AUSSTELLUNG kino.MAGiE V`15 AUS

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KINO.prOgramm Aus Fleisch und Blut
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Flammende Herzen
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Der Tag des Malers
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Necronomicon
Gerhard Heinz
EDiToRiAL
kino.MAGAZin
WELTBiLDERMASCHinEn | ERNST KIENINGER
iM SCHATTEn DES kinoS | PETER WEIbEL
iCH MACHE DiE WinDELn DES FiLMS EIN GESPRäch mIT WERNER NEKES | DANIEL KOThENSchULTE
AUSTRiAn PULP GENRE-KINO IN ROT-WEISS-ROT | PAUL POET
inTERviEW GERHARD HEinZ | AL bIRD SPUTNIK
PoRTRäT ERiC PLESkoW | GAbI FLOSSmANN
DAS ALSo WAR DES PUDELS kERn EIN NAchRUF | TOmáš mIKESKA
FiLM noiR RELoADED DIE SchATTEN DER mODERNE | FRANK STERN
kino.PRoGRAMM
RETRoSPEkTivE WERnER nEkES
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DAS MUSEUM GEHT inS kino
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kino.PAnoRAMA
AkTUELLES
FiLMARCHiv AUSTRiA CLUB
PRoGRAMMüBERSiCHT
EDiToRiAL
ERnST kiEninGER
MEDIENINHABER UND HERAUSGEBER Filmarchiv Austria, Obere Augartenstraße 1, 1020 Wien REDAKTION Larissa Bainschab, Silvia Breuss, Ernst Kieninger,
Tomáš Mikeska BILDREDAKTION Aldijana Bečirovič BILDBEARBEITUNG Martin Benner TEXTE Silvia Breuss, Gabi Flossmann, Ernst Kieninger, Daniel Kothenschulte, Tomáš Mikeska, Paul Poet, Al Bird Sputnik, Frank Stern, Peter Weibel KURATOR RETROSPEKTIVE AUS FLEISCH UND BLUT Paul Poet KURATOREN
RETROSPEKTIVE PETER KERN Ario Marzban, Tomáš Mikeska KURATOR RETROSPEKTIVE WERNER NEKES Ursula Richert KOPIENBESCHAFFUNG Raimund Fritz LEKTORAT Silvia Breuss, Doris Kieninger, Peter Spiegel COVERFOTO Uliisses GRAFIK Perndl+Co DRUCK Wograndl, Mattersburg ADRESSE KINO,
Programmzeitschrift des Filmarchiv Austria, Obere Augartenstraße 1, 1020 Wien, Tel: 01 216 13 00, [email protected], www.filmarchiv.at DANK Archiv Ronald
Iraschek | Walter Bannert | Franz Berner, Wr. Neustadt | Bundesarchiv-Filmarchiv, Berlin | Diagonale | Filmladen, Wien (Doris Sumereder) | Filmmuseum München
(Stefan Drössler, Claudia Engelhardt, Stephanie Hausmann) | Stefan Grissemann | Walter Gröbchen | Herzog Video, Garching an der Alz (Marcus Otto) | Valentin
Hitz, Wien | Anneliese Holles, Berlin | Percy Hoven | Jupiter-Film, Neulengbach (Hans-Peter Blechinger) | Marco Kalantari, Tokyo | Günther Köpf, St. Pölten | Daniel Kothenschulte | Ulrike Krasa, Wien | Erwin Leder, Wien | El Moshinszky, Wien | Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, Wiesbaden (Gudrun Weiss, Michaela Seim) |
Martin Nechvatal, Wien | Werner Nekes | On Screen Film- und Videoproduktion, Wien (Manica Parii) | ORF Wien (Dagmar Fleischhacker) | Österreichisches Filmmuseum, Wien (Claudia Siefen) | Helmuth Pfandler, Spanien | Paul Poet, Wien | Polyfilm Filmverleih, Wien (Stefanie Stejskal) | Andreas Prochaska, Wien | Seitz
GmbH Filmproduktion, München (Corinna Zumsande) | Sixpackfilm, Wien (Gerald Weber) | Stadtkino Filmverleih, Wien (Georg Horvath) | Michael Syneck, Wien |
Verein zur Wahrung und Förderung des Gesamtwerks von Carl Andersen | Werkstattkino, München (Wolfgang Bihlmeir)
Zwei Gassen weiter und 120 Jahre später wiederholt sich
diese Bewegung, diesmal trifft der verewigte Augen-Blick
des jungen Mannes aus 1896 auf die Besucher der ersten
Ausstellung des neuen Kinokulturhauses: KINO.MAGIE! Die
letzte Station der Ausstellung präsentiert den ersten Wiener Lumière-Film nochmals als serielle Einzelkader-Abfolge
– ausgerollt in einer 360-Grad-Installation. Sichtbar wird
der Raum zwischen den Bewegungsphasen, der direkt auf
die Kernfrage der Ausstellung verweist: Was geschah wirklich zwischen den Bildern? Werner Nekes hat – vom experimentellen Film kommend – Antworten in den vielfach schon
versunkenen Bilderwelten der Mediengeschichte gefunden.
Kino entsteht immer im Kopf, so seine These – es ist eine
Wahrnehmungskonstruktion, an der sich Schausteller, Wissenschaftler, Künstler und Geschäftsleute mit immer phantastischer und trickreicher werdenden Weltbildermaschinen abarbeiteten. Werner Nekes hat sich dieser kinoarchäologischen Grundlagenarbeit verschrieben und über
die Jahrzehnte auf Flohmärkten, bei Sammlern oder in verschwiegenen Privatkollektionen Leitfossilien einer Jahrhunderte alten Mediengeschichte zusammengetragen, die
im Kinokulturhaus nun im kongenialen Ambiente erstmals
in Wien präsentiert werden.
Ab 6. Oktober durchfluten zauberhafte Schattenspiele, magische Laternenprojektionen und verblüffende präkinematografische Laufbilder die rund um den Nucleus des alten
Kinosaals entstandenen neuen Schauräume des Hauses
und entwerfen eine Geschichte, die das Kino hier letztlich
über sich selbst erzählt. Das METRO Kinokulturhaus wird
dabei zu einem einzigen großen Projektionsort für das
Spiel mit den Bildern. In das Kino hinein und aus dem Kino
heraus strahlen historische Laufbildmanifeste, die im Kleinen
immer auch auf eine Kulturgeschichte des Sehens verweisen. Die Verbindung von Kino- und Ausstellungsräumen öffnet neue kuratorische Handlungsfelder. Christoff Wiesingers
Installation FRAMES denkt die Muybridge’schen Serienfotografien weiter und löst das Raum/Zeit-Kontinuum des
Films in einer raumgreifenden Wundertrommel auf.
In seinem Kinorotor lässt sich nach vorne und gleichzeitig
zurückblicken, bilden sich Vergangenheit, Gegenwart und
Zukunft gleichzeitig ab. Peter Weibels Intervention IM
SCHATTEN DES KINOS löst schließlich das Dispositiv zwischen Projektions- und Zuschauerraum endgültig auf. Filmbänder laufen aus den Projektoren hinaus durch die Stockwerke des Kinokulturhauses. Am laufenden Band verbindet
diese begehbare Filmprojektion die Themen der Ausstellung und legt die Grammatik der entscheidenden Kulturtechnik der Moderne offen.
Grenzen sprengendes Kino zeigt das METRO Kinokulturhaus
auch in der großen Filmarchiv-Retrospektive zur Viennale
2015. AUS FLEISCH UND BLUT, kuratiert von Paul Poet, ist
eine aufregende Reise durch das österreichische GenreKino. Mit oft bescheidenen Mitteln und bisweilen selbstzerstörerischem Einsatz wurden kraftvolle Bilder, Kinematografisches auf der Höhe der Zeit aus dem Boden gestampft,
das beinahe schon wieder vergessen war. Erst in die Tiefe
gehende Grabungen haben hier hinter rauen Oberflächen
einige bemerkenswerte Perlen eines exzessiven, mit vollem
Körpereinsatz geschaffenen Kinos zu Tage befördert, das
schöne Belege dafür liefert, welche Entdeckungen in den
oft fließenden Übergangszonen zwischen Kunst und Kommerz immer noch zu machen sind.
Mit diesem Oktober-Programm nimmt das Filmarchiv
Austria den Betrieb des neuen Hauses in seiner ganzen
Bandbreite auf und skizziert erste Leitlinien für die künftige Ausrichtung. Vor allem dank des außerordentlichen Engagements aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wird –
rechtzeitig zum 60. Geburtstag der Institution – damit auch
ein alter Traum in Erfüllung gehen: mitten im Ersten Österreichs erstes veritables Ausstellungshaus für das Kino zu
schaffen.
Wir freuen uns auf Ihren Besuch!
EDiToRiAL
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s fängt an unheimlich zu werden«, notierte das Illustrierte Wiener Extrablatt anlässlich der ersten Filmvorstellungen der Gebrüder Lumière in Wien – am 27. März
1896 ereignete sich der Urknall des Kinos in Österreich in
der Krugerstraße/Ecke Kärntnerstraße. Vom zischenden
Kohlenbogenlicht erleuchtet, flackerten die ersten »lebenden Photographien« über die Leinwand. Direkt vor dem
Eingang des Cinématographé postierten die Lumières ihre
Kamera und filmten das Straßenleben, ein erstaunter Passant dreht sich um und blickt direkt in das Objektiv, nicht
ahnend, soeben Zeuge der legendären Anfänge eines Massenmediums geworden zu sein.
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Wienerinnen
WELTBiLDERMASCHinEn.
zUR AUSSTELLUNG KINO.mAGIE
Im mETRO KINOKULTURhAUS
ERnST kiEninGER
KINO.mAGAzIN WELTBiLDERMASCHinEn
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Die Geschichte dieser Weltbildermaschinen hat der Filmemacher und Sammler Werner Nekes zunächst aus seiner
Filmarbeit heraus zu erkunden begonnen. Ausgehend von
der These, dass sich Kino als Ereignis zwischen den Bildern
erst im Kopf der Zuseher realisiert, hat er die kulturhistorischen Fährten dieser oft verborgenen Zwischenräume der
Wahrnehmung aufgenommen und nach und nach einen faszinierenden Kosmos der medialen Weltaneignung erschlossen. Nekes begann wie besessen diese Weltbildermaschinen zu sammeln – als Artefakte teilweise auch versunkener
Wirklichkeitskonstruktionen, Leitfossilien einer allzuoft rein
teleologisch als Pre-Cinema-Ära gedeuteten Mediengeschichte legt Nekes die unglaubliche Vielfalt und die Verzweigungen der apparativen Welterzählungen offen und
skizziert für die im Hier und Heute der digital verflüssigten,
global über smarte Bildschirmoberflächen zirkulierenden
Bilderströme Umrisse eines historischen Fundaments.
Ausstellungsräume erobern, diese kleinen Manifeste
der analogen Weltaneignung ihre geradezu magisch
erscheinenden Bildentwürfe in engster Nähe zum Dispositiv Kino entfalten, unterstreichen auch die im neuen Haus möglichen kuratorischen Verbindungslinien
zwischen den Film- und Ausstellungsräumen.
LAUFBiLDUnivERSUM nEkES
Die Sammlung Nekes zählt heute zu den weltweit bedeutendsten Kollektionen der Mediengeschichte; damit lässt
sich trefflich eine Erzählung über das Kino beginnen, eine
Erzählung, welche die Grundgrammatik des über Bildermaschinen vermittelten Sehens ebenso umfasst, wie eine Genealogie der damit verbundenen Wahrnehmungsveränderung. KINO.MAGIE – Was geschah wirklich zwischen den
Bildern? haben wir die Eröffnungsausstellung im Metro Kinokulturhaus benannt. Eine Ausstellung, welche die Basiscodes des Prinzips Film offenlegt und nahezu alle Räume
durchdringt, erscheint uns ideal, um die Programmatik des
Metro Kinokulturhauses, und vor allem auch die hier über
die Grenzen der Leinwand hinaus entstandenen Spielräume
kongenial in Szene zu setzen. Dass diese wunderbar einfachen und verblüffend funktionalen Basis-Konstruktionen
der Bild-Vermittlung nun aus dem Kino heraus die neuen
Was geschah wirklich zwischen den Bildern? Werner
Nekes hat seine Kinogeschichte von hinten aufgerollt,
der bis heute größte Triumph der Laufbildtechnologie,
die Erfindung des Films, bildet den Endpunkt der Ausstellung und gleichzeitig den Ausgangspunkt der Fragestellung. Von den ersten Filmaufnahmen der Gebrüder Lumière,
deren Cinématographé 1896 auch in Wien debütierte, wirft
die Ausstellung weite und großzügige Blicke zurück, fragt
nach den Anfängen der Medien im weitesten Sinn, den frühen Formen der Schaffung von Bildern als konzentrierte
Wirklichkeitsausschnitte. Als der berühmte Zug der
Lumières auf der Leinwand die ersten Zuschauer verblüffte, war das Grunddispositiv der Projektion schon lange eingeübt, der Status des Publikums in einem »technischen
Theater« schon in den Jahrhunderten davor von Laternamagica-Schaustellern festgelegt worden. Im Unterschied zu
den darstellenden Künsten und der Schauspielerei berufen
sich Camera obscura und alle folgenden Medien nämlich
auf ein naturwissenschaftlich gewonnenes Weltbild,
welches die Verhältnisse von Subjekt und Objekt neu
definierten. Pre-Cinema- und Theatergeschichte lassen
sich aus dem gemeinsamen Strang mimetischer Kultur
nicht immer trennscharf sondieren, vielmehr bestehen
massive Querverbindungen und Überlagerungen, die
erst mit dem Geist der Aufklärung und der Trennung
von Natur- und Kunstgeschichte deutlich auseinandergelegt wurden. Die Kinematographie und danach vielleicht noch das Fernsehen und das Internet waren die
letzten großen Manifeste des maschinellen Bildes, auf
dem Weg dorthin arbeiteten sich Generationen an Wissenschaftlern, Künstlern, Schaustellern und Geschäftsleuten
am Topos der Wirklichkeitsübertragung ab.
In der Ausstellung KINO.MAGIE wird diese kinoarchäologische Spurenlese zu einer sinnlichen Entdeckungsreise zur
den Ursprungstechnologien von iPhone und Co. – in allen
Bereichen zeigt die Schau die ewige Faszination des Sehens
im Dunkeln, demonstriert, wie trickreiche Apparate Abbilder schufen, die bald beanspruchten, das Leben selbst zu
sein. Wie die Zuschauer von illusionistischen Technologien
in andere Welt- und Wahrnehmungshorizonte versenkt wurden, wie man andererseits mit den Bilderwelten aber auch
einen immer perfekteren »Überblick« zu haben glaubte,
KINO.mAGAzIN WELTBiLDERMASCHinEn
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as geschah wirklich zwischen den Bildern?, fragt
Werner Nekes 1986 in seiner gleichnamigen Kinodokumentation zur Frühgeschichte der optischen Medien und lenkt damit den Blick auf ein ebenso faszinierendes
wie folgenreiches Kapitel der Kulturgeschichte. Zwischen
den Bildern, der Welt und ihrer unmittelbaren sinnlichen
Erfahrung intervenieren seit der frühen Neuzeit Apparaturen der Übersetzung, Vermittlung und Verschiebung des
vermeintlich absoluten Augenscheins. Schon in den Jahrhunderte alten Schattenspielen, vor allem aber mit der Erfindung der Camera obscura teilt sich die Welt in ein Vorund Abbild, zwischen den Bildern entstanden neue
Raum- und Zeitordnungen.
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Was geschah wirklich zwischen den Bildern? Im Kino fasziniert bis heute der magische Zwischenraum, das Filmerlebnis, das noch auf der Straße nachwirkt, oft viele Tage, Wochen, unauslöschlich. In den virtuellen Bilderwelten des
Smartphone-Alltags konstituieren sich zusehends Parallelwelten mit fließenden Überblendungen. Zwischen den Bildern steht ein handflächengroßer Schirm, der alle Realitätserfahrung in sich verschlingt und in weltweite
Daten- (und Waren-)Ströme verwandelt.
KINO.MAGIE ruft verloren gegangene Welterfahrungshorizonte wieder in Erinnerung, zeigt die historischen Bildmedien und Abbildungssysteme in ihrem Entstehungs- und Wirklichkeitszusammenhang. Indem die Sehapparaturen immer
auch etwas von der Idee der allgemeinen Wahrnehmungsorganisation enthalten bzw. diese sogar mitunter ideologiestiftend mitbestimmen, lassen sich ganz überraschende
Assoziationen zu weitläufigen Phänomenen der Sozialund Geistesgeschichte spannen.
So wird die Erfindung der Camera Obscura erst im Zusammenhang mit der erstarkten Astronomie und der »Objektivierung« des Blicks mit aufklärerischem Sinn erfüllt. Die
illusionistischen Guckkastenszenerien ebenso wie das Kulissentheater führen das Programm der Perspektive und
des mathematisch »richtigen Sehens« zu massenhafter
Verbreitung. Die mit Hilfe der Topographie, später Photographie produzierten Weltbilder bilden die durch neue Verkehrstechnologien verfügbar gewordene Ferne in mediale
Reisesurrogate ab und antizipieren bzw. stimulieren die
touristische Welteroberung. Die Erfindung des Kinos war
wiederum nicht nur das Kondensat einer längeren Entwicklungsgeschichte von Apparaturen zur Erzeugung von
bewegten Bildern, sondern steht auch in engem Zusammenhang mit der beinahe gleichzeitigen Entdeckung der
Radiowellen und Röntgenstrahlen. All diese Errungenschaften befördern den Glauben an die Allmacht menschlicher
Naturbeherrschung, demontieren aber gleichzeitig das Bewusstsein einer überschaubaren Welt zugunsten einer verborgenen, »zweiten« Wirklichkeit jenseits der unmittelbaren Erfahrung. Zwischen den Bildern war immer Platz für
Verwandlungen, Überraschungen, Illusionen und Täuschungen, ein erstaunlicher Teil der Sammlung zeugt von dieser
»Subgeschichte« der Medien.
KINO.mAGAzIN WELTBiLDERMASCHinEn
Eine andere Dimension dieser kulturhistorischen Erzählung
ist die anhaltende Strahlkraft, die sie auf Film- und Medienkünstler aber auch auf die Kulturwissenschaften bis heute
ausübt. Als Resonanz auf KINO.MAGIE wurden Medienkünstler, mit der Gestaltung von visuellen Interventionen
betraut. Christoff Wiesinger hat eine kurze Filmsequenz als
chronophotographische Rauminstallation für eine mehrstöckige Wundertrommel aufbereitet. In FRAMES, einem
rundum begehbaren Laufbild-Zylinder, wird das Basisprinzip
Kino zur Kenntlichkeit dekonstruiert. Auf der Suche nach
der künstlerischen Darstellung des Augenblicks, erkundet
Wiesinger neue Dimensionen zwischen den Bildern. Im
Kinorotor lässt sich nach vorne und gleichzeitig zurückblicken, bilden sich die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gleichzeitig ab.
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Das Spiel mit der Phänomenologie und Formenvielfalt der
historischen Weltbildmaschinen nimmt die Medienkünstlerin und Filmarchiv-Mitarbeiterin Katharina Gruber auf. Mit
Installationen wie einem interaktiven Schattentheater (in
Zusammenarbeit mit Sarah Howorka), einer Animation der
Muybridgeschen Reihenphotographien oder auch einer in
Zusammenarbeit mit Filmarchiv-Mitarbeiter Ario Marzban
in eine 360-Grad-Projektion ausgerollte serielle Einzelkader-Präsentation der ersten Lumière-Filme auf Wiener Boden realisiert sie die Fragen nach der Wirklichkeit der Bilder
in digitalen Formatierungen. Was zwischen den Bildern geschah, zeigt Katharina Gruber in einem faszinierenden digitalen Bewegtbildgemälde: der Raum zwischen zwei Bilder-
phasen füllt sich mit Elementen des dabei realisierten
Bewegungsphänomens – und visualisiert damit die Grundfrage dieser Ausstellung.
In der eigens für das METRO von Peter Weibel gestalteten
Installation IM SCHATTEN DES KINOS laufen 35mm-Filmschleifen durch die Stockwerke des Kinokulturhauses zurück in die Pre-Cinema-Ära. Pure Laufbilder werden mit
den Materialien des Kinos in ein neues Licht gestellt. Peter
Weibel spielt mit dem Werkzeugkasten des Kinos, Zelluloid,
Projektor, Licht und Leinwand, verwandelt das Stiegenhaus
in eine begehbare Projektionsmaschine und reflektiert dabei das grundsätzliche Verhältnis des Kinos zu den Dimensionen Raum und Zeit. Am Ende ist wieder der Anfang, die
Loops von Peter Weibels IM SCHATTEN DES KINOS verbinden und verknüpfen die Themen von KINO.MAGIE am laufenden Band.
Das Filmarchiv Austria dankt den vielen Unterstützern und
Ermöglichern des Projektes KINO.MAGIE, insbesondere
Werner Nekes und Ursula Richert für die erstmalige Möglichkeit der Sammlungspräsentation in Wien, Christoff
Wiesinger und Peter Weibel für die eindrucksvollen Installationen, sowie Florian Würrer und Sarah Howorka, die mit
leidenschaftlichem Engagement zur Realisierung der
Installationen beigetragen haben.
Für die kongeniale Umsetzung eines Raumkonzepts konnte
der renommierte Architekt und bekennende Cineast Gregor
Eichinger gewonnen werden. Auf den vom Büro Eichinger
Offices unter der Projektleitung von Anna Stürzenbecher
entstandenen fast schwebend erscheinenden leichten Präsentationsmöbeln leuchten die kinomagischen Objekte der
Sammlung Nekes besonders intensiv.
Mein besonderer Dank gilt allen MitarbeiterInnen des Filmarchiv Austria, die in einer großartigen Teamleistung entscheidend zur Verwirklichung dieser Ausstellung – und
eines alten Traumes beigetragen haben.
AUSSTELLUNG KINO.MAGIE Was geschah wirklich zwischen
den Bildern? 06.10.2015 – 30.03.2016 | Öffnungszeiten: MO – FR
14:00 – 21:00 Uhr | SA, SO, Feiertage 11:00 – 21:00 Uhr
Zur Ausstellung erscheint ein reichhaltig illustrierter Katalog mit
16 internationalen Beiträgen, herausgegeben von Werner Nekes
und Ernst Kieninger.
KINO.mAGAzIN WELTBiLDERMASCHinEn
beleuchtet KINO.MAGIE ebenso wie die immer weiter voranschreitende Technisierung der Bilder und die dann mit
dem Kino systematisch organisierte visuelle Industrialisierung von Raum und Zeit.
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iM SCHATTEn
DES kinoS
FILmINSTALLATION
1966/2015
PETER WEiBEL
KINO.mAGAzIN iM SCHATTEn DES kinoS
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Dieses expandierte Kino sollte durch die Variation der verwendeten Materialien nicht nur die Wahrnehmung verändern, sondern auch die Wirklichkeit und das Bewusstsein
erweitern. 1966 war der Höhepunkt dieses Ideenlabors,
aber erst ab 1967 hatte ich sporadisch die Möglichkeit, diese Ideen umzusetzen. Im Jänner 1967 konnte ich »Nivea«
aufführen, ein Filmereignis, bei dem ich kein Zelluloid verwendete. Da Film mit Zelluloid identifiziert wird, nannte
Ernst Schmidt jr. die Reihe dieser Filme »Film ohne Film«.
Am 23. Mai 1968 konnte ich im Rahmen einer Studententagung im Stift Melk einige dieser »Filme ohne Film« verwirklichen, z.B. »Armes Kino«. Der Schatten von zufällig
vorübergehenden Passanten in einem verdunkelten Saal
wurde von einem Schweinwerfer an die Wand geworfen. Ich
selbst, der Filmemacher, habe mit Klebeband diese Schatten fixiert. Nach einiger Zeit entstand ein Liniengeflecht
auf der Leinwand, das den Film darstellte. Diese Vorführung erinnert klarerweise an die Legende vom Ursprung
der Malerei. Plinius der Ältere beschreibt in seiner Naturalis
Historia, der ältesten überlieferten Enzyklopädie des antiken Wissens, den Ursprung der Bildkunst und insbesondere
des Porträts im projizierten Schattenbild. Die Malerei sei
erfunden worden, als der Schatten eines Menschen an einer Mauer in Linien nachgezogen wurde. Die Bildhauerei,
so Plinius weiter, sei entstanden, als die Tochter des Töpfers Butades in Korinth die Silhouette ihres Geliebten bei
Lampenlicht an der Wand mit Linien nachzeichnete, bevor
dieser in die Fremde ging. Der Vater füllte den Umriss mit
Ton und schuf damit ein Relief.
Ich habe also versucht, für die Projektionskunst und das
Schattenbild eine neue Gleichung zu finden, indem ich das
Schattenbild mit dem Bewegtbild und das Lichtbild mit
dem Schattenbild vermengte und in vielfältige Beziehungen treten ließ. In dieser Zeit wollte ich auch im Sinne des
reduktionistischen Programms der Moderne jede Spur der
Abbildung der Gegenstandswelt tilgen, so dass ich einige
Projekte entwarf, die nur die Materialien des Kinos selbstreflexiv einsetzten. Die Selbstdarstellung der Darstellungsmittel Punkt, Linie, Fläche, wie sie die abstrakte Malerei auszeichnet, wollte ich für den Film wiederholen. Bisher war ja
der abstrakte Film, von Viking Eggeling bis zu Peter Kubelka, nur eine Wiederholung der abstrakten Malerei, nämlich
Bilder von Linien, Punkten und Flächen, die sich in der Zeit
als Bewegung auf der Leinwand entfalten. Für mich bedeutete Abstraktion Selbstdarstellung der Darstellungsmittel,
also Selbstdarstellung der Materialität und der Operatoren
des Kinos: Der Filmstreifen als Filmstreifen, der Projektor
als Projektor, usw. Das Zelluloid sollte nicht durch einen
Projektor laufen, um Bilder zu erzeugen, sondern der
Projektor sollte als Projektor mit Farbe oder Wachs übermalt exponiert werden. Das Zelluloid sollte in einer Filmdose liegen und als Filmobjekt ausgestellt werden.
Die Arbeit »Schatten des Kinos« sollte also Projektoren,
Filmstreifen, Optiken, Filmbobbys, Kameras etc. als solche
zeigen. Ich dachte mir einen großen Raum, den das Publikum betreten konnte und in dem das Publikum von vielen
Filmstreifen umgeben war, die auf Rollen durch den Raum
gezogen wurden, usw. Der Kinosaal sollte selbst ein großer
Projektor sein und das Publikum sollte in diesem Großprojektor (als Kinosaal) herumwandern können. Klassisches
Kino ist ja von der Kamera bis zum Projektor eine Radtechnologie, welche die Illusion der Bewegung als Bild zeigt.
Nun wollte ich, dass das Publikum diese Technologie sieht,
aber kaum die Bilder, die mit deren Hilfe erzeugt werden.
Der Raum mit filmischen Materialien und Operatoren sollte
ein begehbares kinetisches Kunstwerk sein.
Ich danke dem Filmarchiv Austria, dass mir anlässlich der
Eröffnung des Metro Kinokulturhauses im Oktober 2015
die Gelegenheit gegeben wird, diese Idee aus dem Jahr
1966 angepasst an die architektonischen Gegebenheiten
des Stiegenhauses erstmals verwirklichen zu können.
Materialien: Altfilme (s/w und Farbe), Transparentfilme
(eingefärbt), Weißmaterial, Vorspänne, motorbetriebene
Rollen, Bobbys, Projektoren (hand-, motorbetrieben),
Scheinwerfer, Diaprojektoren, Lampen, perforiertes
Papier.
Die Installation »Im Schatten des Kinos« bildet den Auftakt zu einem größeren Ausstellungsprojekt, das Peter Weibel in Kooperation mit dem Filmarchiv Austria realisieren wird.
KINO.mAGAzIN iM SCHATTEn DES kinoS
S
eit 1964 mache ich Filme und seit dieser Zeit versuche
ich, die Wahrnehmung und die Definition dessen, was
Film sei, zu erweitern. Zuerst analysierte ich auf materieller Ebene, welche Materialien und Maschinen das Kino
verwendet, z.B. Zelluloid, Projektor, Kamera, Leinwand, Kinosaal etc. Diese Operatoren des Kinos bilden ein Ensemble
von Verfahren, die – in der richtigen Reihenfolge verwendet –
am Ende ein bewegtes Bild auf einer Leinwand produzieren.
Ich habe dann begonnen, diese Operatoren auszutauschen,
z.B. elektrisches Licht gegen Feuer, oder manche ganz wegzulassen, z.B. Filme ohne Zelluloid oder ohne Kamera.
Ich nannte diese Art von experimentellem Kino mit seiner
Betonung der Materialität, der Kommunikation entweder
Para-, Post- und Prä-Cinema oder Expanded Cinema.
13
DAniEL koTHEnSCHULTE
einfach mal sehen konnte. In der Zeitschrift hat mich etwa
Stan Brakhage sehr beeindruckt.
Nun liegt darin ja auch etwas Humorvolles, wenn sozusagen aus einem Malheur heraus etwas erfunden wird.
In deinen Filmen erkenne ich das wieder: Einerseits
sind sie streng strukturiert, dann haben sie aber auch
etwas Verspieltes, das von der Lust an der Erfindung
erzählt.
Ja, man arbeitet gegen die Regeln. Das muss man ja eigentlich nicht. Es ist aber die Erweiterung der Ausdrucksmöglichkeiten, die in den Fehlern liegen. Genauso ist ja das
Spiegelei erfunden worden: Das Ei ist einfach hingefallen.
Und wer hat gewonnen?
Brakhage natürlich!
Wenn man die Regeln neu erfindet, muss man sich ja
über alle Regeln hinwegsetzen, die es schon gibt. Nun
sind in der Filmgeschichte ja laufend Regeln aufgestellt
worden, wie lang ein Film zu sein hat, die Genres und
selbst der Kunstfilm haben ihre Regeln. Bei dir gibt es
diese Grenzen nicht.
Deshalb wirken die Filme ja auch heute, wenn man sie sich
anguckt, relativ frisch.
Zum Beispiel jüM-jüM, der in mühevoller Handarbeit
aus Einzelbildern geklebt ist, aber wenn man das heute
digital machen würde, hätte es nicht diese Frische.
Es würde steril wirken.
Oder auch START, wo ich einfach nur auf der Wiese hinund hergehe. Und auch die Enden und Abfälle des Films, wo
es dann hell wird, auch mit hinein schneide.
KINO.mAGAzIN WERnER nEkES
In den 60er jahren gab es in Deutschland eine kleine
Experimentalfilmszene, für mich warst du da sozusagen
der König dieser Avantgarde.
Das bin ich immer noch.
Gab es denn überhaupt Kontakt zur internationalen
Filmavantgarde?
Ich kannte das New American Cinema nur aus der Filmzeitschrift Film Culture …
Fehlstart
14
… die jonas Mekas herausgab.
Und dann, 1967, hatte ich P. Adams Sitney ins AmerikaHaus nach Hamburg eingeladen, damit man diese Filme
Hast du ihn dann später kennen gelernt?
Ja, in New York. Er erzählte mir, dass er sich mit dem Wiener
Filmkünstler Peter Kubelka geprügelt hat. Der hatte nämlich erzählt, es gäbe nur drei wichtige europäische Regisseure: Carl Theodor Dreyer, Robert Bresson – und Kubelka.
Und Brakhage hatte auch schon ein paar Kurt-Kren-Filme
gesehen und sagte, so kannst du das nicht sagen. Da hat es
dann einen kleinen Boxkampf in den Rocky Mountains
gegeben.
Waren deine Filme denn schon damals in Wien bekannt?
Ich bin 1969 von Kubelka und Peter Konlechner ins Österreichische Filmmuseum eingeladen worden, die waren auch
beide sehr nett. Aber da gab es dann das Manifest von
Peter Weibel, Ernst Schmidt jr. und anderen, die sagten, im
Filmmuseum darf man keine Filme zeigen, weil die uns
nicht zeigen. Und da hatten sie in gewisser Weise auch
Recht. Aber ich war nun schon in Wien und wollte meine
Filme dann auch nicht zurückziehen.
