Goetker – das
neue Insolvenzrecht in vielen
Fällen Auswege. Auch in Fällen, die kaum ins Bewusstsein
drängen. So könnten zum Bei-
Dank der guten wirtschaftlichen Lage sinkt die Zahl der
Unternehmenspleiten. Für Insolvenzverwalter ein Problem?
Zumindest keine neue Erfahrung, betont Dr. Dirk Andres
aus der Kanzlei AndresPartner:
„Der Markt ist seit Jahren rückläufig.“ Das sei typisch für
wirtschaftliche Boomjahre. So
seien zum Beispiel auch zwischen 2004 und 2006 die Zahlen zurückgegangen.
Wellenbewegungen
sind
also nichts Neues, „allerdings
ist die Branche stark gewachsen“, beobachtet Andres – auf
mittlerweile rund 2500 Insolvenzverwalter. Zugleich sei
mittlerweile die Ost-Problematik weggefallen – in Ostdeutschland sind kaum noch
Insolvenzen zu verzeichnen,
die in der Wendezeit ihre Ursache haben. Impulse gab andererseits die Insolvenzrechtsreform, die mit der Eigenverwal-
Dr. Matthias Kampshoff (links) und Dr. Uwe Goetker, beide Partner im Düsseldorfer Büro von McDermott
Will & Emery, machen Unternehmern Mut, in Sanierungsfragen frühzeitig Rat zu suchen. FOTOS: MCDERMOTT
möglich gemacht. Nach dem
seit 2009 gültigen Schuldverschreibungsgesetz kann die
Mehrheit der Anleihegläubiger
einen Schuldenschnitt vereinbaren, während früher alle einem solchen Schritt zustimmen mussten. Wenn dann einer ausscherte, war schlimmstenfalls die gesamte Sanierung
gefährdet.
Kompliziert wird es, wenn
Insolvenzen
internationale
Konsequenzen haben. Gerade
hier sehen die Anwälte ihre
Kanzlei mit ihrem internationalen Netzwerk gut positioniert. Dabei erfordern viele
Fragen Know-how in den verschiedensten Rechtssystemen.
Daraus lassen sich dann Lösungen ableiten, die ohne solche Kenntnis kaum gefunden
werden. Goetker nennt die gezielte Nutzung von Restrukturierungswerkzeugen anderer
Rechtsordnungen, etwa bei
Darlehensverträgen nach britischem Recht, als Beispiel.
Wenn Unternehmen mit Gesellschaften in mehreren Ländern oder umgekehrt internationale Gläubigergruppen in
Krisenfälle involviert sind,
dann wird es regelmäßig sehr
komplex. Zwar gibt es juristische Rahmen wie die Europäische
Insolvenzverordnung
oder das United Nations Commission on International Trade
Law (UNCITRAL), also Musterregeln der Vereinten Nationen.
„Aber in der Praxis bleiben viele Fragen offen, die dann letztlich gerichtlich oder im Vergleichswege geklärt werden“,
sagt Kampshoff. Gerade hier
sei dann die Expertise von versierten Anwälten und Beratern
gefragt.
Doch oft befruchten die Unterschiede auch die nationalen
Entwicklungen. So hatte unter
anderem die Restrukturierung
der Schefenacker-Gruppe einen wichtigen Impuls zur Einführung des ESUG geleistet.
Goetker betreute damals federführend die Restrukturierung
für den Gesellschafter. Der Automobilzulieferer hatte seinen
Sitz aus Deutschland nach
England verlagert und die
Rechtsform der AG in eine PLC
umgewandelt. „In England war
das Verfahren besser planbar
als in Deutschland“, erklärt
Goetker; Anleihen konnten damals nach englischem Recht
zudem einfacher restrukturiert werden.
Immerhin – vieles ist nun
auch in Deutschland möglich.
Die
Sanierungsspezialisten
machen Mut, die Möglichkeiten als Chance zu sehen.
tung und Schutzschirmen
neue Sanierungswege eröffnete. Die Umsetzung des ESUG
(Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen) ließ ab 2013 die
Nachfrage nach Eigenverwaltungsverfahren steigen.
Mit ihren Kompetenzen
sieht sich die Kanzlei AndresPartner dafür gerüstet. „Wir
kommen zwar von der klassischen Insolvenzverwaltung“,
charakterisiert Andres die
Kanzlei. Für eine Sanierungsberatung habe sie aber alle Voraussetzungen. „Wir haben
schon immer betriebswirtschaftlich gedacht“, sagt der
Rechtsanwalt. Das Personal
spiegelt die unternehmerische
Orientierung: In der Kanzlei
arbeiten seit jeher auch Betriebswirte und Controller.
