2. Gebot _2.Mose 20 7_

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In meiner Reihe zu den 10 Geboten komme ich heute zur
zweiten Station. Und wenn Ihr euch fragt: „Zweites Gebot - wie
lautet es denn: Ist es das Bilderverbot oder das Gebot zur
Namensheiligung? Dann muss sich niemand deswegen
schämen. Es gibt es tatsächlich verschiedene Zählungen. Die
Zählung der reformierten und der jüdischen Tradition sieht das
Bilderverbot als zweites Gebot an. Luther aber sieht das Bilderverbot als Ergänzung zum Ersten und liest das Zweite so:
„Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes nicht
missbrauchen; denn der Herr wird den nicht ungestraft
lassen, der seinen Namen missbraucht.“ (2. Mose 20,7)
Den Namen Gottes missbrauchen - was könnte das sein?
Ist es der unbedachte Gebrauch des Gottesnamens im Alltag, wo es oft Ausrufe gibt wie: „ach du lieber Gott“ - Ausrufe
des Erschreckens, oder Erstaunens, die aber keine Anrufung
Gottes sind. Ist das Fluchen damit gemeint? Eine hässliche
Angewohnheit, wo im Zorn von den erregten Menschen alles
Heilige in den Mund genommen und beschmutzt wird. Geht es
um den Meineid? In alter Zeit eine noch viel schlimmere Untat
als heute, wo es kaum Mittel zur Aufklärung von Verbrechen
und Sachverhalten gab. Nicht selten haben falsche Zeugen
unschuldige Menschen um alles, sogar um ihr Leben gebracht. Oder wendet sich das Gebot vor allem gegen die Anrufung des Gottesnamens bei okkulten Sitzungen und magischen Praktiken, die ja auch in unserer scheinbar so aufgeklärten Zeit Konjunktur haben?
Unbedachte, Fluchende, Meineidige und Menschen im Umkreis des Spiritismus, ist das die Zielgruppe für das zweite
Gebot? Traditionell wird es so gesehen. Und auch Luthers
Erklärung in kleinen Katechismus deutet darauf hin: „ Wir sollen Gott lieben und fürchten, dass wir bei seinem Namen nicht
fluchen, schwören, zaubern, lügen oder trügen, sondern denselben in allen Nöten anrufen, beten, loben und danken.“
Aber ich finde, das greift zu kurz. Ich kann nicht glauben, dass
das 2. Gebot vor allem solche Menschen im Blick hat, die au-
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ßerhalb der Gemeinde Gottes stehen. Viel wahrscheinlicher
scheint mir, dass dieses Gebot gerade auf solche abzielt, die
gerne und oft mit dem Namen Gottes umgehen, die ihn lieben,
gebrauchen - und sich dabei doch verfehlen. Ich meine hier
geht es um uns, um die Frommen! Aber in welcher Weise? Ich
denke, da müssen wir ganz genau hinhören und auf die biblischen Zusammenhänge achten.
Vom Verhältnis der Menschen zum Namen Gottes ist sehr
eindrücklich in jener Geschichte vom brennenden Dornbusch
in 2. Mose 3 die Rede. Sie erzählt, wie Gott den Mose in seinen Dienst beruft. Zum Pharao soll er gehen und von ihm die
Freilassung des Volkes Israel fordern.
Aber was für eine unmögliche Aufgabe ist das? Nie würde der
Pharao einem solchen Ansinnen zustimmen. Warum sollte er
auch seine billigsten Arbeitskräfte einfach ziehen lassen? Da
brauchte es schon mehr. Darum fragt Mose: Was soll ich dem
Pharao sagen, wer mich gesandt hat?
Mose meint wohl, wenn er den Namen Gottes kennen würde,
hätte er etwas in der Hand. Etwas, das auch den mächtigen
Herrscher in Ägypten beeindrucken würde. Denn wer den Gottesnamen kennt, kann ihn ja auch jederzeit anrufen. Und so
stünde ihm nicht nur der Name, sondern mit dem Namen auch
der Zugang zu Gottes Vollmacht offen, und er könnte er darüber verfügen.
Aber Gott schiebt diesem Ansinnen einen Riegel vor. Der Name, den er Mose nennt ist unfassbar: „Ich werde sein, der ich
sein werde - oder besser übersetzt - ich werde immer wieder
neu für euch da sein“. Das heißt nichts anderes, als dass der
Gott Israels erstens unbedingt auf Seiten seines Volkes ist,
aber zweitens, dass er nicht über sich verfügen lässt, dass
man seiner nicht habhaft werden kann. Sein Name ist kein
Geheimschlüssel für unsere Allmachtsphantasien.
