Ausarbeitung zum Thema - Naturschutzanwaltschaft Vorarlberg

Ausarbeitung zum Thema „Vogelanprall/Vogelschlag“
Verfasst von Anna Pichler, Naturschutzanwaltschaft Vorarlberg; Ergänzt von Wilfried Doppler, WUA
1. ALLGEMEINES
Der Anprall an Glasflächen zählt mittlerweile zu den häufigsten anthropogenen
Todesursachen von Vögeln. Ursache: Sowohl in der Stadt als auch am Land werden
immer mehr Gebäude mit großen Glasflächen gebaut. [1]
Das Problem „Vogelanprall“ wurde lange unterschätzt, weil die Verluste in der Regel
unbemerkt bleiben. Ein Grund dafür ist, dass die Opfer schnell von Katzen, Krähen,
Füchsen, Mardern etc. entfernt werden. Auch die Interpretation von Aufprallspuren ist
problematisch, weil wenige Gramm schwere Vögel kaum Spuren hinterlassen. [8]
Ob die Verluste ganze Populationen gefährden können ist unklar. Für bedrohte Arten
wird befürchtet, dass Glasopfer zusätzliche Bestandeseinbußen bedeuten. In der
Schweiz schätzen Ornithologen, dass jährlich hunderttausend Vögel
verunglücken. [2]
Vogelarten
Die häufigsten Vogelarten im Siedlungsraum sind: Haussperling, Kohlmeise,
Feldsperling, Grünfink, Buchfink, Amsel, Blaumeise, Stieglitz, Rabenkrähe und
Tannenmeise. [5]
Auftrag an Naturschutzanwaltschaft, Sachverständige, inatura Fachberatung
Wir möchten einerseits die Problematik verstärkt ins Bewusstsein rücken und
gleichzeitig Lösungen anbieten. Unsere Aufgabe ist es, unnötige Vogelfallen zu
vermeiden und Antragsteller sowie Planer darauf aufmerksam zu machen, damit
erprobte wirkungsvolle Mittel für vogelfreundliches Bauen schon in der
Planungsphase miteinbezogen werden. [2] Vögel und Menschen teilen sich heute
vielerorts denselben Lebensraum. Auch ist der Vogelgesang eine wichtige
Komponente für unsere Lebensqualität im Siedlungsgebiet. [1]
Beurteilungshilfen
=>Wie hoch ist der Anteil der Glasfläche im Verhältnis zur Gesamtfläche der
Fassade?
=>Ist Spiegelung und/oder Durchsicht als Problem zu erwarten? Was überwiegt?
=>Wie ist die Umgebung zu beurteilen? (viel Grün, Himmel, Berge, exponierte Lage,
bebauter Bereich)
=>Welches Glas soll verwendet werden?
=>Sind Beschattungssysteme vorgesehen?
1
Vögel-Optik
Vögel orientieren sich sehr stark optisch. Die seitlich angelegten Augen ermöglichen
einen Weitwinkelblick. Der Nachteil ist aber, dass nur kleine Bereiche von beiden
Augen gleichzeitig abgedeckt werden. Das stereoskopische Sehen und damit die
räumliche Wahrnehmung sind daher eingeschränkt. Glasflächen erkennen Vögel
nicht als Hindernis. Auf diese Gefahr hat sie die Evolution nicht vorbereitet.
Vogelanprall
Glas ist durchsichtig und wird von Vögeln nicht als Hindernis wahrgenommen.
Zusätzlich reflektiert Glas die Umgebung und spiegelt die Landschaft. Aber nicht nur
Glasfassaden und Fenster sind eine Gefahr, auch an Lärmschutzwänden,
Windfängen, Wartehäuschen, Balkonbrüstungen, Verbindungsgängen oder
überdachten Fahrradständern sind Glasscheiben Ursache für den Tod zahlreicher
Vögel. Besonders bei modernen Gebäuden ist Vogelschutz eine Herausforderung für
Architekten. [6]
2. URSACHEN FÜR VOGELANPRALL [1, 2]