Insgesamt sind zwölf Anwälte
und 70 Mitarbeiter hier tätig.
Die Insolvenz – ob in Eigenverwaltung oder klassisch – eröffnet kriselnden Unternehmen Wege, wieder auf die Beine zu kommen und nachhaltig
Geld zu verdienen, ist Andres
überzeugt. Wenn die Experten
in die Bücher schauen, finden
sie zum Beispiel unvorteilhafte
Verträge oder zu hohe Leasingraten, derer sich das Unternehmen in der Insolvenz schnell
und einfach entledigen kann.
Wichtig für den Erfolg sei aber
die professionelle Begleitung
durch die Sanierungsexperten.
Wenn Sanierer in die Bücher schauen, finden sie manches, das sich
verbessern lässt.
FOTO: THINKSTOCK/SEEWHATMITCHSEE
Geschäftsführer im Visier
VON MATTHIAS VON ARNIM
Wer Teilhaber eines Unternehmens ist, geht Risiken ein. Das
gilt in der Regel auch für Geschäftsführer. „Droht ein Unternehmen in Schieflage zu geraten, schicken die Banken
gerne Sanierungsberater. Die
haben aber vor allem die Interessen ihres Auftraggebers im
Sinn. Und das ist in der Regel
die Bank und nicht der Unternehmer. Und schon gar nicht
der Geschäftsführer“, sagt Wilhelm Klaas von der Kanzlei
Klaas & Kollegen.
Die Folge: Bei einer Überschuldung werden Unternehmer und vor allem Geschäftsführer oftmals über ihre persönliche finanzielle Schmerzgrenze hinaus in Haftung genommen. Vorausschauendes
Handeln sei gefragt: „Wenn ein
Unternehmen in die Insolvenz
geht, wird immer geschaut,
wann der Zeitpunkt war, an
dem das Unternehmen nicht
mehr zahlungsfähig oder überschuldet war. Für den Geschäftsführer ist das eine wichtige Haftungsfrage. Denn die
Frage, ob und wann eine Insolvenzreife vorliegt oder nicht,
entscheidet darüber, in welchem Umfang Geschäftsführer
haftbar gemacht werden“, erklärt Klaas. Deshalb sei es
zwingend notwendig, dass die
Geschäfte grundsätzlich, permanent und über Jahre hinaus
ordentlich dokumentiert würden. „Nur so kann ein Geschäftsführer im Fall des Falles
beweisen, ob er sorgfältig gehandelt hat“, so Klaas.
Das Problem: Oftmals erkennen Unternehmensführer
die Schwierigkeiten erst, wenn
es zu spät ist. Das hat den Juristen Wilhelm Klaas persönlich
berührt. „Geschäftsführer, die
oftmals über Jahre hinaus mit
persönlichem Einsatz und
Herzblut ein Unternehmen
führen, machen sich meistens
zu wenig Gedanken darüber,
was es für sie und ihre Familie
bedeutet, wenn ihr Unternehmen in Schwierigkeiten gerät“,
so Klaas. Seine Konsequenz:
Die Kanzlei hat er komplett
neu ausgerichtet. „Seit einigen
Jahren gehen wir gezielt auf
Geschäftsführer
und
Geschäftsführende Gesellschafter zu, um sie umfassend zu
beraten, wie sie ihre persönlichen Haftungsrisiken reduzieren können“, sagt Klaas.
Seine Mission: Als unabhängiger Berater ohne Interessenkonflikt zeigt er Geschäftsführer Risiken auf und zeigt Lösungswege, wie das Geschäft
bleiben kann, was es an und
für sich sein soll: ein Geschäft.
Und nicht ein unkalkulierbares persönliches Risiko für
denjenigen, der es betreibt.