Wo könnten wir in Versuchung sein, den Namen Gottes in
dieser Weise zu missbrauchen?
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Nun, ich denke an das Thema Fürbitte, was ja zum Schönsten gehört, was wir im Glauben tun können. Gerade am Montag haben wir es wieder im Hauskreis erlebt, wie gut es tut,
wenn man Probleme nennen kann und andere für einen beten. Um einen Arbeitsplatz zum Beispiel, um Hilfe in einer Prüfung, um Kraft für eine Aufgabe und auch um Heilung für uns
selbst oder für andere Menschen, die uns am Herzen liegen.
Aber ich glaube, dabei sollte auch zum Ausdruck kommen,
dass wir in allem offen bleiben wollen für das, was Gott mit
uns vorhat, wie er uns seine Güte zeigen will.
Denn wirkliche Lebenskraft besteht ja nicht in der Flucht vor
den Schattenseiten des Lebens, sondern in der Fähigkeit, sich
ihnen zu stellen. Nicht die Abwesenheit von Schmerz und Leid
ist Ausdruck unseres Glaubens, sondern das Vertrauen auf
die Anwesenheit des „Ich bin für euch da“ in den Katastrophen
des Lebens. Und weil er tatsächlich auf unserer Seite ist, gibt
er auch die Kraft, der Realität Stand zu halten. Trotz der
Angst, trotz dem Schmerz, trotz so vieler ungelöster Probleme. Aber wenn der mit uns ist, der alle Wunden heilt und unbedingt auf unserer Seite ist - oder wie Jesus es später sagt:
“Ich lebe und ihr sollt auch leben“ - dann können wir Halt finden, loslassen und uns und andere ganz Gott überlassen.
In dem Verständnis bete ich gerne. So wird kein Missbrauch
draus, der über Gott verfügen will.
Was meint die Heiligung des Gottesnamens noch?
Wovor warnt sie? Wozu will sie uns anleiten?
Ein weiteres Wort aus dem Alten Testament hat uns da viel zu
sagen. Da ist ja nicht nur die Dornbuschgeschichte, sondern
auch jener Gottesname, der auch beachtet werden will, wo der
Gott Israels immer wieder vorgestellt wird als der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs.
Diesem Gottesnamen will ich noch ein wenig nachgehen, weil
ich meine, dass wir auch als Christenheit dazu berufen sind,
diesem Gottesnamen Ehre zu machen, ihn hoch zu halten, ihn
nicht zu verleugnen, oder anders zu missbrauchen.
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Der Gott Abrahams.
Was wir von Abraham wissen ist, dass Gott ihn aus seinem
bisherigen Leben herausgerufen hat und gesagt: „Geh aus
deinem Vaterland, aus deiner Verwandtschaft und aus deines
Vaters Haus in ein Land, das ich dir zeigen will.“
So ist Gott, ihr Lieben, dass er Menschen anspricht und sozusagen seine Hand auf sie legt. Gott ist so, wie wir ihn gerade
als Freikirchen immer wieder bezeugen, dass er eine persönliche Beziehung zu uns Menschen aufnehmen will, dass er sich
uns bekannt macht, aber auch einen Ruf oder eine Berufung
für uns hat.
Das ist der Gott, den wir zu verkündigen haben. Das ist der
Gott, der Menschen zu sich ruft und damit in eine Distanz zu
allem, was sie sonst bestimmt. In eine Distanz zu ihrer Familie, in eine Distanz zur Verwandtschaft und sogar in eine Distanz zum Vaterland, und seiner Kultur und Politik.
Nicht das, was in diesen Zusammenhängen gelebt und geliebt
wird, soll die Norm für unser Leben sein, sondern der Ruf Gottes und die Einladung, ihm mehr zu gehorchen.
Anders gesagt: Den Namen Gottes missbrauchen würde heißen: Die Menschen einfach in dem belassen, wer sie sind, wie
sie leben und was sie wollen, und darauf noch einen kirchlichen Segen geben.
ein, anders muss es sein in einer Kirche, die Gottes Namen
ehrt. Sie verkündigt das Evangelium als Alternative zur Welt
und zum Bestehenden und ruft die Menschen zur Entscheidung für den Glauben und für den Gehorsam gegen Gott.
Der Gott, den wir ehren ist auch der Gott Isaaks.
Was will uns das sagen? Nun Isaak ist Gottes Gabe an den alt
gewordenen Abraham und seine Frau Sara. Als sie eigentlich
gar kein Kind mehr bekommen konnten, hat Gott ihr Leben
doch fruchtbar gemacht. Er hat ihnen Isaak geschenkt.