Durchsicht
Die bekannteste Ursache für Anflüge an Glas ist dessen Transparenz. Ein Vogel
erblickt durch eine Glasfront hindurch einen Baum, den Himmel oder eine ihm
zusagende Landschaft. Er steuert diese in direktem Flug an und kollidiert dabei mit
der Scheibe. Die Gefahr ist umso größer, je transparenter und großflächiger die
Glasfront ist.
 Spiegelung
Das
zweite
Phänomen
sind
Spiegelungen.
Je
nach
Scheibentyp,
Belichtungsverhältnissen, Betrachtungswinkel und Gebäudeinnerem wird die
Umgebung unterschiedlich stark reflektiert. Spiegeln sich z.B. Bäume und Büsche,
in der näheren Umgebung wird dem Vogel ein attraktiver Lebensraum
vorgetäuscht. Er fliegt diesen direkt an, ohne zu realisieren, dass es nur das
Spiegelbild ist.
 Licht
In Mitteleuropa weniger bekannt, ist die Irreleitung von nächtlich ziehenden
Zugvögeln durch Lichtquellen. Dieses Phänomen spitzt sich bei Schlechtwetter und
Nebellage zu, weil die Vögel dann in geringeren Höhen ziehen. Es ist auch von
Leuchttürmen, beleuchteten Gebäuden auf Alpenpässen, Leuchtmasten und
anderen exponierten Bauten bekannt. Die starke Beleuchtung ist auch für die übrige
Tierwelt (z.B. Insekten) ein Problem.
3. GEFAHRENSTELLEN [1, 2, 3]
Mit Kollisionen ist grundsätzlich überall zu rechnen, wo Glas eingesetzt wird.
2
Scheiben mit freier Durchsicht oder Spiegelungen sind für die Vogelwelt
gefährlich. Im freien Flug nehmen Vögel diese verhängnisvollen Hindernisse zu spät
oder gar nicht wahr und prallen an die Scheibe.

Durchsicht:
Vögel können Glasflächen mit freier Durchsicht nicht als Hindernis erkennen. Die
Fallenwirkung wird durch räumliche Verengungen (z.B. Glaswand zwischen zwei
großen Gebäuden) oder Sackgassen akzentuiert. [3] Eine für den Vogel attraktive
Umgebung erhöht die Gefahr. Beispiele für Gefahrenstellen sind u.a.:
-Fenster
-Terrassen
-Eingangsbereiche/Vorhallen (Schiebetüren)
-Windfang
-Oberlichter
-verglaste Hausecken
-Fenster in Eckbereichen
-Wind- und Lärmschutzscheiben
-Verbindungsgänge
-Balkonverglasung (dahinter stehen Pflanzen)
-Brüstungen bzw. Geländer
-Wintergarten
-Warteräume (Bus, Bahn)
-großflächig verglaste Wohnbereiche
-Liftstationen
-transparente Lift/Treppenhäuser
-Fahrradunterständer

Spiegelung:
Problematisch sind Spiegelungen von Landschaften (Wald, Wiese, Berge, See),
Bäumen, Hecken und Himmel. Daher ist zu beachten wo ein Gebäude errichtet
werden soll (Parkanlage, Bäume, bebauter Bereich, im Übergang zum freien
Gelände). Beispiele für Gefahrenstellen sind v.a.:
-Balkonbrüstungen
-Wohnanlagen mit gutem Ausblick (z.B. See)
-großflächige Glasfassaden
-großzügige Fenster und Terrassentüren
-Sonnenschutzglas: starke Spiegelung/ hoher Reflexionsgrad!
-Liftstationen
-Panoramarestaurant
Die Spiegelung hängt noch von weiteren Faktoren ab. Beispielsweise spiegelt der
gleiche Glastyp umso stärker, je dunkler der Hintergrund ist (innen). [2]
Sonnenschutzgläser haben einen sehr starken Reflexionsgrad (z.B. Reflexion außen:
43%). Gängige kombinierte Sonnenschutz- und Wärmeschutzgläser liegen bei ca.
3
30-35% Reflexionsgrad außen. Floatglas und VSG-Glas bewegen sich um die 14%
Außenreflexionsgrad. [10]
4. MASSNAHMEN GEGEN VOGELANPRALL [2]
A) VOR dem Bau
Der Vogelschutz sollte jedenfalls bereits bei der Planung von Glasbauwerken
berücksichtigt werden:
Reduktion von Transparenz/Durchsicht:
Grundsätzlich gilt: Transparente Flächen an exponierten Stellen vermeiden oder die
Durchsicht reduzieren!

