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Sparkasse Dinslaken pleite durch expansive Kreditpolitik
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Sparkasse Dinslaken pleite durch expansive Kreditpolitik
Sparkassen-Check
Ruin einer Sparkasse
Die Sparkasse Dinslaken-Voerde-Hünxe ist angeschlagen. Jeder zehnte Kredit
ist ausfallgefährdet. Nicht zuletzt, weil viel zu viel Geld vergeudet wurde. Dafür
sind die Konditionen schlecht. Ein Drama in zwei Teilen.
04.11.2015, von JONATHAN SACHSE
© JONATHAN SACHSE
Sparkassengebäude in Dinslaken: Schon fesch
Fürstliche Pensionen, protzige Neubauten - was wird aus meiner Sparkasse?
J
ürgen Stackebrandt hat sein ganzes Berufsleben bei der Sparkasse Dinslaken-Voerde-Hünxe am Niederrhein, im Norden
von Duisburg, verbracht. Einst machte er dort eine Lehre als Bankkaufmann, später wurde er in den Vorstand berufen,
den er zwei Jahre lang leitete. Sein Gehalt war zuletzt fürstlich. 2013 kassierte er insgesamt 326.600 Euro. Zum Vergleich:
Die Bundeskanzlerin bekommt rund ein Drittel weniger.
Im Jahr darauf ging Stackebrandt in Rente. Üblich wäre eine Pension von 55 Prozent der letzten Bezüge gewesen.
Stackebrandt aber wollte 65 Prozent. Für den Aufschlag nötig war eine Mehrheit im Verwaltungsrat der Sparkasse. Die
bekam Stackebrandt, der nun knapp 18.000 Euro monatlich bekommt. Allein dieser Zuschlag von zehn 10 Prozent wird die
Sparkasse in den kommenden 20 Jahren mehr als eine halbe Million Euro kosten.
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Das Pikante an der Sache ist die Zusammensetzung des Verwaltungsrats. In diesem sitzen Lokalpolitiker aus den drei
Städten Dinslaken, Voerde und Hünxe. Voerde ist auf Jahre hinaus in einem Haushaltssicherungskonzept gefangen und
muss jeden Cent sechsmal umdrehen. Dinslaken musste zuletzt mehrfach die Steuern erhöhen, weil der Stadt dasselbe
Schicksal droht.
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Aber auch die Pension des zweiten
Vorstandsmitglieds, Ulrich
Schneidewind, erhöhte der
Verwaltungsrat auf den Spitzensatz
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Sparkasse Dinslaken pleite durch expansive Kreditpolitik
· Niedrigzinsen: Tschüs, gute alte Sparkasse
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von 65 Prozent des Grundgehalts. Die
hohe Betriebsrente für Schneidewind
wird nur deswegen nicht fällig, weil dieser Ende 2011 in den Vorstand der Sparkasse Duisburg wechselte.
Mehr als ein Jahrzehnt lang leiteten Stackebrandt und Schneidewind gemeinsam die Geschäfte der Sparkasse DinslakenVoerde-Hünxe und waren zufrieden mit den Geschäften, wie Stackebrandt noch 2014 schrieb.
Ein Neubau mit viel Platz
Diese Meinung dürften nicht alle teilen. Denn tatsächlich geriet die Sparkasse unter der Ägide Stackebrandt-Schneidewind
in zunehmende Schieflage. Mehr als 13 Millionen Euro Verlust machte sie 2014, dem Jahr, in dem sich Stackebrandt in den
goldenen Ruhestand verabschiedete.
Heute sind tausende Kredite der Sparkasse mit einem Volumen von insgesamt rund 150 Millionen Euro notleidend. Rund
jeder zehnte Privat- oder Unternehmenskredit ist also faul und droht zu platzen. Eine Katastrophe für ein Kreditinstitut.