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E11
Sanierung – eine große Aufgabe
Mehr Mut zur frühen Lösung
spiel Unternehmen mit Konzernstrukturen das ESUG nutzen, um eine kränkelnde Tochtergesellschaft effizient zu sanieren. „Das halten wir insbesondere im Interesse der Gesellschafter in bestimmten
Konstellationen für geboten,
auch um Schaden vom Rest
des Konzerns abzuwenden.“
In vielen Fällen werde dieser
Schritt jedoch aus Angst vor einem Reputationsverlust nicht
vollzogen. „Dies sollte sich ändern, wenn die Insolvenz als
Chance für eine erfolgreiche
Restrukturierung und nicht als
Scheitern verstanden wird“,
sagt Kampshoff. Goetker ist zuversichtlich, dass dies auch in
Deutschland passieren wird,
„sobald auch Nicht-Sanierer
anhand positiver Praxisbeispiele begreifen, dass wir gerade in der Krise viele positive
Gestaltungsmöglichkeiten haben“.
In ihrem Arbeitsalltag haben
Goetker und Kampshoff teils
sehr komplexe Fälle zu lösen,
zum Beispiel Restrukturierungen von Anleihen. Sie erfreuten sich im Mittelstand eine
Zeit lang hoher Beliebtheit. Im
Krisenfall ist allerdings oft eine
Vielzahl von Gläubigern involviert. Auch hier hat eine
Rechtsreform neue Lösungen
RHEINISCHE POST
FREITAG, 23. OKTOBER 2015
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GA-SV12
RHEINISCHE POST
FREITAG, 23. OKTOBER 2015
EXTRA INSOLVENZ UND SANIERUNG
E12
UNTERNEHMENSFÜHRUNG
So navigieren Firmenlenker sicher
Wie können Unternehmer Krisen vermeiden oder sicher hindurchsteuern? Die Tipps, die Horst Piepenburg gibt, klingen klar und
einfach. Sie werden in der Realität aber oft nicht beachtet, weiß der erfahrene Insolvenzverwalter.
VON JÜRGEN GROSCHE
Es waren oft genug spektakuläre Fälle, die Horst Piepenburg
erfolgreich zum Abschluss gebracht hat: Der Düsseldorfer
Insolvenzverwalter
sanierte
zum Beispiel die Immobiliengesellschaft IVG, den oberpfälzischen Holzwerkstoffhersteller Pfleiderer oder den Anlagenbauer Babcock Borsig, bei
dem es auch um 22.000 Arbeitsplätze ging, von denen
schließlich 18.000 gerettet werden konnten.
Am Erfolg müssen indes alle
Beteiligten mitwirken, betont
Piepenburg. Aus Erfahrung
weiß er, dass selbst einfache
Regeln häufig nicht beachtet
werden: „In der Krise stecken
viele Unternehmer den Kopf in
den Sand, statt zu handeln.“
Nichts zu tun sei aber das Gefährlichste überhaupt.
Statt strukturelle, womöglich schmerzhafte Korrekturen
vorzunehmen, reagieren manche Unternehmer hektisch.
Zum Beispiel im Handel: Wenn
die Kunden wegbleiben, die
Produkte nicht gefragt sind,
wollen Unternehmen mit Rabattaktionen vor den marktüblichen Zeiten das Ruder rum-
reißen. „Kurzfristig funktioniert das, doch nach Ende der
Aktion wechseln die Kunden
zu anderen Anbietern und deren Aktionen“, warnt Piepenburg. Das kriselnde Unternehmen kann keine neuen Waren
verkaufen, die Krise nimmt ihren Lauf. Sprichwörtlich steht
dafür der „20 Prozent auf alles“-Slogan der mittlerweile
vom Markt verschwundenen
Baumarktkette Praktiker.
Soweit sollte es nicht kommen. „Je früher man reagiert,
desto größer ist der Spielraum,
man hat mehr Alternativen“,
beschreibt Piepenburg eine
weitere Regel. Verzeichnet ein
Unternehmen
Umsatzrückgänge, kann es zunächst vielleicht noch Trends aufgreifen
und neue Produkte entwickeln. „Solche Umstellungen
kosten Geld, das zunehmend
fehlt, je schlechter die Zahlen
werden“, sagt der Sanierungsexperte.
Er macht vor allem Mut zur
Entscheidung. Wenn ein Problem erkannt ist, sollte sich das
Management für die seiner Ansicht nach beste Lösung entscheiden und alle Schritte des
Prozesses sauber dokumentieren. Was die richtige Lösung
Insolvenzverwalter Horst Piepenburg aus der Düsseldorfer Kanzlei
Piepenburg – Gerling
FOTO: MICHAEL LÜBKE
ist, wisse man naturgemäß erst
im Nachhinein. Wenn die Entscheidung falsch war, aber dokumentiert ist, befinde sich
das Management zumindest
juristisch auf der sicheren Seite.