Alternativer Einsatz von transluzentem Glas:
- Milchglas, Satinatoglas (das Glas wird sandgestrahlt, was nicht sehr
umweltfreundlich ist) [10].
- VSG Glas mit PVB Mattfolie/gefärbte Folie/Satinatofolie zwischen den
Scheiben. Es kostet ca. 15% mehr, ca. 10 Euro Unterschied zwischen VSG
transparent und matt. Bei diesen Gläsern besteht die Gefahr, dass eine
Spiegelung auf der 1. Ebene des Glases verbleibt, was je nach Umgebung
und Kontrast mehr oder weniger problematisch ist [10].

Andere Glasformen verwenden: gerippt, geriffelt, matt, eingefärbt, Pressglas
Achtung: Plexiglas verhält sich wie transparentes Glas. [7]

Flächige Markierungen (Punktraster, Streifen) aufbringen, welche nach ONR
191040 geprüft wurden [13].Die Muster entweder im Siebdruck- oder im
Digitaldruckverfahren auf die Außenseite aufbringen. Beide Verfahren
erzeugen langlebige Produkte, da die Emailfarbe eingebrannt wird.
Mehrkosten liegen bei ca. 50 Euro/m². Bedruckte Folien eignen sich v.a. für
kleinere Glasflächen und die nachträgliche Entschärfung von Vogelfallen (z.B.
Windschutzverglasung) [10]. Die garantierte Standzeit von Folien in der
Außenanwendung liegt bei 5-10 Jahren. [7]

Werden Muster selber entworfen, müssen sie jedenfalls die
Handflächenregel erfüllen und den Empfehlungen der Broschüre
„Vogelfreundliches Bauen mit Glas und Licht“ (S.16) folgen [2].
Allerdings ist nur bei gemäß ONR 191040 „Vogelschutzglas“ geprüften
Mustern die Wirksamkeit absehbar!

Je kleinteiliger eine Glasfassade gegliedert ist, desto vogelfreundlicher ist sie
(Geometrie egal). Handflächenregel: Flächen größer einer Handfläche
können schon problematisch sein!

bei Firmen bieten sich z.B. Drucke mit Schriftzügen (Firmennamen) an
4

Verwendung von alternativen Materialien z.B. bei Balkonbrüstungen:
Staketen,
Lochblech,
Streckmetall,
Sichtbeton,
Eternit
Platten,
Plattenwerkstoff

Beschattungssysteme wie Lamellen/Jalousien/Raffstoren/Textile

Metallgeflechte/Streckmetall (Achtung: sie müssen kleine Maschenweite
haben, max. 2cm, damit Vögel nicht ins Gitter hineingelangen), Metallpaneele
dürfen nicht spiegeln.