Du warst dann für die der »Streikbrecher«.
Ja, das hat mir leid getan. Inzwischen verstehe ich mich mit
Peter Weibel gut.
Sehen wir denn jetzt in Wien erstmals dein Gesamtwerk?
Ja, alle Filme bis auf die Performances. Die Kopien müssen
leider dabei leiden, weil man sie ja eigentlich digitalisieren
müsste, damit sie nicht verschwinden.
Lass uns einige Filme kurz näher vorstellen. Dein Erstling ist ein Künstlerfilm, TOM DOyLE UND EVA HESSE,
1965 noch in 8 mm gedreht. Ein bedeutendes Dokument
dieser früh verstorbenen Malerin und Plastikerin.
Ich hatte sie bei den Oberhausener Kurzfilmtagen kennen gelernt. Wir hatten uns befreundet, und ich hatte gerade meinen Führerschein gemacht. Den Wagen von meinem Vater
konnte ich mir immer leihen, und ich war so begeistert von
den Arbeiten, dass ich jedes Wochenende bei den beiden war.
Wir sind dann gemeinsam nach Irland gefahren und haben
die Londoner Museen besucht. Ich war praktisch ein Schüler.
Dann folgten 1966 die ersten Avantgardefilme in 16 mm,
bezeichnender zuerst FEHLSTART und dann START ...
FEHLSTART kam durch eine Wette mit einem Studienkollegen zustande, wo man sagte: Morgen oder übermorgen habe ich ein Drehbuch, und das wurde dann realisiert,
mit einer geliehenen Kamera und Hilfe durch einen Kameramann, weil ich ja nie eine Kamera in der Hand hatte.
Schneiden habe ich mir selbst beigebracht. Ich hatte Nestor
Almendros, den Kameramann, in Frankreich kennen gelernt,
der hat mich mit zum Fernsehen genommen. Da durfte ich
mir Papierkörbe voller Filmmaterial einpacken, damit habe
ich Schneideübungen gemacht. Später wurde Almendros
sehr berühmt als Kameramann für Truffaut und Terence
Malick. Damals war er noch nicht so lange aus Kuba gekommen und ich durfte bei ihm lernen.
Aber brauchte ein Film wie START, wo du unter anderem
auf unterschiedliche Arten über eine Wiese gehst, ein
Drehbuch?
Ich hatte so kleine Skizzen gemacht und Requisiten, und
auch einige Bilder, die Dore gemalt hat, die durfte da noch
nicht mitwirken …
Dore O., später Partnerin und selbst Avantgardefilmerin.
Ich war in ihrer Familie ein seltsamer Vogel mit bunten Socken und langen Haaren, aber später hat sich dann alles
gefunden. Bei ARTIKEL durfte sie dann mitmachen. Oder
sie hat heimlich mitgemacht, das weiß ich nicht mehr.
In ARTIKEL, ebenfalls 1966 entstanden, sieht man bereits dein späteres Stilmerkmal einer Dualität sich abwechselnder Bilder, aus deren Folge, wie beim Thaumatrop, diesem optischen Spielzeug, gleichsam etwas
Neues entsteht.
Das war der erste metrische Film, wo aus den Bildzahlen
der Schnitt bestimmt war.
Das klingt sehr mathematisch, aber in der Wahrnehmung wirkt diese Struktur organisch …
Man nimmt sie nur als graduelle Beschleunigung wahr.
Wie wichtig war dir neben der Technik das Sujet eines
solchen Films? Hier geht es ja um die Dualität von Mann
und Frau und die mögliche Vereinigung.
Ja, so was wie Liebe schwingt da schon mit.
Das ist ein Motiv, das sich bis zu deinem letzten langen
Film, DER TAG DES MALERS (1997), durchzieht, einer
Reflexion über den Akt in der Kunstgeschichte.
Richtig, oder in JÜM-JÜM oder KELEK. Dort ist die erotische Situation auf die Blenden übertragen, indem ich die
Straße auf- und abblende, wie ein erotischer Rhythmus. Es
ist die Straße, in der ich in Hamburg gelebt habe, und insofern ist es auch ein Dokumentarfilm über mein Leben
in Hamburg, wo die Erotik Bestandteil meiner damaligen
Lebensform war. Und es ist faszinierend, wie das Publikum
darauf reagiert. Da habe ich Tonaufnahmen gemacht, wie
die Leute sich vorher noch angeregt unterhalten, was
sie draußen erlebt haben, und dann kommt die erotische
Szene, und es ist schlagartig still.
KINO.mAGAzIN WERnER nEkES
»iCH MACHE
DiE WinDELn
DES FiLMS«
EIN GESPRäch
mIT WERNER
NEKES
Das Filmarchiv Austria ist unter anderem bekannt für
seine bedeutende Sammlung zum frühen Kino. Das
passt gut zu deiner Arbeit, nicht nur als Sammler, sondern auch als Künstler. Lange bevor die breite Wiederentdeckung der Anfangszeit des Films einsetzte, hast
du dich in experimentellen Filmen damit beschäftigt.
Das hat mich sehr beschäftigt, der erste Schnitt, die erste
Kamerafahrt. Der Franzose Jean Mitry hatte darüber geschrieben. Oder wie der Stopptrick erfunden wurde: Bei
Georges Méliès hatte einfach die Kamera den Film nicht
transportiert. So gibt es viele kleine, einzelne Schritte, die
sich zur Sprache des Films entwickelten.
15
In deinem Film DER TAG DES MALERS zitierst du ein
lange tabuisiertes Werk der Kunstgeschichte, Courbets
»Der Ursprung der Welt«, eine detaillierte Darstellung
des weiblichen Genitalbereichs. Der erste Besitzer des
Werkes war ein türkischer Diplomat, der es hinter einem
Vorhang zeigte. Später gehörte es dem Psychoanalytiker
jacques Lacan, der es hinter einem surrealistischen
Gemälde versteckte. Kann man nicht das Flackern der
sich abwechselnden Bildkader in deinen Filmen auch als
eine Art Vorhang sehen, der den erotischen Reiz betont?
Das glaube ich auch.
Obwohl deine Filme auf Sekundenbruchteile hin ausgearbeitet sind, drängte es dich früh zu abendfüllenden
Längen. KELEK dauerte bereits eine Stunde.
Ich habe mir ja überlegt, dass ich sagen will: Das ist normales Kino. Und dazu gehört eben auch eine normale
Kinolänge. Und sofern war ich immer unter dem Druck,
etwas Vollständiges zu machen, das sich auch in die Kinolandschaft einfügt. Und das gab mir dann auch die Möglichkeit, das bei der Filmbewertungsstelle einzureichen, wo ich
häufiger ein Prädikat bekam, wovon ich dann leben konnte.
Das heißt, auch ein Experimentalfilm wie der 76-minütige
NEBULA (1969) lief damals in den Kinos.
Ja, der hatte sein Publikum. Vor der Vorführung in Wien ist
er allerdings sehr lange nicht gelaufen.
Du hast ihn angekündigt als »einen Film in der Form
eines aus dem After heraushängenden Darms«.
Da drückt sich eher die Aggression gegen das Publikum
aus. Dass das so ungeduldig ist.
KINO.mAGAzIN WERnER nEkES
Also eine Publikumsbeschimpfung.
Das ist natürlich auch eine schockierende Formulierung.
Das sind ja auch die »Windeln des Films«, die ich mache.
16
Wenn die Bilder laufen lernen, dann müssen sie auch
mal Windeln tragen, das ist ja die logische Folge davon.
Ja. Ich habe ja dann bei den langen Filmen angefangen mit
LAGADO, weil ich auch den Ton integrieren wollte in die
experimentelle Arbeit. Ich war zu einem Seminar mit Studenten eingeladen worden, einer meiner Schüler war Adolf
Winkelmann. Es waren auch die Zwillinge dabei, Julia
Winkelmann und ihre Schwester Gisela, die zur Kommune 1
gehörten. Gisela heiratete später den Millionär Getty. Ich
wollte im Seminar nicht nur reden, sondern einen Film machen. Anthony Moore war mit dabei, und dann haben wir
überlegt, was wir mit den Tönen machen können.
… Der später mit Pink Floyd arbeitete und als Klangkunst-Professor an der Kölner Medienhochschule lehrte.
Er kam um 1970 nach Hamburg und musste immer wieder
meine Filme vertonen. Ich bin bis heute mit ihm befreundet. Als ich ihn kennen lernte, war er fasziniert von der
chinesischen Klanggeschichte. Dazu kamen dann die Filme
MIRADOR und HURRICANE, der Abschiedsfilm von Hamburg und der Ankunftsfilm in Mülheim an der Ruhr, wo
ich dann gute Freunde dokumentarisch mit dem Computershutter aufnehme. Und eine längere Szene, wo Helge
Schneider dann zum ersten Mal den Ton macht.
Das heißt, es sind autobiographische Filme.
Ja, ich porträtiere meine Freunde.
Dein Weg ging dann zu Langfilmen, die erzählend und
experimentell in einem waren. über ULIISSES schrieb
der Kritiker Hans-Christoph Blumenberg in der Zeit, es
gäbe keine filmische Technik, die darin nicht vorkäme.
Ich konnte die Premiere in der Frankfurter Alten Oper machen. Helge Schneider und Anthony Moore gaben ein Entrée, zu dem ich Laternenbilder zeigen konnte: Die Odyssee
als Laterna-Magica-Spektakel, mit Bildern des wichtigen
deutschen Laternenmachers Paul Hoffmann. Gesungen hat
Dagmar Krause, die damalige Frau von Anthony. Zugleich
hatte ich die Eröffnungsausstellung im Frankfurter Filmmuseum, »Die Alchemie des Blicks«.
Inzwischen ist das Frankfurter Filmmuseum ja leider
kaputt saniert worden, die ganze Innenarchitektur, die
gewundenen Gänge zum frühen Kino, der Eindruck der
alten Villa, alles weg.
Es ist ein Jammer. Der ganze Reichtum ist verloren gegangen.
1979 entstanden dann noch zwei Filme mit joseph Beuys.
Hat der sich denn Regieanweisungen geben lassen?
Ja, der hat alles gemacht, was wir ihm gesagt haben, war
total kooperativ und erkundigte sich bei mir, was seine
Tochter mal studieren sollte.
Die Idee, mit dem Rücken zur Kamera zu stehen, kam
von dir?
Ja, und er war froh, dass er nicht in die Kamera gucken
musste, was sonst in den anderen Filmen der Fall war. Was
er erzählt, ist dokumentarisch. Die Beschreibung seiner
eigenen Arbeit. Das endet dann mit dem genialen Einfall,
dass er dreimal sagt: »Dass dieser ganze Ansatz, dass
dieser ganze Ansatz, dass dieser ganze Ansatz«. Das war
ein genialer Schluss. Ich bin nur traurig: die Plastik, die
er für den anderen Film gemacht hatte, PEGGY UND DIE
ANDEREN, hatte er in meinem Studio liegen lassen. Da
habe ich doch wirklich noch angerufen und gesagt: Wann
holt ihr die Sachen ab?
Zu Gast bei Werner Nekes
Dieser zweite Film war für Kaspar Königs WestkunstAusstellung entstanden.
Ja, da hätte ich eigentlich zehn Filme machen sollen, aber
dann ist es zum WDR gewandert zu der Redakteurin der
Hundert Meisterwerke, Wibke von Bonin. Und die hat sich
dann darüber hinweggesetzt, was König vorgeschlagen hatte und mich nur einen machen lassen. Weil sie sich nicht
sicher war, was das werden könnte. Ich weiß gar nicht, wo
das Negativ ist.
Dann entstanden Dokumentarfilme, die deine eigene
Sammlung vermittelten. Hast du eigentlich für die Filme
gesammelt, um etwas zu belegen, oder gab es die
Sammlung schon für sich?
Ich wollte einen Film machen, der dann WAS GESCHAH
WIRKLICH ZWISCHEN DEN BILDERN? geworden ist, und
dann musste ich schon für Reproduktionskosten aus einem
alten Buch soviel bezahlen, dass ich dachte, ich sammle die
Bücher und kann sie dann abbilden. So hat sich ergeben,
dass ich die Konzeption des Frankfurter Filmmusuems
machen und mit einer Abordnung durch europäische Filmmuseen fahren konnte. Das war ja auch lange sehr erfolgreich, jetzt dümpelt es eher vor sich hin. Mein Sammelgebiet hat sich inzwischen erweitert. Ich habe den ersten
(mechanischen) Fernseher von 1925 gekauft, der noch die
Nipkow-Scheibe benutzt. Bei der Versteigerung war ich
leider in Konkurrenz zu einem koreanischen Videohersteller, der das Gerät auch gerne gehabt hätte. Was ich bezahlt
habe, darf ich gar nicht sagen. Ich wollte jetzt gerne mal
diese Bilder sehen. Die sind in Streifen aufgelöst, aber das
Gerät darf ich gar nicht anstellen. Das Risiko, dass die alte
Röhre den Geist aufgibt, ist zu hoch. Das über Tonwellen
übertragene Bild ist nur vier mal sechs Zentimeter groß.
Da komme ich weiter, wenn ich mit einer modernen Kamera
durch diese Scheibe filme. Da möchte ich gerne einen
ganzen Film damit machen.
Hast Du noch Ambitionen, Filme zu machen?
Ja, aber ich komm gar nicht dazu, das Material, das ich
schon aufgenommen habe, zu bearbeiten und Filme daraus
zu machen. Ich habe so viele Kisten. Ich hatte ja DER TAG
DES MALERS gedreht, und das ist dann DIE NACHT DES
MALERS. Es sind einzelne Takes, sehr schöne Sachen. Und
DER TAG DES MALERS ist ja auch leider fast nie gelaufen.
Der lief zur Eröffnung beim Festival in Venedig. Und dann
hatte ich die Pressevorführung am nächsten Morgen, das
war genau der Tag, an dem Lady Di den Unfall hatte. Da
hingen natürlich alle Journalisten nur noch am Telefon,
und es war niemand mehr übrig, der in der Vorführung war.
Bei Frauen und Film ist er verrissen worden, dann hatte ich
keine Lust mehr, ihn ins Kino zu bringen.
WERNER NEKES ist dein deutscher Experimental-Filmemacher
und Sammler historischer optischer Objekte. Als Initiator und Mitbegründer der deutschen Film-Coop (1967) nahm er 1969 eine Professur für Film und Medien in Hamburg an, er lehrte in der Folge an
zahlreichen Film- und Medienhochschulen Deutschland und gab
Vorlesungen in vielen Ländern. Die bekanntesten Werke sind der
experimentelle Spielfilm ULIISSES sowie die sechsteilige Film-Folge
über seine Sammlung, MEDIA MAGICA. In den 70er Jahren begann
Werner Nekes systematisch optische Geräte und Medienliteratur
aus aller Welt zusammenzutragen. Heute umfasst seine Sammlung
der »Medienarchäologie« mehr als 35 000 Objekte.
KINO.mAGAzIN WERnER nEkES
Ich habe den Eindruck, das ist noch heute so – obwohl
doch die meisten Tabus in der visuellen Darstellung von
Erotik gefallen sind.
Ja, das ist nicht selbstverständlich.
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AUSTRiAn PULP
GENRE-KINO
IN ROT-WEISS-ROT
PAUL PoET
WiLDES kino: »in PRAiSE oF CHEESE!«
Schulmädchenreport
Mitreißende Bilder. Ungezügelter Bildhedonimus. Vom Hier
und Jetzt loslösende Schock-Momente. Gedankenfreiheit
jenseits aller politischen Korrektheit. – Erwachsene Märchen eben. All das, was Filmförderung und Prime-timeFernsehen als Hauptfinanziers des deutschsprachigen
Kinos in den letzten Jahrzehnten erfolgreich zu verhindern
oder zumindest in eine harmlose Version zu betäuben
wussten. Nichtsdestotrotz sind zwei Annahmen falsch:
Erstens, dass dieses sogenannte »Kino des Trivialen« automatisch ein niederes, dummes und langweiliges ist. Nicht
nur Verkaufszahlen, auch die kanonisierte Filmgeschichte
beweisen nämlich das Gegenteil. Und zweitens, dass ein
solches Genre-Kino in Österreich oder aus österreichischer
Hand nicht existieren kann. Denn das Institut Schamlos bemüht sich gemeinsam mit dem Filmarchiv Austria schon
seit Jahren, mit der Kino-Retrospektive AUS FLEISCH UND
BLUT die versteckten Marksteine, die verkannten Meisterwerke, die bemerkenswerten Preziosen, das spektakulär
Gescheiterte und die bizarrsten Partyfilme des spekulativen
Kinos zusammenzutragen, das man in Österreich trotz aller
aktuellen Erfolge wie DAS FINSTERE TAL und ICH SEH, ICH
SEH nach wie vor – durch die gutbürgerliche Brille –
sagen wir, skeptisch betrachtet. In Zusammenarbeit mit der
Viennale konnte nun die bislang umfangreichste Rückschau
dazu ermöglicht werden, die ehemaligen Szeneprotagonisten wie dem steirischen Schlagerstar Christian Anders
oder Ernst Hofbauer, Wiener Gottvater der deutschen Sexploitation, endlich ihren verdienten Platz im Pantheon des
rot-weiß-roten Autorenfilms zuweist.
PULP ESSEnCE – EinE WoRTERkLäRUnG
Es mag schon was heißen, wenn allein die Bedeutung des
Wortes Pulp 21 Jahre nach Quentin Tarantinos Durchbruchswerk PULP FICTION nur peripher bekannt ist. Im
Lauf des 19. Jahrhunderts gewannen Groschenhefte und
Volksromane – Dime Novels oder Penny Dreadfuls – als
Unterhaltungsfutter der arbeitenden und reisenden Bevölkerung der Industriegesellschaft zunehmend an Bedeutung. Das war leichte, reißerische Literatur aus dem
Schnellkochtopf, die alle klassischen Stereotype bediente:
von Cowboys, Superhelden und außerirdischen Monstern
bis hin zu den halb bekleideten Frauen, die der Eine vor den
Anderen zu retten hatte. Gedruckt wurde einseitig, kleinformatig auf A5, auf billigsten Materialien, zunächst auf
Lumpen und Hadern, schließlich auf Holzschliff – eben Pulp.
Zwischen den 1920er und den 30er Jahren – nicht zufällig
die Jahre der Weltwirtschaftskrise – vermengten sich
diese Medien der Zerstreuung mit Comic-Strips und den
beginnenden Lifestyle-Magazinen und traten großformatiger und auch optisch mitreißender auf: Vornehmlich Krimis, Science-Fiction, Fantasy, Horror, Krieg und Abenteuer,
Aufklärungsschriften und Sozialdramen, aber auch Arzt-,
Heimat- und Herzschmerz-Romane profilierten sich gerade
KINO.mAGAzIN AUSTRiAn PULP
S
chmutz und Schund und Bahnhofsschmuddel.
Schweinkram, Kintopp, Kolportage. Es mangelt dem
ambitionierten Kulturbewerter nicht an Schimpfvokabular, wenn es um das sogenannte »Genre-Kino«
geht, um flimmernde Vergnügungsware nach einfacher, bewährter Rezeptur, angereichert mit den großen
Geschmacksverstärkern Sex, Sleaze und Nacktheit, Grusel,
Gewalt und Niedertracht. Also genau das, was die »Generation Tarantino« heute gern auf dem Speiseplan sieht.
19
in dieser Zeit als eigene Genres. Entgegen aller Mythen waren diese auch nie unpolitisch, sondern handelten Themen
des Zeitgeists, soziale Fragen und aktuelle Probleme in
schnellen, plakativen Schlagzeilen und einfachen Wunschvisionen wie »Nachtmahren« ab. Und sie tauchten mit Vorliebe eben dort auf, wo auch das gerade erst beginnende
Kino seine öffentlichen Schauplätze fand: auf Jahrmärkten,
an Bahnhöfen, in Gastwirtschaften, Nachtbars und – last
not least – in Herrensalons.
Es mag schon was heißen,
wenn allein die Bedeutung des
Wortes »Pulp« 21 jahre nach
Quentin Tarantinos Durchbruchswerk »Pulp Fiction«
nur peripher bekannt ist.
KINO.mAGAzIN AUSTRiAn PULP
»nACHTMAHR«-FAHRTEn:
DiE EnTSTEHUnG DES GEnRE-BEGRiFFS
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Durch ihre plakative, in Folge bildgewaltige Natur und ihre
Popularität formte diese Schundliteratur das frühe Kino bis
heute grundlegend mit – mal mit mehr, mal mit weniger Anspruch. Ihre Erzählgattungen, also Genres, die breit verständliche Mythen und Stereotype in feste Narrationsmuster pressten, bildeten die ideale Basis für eine komplexe
Kulturform wie die des Kinos, die nicht nur in einen Dialog
mit dem Intellekt des Publikums, sondern auch mit dessen
Sinnlichkeit, Sehnsüchten und Körperlichkeit trat. Damals
bildeten Leinwand-Adaptionen deutscher Klassiker wie
FAUST oder diverser Bibel-Epen eher die Ausnahme, während das Gros heute rundum anerkannter Stummfilmklassiker im Schund regelrecht badete, und man beachte – darunter Werke von Robert Wiene, Fritz Lang, Henrik Galeen,
Georg Wilhelm Pabst, Mihály Kertész und des späteren
CASABLANCA-Regisseur Michael Curtiz. Mit ihren Mondfahrten, Erdgeistern und Serienmördern bliesen sie mit Hilfe des Trivialen zum großen Bilder- und Inhaltssturm –
entgegen dem »guten Ton« der großen Opern und bürgerlichen Theater – und suchten die breite Masse als Verbündeten. Beflügelt von und hybridisiert mit dem Expressionismus in der Kunst und den Anfängen der Psychoanalyse, die
gerade dazu aufforderte, sich auch mit den dunklen und
bisher verpönten Seiten des Menschseins auseinanderzusetzen, wuchsen Deutschland und Österreich so in Windes-
eile zu Kinoproduktions-Standorten von Weltrang. Und
dann, ja dann – dann kamen die Nazis.
niCHTS WäSCHT WEiSSER: DiE BLEiERnEn JAHRE
Zuerst umgarnte und umarmte der Nationalsozialismus die
sozialen und sexuellen Liberalisierungen in der Weimarer
Republik, und auch das Kino als einen der zentralen Träger
der Aufbruchsstimmung, nur um nach der Machtübernahme alles, was sich nicht bedingungslos der Staatspropaganda unterwarf, als »entartet« auszumerzen. Ab nun herrschte Provinzialismus, und der rundum arisierte Tellerrand
wurde zum ultimativen Daseinshorizont. Jene Genres, die
übrig blieben – die leichte Sittenkomödie, der Revue-Film,
das mitunter naturnahe Melodram, der harmlose Krimi
oder die kriegerische Heldenmär – ähneln nicht zufällig gerade jenen Erzählformen von Kino, die bis dato die österreichische Produktionslandschaft prägen. Das radikale Storytelling, die attackierende Leinwand, das Kino als Ort der
Entdeckung und Entgrenzung wanderten mit ihren Vertretern fast zur Gänze in die USA, um dort in direkter Folge
zahlreiche Sub-Genres wie den Film Noir, den Psycho-Thriller und die provokante Sex-Komödie mitzuetablieren. Die
Zwangsemigration half also mit, dass Hollywood die Weltmarkt-Führerschaft in Sachen Flimmerwaren übernahm.
Hierzulande blieb allerdings selbst nach Kriegsende eine
bleierne Inhalts-Schwere in der Luft, und es roch stark nach
Katholizismus und Patriarchat, die die Zeit des Wiederaufbaus atmosphärisch durchdrangen. Das Fernsehen brachte
natürlich Veränderung: Rückzug in die Familie, raus dem
öffentlichen Diskurs, rein ins Private – Kino als Abenteuer
im Kopf. Die Schundhefte wurden zur verstohlenen »Kloliteratur«. In großen Bildern gab es Schlagerparade, Skifahren, Tanzen auf der Alm. Und dahinter – nichts.
Schamlos
»SUnGLASSES AFTER DARk«:
SUBvERSion DURCH SCHUnD
Und doch – es bewegte sich was: Eine Nachkriegsjugend
bäumte sich auf. Die Freizeitgesellschaft kündigte sich
lautstark an und schrie nach Hedonismus und Erleuchtung.
Bars, Strip-Lokale, Rock’n’Roll-Schuppen und JazzKneipen platzierten sich mitten ins öffentliche Leben.
Kleine Produktionsfirmen wie Rex oder Schönbrunn Film
investierten ihr Venture-Kapital im Geiste der global
verkäuflichen amerikanischen B-Film-Reißer, Roughies und
Nudies, und setzten damit auf inhaltlich riskanteres Terrain,
auf Lederjacken, Springermesser und Animier-Bars statt
auf Dirndl, Wandergitarre und Hüttenromantik. Bandbreite
und Nachfrage waren enorm: Mit DIE HALBSTARKEN,
einem deutsch produzierten Drama um jugendliche
Straftäter, schaffte der Wiener Regisseur Georg Tressler
1956 sogar einen Mainstream-Hit UND Klassiker. Aber
Wienerinnen
Mädchen für die Mambo-Bar
Mit den Sechzigern kam
eine allgemeine Lockerung
und Trendwende. Der Kleinfamilienhaushalt wurde
experimentierfreudig, der
Fress- und Reisewelle
folgte die Sexwelle.
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auch avantgardenahe Autoren wie Kurt Steinwendner
und Harald Röbbeling siedelten sich an im Pulp, selbst
der eigentlich aus der Hochkultur stammende Wolfgang
Glück, der mit schmissigen Werken wie MÄDCHEN FÜR DIE
MAMBO-BAR einer der beeindruckendsten ExploitationMeister Europas werden sollte, bevor er Richtung
Bürger-Kino und Burgtheater abwanderte und andere
Regisseure wie Max Pécas oder José Benazeraf seine
Pionier-Arbeit international fortsetzten. Was diesen Filmen
allen eigen ist, ist eine zutiefst enthemmte Verve und
Energie, eine Spielfreude mit der Selbstbefleckung unter
kompletter Absenz eines bourgeoisen Zeigefingers – es
sind anarchische, körperliche Prachtfilme, deren Macher
sich einen Dreck scherten um Etabliertheit und politische
Hörigkeit, und dabei Zeitkolorit und Jugendkultur
wesentlich besser einfingen als ihre artigen Zeitgenossen.
Strano vizio della Signora Wardh
»GöTTER DER PEST«: HovEn, HoFBAUER & Co.
Mit den Sechzigern kam eine allgemeine Lockerung und
Trendwende. Der Kleinfamilienhaushalt wurde experimentierfreudig, der Fress- und Reisewelle folgte die Sexwelle.
Ob Studentenrevolten und Kommunen der freien Liebe
oder all die neuen »Tittenmagazine« wie Schlüsselloch oder
Feigenblatt: das Fallen der Hüllen und Überholen der Sittsamkeit erleichterten es, das Drama des Kalten Krieges,
von Vietnam, Neo-Kolonialismus, der aufkeimenden AtomAngst und ständig neu entstehenden Krisen zu überstehen.
Die österreichischen Regisseure gingen nun erneut auf
die Walz, diesmal als gesuchte und beliebte Genre-Handwerker, und reüssierten groß im näheren Ausland. Der Bad
Ischler Harald Reinl, einst Ski-Double, dann Assistent von
Leni Riefenstahl, begründete mit WINNETOU und EDGAR
WALLACE sogar zwei der weltweit erfolgreichsten Kino-
Serien des deutschsprachigen Raumes: stubenreine Exploitation aus einem komplett weltentrückten Spielzimmer für
die Großen. Seinen Spuren folgten Franz-Josef Gottlieb,
Rolf Olsen, Franz Antel und viele andere. Der SCHULMÄDCHEN-REPORT von Ernst Hofbauer sollte sechs Millionen ins Kino verführen und im Lauf von 13 Filmen drei goldene Leinwände und über 100 Millionen Zuseher weltweit
erreichen. Es waren die Zeiten des Euro-Puddings, der
internationalen Produktionen und des Exzesses. Heimatfilm-Beau Adrian Hoven fand sich plötzlich in den Hexenfilm-Meilensteinen MARK OF THE DEVIL wieder oder im
Kult-Schweinkram des Spaniers Jess Franco. Regisseure
wie Mario Bava, Michael Winner oder Sergio Martino brachten genüssliches Gewalt-Kino rein in die Wiener Straßenschluchten und rauf auf die Salzburger Berge. Selbst der
aus Bruck an der Mur stammende Schlagerstar Christian
Anders hatte seinen eigenen Karate-Kracher am Start,
mit ihm persönlich als Protagonist, Produzent, Autor und
Regisseur. Es war schlichtweg alles möglich.
DAS GESPEnST DES SoZiALREALiSMUS
Die Zeit war jedenfalls günstig. Mit dem Independent-KinoErfolg EASY RIDER, mit der in der Exploitation-Schule
des Roger Corman groß gewordenen Generation New
Hollywood, war das alte, schwerfällig gewordene Protz-Kino
der USA abgelöst worden, wodurch auch der europäische
Film aufholen konnte. Pop Art und Nouvelle Vague hatten
mit Godard, Antonioni und Sergio Leone längst die Grenze
zwischen Kunst und Kommerz aufgelöst. Das Problem:
mit DER WEISSE HAI – JAWS –, dem ersten Kassenschlager
Steven Spielbergs, hatten die alten Produzenten das neue,
von Schmutz, Schund und Subversion geprägte Exploitation-Kino mit aufgekauft und den alten Mainstream neu
KINO.mAGAzIN AUSTRiAn PULP
KINO.mAGAzIN AUSTRiAn PULP
Ich seh, ich seh
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***
Jederzeit kündbar –
mit SoftStorno
Das Wichtigste des Tages:
Qualität im Handformat
Das wahrscheinlich
flexibelste Abo der Welt
|
rausgegeben von Oscar Bronner
eichs unabhängige Tageszeitung He
|
Dienstag, 15. September 2015 Österr
Die Zeitung
für Leserinnen
und Leser
der Standard verbessert
Ihre Lebensqualität
Waidegg – Das Handformat macht
mit der Aktion „Jetzt 3 Wochen
gratis testen“ derzeit von sich reden. Max Manus, Österreichs führender Hersteller von Handtellern
in Originalgröße, bezichtigt den
STANDARD, seine Kompakt-Ausgabe im Handformat in Anlehnung
an seine linke Hand gestaltet zu
haben. Eine Klage wird in zweiter
Instanz in Erwägung gezogen, in
erster Instanz ist sie bereits abhandengekommen. Derzeit geht man
in belesenen Kreisen davon aus,
dass das Handformat an sich wohl
schon fast so alt ist, wie die Hand
selbst – oder doch so alt wie das
beliebte Gesellschaftsspiel „Schere, Stein, Papier“, in dem jedes
Handformat ein anderes schlägt.
„Wenn eine Zeitung schon im
Flexibel im Format, unbeugsam im
Inhalt. Jetzt 3 Wochen gratis lesen.
Gleich bestellen unter:
derStandard.at/Testlesen
dem Thema gesagt haben, viel
eher jedoch stammt die Aussage
von dem Rapper HaHaND$, dem
Drechsler handfester Sprüche.
Aus heimischen Politikerkreisen
war zuletzt wenig zu vernehmen,
nicht zum Thema Handformat,
sondern ganz allgemein.