Seit 1997 bis zu seinem Ausscheiden habe Schneidewind schwerpunktmäßig das Privatkundengeschäft der Sparkasse
Dinslaken-Voerde-Hünxe betreut, schreibt er CORRECT!V auf Anfrage, ob er eine Mitverantwortung für die Kreditprobleme
trage. ”Das Firmenkundengeschäft wurde seit 2001 ausschließlich vom Vorstandsmitglied und dem stellvertretenden
Vorstandsmitglied direkt verantwortet.“ Mit dieser Äußerung rückt er seinen ehemaligen Vorstandskollegen Stackebrandt in
den Fokus. Dieser antwortet auf die gleiche Anfrage: „Bereits schon seit einem Jahr befinde ich mich im Ruhestand und bin
somit nicht mehr berechtigt, mich zu Fragen über die Sparkasse Dinslaken-Voerde-Hünxe zu äußern.“
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Deutlicher fällt die Antwort der Sparkasse selbst aus, mittlerweile mit einem neuen Chef an der Spitze. Aus Sicht des
Vorstandsvorsitzenden Rolf Wagner habe die Sparkasse „in der Vergangenheit eine expansive Kreditpolitik verfolgt, die – im
Nachhinein betrachtet – deutliche Auswirkungen auf die Risikolage der Sparkasse mit sich brachte.“
Die hohe Anzahl der notleidenden Kredite ist nicht nur für die Sparkasse, sondern auch für die Gemeinden Dinslaken,
Voerde und Hünxe eine Katastrophe. Denn sie sind Träger der Sparkasse und haften in diesem Fall mit Steuergeldern für
Verluste.
Wer den pompösen Neubau der Hauptgeschäftsstelle der Sparkasse in Dinslaken,
unweit des Bahnhofs betritt, hat viel Raum zum Atmen. Es sind aber
hauptsächlich die Angestellten, die den Sauerstoff nutzen. Warteschlangen gibt es
hier nicht. Die Mitarbeiter laufen dem Kunden gleich entgegen, nähert man sich
einem der sieben Beratungsschalter. An zwei weiteren Schaltern erhält man
ausschließlich Bargeld.
Auf einem drei Meter breiten Bildschirm lassen sich die Börsenkurse aus aller
Welt abrufen. Daneben Uhrzeiten aus Tokio, Sydney und New York. Der Flair der
großen, weiten Finanzwelt in einem 67.000 Einwohner-Städtchen, die von
insgesamt 334 Sparkassen-Mitarbeitern in sieben Filialen umsorgt werden.
Voerde hat 37.000 Einwohner und 30 Sparkassenangestellte in vier Filialen. Eine Autoviertelstunde weiter, die Weseler
Straße hinunter und an den Feuchtwiesen des Buchholter Bruchs vorbei, liegt Hünxe mit 14.000 Einwohnern, 17
Sparkassenangestellte und drei Filialen. Zum Vergleich: Die Sparkasse Soest schafft den gleichen Umsatz wie DinslakenVoerde-Hünxe mit 303 Angestellten – anstatt 381.
© JONATHAN SACHSE
Schon 2011 war die Quote der faulen Kredite
hoch. Doch sie stiegen weiter an.
Nicht die erste Krise
Schon als der Bau des Finanzpalastes im Sommer 2009, wenige Monate nach Beginn der bisher letzten globalen
Bankenkrise, beschlossen wurde, knarzte es im Maschinenraum der Sparkasse. Jeder konnte in den Offenlegungsberichten
die wachsende Zahl der faulen Kredite einsehen. Als das zehn Millionen Euro teure Gebäude – das „Weichen für die
Zukunft“ stellen sollte– im März 2012 eröffnet wurde, sah es für die Sparkasse gar nicht gut aus. Aber unverdrossen sprach
Jürgen Stackebrandt wenige Tage vor Eröffnung des Neubaus, er sei mit dem Geschäftsergebnis seiner Bank „noch
zufrieden.”
Die aktuelle Krise ist nicht die erste. Seit langem laufen die Geschäfte nicht so, wie sie sollen. 1975 schlossen sich Dinslaken
und Voerde zusammen, 1991 fusionierten sie mit Hünxe. Und das wird nicht die letzte Fusion gewesen sein. Weil es der
Sparkasse so schlecht geht, will, nein, sie muss abermals fusionieren.