UV-Produkte (z.B. Ornilux, Bird Pen, Bird Sticker) sind gemäß ONR 191040
nicht ausreichend wirksam und können deshalb nicht empfohlen werden
[2].
-
-
Zu beachten:
Immer wieder wird getöntes Glas oder Bronzeglas von Planern
vorgeschlagen (z.B: Rüfikopfbahn in Lech). Leider zeigen die
Flugtunneluntersuchungsergebnisse, dass dieses Glas nur wenig geeignet
ist, da im Wahlversuch gemäß ONR 191040 35% anfliegen. [7,2]
Oft verspüren auch Bewohner ein Bedürfnis nach Sichtschutz, sodass volle
Transparenz (z.B. auf Balkonen) sowieso unerwünscht ist. [2]
Reduktion der Spiegelwirkung:
 Bei der Beurteilung des Risikos von Vogelanprall aufgrund von Spiegelung
kommt
dem
Außenreflexionsgrad
der
Scheiben
und
der
Umgebungsgestaltung eine ganz entscheidende Rolle zu. Wenn Spiegelung
das Hauptproblem ist sind Markierungen nur bedingt geeignet, da die
Spiegelung die Wirkung der Markierungen reduziert. Damit Spiegelungen
gebrochen werden, müssen Markierungen unbedingt außen auf der
Anflugseite angebracht werden!
 Keine Spiegelfassaden in Nachbarschaft zu Bäumen oder Landschaften, die
für Vögel attraktiv sind!
 Heller Hintergrund reduziert die Spiegelwirkung
 Verwendung von entspiegeltem Glas (Außenreflexion <4%, hat eine
spezielle Beschichtung): ist nicht zu empfehlen, da die Wirksamkeit fraglich ist.
Zudem gibt es wenige Anwendungen, da meistens ein gewisser Sonnen- und
Wärmeschutz benötigt wird. Zusätzlich ist entspiegeltes Glas deutlich teurer
und kann Mehrkosten von 150 Euro/m² verursachen. [10, 17]
 Verwendung von reflexionsarmem Glas
5
-
Die Empfehlung Glas mit einer Außenreflexion max. 15% zu verwenden,
welche in der Broschüre „Vogelfreundliches Bauen mit Glas und Licht“
gegeben wird, ist nach Auskunft von Wilfried Doppler nicht abgesichert und
wird bei der Neuauflage der Broschüre wohl herausgenommen werden. [11]
Aus Erfahrungen der Naturschutzanwaltschaft geht hervor, dass es wenig
bringt, diese Empfehlung als Auflage in einem Bewilligungsverfahren
vorzuschreiben: in einer attraktiven Umgebung spiegelt sich auch bei einer
Außenreflexion von 15% je nach Tageszeit und Lichtverhältnissen noch zu
viel. Zudem beträgt der Außenreflexionsgrad bei normalen VSG Gläsern
schon 14%.
B) NACH dem Bau
Wo im Bewilligungsverfahren oder beim Bau auf Schutzvorkehrungen vergessen
wurde, ist das Setzen von wirksamen nachträglichen Maßnahmen oft teuer und
schwierig durchzusetzen. Paradebeispiel für Vorarlberg ist „die Welle“ im Bregenzer
Hafen.
 Anbringen von Klebefolien: begrenze Haltbarkeit (5-10 Jahre) [9]
Beispielhaft kann eine Werbeagentur beauftragt werden, ein Muster auf
Klebefolien auszuführen. Der Preis variiert je nach Motivwahl, Glasgröße etc.
aber ein beispielhafter Richtpreis ist ca. 50 Euro/m² netto
(Windschutzverglasung Terrasse Bella Nova). [16]
 Beschattungselemente: Gardinen, Flächenvorhänge, Raffstoren
 Perforierte Folien (z.B. Straßenbahn, Einkaufshäuser)
 Klebebänder: ABC Bird Tape: 10cm vertikal erreicht Kategorie B bedingt
wirksam, Doppelstreifen erreichen gute Wirksamkeit [14]
 Zusätzliche
betriebliche
Maßnahmen:
Jalousien
Abend/Ferienzeit/Wochenenden/Zwischensaison
(z.B.
Panoramarestaurants, Betriebsgebäude)
schließen
am
Liftstationen,
 Heller Hintergrund (z.B.: helle Gardinen) reduziert den Spiegeleffekt
 Bekleben mit Musterfolien (z.B. große Kreise - nur bedingt geeignet; es gilt
die Handflächenregel!) [11]
 Die in guter Absicht aufgeklebten Greifvogelsilhouetten sind leider
wirkungslos. Schon Konrad Lorenz hat nachgewiesen, dass sich ein
Greifvogel in der für ihn typischen Art und Weise bewegen muss, um von
seiner Beute als Feind erkannt zu werden. Aus diesem Grund lösen
Vogelaufkleber keine Fluchtreaktion aus, viele Vögel prallen unmittelbar neben
diesen Aufklebern gegen die Glasscheibe. [3]
6
-
-
Zu beachten:
Prinzipiell gilt: Beklebungen auf der 1. Ebene (Außenseite, an welcher die
Vögel anprallen) sind wirkungsvoller, weil auch die Spiegelungen
gebrochen werden.
Problematisch bei Gebäuden mit viel Glas ist eine grüne Umgebung. Hier die
Bäume nicht direkt vor Glasflächen pflanzen.
5. GRUNDSÄTZLICHES ZU MARKIERUNGEN [2]
 Die Wirksamkeit ist abhängig von Kontrast und Deckungsgrad.