Ein neuerliches Gutachten der
Argru HAND (Heutige Angehende Neue Denker) will nun einen
Zusammenhang zwischen dem
Lesen des Handformats in kritischen Kreisen und der Handlichkeit unbeugsamen Journalismus
im Allgemeinen herstellen, was
wohl insofern als gegeben zu erachten ist, als die Neuen Denker
überdurchschnittlich häufig auch
Abonnenten einer gewissen
Qualitätszeitung – Name der Re-
Die Zeitung für Leser
gepflegter, damit pflegeleichter, bürgerlicher Film. Oder sie
wagen sich wie Ulrich Seidl mit anderen Mitteln in eben
jenen Abgrund der menschlichen Natur, den die Exploitation ihre Heimat nennt. Mit Stefan Ruzowitzkys ANATOMIEFilmen und Andreas Prochaskas Ausritten Richtung SlasherMovie und Blut-Western hat das deutschsprachige Kino
erstmals wieder einen glaubwürdigen wie groovenden Anschluss an eine mitteleuropäische Genre-Interpretation von
US-Kommerz gefunden, die dabei nicht nur peinlicher
Nachahmer ist. Mit Marvin Kren und Dominik Hartel werden
erstmals Youngsters an nicht unbillige Monster- und ZombieFilme gelassen. Und mit dem weltweit von Festivals bis zur
Kinokasse flächendeckenden Erfolg des KammerspielSchockers ICH SEH, ICH SEH von Veronika Franz und
Severin Fiala löst sich erstmals wieder diese lächerliche
Trennlinie von Kunst und Kommerz auf, die das hiesige
Kino so lange geplagt hat, womit eine viel zu lange herrschende Hegemonie, eine alle Vielfalt abtötende BlickMacht abdanken könnte, die diktiert, wie österreichisches
Kino auszusehen hat. In jedem Fall ein mehr als guter Zeitpunkt, um zurück zu blicken auf all das wunderbar Ungesunde und Entblößende, alles Bunte und Irrlichternde, das
rundum Verrückte und Ausschlagfreudige, das Österreich
als »das andere Kino« maßgeblich mitbewegt hat, eben
jenes Kino, das ein Tarantino als das »coole Kino« hierzulande ansehen würde. Ganz ohne Ironie, Moralin und
Vintage-Stoßdämpfer. These flicks are for real!
PAUL POET ist ein österreichischer Regisseur und Autor im Bereich Kino, TV und Theater, Journalist und Filmwissenschaftler.
Aus Fleisch und Blut ist seine zweite große Retrospektive als Kurator nach Shooting Women – Weibliche Pioniere des österreichischen
Films. Das INSTITUT SCHAMLOS ist eine Lobbying-Plattform und
Interessensgemeinschaft zur Förderung des subversiven österreichischen Genre-Films.
»CHEAP THRiLLS«: DER TARAnTino-TRiGGER
Nun, Zeiten ändern sich. Selbst das Förder-Kino steht heute an den Grenzen der eigenen Strukturen an. Das öffentlich-rechtliche Fernsehen als eine finanzielle Hauptquelle
für Filmschaffende gebärt sich zunehmend als eine kommerziellere, gleichzeitig dafür unterfinanziertere Form des
Privatfernsehens. Währenddessen dominieren nicht nur der
intelligente Meta-Schund eines Tarantino, sondern eben
Superhelden-Kracher, Splatter-Flicks und Sex-Thriller die
internationalen Kino-Charts, allesamt Kinder der unanständigen Genres. Österreichs wichtigste Autorenfilmer wie
Michael Haneke arbeiten laufend mit abstrahierten GenreBildern, vom Fast-Plagiat CACHÉ, das nicht von ungefähr
an LOST HIGHWAY erinnert, bis hin zu den AlptraumSequenzen in AMOUR, nur dass diese spekulativen Bilder
bei ihm so lange verdreht werden, bis sie so wirken wie ein
KINO.mAGAzIN AUSTRiAn PULP
„Eine unbequeme Zeitung.
Aber deshalb abonniere
ich sie ja.“
aufgesetzt. Womit sich die USA in Folge in den 1980ern mit
Blockbustern wie STAR WARS, ROCKY und E. T. wieder an
die Kino-Weltspitze katapultierte, während sich Europa
in ein komplett anderes System vertrollte: ein zur Gänze
staatlich gefördertes und inhaltlich durch und durch
kontrolliertes, »gutes«, schickes Arthouse-Kino als kommerzialisierte Nachgeburt des Autorenkinos. Fast 40 Jahre
später hat man den Eindruck, dieser Anspruch und der
»gute Ton« waren leider nur »gut gemeint« und nicht mehr
als ein leeres Schema und blanke Pose, denn es fehlt bis
heute weitgehend der Mut sowohl zu (Autoren-)Radikalität
als auch (Publikums)Erfolg. In Österreich konnten sich zum
Startdatum der staatlichen Filmförderung 1981 lediglich
zwei Namen, Peter Patzak und Franz Novotny, vom zügellosen Haudrauf-Film in die Schöne Neue KulturbeamtenWelt hinüber retten, die Experimente höchstens zuließ,
wenn sie ein Ergebnis der A-Kategorie versprachen. Ein
wildes, spekulatives Kino wurde so großflächig entsorgt.
Genre-Liebhaber, darunter sogar Valie Export, änderten
hernach drastisch den Erzähl-Tonfall, dämpften ab und
gingen den Weg des Arthouse-Kompromisses oder mussten
als extreme Entrepreneure unter herbster Selbstausbeutung im Underground ihre Kinoträume verwirklichen. Das
Förder-Kino war durchwegs das einer schönen, glatten Gegenständlichkeit, das vorwiegend leicht verdauliche, klare,
politische Inhalte mittels Komödien und Sozial-Melodramen
für eine Öffentlichkeit verpackte, die aufgrund der Selbstbezogenheit dieses Systems weitgehend draußen blieb. Die
Gegenwehr Förderverweigerung, die breite Ignoranz oder
sogar der Hass auf die Wenigen, die aus der Reihe tanzten,
ging sogar so weit, das drei der ungebrochen wichtigsten
und schönsten Meisterwerke des österreichischen Kinos
aus den 1980ern, Gerald Kargls ANGST, Walter Bannerts
DIE ERBEN und Michael Syneks DIE TOTEN FISCHE, von
den Regisseuren bis heute zum Teil unter Verschluss gehalten werden.
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GERHARD HEinZ
INTERVIEW
AL BiRD SPUTnik
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Hat das Komponieren für Werbefilme Ihr Interesse an
Filmmusik geweckt?
Ich wollte eigentlich immer schon Filmmusik schreiben, was
mir in den 50er Jahren noch verwehrt blieb. Dann habe ich
eben Werbefilme vertont. Sogar sehr viele. Bei einem Urlaub
am Attersee im Jahr 1962 habe ich dann eines Tages zwei
Taucher kennengelernt, die mir erzählt haben, dass sie
Produzenten seien und gerade einen Film drehen würden
namens UNTER WASSER KÜSST MAN NICHT mit Gunther
Philipp und Evi Kent in den Hauptrollen. Als sie erfahren
haben, dass ich Werbemusik komponiere, haben sie spontan gemeint: »Heast, da könntest ja gleich für unsern Film
die Musik schreiben!« Ich habe eingewilligt und schon wenige
Tage später mit einem 40-Mann-Orchester den Soundtrack
aufgenommen. Ist ganz hübsch geworden, wie ich finde.
Man bringt Sie oft mit dem deutschsprachigen SexKino der 1960er und 70er jahre sowie den Arbeiten des
österreichischen B-Movie-Pioniers Eddy Saller in Verbindung, für den Sie zwei Filmmusiken komponiert haben: GEISSEL DES FLEISCHES (1965) und SCHAMLOS
(1968).
Saller war nicht groß auftragend, ein ruhiger und angenehmer Regisseur. Gleichzeitig war er einer jener Anfänger, die
Mitte der 60er gesagt haben »Machen wir Film!« Aus dem
Nichts. Ich hab auch keine Ahnung, ob er eine entsprechende Ausbildung hatte. Was das Sex-Kino betrifft, war das
eine zweischneidige Geschichte. Es gab damals ja einige
Porno-Kinos, die explizite Hardcore-Streifen gezeigt haben.
Für ein bürgerliches Publikum war es aber unmöglich, dort
hineinzugehen. Niemand wollte dort gesehen werden. Eddy
Sallers Filme verfolgten hingegen eine etwas andere, subtilere Methode. Dort ging es nicht ausschließlich um Sex,
sondern auch um gesellschaftlich relevante Stoffe, die man
gewissermaßen ernst nehmen konnte. GEISSEL DES
FLEISCHES basiert ja auf realen Begebenheiten. (Gemeint
ist der sogenannte »Wiener Opernmord«, ein Aufsehen
erregender Kriminalfall aus dem Jahr 1963, Anm.) Der Film
ist quasi eine Reportage. Auf diese Art wurde immer wieder versucht, Sex-and-Crime-Themen zu verkaufen, ohne
dass die betreffende Produktion sofort Gefahr lief, als
Schmutzfilm verbannt zu werden. Eddy Saller hat sich ganz
auf diese Schiene spezialisiert. Was hätte er auch sonst
machen sollen? Für opulente Revue-Filme war ja kein Geld.
Im weiteren Verlauf Ihrer Karriere haben Sie rund 80
Produktionen der Wiener Lisa Film GmbH vertont,
u. a. solche Schundklassiker wie jOSEFINE MUTZENBACHER.
Eines Tages hat mich ein Aufnahmeleiter angerufen. Es
ging um einen Film, für den ein bekannter Wiener Orchesterleiter bereits Filmmusik geschrieben hatte (KOMM LIEBE
MAID UND MACHE ..., Anm.). »Sag, kannst du uns nicht die
Schlussmusik neu schreiben?«, hat der Mann am Telefon
gefragt. »Der Verleih will die Musik nicht, die wir bekommen haben.« Ohne Verleih hätte die Produktion wohl durch
die Finger geschaut, weil die Einnahmen ausgeblieben wären und nach einigem Hin und Her hab ich’s dann gemacht.
Den Verantwortlichen hat es offensichtlich gefallen und ich
habe im weiteren Verlauf der Jahre noch viele weitere
Filmmusiken für die Lisa Film komponiert. So war das oft in
meiner Karriere: Plötzlich öffnet sich irgendwo eine Türe
und man muss dann schauen, ob man das eh zammbringt.
JOSEFINE MUTZENBACHER war übrigens sehr speziell:
Weil’s ja formal gesehen eine Literaturverfilmung war,
Gerhard Heinz
konnte da plötzlich jeder hineingehen, ohne sich zu genieren. Ein riesiger Kassenerfolg war das. Eine Vorstellung
nach der anderen war ausverkauft. Unglaublich!
Sie können heute auf ein reichhaltiges Gesamtwerk von
rund 140 Soundtracks für Kino und Fernsehen zurückblicken. Ihre Arbeiten reflektieren dabei sehr häufig
zeitgenössische Genres, die angesichts Ihrer eigenen
jazz- und Tanzorchester-Wurzeln überraschend »visionär« anmuten.
Wir haben sehr oft Sachen gemacht, weil’s grad en vogue
war. Es gab da immer wieder die Auflagen seitens der Produzenten »es muss modern sein«. Meine Frage, was denn
genau modern sei, konnte mir aber niemand beantworten.
Ich hab mich also an Strömungen der Zeit orientiert. Vielleicht war ich auch manchmal der Zeit ein bisschen voraus.
Aber im Prinzip war es, wie es schon immer in der Musik
war. Seit den Tagen des Gregorianischen Chorals gilt, dass
man das weiterentwickelt, was schon da ist. Das ist der
Gang in der Musik. Was soll man machen? Soll man die millionste Komposition im Stil der Barockmusik schreiben?
Kann man schon. Aber muss man?
Geboren 1927 in Wien, beschritt der Film- und Werbekomponist
GERHARD HEINZ bereits als Teenager eine außergewöhnliche
Laufbahn: Ab den späten 1940er Jahren tourte er durch stickige
Vorstadtlokale des regionalen Jazz-Underground (gemeinsam mit
zukünftigen Weltstars wie Fatty George, Hans Koller und Joe
Zawinul sowie als Mitglied des Hot Club Vienna), um wenig später
als Hammond-Organist des profilierten Horst-Winter-Tanzorchesters auf großen Bühnen zu stehen. In den späten 1950er Jahren
arbeitete er für Gerhard Mendelson als Aufnahmeleiter der Austrophon-Studios und zog im Hintergrund unzähliger Millionenhits des
deutschen Marktführers Polydor die Fäden.
KINO.mAGAzIN GERHARD HEinZ
KINO.mAGAzIN GERHARD HEinZ
In den frühen 1960er jahren haben Sie mit der Vertonung von Werbefilmen begonnen und den Betrieb eines
eigenen Studios aufgenommen. Wie kam es dazu?
Ein Bekannter hat mich auf die Idee gebracht. Eigentlich
nicht blöd, hab ich mir gedacht. Tonaufnahmen für Werbefilme waren zu diesem Zeitpunkt sündhaft teuer oder qualitativ minderwertig. Gemeinsam mit einem befreundeten
Musiker habe ich 1963 dann das Studio »Filmakustik« in der
Penzinger Straße gegründet, das über die Jahre als »Tonstudio Heinz« bekannt geworden ist. Das hat damals ziemlich eingeschlagen. Neben Tonaufnahmen kamen noch
Filmsynchronisationen hinzu und wir waren lange Zeit nahezu konkurrenzlos am heimischen Markt. Am Ende war das
ein Riesenbetrieb mit fünf Studios und 14 Fixangestellten.
27
Eric Pleskow im METRO Kinokulturhaus
ERiC PLESkoW
PORTRäT
GABi FLoSSMAnn
KINO.mAGAzIN ERiC PLESkoW
W
28
enn mich die Nazis nicht aus Österreich vertrieben
hätten, dann wäre ich Arzt geworden«, meint Eric
Pleskow in den seltenen Momenten der nostalgischen Rückschau auf das eigene Leben. Im Bedauern, dass
er nicht die Hand an den Puls von Patienten legen konnte,
scheint er zu vergessen, dass er stattdessen als HollywoodMogul am Puls der Zeit war und mit seinen Filmen wahrscheinlich mehr zur Besserung der menschlichen Befindlichkeit beitragen konnte als in seinem ursprünglichen
Wunschberuf. Nicht zuletzt zeugen die 14 gewonnenen
Oscars in der Kategorie »Bester Film« davon, dass Eric
Pleskow einem Millionenpublikum weltweit unzählige schöne Kinostunden beschert hat. Der Komplex wegen des versäumten Medizinstudiums saß trotzdem immer tief und
hängt – wie er gesteht – mit seiner Mutter zusammen, die
ihn gerne als Arzt gesehen hätte. Es ist nun schon fast 38
Jahre her, seit ich Eric Pleskow in London zum ersten Mal
getroffen habe. Es war im Februar 1977, auf einer Convention des Hollywood-Studios United Artists. »We are No. 1«
stand auf den T-Shirts seiner Angestellten und Mitarbeiter,
die sich damals im luxuriösen Ambiente eines Londoner
Nobelhotels mit internationalen Journalisten trafen, um die
kommenden Film-Hits vorzustellen und die neuesten Marketing-Strategien zu besprechen. Mit eingeladen waren einige Regisseure und Stars dieser Filme, darunter Brian de
Palma, Francis Ford Coppola, Michael Cimino, Sylvester
Stallone und Roger Moore – damals ganz frisch und neu als
James Bond. Aber ein Großteil der Convention-Teilnehmer
waren eben jene Träger des T-Shirts mit der Aufschrift »We
are No. 1« – und eine dezentere Formulierung wäre falsche
Bescheidenheit gewesen, denn die United Artists hatten
es damals, unter der Präsidentschaft Eric Pleskows,
Am nächsten Tag fand das Interview statt. Der schwierige
Mister Pleskow war, wie sich herausstellte, der wortkarge
dritte Mann am Tisch des Gala-Diners. Er sprach ein fließendes, akzentfreies und leicht wienerisch angehauchtes
Deutsch und betonte mehrmals, dass er normalerweise keine solchen Interviews gebe, aber die beiden anderen Herren vom gemeinsamen Tisch am Vorabend hätten ihn dazu
überredet. Einer dieser Herren war Norbert Auerbach, der
nach Eric die United Artists übernommen und mit dem
finanziellen Desaster rund um Michael Ciminos HEAVEN’S
GATE in den Ruin geführt hatte. Kurze Zeit später – im Mai
1977 – traf ich Eric Pleskow bei den Filmfestspielen in
Cannes wieder. Für gewöhnlich verbarrikadierte er sich jedes Jahr im gleichen Zimmer, Nr. 321, des Carlton-Hotels. Er
wollte sich so dem Starrummel auf der Croisette entziehen.
Bis auf einen Tag – da saß er unten auf der Terrasse und
hatte das Pech, dass ich ihn entdeckte und ansprach.
»Er war einer der letzten in Hollywood,
der wusste, dass Film Kunst und keine
Ware ist.«
MARTin SCoRSESE
Ich war damals zum ersten Mal im Auftrag des ORF bei einem Festival und sollte für die noch junge ZiB 2 ein Interview führen mit einem Hollywood-Mogul – zum Thema
»Starlets«, die sich ausziehen, um von Produzenten für den
Film »entdeckt« zu werden. In Eric Pleskows Miene zeigte
sich, nach anfänglich überraschter Höflichkeit, eiskalte Ablehnung. Nicht wegen der nackten Starlets – über die hätte
er wahrscheinlich ohne Weiteres etwas gesagt – sondern
wegen der Worte »österreichisches Fernsehen«. Er stehe
für österreichische Institutionen nicht zur Verfügung! Ich
war verdattert und beleidigt, und wollte eigentlich gehen.
Dann kehrte ich aber doch wieder um und stellte ihn wegen
seiner rüden Art zur Rede. Ich sagte ihm, dass ich zwar jedes Verständnis für seine Ablehnung gegen österreichische
Institutionen hätte, aber er möge bedenken, dass ich keine
Institution sondern ein Mensch sei und dass er mit seiner
schroffen Zurückweisung meine Gefühle verletzt habe.
Nun war Eric Pleskow verdattert, er entschuldigte sich und
er willigte ein, das Interview zu geben. Es fand statt – im
Hotel Carlton, auf Zimmer 321. An seine Meinung über
nackte Starlets kann ich mich nicht mehr erinnern.
»Er ist zu mir gekommen und hat mir
die Rolle des Hannibal Lecter angeboten. Das war der Beginn meiner neuen
Karriere. Was soll ich darüber hinaus
noch sagen ...«
AnTHony HoPkinS
Erst Jahre später konnte ich die genaueren Ursachen und
die Tragweite von Erics Vorbehalten gegenüber Österreich
ermessen. Und je mehr ich in den vielen Gesprächen über
sein persönliches Schicksal erfuhr, desto größer wurde
mein Wunsch, ihn mit Österreich zu versöhnen und ihm zu
beweisen, dass es hier auch andere Menschen gibt als jene,
unter denen er bis zu seiner Flucht im Jahr 1939 gelitten
hatte. Er erzählte, wie er buchstäblich in letzter Minute in
jenem Jahr als knapp 15-Jähriger sich und seine Eltern retten konnte – und von seinem Bruder Herbert, der nach langer, schwerer Krankheit 1939 verstorben war. Wäre er nicht
gestorben, so Eric Pleskow, dann wären er und seine Eltern
sicher in einem KZ umgekommen, denn sie hätten ohne
den kranken Herbert, dem man die anstrengende Flucht
nicht zumuten konnte, Wien nie verlassen.
»Für mich war Eric Pleskow wie ein
Vater. Er hat mich dazu ermahnt, in
meiner künstlerischen Arbeit immer
nur nach vorne zu sehen.«
MiLoŠ FoRMAn
Als langjährige Freundin habe ich viel über Eric Pleskows
persönliche Geschichte und über seine Karriere gelernt,
unter anderem, wie man ein neues Hollywood-Studio gründet. Bei einem Telefongespräch im Jahr 1978 fragte ich ihn
wie gewöhnlich: »Was machst du heute?« Seine Antwort:
»Ich gründe eine neue Firma!« »Wieso? Reicht dir die
KINO.mAGAzIN ERiC PLESkoW
tatsächlich geschafft, zum Marktführer der US-Filmindustrie zu werden. Sieben seiner 14 Oscars in der Kategorie
»Bester Film« konnte er während seiner Ära bei der United
Artists gewinnen – darunter auch den für ANNIE HALL von
Woody Allen, dessen erste Filme er finanziert hatte. Zurück
zum ersten Abend der Londoner Convention im Jahr 1977:
Am ersten Abend gab es ein Gala-Diner im Ballsaal des
Nobelhotels. Ich kam zu spät, alle Tische waren bereits voll.
Bis auf einen – ein Tisch für zwölf Personen war nahezu
leer. Nur drei Herren mittleren Alters saßen da und erhoben keinerlei Einwände, als ich mich dazu setzte. Zwei der
Herren sprachen freundlich mit mir, der dritte hielt sich zurück. Auf Englisch fragte ich sie, ob sie den Präsidenten der
United Artists kennen würden, der ja angeblich Österreicher sei. Diese Frage erregte gleichermaßen Verwunderung
wie Erheiterung. Sie versprachen, ein Interview mit Mister
Pleskow zu vermitteln – eine schwierige Aufgabe, wie sie
meinten, weil Mister Pleskow alles andere als ein einfacher
oder gar angenehmer Mensch sei.
29
»Eric Pleskow was a tough man!
Er wollte mir mein Rocky-Drehbuch
abkaufen und hat mir nicht zugetraut,
dass ich mit meiner halbseitigen
Gesichtslähmung selbst die Hauptrolle
spielen kann. Aber ich habe mich gegen
seinen Widerstand durchgeboxt und
vielleicht verdanke ich ihm gerade
deshalb meine Zähigkeit, meinen
Ehrgeiz und meinen Erfolg.«
SyLvESTER STALLonE
Seine ersten Erfahrungen im Filmbusiness hatte Eric als
Cutter von Dokumentarfilmen gesammelt. Eine Stelle, die
ihm seine Mutter vermittelt hatte, nachdem sie für eine
kleine Produktionsfirma in New York Vorhänge genäht hatte, um ihre Familie finanziell über Wasser zu halten. Mit seiner Mutter hängt auch Eric Pleskows Ehrgeiz zusammen,
denn sie hatte es nie überwinden können, dass die Flucht
aus Wien und der Überlebenskampf in den USA die akademische Karriere und ärztliche Laufbahn ihres Sohnes verhindert hatten. Immer, so erinnert sich Eric Pleskow, kritisierte die Mutter, dass er nicht genug aus seinem Leben
gemacht hätte. Erst nach ihrem Tod bemerkte er, dass sie
alle Zeitungsberichte über seine Erfolge in Hollywood ausgeschnitten und aufbewahrt hatte. Sie war also doch stolz
auf ihren Sohn. Und besonders stolz wäre sie gewesen,
davon ist Eric Pleskow überzeugt, dass heute ein Kinosaal
in Wien seinen Namen trägt – in der Stadt, aus der sie einst
vertrieben wurden. Und weil ich ja immer wieder Menschen
interviewt habe, die Eric viel verdanken, möchte ich aus
einigen dieser Interviews kurz zitieren.
22. OKTOBER BIS 5. NOVEMBER 2015
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»Es war schwer, ihn mit einem Filmgag
zum Lachen zu bringen, weil er selbst
ein Meister der raschen Pointe ist.
Wenn es gelang, dann war das ein Gütesiegel.«
WooDy ALLEn
Die schlüssigste Aussage aber hat Billy Wilder über seinen
langjährigen Weggefährten getroffen. Er widmete ihm den
Film EINS, ZWEI, DREI und ließ Erics filmisches Alter Ego
von James Cagney spielen. Genau so wie dieser in seinem
Film als Chef der deutschen Coca-Cola-Niederlassung
agierte, behauptete Billy Wilder in einem Interview, hätte
Eric Pleskow die Mitarbeiter der Bavaria »auf Zack« gebracht, als er im Auftrag der USA von München aus die
deutsche Filmindustrie wieder beleben sollte.
»Eric Pleskow ist wahrscheinlich der
einzige wirkliche Gentleman in diesem
Business. Ich weiß nichts von seiner
Herkunft und seinen Vorfahren.
Ich weiß nur, dass er für mich ein
wichtiger Mensch war. Er hat mich
ermutigt und mir vertraut.«
kEvin CoSTnER
ERIC PLESKOW wurde am 24. April 1924 in Wien geboren. 1939
emigrierte er in die USA. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges kehrte er nach Europa zurück und wurde als US-Filmoffizier mit dem
Aufbau der Bavaria Studios betraut. Ab 1951 arbeitete Eric Pleskow
bei United Artists, zunächst als Zuständiger für den internationalen
Vertrieb, ab 1973 als Präsident des Filmstudios. 1978 gründete er
die Produktionsfirma Orion Pictures, die er bis 1992 leitete. Zu
Eric Pleskows Erfolgen zählt eine Reihe von Oscar preisgekrönten
Filmen, u.a. ONE FLEW OVER THE CUCKOO’S NEST, ROCKY,
AMADEUS, THE SILENCE OF THE LAMBS.
KINO.mAGAzIN ERiC PLESkoW
United Artists nicht?« »Ja, schon, aber die Transamerica
Corporation hat ja die Firma gekauft, und die neuen Manager glauben, sie können mir bei den Filmen dreinreden.«
»Und deshalb gründest du jetzt eine neue Firma? Wie
machst du denn das?« Darauf Eric, lakonisch: »I muss heut
nur no wen finden, der mir 50 Millionen Dollar borgt ...« Er
hat die Summe bekommen und damit die Orion gegründet
– und sieben weitere Oscars gewonnen. Unter anderem für
AMADEUS von Miloš Forman, DER MIT DEM WOLF TANZT
von Kevin Costner und SCHWEIGEN DER LÄMMER von
Jonathan Demme.
31
DAS ALSo WAR
DES PUDELS kERn
Ein nACHRUF von ToMÁŠ MikESkA
D
er Unangepasste ist von uns gegangen. Was bleibt,
sind Spuren eines Schaffens, das empört, amüsiert,
beschämt und unterhalten hat. Ein filmischer Nachlass, der zu einem Großteil vom Filmarchiv Austria verwaltet und anlässlich des Todes seines Schöpfers in einer speziellen Peter-Kern-Schau präsentiert wird.
KINO.prOgramm Aus Fleisch und Blut
Peter Kern war Regisseur, Autor, Schauspieler und – Aufmischer. Seine Überzeugung trug er stets auf der Zunge
und eckte damit vielfach an. In die Nachkriegszeit hineingeboren, in den zweiten Wiener Gemeindebezirk, wollte er
seine proletarische Herkunft nie leugnen. Seine Kunst trägt
die Handschrift eines Kindes des Praters, eines Anhängers
der Außenseiter, eines Ausgegrenzten, sich selbst Ausgrenzenden, eines homosexuellen und fettleibigen Kämpfers,
der im Duchschnittlichen, im Konventionellen, in der Anpassung das Ende sah. Mit seinen Extremen könnte er der
Vater aller Gaga-Monster sein, aber er bleibt, was er schon
lange war – ein Großer des Kinos. Seine Laufbahn begann
auf der Bühne, als Bewunderer von Marika Rökk, Wiener
Sängerknabe und Darsteller. Er arbeitete mit namhaften
Kollegen zusammen und machte sich selbst bald einen
Namen. Als Darsteller wurde er schnell zur Legende,
aber auch als Regisseur und Autor wusste er mit wenigen
Mitteln zu überzeugen. Für Rainer Werner Fassbinder
(FAUSTRECHT DER FREIHEIT, BRD 1974), Wim Wenders
(FALSCHE BEWEGUNG, BRD 1975), Hans-Jürgen Syberg oder
Christoph Schlingensief (TERROR 2000 – INTENSIVSTATION
DEUTSCHLAND, D 1992) stand er vor der Kamera und
vergaß dabei nie, woher er kam.
32
Flammende Herzen
Die Wiener Unterschicht beflügelte ihn, vom Rotlichtmilieu
war er gefesselt. Seine Helden entstammen, wie er selbst,
diesem Lebens- und Leidenskosmos – Ex-Prostituierte
(DOMENICA – ALLE KOMMEN ..., D 1998) und Stricher
(GOSSENKIND, D 1992), Tote und Untote, Täter und Opfer.
Sie sind es, die er in seinen Low- und No-Budget-Filmen zu
Wort und öfters zu schmerzvollem Schrei kommen lässt.
Er zeigt das Leiden und den Spaß, den Kampf für sich und
den Kampf an sich, lustvoll, belustigt, bitterböse
(HAIDER LEBT – 1. APRIL 2021, D 2002).
»Den Mittelpunkt bestimmt
das Mittelmaß, damit habe ich
nichts zu tun. jede Form der
Anpassung ist ein Ausdruck
der Unfreiheit.«
Mit unzähligen Filmen, aber auch mit seiner Person setzte
Peter Kern ein lautstarkes Zeichen. Er sprach offen von
Einsamkeit, seiner Fettleibigkeit, einer »Leck-mich-amArsch-Gesellschaft«, von Liebe, Sehnsucht, Trostlosigkeit.
Peter Kern ist tot. Er hinterlässt eine große Lücke im kritischen Autorenfilm. Was bleibt, ist ein filmkulturelles Erbe,
provokant und dennoch sensibel, kompromisslos laut
und energisch leise. Er selbst wollte keinen Autorenfilm,
keine Genre-Kunst schaffen, sondern Geschichten erzählen,
die etwas bewirken und die berühren, denn das waren
sie – immer persönlich, immer gegen den Strich – eben
Geschichten von und mit Peter Kern.
»Ich liebe die Unterdrückten,
die Ausgebeuteten, die
versuchen zu überleben, und
ich bin einer von ihnen.«
IN MEMORIAM PETER KERN Geschichten eines Unangepassten
15.–18.10.2015, METRO Kinokulturhaus
33
FiLM noiR RELoADED
DIE DUNKLEN SchATTEN
DER mODERNE
FRAnk STERn
der FILM NOIR weist in seiner thematischen und psychologischen Vielschichtigkeit spannende Rollen von PsychoanalytikerInnen und PsychologInnen auf, die sich zwischen
Wissenschaft, Krankenheilung, Scharlatanerie und kriminellem Missbrauch der Lehren von Freud bewegen. Traum,
Trauma, Verdrängung, Vergessen und Erinnerung sind vielfach wiederholte Bezüge im NOIR, der nicht allein nach Motivationen der Handelnden fragt sondern nach den unbewussten und unterbewussten Einflüssen individueller und
zeitgeschichtlicher Ereignisse auf die menschliche Psyche.
In der interdisziplinären Auseinandersetzung mit FILM
NOIR hat sich die Beschäftigung mit der Spannung zwischen kulturhistorischer und psychoanalytischer Filmanalyse als überaus produktiv erwiesen und unerwartete Weggabelungen sichtbar gemacht, die zum tiefgehenden
Verständnis der Filmkunst jener Epoche beitragen können.
ExiLERFAHRUnG ALS FiLMTHEMA UnD
kULTURELLER SUBTExT
F
ILM NOIR lässt sich nur schwer definieren. Doch wenn
man einen klassischen Film aus dem Hollywood der
1940er und 1950er Jahre sieht, fühlt man schneller als
man weiß, dass es ein NOIR ist – oder auch nicht. Dabei
geht es nicht allein um jene fulminante und durch Schatten,
Dunkelheit und Kontraste leuchtende Ästhetik, um jene
genreüberschreitenden, packenden Geschichten, um jene
einsamen Gestalten aus den Dramen- und Sehnsuchtsbüchern der Moderne, jene ambivalenten, alle moralischen
Grenzen verschiebenden narrativen und ästhetischen Verunsicherungen von Männlichkeit und Weiblichkeit. FILM
NOIR ist vor allem Atmosphäre, cineastische Analyse krisengeschüttelter individueller und gesellschaftlicher Befindlichkeiten, ein veritables Kompendium psychologischer
und psychoanalytischer Fallstudien. FILM NOIR beweist, dass
Filmkunst und gute Unterhaltung sich nicht ausschließen.
KINO.mAGAzIN FiLM noiR RELoADED
WAS HAT FiLM noiR MiT WiEn UnD BERLin
ZU TUn?