Auch in diesem Vorgang sehe ich etwas, das zu bewahren
haben, wenn uns Gottes Namen wichtig ist. Ich möchte es so
sagen: Isaak ist für uns alle die Hoffnung, dass auch unser
Leben am Ende nicht sinnlos sein wird, nicht unerfüllt und
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wertlos.
Ist
das
nicht
ein
großer
Zuspruch?
So viele Menschen erleben, wie ihr Leben hinter dem zurück
bleibt, was sie sich erträumt und gewünscht haben, wie es da
eigenes Versagen gibt, wie andere sie nicht hoch kommen
lassen und wie immer wieder die Dinge zerbrechen, keinen
Bestand haben und nur Fragmente übrig bleiben. Fragmente,
die vielleicht noch Hinweis auf etwas Größeres sind, das Intendiert war, aber eben nicht mehr.
Ich denke, das wäre Aufgabe einer Kirche, die Gottes Namen
nicht missbraucht, dass sie diese Hoffnung den Menschen
anbietet, ihnen nicht Angst macht vor Gott, - das hieße den
Namen Gottes missbrauchen - sondern ihnen diese Hoffnung
in Aussicht stellt, dass er in jedes Laben, sei es noch so fragmentarisch, noch so verkehrt und noch so schuldig doch seinen Isaak hineinbringt, der am Ende alles noch einmal in einem anderen Licht erscheinen lässt. Ich finde das wunderbar.
Und noch ein Drittes gehört dazu. Unser Gott ist nicht nur der
Gott Abrahams und Isaaks, sondern auch der Gott Jakobs.
Jakob - er hat seinem Bruder den Segen gestohlen. Deshalb
muss er fliehen vor dessen Zorn und dabei viel Schweres erleben. Aber auf diesem Weg lernt er zu seiner Schuld stehen,
und auf diesem Weg lernt er was die Aufgabe eines Gesegneten ist: Nämlich den Menschen mit seinem Segen dienen!
Wisst Ihr noch, wie lange er um seine Frau Rahel dienen
musste? Sieben lange Jahre. Und dann noch einmal 7 Jahre,
weil er ihm erst Lea, die ältere Tochter, zur Frau gab. Ja und
dann gewinnt er mit seinem Segen viel, aber er muss alles in
die Waagschale werfen, alles loslassen und seinem Bruder
zur Versöhnung anbieten.
Was hat es mit uns zu tun? Nun von Jakob her ist dem Volk
Gottes in dieser Welt ein Zweifaches aufgetragen:
1.) Zu bezeugen, dass man sich Segen nicht erschleichen soll.
So wie es alle Welt tut, und der Sieger genießt dann auf Kosten der anderen sein Leben. Das ist falsch!
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2.) Richtig ist was Jakob lernen muss: Dass wir unsere Gaben nicht gegen andere einsetzen sollen, sondern für andere
und ihnen dienen.
Ich glaube, an dieser Stelle haben wir auch noch nicht ausgelernt. Da kann manches noch deutlicher werden.
So habe ich gerade die Spendenbescheinigungen unterschrieben - Ihr findet sie nachher in den Fächern. Und nicht
ich muss, sondern ich möchte sagen: Da ist viel Grund zur
Dankbarkeit.
Aber sind wir ehrlich. Selbst die viel gegeben haben - haben
sie nicht auch noch viel, worüber sie verfügen können? Wie
viel behalten wir vom Segen Gottes ganz selbstverständlich
für uns und fühlen uns ganz gut dabei? Hat Gott nicht auch
einen Anspruch auf die Hauptsache und fragt, wie wir damit
ein Segen sind für diese Welt?
Und wie gerne suchen wir die Kuschelecken im Gemeindeleben auf? Ich kann das verstehen. Man kann nicht immer nur
geben. Aber ist das noch in der rechten Balance von Sammlung und Sendung? Wie steht es um unsere Bereitschaft zur
Hingabe und zum Dienen?
Ihr seht, das 2. Gebot lässt uns nicht so schnell los. Denn
nicht nur Spötter und Meineidige missbrauchen den Namen
Gottes. Er ist auch da in Gefahr, wo wir Gottes Namen nur
scheinbar ehren und uns seinem eigentlichen Anspruch entziehen. Und wir missbrauchen ihn gewiss, wo wir Gott einfach
vor den Karren unserer Wünsche spannen und ihn nicht Gott
sein lassen.
Amen.
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