Standard-Maße schwarzer Linien: Horizontal: min 3mm breiter Streifen bei
5cm Abstand, Vertikal: min 5mm breit, max. 10cm entfernt (bei anderen
Farben braucht es dickere Linien, siehe WUA-Folder „Vogelanprall an
Glasflächen- geprüfte Muster“)

bei Punktrastern min 25% Deckungsgrad (erst weniger ab
Punktdurchmesser 30mm), min 5mm Punktdurchmesser! Bei hellem
Hintergrund ist schwarz besser als weiß. [7]

Außenseitig angebrachte Markierungen sind wirkungsvoller, weil sie auch
Spiegelungen brechen (Siebdruck haltbarer als Folien)

Achtung: Starke Spiegelungen reduzieren die Wirkung einer Markierung.

Handflächenregel: Zwischenräume bei Mustern auf Glas müssen kleiner als
eine Handfläche (< 10-15 cm) sein um nicht den Eindruck einer
Durchflugsmöglichkeit zu erzeugen und um effektiv gegen Vogelanprall zu
wirken.

Es werden geprüfte Muster (Vogelschutzglas gemäß ONR 191040)
empfohlen (Faltblatt WUA , Broschüre Vogelfreundliches Bauen mit Glas und
Licht)
Zu beachten:
- Will man eine Markierung (Siebdruck) an einer Glasscheibe anbringen
lassen, so wird geraten, dies gleich im Glaswerk machen zu lassen. Es gibt
unter den Standardmustern mehrere wirksame Designs.
- Scheiben mit Muster werden den einen oder anderen im ersten Moment
vielleicht stören, ein Gewöhnungseffekt kann aber rasch einsetzen und v.a.
auch wenn verstanden wird, warum die Scheibe markiert ist (Akzeptanz
aufgrund Vogelschutz, eine gute Aufklärung hilft meist). [2] Beim Seerestaurant
in Rust am Neusiedlersee wurden die dünnen schwarzen Linien von
Besuchern nie als störend empfunden. [7]
7
6. VOGELSCHUTZGLAS – WAS IST DAS? [2]
Die führenden mit der Entwicklung von Maßnahmen zur Verhinderung von
Vogelanprall an Glasflächen befassten Ornithologen aus Deutschland, der Schweiz
und Österreich haben sich auf strenge Kriterien geeinigt. Nur wenn im detailliert
beschriebenen Wahlversuch 90 von 100 Vögeln das Hindernis erkennen, darf die
Bezeichnung „Vogelschutzglas gemäß ONR 191040“ verwendet werden. Die
ONR 191040 ist beim Österreichischen Normungsinstitut erhältlich.
Die besten Ergebnisse wurden bisher mit Gläsern erzielt, bei welchen unter 10% der
Fläche siebbedruckt wurde. Die Mehrkosten für vogelfreundliches
Siebdruckglas betragen ca. 50 Euro pro m². [10, 11]
Oft wird von Antragstellern „Vogelschutzglas“ vorgeschlagen. Hier muss genau
angeschaut werden, um welches Produkt es sich handelt. Es gibt von Herstellern als
Vogelschutzglas angepriesene schwach wirksame Gläser (Ornilux Mikado, UVProdukte). Letzteres erfüllt nicht die Anforderungen an ein echtes „Vogelschutzglas“
gemäß ONR 191040.
Das Glas Eckelt 4Bird V3048 soll z.B. bei den neuen Stationsgebäuden der
Flexenbahn und Albonabahn zum Einsatz kommen. Dieses Produkt wurde im
Prüfverfahren nach ONR 191040 als Vogelschutzglas der Kategorie A- hoch wirksam
ausgewiesen. Nach Angaben des zuständigen Architekten liegen die Mehrkosten zu
einem ESG bei ca. 100 Euro/m². Wahrscheinlich wäre es alternativ möglich in einem
Glaswerk nachzufragen wieviel der Siebdruck eines Glases mit z.B. dem gleichen
Muster kosten würde.
7. UV-PRODUKTE [2,12]
Die Funktionsweise von UV-Glas beruht angeblich auf dem „Spinnennetzeffekt“.