34
Die Hollywood-Filmstudios jener Zeit zeichneten sich durch
zwei umfassende kulturelle Entwicklungen aus, die sich in
der Bewegung des FILM NOIR intensiv spiegelten und seinen Einfluss auf die internationale Filmentwicklung auch
langfristig festschrieben:
Erstens die Integration zahlreicher Filmschaffender, die aus
den Filmmetropolen Europas, vor allem Berlin, Wien und
Paris durch Faschismus und Nationalsozialismus vertrieben
worden waren und ihre Erfahrungen in der europäischen
Filmkultur nun unter veränderten Produktions- und Rezep-
tionsbedingungen umsetzen konnten. In der Literatur wird
oft von Filmexil gesprochen, doch es war ein Exil aus dem
es für die große Mehrheit der FilmkünstlerInnen und ihrer
Angehörigen keine Rückkehr gab. Aus den Wiener und Berliner Filmkulturen, die sich nach 1945 ohne die jüdischen
Filmschaffenden in der Tradition von Ufa und Wien-Film der
1930er und 1940er Jahre »neu« erfanden, gab es keinen
offiziellen kollektiven Rückruf. Für sehr viele wurde das Exil
zu einem neuen Zuhause, einer weiteren Diaspora in der
langen Kette der Vertreibungen. Beim Blick auf die Periode
des FILM NOIR geht es daher nicht allein um das künstlerische Wirken einzelner WienerInnen und BerlinerInnen bei
Warner Brothers, Universal, Paramount oder RKO sondern
um eine auf unterschiedlichen cineastischen Erfahrungen
aufbauende widerspruchsvolle Integration von Teilen der
Wiener und Berliner kulturellen Milieus in Los Angeles
und New York. Die Rezeption dieser Filmperiode in den
vergangenen Jahren konzentrierte sich oft auf die Namen
der »Ersten Reihe« Filmschaffender wie Fritz Lang, Otto
Preminger, Billy Wilder, Hedy Lamarr, Wilhelm Dieterle,
Peter Lorre, Otto Korngold, doch selbst deren weniger bekannte Filme wurden selten gezeigt oder durch verhunzende Synchronisationen ihres politischen und ästhetischen
Charmes beraubt. Die »Zweite Reihe« der Filmschaffenden,
die oft unter »ferner wirkten mit« liefen oder die mit amerikanisiertem Namen in den Abspännen genannt wurden,
spielte eher in der Wissenschaft eine Rolle als in den Kinos.
Zweitens die intensive Verbreitung der Schriften Freuds
und die Selbstverständlichkeit, mit der psychoanalytische
Themen zu einem Teil der Filmkultur und des gesellschaftlichen Lebens der Filmschaffenden geworden waren. Gerade
Die Erfahrungen der von Hollywood aufgenommenen europäischen Filmschaffenden fielen in eine Periode, in der
sich eine transatlantische Filmsprache herausbildete, der
Tonfilm analoge Produktionsbedingungen in Europa und
Nordamerika schuf und die Mischung aus expressionistischen Stilmitteln, realistischem Anspruch, sozialkritischem
Engagement und poetischem Verständnis der Filmkunst
sich mit dem amerikanischen Studiosystem oft widerspruchsvoll verband. Manche der exilierten Filmschaffenden vom Kameramann über DrehbuchautorInnen,
Komponisten, Schauspielerinnen und Schauspieler, Musikarrangeure, ChoreografInnen, AusstatterInnen, Regisseure
waren vor ihrer Vertreibung aus Deutschland und Österreich bereits bekannte Namen in den Studios. Andere
mussten sich in den Hierarchien der Alteingesessenen erst
langsam hocharbeiten. Manche schafften es, anderen blieb
nur die Gelegenheitsarbeit für den. Die Exilerfahrungen, die
Flucht oder auch der Versuch, in den USA Fuß zu fassen,
die menschliche Krisensituation schlechthin in all ihren
weiblichen und männlichen Ausprägungen zwischen Abhängigkeit, Beziehungsneurosen und Selbstermächtigung
wurden im FILM NOIR zu Subtexten, die oftmals mitreißender sind als die narrative Struktur.
Der Kontext der filmischen Beschäftigung mit der Condition Humaine im FILM NOIR war ein Geflecht von asylsuchender Migration, erzwungenem Kulturtransfer,
künstlerischer Offenheit der Studios, gesellschaftlichen
Anforderungen an die Filmindustrie und profunder Marktorientierung. Daraus ergab sich eine Mischung aus schattenartigen Reflexen des American Dream und des European Dream in einer kulturell geballten Entwicklung, in der
Vorkriegszeit, Kriegszeit und Nachkriegszeit in Hollywood
nahtlos ineinander übergingen. Dass daraus FILM NOIR
entstand, konnte erst nach 1945 ein französischer Filmkritiker feststellen. Und dass es im FILM NOIR eine untrennbare Verbindung von Exil und Psychoanalyse, von fragilen
Filmstandards und visuellen Infragestellungen vermeintlich
eindeutiger Sexualitäten gibt und die naive Dualität von
Böse und Gut im Schatten der filmischen Moderne verschwindet, konnte selbst die damalige Zensur nur ahnen.
FiLM noiR RELoADED
FILM NOIR RELOADED will in den kommenden Monaten
die »Erste« und die »Zweite« Reihe in die Kinos zurückrufen, wenig gezeigte Spielfilme und restaurierte Klassiker
aus den Regalen der Archive holen, auf die psychoanalytische Couch legen und kulturhistorisch hinter die Kulissen
schauen. Neben der Filmreihe FILM NOIR – EXIL – PSYCHOANALYSE, an der die Psychoanalytikerin Jeanne Wolff
Bernstein regelmäßig als Kommentatorin mitwirken wird,
sind unter anderem Retrospektiven zur Auseinandersetzung mit Migration, Rassismus und Grenzerfahrungen sowie zum NOIR WESTERN geplant. FILM NOIR ist das Kulturell Andere, das Fremde im Hollywood-Film, das zum
Eigenen wurde, zur multi-cineastischen Identität der FilmModerne, deren Schatten wir auf der Leinwand sehen.
D.O.A.
36
KINO.prOgramm Aus Fleisch und Blut
o
R
P
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in
Asphalt
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KINO.prOgramm Aus Fleisch und Blut
M
M
A
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37
WERnER nEkES
RETROSPEKTIVE
PRoGRAMM 1 S. 37
ULIISSES
PRoGRAMM 2 S. 38
ARTIKEL | SchNITTE FÜR AbAbA | VIS-á-VIS
SPAcEcUT | mITchELL FEIGENbAUm
PRoGRAMM 4 S. 39
LITTLE NIGhT | JOhNNy FLASh
PRoGRAMM 5 S. 40
TARzANS KAmPF mIT DEm GORILLA | mIRADOR
KINO.prOgramm Aus Fleisch und Blut
PRoGRAMM 6 S. 40
AbbANDONO | DIWAN
38
PRoGRAMM 7 S. 41
NEKES | zU GAST bEI WERNER NEKES
PRoGRAMM 8 S. 41
AmALGAm | bEUyS | mAKImONO
PRoGRAMM 9 S. 42
DAS SEmINAR | PEGGy UND DIE ANDEREN,
ODER WER TRäGT DIE AVANTGARDE? | WER IST JOhNNy FLASh?
PRoGRAMM 10 S. 42
START | GURTRUG NR. 1 | mUhKUh
SchWARzhUhNbRAUNhUhNSchWARzhUhNWEISShUhNROThUhNWEISS
ODER PUT-PUTT | KELEK
Di 6.10., 20:00 | Mi 21.10., 20:00
PRoGRAMM 1
ULiiSSES
WERnER nEkES, BRD 1980/82
FREI NAch JAmES JOycES ULySSES, hOmERS ODySSEE UND NEIL ORAmS ThE WARP | TEAm:
DORE O., bERND UPNmOOR, hERbERT JESchKE, VOLKER bERTzKy, GISELA SchANzENbAch,
ASTRID NIcKLAUS, bIRGER bUSTORFF | TON: ANThONy mOORE, hELGE SchNEIDER UND
mUSIKER DES »ScIENcE FIcTION ThEATRE OF LIVERPOOL« | mIT VA WöLFL, TAbEA bLOOmENSchEIN, RUSSEL DENTON, ShEhzAD AbbAS, SARAh ANTILL, JIm bROADbENT, bERND UPNmOOR,
WERNER NEKES, DORE O., bIRGER bUSTORFF | LäNGE: 94 mIN. | FORmAT: FARbE, DF, 35mm
Der Film ist eine »homerische« Reise durch die Geschichte
des Kinos. Werner Nekes fasst Homers Odysseus, Joyces
Ulysses und Orams synthetischen Telemach/Phil zusammen
und zeigt die Geschichte dieser Figuren analog zur
Geschichte der »Lichteratur«, des Schreibens mit »Licht«
(= Film). Hauptthema ist jedoch die visuelle Sprache selbst.
Odysseus/Bloom verwandelt sich in Uli, den Fotografen,
Penelope/Molly ist sein Modell, Telemach/ Stephan wird
Phil, der seine »Telemachia« beginnt. Die Verknüpfung ihrer
drei Lebensläufe geschieht im Ruhrgebiet, an einem Tag
im September 1980, die Bundesrepublik steht gerade vor
Wahlen. »Diese inhaltliche Gewebe-Struktur ist derart faszinierend, dass wir beim ersten Sehen des Films uns nur ab
und zu bewusst werden, was für einen unglaublich komischen Film wir gezeigt bekommen.« (Eva M. J. Schmid,
Journal Film, 4)
KINO.PROGRAmm WERnER nEkES
PRoGRAMM 3 S. 39
DER TAG DES mALERS
39
Mitchell Feigenbaum
Mi 7.10., 20:00
PRoGRAMM 2
ARTikEL
viS-Á-viS
Bewegt werden
I. eine männliche Person (Sekanten
innerhalb eines Kreises auf dem Rechteck der Leinwand),
II. eine weibliche Person (Rotation im Mittelpunkt eines
Kreises innerhalb
eines Vierecks auf dem Rechteck der Leinwand).
III. Die männliche und weibliche Person führen Bewegungen
im Rechteck der Leinwand aus.
Eine fixierte Kameraeinstellung auf sechs Personen, die bewegungslos in die Kamera schauen. Mit der Zeit können
minimale Bewegungen der Personen unterschieden werden.
WERnER nEkES, BRD 1966
LäNGE: 10 mIN. | FORmAT: FARbE, DF, 16mm
»Nekes baut seinen Film in drei
Sequenzen auf, deren erste durch drei dividierbare Bildzahlen aufweist, die Bildzahl der zweiten lässt sich jeweils
durch zwei dividieren, die letzte Sequenz wird eine durch
Verschiedenes bestimmte Synthese aus den beiden vorhergehenden Sequenzen ...« (Cyrus Kube, Aachener Nach­
richten, 16.11.1968)
KINO.PROGRAmm WERnER nEkES
SCHniTTE FüR ABABA
40
soll die Zuschauer dazu animieren, eigene Lichtquellen zu
erzeugen (mit Feuerzeugen, Smartphones etc.) und so mit
Licht und Schatten zu operieren.
WERnER nEkES, BRD 1967
LäNGE: 11 mIN. | FORmAT: FARbE, DF, 16mm
»ABABA« steht für die Reihung A B A B A ..., für den alternierenden Schnitt von rotem und grünem Filmmaterial. Der
Film beginnt mit einer realen Szene, in der Polizisten versuchen, einen Kollegen zu ergreifen. Er endet mit vier Minuten
Schwarzfilm, bei dessen Projektion das Licht ausgeschaltet
wird, sodass das Publikum nur noch den Ton wahrnimmt.
Diese Dunkelheit ist Bestandteil der Filmvorführung und
WERnER nEkES, BRD 1968
LäNGE: 14 mIN. | FORmAT: S/W, STUmm, 16mm
SPACECUT
WERnER nEkES, BRD 1971
LäNGE: 42 mIN. | FORmAT: FARbE, DF, 16mm
»Spacecut« (Raumschnitt) überwältigt durch Präzision. Ein
schwindelerregendes Virtuosenstück über die Indianer in
Taos und über ein Goldgräberfeld in der Sierra Nevada –
aufgenommen in 50.000 Einzelbildern.
MiTCHELL FEiGEnBAUM
WERnER nEkES, DoRE o., D 1992
mITARbEIT: ASTRID NIcKLAUS, DIRK bRAUNER | mIT mITchELL FEIGENbAUm | LäNGE: 13 mIN.
FORmAT: FARbE, DF, 16mm
Mitchell Feigenbaum, einer der großen Naturwissenschaftler dieses Jahrhunderts, formuliert das Prinzip seines Denkens, welches ihn zur Entdeckung von »alpha« (= 2,50290)
und »delta« (= 4,69920) geführt hat, den sogenannten
»Feigenbaum-Zahlen«. Sie sind universelle Konstanten, die
Aussagen über das Chaos ermöglichen. Nekes nutzt die
chaotischen Prozesse in der Chemie, um analog zur Entwicklung des Filmmaterials die Gedankengänge Feigenbaums zu visualisieren.
Der Tag des Malers
Do 8.10., 19:00 | So 11.10., 16:00
PRoGRAMM 3
DER TAG DES MALERS
WERnER nEkES, D 1997
bUch: WERNER NEKES | KAmERA: WERNER NEKES | DIGITALE bILDbEARbEITUNG RAJELE JAIN
mUSIK: ANThONy mOORE | mIT KIRSTEN DRESSLER, hEIDE JANSEN, mARIA mAScIULLI, JUDITh
VERbERNE | LäNGE: 84 mIN. | FORmAT: FARbE, DF, 35mm
Der Blick des Malers auf das weibliche Modell, oder Wie sich
Voyeurismus in Kultur verwandelt ... Ein erotischer Abenteuerfilm, dessen Thema der Zuschauer selbst ist. DER TAG
DES MALERS zeigt, was LA BELLE NOISEUSE nicht zeigen
mag: das unbekannte Meisterwerk. Ein Gang durch die
Bildwelten des Malers, ein Amalgam der malerischen Ausdrucksmöglichkeiten von Film, Video und Computer.
»Ungewöhnliche Zeigweisen machen den Film zu einem
Abenteuerfilm für den Blick des Betrachters. Malerei und
Film verschmelzen miteinander.« (Werner Nekes)
Do 8.10., 21:00 | Mi 21.10., 18:00
PRoGRAMM 4
LiTTLE niGHT
WERnER nEkES, BRD 1979
LäNGE: 14 mIN. | FORmAT: FARbE, DF, 16mm
Ein schlafendes Mädchen wird von wundersamen Träumen
heimgesucht. Verschiedenartige Bildwelten verschmelzen zu
einem verwirrenden Puzzle, das sich in Erleichterung auflöst, als das Mädchen, von der Mutter beruhigt, wieder einschlafen kann. Ein Experimentalfilm – auch für Kinder.
Johnny Flash
JoHnny FLASH
WERnER nEkES, BRD 1987
TEAm PETER RITz, bERND UPNmOOR, SERGE ROmAN, DORE O., ASTRID NIcKLAUS, SERGEJ
GLEITmANN, chRISTOPh SchLINGENSIEF | TON ANDREAS WöLKI, WOLFGANG WIRz
mUSIK: hELGE SchNEIDER | mIT hELGE SchNEIDER, ANDREAS KUNzE, hEIKE mELbA-FENDEL,
mARIANNE TRAUb | LäNGE: 80 mIN. | FORmAT: FARbE, DF, 35mm
»Johnny Flash ist die phantastische Geschichte von Jürgen
Potzkothen und seinem wunderbaren Aufstieg zum bewunderten Schlagerstar. Doch hören wir, was Mutter Potzkothen
dazu sagt: ›Merk’n Se sich jetzt ma genau den Namen
JOHNNY FLASH. Johnny Flash is nämlich in Wirklichkeit
Jürgen Potzkothen, ham Se dat jetzt? Wir Potzkothens sind
ne alte Elektrikerfamilie, aber Jürgen, also Johnny is jetzt
auf de Erfolgsleiter gestiegen. Der wollte kein Elektriker
mehr sein un Bäcker auch nich un da is er eben berühmt geworden, also da is er eben noch bei, am erfolgreich werden.
Wie dat alles kam, ja dat müssn Se sich ma ansehn, da
werd’n Se janz schön staunen. Da sehn Se auch wat der Herr
Toi vonne Künstleragentur Toi, Toi und Toi so alles tut. Un
vor allen Dingens, wie sich die Schickse von Musik-SAT an
meinen Jürgen ranpoussiert, un wie wir dat dann doch noch
vonne Trabrennbahn in Gelsenkirchen inne Schlagerparade
geschafft habn. Un wie dat alles so war, also dat is ja schon
ne komische Geschichte, dat.‹ Man reibt sich die Augen,
wenn man liest, dass ausgerechnet unser unermüdlicher
Avantgardefilmer, Werner Nekes, für die Regie dieser Saukomik verantwortlich zeichnet.« (Die Welt)
KINO.PROGRAmm WERnER nEkES
Vis-Á-Vis
41
Diwan
FR 9.10., 18:00
PRoGRAMM 5
TARZAnS kAMPF MiT DEM GoRiLLA
WERnER nEkES, BRD 1968
LäNGE: 12 mIN. | FORmAT: S/W, DF, 16mm
»›Ein Dschungelfilm‹, kompiliert aus den Geräuschen, Urlauten, Bildern und Dialogen der Gattung, die vor dem Hintergrund neutraler Szenerien und Szenen ein zweites Leben
entfalten: dschungelhaft wirkt weniger, was dazu veranstaltet war, als die zum Kontrast zitierte Normalsphäre aus
Alltagsdialogen, in denen belanglose Konversation zum
Zeremoniell gerät und ein Reigen des Einander-Vorstellens
sich wie ein makabres Namenballett aus der ›Kahlen Sängerin‹ oder den ›Stühlen‹ Ionescos anhört. Dschungelhaft
wirkt endlich auch die Silhouette aus Parkbäumen, der der
Dschungelfilm Ton leiht: ein stehendes Panorama unaufhaltsam fortschreitender Anarchie.« (Jörg Peter Feurich,
Filmkritik, 2/1970, S. 100f))
KINO.PROGRAmm WERnER nEkES
MiRADoR
42
WERnER nEkES, BRD 1978
TEAm DORE O., bERND UPNmOOR, hERbERT JESchKE, bIRGER bUSTORFF, WINFRIED WOLF,
hARm AbRAhAmS, DJURA ANKIJc | KOmPOSITIONEN: ANThONy mOORE | mIT GÜNTER TUzINA,
cLAUS böhmLER, GEESKE hOF-hELmERS, KLAUS ARP, FRANz WINzENSTEIN, VOLKER mEIER,
INGRID hELLER, cORINNA GUST | LäNGE: 88 mIN. | FORmAT: FARbE, DF, 35mm
Dieser Film wendet sich gegen das Absurde und Verstiegene der in derselben Weise immer wiederkehrenden phantastischen Abenteuer und Taten der Gangster, Cowboys,
Schönlinge und Monster, das Schablonenhafte und Unorganische im Aufbau und in der Intrige, gegen die SchwarzWeiß-Malerei der Charaktere, überhaupt die psychologischen Unzulänglichkeiten – mit einem Wort also gegen die
Verzerrung der Gegebenheiten des Lebens wie der Gesetze
der Kunst.
»Gegen die verheerende Wirkung solcher Verstiegenheiten
auf die Phantasie unreifer Menschen kämpft der realistische und kritische Geist des Films MIRADOR. « (Werner
Nekes)
FR 9.10., 20:00
PRoGRAMM 6
ABBAnDono
WERnER nEkES, BRD 1970
LäNGE: 35 mIN. | FORmAT: FARbE, DF, 16mm
ABBANDONO ist aus Material zusammengestellt, das innerhalb von vier Jahren entstand. Vielleicht ist dieser Film –
für und mit Dore O. – aus diesem Grund einer der bildreichsten und ausdrucksstärksten von Werner Nekes. Die Bilder
sind lyrischer und plastischer als gewöhnlich, obwohl die
Strukturierung in ihrer wiederkehrenden Weise typisch ist
für seine Filme.
DiWAn
WERnER nEkES, BRD 1973
TON ANThONy mOORE | mIT LUDI ARmbRUSTER, NIKOLAUS hOF, ROSmARIE LIESEN, WOLFGANG
LIESEN, PETER KöNITz, REINhILD LÜDERS, GEESKE hOF-hELmERS, WERNER NEKES, DORE O.,
URSULA WINzENSTEIN, FRANz WINzENSTEIN, KLAUS WybORNy | LäNGE: 85 mIN. | FORmAT:
FARbE, DF, 16mm
DIWAN enthält fünf eigenständige Filme über Landschaft,
einsame Häuser und ihre – nicht alleinstehenden – Bewohner. Der Titel spielt auf die Gedichtsammlung des persischen Lyrikers Hafis wie auch den Westöstlichen Diwan
Goethes an; [...] Die eigenwillige Filmarbeit von Nekes muss
jedoch von ihren eigenen Strukturen her ›gelesen‹ werden.
(Thomas Imbach)
Zu Gast bei Werner Nekes
SA 10.10., 19:00
PRoGRAMM 7
nEkES
WERnER nEkES, BRD 1982
KAmERA: RAINER KOmERS | TON chRISTOPh SchLINGENSIEF | mIT WERNER NEKES | LäNGE: 33
mIN. | FORmAT: FARbE, DF, 16mm
ZU GAST BEi WERnER nEkES
FRAnk SPEELMAnS, BRD 1989
KAmERA: SERGE ROmAN | LäNGE: 45 mIN. | FORmAT: FARbE, DF, 16mm
Erklärungen zum experimentellen Kino. Werner Nekes
spricht zu seiner Filmtheorie mit Filmbeispielen aus KELEK,
HURRYCAN, SPACECUT, DIWAN und MIRADOR:
»Wenn ich spreche, dann wird dieses Sprechen bestimmt
durch mein Denken. Es ist eine Art Spiegelung des Denkens,
und das, was ich denken kann, wird bestimmt durch mein
Vokabular, durch meine Grammatik, die Grammatik der Sprache, in der ich lebe, und wenn ich Bilder mache, Filme mache, dann werden diese Filme bestimmt durch das Bildvokabular und durch die visuelle Sprache.«
Makimono
Verbindungen und Verschmelzungen verschiedener filmischer Ebenen in Mehrfachbelichtungen: Aufbau des Bildes
aus Farbpunkten und Auflösung des Bildes in Farbpunkte,
Aufbau des Bildes aus Bildflächen und flächenhafte Auflösung des Bildes durch Schichtungen, Aufbau und Aufhebung
von Bewegungskontinuitäten durch Veränderung der Raumund Zeitachsen und deren unterschiedliche Beziehungen
zueinander sind einige der visuellen Themen dieser Filme.
BEUyS
WERnER nEkES, DoRE o., BRD 1981
mIT JOSEPh bEUyS | LäNGE: 11 mIN. | FORmAT: FARbE, DF, 16mm
»Zehn Minuten spricht Beuys, mit dem Gesicht zur Wand,
dem Rücken zur Kamera, über seinen Kunstbegriff. Diese
radikale, schlichte Form erscheint völlig adäquat dem Gegenstand des Films. Zwar gab es lautstarke Publikumsproteste im Saal wie lange nicht mehr, doch im Nachhinein
wirkt die Frage rein rhetorisch, auf welche Art filmischer
Ausdrucksweise man dem Werk von Beuys hätte näher
kommen können. Knapper, präziser, schnörkelloser geht’s
wohl nicht. Ein großer Kunst-Film.« (Ingo Petzke, medium,
7/1981)
SA 10.10., 21:00
PRoGRAMM 8
AMALGAM
WERnER nEkES, BRD 1976
TON ANThONy mOORE | LäNGE: 72 mIN. | FORmAT: FARbE, DF, 16mm
Ein Film in 4 Teilen:
1. Knoten (stumm)
2. Gewebe
3. Textur
4. Geflecht
MAkiMono
WERnER nEkES, BRD 1974
TON ANThONy mOORE | mIT chRISTOPh hELLER, INGRID KAmOWSKI, RONA NEKES, DORE O.
LäNGE: 38 mIN. | FORmAT: FARbE, DF, 16mm
Makimono ist das asiatische Rollenbild, das eine Landschaft
zeigt. Gegenstand des Films ist die Filmsprache selbst, ihre
Veränderbarkeit mit ihrem Einfluss auf das Denken und
Sehen des Zuschauers. Im allmählichen Fortschreiten des
Films wird der Zuschauer behutsam dazu aufgefordert, die
Entwicklung des Films in seinen Ausdrucksmöglichkeiten zu
reflektieren.
KINO.PROGRAmm WERnER nEkES
Mirador
43
Start
Di 13.10., 18:00
PRoGRAMM 9
DAS SEMinAR
WERnER nEkES, BAZon BRoCk, BRD 1967
LäNGE: 32 mIN. | FORmAT: S/W, DF, 16mm
Der Film entstand in Zusammenarbeit mit Bazon Brock und
dokumentiert ein von Brock im August 1967 abgehaltenes
Trainingsseminar auf dem Jugendhof Dörnberg bei Kassel.
»Der thematische Zusammenhang bestand in der Frage, ob
man intendieren kann, das individuelle und gesellschaftliche
Leben noch einmal von vorne anzufangen. Es ging um die
Bedingungslosigkeit jeden Neuanfangs. Ausgangspunkt war
die von den Seminarteilnehmern geäußerte Erfahrung im
Umgang mit ›der Geschichte‹: sie verstelle die aktuellen Lebensvollzüge mit dem dauernden Rückverweis darauf, daß
bereits alles einmal von Menschen gewollt und gedacht und
getan sei, was man sich selber zu denken, zu tun und zu
wollen auch immer vornehme. « (Bazon Brock)
KINO.PROGRAmm WERnER nEkES
PEGGy UnD DiE AnDEREn,
oDER WER TRäGT DiE AvAnTGARDE?
44
WERnER nEkES, BAZon BRoCk, BRD 1980
LäNGE: 45 mIN. | FORmAT: S/W, DF, 16mm
Verdächtigungen begleiten die Erfolge der AvantgardeKunst: Wird sie durch eine Mafia der Kritik, eine Lobby
der Händler, durch Gesellschaftsklüngel oder Außenseiter
manipuliert? Bazon Brock antwortet mit einem Film voller
Ironie und didaktischem Ernst.
Muhkuh
WER iST JoHnny FLASH?
GURTRUG nR. 1
WER IST JOHNNY FLASH? wurde 2010 von Werner Nekes
als Hommage an Andreas Kunze aus Material zusammengestellt, das während der Dreharbeiten zu JOHNNY FLASH
entstand. Hier glänzt Andreas Kunze als Johnny Flash und
Helge Schneider mimt die Mutter.
26 Personen und zwei Pferde bewegen sich auf einer Grasfläche (= Leinwandfläche) und drücken sich dabei selbst aus.
Wiederholt wird dieses Bild durch eine scheinbare Störung
unterbrochen, die der Betrachter allzu gerne enträtseln
möchte.
WERnER nEkES, BRD/D 1987/2010
LäNGE: 27 mIN. | FORmAT: FARbE, DF, DVD
Di 13.10., 20:15
PRoGRAMM 10
START
WERnER nEkES, BRD 1966
LäNGE: 10 mIN. | FORmAT: FARbE, DF, 16mm
»Bisher wurde im Film der Bedeutung des Tones nicht genügend Rechnung getragen. Aufs Sträflichste wurde das
Ohr mit minderwertiger Musik beleidigt. [...] Wenn im Film
START ein Rechteck grünes Gras mit einem Netz von Bewegungen überzogen wird, habe ich dazu eine Collage von 16
Musikaufnahmen gesetzt. [...] Der Zuschauer und Hörer
kann selbst den Hörweg bestimmen, den er beim Betrachten des Films nachvollziehen will, wobei ihm die anderen
Hörmaterialien den Weg vorschreiben, sobald er sich entschieden hat.« (Werner Nekes)
»Werner ist nicht nur ein feinfühliger Künstler, sondern
auch ein sehr guter Musiker mit absolut richtigen und intelligenten Ideen. Indem er die Intuition und das Werk von
Charles Ives aufgreift [...] ist es ihm gelungen, eine ganz eigenartige Tonmarmelade mit außergewöhnlichem Effekt zu
erhalten.« (Alfredo Leonardi, Filmcritica, November 1966)
WERnER nEkES, BRD 1967
LäNGE: 12 mIN. | FORmAT: FARbE, DF, 16mm
MUHkUH
WERnER nEkES, BRD 1968
LäNGE: 14 mIN. | FORmAT: S/W, STUmm, 16mm
»Filme wie MUHKUH mögen als eine plumpe Parodie auf
gewisse Kulturfilme erscheinen, bei näherer Betrachtung
jedoch zeigen sich hier weitere Ebenen, wie zum Beispiel
das durch den Prozess des Filmens beeinflusste Verhalten
dieser Kühe, die jetzt ähnlich reagieren wie Menschen, die
plötzlich vor einer Filmkamera stehen. Genauso wie Werner
Nekes dieses Verhalten der Kühe planvoll durch den Einsatz
von akustischen Signalen steuerte, ist für ihn in anderer
Weise die Konstruktion seiner Filme von einschneidender
Bedeutung.« (Cyrus Kube, Aachener Nachrichten, 16.11.1968)
Kelek
SCHWARZHUHnBRAUnHUHnSCHWARZHUHnWEiSSHUHnRoTHUHnWEiSS oDER PUT-PUTT
WERnER nEkES, BRD 1967
LäNGE: 10 mIN. | FORmAT: FARbE, DF, 16mm
Der Film ist ein poetischer Versuch über das Leben und den
Tod. Der Ton ist eine Musikcollage aus etwa 200 Anfängen
und Enden verschiedener Musikstücke. »Put« steht für den
Lockruf, »putt« für »kaputt«: Ein braunes Huhn pickt auf
einer Glasplatte Körner. »Man sieht: eine immer lichter werdende Klee-Struktur (Körner werden weniger), hinter der
schattenhaft ein Drachenwesen sich reckt und flattert.
Schock-Schluss mit dickem Symbol: das Huhn torkelt mit
abgeschlagenem Kopf durch weißen Schnee.« (Ingrid
Seidenfaden, Münchener Merkur, 12.12.1968)
kELEk
WERnER nEkES, BRD 1968
LäNGE: 60 mIN. | FORmAT: S/W, STUmm, 16mm
»Eine lange Einstellung von einem Kellerfenster auf die
Straße. Langsames Auf- und Abblenden auf die Brüderstraße in Hamburg (wo Nekes wohnt). Eine Einstellung vom
Bauch eines Mädchens aus auf ihre Beine und ihr Kleid.
