Mit qualvollen Rollen aus der Komfortzone

Datum: 27.01.2016
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Medientyp: Tages- und Wochenpresse
Auflage: 75'309
Erscheinungsweise: 6x wöchentlich
Themen-Nr.: 374.003
Abo-Nr.: 1044548
Seite: 17
Fläche: 81'388 mm²
Mit qualvollen Rollen aus der Komfortzone
Solothurner Filmtage Der Fernsehfilmpreis geht an Rabea
Egg. Die 17-Jährige muss in «Lina» einiges durchstehen
VON LORY ROEBUCK
Letzten Herbst schlug sie ein wie eine
Bombe. Rabea Egg spielt im Fernsehkrimi «Verdacht» von Sabine Boss eine
Schülerin, die ihren Kunstlehrer des sexuellen Missbrauchs bezichtigt. Dem
Jungtalent glückt gleich mit seiner ersten grossen Rolle der schwierige Spagat
zwischen Fragilität und jugendlicher
Aufmüpfigkeit. Sofort war klar: Dieses
frische Gesicht werden die Zuschauer
so schnell nicht vergessen.
Jetzt ist die 17-jährige Bülacherin zurück
mit ihrer zweiten Fernsehrolle: «Lina»
(Regie: Michael Schaerer) wird am 21. Fe-
bruar auf SRF ausgestrahlt, feierte aber
bereits am Sonntag im Rahmen der Solothurner Filmtage Premiere. An diesem Anlass wurde Rabea Egg für ihren Auftritt in
«Lina» auch gleich mit dem Schweizer
Fernsehfilmpreis
finde ich extrem spannend.» Das extreme Leid, das Eingesperrtsein: Die Gefühlswelt ihrer Filmfigur kannte Rabea
Egg nicht aus eigener Erfahrung. Eine
Frau, die fürsorgerische Zwangsmassnahmen am eigenen Leib erfahren hat,
habe ihr die beldemmende Realität jener
Zeit geschildert, und ausserdem hätten
mitmachte, habe sie realisiert, dass sie
es mit der Schauspielerei ernst meint.
Egg ist zurzeit Mittelschülerin am Liceo
Artistico in Zürich, in zwei Jahren ist sie
fertig. «Dann will ich ins Ausland an eine Schauspielschule.»
Vor die Kamera zu stehen, sei inzwischen wie eine Sucht. «Auf dem Filmset
sie die Szenen in einem echten Gefängnis bist du wie in einer grossen Familie, du
gedreht. «Dort fühlst du dich automa- arbeitest intensiv zusammen, und wenn
tisch eingesperrt», so Egg. Mit einer der- das dann plötzlich vorbei ist, fällt man
art qualvollen Rolle bewegt sich Rabea fast in ein Loch.» Und wie füllt man dieEgg auch aus ihrer eigenen Komfortzone. ses Loch wieder auf? Indem man den
Angesprochen auf ihre Kindheit in Bü- nächsten Film dreht. Egg drehte «Lina»
lach betont die Jungdarstellerin, wie ab- letztes Jahr während der Sommerferien,
solut wohlbehütet sie aufgewachsen sei. seither wartet sie auf das nächste RolSeit ihrem vierten Lebensjahr steht Egg lenangebot. Dieses dürfte nach dem
schon auf der Bühne, von Kinder- über Filmpreis in Solothurn nicht mehr lange
Jugendtheater gings stetig weiter Rich- auf sich warten lassen.
Schöner Zufall: Die Auszeichnung für
tung Film. Ihre Eltern - Eggs Vater ist Ar-
2016 ausgezeichnet.
die beste männliche Fernsehhauptrolle
Den mit 10 000 Franken dotierten Preis chitekt, ihre Mutter hat Modedesign stu- ging an Immanuel Humm, Eggs Co-Star
diert
hätten
sie
dabei
immer
unterhat sie sich redlich verdient, denn wie
stützt, es gab wegen der Schauspielerei in «Verdacht». «Als ich hörte, dass wir
schon in «Verdacht» muss Eggs Filmfigur
beide ausgezeichnet werden, habe ich
mich sehr gefreut», sagt Egg. In der
Urteilsbegründung hebt die Jury Eggs
«Natürlichkeit» hervor. Es ist genau
nen spielen muss. In «Verdacht» stellt jene Qualität, die die Jungschauspielesie beispielsweise mit einer Mitschülerin rin auch bei ihren grossen Idolen - Juliund einem Smartphone Gustave Cour- ette Binoche und Marion Cotillard - so
bets berühmtes Aktgemälde «Der Ur- bewundert. «So authentisch wie sie
sprung der Welt» nach. «Wenn du dann rüberzukommen, das wünsche ich
mit deinen Eltern vor dem Fernseher mir.» In diesem Punkt steht die 17-jähsitzt, dann ist das natürlich schon un- rige Rabea Egg ihren Vorbildern schon
angenehm.» Als sie die Szene drehten, jetzt in nichts nach.
erinnert sich Egg, seien aber wirldich Lina (CH 2015) 90 Min. Regie: Michael
nie Unstimmigkeiten, nie Fragezeichen.
Der Film spielt grösstenteils in den Kritisch wirds höchstens, wenn Egg in
60er-Jahren und thematisiert die soge- ihren Filmen ganz besonders heikle Szein «Lina» ganz böse untendurch.
nannte administrative Versorgung, ein
unrühmliches Kapitel aus der Schweizer
Geschichte. Die 17-jährige Lina ist ein
Landei, das mit seiner Sandkastenliebe
Julian (gespielt von Flurin Giger) von
der grossen Welt träumt. Lina kommt
mit der Zürcher Jugendbewegung in Be-
rührung, doch die Behörden haben bereits ein Auge auf das Mädchen geworfen: Lina wird in eine Umerziehungsan- nur jene auf dem Set gewesen, die wirkSchaerer. Mit Rabea Egg, Elisabeth Nie-
stalt zwangseingewiesen und landet lich dort sein mussten. «Und dann
derer, Mona Petri u.a. Solothurner Filmspäter sogar in einem Frauengefängnis. musst du da einfach durch.»
tage: Heute, 20:45, Reithalle. TV-Premiere:
«Harte» Rollen fordern heraus
Als Schauspielerin macht Rabea Egg
So 21. Februar, 20:05, SRF1.
Was sie an einer solchen Rolle reizt, sei keine halben Sachen. Ein starkes Be- Verfolgen Sie unseren
«die Herausforderung», erzählt Rabea dürfnis danach, in einem Film mitzu- Live-Blog von den Filmtagen
Egg. «Lina macht extrem harte Sachen spielen, verspürte sie erstmals im Alter online.
durch und wird im Filmverlauf gebro- von 11 oder 12 Jahren. Als sie dann 2012
chen. So eine Veränderung zu spielen, in ihrem ersten Kurzfilm («Between»)
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Lina (Rabea Egg) wird von der Polizei in eine Umerziehungsanstalt zwangseingewiesen.
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