Dieser vermutet die Wahrnehmbarkeit von Spinnennetzen durch Vögel aufgrund von
UV-Licht absorbierenden und reflektierenden Substanzen. Manche Vögel können im
Gegensatz zum Menschen Licht auch im extrem kurzwelligen, ultravioletten Bereich
des Lichtspektrums wahrnehmen. Zahlreiche Vogelarten können nicht im UV-Bereich
sehen, es ist eher unwahrscheinlich, dass das UV-Sehen überhaupt eine wesentliche
Rolle bei der Orientierung im Flug spielt. [7]
Ornilux Mikado (Isolar Ornilux Mikado) ist nach den Ergebnissen im
Flugtunnelversuch (Martin Rössler, 2012) unter Ausschaltung von Spiegelungen vor
natürlichem Hintergrund schwach wirksam, allerdings reicht das Ergebnis nicht
entfernt an jenes hoch wirksamer Markierungen heran. Diese Einstufung beruht auf
der Prüfung des Glases auf Basis des ONR-Versuches. Nach ONR 191040 ist unter
„Vogelschutzglas“ eine (markierte) Scheibe zu verstehen, die im Wahlversuch von
nicht mehr als 10% (Anflugverhältnis von 10:90) der Vögel angeflogen wird. Der
beste erzielte Wert für das Produkt "Ornilux mikado" liegt bei 34:66. Das bedeutet,
dass Ornilux Mikado im Vergleich zu normalem Fensterglas das Anprallrisiko von
Vögeln nicht in entscheidendem Maße reduziert
8
Werden beim Versuch Spiegelungen von Himmel und Vegetation integriert, kann
keine Wirksamkeit mehr erkannt werden: Vögel unterscheiden die Ornilux-Scheibe
nicht von unmarkiertem Fensterglas. [4]
Für eine hohe Wirksamkeit von Bird Sticker und Bird Pen gibt es keine
wissenschaftlich fundierten Untersuchungen. Da sie aber wie Ornilux Mikado auch
auf der UV-Sichtigkeit von Vögeln basieren, werden sie nicht empfohlen. [7]
Die neueste Flugtunneluntersuchung von Floatglas, welches mit dem Bird Pen
markiert wurde, zeigt unter Einbeziehung von Spiegelungen (Markierung von
Fensterscheiben bei relativ dunklem Hintergrund; Inneres von Gebäuden) eine
geringe Wirkung. Bei einem Versuch mit Durchsicht (keine Spiegelung) konnte
keine Wirkung festgestellt werden. Von einer Empfehlung von Bird Pen muss also in
Kenntnis anderer Markierungsmöglichkeiten (geprüfte Muster nach ONR 191040)
abgeraten werden. [12]
8. WAS SIND EINDEUTIGE ANPRALLSPUREN ? [7, 15]
Eindeutige Spuren von Vogelanprall sind nur Abdrücke (Fettspuren, Puder), ein
Todfund), Federn und evtl. Blut (zu 99 % erleiden die Anprallopfer innere
Verletzungen). Der tote Vogel kann auch einige Meter weiter weg im Gebüsch liegen
oder bereits von einem Räuber geholt worden sein (z.B. Marder, Krähen). Prallen
kleine, leichte Vögel an, hinterlassen sie kaum Spuren.
Bei Vogelkotspuren muss man aufpassen, sie sind kein eindeutiges Anzeichen
für Vogelanprall. Oft findet man Kotspritzer direkt neben dem Abdruck, was
bedeutet, dass beim Anprall noch als Schockreaktion eine Verkotung stattfindet.
Andere Kotspuren stammen wohl eher von Vögeln, welche über der Glasfläche
sitzen und dann die Scheiben verkoten.
9. EMPFEHLUNGEN DER NATURSCHUTZANWALTSCHAFT
In den letzten Jahren wurde aufgrund der neuen Erkenntnisse zur Problematik
Vogelanprall an Glasflächen von der Naturschutzanwaltschaft das Thema auch bei
der Projektbeurteilung im Naturschutzverfahren berücksichtigt. Dabei erweisen sich
meist folgende Gebäude als problematisch:
-