Dann Vagina und Penis, wie sie sich ergänzen. Der 60-Minuten-Film ist stumm. Die Leinwand wird, wie bei früheren
Nekes-Filmen, zur Leinwand des Malers. Man schaut nicht in
einen imaginären Raum, man sieht eine Fläche, die gegliedert, aufgeteilt und bei jedem Schnitt durch eine neue Leinwand ersetzt wird. Vor allem ein Eindruck: strenge, kühle
Berechnung. Das steht da wie ein Block. Unverrückbar. Das
ist so sehr Bild, dass es sich der sprachlich adäquaten Formulierung entzieht. Man muss das sehen.« (Werner Kließ,
Die Zeit, 28.3.1969)
KINO.PROGRAmm WERnER nEkES
Das Seminar
45
GEiSSEL DES FLEiSCHES S. 45
oPEninG niGHT: SCHniTZELBEAT-PARTy
MiT DJ AL BiRD SPUTnik (TRASH RoCk ARCHivES)
& ALASkA AL (DiGATonE) S. 46
CARL AnDERSEnS
UnDERGRoUnD DER LiEBE S. 46
i WAS A TEEnAGE ZABBADoinG S. 47
MonDo WEiRDo – A TRiP To PARAnoiA PARADiSE S. 47
CARo B. MEMoRiAL-konZERT MiT MoDELL D’oo
UnD RonniE »RoCkET« URini S. 48
EnTMUST / THE MUSE HAS LEFT THE BUiLDinG S. 48
SUkkUBUS – DEn TEUFEL iM LEiB S. 49
JERRy CoTTon: DER ToD iM RoTEn JAGUAR
LA MoRTE in JAGUAR RoSSo S. 49
DiE BRUT DES BöSEn S. 50
nACkT, WiE GoTT SiE SCHUF S. 50
iM SCHLoSS DER BLUTiGEn BEGiERDE S. 51
DAS nACHTLokAL ZUM SiLBERMonD S. 51
MäDCHEn FüR DiE MAMBo-BAR S. 52
SCHULMäDCHEn-REPoRT 1. TEiL
WAS ELTERn niCHT FüR MöGLiCH HALTEn S. 53
DER MöRDER MiT DEM SEiDEnSCHAL S. 53
iCH SEH, iCH SEH S. 54
HExEn BiS AUFS BLUT GEQUäLT
MARk oF THE DEviL S. 55
HExEn – GESCHänDET UnD ZU ToDE GEQUäLT
MARk oF THE DEviL 2 S. 55
HExEnJAGD in MAUTERnDoRF S. 56
WiEnERinnEn – SCHREi nACH LiEBE S. 56
nECRonoMiCon – GETRäUMTE SünDEn S. 57
ALRAUnE S. 57
in 3 TAGEn BiST DU ToT S. 58
in 3 TAGEn BiST DU ToT 2 S. 58
MoRGEnGRAUEn S. 59
DiE ToDESGöTTin DES LiEBESCAMPS S. 59
BARon PoRnoS näCHTLiCHE FREUDEn S. 60
RASPUTin – oRGiEn AM ZAREnHoF S. 60
DER kiLLER von WiEn
Lo STRAno viZio DELLA SiGnoRA WARDH S. 61
DiE WöLFin voM TEUFELSMooR / ToD iM novEMBER S. 61
ExiT… nUR kEinE PAnik S. 62
ASPHALT S. 62
ZERSCHoSSEnE TRäUME L’APPAT S. 63
DAS MäDCHEn MiT DEM Mini S. 63
DiE ToTEn FiSCHE S. 64
SCHAMLoS S. 65
ABEnTEUER in WiEn S. 65
DiE ERBEn S. 66
FRAU DoRoTHyS BEkEnnTniS S. 67
DAS GoLD DER LiEBE DER FAn 2 S. 67
RAT RACE S. 68
UnSiCHTBARE GEGnER öL inS FEUER S. 68
FRiTS FRonZ DoUBLE FEATURE S. 69
UnSiCHTBARE GEGnER S. 70
FR 9.10., 19:30 | Do 15.10., 18:00
GEiSSEL DES FLEiSCHES
EDDy SALLER, A 1965
bUch: EDDy SALLER | KAmERA: EDGAR OSTERbERGER; hANNS KöNIG | mUSIK: GERhARD hEINz
mIT hERbERT FUx, hERmANN LAFORET, PETER JANISch, hANNS ObONyA, JOSEF LOIbL LäNGE:
83 mIN. | FORmAT: S/W, DF, 35mm
Lustmord, röstfrisch. Am Anfang der pseudo-seriöse Hinweis: »Verbrechen aller Art, insbesondere Sexualdelikte,
nehmen in den letzten Jahren in erschreckendem Maße
zu.« Dann – heiße Damenbeine im Netzstrumpf, die zu den
funkelnden Beat-Rhythmen von Gerhard Heinz abstrampeln, hart schwarzweiß und schweißnah gefilmt. Nahaufnahme Männeraugen, denen der Samenstau aus der Pupille
springt. Die Wiener Oper. Sommer. Menschentreiben. Kurze
Röcke. Schmusende Paare. Sexkram-Plakate überall.
What´s a poor boy to do ...
Der Fall des »Opernmörders« Josef Weinwurm, der eine
Teenie-Ballerina 1963 dort in den Duschen mit 34 Messerstichen abschlachtete, bildet die Vorlage für dieses erste
große Pulp-Gebräu des Rotlicht-Kinobetreibers Herbert
Heidmann, das er gemeinsam mit dem Münchner Regisseur
und Franz Antel-Schüler Eddy Saller fabrizierte, vor ihrem
ganz großen Furioso mit dem Meister-Movie SCHAMLOS. In
einer abwegigen Szenerie irgendwo zwischen hysterischem
Gerichts-Drama und Schlagobers-PSYCHO mimt Charaktergesicht Herbert Fux auf unnachahmliche Weise den
schwanzgestörten Serienmurkser. Ein Wahnsinn – ein Verbrechen! –, dass ein solches Stück Kino sich in Österreich
nie wiederholen durfte und Saller in asthmatischen SexKomödien verkommen ist. Schuld war sicher zu wenig Liebe
in der Kindheit ... (pp)
FR 9.10., 19:30
in AnWESEnHEiT DES koMPoniSTEn GERHARD HEinZ
KINO.PROGRAmm AUS FLEiSCH UnD BLUT
AUS FLEiSCH UnD BLUT
VIENNALE ’15
FILmPROGRAmm
47
y
T
R
A
P
Mädchen für die Mambo-Bar
SA 10.10., 15:45
oPEninG niGHT:
CARL AnDERSEnS
SCHniTZELBEAT-PARTy MiT
UnDERGRoUnD DER LiEBE
DJ AL BiRD SPUTnik (TRASH
RoCk ARCHivES) & ALASkA AL
(DiGATonE)
Anlässlich unseres Gedenktages an Carl Andersen alias Karl
KINO.PROGRAmm AUS FLEiSCH UnD BLUT
MARTin nECHvATAL, GERALD JinDRA, A 2015
bUch: mARTIN NEchVATAL, GERALD JINDRA, PATRIcK SPANbAUER | KAmERA: mARTIN NEchVATAL, GERALD JINDRA | mUSIK: mODELL D’OO, FETISh 69 | LäNGE: 107 mIN. | FORmAT: FARbE
UND S/W, DF, DcP
48
Bilderbuch werden wir nicht brauchen, wenn das Foyer des
Metro-Kinos an diesem Abend in ekstatische Flammen aufgeht: »Schnitzelbeat«, der unerwartete Riesenerfolg dieses
Samplers zu austriakischer 50s- und 60s-Exotica, Beat,
Garagen-Rock und Schlager-Extravaganzen blies selbst die
Macher dieses psychotronischen Meilensteins aus den Ringelsocken: Al Bird Sputnik, Grandseigneur der »Trash Rock
Archives«, der Wiener Dokumentatiosstelle für den wildesten
Pop-Schmutz der Heimatgeschichte, und Albrecht Dornauer,
einer der drei Betreiber des Innsbrucker Liebhaber-ReissueLabels »Digatone«, die auch die furiosen Soundtracks von
Eddy Sallers Grindhouse-Meilensteinen GEISSEL DES
FLEISCHES und SCHAMLOS auf Schwerst-Vinyl mit dicken
Info-Booklets gepresst haben. Nachdem Komponist Gerhard
Heinz mit seinen zarten 88 unsere diesjährige Austrian-PulpRetro mit der Erstaufführung der restaurierten GEISSEL DES
FLEISCHES einläuten darf, erwarten Sie Al & Al mit einem
verruchten Granada-Cocktail aus Siff, Suff, Lebensfreude und
gefährlich viel Mitgrölfaktor. Menschen in Bikinis und Matrosenoutfit – herzlich willkommen!
Brazda, jenes Kingpins des heimischen Underground-Kinos
und Meister des depressiv-philosophischen UndergroundPornos, der mit nur 54 Jahren in Berlin Selbstmord beging,
freuen wir uns, die Vorab-Weltpremiere dieser abendfüllenden Doku von Gerald Jindra und Martin Nechvatal zeigen zu
können. Nechvatal war enger Freund und Wegbegleiter, bisweilen auch mal Hardcore-Darsteller für Carls exzentrische
Kino-Abenteuer. Eine spannende, sehr persönliche Chronik
des knurrigen Paradiesvogels, von den Anfängen als Fan
und Hustler in den Programmkinos Wiens, seiner Zeit als
Szene-Figur, zu seiner Semi-Bekanntheit in Deutschland bis
hin zum Moment des Ausrauchens. Mit vielen Ausschnitten
des Gesamtwerks und zahlreichen Interviews. (pp)
SA 10.10., 18:00 | Do 15.10., 20:00
SA 10.10., 20:00
i WAS A TEEnAGE ZABBADoinG MonDo WEiRDo –
A TRiP To PARAnoiA PARADiSE
CARL AnDERSEn, A 1988
bUch: cARL ANDERSEN | KAmERA: GEORG EISNEcKER, ROLAND WÜNSch | mUSIK: mODEL D’OO,
FUTURE bLUES | mIT cARL ANDERSEN, yASmIN bEVILAqUA, RUby TUESDAy, GEO mAyR, LIbOR
mORbID, RONNIE URINI, hARALD DOLEzAL, ELIzAbETh hODES | LäNGE: 68 mIN. | FORmAT: S/W,
DF, DcP
CARL AnDERSEn, A 1990
bUch: cARL ANDERSEN | KAmERA: GEORG EISNEcKER | mIT JESSIcA F. mANERA, FRANK
KhUNNE, SOLEDAD mARcEIGNAc | LäNGE: 55 mIN. FORmAT: S/W, DF, DcP
VORFILm
VORFILm
WHAT’S So DiRTy ABoUT?
CARL AnDERSEn, A 1990
LäNGE: 9 mIN. | FORmAT: S/W, DF, DcP
DAS WiEnER kETTEnSäGEnMASSAkER
MARTin nECHvATAL, A 1993 LäNGE: 16 mIN. | FORmAT: FARbE, DF, bETA-SP
VORFILm
Sexualvampire. Krieg in den Straßen. Avantgarde und Alberei. Mit 54 entfernte sich 2012 mit Carl Andersen alias Caro
B. einer der spannendsten Köpfe des queeren mitteleuropäischen Underground-Kinos selbst von diesem Planeten. In
Wien hatte er in den 1980ern die schwul-lesbischen Filmtage gegründet, als Erster Ulrich Seidl entdeckt und programmiert und mit der Fun Factory das erste Crossover-Lokal für
Trash-Filme, New Wave und Lederjacken-Rocker betrieben.
In und um die Theke der Fun Factory wurde auch der Großteil dieses kongenialen No-Budget-Debütfilms gedreht, der
gerade noch als Nachlass aus Caros schimmligem Keller in
das Filmarchiv Austria gerettet werden konnte. Pulp-Posen
treffen Amateur-Porno und Punk-Home-Movies. Ein vergessenes Juwel, als das Förder-Kino schick wurde und die Subkulturen das Gegen-Kino übernahmen: Ergänzend ein
Cut-up-Kurzfilm als nihilistische Sex Trance, irgendwo zwischen Throbbing Gristle und Kenneth Anger. Provokanter
Hedonismus. Hedonistische Provokation. (pp)
SA 10.10., 18:00
in AnWESEnHEiT von ERWin LEDER, STEFAn GRiSSEMAnn,
RonniE URini, AnnELiESE HoLLES, MARTin nECHvATAL
MEPHiSTo’S BAR
PATRiCk MoSHinSky, A 1999 LäNGE: 25 mIN. | FORmAT: FARbE, DF, DIGIbETA
Mitten im Kitzler, Downtown Mariahilf. Teil zwei der WienFilme des berüchtigten Underground-Regisseurs Carl
Andersen, diesmal pornografischer, noch mehr IndustrialStyle, noch näher an seinen Vorbildern Godard und Jess
Franco, denen der Film auch gewidmet ist. Odile, 15, ein
Pagenkopf-Pummel, erwischt die erste Periode kalt unter
der Dusche. Der Weg führt sofort in die Stammkneipe der
Filmcrew, wo die Synth-No-Wave-Band Modell D00 im Keller
berserkern, während es sich ein SM-Lesbenpaar ordentlich
besorgt und die Garagen-Rock-Legende Ronnie Urini (hier
Ron Lourid) Cocktails aus Vogelspinnen braut. Odiles Säfte
sind nicht aufzuhalten: schon halluziniert sie von einem
Goth-Pärchen vergewaltigt zu werden, das willkürlich Passanten ermordet. Ein nervös-perfides LoFi-Musikvideo trifft
auf einen Dreyrschen Tagtraum. Alles ist Düsternis, Gewalt.
Die zeigewilligen Darsteller wurde von Andersen direkt von
den Sauftheke weg gecastet. Die wunderbare Leichtigkeit
dieser Pulp-Heimfilme sollte er bei seinen späteren Berliner
Arbeiten nie wieder erreichen. Als Appetizer: TeenagerSplatter-Unfug und ein Besuch in der letzten Nachtbar vor
der Hölle. (pp)
KINO.PROGRAmm AUS FLEiSCH UnD BLUT
FR 9.10., 21:30
49
T
R
ZE
n
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SA 10.10., 00:00
CARo B. MEMoRiAL-konZERT EnTMUST / THE MUSE HAS
MiT MoDELL D‘oo UnD RonniE LEFT THE BUiLDinG
»RoCkET« URini
KINO.prOgramm Aus Fleisch und Blut
AnnELiESE HoLLES, D 2014
bUch: ANNELIESE hOLLES | KAmERA: ANNELIESE hOLLES | LäNGE: 105 mIN
FORmAT: FARbE, DF, DcP
50
Carl Andersen (1958–2012), mit seinen in Wien gedrehten
Horror-Porno-Klamotten, war nicht nur einer der begnadetsten und untergriffigsten Underground-Regisseure
Österreichs, sondern viele Jahre lang auch eines der prägendsten Nachtschattengewächse Wiens. Entsprechend
ehrt ihn AUS FLEISCH UND BLUT nicht nur mit mehreren
seiner Filme und zwei Dokus sowie Publikumsgesprächen,
sondern auch mit Live-Auftritten zweier Kult-Bands, die
auch Teil seiner ersten beiden Filme waren – sowohl als
Darsteller mit Messer im Kopf wie auch als Musiker, die es
neben kopulierenden Leder-Lesben noch schafften, lässig
aufzugeigen. Ein Blick vorwärts-retour in die Wiener
Underground-Szene von 1989. Einmal eine Synth-Collage
und Wave-Punk-Hymnen des Electronic-Pop-Duos Modell
DOO, deren Mitglieder man heute eher als Journalisten
kennt: Markus Moser von Ö1 und Stefan Grissemann, KulturChef des Nachrichtenmagazins Profil. Danach die famose
Wiederkehr des Mister Garage Glam schlechthin, Ronnie
»Rocket« Urini, jenes Kremser Buben, der schon mit
schwarzen Sonnenbrillen im Dunklen geboren wurde und
in den 1980ern in Nieten, Leder und mit daueroffenem
Hosentürl in Österreich erst definierte, wie »Bad-boy Rock«
auszusehen hat. Legendär seine Auftritte mit Venus, The
Vogue und den Letzten Poeten, seine Kollaborationen mit
Mars Bonfire von Steppenwolf oder seine Iggy­Pop-Coverversionen. Ehret den Schmutz! Beutelt die Köpfe! Es wird
ein großer Abend. (pp)
Die zweite, fast parallel und ebenso unsubventioniert entstandene Doku zu Carl Andersen, stilistisch das komplette
Gegenteil und dadurch die perfekte Ergänzung. Anneliese
Holles, Carls letzte Freundin, begleitet ihn durch seine letzten Jahre, bei Dreharbeiten, trunkenen Euphorie-Momenten, Wutausbrüchen. Und vor allem bei seinen Dreharbeiten, wo das Inszenieren erotischer Szenen zum Auslöser
von Selbst-Hinterfragung und Geschlechterkrieg, Egomanie
und Verzweiflung wird. Ein ultra-intimer Real-Cinema-Heimfilm, der einen unter die fremde Haut gehen lässt. Ob man
will oder nicht. (pp)
So 11.10., 16:00 | FR 6.11., 18:45
So 11.10., 18:00
SUkkUBUS –
DEn TEUFEL iM LEiB
JERRy CoTTon: DER ToD iM
RoTEn JAGUAR / LA MoRTE in
JAGUAR RoSSo
GEoRG TRESSLER, BRD 1988
bUch: FRANz SEITz | KAmERA: RUDOLF bLAháčEK | mUSIK: RUDOLF WILhELm | mIT PETER
SImONISchEK, GIOVANNI FRÜh, ANDy VOSS, PAmELA PRATI | LäNGE: 80 mIN. | FORmAT: FARbE,
DF, 35mm
»Who’s the pussy in here?« Der Weibsteufel als Erwachsenenmärchen. Drei lebensgegerbte Senner, darunter Peter
Simonischek als grimmiger Rudelführer, verbringen einen
weiteren harten Sommer auf der Alm. Lust und Hass auf
das ferne Mysterium Frau ackern sie an einer Strohpuppe
ab. Doch das leblose Triebopfer erwacht in Form eines
stummen, gut bekurvten und dauernackten Überweibchens,
das in magischer Übereinkunft mit der Natur den gedankenkargen Machos, und zwar wörtlich, das Fell über die Ohren
ziehen will. Geschlechterkrieg for real. Hinreißend, wie der
Wiener Regie-Altmeister Georg Tressler (DAS TOTENSCHIFF,
DIE HALBSTARKEN), längst in belanglose Soft-Sex-Streifen
abgesackt, hier ein letztes Mal inmitten der Schweizer
Gletscher seine Kräfte bündelt, um ein altes Sagenmotiv
der mitteleuropäischen Alpen zu modernisieren. Von Felix
Mitterers DIE WILDE FRAU bis zum Horror-Flop der
SENNENTUNTSCHI wurde die Sage schon adaptiert, doch
nie so gelungen wie hier. Eine hinterfotzige Rape-andRevenge-Dekonstruktion von Heimatfilm und Männerbündelei. Regieassistenz: niemand Geringerer als Christoph
Schlingensief. Ein wilder Ritt! (pp)
HARALD REinL, BRD/i 1968
bUch: ALEx bERG | KAmERA: FRANz x. LEDERLE | mUSIK: PETER ThOmAS | mIT GEORGE NADER,
hEINz WEISS, GRIT bOETTchER, FRIEDRIch SchÜTTER, cARL LANGE | LäNGE: 91 mIN. | FORmAT:
FARbE, DF, 35mm
»Alarm in New York. Serienmord wird als Geschäft betrieben.« Die Welt ist eine verkommene, und nur CIA-Mannen in
Anzug und Krawatte können ihr Überleben garantieren. Der
Bad Ischler Dr. Harald Reinl war der Kaiser des hiesigen
Schundheftkinos. Einst Regieassistent bei Arnold Fancks SkiPossen und Leni Riefenstahls zurecht verfemtem NaziSchmalz TIEFLAND, mit Zwangsarbeitern gedreht, wurde
Reinl in den späten 1950ern zum kommerziell erfolgreichsten
deutschen Regisseur. Ein Filmemacher als hausbackener
Handwerker, der mit der Erfindung von Kino-Serien wie
WINNETOU, DR. MABUSE und JERRY COTTON den Inbegriff
des teutonischen Blockbusters, von »Papas Kino« schuf,
gegen den der »neue deutsche Film« und das Oberhausener
Manifest zum Angriff bliesen. Bei den Adaptionen des seit
1954 ermittelnden G-Man Cotton stieg Reinl erst spät ein und
inszenierte die letzten drei Werke von acht, diesmal in Vollfarbe und mit teils nackter Haut, mit noch mehr trashigen
Rück-Projektionen und unfreiwilligem Humor. Hauptdarsteller
George Nader hatte sich als bekennender Homosexueller und
Ex-Lover von Rock Hudson für die Rolle als Cotton aus Hollywood Richtung Moabit abgesetzt, was seiner Interpretation
der US-Ultra-Correctness eine Genussportion Kink und Kult
mehr verschafft. Als ob die zuckerlbunte Hysterie von Reinls
Inszenierung und der berühmte Pfeif-Score von Peter
Thomas nicht ausreichen würden ... (pp)
KINO.prOgramm Aus Fleisch und Blut
SA 10.10., 22:00
51
So 11.10., 20:00 | So 8.11., 22:45
Mo 12.10., 18:00
Mo 12.10., 20:15
Di 13.10., 21:00 | Di 20.10., 18:00
DiE BRUT DES BöSEn
nACkT, WiE GoTT SiE SCHUF
CHRiSTiAn AnDERS, BRD 1979
bUch: chRISTIAN ANDERS | KAmERA: hANS bURmANN SANchEz | mUSIK: chRISTIAN ANDERS
mIT chRISTIAN ANDERS, DEEP ROy, DUNJA RAJTER, mARIbEL mARTIN, FRED hARRIS, RIA KEmP
LäNGE: 85 mIN. | FORmAT: FARbE, DF, 35mm
HAnnS SCHoTT-SCHöBinGER, A/BRD/i 1958
bUch: JOhANNES mARIO SImmEL | KAmERA: FRANz WEIhmAyR | mUSIK: PETER SANDLOFF
mIT mARISA ALLASIO, RIK bATTAGLIA, cARL WERy, PAUL böSIGER, ELLEN SchWIERS | LäNGE:
94 mIN. | FORmAT: FARbE, DF, 35mm
iM SCHLoSS DER BLUTiGEn
BEGiERDE
DAS nACHTLokAL ZUM
SiLBERMonD
PERCy PARkER, BRD 1967
bUch: ERIc mARTIN SchNITzLER, PERcy PARKER | KAmERA: JORGE hERRERO mARTIN, FRANz
hOFER | mUSIK: JERRy VAN ROOyEN | mIT JANINE REyNAUD, hOWARD VERNON, JAN hENDRIKS,
mIchEL LEmOINE, ELVIRA bERNDORFF | LäNGE: 80 mIN. | FORmAT: FARbE, DF, 35mm
WoLFGAnG GLüCk, BRD 1959
bUch: WOLFGANG GLÜcK, PETER LOOS, AUGUST RIEGER | KAmERA: WALTER TUch | mUSIK:
chARLy NIESSEN | mIT mARINA PETROWA, JÜRG hOLL, PERO ALExANDER, mARISA mELL,
GERDINA GORDON, ROLF OLSEN | LäNGE: 85 mIN. | FORmAT: S/W, DF, 35mm
»Eine unheimliche Macht will ihn um jeden Preis beseitigen.
Er steht allein gegen ein mächtiges Syndikat. Aber im
Kampf Mann gegen Mann ist sein Karate allen überlegen.«
Martial Arts trifft auf Teutonen-Glamour. Ein Liebeslied an
den blanken kinematischen Irrsinn des Spektakulären. Bevor in den 1980ern Rambo, Chuck Norris, Michael Dudikoff,
all die anderen Äktschn-Heroen des israelisch-amerikanischen Produktionshauses Cannon den muskelstarren, weißhäutigen Haudrauf zum Erfolgskonzept machten, übersetzte bereits der steirische Schlagerkönig Christian Anders die
Hongkong-Kung-Fu-Blaupausen von Bruce Lee und Wang Yu
ins Zentraldeutsche. Und brachte einen Pulp-Vulkan zur
Eruption. Selbst Träger des Schwarzen Gürtels und Betreiber einer Kung-Fu-Schule in Fürstenfeldbruck bei München,
mimt Sanftstimme Anders höchstpersönlich den pazifistischen Karate-Weisen Frank Mertens, der von einem KillerLiliputaner bedroht wird, der, klarerweise, im Dienste von
Mafia und Drogenhandel, seine eigene Schule neben ihm zu
errichten wagt. Etliche Tote und ein herber Gefängnisaufenthalt später ist Mertens Friedwille schnell vergessen. Es
regnet Blut und Handkantenschläge. (pp)
HExEn (FRAGMEnT)
Er war einer der ganz großen Grindhouse-Autoren Österreichs. Ihm gilt der Schwerpunkt unserer heurigen AUS
FLEISCH UND BLUT-Edition: Adrian Hoven. Schauspieler.
Produzent. Bonvivant. 1922 als Wilhelm Arpad Hofkirchner
in Wöllersdorf geboren und in Tirol aufgewachsen, wurde er
in den 1950ern zu einem der führenden Kino-Herzensbrecher, ob im WALDRAUSCH, IM WEISSEN RÖSSL oder an
Romy Schneiders Seite. Als in den Swinging Sixties EuroKoproduktionen boomten und das Zeigbare erwachsener
wurde, packte Hoven die Lust auf Exploitation. Er gründete
die Kino-Werkstätte »Aquila«, wo er auch selbst, meist als
Percy G. Parker, Regie führte. Seine Filme sind weitgehend
Dreck, kein Zweifel. Ohne Sinn für Anschlüsse. Dahin geschludert. Rein auf nackte Haut und billige Effekte aus. Und
trotzdem durchblutet sie ein herzhafter Eigenwille nach
Subversion, nach Trieb, nach Kino als Hort des Hedonismus,
eine Sehnsucht nach der dunklen Romantik. So nimmt sein
1974er Biker-Drama PUSTEBLUME mit Rutger Hauer den
gesamten Paul Verhoeven vorweg. IM SCHLOSS DER
BLUTIGEN BEGIERDE verfeuert atemlos jedes Klischee der
italienischen Gothic-Horror-Welle in brünftigen Kaskaden,
gepimpt mit einem Mehr an Brüsten, Blut und Weltverwirrtheit. Eine Huldigung an filmische Vulgarität, eingehüllt in
roten Brokat. (pp)
»Durch die Sierra zieht das alte Liebeslied. Ein Lied von
Sünde und Gewalt.« So verkündet es zumindest der damalige Werbeschreier. Mit der ultrakurz beschürzten Feldarbeiterin Silvana Mangano hielt 1949 in BITTERER REIS der
Eros Einzug in das Kino des Neorealismus und mutierte in
Folge zu Pulp. Dieser Auszieh-Sozialismus wiederum wandelte sich in den 50ern zu freizügigen Historiendramen. Der
kinematische Gedankensprung von der Haremsdame, von
Mädchenhandel und weißer Sklaverei hin zum Stripgirl und
zur Burlesque war schließlich in dieser Aufbruchsära der
Animierlokale kein sonderlich weiter. Das »Nachtlokal zum
Silbermond« ist so ein Schuppen. Fünf österreichische
Backfisch-Girls werden als »professionelle Tänzerinnen«
hierher an den Bosporus gelockt, um sich unter Zwang vor
alten Nadelstreif-Männern auszuziehen und sich selbigen
hinzugeben. Von seinen fünf frühen Pulp-Werken schätzt
Wolfgang Glück, der sich dann Tschechow, Zweig und Torberg zuwenden sollte, das NACHTLOKAL am meisten. Das
mag an der ungewöhnlichen Eleganz des Films liegen und
am auffallenden, weiblich dominierten Cast. Vom »guten
Ton« des Förderkinos, den Glück in den 1980ern als Macher
und in den 1990ern als Kopf der Wiener Filmakademie so
massiv mitformen sollte, ist es, noch meilenweit entfernt.
(pp)
KINO.prOgramm Aus Fleisch und Blut
Di 13.10., 21:00
in AnWESEnHEiT von WoLFGAnG GLüCk
53
KINO.prOgramm Aus Fleisch und Blut
VORFILm
52
So 11.10., 20:00
in AnWESEnHEiT von CHRiSTiAn AnDERS
HAnnS SCHoTT-SCHöBinGER, A 1949
LäNGE: cA. 5 mIN. | FORmAT: S/W, DF, DcP
Gottesfürchtige Niederungen. Hans Schott-Schöbingers
filmisches Vermächtnis blieb lange unbesungen. Dabei war
der steirische Volkskünstler, 1901 in Andritz geboren, mehr
als populär zu seiner Zeit. Bis in die Nazi-Zeit hinein sollte
er als Schauspieler, Regisseur und Gassenhauer-Profi, oft
im Duett mit Gattin Friedl Czepa, die leichten Volksbühnen
beherrschen. Nach dem Kriegsende kam ein großer Plan:
Mit der romantisch-phantastischen Komödie HEXEN
versuchte man erstmals Graz Thalerhof als internationales
Filmstudio, »Thaliwood«, zu etablieren, was kläglich scheiterte. Neben den Verrissen überlebten von dem Film lediglich ein paar Fragmente, darunter aber eine tatsächlich
grandiose Alptraumsequenz. Später wurde Schott-Schöbinger mit den Firmen AFA und Defir selbst Produzent und
Verleiher für Filme, die im Stech-Schritt vom Heimatkitsch
geradewegs Richtung katholische Sexploitation marschierten. NACKT WIE GOTT SIE SCHUF ist ein solches Schundfeuerwerk nach der Romanvorlage von Johannes Mario
Simmel. Inmitten der Dolomiten, wo sich ein Kloster mit
einer Baustelle ums Wasser streitet, fällt eine junge, schöne
Nonne vom Glauben ab und dem Trieb anheim, als sie die
Schwerarbeiter beim Spielen mit den schmutzigen Muskeln
beobachtet. (pp)
Mi 14.10., 18:00
Mi 14.10., 20:00
SCHULMäDCHEn-REPoRT
1. TEiL WAS ELTERn niCHT
FüR MöGLiCH HALTEn
DER MöRDER MiT DEM
SEiDEnSCHAL
Di 13.10., 19:00
MäDCHEn FüR DiE MAMBo-BAR
KINO.prOgramm Aus Fleisch und Blut
WoLFGAnG GLüCk, BRD 1959
bUch: hELLmUT ANDIcS, AUGUST RIEGER | KAmERA: WALTER TUch | mUSIK: GILbERT bécAUD
U. A. | mIT GERLINDE LOcKER, ROLF KUTSchERA, KAI FISchER, WOLF ALbAch-RETTy, TOmmy
RUPP | LäNGE: 87 mIN. | FORmAT: S/W, DF, 35mm
54
»Also, Mädchen, wenn Sie beim Rollschuh-Akt die Rollschuhe verlieren, dann kann ich sie nehmen.« »Ja, was bleibt
denn davon über ohne die Rollschuhe?« »Eben!« Mit
dem viel prämierten SCHÜLER GERBER und dem Oscarnominierten 38 - AUCH DAS WAR WIEN wurde Regisseur
Wolfgang Glück später die Ikone des guten Geschmacks im
österreichischen Kino. Ende der 1950er schuf er dagegen
fünf obendrein sensationell gute Animier-Krimis, mit zahmer Erotik und schmissigen Schlagern bestückte RevuegirlReißer. Allesamt sind sie Pionier-Arbeiten des europäischen
Grindhouse, die mit ihrem Mix aus harten Jungs, langen
Beinen und eingängigem Wohlgesang eine ganze Welle in
Frankreich, Dänemark und Italien auslösen sollte, die im
deutschsprachigen Raum allerdings verebbte. Hier an der
Drehbuch-Seite: Hellmut Andics, später Schöpfer großer
TV-Klassiker wie RINGSTRASSENPALAIS, und August
Rieger, der neben vielen Heimatfilmen auch SchmutzPerlen wie 69 LIEBESSPIELE, ZINKSÄRGE FÜR DIE GOLDJUNGEN und MAGDALENA – VOM TEUFEL BESESSEN verantwortete. Worum’s geht? Ein argloses Waisenmädchen
übernimmt eine Künstleragentur, die in Wahrheit halbseidene Affären in der Mambo-Bar arrangiert und dazu die
passende Menschenware liefert. Dazu spielen auf: Perez
Prado, Dalida, Gilbert Bécaud und Fatty George. Kriminaltango Deluxe. (pp)
Ein schattenertränkter Innenhof voller kleiner spielender
Wesen. Das kleine Mädchen mit dem Ball will hoch zur Mutter. Es wird weggeschickt. Ein Mann steht hinter dem Vor»Hit me Baby one more time!« Wie Franz Antel, Hubert
hang. Funkelnde Augen. Wenige Momente später ist Mama
Frank, Rolf Olsen begann der Wiener Ernst Hofbauer mit
tot, die mitlauschende Hausmeisterin zuckt belustigt mit
Heimatkomödien und raubeinigen Krimis, bevor die große
Kino-Action mit dem Glockenschlag der Siebziger horizontal den Mundwinkeln, und ein kleines Kind ist als einziger Mordzeuge auf der Flucht durch ein Wien, das 21 Jahre nach
wurde. Hier galt Ernst Hofbauer als österreichischer Gottvater des Schmiers und Erfolgsgarant für die deutsche Sex- Weltkriegsende noch kaputter, fertiger und von boshafter
ploitation und Softporno-Welle. Als ihn der rechtskonserva- Freundlichkeit gefluteter wirkt als in DER DRITTE MANN.
tive Erfolgsproduzent Wolf C. Hartwig mit einer zeitgemäßen Überhaupt wirkt der ganze Thriller wie eine indirekte VerFortsetzung der Oswalt-Kolle-Aufklärungsfilme beauftragte, längerung von Carol Reeds Klassiker, rast doch auch diese
ahnte noch niemand diese Explosion an Bumskomödien, die Menschenhatz durch dieselben, hart schwarzweiß gefilmten
Ostfriesland, Schwabing, den Ruhrpott und die Lederhosen- Ecken des Praters, der Oper, der Abwasserkanäle. Basierend
auf dem Schundheft Der Mörder und das Kind der auf Evaalm gleichermaßen erschütterte. Zwar gab es zu der Zeit
und Lore-Romane spezialisierten Thea von Tauentzien,
etliche anspruchsvolle Kino-Reportagen zur modernen Sexualkultur wie Pasolinis GASTMAHL DER LIEBE (1964) oder überrascht Adrian Hoven mit seinem Regie-Debut, das ein
Sjömans ICH BIN NEUGIERIG-Filme. Doch keine sprengte die auch nach herkömmlichen Kriterien richtig guter Film ist,
gespickt mit einem exzellenten Cast wie etwa als Inspektoweltweiten Kinokassen wie dieses gefälschte ReportageFormat über sexhungrige Teenie-Gören. Friedrich von Thun ren Harald Juhnke und Folco Lulli, bekannt aus Clouzots
LOHN DER ANGST, sowie Pulp-Veteranin und Almodovargibt als besorgter Journalist das Feigenblatt für eine
Muse Helga Liné als Mordopfer. Da fehlt nur mehr der
feuchtfröhliche Verkettung pseudorealistischer Sexszenen,
Qualtinger. (pp)
in denen sich undercover Heiner Lauterbach, Jutta Speidel
und Konstantin Wecker durch ihre ersten Filmrollen schämen. »So sind wir, die Mädchen von heute ...« (pp)
KINO.prOgramm Aus Fleisch und Blut
ERnST HoFBAUER, BRD 1970
bUch: GÜNThER hELLER | KAmERA: KLAUS WERNER | mUSIK: GERT WILDEN | mIT GÜNTER
KIESLIch, LISA FRITz, GITTI NETzLE, JUTTA SPEIDEL, FRIEDRIch VON ThUN | LäNGE: 90 mIN.
