ES GRÜNT & BLÜHT ES GRÜNT & BLÜHT � Ein wahres Blütenmeer – unter anderem mit verschiedenen Sorten Herbstaster (Aster dumosus) und Sonnenhut (Rudbeckia fulgida) – bietet dieses Präriebeet im Spätsommer TEXT: Stefanie Syren PRÄRIE, DAS KLINGT STAUBTROCKEN UND ERINNERT AN COWBOYS, DIE UNTER DER SENGENDEN SONNE RICHTUNG HORIZONT REITEN. WARUM SOLLTEN DANN AUSGERECHNET PRÄRIEGÄRTEN IM TREND LIE- GEN? WEIL DIESES KLISCHEE NICHT STIMMT. VON DER PRÄRIE INSPIRIERTE GÄRTEN SIND ALLES ANDERE ALS ÖDE, SONDERN PRÄSENTIEREN SICH ALS ABWECHSLUNGSREICHE GESAMTKUNSTWERKE. WER DIE PFLANZEN SORGFÄLTIG WÄHLT UND KOMBINIERT, WIRD VIEL FREUDE UND WENIG ARBEIT MIT DEN BEETEN HABEN. 8 9 ES GRÜNT & BLÜHT ES GRÜNT & BLÜHT � Steppenkerzen (Eremurus) setzen im wahrsten Wortsinne Highlights im Beet B lüten tanzen über Grashalmen, und zwar so weit das Auge reicht. Diese poetischen Landschaften gibt es wirklich: Es sind die ausgedehnten Wiesen im Mittleren Westen Nordamerikas. Sie sind das natürliche Vorbild für einen Präriegarten und werden zwar von Gräsern geprägt, sind aber zugleich der Lebensraum vieler Blütenpflanzen. Trockenheit ist übrigens nicht zwangsläufig typisch für die Prärie: Zwar sollte den Pflanzen ein sonniger Standort mit durchlässigem Boden geboten werden, doch der darf durchaus humos und frisch sein. Es geht nicht darum, natürliche Vorbilder exakt zu kopieren, sondern sich von ihnen zu eigenen Gartengemälden inspirieren zu lassen. Und weil sich viele Gräser im Herbst von ihrer schönsten Seite zeigen, ist diese Jahreszeit ein guter Zeitpunkt, um die eigenen Favoriten für ein Präriebeet auszuwählen. Spiel mit Höhen und Strukturen: Königskerzen (Verbascum) und Fackellilien (Kniphofia) überragen feines Federgras (Nasella tenuissima) Kristina Lehmann »PFLEGELEICHTE UND MÖGLICHST BESTÄNDIGE PFLANZUNGEN STEHEN AUF DER WUNSCHLISTE GANZ OBEN.« WA RU M D IE PR Ä RIE PR A K TI SCH I ST Im Kundengespräch wird Kristina Lehmann, Gartenplanerin bei Christian Albrecht, Gärtner von Eden aus Unterhaid bei Bamberg, nur selten ausdrücklich nach einem Präriegarten gefragt, aber: „Pflegeleichte und möglichst beständige Pflanzungen stehen auf der Wunschliste ganz oben“, erzählt sie. Dazu passen natürlich wirkende Präriebeete gut: „Wer sich für diesen Stil entscheidet, beweist Weitblick beim Pflegeaufwand. Ein mit Sachverstand angelegter Präriegarten spart auf Dauer Zeit und Geld.“ Tatsächlich regulieren sich die Pflanzungen überwiegend selbst, denn der Lebensraum Prärie stellt hohe Anforderungen an die dort wachsenden Arten: Sie müssen Hitze ebenso wie Frost aushalten und vorübergehende Trockenheit überstehen. Die meisten Präriepflanzen bilden deshalb tiefe Wurzeln, was im Garten von Vorteil ist und den regelmäßigen Griff zur Gießkanne 10 BILD OBEN: In unendlichen Varianten schön: die Kombination aus Blühpflanzen und Gräsern BILD RECHTS: Winterschönheit: Die getrockneten Köpfe der Monarde wirken immer noch wie Blüten erspart. Wenn sich die Pflanzen nach rund zwei Jahren gut etabliert haben, wird nur selten – rund ein bis zwei Mal pro Saison – Unkraut gejätet. Auch der Zufall gehört zum Präriegarten, weiß Simon Thiel, Geschäftsführer der Firma Majuntke im niederbayerischen Mainburg: „Die Pflanzen, die Teil des Konzepts sind, dürfen sich selbst aussäen – und das können sie auch, denn zurückgeschnitten werden die Stauden und Gräser erst im Frühjahr.“ Ein weiterer Vorteil der Präriebeete, denn der gleichzeitige Rückschnitt sämtlicher Pflanzen vereinfacht die Pflege. Außerdem sieht der Garten auch im Winter, wenn der Raureif Stängel und Halme überzieht, noch gut aus. B E WÄ H RTE H AU P TDA RSTE LLE R Ein Präriebeet wirkt nicht zwangsläufig fremd oder exotisch, ganz im Gegenteil. Ein Stück Prärie wächst schon heute in nahezu jedem Garten, denn viele altbekannte Stauden stammen ursprünglich aus Nordamerika und gelten als Bauerngarten-Klassiker: Flammenblume (Phlox), Prachtkerze (Gaura lindheimeri) und die Aster (Aster) haben auch im Präriegarten einen festen Platz. Doch die Kombination dieser bewährten Stauden mit Gräsern lässt neue Gartenbilder entstehen, erklärt Simon Thiel: „Die Blütenköpfe der Stauden scheinen zu schweben. Die Gräser schwingen im Wind, funkeln im Gegenlicht und lassen das Beet bis in den Herbst hinein leuchten.