Mehrgeschossige Wohnanlagen: Glasbrüstungen, Penthousewohnungen,
Terrassen, großzügige Fensterfronten, Windfang, Verbindungsgänge
Liftgebäude: meist große Glasfronten
Panoramarestaurants:
Aussichtsterrassen,
Windschutzverglasungen,
großzügige Fensterfronten
Es hat sich bewährt mit den Bauherren und Architekten in der Planungsphase
bzw. spätestens bei Projektvorlage zu sprechen und die Thematik zu erklären. Oft
können so unkompliziert Alternativen gefunden werden (z.B. anstelle von
transparenten Glasbrüstungen Lochbleche, Satiniertes Glas). Bei den Anzeigen
9
(vereinfachtes Verfahren) gemäß GNL (Gesetz über Naturschutz und
Landschaftsentwicklung) kann der Antragsteller eine Projektergänzung mit den
Änderungen einbringen. Im ordentlichen Bewilligungsverfahren können Auflagen
beantragt werden, die Verminderung des Risikos von Vogelanprall vorsehen,
beispielsweise:
 Sämtliche von
außen sichtbaren klaren, nicht gefärbten Glasflächen,
insbesondere verglaste Ecken und Korridore, durch die von außen durch
Gebäudeteile hindurch wiederum ein gegenüberliegender Außenbereich
sichtbar ist, sind flächig mit nach dem Stand der Technik wirksamen
Vogelaufprall-Schutzvorrichtungen (beispielsweise senkrechte, mindestens 2
cm breite, undurchsichtige Streifen im Abstand von höchstens 10 cm),
Gardinen oder anderen nach dem Stand der Technik geeigneten
Abwehrmaßnahmen zu versehen. Hinweis: Aufgeklebte Greifvogelsilhouetten
sind wirkungslos und daher nicht zulässig. [18]
 Die Verglasungen sind flächig mit nach dem Stand der Technik gegen
Vogelanprall wirksamem Vogelschutzglas der Kategorie A (beispielsweise
waagrechte, mindestens 3 mm breite, undurchsichtige Streifen im Abstand
von 28 mm) zu versehen.
 Über die genaue Art der Ausführung ist vor Baubeginn mit der
Naturschutzanwaltschaft Rücksprache zu halten. Hinweis: Aufgeklebte
Greifvogelsilhouetten und UV-reflektierendes Glas sind als nicht wirksam
einzustufen und daher nicht zulässig.
Zudem sollten Hinweise zur Bezugsquelle im Internet oder bei einem selbst
hinzugefügt werden. Eine Abklärung der gewählten Maßnahme ist meist auch
sinnvoll. Zwar bedeutet dies einen gewissen Mehraufwand, doch können damit
unwirksame, oft unverhältnismäßig teure Maßnahmen noch rechtzeitig abgewendet
werden.
Jedenfalls hat die Erfahrung gezeigt, dass es keinen Sinn macht
„Kompromisslösungen“, welche oft von Antragstellern angeboten werden,
zuzustimmen. Vorgeschlagen wurde z.B. die Verwendung von getöntem Glas
(schwach wirksam) oder Beobachtungen hinsichtlich Vogelanprall an den
Glasobjekten zu machen und dann erst Maßnahmen zu setzen (Beispiel Welle
Bregenz: es wurden immer noch keine Maßnahmen gesetzt). Hier wird das Problem
nur verschoben und nachträgliche Maßnahmen sind kaum durchzubringen.
Es ist wichtig, dass die Maßnahmen in die Planung integriert werden und beim
Bau gesetzt werden. Es ist besser, in den kritischen Fällen eine harte Linie zu
fahren und wenn erforderlich ein Vogelschutzglas der Kategorie A zu fordern, als sich
auf einen schwachen Kompromiss einzulassen. Zudem machen die Mehrkosten,
welche die Schutzmaßnahmen verursachen, meist nur einen Bruchteil der gesamten
Baukosten aus.
10
10.
INFORMATIONEN
Weiterführende Informationen und Folder:




Praxisfolder LUA Salzburg:
www.vogelanprall.lua-sbg.at
Schweizer Vogelwarte:
http://www.vogelwarte.ch/de/projekte/konflikte/voegel-und-glas.html
Geprüfte Muster, Wiener Umweltanwaltschaft (WUA):
http://wua-wien.at/images/stories/publikationen/wua-vogelanprall-muster.pdf
Broschüre „Vogelfreundliches Bauen mit Glas und Licht“ (Vogelwarte Sempach,
WUA):
http://www.vogelwarte.ch/de/projekte/publikationen.html?publicationId=686
Fachleute zum Thema Vogelanprall:




[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
11.
QUELLENANGABEN
[1] Salzburger Umweltanwaltschaft, online verfügbar unter:
http://www.lua-sbg.at/vogelanprall/wiki/index.php?title=Hauptseite
[2] Schmid, H., W. Doppler, D. Heynen & M. Rössler (2012): Vogelfreundliches Bauen mit Glas und Licht. 2.,
überarbeitete
Auflage.
Schweizerische
Vogelwarte
Sempach.
Online
Verfügbar
unter:
http://www.vogelwarte.ch/de/projekte/publikationen.html?publicationId=686
[3] Wiener Umweltanwaltschaft; online verfügbar unter:
http://wua-wien.at/naturschutz-und-stadtoekologie/vogelanprall-an-glasflaechen
[4] Wiener Umweltanwaltschaft, Prüfbericht "Vogelanprall an Glasflächen Ornilux Mikado",
online verfügbar unter: http://wua-wien.at/images/stories/publikationen/vogelanprall-ornilux-mikado.pdf
[5] Birdlife Österreich: Aktion „Stunde der Wintervögel“, Ergebnisse online verfügbar unter:
http://www.birdlife.at/publikationen/index.html
[6]
UMG
Umweltbüro
Grabher;
Homepage
Naturtipps
online
verfügbar
unter:
http://www.naturtipps.com/vogelschlag.html
[7] Schriftliche Auskunft von DI Wilfried Doppler (WUA).
[8] DI Wilfried Doppler, Referat anlässlich der 16. Saint-Gobain Glass Fachtagung, Linz, 7.3.2012
[9] Positionspapier „Vogelanprall an Glasflächen“ Tiroler Umweltanwaltschaft, online verfügbar unter:
http://www.tiroler-umweltanwaltschaft.gv.at/fileadmin/userdaten/dokumente/Naturschutz/positionen-derumweltanwaltschaft/Positionspapier_Vogelanprall_an_Glasflaechen.PDF
[10] Glasscheiben- Workshop der Naturschutzanwaltschaft bei der Firma MGT Mayer Glastechnik, Feldkirch am
22.4.2015, mündliche Auskunft Herr Walter Mayer
[11] Mündliche Auskunft von DI Wilfried Doppler, WUA.
[12] Wiener Umweltanwaltschaft, M. Rössler: Prüfbericht „Vogelanprall an Glasflächen BIRDPEN®“, Prüfung
nach ONR 191040 und WIN-Versuch im Flugtunnel II der Biologischen Station Hohenau-Ringelsdorf, April 2015.
Online
verfügbar
unter:
http://wua-wien.at/naturschutz-und-stadtoekologie/vogelanprall-anglasflaechen/pruefbericht-birdpen
[13] Vogelanprall an Glasflächen – geprüfte Muster, 3. Auflage 2014. Wiener Umweltanwaltschaft, online
verfügbar unter: http://wua-wien.at/images/stories/publikationen/wua-vogelanprall-muster.pdf
[14] Wiener Umweltanwaltschaft, Prüfbericht "Verminderung von Vogelanprall an Glasflächen - ABC Bird Tape
Tesa® 4593", Prüfung im Flugtunnel II der Biologischen Station Hohen-Ringelsdorf nach ONR 191040 und unter
Einbeziehung von Spiegelungen bei dunklem Hintergrund, DI Martin Rössler im Auftrag der WUA, April 2013
.Online verfügbar unter: http://wua-wien.at/images/stories/publikationen/vogelanprall-bird-tape-tesa.pdf
[15] Schriftliche Auskunft von Daniela Heynen, Vogelwarte Sempach.
[16] Schriftliche Auskunft Ing. Stefan Burtscher, Cubo Architektur und Baumanagement, Schruns.
[17] Mündliche Auskunft von Andreas Müller, Glas Müller Frastanz.
[18] Vorlage Auflage von Rochus Schertler.
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