FORmAT: FARbE, DF, 35mm
ADRiAn HovEn, BRD/i 1965
bUch: ADRIAN hOVEN | KAmERA: hANS JURA, bOb KLEbIG | mUSIK: JOhANNES REDISKE | mIT
SUSANNE UhLEN, cARL möhNER, FOLcO LULLI, SONJA ROmANOFF, ADRIAN hOVEN, hARALD
JUhNKE | LäNGE: 82 mIN. | FORmAT: S/W, DF, 35mm
55
FR 16.10., 18:00
FR 16.10., 20:30
HExEn BiS AUFS BLUT GEQUäLT HExEn – GESCHänDET
MARk oF THE DEviL
UnD ZU ToDE GEQUäLT
MARk oF THE DEviL 2
FR 16.10., 15:45 | Mo 19.10., 20:00
iCH SEH, iCH SEH
KINO.PROGRAmm AUS FLEiSCH UnD BLUT
vERonikA FRAnZ, SEvERin FiALA, A 2014
bUch: VERONIKA FRANz, SEVERIN FIALA | KAmERA: mARTIN GSchLAchT | mUSIK: OLGA NEUWIRTh | mIT SUSANNE WUEST, ELIAS SchWARz, LUKAS SchWARz | LäNGE: 99 mIN. | FORmAT:
FARbE, DF, DcP
»Wer bist du?« Eine zentrale Frage des Horror-Kinos, hier
gestellt von einem Zwillings-Brüderpaar um die neun Jahre,
die weitgehend allein das Sommer-Regiment in einem Reagenzglas-Neubau im niederösterreichischen Hinterland führen. Doch dann kommt Mama, eine TV-Moderatorin, von
einer Schönheitsoperation nach Hause und ein Psychokrieg
entbrennt, wer dieses seltsam herrische Wesen unter den
Bandagen wirklich ist. Ein leises und gleichzeitig böse einschlagendes Psycho-Kammerspiel aus der Werkstätte von
Ulrich Seidl, geschrieben und inszeniert von seiner langjährigen Drehbuchpartnerin und Frau Veronika Franz und
dem Neffen Severin Fiala, beide auch Gründungsmitglieder
der Austrian-Pulp-Plattform Institut Schamlos. Punktgenau
zwischen Arthouse und Genre angesiedelt, ist dies einer
der sensationellsten Erfolge des Ö-Kinos der letzten Jahre
einer nicht enden wollender, weltweiten Filmfestivalpräsenz.
Ein US-Kinostart via Miramax. Ein Social-Media-Buzz des
unheimlichsten Filmtrailers aller Zeiten. So sieht eine österreichische Kino-Hoffnung aus. (pp)
Krötenkoch und Fledermauskrallen. Die 1970er brachen mit
der etwas eigentümlichen Folterwelle an. Das BahnhofsKino wandte sich ausführlichen Sado-Ritualen an vornehmlich unbekleideten Frauen zu. Nonnenkloster, Konzentrationslager und mittelalterliche Dörfer wurden zu Orten, wo
sich Nacktheit und Brutalität glücklich vereint der Kamera
demonstrierten. So vereinte sich beim Zuschauer das
schlechte Katholiken-Gewissen mit gemeiner Blicklust, um
die neuen Freiheiten der sexuellen Revolution auch zu verdauen. WITCHFINDER GENERAL mit Vincent Price wurde
1968 der erste Inquisitions-Kassenschlager. Dicht auf den
Fersen folgte der Niederösterreicher Adrian Hoven, um als
Produzent, Autor und Co-Regisseur einen mit großen, internationalen Namen besetzten Hetz-Ableger in Rot-Weiß-Rot
aufzutischen. Schließlich war die Kombination alter Burgen
mit Folterkellern hierzulande ein altbewährtes Tourismusrezept. Das rumplig-räudige Werk, das hemmungslos HeimatSchmalz mit ultrabrutalen Folterszenen, einem SeventiesBombast-Soundtrack und bis dahin ungesehenem sozialen
Nihilismus kredenzt, wurde ein schwer umstrittener Welterfolg und zu Recht ein Euro-Horror-Klassiker, der oft
verboten oder, wie zuletzt 2000 in Deutschland, beschlagnahmt wurde. (pp)
PUBLikUMSGESPRäCH MiT PERCy UnD JoyCE HovEn
56
ADRiAn HovEn, BRD 1972
bUch: ADRIAN hOVEN, FRED DENGER | KAmERA: ERNST W. KALINKE | mUSIK: SONOTON
mIT ERIKA bLANc, PERcy hOVEN, ANTON DIFFRING, LUKAS AmmANN, ROSy-ROSy | LäNGE: 90
mIN. | FORmAT: FARbE, DF, 35mm
Scheiterhaufen revisited: Zeichnete den ersten Teil von
MARK OF THE DEVIL noch ein Bomben-Ensemble mit viel
perfider Spielfreude aus und eine subversiv sozialkritische
Handlung, wo der Menschenopfer verlangende Mob zunehmend auch die Mittel- und Oberschicht, zuletzt sogar die
Hexenjäger selbst auffrisst, so erweist sich Teil zwei nicht
im Geringsten als Schnellschuss aus rein kommerziellen
Gründen. Allein Burg Mossham bei Mauternhof im Salzburger Lungau kehrt als pittoresker Drehort wieder, wie auch
der zum Kult-Star gewordene Ober-Hexenjäger mit dem
Brandgesicht, hier als »Natas«, Anagram von Satan, benamt, anstatt »Albino« wie im ersten Teil. Darsteller Reggie
Nalder, 1907 als Alfred Natzler in Wien geboren, sollte durch
seine dürre Statur und sein narbiges Äußeres eine DauerNebenrolle als Killer bei Größen wie Hitchcock, Argento,
Fellini haben, trotzdem merkte sich jeder diese Physiognomie. Nun endlich gab ihm Hoven die erste und einzige
Hauptrolle, um sich ein holzschnittartig grobes Duell mit
der widerstandswilligen Adelsfrau Elisabeth von Salmenau
zu liefern, feurig interpretiert von der italienischen EuroTrash-Diva Erika Blanc. Das ist zwar alles mehr »Ivan
Rebroff meets Winnetou« denn seriöse Geschichtsaufarbeitung. Ein Fass voller grobschlächtiger Freude ist es
nichtsdestotrotz. (pp)
KINO.prOgramm Aus Fleisch und Blut
MiCHAEL ARMSTRonG, BRD 1969
bUch: SERGIO cASSTNER, PERcy PARKER | KAmERA: ERNST W. KALINKE | mUSIK: mIchAEL
hOLm | mIT hERbERT LOm, OLIVERA VUcO, UDO KIER, REGINALD NADLER, hERbERT FUx,
INGEbORG SchöNER | LäNGE: 97 mIN. | FORmAT: FARbE, DF, 35mm
57
PREMiERE
SA 17.10., 16:00
HExEnJAGD in MAUTERnDoRF WiEnERinnEn –
SCHREi nACH LiEBE
KINO.prOgramm Aus Fleisch und Blut
MARTin nECHvATAL, A 2015
bUch: AmIN hAK-hAGIR, PhILIPP hOchhAUSER, mARTIN NEchVATAL | KAmERA: mARTIN
NEchVATAL, ALFRED WIhALm | mUSIK: SONOTON, mIchAEL hOLm, JOhN ScOTT, SAm SKLAIR
LäNGE: 107 mIN. | FORmAT: FARbE, DF, DcP
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Anlässlich unseres Programmschwerpunkts zu Adrian
Hoven, als Darsteller österreichischer Publikumsliebling, als
Regisseur und Produzent ein Meister des Bahnhofkinos, und
anlässlich unseres Specials zu MARK OF THE DEVIL, jenen
in den Salzburger Seventies gedrehten Schlüsselwerken des
Hexenverfolgungs-Films und Historien-Horrors, hat uns
Martin Nechvatal auch seine abendfüllende Doku zu diesem
Thema als Vorab-Weltpremiere zur Verfügung gestellt. Ein
bunter, ruraler Reigen an Zoten und Anekdoten zu den
damaligen Dreharbeiten auf Burg Moosham und in der Lungauer Umgebung , erzählt von überlebenden Bauern und
Lokalbetreibern, die sich noch an den »freindlichen« Herrn
Hoven erinnern und daran, welche Suppen er gegessen hat,
und was sonst noch so allerhand passierte. Ein Hinweis
dazu: nach dem einwöchigen Besuch eines Wiener UdoKier-Groupies mussten zwei Dutzend Dorfbewohner wegen
Tripper in (geheime) Behandlung. (pp)
kURT STEinWEnDnER, A 1952
bUch: KURT STEINWENDNER, AUGUST RIEGER | KAmERA: ELIO cARNIEL, WALTER PARTSch
mUSIK: PAUL KONT, WALTER SchLAGER | mIT ELISAbETh STEmbERGER, mARGIT hERzOG, hELmI
mAREIch, ELFE GERhART, hANS PUTz, KURT JAGGbERG | LäNGE: 96 mIN. | FORmAT: S/W, DF,
35mm
Der Steffl in Wien. Wuchtig donnern die Walzerklänge, während die Wolkenpracht sich devot hinter die monarchische
Skyline schiebt. Doch, Obacht: ein Steingesicht der royalen
Monumente fährt plötzlich übernah ins Bild – wie eine Stoppelfresse aus dem Italo-Western. Ein assoziativer Match-cut,
im Herzen ganz Kubrick und 2001, der seinesgleichen sucht:
das edle Antlitz der Statue wird zur dreckigen Visage einer
Hacklerin, die geplagt das Gesicht verzerrt. Die Off-Stimme
konstatiert dazu trocken: »Annie war Ziegeleiarbeiterin
im anderen Wien.« Eine Entmystifizierung des Mythos
Österreich, ein lustvoll-kunstfertiges Stück Subversion, das
den italienischen Neoverismo, den Proto-Realismus des Proletarier-Kinos mit Moog-fidelndem Experimentalfilm,
Brecht’schem Sprechtheater und bitterbösem Humor fusioniert und in vielen Dingen auch den Pop-Realismus der Sixties, siehe Antonioni & Co, vorwegnimmt. Kurt Steinwendner
war ein begnadeter Derwisch, der durch alle Kunstdisziplinen tanzte, Schüler von Gütersloh und Wotruba, Wegbereiter der Objekt- und funktionellen Kunst, der biokybernetischen Malerei. Sein Kino-Œuvre ist schmal, doch jeder
Einzelkader Gold wert. WIENERINNEN, ein quietschvergnügter Portmanteau-Streifen über vier weibliche Sündenfälle,
ist ein Klassiker. Und ja, es ist der Film mit der wahnsinnig
werdenden Edith Klinger und ihren Kasperl-Puppen. (pp)
SA 17.10., 22:30
So 18.10., 15:45
nECRonoMiCon –
GETRäUMTE SünDEn
ALRAUnE
JESS FRAnCo, BRD 1967
bUch: PIER A. cAmINNEccI | KAmERA: FRANz x. LEDERLE, JORGE hERRERO mARTIN | mUSIK:
FRIEDRIch GULDA, JERRy VAN ROOyEN | mIT JANINE REyNAUD, JAcK TAyLOR, hOWARD
VERNON, NAThALIE NORD | LäNGE: 82 mIN. | FORmAT: FARbE, DF, 35mm
»The essence of evil. A devil on earth.« Der Weibsteufel als
Spiegelfläche männlicher Begierden. Der toughen Stripperin Lorna Green im SadoMaso-Glamour-Club sind sie alle
verfallen, der Intellektuelle, der Bürokrat, der MöchtegernMachiavelli. Doch bald mutiert alles Tändeln und Balzen
zum halluzinogenen Todestanz. Der vorletztes Jahr verstorbene Jess Franco gilt als der führende Kino-Auteur unter
den erotomanen Sixties-Schmutzfinken. Unfassbare 203
Kinofilme hat der Spanier hinterlassen, der einst als Regieassistent von Juan Antonio Bardem und Orson Welles begann, allesamt schlüpfriger Natur. Halb entkleidete Blutsaugerinnen in Haute Couture. Irrlichternde Zoom-Objektive,
die minutenlang Schamhaar-Landschaften durchforsten.
Die Kino-Erzählung als Suizid-Monolog unfassbar schöner
Mörderfrauen. Das Kino des Jess Franco ist ein durchgehender Trip, Marquis de Sade als Barbarella-BubblegumParty. NECRONOMICON stellt Francos künstlerischen Durchbruch dar, zu dem ihm Adrian Hoven als österreichischer
Produzent und Mitdarsteller verhalf, schaffte es als Schundwerk damals ins Hauptprogramm der Berlinale und fand im
Premierenpublikum den heftigen Applaus von Fritz Lang.
Kein Wunder: Selten genug durfte sich Franco so erlesen
stilsicher austoben (Musik: Friedrich Gulda, Kostümdesign:
ein junger Karl Lagerfeld). Selten traf er die Postmoderne
und seine große Liebe Godard so auf den Punkt. (pp)
HEnRik GALEEn, D 1927
bUch: hENRIK GALEEN | KAmERA: FRANz PLANER | mIT bRIGITTE hELm, PAUL WEGENER, IVAN
PETROVIch, mIA PANKAU, GEORG JOhN, VALESKA GERT | LäNGE: 98 mIN. | FORmAT: S/W, DzT,
35mm | RESTAURIERUNG: FILmmUSEUm mÜNchEN
Trivial. Unmoralisch. Pornografisch. Die Schriften des
»deutschen Edgar Allan Poe« Hanns Heinz Ewers, voll mit
Eros, Phantastik, schwarzer Romantik, kombinierten im
frühen 20. Jahrhundert die Angst vor neuen gesellschaftlichen Freiheiten mit dem Erbe von Oscar Wilde und E. T. A
Hoffmann. Und sie galten als Schund. Ewers war auch fasziniert vom neuen Medium Kino. Unter den vielen österreichischen Regisseuren, die in die deutschen Kinofabriken
strömten, wie Fritz Lang, Robert Wiene, Georg Wilhelm
Pabst, war auch Henrik Galeen, bekannt für seine HorrorMeilensteine DER STUDENT VON PRAG und die erste Verfilmung von DER GOLEM. Der gemeinsame Freund Paul
Wegener stellte sie einander vor. So entstand die grandiose
und heute rare Hauptverfilmung des Ewers-Werks ALRAUNE,
dem ultimativen Roman zur Frau als selbstbestimmtem,
sexuellem Poltergeist. Wie Pabst in DIE BÜCHSE DER
PANDORA reduzierte Galeen den erwartbaren Expressionismus zu einem fantastischen Realismus, der erst durch Val
Lewtons spätere RKO-Klassiker wie CAT PEOPLE salonfähig
wurde. Brigitte Helm, die Roboter-Marie aus METROPOLIS,
geht hier als weiblicher, aus Blut und Pflanzen geborener
Frankenstein auf hemmungslose Männermord-Tour. Aufgrund Ewers späterer Nazi-Karriere, unter anderem als
Horst-Wessel-Biograf, ging diese Perle weitgehend verschüttet. Restauriert vom Münchner Filmmuseum. (pp)
LivE-MUSik von GERHARD GRUBER
KINO.prOgramm Aus Fleisch und Blut
FR 16.10., 22:15
59
in 3 TAGEn BiST DU ToT
AnDREAS PRoCHASkA, A 2006
bUch: ThOmAS bAUm, ANDREAS PROchASKA | KAmERA: DAVID SLAmA | mUSIK: mATThIAS
WEbER | mIT SAbRINA REITER, LAURENcE RUPP, mIchAEL STEINOchER, JULIA ROSA STöcKL,
NADJA VOGEL, ANDREAS KIENDL | LäNGE: 97 mIN. | FORmAT: FARbE, DF, 35mm
So 18.10., 20:30
in 3 TAGEn BiST DU ToT 2
KINO.prOgramm Aus Fleisch und Blut
AnDREAS PRoCHASkA, A 2008
bUch: AGNES PLUch, ANDREAS PROchASKA | KAmERA: DAVID SLAmA | mUSIK: mATThIAS
WEbER | mIT SAbRINA REITER, JULIA ROSA STöcKL, FRANzISKA WEISz, SUSI STAch, ANDREAS
KIENDL | LäNGE: 109 mIN. | FORmAT: FARbE, DF, 35mm
60
Fair-Trade Blutwurst aus heimischer Produktion. Die Segnungen der »Glokalisierung«, sprich lokale FranchiseAdaptionen weltumspannender Rezepturen, verschafft dem
Kino meist nur Peinlichkeiten. Gerade das oft auf den USHorror-Wagen aufspringende Deutschland hat dem SlasherFilm einige seiner schwerstverdaulichen Exemplare angetan. Was für ein Wunder, dass mit Stefan Ruzowitzky und
seinen beiden ANATOMIE-Thrillern (2000, 2003), dann mit
Andreas Prochaska und IN 3 TAGEN BIST DU TOT ausgerechnet österreichische Regisseure dem puren Genre-Kino,
also reinem Formel-Nachbau, das verliehen haben, was es
auch auszeichnet: ein sicherer Stil, unverbrauchter Drive,
glaubwürdige Verkörperer, nicht zuletzt Freude am Spiel mit
dem Schrecken. Und Stilbewusstsein bringt Prochaska in
Schaffeln an Bord. Zuerst kommt ein Todesorakel per SMS,
dann dezimiert sich die Teenie-Clique flott nach der Reihe,
erst im Salzkammergut, dann in den Bergen Tirols, bevor
der böse, böse Mörder aufgedeckt wird und Sabrina Reiter
als »Final girl« das Weite suchen kann. So weit, so
McDonalds. Alles andere macht der authentische Junggesichter-Cast, der atmosphärische Geschmack, die flotten
heimischen Indie-Rock-Songs aus. Und nicht zuletzt die elementare Frage, wie schnell Mobiltelefone »out of date«
wirken können ... Big fun! (pp)
So 18.10., 20:30
in AnWESEnHEiT von AnDREAS PRoCHASkA UnD SABRinA REiTER
Mo 19.10., 18:00
Di 20.10., 20:00 | So 8.11., 16:00
MoRGEnGRAUEn
DiE ToDESGöTTin DES
LiEBESCAMPS
PETER SäMAnn, A 1983
bUch: hANS bAchmANN | KAmERA: hANUS POLAK | mUSIK: mIchAEL bIShOP | mIT ALbERT
FORTELL, hANNELORE ELSNER, bARbARA RUDNIK, hANS GEORG PANczAK | LäNGE: 95 mIN.
FORmAT: FARbE, DF, 35mm
BLADE RUNNER in Rot-Weiß-Rot. Sachen gibt’s. Zwei Mal
kostenbewusst inszenierter Futur Noir. Science Fiction,
selbstsicher in die Filmwelt schreitend, auch wenn die Kulissen klappern. MORGENGRAUEN, ein Achtziger-Unikum,
klirrend-cool wie ein Blue-Curacao-Cocktail auf Eis. Albert
Fortell, richtig gehört, als wortkarger Zukunfts-Cop mit
Stoppelkinn und brauner Lederjacke, klarerweise mit Schulterpolstern, der Menschen, deren Lebenskredit ausgelaufen
ist, entsorgen soll, um das post-apokalyptische biologische
Gleichgewicht zu halten. Wie die Post-Apokalypse in Wien
aussieht? Eh wie immer. Nur monochrom neon-bunt halt.
Da taucht – Überraschung! – die Rebellin auf, in die sich
dieser Len natürlich verschaut, die – Überraschung!! – die
nächste auf seiner Abschussliste ist. Produziert unter
anderem vom späteren Haneke-Förderer Veit Heiduschka,
untermalt vom frostigen Synth-Score des damaligen »Dr.
Kurt Ostbahn« Willi Resetarits und Georg Herrnstadt, dem
Schurli der Ikonen-Band »Schmetterlinge«. (pp)
CHRiSTiAn AnDERS, BRD 1980
bUch: chRISTIAN ANDERS | KAmERA: VASSILIS chRISTOmOGLOU | mUSIK: chRISTIAN ANDERS
mIT LAURA GEmSER, chRISTIAN ANDERS, GAbRIELE TINTI, mAxImILIAN WOLTERS, SImONE
bRAhmANN | LäNGE: 79 mIN. | FORmAT: FARbE, DF, 35mm
Eine Weltuntergangssekte mit Gruppensex, Zwangsprostitution und kompletter Unterwerfung als Stützpfeiler. Ein
»Liebescamp« in Zypern unter der Knute der »Göttlichen«,
gespielt von der atemberaubend schönen Laura Gemser,
indonesischer Model-Star der Softsex-Serie BLACK
EMANUELLE. Und mittendrin zwischen Jüngerfang, Vögelei
und Massensuizid, bitter-geschmackig angelehnt an die
über 900 Toten der Jim-Jones-Sekte im Dschungel von
Guyana, steht er, in wallend weißem Gewand, mit ausgebreiteten Armen und schulterlanger Blondmähne: Schlagerkönig Christian Anders aus Bruck an der Mur, hier Produzent,
Hauptdarsteller, Autor in Personalunion. Nach dem Massenerfolg von Hits wie Geh nicht vorbei und Es fährt ein Zug
nach nirgendwo kurvte Anders im vergoldeten Rolls-Royce
durch die deutschen Lande und übte sich Ende der 1970er
als Filmmogul für zwei Voll-Trash-Epen. Hier verknallt er
sich als Ober-Apostel der Todesgöttin in eine Senatorstochter und versucht den Proto-Bhagvan-Fängen knapp vor
dem großen Abtritt zu entkommen. Und ja, es ist ein DiskoMusical. Der Chef-Beweis, warum Luis Buñuel oft das richtig
schlechte Kino als das einzig wahrhaftige bezeichnete. Und
jetzt alle zusammen: Giveyoursoulovertoaneverlastinglove!
(pp)
Di 20.10., 20:00
in AnWESEnHEiT von CHRiSTiAn AnDERS
KINO.prOgramm Aus Fleisch und Blut
So 18.10., 18:00
61
Mi 21.10., 20:45
FR 23.10., 21:00
BARon PoRnoS näCHTLiCHE
FREUDEn
RASPUTin –
oRGiEn AM ZAREnHoF
FRiTS FRonZ, A 1969
bUch: FRANK RObERTS, mONIKA cEbER, ISA FRANKE | KAmERA: PETER KODERA | mUSIK: ThEO
bRAUNS | mIT FRANK RObERTS, EVA bARDOS, mARLIES bURGER, FELIx czERNy, ILSE hAcKL
LäNGE: 73 mIN. | FORmAT: FARbE, DF, 35mm
ERnST HoFBAUER, BRD 1983
bUch: c.m. ShERLAND, ERNST hOFbAUER | KAmERA: FRANz x. LEDERLE | mIT ALExANDER
cONTE, USchI KARNAT, mARION bERGER, WERNER SINGh, c. m. ShERLAND | LäNGE: 121 mIN.
FORmAT: FARbE, DF, DIGIbETA
DER kiLLER von WiEn
Lo STRAno viZio DELLA
SiGnoRA WARDH
KINO.prOgramm Aus Fleisch und Blut
VORFILm
62
Das Wirtschaftswunder unter der Gürtellinie. HeimfilmerFilme eines dauerquasselnden Dirty Old Man mit Pfeife,
Rotzbremse und Bierbauch. Ein klassischer Herr »in den
besten Jahren« also. Das schmale filmische Vermächtnis
des Frits Fronz ist so platt, bunt und verwirrend wie dessen
Leben selbst. 1919 als Friedrich Oskar Fronz geboren, wurde
er nach dem Krieg, den er im Widerstand durchtauchte,
zum Schundheftlautor, zum Schlagersänger Frank Roberts
(Maloja, Schau dir deine Freunde gut an) und zum Regisseur
und Darsteller einer Handvoll Softpornos, bevor er in den
1970ern als Stadtrat der gerade entstandenen Wiener Grünen amtierte. 1964 galt ausgerechnet die WIG, die Wiener
internationale Gartenschau im Donaupark, als Aufbruch in
die Modernität, wo Meister Fronz vom Musikerkollegen Paul
Milan angesichts zahlloser kurz berockter Damen überredet
wurde, auch mal in Kino zu machen. Milans MÄDCHEN MIT
DEM MINI und Fronzens eigener ROULETTE D’AMOUR sind
als Folge altersgeil-sonnige, halb improvisierte Stümperwerke, in denen Fronz seinen welken Körper durch allerhand
ihm entgegenschmachtendes, nacktes Frauenvolk navigiert
und sinnierend vor sich hin pafft, während ein BilderbuchWien wie nachkolorierte alte Postkarten an einem vorüberzieht. Unwiderstehlich! (pp)
SA 6.11., 22:45 FRiTS FRonZ DoUBLE FEATURE
CREAM
HERBERT HEiDMAnn, A 1970
LäNGE: 5 mINUTEN | FORmAT: FARbE UND S/W, DF, 35mm
Der Historien-Schinken als Monumental-Porno. Kompletter
kinematischer Irrsinn. Der legendäre Wunderheiler Rasputin
wandert mit düsterem Blick und lüsternem Lachen durch
ein Zaren-Russland im politischen Umbruch. Ein Bauer hält
ihm das Messer an den Hals. Er hätte seine Frau zu ihm
geschickt, um diese von Unfruchtbarkeit zu heilen. Nun ist
sie schwanger. Von Rasputin. Mit lautem HoHoHo fällt er
den Bauern an und klopft ihm auf die Schulter: »Ein Baum
mit tauben Nüssen muss doch froh sein, wenn andere seine
Art erhalten!« 1979 hatte Tinto Brass mit Geld vom Penthouse Magazin Caligula einen megalomanisch teuren und
starbesetzten Hardcore-Film für den Mainstream produziert. Ernst Hofbauer wollte ihm mit einem SchmalhansBudget nacheifern. Zuvor hatte er schon seine SexploitationKonzepte, auf Hongkong und die Türkei ausgerichtet, mit
Karate verschmolzen. Nun versuchte er David Lean mit den
Mitteln von WINNETOU-Festspielen zu inszenieren, mit Vollkopulation und Splatterszenen. Wir zeigen die von Herzog
Video rekonstruierte Fassung, die die harte und softe Version vereint. Als Appetitmacher: Eine psychedelische PornoMiniatur von SCHAMLOS-Produzent Herbert Heidmann.
(pp)
| SA 7.11., 23:00
SERGio MARTino, i/E 1971
bUch: EDUARDO mANzANOS bROchERO, ERNESTO GASTALDI, VITTORIO cARONIA | KAmERA:
EmILIO FORIScOT, mIGUEL F. mILA | mUSIK: NORA ORLANDI | mIT GEORGE hILTON, EDWIGE
FENEch, chRISTINA AIROLDI, mANUEL GIL, cARLO ALIGhIERO | LäNGE: 98 mIN. | FORmAT:
FARbE, DF, 35mm
VORFILm
DiEnSTAG
FRAnZ BERnER, A 1993
LäNGE: 15 mIN. | FORmAT: S/W, DF, 16mm
Nackte Brüste. Rasiermesser im Straßenlicht. Blut spritzt
stylish auf Autopolster. Sigmund Freud spricht von der
»Lust zu töten«, die allein schon durch die Existenz der Gebote bewiesen wäre. Luxus-Weibchen Edwige Fenech, gerade erst am Flughafen Schwechat gelandet, muss allein im
Taxi downtown. Gendarmerie-Kontrolle. Mördersuche. Der
Taxler grantelt was von Todesstrafe. Edwige schließt nur die
Augen, träumt von Gewalt-Sex im strömenden Regen. DER
FALL DER SIGNORA WARDH, so der Originaltitel, ist ein Film
der Superlative. Der Giallo, der psychedelisch überspitzte,
sexualpathologische Horror-Thriller, prägt als Vintage-Stil das
heutige Filmschaffen so intensiv wie sonst nur der ItaloWestern. Und Sergio Martino war ein Großmeister darin, neben Dario Argento, Mario Bava und Lucio Fulci. Dies ist sein
pralles, sinnlich-flirrendes Meisterstück. Und kaum ein ausländischer Film hat Wien – außer DER DRITTE MANN und
BAD TIMING – so schön in seiner Abgründigkeit eingefangen
wie diese filmische Köstlichkeit. Ein Fest, nichts weniger. Als
Aperitiv eine grobkörnig-triebige Serienmörder-Attacke aus
sicherer Independent-Hand. (pp)
FR 23.10., 21:00 oHnE voRFiLM
SA 24.10., 23:00
DiE WöLFin voM TEUFELSMooR / ToD iM novEMBER
HELMUT PFAnDLER, A 1978
bUch: hELmUT PFANDLER, KARL-hEINz WILLSchREI | KAmERA: hANNS mATULA | mUSIK: GERhARD hEINz | mIT JOhN PhILLIP LAW, FLORINDA bOLKAN, SIEGFRIED WISchNEWSKI, cLAUDIA
RISchEL | LäNGE: 85 mIN. | FORmAT: FARbE, DF, 35mm
Der Waldviertler WICKER MAN. Mittlerweile lebt der aus
Gmünd stammende Regisseur Helmut Pfandler, Jahrgang
1928, in Spanien und schreibt Lyrik, getränkt von Naturmystik und Weißmagie, Geistheilung und Wichtelwesen. Ins
Teufelsmoor des Unterhaltungs-Kinos wagte sich der TVMovie-Handwerker wie viele hier nur einmal. Aber was für
ein seltsames, prächtiges Stück. Mit John Philip Law, Engel
Pygar aus BARBARELLA, und dem brasilianischen EuroKino-Star Florinda Bolkan, bekannt von Visconti, Damiani
und Petri, wagte man den Sprung auf die internationale
Leinwand. Und flog kapital auf die Schnauze. Zu eigenartig
und heimatlich verwob sich die niederösterreichische
Sagen- und Märchenwelt mit einem modernen MysteryGrusel-Thriller. Ein junger Architekt, ein urbanes Bübchen
mit frisierter Blond-Mähne, landet in einem rundum flachen
Bauernkaff, um es industriell zu modernisieren. Doch
regiert wird der Landstrich heidnisch-archaisch. Der satanische Dorfweise Kasimir hat sich mit der Christenkirche
arrangiert. Fremde will man nicht. Wäre da nicht Witwe
Walpurga auf ihrem feuerroten Steyr Puch-Traktor, die die
Hexe in sich entdeckt. Mordfälle, Mummenschanz und
Sexappeal mit Gummistiefel und Heugabel. Ein Unikum,
hier erstmals wieder unzensiert zu sehen. (pp)
KINO.prOgramm Aus Fleisch und Blut
Mi 21.10., 19:00 | SA 6.11., 22:45
63
64
| FR 6.11., 20:30
Mo 26.10., 18:00
| SA 7.11., 16:00
ExiT… nUR kEinE PAnik
ASPHALT
FRAnZ novoTny, A/BRD 1980
bUch: GUSTAV ERNST, FRANz NOVOTNy | KAmERA: ALFIO cONTINI | mUSIK: OTTO m. zyKAN
mIT hANNO PöSchL, ISOLDE bARTh, PAULUS mANKER, EDDIE cONSTANTINE, PETER WEIbEL
LäNGE: 105 mIN. | FORmAT: FARbE, DF, 35mm
HARALD RöBBELinG, A 1951
bUch: hARALD RöbbELING | KAmERA: WALTER PARTSch | mUSIK: ROLy KOVA | mIT JOhANNA
mATz, ANNI KORIN, INGE NOVAK, mILAN KAmARE, EDITh mEINEL, hEINzI FARDA | LäNGE: 85
mIN. | FORmAT: S/W, DF mIT FRANz. UNTERTITELN, 35mm | RESTAURIERUNG: FILmARchIV
AUSTRIA
»Grüß Gott, die Damen! Ich hätt da eine Anfrage. Kann man
sich bei euch zwa a bisserl vaginamäßig wichtig machen?