“ Diese so natürlich wirkenden und scheinbar mit leichter Hand komponierten Bilder können nur entstehen, wenn die Zutaten sorgfältig gewählt wurden und keine einzelne Art die anderen verdrängt. Fachwissen ist für die Planung einer möglichst beständigen Pflanzung besonders wichtig, erzählt Roland Lütkemeyer, Gärtner von Eden aus Gütersloh: „Präriegärten sind eine gute > Selbst wenn der Scheinsonnenhut (Echinacea purpurea) verblüht ist, bleibt er ein Hingucker 11 ES GRÜNT & BLÜHT ES GRÜNT & BLÜHT Höhen und Farben wiederholen sich und sorgen so für optischen Zusammenhalt � Roland Lütkemeyer »EIN PRÄRIEBEET LÄUFT AB JULI ZUR HOCHFORM AUF.« Sache, aber nur, wenn man sie passend zum Standort anlegt. Als Planer muss ich mir den jeweiligen Garten natürlich immer gut ansehen und dann passende Pflanzen auswählen.“ In seinem eigenen Garten, den er gerne als Versuchsfeld bezeichnet, und in den Gärten der Kunden hat er gute Erfahrungen mit Indianernesseln (Monarda fistulosa), dem Kandelaber-Ehrenpreis (Veronicastrum virgincum) oder der Aster-Sorte ‘Lady in Black’ gemacht. Gräser wie Rutenhirse (Panicum), Federgras (Stipa), Diamantgras (Calamagrostis), Indianergras (Sorghastrum) oder das Tautropfengras (Sporobolus) begleiten die Stauden und lassen sie erst richtig zur Geltung kommen. In welchem Verhältnis Gräser und Blütenstauden gemischt werden, bleibt letztlich Geschmackssache. In der Regel wird man sich im Garten für einen höheren Anteil der Blütenpflanzen entscheiden. Einigen Stauden steht die Kombination mit Gräsern nicht nur, sie scheint ihnen förmlich gutzutun: Der Phlox präsentiert sich in Präriebeeten beispielweise robuster und bekommt seltener Mehltau. A LLE S PRIM A IN DE R PR Ä RIE? Jede Blüte eine Erinnerung an Indianerkopfschmuck: Echinacea pallida, auf Deutsch auch schon einmal Prärie-Igelkopf genannt Simon Thiel »DIE BLÜTENKÖPFE DER STAUDEN SCHEINEN ZU SCHWEBEN.« 12 Eigentlich schon, vorausgesetzt man hat genug Platz im Garten. Denn ein Präriegarten besticht durch seine Fernwirkung und dadurch, dass man viele Exemplare der einzelnen Arten einsetzt. Je größer, desto besser, lautet die Devise, auch wenn es keine offiziellen Mindestgrößen für eine Präriepflanzung gibt. Für lange Beete empfiehlt Roland Lütkemeyer eine Breite von mindestens drei Metern, und auch ein wenig Geduld: „Ein Präriebeet läuft ab Juli zur Hochform auf. Das muss man einfach wissen, wenn man eine klassische Staudenrabatte gewohnt ist, die schon früher zur vollen Blüte kommt. Da gilt es, den Blick zu schulen und nicht nur die Blüten wahrzunehmen, sondern auch die Schönheit der Strukturen und Grüntöne.“ Die Wartezeit bis zur hoch- und spätsommerlichen Pracht lässt sich verkürzen: Nach dem Frühjahrsrückschnitt schlägt die große Stunde der Zwiebelblumen, die zwischen den gestutzten Gräsern und Stauden genug Licht zum Wachsen bekommen. Simon Thiel empfiehlt zum Beispiel die Prärielilie (Camassia), die in Blautönen oder Weiß für einen ersten Blütenhöhepunkt im Spätfrühling sorgt. Um Enttäuschungen zu vermeiden, setzen erfahrene Gärtner zudem auf bewährte Sorten und pflanzen nicht jede spektakuläre Neuzüchtung ins Beet. Denn viele Newcomer enttäuschen in der Praxis. Jüngstes Beispiel ist die wohl bekannteste Charakterpflanze der Präriegärten: Der Purpursonnenhut (Echinacea purpurea) wurde in den letzten Jahren in vielen neuen Sorten angeboten. Nur wenige davon haben sich in der Praxis bewährt. Deshalb passt die bekannte Sorte ‘Magnus’ oder eine Echinacea pallida mitunter besser in den Garten als eine raffinierte Neuheit, die nur einen Sommer lang blüht – gerade in einem Präriebeet, das viele Jahre Freude machen soll. � Schönes Spiel der Kontraste: Die bizarren Blütenstände des Palmlilien-Mannstreu (Eryngnium yuccifolium) verlieren durch das Blütenmeer aus Herbstastern (Aster dumosus) ihre Schärfe 13
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