DO 18.6.2015 | 20.00 UHR KAMMERMUSIKSAAL ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– KLAVIER-DUO ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– Hazel Beh, Zhi-Hong Chiew, Lifeng Liu, Shih-Yu Tang Klavier Franz Lang, Philipp Becker Schlagzeug Prof. Pi-hsien Chen Einstudierung Igor Strawinsky 1882 – 1971 Concerto pour piano suivi d’orchestre d’harmonie (1922/23, revidiert 1950) à Madame Koussevitzky. Réduction pour deux piano par l’ auteur. Largo. Allegro Larghissimo Allegro Hazel Beh, Shih-Yu Tang Klavier György Ligeti 1923 – 2006 Monument – Selbstportrait – Bewegung. Drei Stücke für zwei Klaviere (1976) Monument Selbstportrait mit Reich und Riley (und Chopin ist auch dabei) In zart fließender Bewegung Zhi-Hong Chiew, Hazel Beh Klavier PAU S E Béla Bartók 1881 – 1945 Sonate für zwei Klaviere und Schlagzeuger (1937) Assai lento. Allegro molto Lento, ma non troppo Allegro non troppo Lifeng Liu, Shih-Yu Tang Klavier Franz Lang, Philipp Becker Schlagzeug In Mittelpunkt des heutigen Abends steht György Ligetis Monument (1976). Im Jahr 1989 sagte Ligeti in einem Gespräch »...Die Tradition der Hemiolenbildung ist zwar nur ein Teilaspekt meiner Arbeit, aber sie spielt sicherlich eine große Rolle vor allem in meiner Klaviermusik... nicht die Hemiole an sich, sondern eine Konzeption der generalisierten Hemiole. Die traditionelle Hemiolenbildung entstand im Spätmittelalter aus der Mensuralnotation. Als Zweideutigkeit zwischen einem Zweier- und Dreiermetrum nutzte sie die Möglichkeit vom sogenannten »Perfectum« und »Imperfectum« und deren Unterteilung – das heißt, man konnte eine Longa in zwei oder drei Breven unterteilen, eine Brevis in zwei oder drei Semibreven – wobei die Dreierteilung als perfekt galt. Das führt zu einer bestimmten metrischen Zweideutigkeit, und zwar einer Artikulation in zweimal drei Werten und dreimal zwei Werten. Als Beispiel finden wir in den barocken Tänzen die Courante, wie Bach sie in den Englischen Suiten verwendet hat. Wesentlich ist nicht der Wechsel zwischen zweimal drei und dreimal zwei, sondern die Gleichzeitigkeit dieser beiden Artikulationen. Das führt zu einer riesigen Blüte in der Klaviermusik von Chopin, Schumann, Liszt und Brahms bis hin zu Debussy, wobei die Hemiole einen der wesentlichen rhythmischen Reize ausmacht. Interessanterweise gibt es sie bei Bartók nicht.« In dieser Zwei-Klaviere-Komposition kann Ligeti seine Idee, mehrere Schichten zu überlagern, bestens realisieren. Im ersten Satz erklingt gleichzeitig das »Perfectum« (Dreier) und das »Imperfectum« (Zweier) von den gegeneinander spielenden Pianisten. Am Anfang des zweiten Satzes wird das gleiche Material, das aus unregelmäßigen Tonfolgen, die durch stumm gedrückten Tasten erzeugt werden, von den zwei Pianisten verschoben gespielt; so entsteht eine feine Textur aus den Überlagerungen und eine Ungleichzeitigkeit. Es folgt dann eine überraschende Virtuosität des synchronen Spiels. Im dritten Satz erklingen feine Melodien, – auch die von Ligeti geschätzte »Lamenti« – durch Hervorhebungen einzelner Töne aus den zwei übereinander geschichteten Tonlinien – »in zart fließender Bewegung«. Unser Ohr nimmt die Überlagerung der Schichten wahr: Vordergrund, Mitte und Hintergrund. Referenzen zu der Musik des amerikanischen Komponisten Colon Nancarow werden deutlich, der für player-piano schrieb. Im Geburtsjahr Ligetis (1923) komponierte Igor Strawinsky das Concerto pour piano suivi d’orchestre d’harmonie. In den 20er Jahren lernte Strawinsky auch seine Vera de Bosset, die Frau von Soudekine kennen, die er erst 18 Jahre später heiraten konnte. Und er trat wieder in die russisch-orthodoxe Kirche ein. In dieser Zeit komponierte Strawinsky vermehrt Werke fürs Klavier, auch weil sein Sohn Swiatoslav als Pianist seine Kompositionen aufführte; so entstanden zum Beispiel die Klaviersonate (1924), die Serenade en la (1926) und Capriccio für Klavier und Orchester (1929). Für seinen Sohn und sich selbst arrangierte Strawinsky auch Orchesterwerke für zwei Klaviere oder zu vier Händen. Zu dem zweiten Satz mit der Tempobezeichnung Largo schrieb Susan Sonntag einmal: »...so windet sich das Largo scheinbar ziellos dahin, bewegt sich im Kreise und macht mancherlei Kehrtwendungen (...) Das Stück hat weder Bewegung noch Richtung; es kennt weder Erfüllung noch Klimax...« Eine besondere Aufmerksamkeit verdienen die zwei Kadenzen in diesem Satz; wie kann man die Kadenz vom Solo unterscheiden? 1950 revidierte Igor Strawinsky seine Zwei-Klavierfassung und nannte den zweiten Satz um in LARGHISSIMO. Béla Bartók hatte Strawinskys »Concerto für Klavier und Bläser« in den 1920er Jahren gehört und bemerkte in einem Text, dass der Komponist sich wenig mit der Klassischen Musik auseinandergesetzt habe. Die Sonate für zwei Klaviere und Schlagzeug (1937) ist ein Auftragswerk der Paul-Sacher-Stiftung, sie wurde vom Komponisten, seiner zweiten Frau Ditta Pásztory, Fritz Schiesser und Phillip Rühlich am 16. Januar 1938 in Basel uraufgeführt. In diesem Werk arbeitete Bartók daran, die ungarische Volksmusik herauszugeben. In dieser Zeit verwendete er gern bulgarische Rhythmen wie 3+3+3, 2+2+2+3, 3+2+2+2, 4+2+3, 3+2+4 gleichzeitig und aufeinanderfolgend. Von jeher war Bartók intensiv mit Fragen der Proportion, der Asymmetrie und des Goldenen Schnitts beschäftigt. Sein Interesse nach den »Wurzeln« der Musik zu forschen, Musik zu erkunden, die einfache Menschen für sich erfinden, ist zukunftsweisend und beeinflusste nachfolgende Komponistengenerationen. 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