Philipp Graf von und zu Egloffstein Rechtsanwalt 2 Wohnen plus: Die Ambulantisierung als Chance für die Weiterentwicklung von Altenpflegeheimen „Ambulantisierung aus Sicht des Heimrechts im Lichte des HGBP“ „Ambulantisierung aus Sicht des Heimrechts im Lichte des HGBP“ ©RAe Banff & Graf von und zu Egloffstein 3 Ausgangssituation (dargestellt für das Bundesland Hessen): Die entsprechende Wohn- und Versorgungsform ist gemäß dem Hessischen Gesetz über Betreuungs- und Pflegeleistungen (HGBP) als stationäre Einrichtung einzustufen (vgl. Vortrag von Hr. Dr. Börner) und bei den Verbrauchern als Zielgruppe handelt es sich zu einem wesentlichen Teil um pflegebedürftige Personen. Beachte zunächst als rechtliche Grundlage: „Ordnungsrecht ist nicht gleich Leistungsrecht!“ Das heißt Wenn die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen, kann die Leistungserbringung „ambulant“ erfolgen, auch wenn die entsprechende Wohn- und Versorgungsform gemäß HGBP als stationär einzustufen ist! „Ambulantisierung aus Sicht des Heimrechts im Lichte des HGBP“ ©RAe Banff & Graf von und zu Egloffstein 4 Rechtliche Anknüpfungspunkte der ambulanten Versorgung einer gemäß dem HGBP als stationär einzustufenden Einrichtung: § 12 HGBP (landesrechtliches Ordnungsrecht) und § 38 a SGB XI (bundesrechtliches Leistungsrecht). Ggf. Befreiungen über § 12 HGBP (Anknüpfung an den Vortrag von Hr. Dr. Börner): § 12 Abs. 1 Satz 1 HGBP: „die zuständige Behörde kann auf Antrag die Betreiberin oder den Betreiber von Anforderungen nach den §§ 9 bis 11 sowie nach den aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen befreien, insbesondere wenn 1. dies im Sinne der Erprobung neuer Betreuungs- und Wohnformen geboten erscheint, 2. die Erfüllung der Anforderungen und Betriebspflichten in anderer Weise gesichert ist oder die Konzeption sie nicht erforderlich macht und 3. hierdurch der Zweck des Gesetzes nicht gefährdet ist.“ „Ambulantisierung aus Sicht des Heimrechts im Lichte des HGBP“ ©RAe Banff & Graf von und zu Egloffstein 5 Rechtliche Anknüpfungspunkte der ambulanten Versorgung einer gemäß dem HGBP als stationär einzustufenden Einrichtung: § 12 Abs. 1 Satz 1 HGBP: „Insbesondere“, bedeutet: Keine enumerative Aufzählung mehr, es sind auch andere Fallvarianten möglich (Flexibilisierung) - neue, geeignete Wohn- und Versorgungsformen sind unserer Erfahrung nach gewünscht. Muss nicht mehr „dringend geboten“ sondern nur noch „geboten“ sein (wiederum Flexibilisierung). Behörde „kann“ bedeutet: Die Entscheidung muss nach pflichtgemäßem Ermessen erfolgen. Aber: Es gibt trotz Befreiungsmöglichkeiten natürlich Mindestanforderungen: so dürfen z.B. brandschutzrechtliche Aspekte nicht vernachlässigt werden (diese müssen zuvor mit der zuständigen Brandschutzbehörde abgestimmt werden). „Ambulantisierung aus Sicht des Heimrechts im Lichte des HGBP“ ©RAe Banff & Graf von und zu Egloffstein 6 Rechtliche Anknüpfungspunkte der ambulanten Versorgung einer gemäß dem HGBP als stationär einzustufenden Einrichtung: § 12 Abs. 1 Satz 2 HGBP: „Die Betreiberin oder der Betreiber ist auf Verlangen der zuständigen Behörde verpflichtet, die Erprobung neuer Betreuungs- und Wohnformen auf ihre oder seine Kosten wissenschaftlich begleiten und auswerten zu lassen.“ § 12 Abs. 2 Satz 1 HGBP: „Die Entscheidung der Behörde ergeht durch schriftlichen Verwaltungsakt und ist auf höchstens fünf Jahre zu befristen.“ „Ambulantisierung aus Sicht des Heimrechts im Lichte des HGBP“ ©RAe Banff & Graf von und zu Egloffstein 7 Rechtliche Anknüpfungspunkte der ambulanten Versorgung einer gemäß dem HGBP als stationär einzustufenden Einrichtung: § 12 Abs. 2 Satz 2 HGBP: „Die Befugnis zur Überwachung bleibt durch die Befreiung unberührt.“ Der Verbraucher erhält also auch weiterhin den „Schutz“ der HÄVS durch entsprechende Kontrollmöglichkeiten! § 12 Abs. 2 Satz 3 HGBP: „Wird im Rahmen der Überwachung ein ordnungsgemäßer Betrieb festgestellt, kann die Befreiung im Falle der Wiedererteilung unbefristet erfolgen.