Oda wos is??« Hanno Pöschl, g’schupft und g’striegelt,
reckt das gegelte Haup. Kurz darauf scheppert das blitzblaue Cabrio durch das Gasserlwerk des Wurst-Praters,
knackvoll mit Haberern und den angesprochenen zwei Girls:
»Bist deppert! Für a Schnitzerl allan lass i mi net pudern!«
Was DO THE RIGHT THING für New York City, BLUES
BROTHERS für Detroit/Chicago und BOOGIE NIGHTS für
Los Angeles ist, ist für Wien Franz Novotnys EXIT. Eine
leichtfüßige und gleichzeitig perfekte Kartografie des hiesigen Menschen, zur dortigen Zeit. Der Kultfilm schlechthin.
Kirchhoff und Plachinger sind Pülcher, Strizzis, halbseidene
Tagediebe, die vom eigenen Kaffeehaus träumen und doch
nur Puderanten sind, im Wettkampf, sich gegenseitig über’s
Ohr zu hauen. Wozu sonst sind Freunde da? Eine lebensfrohe, bukolisch-grantige Gauner-Farce, die quer durch’s
Wiener Tag- und Nachtleben führt, durchaus verwandt mit
dem Punk in seinem »No-Future«- und »Alles-Wurscht«Tonfall. Ein Gangster-Epos von Melville, nur drei Doppler
später. Novotny, lang der schelmische Homme scandaleux
des Ö-Kinos, strotzte hier noch vor Charme, Witz und filmischem Furor. Einen so zügellosen Cha-Cha-Cha zwischen
Genre und Autorenfilm sollte das Förderkino bald nicht
mehr zulassen. Uns bleibt dieser zeitlose Spaß als Erinnerung. »Oba jetzt spült’s Ramona!« (pp)
Brechung durch Überaffirmation – eine uralte Strategie der
Avantgarde. Harald Röbbeling war ein früher Wahnsinniger
des Nachkriegskinos. ASPHALT ist sein rasantes Hauptwerk.
Ein Halbstarken-Reißer, in dem er die düstere Film-NoirEleganz der Bilder stilistisch in die Schnittmassaker von
Sowjet-Propaganda krachen lässt. Marktschreierische
Boulevard-Schlagzeilen von Sünde, Mord und Unzucht treffen auf Beatnik-Jazz, Laien-Improvisation und Cut-upTechnik. Worum’s geht: Fünf welt- und selbstverlorene Minderjährige inmitten der Kriegstrümmer gehen im Milieu vor
die Hunde. Kindesmissbrauch. Affekt-Totschlag. Der tödliche
Schuss beim Einbruch mit 13. Reihenweise Selbstmorde.
Und selbstverständlich der Verfall des anständigen Mädels
zur Zwangskokotte, charmant von Försterchristl Johanna
Matz gespielt. Das alles wirklich und echt aus wahren
Polizeiakten gerissen. Was sonst? So weit, so banal. Was
ASPHALT so bedeutsam macht, ist die aggressive Energie
unter der wertkonservativen Oberfläche. Röbbeling als
Sohn des letzten Burgtheaterdirektors vorm Anschluss
begann nach dem Verfassen von Drehbüchern und Theaterstücken 1948 selbst Filmregie zu führen, und das im Proletenkollektiv, mit durchwegs provokanten Stoffen, außerhalb
der etablierten Studio-Szene. Es hagelte Aufführverbote
in Tirol, Salzburg, der Steiermark. Nach vier Filmen wanderte
Röbbeling nach Hamburg ab und warf bald das kreative
Handtuch. Tragisch. Restauriert vom Filmarchiv Austria.
(pp)
Di 27.10., 18:30
Mi 28.10., 23:00
ZERSCHoSSEnE TRäUME
L’APPAT
DAS MäDCHEn MiT DEM Mini
PETER PATZAk, A/BRD/F 1976
bUch: PETER PATzAK | KAmERA: hEINz höLSchER | mUSIK: RIchARD SchöNhERz, mANUEL
RIGONI, ANDRé hELLER | mIT yVES bENEyTON, RAymOND PELLEGRIN, mAThIEU cARRIèRE,
chRISTINE böhm, hANS chRISTIAN bLEch, cARROLL bAKER, KARL mIchAEL VOGLER, ANDRé
hELLER | LäNGE: 99 mIN. | FORmAT: FARbE, DF, 35mm
»Denn ich will, ja, ich will, dass es das alles gibt, was es
gibt.« Peter Patzaks Kino der 1970er war ein Kino des Überflusses, das wie sonst selten im deutschsprachigen Raum
Coolness und Drive des Genre-Films mit gelungenem
Anspruchskino verband. »Roland Klick!«, mag man brüllen,
»Roger Fritz!« Doch Patzak war typisch Wiener, anarchischer
Genusserzähler, der ungeniert nach allen Früchten griff,
ohne sich um Konventionen zu scheren. ZERSCHOSSENE
TRÄUME wurde sein erster großer Wurf, bevor ihm die TVSerie KOTTAN ERMITTELT und der Kino-Film KASSBACH
den Durchbruch verschafften. Als wollte er Patzak selbst
besingen, raunt André Heller seine eingangs zitierte Hymne
an »den Mann, der einen Mann liebt« durchs Giftlicht des
Nachtlokals. Der bisexuelle Jungspund Ken, Polizistensohn,
selbst knapp vor Ende der Ausbildung, lässt sich hier vom
Unterwelt-Patron Raymond Pellegrin aushalten, wenn er
nicht die pralle Milf Carrol Baker flachlegen muss. Doch er
will raus, ein normales Leben führen, nicht so ein korrupter
Bulle sein wie sein Herr Papa. Zufallsliebe Gerda (umwerfend: die viel zu früh verstorbene Christine Böhm) könnte
ein Anker sein. Der classy französische Thriller eines
Jacques Deray oder Henri Verneuil bildet hier die Blaupause für ein komplexes, mitreißendes Personen-Puzzle. (pp)
| FR 6.11., 22.45
PAUL MiLAn, A 1964
bUch: PAUL mILAN | KAmERA: RAImUND hEROLD
mUSIK: PAUL mILAN | mIT KARIN FIELD, FRANK RObERTS, JUDITh ROTh, TAmARA TIOmKIN, FRED
WEISSmANN | LäNGE: 66 mIN. | FORmAT: FARbE, DF, 35mm
Das Wirtschaftswunder unter der Gürtellinie. HeimfilmerFilme eines dauerquasselnden Dirty Old Man mit Pfeife,
Rotzbremse und Bierbauch. Ein klassischer Herr »in den
besten Jahren« also. Das schmale filmische Vermächtnis
des Frits Fronz ist so platt, bunt und verwirrend wie dessen
Leben selbst. 1919 als Friedrich Oskar Fronz geboren, wurde
er nach dem Krieg, den er im Widerstand durchtauchte,
zum Schundheftlautor, zum Schlagersänger Frank Roberts
(Maloja, Schau dir deine Freunde gut an) und zum Regisseur
und Darsteller einer Handvoll Softpornos, bevor er in den
1970ern als Stadtrat der gerade entstandenen Wiener Grünen amtierte. 1964 galt ausgerechnet die WIG, die Wiener
internationale Gartenschau im Donaupark, als Aufbruch in
die Modernität, wo Meister Fronz vom Musikerkollegen Paul
Milan angesichts zahlloser kurz berockter Damen überredet
wurde, auch mal in Kino zu machen. Milans MÄDCHEN MIT
DEM MINI und Fronzens eigener ROULETTE D’AMOUR sind
als Folge altersgeil-sonnige, halb improvisierte Stümperwerke, in denen Fronz seinen welken Körper durch allerhand
ihm entgegenschmachtendes, nacktes Frauenvolk navigiert
und sinnierend vor sich hin pafft, während ein BilderbuchWien wie nachkolorierte alte Postkarten an einem vorüberzieht. Unwiderstehlich! (pp)
SA 6.11., 22:45 FRiTS FRonZ DoUBLE FEATURE
KINO.prOgramm Aus Fleisch und Blut
KINO.prOgramm Aus Fleisch und Blut
So 25.10., 16:00
65
Do 29.10., 21:00
| So 8.11., 20:30
DiE ToTEn FiSCHE
MiCHAEL SynEk, A 1989
bUch: mIchAEL SyNEK NAch bORIS VIAN | KAmERA: JIRI STIbR | mUSIK: mIchEL PORTAL
mIT ERWIN LEDER, JOhANNES WEIDINGER, GEbhARD SWObODA, LISA LUGINbÜhL, mARTIN
SchNELLNAST | LäNGE: 83 mIN. | FORmAT: S/W, OmEU, DcP (29.10.) | FORmAT: S/W, DF, DcP (8.11.)
VORFILm
KINO.prOgramm Aus Fleisch und Blut
HoCH ZEiT
66
PAUL PoET, A 1996
LäNGE: 18 mIN. | FORmAT: FARbE, DF, 35mm
»Verehrter Präsident, sagt eurer Polizei, sie würde mich
schon schaffen. Denn ich bin ohne Waffen. Zu schießen
steht ihr frei.« Ulk angesichts des Grauens. Leben zum
Trotz. Boris Vian war als Poet wie Kafka mit Jazz. Von
Charles Belmont bis Michel Gondry versagten alle Filmversionen seiner Nachkriegsklassiker – bis auf eine. Michael
Syneks DIE TOTEN FISCHE, stilistisch pendelnd zwischen
Tarkowskijs STALKER, Jarmush und DER PROZESS von
Orson Welles, traf den Ton, auf den es bei Vian ankommt:
fantastischer Existentialismus. Ein grandioser Erwin Leder
schleicht als hagerer Everyman durch eine nebelverhangene, weißschwarze Traumlandschaft, fischt Briefmarken aus
dampfenden Sümpfen und begehrt Einlass in die Welt der
Städter. Doch der wird nie gewährt. Drei österreichische
Meisterwerke, eben auch Gerald Kargls ANGST und Walter
Bannerts DIE ERBEN, gingen in den 1980ern verloren, weil
sie daheim trotz großer Festivalerfolge nichts als Ohrfeigen,
Drohungen oder Ignoranz kassierten. Syneks Film war überhaupt 20 Jahre nicht erhältlich und musste erst restauriert
werden. Nun steht uns erstmals diese Fassung zur Verfügung, bevor sie 2016 in die Kinos soll. Als Vorfilm eine
apokalyptische Jugendgewalt-Fantasie auf 35 Milimeter, die
im Geiste von Cronenberg, Argento und Derek Jarman
Genre-Bilder auf ähnliche Weise zur abstrakten Kino-Kunst
verdreht. (pp)
Do 29.10., 21:00 (oHnE voRFiLM) oMEU
in AnWESEnHEiT von MiCHAEL SynEk
| SA 7.11., 20:00
So 1.11., 18:30
SCHAMLoS
ABEnTEUER in WiEn
EDDy SALLER, A 1968
bUch: KARL hANS KOIzAR, EDDy SALLER, E. NEUmAyR, ThEODOR OTTAWA | KAmERA: WALTER
PARTSch | mUSIK: GERhARD hEINz | mIT UDO KIER, ROLF EDEN, mARINA PAAL | LäNGE: 78 mIN.
FORmAT: S/W, DF, 35mm
EMiLE EDWin REinERT, A 1952
bUch: FRANz TASSI, mIchAEL KEhLmANN, NAch EINEm ROmAN VON ALExANDER LERNEThOLENIA | KAmERA: hELmUTh FISchER-AShLEy | mUSIK: RIchARD hAGEmANN | mIT GUSTAV
FRöhLIch, cORNELL bORchERS, FRANz LEDERER, EGON VON JORDAN, INGE KONRADI, KARL
FARKAS | LäNGE: 89 mIN. | FORmAT: S/W, DF, 35mm | RESTAURIERUNG: FILmARchIV AUSTRIA
Sie strippen. Sie swingen. Sie schlägern und sterben. Knallhart durch die Wiener Nacht. »Kultfilm« ist hier nur Hilfsbegriff angesichts der nicht enden wollenden Kanonade an
feuchtfröhlichen Untergriffen, die SCHAMLOS auffährt.
Hardboiled US-Gangster-Kino, angesiedelt zwischen Neubau und Schwechat. Udo Kier prangt 24-jährig in seiner ersten Hauptrolle, ganz menschenverachtender jugendlicher
Straftäter zwischen schwulettem Glamour-Pimp und machistischem Ultra-Brutalo. Wie Faustschläge knallt das Zeitkolorit einem um die Ohren: Fahrbare Bordelle. Freakende
Beat-Bands. Otto Mühl im Orgienrausch zwischen Unterwelt
und Szene-Dekadenz. Dazwischen Bandenkrieg und
Schweige-Morde in einer Nacht-Stadt, die Wien als Frankfurt maskiert. Ein Exploitation-Meisterwerk, das sich locker
mit jenen eines Sam Fuller, Russ Meyer oder des TarantinoDarlings Jack Hill messen kann. Als gedankenschlichte Kloakenerotik ohrfeigte ihn damals die Presse im Jahr der
sexuellen Befreiung. Heute ist diese Geburtstagstorte ans
Kino zu ihrem eigenen rot-weiß-roten Kill-Bill-Status aufgestiegen: Coolness, Gewalt, Sexyness, Drive. Hartes Schwarzweiß. Saftende Sprüche. Ein unfassbarer Film von zeitlosem
Glanz. (pp)
FR 30.10., 23:00
in AnWESEnHEiT DES koMPoniSTEn GERHARD HEinZ
Dunkle Wolken über Schönbrunn und Sievering. Der Weltkrieg steckt noch tief in den Knochen. Man spielt Zivilgesellschaft, Kleinfamilie, geht in Klavierkonzerte oder der täglichen Arbeit nach. Doch in allem steckt der Geschmack von
verbrannter Asche, von Neid, Kampf und Tod. Männer. Frauen. Keinem kannst du trauen. Toni Sponer, Wiener Taxifahrer, ein unbedarfter »Simple man« der Arbeiterklasse,
schuftet gutmütig ums Überleben. Und will wie alle raus
hier. Um jeden Preis. Eines Tages wird ein Fahrgast zum Kugelfang. Die Polizei winkt nur eilig weiter. Da kommen Toni
der Reisepass und diese zwei Flugtickets unter. Amerika. –
Ein vergessenes Glanz-Stück unter den wenigen europäischen Exemplaren des Trümmer-Film-Noir (Staudte, Siodmak, Zinnemann) ist hiermit wieder aufgetaucht. Nur drei
Jahre nach DER DRITTE MANN inszeniert der gebürtige
Galizier und später polnisch-französische Staatsbürger
Emile Reinert das besetzte Wien als mit sich gemütliches
Höllenloch betrügt. Traumhaft der tanzende, fast operettenhafte Tonfall, mit dem Reinhart den menschlichen Abgrund
erkundet. Traumhaft die Kameraführung des späteren
EDGAR-WALLACE- und DERRICK-Regisseurs Helmuth Ashley
und Michael Kehlmanns scharfzüngige Adaption des
Romans von Lernet-Holenia. Restauriert vom Filmarchiv
Austria. (pp)
KINO.prOgramm Aus Fleisch und Blut
FR 30.10., 23:00
67
Mo 2.11., 18:30
Di 3.11., 23:00
FRAU DoRoTHyS BEkEnnTniS
DAS GoLD DER LiEBE
DER FAn 2
VORFILm
oUTER SPACE
PETER TSCHERkASSky, A 1999
LäNGE: 10 mIN. | FORmAT: S/W, KEIN DIALOG, 35mm
SA 31.10., 21:00
DiE ERBEn
KINO.prOgramm Aus Fleisch und Blut
WALTER BAnnERT, A 1983
bUch: WALTER bANNERT, ERWIN A. RIchTER | KAmERA: hANUS POLAK | mIT NIKOLAS VOGEL,
ROGER SchAUER, ANNELISE STöcKL-EbERhARD, KLAUS NOVAK, JAROmíR bOREK | LäNGE: 95
mIN. | FORmAT FARbE, DF, 35mm
68
Die Kamera senkt sich wie ein Habicht über Wien, der Blick
verliert sich blutlustig in den Gstettn der Lobau. Ein melancholisch zerfallender Soldatenmarsch dröhnt aus den Lautsprechern. Ein Jogger, zufrieden im Lauf. Plötzlich: Lederjacken. Motorradhelme. Umzingelung. Dann: die Schlagstöcke.
Thomas ist Teenager-Rebell aus gutbürgerlichem Hause.
Genug vom Gekeife, den leeren Versprechen von Sicherheit,
dem kalten Herz: ein Jugend-Club wird seine neue Heimat.
Im Hinterzimmer laufen seltsame Filme, wo man mit den
Mädels im Widerschein von Stukas Fingerversenken spielt.
Dann hängt auf einmal das schwarze Kreuz am Eingangstor
und die »anständigen Jungs« bauen ihre Skills Richtung
Gewalt-Miliz, Vergewaltigung und rechten Terror aus.
CLOCKWORK ORANGE auf österreichisch, ein Simmeringer
ROMPER STOMPER, durfte es das je geben? Ein vergessenes,
radikales Meisterwerk des heimischen Kinos, das in einer
Linie mit Haneke und Seidl stehen sollte. Ein Coming-ofAge-Thriller und Lehrstück über faschistische Kontinuität
als schockierfreudiger Sex- und Gewalt-Kintopp. International gefeiert, hierzulande geschlachtet, durfte diese Preziose
über 25 Jahre lang nicht gezeigt werden. Bis heute – dank
unserer einmalig gestatteten Aufführung für AUS FLEISCH
UND BLUT. Not to be missed! Ein politischer Horror-Film
über die »Freiheit, die wir meinen.« (pp)
Herzschmerz meets Noir-Fatalismus. Eine Seele im Fegefeuer, fürwahr. Das dralle Waisen-Fräulein Dorothy Carleton
entwickelt fast Indiana-Jones-Qualitäten, so viel Wirrsinn,
Liebesglut und Verbrechen geschehen ihr hier in knapp
einer Stunde Laufzeit. Dem Austro-Ungarn Mihály Kertész,
der als Michael Curtiz mit CASABLANCA, CHICAGO Hollywood-Geschichte schreiben sollte, schwebte wohl eine erwachsene Version des amerikanischen Ur-Pulp-Serials THE
PERILS OF PAULINE (1916) vor Augen. Nun, Dorothy erwacht neben einer Männerleiche. Grimmige Polizisten umringen sie. Der Regen strömt. Doch die Erinnerung kehrt
wieder. Die etwas ungelenke ungarische Diva Lucy Doraine,
floh 1919 mit ihrem Mann Kertész nach Wien, um hier mit
ihm ihre essentiellsten Arbeiten, darunter SODOM UND
GOMORRHA, zu verwirklichen. Ein Damenschicksal als
atemlos dahin ratternde Kolportage im Stil des frühen Cecil
B. DeMille. Restauriert vom Filmarchiv Austria. Davor: Ein
Experimentalfilm-Klassiker des großen Peter Tscherkassky,
in dem Fragmente des Horrorstreifens ENTITY mit Barbara
Hershey abstrahiert werden: Kino als flackerndes Gefängnis
der rundum bedrängten Frau. (pp)
LivE-MUSik von GERHARD GRUBER
ECkHART SCHMiDT, BRD 1983
bUch: EcKhART SchmIDT | KAmERA: bERND hEINL | mUSIK: bLÜmchEN bLAU, WANDERLUST,
DAF | mIT ALExANDRA cURTIS, mARIE cOLbIN, ALLEGRA cURTIS, ANDRé hELLER, hERmANN
STRObL | LäNGE: 86 mIN. | FORmAT: FARbE, DF, 35mm
Tanz den Mussolini in den Gassen von Hernals. Ein New
Wave Slasher-Movie. Eine Wiener-Pop-meets-HorrorFantasie. Folgerichtig eine einzige Unglaublichkeit. In zehn
Tagen und bevorzugt Nächten in trunkenem und teils drogenilluminiertem Zustand drehte der große bayrische PulpAuteur Eckhart Schmidt sein neon-schwangeres MordGedicht. DAF, die deutsch-amerikanische Freundschaft, und
die österreichische Band Blümchen Blau mimen die umhimmelten Rockstars, besuchen das damals als subkulturelle
Konzert-Location weithin berühmte Theater Metropol. Ganz
märchenhaft rufen ihre Stimmen den weiblichen Fan Patricia,
sweet 16, aus dem gut behüteten Kinderzimmer in ihre Fänge, und selbige ist ahnungslos, welch blutrünstige Gefahren
in österreichischen Großstadtnächten auf sie warten. Insbesondere, wenn Marie Colbin als »Prinzessin der Nacht« ihr
Rasiermesser zückt. Während Schmidts Vorgänger DER
FAN, in dem eine weitgehend nackte, tatsächlich minderjährige Desirée Nosbusch als Groupie den verehrten Star sogar
verspeist, zumindest als Skandal überlebte, ging dieses
bizarre Gewaltmärchen an der Kinokasse unter. Hier erstmals seit damals offiziell wieder zu sehen, ein köstliches
Trash-Delirium, eine betörende Blume des Bösen. (pp)
Di 3.11., 23:00
in AnWESEnHEiT von MARiE CoLBin
KINO.prOgramm Aus Fleisch und Blut
MiHÁLy kERTéSZ, A 1921
KAmERA: GUSTAV UcIcKy, NIKOLAUS FARKAS, EDUARD VON bORSODy | mIT LUcy DORAINE,
ALFONS FRyLAND, OTTO TRESSLER, KURT VON LESSEN | LäNGE: 61 mIN. | FORmAT: S/W, EzT,
35mm | RESTAURIERUNG: FILmARchIV AUSTRIA
| SA 7.11., 18:00
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Do 5.11., 16:00
FR 6.11., 22:45
RAT RACE
UnSiCHTBARE GEGnER
öL inS FEUER
DAS MäDCHEn MiT DEM Mini
vALEnTin HiTZ, A 1998
bUch: VALENTIN hITz | KAmERA: mARTIN GSchLAchT | mUSIK: hEINz DITSch, bRUNO PISEK
mIT hAymON mARIA bUTTINGER, PROSchAT mADANI, ROmAN KAmINSKI | LäNGE: 60 mIN.
FORmAT: S/W, DF, 35mm
VORFILm
THE SHAMAn
MARCo kALAnTARi, A/J 2015
LäNGE: 18 mIN. | FORmAT: FARbE, EF, DcP
KINO.prOgramm Aus Fleisch und Blut
In RAT RACE , Ende der Neunziger an der Filmakademie
Wien realisiert, haben Organe die reguläre Geldwährung
ersetzt. Hauptfigur Kater ist Eingeweide-Dealer, und er hat
ein Problem: Ratten-Wettrennen, die ihn seine eigenen
Innereien versetzen lassen. Und bald stehen auch die seiner
alten Liebe Maria auf dem Spiel. Zwei mutige und stilsichere
Versuche, Zukunftsfilm ins Alpenland zu tragen. (pp)
70
RUDoLF kATSCHnER, A 1933
bUch: PhILIPP L. mAyRING, hEINRIch ObERLäNDER, REINhART STEINbIcKER NAch EINER IDEE
VON LUDWIG VON WOhL | KAmERA: EUGEN SchÜFFTAN | mUSIK: RUDOLPh SchWARz | mIT PAUL
hARTmANN, GERDA mAURUS, OSKAR hOmOLKA, PETER LORRE, PAUL KEmP | LäNGE: 87 mIN.
FORmAT: S/W, DF, 35mm
VORFILm
CoPy SHoP
viRGiL WiDRiCH, A 2001
LäNGE: 12 mIN. | FORmAT: S/W, OhNE DIALOG, 35mm
Was für ein österreichisches Schicksal: Zuerst hieß er
Rudolph Kascer, dann Katscher, später Carter und schließlich, veredelt, Cartier. 1904 als Jude ins Wien des kaiserlichen Österreich-Ungarn geboren, zog es den Architekten
magisch zum Film, vorerst als Drehbuchautor für KrimiReißer nach Berlin, dann kurz als Regisseur zurück nach
Wien. Bereits 1935 floh er vor den Nazis und ging in die britische Emigration, wo er in den 1950ern zu einem der wichtigsten TV-Regisseure wurde. UNSICHTBARE GEGNER ist
ein frühes Opus Magnum, wie es heute kaum zeitgemäßer
sein könnte: Ein internationaler Wirtschaftskrimi als zündender, früher Film Noir, der Staaten als Scheingerüste und
Konzerne als Gangster-Syndikate zeichnet. Rettungslos
grandios: die Schauspiel-Granden Oscar Homolka und Peter
Lorre als Verbrecher-Duo, so faul und selbstverliebt wie
man es nur in einem Film der Coen-Brüder erwarten würde.
Und ein furioses Suizid-Finale, das in seinem großspurigen
Kontrast von Laut und Leise, Eng und Weit Filmhistorie hätte
schreiben müssen. Als Einleitung: Virgil Widrichs legendärer, oscarnominierter Kurzfilm zwischen Avantgarde und
SciFi-Expressionismus, in dem Johannes Silberschneider
sich versehentlich selber endlos oft durch die Kopiermaschine jagt. Tati goes Industrial. (pp)
PAUL MiLAn, A 1964
bUch: PAUL mILAN | KAmERA: RAImUND hEROLD | mUSIK: PAUL mILAN | mIT KARIN FIELD,
FRANK RObERTS, JUDITh ROTh, TAmARA TIOmKIN, FRED WEISSmANN | LäNGE: 66 mIN.
FORmAT: FARbE, DF, 35mm
BARon PoRno’S näCHTLiCHE
FREUDEn
FRiTS FRonZ, A 1969
bUch: FRANK RObERTS, mONIKA cEbER, ISA FRANKE | KAmERA: PETER KODERA | mUSIK: ThEO
bRAUNS | mIT FRANK RObERTS, EVA bARDOS, mARLIES bURGER, FELIx czERNy, ILSE hAcKL
LäNGE: 73 mIN.| FORmAT: FARbE, DF, 35mm
Das Wirtschaftswunder unter der Gürtellinie. HeimfilmerFilme eines dauerquasselnden Dirty Old Man mit Pfeife,
Rotzbremse und Bierbauch. Ein klassischer Herr »in den
besten Jahren« also. Das schmale filmische Vermächtnis
des Frits Fronz ist so platt, bunt und verwirrend wie dessen
Leben selbst. 1919 als Friedrich Oskar Fronz geboren, wurde
er nach dem Krieg, den er im Widerstand durchtauchte,
zum Schundheftlautor, zum Schlagersänger Frank Roberts
(Maloja, Schau dir deine Freunde gut an) und zum Regisseur
und Darsteller einer Handvoll Softpornos, bevor er in den
1970ern als Stadtrat der gerade entstandenen Wiener Grünen amtierte. 1964 galt ausgerechnet die WIG, die Wiener
internationale Gartenschau im Donaupark, als Aufbruch in
die Modernität, wo Meister Fronz vom Musikerkollegen Paul
Milan angesichts zahlloser kurz berockter Damen überredet
wurde, auch mal in Kino zu machen. Milans MÄDCHEN MIT
DEM MINI und Fronzens eigener ROULETTE D’AMOUR sind
als Folge altersgeil-sonnige, halb improvisierte Stümperwerke, in denen Fronz seinen welken Körper durch allerhand
ihm entgegenschmachtendes, nacktes Frauenvolk navigiert
und sinnierend vor sich hin pafft, während ein BilderbuchWien wie nachkolorierte alte Postkarten an einem vorüberzieht. Unwiderstehlich! (pp)
KINO.prOgramm Aus Fleisch und Blut
Mi 4.11., 23:00
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RETR
So 8.11., 17:45
UnSiCHTBARE GEGnER
vALiE ExPoRT, A 1977
bUch: PETER WEIbEL, VALIE ExPORT | KAmERA: WOLFGANG SImON | mUSIK/SOUND: KLAUS
hUNDSPIchLER, hANS hARTL, RAINER KALchAUSER, mEL KUTbAy | mIT SUSANNE WIDL, PETER
WEIbEL, JOSEF PLAVEc, mONIKA hELFER-FRIEDRIch, hELKE SANDER | LäNGE: 108 mIN.
FORmAT: FARbE UND S/W, DF, 16mm
VORFILm
GUTE nACHT, JoHAnn
AnDREAS PRoCHASkA, A 1993
LäNGE: 20 mIN. | FORmAT: S/W, DF, 16mm
Bereits 2007 hat das Filmarchiv Austria dem Regisseur, Schauspieler und Autor Peter Kern die bisher größte Retrospektive gewidmet.
Unter dem bezeichnenden Titel Kino der Verletzten wurden in Peter
Kerns Anwesenheit über 20 Werke seines einzigartigen Filmschaffens präsentiert. Heute, acht Jahre später, sind wir die Verletzten,
denn Peter Kern ist am 26. August im Alter von 66 Jahren von uns
gegangen. Ein trauriger Anlass, der das Filmarchiv Austria dazu bewegt, vom 15. bis 18. Oktober elf Filme zu zeigen, die Peter Kern als
Schauspieler, Regisseur, Autor und eine Ausnahmepersönlichkeit
mehrfach würdigen. Mit Werken wie CRAZY BOYS – EINE HANDVOLL VERGNÜGEN (1987), DOMENICA (1994) oder DIE TOTEN KÖRPER DER LEBENDEN (2007) liegt der Fokus zusätzlich auf Peter
Kerns intensiver Auseinandersetzung mit den Unangepassten in
unserer Gesellschaft, denn das war auch er – ein Unangepasster des
Kinos. Ein Bild von Peter Kern, das auch vom Dokumentarfilm KERN
der beiden Filmemacher Veronika Franz und Severin Fiala, eindrucksvoll bestätigt wird und deshalb auch den Abschluss der Reihe
IN MEMORIAM PETER KERN darstellt. Wir verneigen uns und nehmen Abschied.
Do 15.10., 19:00
DER LETZTE SoMMER DER
REiCHEn
PETER kERn, A 2015
bUch: PETER KERN | KAmERA: PETER ROEhSLER | SchNITT: mARcUS GOTzmANN | mIT AmIRA
cASAR, NIcOLE GERDON, WINFRIED GLATzEDER, hEINz TRIxNER | LäNGE: 91 mIN. | FORmAT:
FARbE, DF, DcP
Wirtschaft, Drogen, Sex, Religion. Hanna von Stezewitz ist
attraktiv, jung und geht über Leichen. Als einflussreiche
Konzernchefin zieht sie die Fäden in Politik und Wirtschaft,
als Domina beherrscht sie die Individuen. Sie scheint abgestumpft und gefühlstot, bis sie eines Tages Sarah begegnet
einer Nonne, ihrer Seelenpartnerin.