Eine ganz wichtige Rolle
kommt der Kommunikation zu
– in jeder Phase des Unterneh-
menslaufs. Keine leichte Auf- on häufig einen großen Fehler:
gabe: „Schöne Worte sind Sie stopfen mit ihrer Altersvornicht immer wahr, wahre Wor- sorge die Lücke. Die Grundte sind nicht immer schön“, zi- probleme werden aber nicht
tiert Piepenburg einen Spruch, behoben, die Krise frisst auch
der dem chinesischen Philoso- die persönlichen Reserven.
phen Laotse zugeschrieben Und das alles aus Angst vor eiwird. Gerade in schlechten Zei- ner Insolvenz. Die könnte aber
ten gelte: „Irgendwann muss durchaus die Rettung sein, sagt
man die Lage kommunizie- Piepenburg: „Neues Vertrauen
ren.“ Zuerst intern: „Nichtwis- entsteht durch die Arbeit des
Der
sen verschärft die Krise.“ Insolvenzverwalters.“
Wenn Gerüchte am Markt kur- wurde von einem Gericht als
unabhängisieren, werden
gem Organ beMitarbeiter
Generell habe das
manchmisstrauisch,
Thema Transparenz stellt,
mal
haben
es kommt zum
an Bedeutung
Gläubiger ihn
Vertrauensverauch empfohlust. Das gilt
gewonnen, sagt
len.
Zudem
natürlich auch
Horst Piepenburg
entlastet
die
für LieferanInsolvenz das
ten, Gläubiger
oder andere Betroffene, die Unternehmen – allein zum
deswegen unmittelbar folgend Beispiel schon durch das Insolinformiert werden müssen. In venzgeld für die Mitarbeiterder Realität werde dies oft löhne.
Kommunizieren muss dann
nicht beachtet, stellt Piepenburg fest. Folge: Kunden ver- auch der Insolvenzverwalter –
langen eine Vertragserfül- zum Teil differenziert. Häufig
lungsbürgschaft, die Bank da- spricht Piepenburg mit Mitarfür ein Festgeld als Sicherheit. beitern, Managern, GläubiLieferanten geben Ware nur gern und Betriebsräten gegegen Vorkasse aus. Die Krise trennt. „Wir sichern zu, dass
dies unter uns bleibt“, betont
verschärft sich.
Gestandene Mittelständler Piepenburg. So erfährt er auch
machen in solch einer Situati- von Missständen und guten
Vorschlägen – ungefiltert.
Auch die Geschäftsleitung profitiere: „Es ist meist besser,
wenn aller Ärger erst einmal an
uns abprallt“, erklärt der Insolvenzspezialist.
Generell habe das Thema
Transparenz an Bedeutung gewonnen, sagt Piepenburg. Mittelständler müssen aufgrund
vieler neuer Vorgaben der Banken für Ratings ihre Bücher öffnen. Gehen sie an den Kapitalmarkt, gilt das erst recht.
Eine weitere Empfehlung
des Experten: externen Rat
einholen. Der Unternehmer
hat womöglich wenig Erfahrung mit existenziellen Krisen.
Doch auch der Insolvenzverwalter ist mehr als einmal auf
Spezialwissen
angewiesen,
wenn er zum Beispiel in einem
Chemieunternehmen agiert.
Beim Umgang mit chemischen
Stoffen müssen Störfallverordnungen, brand- und arbeitsschutzrechtliche Besonderheiten und technische Spezifika
beachtet werden.
Eigentlich ein einfaches, klares Handlungsschema also,
mit dem Firmenlenker ihr Unternehmen in sicheres Fahrwasser führen könnten. Wenn
sie denn nur danach handeln.
Neutralität und Professionalität – Prinzipien eines Insolvenzverwalters
VON PATRICK PETERS
Es war ein Paukenschlag in
Düsseldorf und der Region, als
2014 zahlreiche Unternehmen
des bekannten Kunstberaters
und -händlers Helge Achenbach Insolvenz anmelden
mussten. Seitdem steht das Insolvenzverfahren der Achenbach-Gruppe unter besonderer Beobachtung, das öffentliche Interesse am Ausgang ist
groß. Das weiß vor allem Dr.