“ Anmerkung: Die Entscheidung über eine „Entfristung“ erfolgt durch Verwaltungsakt und hat unter Ausübung eines „pflichtgebundenen Ermessens“ durch die zuständige Behörde zu erfolgen. „Ambulantisierung aus Sicht des Heimrechts im Lichte des HGBP“ ©RAe Banff & Graf von und zu Egloffstein 8 Rechtliche Anknüpfungspunkte der ambulanten Versorgung einer gemäß dem HGBP als stationär einzustufenden Einrichtung: Rechtliche Basis: Landesrechtliches Ordnungsrecht (wie das HGBP) kann nicht gestatten, was nach leistungsrechtlichem Bundesrecht (wie das SGB XI) nicht zulässig ist! Vgl. z.B. § 38a SGB XI (leistungsrechtliches Bundesrecht)! Das heißt (Auch) § 38 a SGB XI ist vorliegend bei der Frage einer ambulanten Versorgung zu beachten. „Ambulantisierung aus Sicht des Heimrechts im Lichte des HGBP“ ©RAe Banff & Graf von und zu Egloffstein 9 Rechtliche Anknüpfungspunkte der ambulanten Versorgung einer gemäß dem HGBP als stationär einzustufenden Einrichtung: § 38 a Abs. 1 Ziffer 4 SGB XI: „Pflegebedürftige haben Anspruch auf …………….., wenn ……………… 4.) keine Versorgungsform vorliegt, in der der Anbieter der Wohngruppe oder ein Dritter den Pflegebedürftigen Leistungen anbietet oder gewährleistet, die dem im jeweiligen Rahmenvertrag nach § 75 Abs. 1 für vollstationäre Pflege vereinbarten Leistungsumfang weitgehend entsprechen; ….. .“ Die entsprechenden, nach dem Leistungsrecht zu beachtenden Kriterien sollten vom Leistungserbringer unbedingt mit den zuständigen Landesverbänden der Kassen und mit den zuständigen Sozialhilfeträgern abgestimmt werden. Das heißt Bei einer entsprechenden Versorgungs- und Wohnform sollte der potentielle Leistungserbringer unbedingt die zuständigen Ordnungsbehörden (in Hessen: insbesondere die HÄVS, aber auch z.B. die zuständige Brandschutzbehörde) als auch die vorgenannten, zuständigen Kostenträger für die jeweilige Konzeption „mit ins Boot holen“ . „Ambulantisierung aus Sicht des Heimrechts im Lichte des HGBP“ ©RAe Banff & Graf von und zu Egloffstein 10 Rechtliche Anknüpfungspunkte der ambulanten Versorgung einer gemäß dem HGBP als stationär einzustufenden Einrichtung: Fazit Das landesrechtliche „Heimrecht“ ist bei entsprechenden Wohn- und Versorgungsformen als landesrechtliches Ordnungsrecht zu beachten, leistungsrechtlich ist das entsprechend einschlägige Bundesrecht (z.B. SGB XI) zu beachten. Jedenfalls werden die Verbraucher auch in entsprechenden Konstellationen von den zuständigen Behörden geschützt. „Ambulantisierung aus Sicht des Heimrechts im Lichte des HGBP“ ©RAe Banff & Graf von und zu Egloffstein 11 Weitere rechtliche Anknüpfungspunkte der ambulanten Versorgung einer gemäß dem HGBP als stationär einzustufenden Einrichtung: BEACHTE Bei einer Einrichtung, welche nach dem HGBP als stationäre Einrichtung einzustufen ist, wird nahezu immer das Wohnund Betreuungsvertragsgesetz (WBVG) Anwendung finden. => Daher: Komplexe Vorschriften des WBVG beachten, z.B. § 8 Abs. 4 WBVG Versorgungsausschluss, § 9 WBVG Entgelterhöhung, § 12 WBVG Kündigungseinschränkung bei Kündigung des Unternehmers, etc. „Ambulantisierung aus Sicht des Heimrechts im Lichte des HGBP“ ©RAe Banff & Graf von und zu Egloffstein 12 ACHTUNG Vorliegend handelt es sich lediglich um grundlegende und allgemeine juristische Ausführungen. Sie ersetzen in keinem Fall eine zwingend notwendige, juristische Beratung! „Ambulantisierung aus Sicht des Heimrechts im Lichte des HGBP“ ©RAe Banff & Graf von und zu Egloffstein 13 Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! „Ambulantisierung aus Sicht des Heimrechts im Lichte des HGBP“ ©RAe Banff & Graf von und zu Egloffstein Färbgasse 6 35510 Butzbach Fon: 0 60 33 / 97 32 - 0 Fax: 0 60 33 / 97 32 - 29 E-Mail: [email protected]
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