Durch die Fusionen von einst sollte die Kasse effizienter werden. Sie wurde es nicht. Der Verwaltungsapparat der Sparkasse
Dinslaken-Voerde-Hünxe gehört zu den aufgeblähtesten der Branche. Von einem Euro mehr Ertrag gehen 84 Cent auf die
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Sparkasse Dinslaken pleite durch expansive Kreditpolitik
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Kosten drauf. Ein Spitzenwert. Ein maßloser Vorstand, eine aufgeblähte Verwaltung – kein Wunder, dass die Sparkasse
Dinslaken-Voerde-Hünxe ihren Kunden immer schlechtere Konditionen anbietet.
Kaum Habenzinsen, aber happig beim Dispo
Lange galt für Sparkassen, was in den Vereinigten Staaten als „3-6-3-Regel“ bezeichnet wird: Sparer bekommen drei Prozent
Zinsen für ihr Geld, die Bank verleiht es zu sechs Prozent weiter, und nachmittags um drei Uhr gehen die Banker Golf
spielen.
Heute gilt eher die „0,05-16-4-Regel“. Die Sparkasse Dinslaken-Voerde-Hünxe zahlt ihren Kunden kaum nachweisbare 0,05
Prozent Zinsen, verlangt für den nicht im Vorhinein eingeräumten Dispokredit happige 16 Prozent Überziehungszinsen.
Dafür gehen die Banker, bildlich gesprochen, immer noch nachmittags Golf spielen, wenn auch die Filialen in Dinslaken in
der Regel erst um 16 Uhr schließen.
© F.A.Z.
Sparkassen-Check: Wir brauchen Ihre Hilfe
„Die Angebote der Sparkasse sind mau”, sagt Hermann-Josef Tenhagen, Chefredakteur der Verbraucher-Zeitschrift
„Finanztip”, die regelmäßig die Leistungen von Deutschlands Banken vergleicht. „0,05 Prozent Zinsen, das ist ein
Zwanzigstel von dem, was die besten Banken am Markt anbieten.”
Seit Jahren können sich die Sparkassen Geld fast umsonst von der Europäischen Zentralbank leihen. Dennoch verlangen sie
ein Vielfaches an Dispo-Zinsen. Bis zu 11 Prozent, in Dinslaken. „Die Margen sind extrem hoch”, kritisiert
Verbraucherschützer Tenhagen. „Bei den Sparkassen werden die Leute regelrecht geplündert.”
Bei Autokrediten tun Dreiviertel der deutschen Sparkassen inzwischen nur noch so, als vergäben sie einen Kredit.
Tatsächlich haben sie dieses Geschäft an die Berliner Kreditfabrik S-Kreditpartner GmbH ausgelagert. Ein Viertel der
Sparkassen vergibt auch Verbraucherkredite über diese Bank. Geht ein Kunde also zu „seiner“ Sparkasse, und hofft vielleicht
auf eine persönliche Beratung und gute Konditionen – dann gibt sein Berater die Daten tatsächlich nur noch in eine
Eingabemaske ein und der Algorithmus von S-Kreditpartner entscheidet über die Zusage. Die Formulare sind gehalten in
Sparkassen-Rot, viele Kunden merken gar nicht, dass sie den Kredit nicht bei der Sparkasse abschließen. Kundennähe wird
in diesem Fall nur noch simuliert. Die Sparkasse ist hier nur noch ein Makler, der eine Provision kassiert.
Derartige Katastrophen spielen sich ähnlich in vielen deutschen Städten ab. Denn es liegt nicht nur an der Gier oder
Unfähigkeit einiger Vorstände. Der Fehler liegt im System - nicht zuletzt in der unglücklichen Verquickung von
Kommunalpolitik und Sparkassenaufsicht. Darüber mehr im zweiten Teil der Geschichte an diesem Donnerstag.
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Kooperationspartner, dem gemeinnützigen Recherchezentrum Correctiv, herausfinden,
wie es den Sparkassen ganz konkret geht. Welcher Kasse es gut geht und welcher
nicht. Dafür hat Correctiv die Plattform Crowdnewsroom.org entwickelt. Hier können
Sie selbst Informationen eingeben und schreiben, was Sie über Ihre Sparkasse vor Ort
wissen.
Jonathan Sachse ist Reporter bei CORRECT!V.
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Quelle: CORRECT!V
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