Marc d’Avoine, Insolvenzverwalter und Partner der Kanzlei
ATN d’Avoine Teubler Neu, die
zu den größten Insolvenzkanzleien der Region gehört und
auch deutschlandweit aufgrund der Anzahl und Größe
der Verfahren wahrgenommen
wird. „Grundsätzlich ist ein In-
solvenzverfahren nicht-öffentlich, es gibt keine Verpflichtung, die Öffentlichkeit zu informieren. Das ist auch normalerweise gar nicht nötig, da
nach meiner Wahrnehmung
etwa neun von zehn Verfahren
ganz ohne Berichterstattung
durch die Medien verlaufen.
Zudem dürfen viele Inhalte
überhaupt nicht nach außen
dringen. Dazu gehören beispielsweise der konkrete Verbleib von Vermögensgegenständen oder auch die Identität von Gläubigern und deren
Forderungen.“ Im AchenbachFall hat Marc d’Avoine dennoch regelmäßig Informationen an die Medien gegeben,
um das Informationsbedürfnis
zu befriedigen und den Medien die Arbeit zu erleichtern.
Das seien jedoch nur Themen
gewesen, die letztlich einer besonderen Vertraulichkeit unterlegen hätten und die im
Prinzip auch hätten selbst recherchiert werden können.
Wichtig für den erfahrenen
Insolvenzverwalter: „Wenn die
Emotionen hoch kochen, ist
eine besondere Sachlichkeit
notwendig. Als Verwalter ist es
unsere Aufgabe, eine distanzierte Berichterstattung zu ermöglichen, aber keinesfalls zu
spekulieren“, betont Marc
d’Avoine und fügt hinzu. „Öffentliches Interesse darf natürlich auch nie dazu führen, dass
ein Insolvenzverfahren anders
verläuft. Es ist nie möglich, es
in einem Verfahren allen Parteien Recht zu machen. Der
Verwalter ist oft unbeliebt, und
„Grundsätzlich
ist ein
Insolvenzverfahren nichtöffentlich“
Dr. Marc d’Avoine
ATN
manche Gläubiger bringen weder Verständnis noch Geduld
für die Entscheidungen auf.“
Dabei treffe ein professioneller
Insolvenzverwalter Entscheidungen nicht aufgrund eines
öffentlichen Drucks, sondern
ausschließlich nach einer
gründlichen Prüfung, die immer juristische, aber selbstverständlich auch wirtschaftliche
und soziale Faktoren haben
könne.
Ein Beispiel: Durchaus ist es
in einem Insolvenzverfahren
möglich, den Geschäftsführer
des zahlungspflichtigen Unternehmens für Entscheidungen mit seinem Privatvermögen haftbar zu machen. „Dieser Schritt muss aber gründlich geprüft werden und zwar
derart, ob sich nach der konkreten Sach- und Rechtslage
ein gerichtlich durchsetzbarer
Anspruch begründen lässt und
zudem, ob sich der Aufwand
eines Verfahrens wirtschaftlich
lohnt. Also kann es durchaus
sein, dass ich erkennbar wertlose Haftungsansprüche gar
nicht verfolge“, erläutert Marc
d’Avoine. Dass dies manchmal
für Unverständnis vor allem
bei den Gläubigern führen
kann, mag verständlich sein,
ist aber für den Rechtsanwalt
kein Entscheidungskriterium.
„Es geht darum, nach einer
fundierten Prüfung der Sachund Rechtslage wirtschaftlich
vernünftig und mit Augenmaß
zu entscheiden.“
Damit auch hoher Druck
von außen – etwa eine Strafanzeige – den Insolvenzverwalter
nicht zu Aktionismus oder
Fehlentscheidungen verleite,
müsse er eine gefestigte Per-
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sönlichkeit haben. „Klare Kante“ nennt Marc d’Avoine das
und hebt hervor, dass diese Eigenschaft bei der Auswahl des
Verwalters für die Gerichte immer eine Rolle spiele. „Dazu
kommen eine hohe Kompetenz in dem in Frage stehenden
Wirtschaftsbereich, ein ausreichend besetztes Büro – und absolute Neutralität. Jede mögliche Nähe zum insolventen Unternehmen muss ausgeschlossen sein.“ Für den Experten ist
dies auch eine Frage der persönlichen Integrität, und deshalb hat Marc d’Avoine auch
schon Mandate aufgrund ehemaliger persönlicher Bekanntschaft abgelehnt. „Die Optik
entscheidet, selbst wenn es
keine unmittelbare Verbindung gibt.“