Skrupellos, bizarr, verdorben, böse. Untermalt von der
gewohnten Kern-Poesie, die zwar milder peitscht als in früheren Werken, aber mit der selben Ausdauer, setzt DER
LETZTE SOMMER DER REICHEN einen letzten Punkt unter
Peter Kerns Schaffen.
KINO.PROGRAmm PETER kERn
Sie schlüpfen in die Menschen und übernehmen ihre Gedanken. Nein, es geht um keine Body Snatcher oder Gestaltenwandler des Kalten Krieges der 1950er Jahre. Wir befinden
uns im Grind-Wien der Spät-70er. Hier sind die aus dem
Weltall über Strahlen aller Art in unsere Hirne einfallenden
»Hyksos« keine Metapher für Kommunisten, eher für Kommunikationsverstörung und Konsumisolation. Der Film ist
ein Schmuckstück der Avantgarde im Genre-Mantel. Österreich hatte damals einige verwegene Science-FictionVersuche aufzubieten: DER GRÜNE STERN von Heide Pils,
BESUCH AUF EINEM KLEINEN PLANETEN von Wolfgang
Liebeneiner. Valie Export aber, die Linzer Grande Dame des
Wiener Gegen-Aktionismus, schuf mit Peter Weibel an ihrer
Seite ein echtes Meisterstück des Meta-Genres, das einen
linkisch-feministischen Alltags-Paranoia-Thriller auf taktile
Weise futuristisch ausfrisiert. Ein Missing link zwischen
Francis Ford Coppolas THE CONVERSATION, Ernst Schmidt Jr.,
der MATRIX-Trilogie und Slava Tsukermans späterem Kulthit
LIQUID SKY. Cut-ups. Spontane Traumsequenzen. White
Noise. Ufo-Landung in der Bassena. Ganz, ganz groß! Davor:
das beeindruckende Debüt des späteren österreichischen
Genre-Meisters Andreas Prochaska. Raumschiffe. Tentakelmonster. 20 Minuten hart schwarzweiße Futurimus-Paranoia. Homeiswherethefearis. (pp)
73
FR 16.10., 19:00
FR 16.10., 21:00
FR 16.10., 23:00
HAiDER LEBT – 1. APRiL 2021
CRAZy BoyS –
EinE HAnDvoLL vERGnüGEn
DiE ToTEn köRPER
DER LEBEnDEn
knUTSCHEn, kUSCHELn,
JUBiLiEREn
PETER kERn, BRD 1987
bUch: PETER KERN | KAmERA: EbERhARD GEIcK | SchNITT: INA RASchE, PETER KERN | mUSIK:
FRANz PLASA | mIT bARbARA FENNER, UDO SchENK, zAchARIAS PREEN, mARIANNE SäGEbREchT | LäNGE: 90 mIN. | FORmAT: S/W, DF, DcP, 35mm
PETER kERn, A 2007
bUch: PETER KERN | KAmERA: NORmAN KAThI | SchNITT: JENS DIESTEL
mUSIK: mIROSLAV mIROSAVLJEV | mIT ANDREAS bIEbER, OLIVER ROSSKOPF, TRAUTE FURThNER, hEINRIch hERKI | LäNGE: 70 mIN. | FORmAT: FARbE, DF, DcP, DIGIbETA
PETER kERn, D 1998
bUch: PETER KERN | KAmERA: SVEN KIERST | SchNITT: JEAN chRISTOPhER | mIT JOhANN
JAqUmONT, JÜRGEN WOLF, PETER JANSEN, RONALD WANOWSKI, UDO JERmANN
LäNGE: 85 mIN. | FORmAT: FARbE, DF, DcP, 35mm
Wie rettet man sich vor dem Konkurs? Mit einer verrückten
Idee natürlich. Peter Kerns CRAZY BOYS erzählt die Geschichte eines Hamburger Nachtclubs, dessen Betreiber
beschließen, drei strippende Gigolos auf die Bühne zu schicken, um so dem finanziellen Ruin zu entgehen. Ein Casting,
eine ungenierte Weiberjury, ein beachtliches Spektrum an
Männlichkeit und eine Wahl. Und das alles eben – für eine
Handvoll Vergnügen.
Eine alternde Diva, die sich nicht dem Vergessen ergeben
will. Ein perverser Gefängniswärter als ihr Ehemann. Ein
Bisexueller, der seinen schwulen Liebhaber tötet. Eine kultige Bar als der Ort dieses Endspiels.
Im Düsseldorfer Stricherlokal »Le Clou« treffen sich fünf
ältere Homosexuelle jeden Abend zum freudigen Beisammensein. Individuell schicksalserfahren, pendelnd zwischen
Gefühlswelten, Lebensweisheiten und Gay-Pornos, lassen
sie ihren Phantasien nach junger Liebe und einem genüsslichen, zwanglosen Leben freien Lauf. Hier sind sie die
Helden der Nacht, abseits jeder Realität und Vergangenheit.
Bis zu ihrem Hauptgewinn – dem gemeinsamen Trip nach
Venedig.
PETER kERn, D 2002
bUch: PETER KERN | KAmERA: PETER ROEhSLER | SchNITT: PETER zUPNEK | mIT hEINRIch
hERKI, AUGUST DIEhL, chRISTINE KAUFmANN, PAULUS mANKER | LäNGE: 85 mIN. | FORmAT:
FARbE, DF, DcP, 35mm
Österreich, im Jahr 2021. Europa ist in amerikanischer
Hand, der Euro eine tote Währung. Folgen einer 20-jährigen
Alleinregierung Jörg Haiders, der seit dem Putsch durch
Johnny Bush für tot gehalten wird. Öffentlicher Gebrauch
österreichischer Dialekte ist seither untersagt, und die stolze Kultur nur noch ein Relikt, versteckt im Dunkel des
Naturhistorischen Museums. Eine erschreckende Realität,
deren noch erschreckendere Geheimnisse von einem jungen deutschen Journalisten aufgedeckt werden sollen.
KINO.PROGRAmm PETER kERn
Ein Heimatfilm, der keiner sein darf, geht es nach der heimischen Politik . Eine bissige Satire, die mit geringen finanziellen Mitteln als Reaktion auf die politischen Entwicklungen
und bevorstehende Neuwahlen der damailigen Zeit entstand. Ein amüsant-schräger Angriff der fiktionalen Art auf
politische Realität der möglichen Art. (tm)
74
»Meine Filme sind nichts weniger als Sehr genau. Trotzdem
wird man schnell abqualifiziert. Mein ‚Müll’ ist bewusst
erzählt. Für mich ist er beduetend. Es geht um Menschen,
die am Rande stehen, um Unterdrückung, um soziale Zusammenhänge.« (Peter Kern)
Ein feinfühliger und witziger Film, der tiefe, aber stets
menschliche Einblicke in das Hamburger Szene-Herz liefert.
Geradlinig und heiter erzählt, mit einem emanzipierten
Frauenbild angereichert und mit Kern’scher Gesellschaftskritik subtil gewürzt. Lustvoll und lustig, aber ohne die teils
schrägen Charaktere nicht ernst zu nehmen – Peter Kerns
schönste Liebeserklärung an Transen, Gigolos und den Kiez.
(tm)
»Diese Menschen wollte ich mit meinem Film umarmen«.
(Peter Kern)
Gedreht wurde Kerns abstraktes Kammerspiel im kultigen
Wiener Kabaret Renz. Ein filmisches Lied, nicht nur für
»sehr traurige Optimisten« à la Peter Kern, über die Vergänglichkeit von Lieben, Träumen, Leidenschaften, über
das Damals von Heute und das Ende von Allem. Inspiriert
von Jean Genet und CHANT D’AMOUR. (tm)
»Weitergedacht und weitergespielt wird hier die Geschichte
der beiden schwulen Verbrecher Java und Lucien (aus
Genets Kurzfilm Un chant d’amour), die – bei Kern verkörpert von Oliver Rosskopf und Andreas Biber – einer Wiener
Gefangenenanstalt entfliehen und im sinistren Separee
eines genüsslich verwelkenden »Altstars« (Traute Furthner)
Opfer und Täter zugleich werden. Einmal mehr frappiert die
Grandezza, mit der Kern noch aus den grindigsten Aufnahmebedingungen lyrische, ja opernhafte Momente gewinnt.
(Claus Philipp, DER STANDARD)
Auch Peter Kern nimmt den Zuschauer mit auf eine besondere Reise in die fabelhafte Welt eines gebeutelten und
dennoch lebensfrohen und sympathischen schwulen Kleinbürgertums. Gedreht wurde diese teils fiktionale Dokumentation aus dem Jahr 1988 ohne Textvorgaben mit Laiendarstellern, die es schaffen eine außergewöhnliche
Authentizität und Nähe zu erezugen. Ein satirisches Stück
persönlich hoch fünf erzählt. (tm)
KINO.PROGRAmm PETER kERn
Do 15.10., 22:00
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SA 17.10., 19:00
SA 17.10., 20:45
SA 17.10., 23:00
So 18.10., 16:30
inSEL DER BLUTiGEn
PLAnTAGE
FALSCHE BEWEGUnG
DonAULEiCHEn
kERn
WiM WEnDERS, BRD 1975
bUch: PETER hANDKE | KAmERA: RObby mÜLLER | SchNITT: PETER PRzyGODDA | mUSIK:
JÜRGEN KNIEPER | mIT RÜDIGER VOGLER, hANS-chRISTIAN bLEch, hANNA SchyGULLA,
NASTASSJA KINSKI, PETER KERN | LäNGE: 103 mIN. | FORmAT: FARbE, DF, DcP, 16mm
PETER kERn, A 2005
bUch: PETER KERN | KAmERA: SVEN KIERST | SchNITT: hANNES ANDERWALD | mUSIK: OTmAR
KLEIN, KLAUS RIEDEL | mIT chRISTIAN bLÜmEL, hILDE DALIK, bARbARA PETRITSch, FRIEDERIKE bELLSTEDT, PETER KERN | LäNGE: 82 mIN. | FORmAT: FARbE, DF, DcP, DIGIbETA
SEvERin FiALA, vERnonikA FRAnZ, A 2013
bUch: SEVERIN FIALA, VERONIKA FRANz | KAmERA: hARALD TRAINDL | SchNITT: bIRGIT
bERGmANN, NIKOLAUS EcKhARD | mIT SEVERIN FIALA, VERONIKA FRANz, TRAUTE FURThNER
LäNGE: 98 mIN. | FORmAT: FARbE, DF, DcP
Wilhelm will Schriftsteller werden. Auf der Suche nach Geschichten reist er von Glückstadt über Bonn bis nach Frankfurt, und noch viel weiter. Denn auf seinem Weg begegnet
er einer jungen Schauspielerin, einem stummen Mädchen,
einem Straßensänger und einem österreichischen Dichter,
die ihn alle einen Schritt weiter weg davon bringen, wo
Wilhelm hin wollte. Sie werden seine Gefährten, aber auch
nicht mehr, denn die Geschichte, die Wilhelm zu finden
hofft, soll seine eigene sein.
Am Rande einer gefühlstoten und übersexualisierten Gesellschaft, am Ende ihres Lebenswillens, kurz vor ihrem Reichsbrückensprung in den Tod lernen sich Basti und Claudia
kennen. Zwei missbrauchte Existenzen, die nur gemeinsam
keine Donauleichen werden sollen.
Zweieinhalb Jahre, zwei Regisseure und ein Peter Kern.
Ein intimes Porträt, das erst als Nachbild so richtig wirkt.
Ein Film über Peter Kern mit Peter Kern als Peter Kern. Eine
sensible Selbstdarstellung, die vielleicht wahr ist, aber
auf jeden Fall ist sie authentisch. Ein Dokumentarfilm von
Veronika Franz und Severin Fiala, inszeniert von: Peter
Kern. (tm)
KINO.PROGRAmm PETER kERn
Ein Naturparadies, in dem Grauen, sexuelle Gewalt und Ausbeutung regiert. Angeführt von Otto Globocnik und dessen
treuloser Freundin, der »blutigen Olga«. Ein sadistisches
Regime gestützt von einer Privatarmee und erhalten durch
Ausbeutung und gepeinigte Sklaven. Alles im Sinne des
Tyrannen Globocnik, zumindest bis zum Augenblick der
unberechenbaren Bedrohung durch klassenlose Liebe seiner Unterworfenen. Ein blutiger Kampf auf beiden Seiten
beginnt.
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Von den Kritikern verrissen und vom Publikum missbilligt,
erschufen Peter Kern und Kurt Raab einen Vorzeigetrashfilm, der keiner werden sollte. Mit dem Ziel einen erfolgreichen Blockbuster zu produzieren, entstand ein brutales
Schauermärchen aus der Feder Kurt Raabs und mit Peter
Kerns Handschrift als Produzent und Co-Regisseur, das bis
heute Kultstatus am asiatischen Markt genießt, während
es in Europa zum finanziellen Debakel wurde. (tm)
FALSCHE BEWEGUNG, Peter Handkes Adaption von Goethes
Wilhelm Meisters Lehrjahre, ist der zweite Teil der Wim
Wenders’ Roadmovie-Trilogie. Ein poetischer und tiefgründiger Film über das Scheitern an Anderen aber vor allem an
sich selbst. Ein unaufdringlich analytischer Film, mit sinnlichen Bildern und einem Peter Kern, der in der großartigen
Rolle des umherschweifenden Dichters Landau sein schwergewichtiges Schauspieltalent unter Beweis stellt. (tm)
DONAULEICHEN ist Peter Kerns umjubelter Beweis für ein
starkes Low-Budget-Kino, strotzend vor blutiger Kreativität.
Ödön von Horváths Geschichten aus dem Wienerwald treffen hier auf Ödipus – eine makabere Hommage an die verzweifelt Unangepassten in einer trost- und gnadenlosen
Metzgerei namens Leben. (tm)
»Vor einiger Zeit nach Wien zurückgekehrt, ist Kern - Kombattant von Fassbinder, Zadek, Schlingensief - bei einem
No-Budget-Kino angelangt, dem es - vom Equipment bis
zum Verleih - wirklich an allem mangelt, außer am Willen zu
kompromisslosem Kino.« (Claus Philipp, DER STANDARD)
»Das ist ein konzeptloser Film, wo sich irgendjemand ausgedacht hat, einen Film zu machen. Aber keine Gedanken
zu dem hat, was man macht. Ich sehe kein Konzept, keine
Idee, ich sehe nichts. Nur hilflose Menschen, die mit irgendwas fuchteln. Ich nenne das einen Fuchtelfilm.« (Peter Kern)
»Der Film geizt nicht mit drolligen Momenten: Kern steuert
wild assoziativen Wortwitz bei und wird übergriffig, nimmt
die Hand des Kameramannes und liebkost sie mit unverhohlener Freude. Wer von seinem kolossalen Universum
bezirzt wird, unterhält sich bestens - sonst ist man wohl unangenehm berührt: ein Porträt, das keinen kaltlässt, besonders am Ende, als Kern zu »Stand By Me« einen kleinen
Sitztanz vollführt, der pure Lebensfreude ausdrückt. (Eva
Steindorfer, DIE PRESSE)
KINO.PROGRAmm PETER kERn
kURT RAAB, PETER kERn, BRD 1982
bUch: KURT RAAb | KAmERA: RUDOLF bLAháčEK | SchNITT: KARL AULITzKy | mUSIK: JÜRGEN
mARcUS, WARNER b. RyDER | mIT UDO KIER, bARbARA VALENTIN, TET ANTIqUIERA, KARL-OTTO
ALbERTy, KAREN LOPEz | LäNGE: 88 mIN. | FORmAT: FARbE, EF, 35mm
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So 18.10., 21:00
DoMEniCA – ALLE koMMEn ...
GoSSEnkinD
PETER kERn, D 1994
bUch: PETER KERN | KAmERA: mANFRED SchEER | mUSIK: IVAN hARLAN | mIT ANDRéA FERRéOL, SANDRA mOLIK, NIcOLETTE KREbITz, DOmENIcA NIEhOFF, mAx KELLERmANN, DANIELA
RAmETTA | LäNGE: 90 mIN. | FORmAT: FARbE, DF, DcP, 35mm
PETER kERn, D 1992
bUch: PETER KERN | KAmERA: mANFRED SchEER | SchNITT: mARGIT bAUER
mUSIK: IWAN hARLAN | mIT WINFRIED GLATzEDER, mAx KELLERmANN, RENATE KRöSSNER,
chRISTOPh SchLINGENSIEF | LäNGE: 87 mIN. | FORmAT: FARbE, DF, DcP, 35mm
Im Waisenhaus von Nonnen großgezogen, lernt Domenica
mit 17 Jahren den gewalttätigen Bordellbesitzer Joseph
Rothenberg kennen. Über ihn führt ihr Weg sie nach Hamburg, wo sie als Domina und Edelprostituierte in der Herbststraße im Laufe der Jahre zur Legende wird.
Axel ist 14 Jahre jung und wird vom alkoholkranken Freund
seiner Mutter regelmäßig vergewaltigt. Zur Prostitution gezwungen, begegnet er auf dem Strich Karl Heinz Brenner –
einem heimlich homosexuellen, verheirateten Mann. Was
als bezahlter Dienst an der verbotenen Lust beginnt, entwickelt sich zur verbotenen Liebe – mit Folgen.
KINO.PROGRAmm PETER kERn
DOMENICA - die bewegte Biographie der Hamburger
Prostituierten und späteren Sozialarbeiterin Domenica
Niehoff, die für Künstler wie Tomi Ungerer eine Muse war
und in Gedichten von Wolf Wondratschek verewigt wurde.
DOMENICA - eine Dokumentation der Menschlichkeit in
all ihren Facetten, tief, gefühlvoll, nüchtern, komisch und
gossenpoetisch à la Peter Kern. (tm)
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»1993 drehte Peter einen Film »basierend auf Motiven aus
Erzählungen« Niehoffs. Dass dabei kein brav heruntererzähltes Biopic mitsamt »against all odds«-Dramaturgie
herauskommen würde, war von Anfang an klar. Ganz und
gar nicht klar war dagegen, dass Kern in seinem vielleicht
ambitioniertesten und durchgeknalltesten Film entlang
Niehoffs Biografie die gesamte Geschichte der Bundesrepublik aufrollen würde.« (Peter Förster, Perlentaucher)
Mit GOSSENKIND kommt Peter Kern in den kritischen Bereich der moralischen Widersprüche. Eine Geschichte über
Missbrauch, Pädophilie, Prostitution und gesellschaftliche
Abgründe, ruhig und beinahe romantisierend erzählt, die
aber dennoch ihre Authentizität behält. (tm)
»Dass Gossenkind trotz seiner bisweilen sehr unverblümten
Sprache, erstaunlich unschuldig wirkt, gehört überigens
zu jenen Widersprüchen, die dafür sorgen, dass einem die
Zeit im Kino nicht lange wird. Und dafür, dass sich über
Kerns Melodram (...) streiten lässt.« (Rheinische Post)
Eric Pleskow
So 18.10, 13:00
ERiC PLESkoW MATinEE
ERiC PLESkoW WiRD BEi DER MATinEE PERSönLiCH AnWESEnD SEin UnD ZUM
ERSTEn MAL EinE FiLMvoRFüHRUnG in »SEinEM« SAAL GEniESSEn.
Eric Pleskow, am 24. April 1924 in Wien geboren, emigrierte
1939 in die USA. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs
kehrte er nach Europa zurück und wurde als US-Filmoffizier
mit dem Aufbau der Bavaria Studios betraut. Ab 1951 bei
United Artists zunächst für den internationalen Vertrieb
zuständig, wurde er 1973 Präsident des Filmstudios. 1978
gründete er die Produktionsfirma Orion Pictures, die er bis
1992 leitete. Eric Pleskows filmisches Werk wurde mit
unzähligen Oscars bedacht, er schuf Box-office-Erfolge und
Klassiker gleichermaßen, darunter ONE FLEW OVER THE
COCKOO’S NEST, ROCKY, AMADEUS und THE SILENCE.
Seine Annäherung an Österreich und seine Geburtsstadt
Wien geschah in kleinen Schritten, begleitet von Zögern
und Ambivalenz. Geschätzt, geehrt und ausgezeichnet
einerseits (Ehrenzeichen der Stadt Wien 1971), vermisste er
andererseits ein klares Wort und Bekenntnis zur NS-Vergangenheit Österreichs. Mitte der 70er Jahre – initiiert von der
beginnenden langjährigen Freundschaft mit der Kulturjournalistin Gabi Flossman – wuchs sein Vertrauen, seine Bindung intensivierte sich. 1998 wurde er Viennale-Präsident,
2002 in die Jury des Filmfonds Wien gerufen, 2007 ernannte ihn Bürgermeister Michael Häupl schließlich zum Ehrenbürger der Stadt Wien. Sein Name nun bleibend in die Marmortafeln vor dem Festsaal der Rathauses graviert, ist die
Versöhnung des als 15-Jähriger so dramatisch Vertriebenen
mit seiner alten Heimat gelungen: Ich wünsche, das hätten
meine Eltern gesehen.
Der 2014 neu errichtete Kinosaal im METRO Kinokulturhaus
trägt Eric Pleskow zu Ehren seinen Namen. Auch der gezeigte Film
ist in gewisser Weise ihm gewidmet, setzte ihm Billy Wilder
mit der von James Cagney gespielten Hauptfigur – in Reminiszenz an Eric Pleskows Zeit bei der Bavaria – doch ein
kleines filmisches Denkmal.
KINO.PROGRAmm ERiC PLESkoW
So 18.10., 19:00
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Die Regisseurinnen Nathalie Borgers, Susanne Brandstätter kuratieren das Programm und präsentieren spannende Filme. Sie wollen
damit nicht nur die Grenzen und Möglichkeiten des Dokumentarfilms ausloten, sondern zugleich Raum schaffen, wo mit dem Publikum offen über Kontroversielles im Film nachgedacht und debattiert werden kann.
dok.at, die Interessengemeinschaft Österreichischer Dokumentarfilm, ist der einzige professionelle Filmverband Österreichs, der sich
gezielt für den Dokumentarfilm einsetzt. Ihr zentrales Anliegen ist
es, dokumentarische Formen jenseits des TV-Alltags und des regulären Kinobetriebs zu präsentieren, und damit in der Öffentlichkeit
Bewusstsein für die Besonderheiten des Dokumentarischen zu
schaffen. Dadurch wollen sie eine Atmosphäre schaffen, in der den
wesentlichen Triebfedern dokumentarischen Schaffens wie Neugier,
Sensibilität, Inspiration und politischer Haltung Raum gegeben wird.
So 11.10., 19:00
Mo 19.10., 19:00
QUAnD JE SERAi DiCTATEUR
(WEnn iCH DikTAToR Bin)
JEALoUSy
yAëL AnDRé, B 2014
bUch: yAëL ANDRé | bILD DIDIER GUILLAIN | mUSIK: hUGhES mARéchAL
mIT LAURENcE VIELLE | LäNGE: 90 mIN. | FORmAT: FARbE, OmDU, DcP
GUSTAv MACHATý, USA 1945
bUch: GUSTAV mAchATý, ARNOLD LIPP/ARNOLD PhILLIPS, STORy VON DALTON TRUmbO
KAmERA: hENRy ShARP | mUSIK: hANNS EISLER, ALExANDER LASzLO U. A. | PRODUKTION:
REPUbLIc PIcTURES | mIT JANE RANDOLPh, JOhN LODER, KAREN mORLEy, NILS ASThER, hUGO
hAAS, mAURITz hUGO | LäNGE: 70 mIN. I FORmAT: S/W, EF, 16mm
Hinter diesem eigentümlichen Titel steckt ein ungewöhnlicher
»Science-fiction-Dokumentarfilm«, der mit Hilfe von hunderten Super-8-Amateurfilmen auf eine eindrückliche Weise von
Parallelwelten erzählt. »Welches Leben hätten wir in anderen
Universen geführt?«, fragt sich die belgische Filmemacherin
Yaël André. Der Tod ihres Freundes George und der Versuch,
diese Zäsur zu bewältigen, als Anlass, sucht und untersucht
ihr Film die Grenzen der Erinnerung, der Realität und des
Seins. WENN ICH DIKTATOR BIN ist voller tiefsinniger Poesie,
wurde 2014 unter anderem auf dem International Film Festival Rotterdam und dem Cinéma du Réel in Paris gezeigt und
ist nun auch in Wien zu sehen. Die Regisseurin ist anwesend
und spricht über den Inhalt ihres Filmes wie auch über dessen
hybride Machart und die Nutzung von Found Footage.
Der psychische Zustand eines exilierten Künstlers, die materielle Situation in den USA der Vierzigerjahre, das selbstbewusste Auftreten einer Frau, die ganz gewöhnliche Paranoia Intellektueller, ein Mord – und an allen Ecken und
Enden vertriebene Filmschaffende aus Europa. Es ist dieser
Cocktail aus fiktiven und realen Schicksalen, der der gelben
Eifersucht ihren schwarzen Geschmack verleiht. Dazu die
Musik von Hanns Eisler, der in Budapest geborene Alexander
Laszlo wirkte bei der Umsetzung mit. Machatý lernte in den
Zwanzigerjahren bei D. W. Griffith und Erich von Stroheim,
drehte mehrere Filme in Prag, darunter EKSTASE (1933) mit
Hedy Kiesler, später Lamarr. Ihr zeitweiliger Ehemann John
Loder spielt in JEALOUSY eine Hauptrolle, der dänische
Schauspieler Nils Asther den Exilanten, Maria Machatý-Ray,
AnSCHLiESSEnD PoDiUMSDiSkUSSion in AnWESEnHEiT DER REGiSSEURin
Ehefrau des Regisseurs, schuf die Kostüme. In einer Nebenrolle glänzt der im tschechischen Brünn geborene Hugo
Haas, Regisseur mehrerer NOIR-Filme. Der Wiener Martin
Berliner, nach 1945 in zahlreichen deutschsprachigen
Fernseh-, Film- und Theaterrollen zu sehen, hatte die technische Oberaufsicht. Am Drehbuch wirkte der gebürtige
Berliner Arnold Lipp mit, Dalton Trumbo lieferte die Story.
Zwei Jahre später erhielt er wegen »unamerikanischer
Aktivitäten« Berufsverbot und wanderte ins Gefängnis. Und
der Film in die Abstellkammer des Studios.
FILM NOIR RELOADED ist eine Kooperation zwischen dem Filmarchiv Austria und dem Schwerpunkt Visuelle Zeit­ und Kulturge­
schichte des Instituts für Zeitgeschichte sowie des Instituts für
Judaistik der Universität Wien.
KINO.PROGRAmm FiLM noiR
KINO.PROGRAmm konTRovERSiELL!
Die Filmreihe kontroversiell! wurde von dok.at (Interessensgemeinschaft Österreichischer Dokumentarfilm) ins Leben gerufen, um für
den Dokumentarfilm mehr Aufmerksamkeit zu wecken. Präsentiert
wird ein internationaler Dokumentarfilm, der in Inhalt, Position und/
oder Form ungewöhnlich ist und für Kontroverse sorgt. Nach dem
Screening kann in einer Podiumsrunde mit den FilmemacherInnen
und dem Publikum debattiert werden.
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Gemeinsam mit dem Literaturmuseum der Österreichischen Nationalbibliothek veranstaltet das METRO Kinokulturhaus ab Oktober
2015 die Reihe »Das Museum geht ins Kino«. In unmittelbarer Nachbarschaft zueinander gelegen, sind beide Häuser Ausstellungsorte
und lebendige Räume der Auseinandersetzung in denkmalgeschütztem Ambiente.
KINO.PROGRAmm DAS MUSEUM GEHT inS kino
In seiner Dauerausstellung zeigt das Literaturmuseum die Vielstimmigkeit der österreichischen Literatur nicht nur in Handschriften
und Texten, sondern auch in vielen bewegten Bildern: Von Werner
Schroeters Verfilmung von Ingeborg Bachmanns Roman Malina, der
auf einem Drehbuch Elfriede Jelineks basiert, bis hin zu Experimentalfilmen aus dem Umfeld der Wiener Gruppe ist das Medium Film in
vielen Facetten präsent. Immerhin hatte das Kino seit seiner Frühzeit große Ausstrahlungskraft auf die Literatur: Die neue »visuelle
Kultur« (Béla Balázs) regte Schriftsteller zu filmischen Schreibweisen an, ihre literarischen Stoffe wiederum kamen auf die Leinwand.
Autorinnen und Autoren waren und sind aber auch leidenschaftliche Kinogänger: Ilse Aichinger ist bekannt für ihre Kinobegeisterung und Josef Winklers Vorliebe für Karl May-Verfilmungen spiegelt sich in seinem Werk wider. Franz Kafka schließlich notierte die
oftmals starken Eindrücke seiner Kinobesuche in seinem Tagebuch:
»Im Kino gewesen. Geweint.«
82
Die Reihe »Das Museum geht ins Kino« möchte die vielen unterschiedlichen Verbindungslinien zwischen Literatur und Film mit
Autoren-Lesungen, Filmvorführungen, Vorträgen und Gesprächen
beleuchten. Am Beginn der Reihe steht die Alpensaga von Wilhelm
Pevny und Peter Turrini unter der Regie von Dieter Berner.
FREiER EinTRiTT
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CinE
Mo 12.10.
ALPEnSAGA 1
DiETER BERnER, A/BRD/CH 1976
bUch: WILhELm PEVNy, PETER TURRINI | KAmERA: xAVER SchWARzENbERG | mUSIK: PEER
RAbEN | mIT hELmUT qUALTINGER, hANS bRENNER, OTTO TAUSIG, ThERESE AFFOLTER, LINDE
PRELOG, ANNy bIRK, RUDOLF JUSITS | LäNGE: 110 mIN. I FORmAT: FARbE, DF, 16mm
... oder davon wie die Armen immer ärmer werden und die
Reichen immer reicher. Der erste Teil des legendären sechsteiligen Fernsehdramas widmet sich der Frage nach der
Auswirkung von politischen Krisen auf das Leben eines
Dorfes in Oberösterreich um 1900. Abseits von Klischees
des Heimatfilmes, erzählt der Regisseur Dieter Berner eindrucksvoll und authentisch die Geschichte der Bauern
Allinger und Huberbauer. Zweier Bauern konträrer Wertvorstellungen und somit auch Ziele. Während der eine
durch Ausbeutung seiner Mitmenschen eine Schnapsbrennerei aufbauen will, sieht der andere in der Gründung einer
Zuchtviehgenossenschaft einen Ausweg aus der gemeinschaftlichen Misere. Ein entscheidender Kampf für Großes,
im beeindruckend Kleinen erzählt. Durch die außergewöhnliche Beobachtungsgabe der Autoren Peter Turrini und
Wilhelm Pevny genießt die Alpensaga den Status eines kritischen Sozialreports und Gesellschaftskrimis zugleich. Ein
Anti-Heimatfilm der kleinen Leute, der nach seiner Erstausstrahlung 1976 für Aufruhr und Proteste sorgte. »Pevny,
Turrini, und Berner hatten etwas Unerhörtes geschafft: die
Sichtbarmachung österreichischer Geschichte ohne Kitsch
und Zuckerguss.« Andreas Ungerböck
19:00 LESUnG UnD EinFüHRUnG MiT WiLHELM PEvny UnD PETER TURRini
iM LiTERATURMUSEUM DER öSTERREiCHiSCHEn nATionALBiBLioTHEk
JoHAnnESGASSE 6 | 20:00 FiLMvoRFüHRUnG ALPEnSAGA 1 iM METRo
kinokULTURHAUS, iM AnSCHLUSS GESPRäCH MiT DEn AUToREn
FILMGESCHICHTE TRIFFT GEGENWARTSKUNST: Mit der erfolgreichen Filmreihe »CinemaSessions« präsentiert das Filmarchiv
Austria neu restaurierte Stummfilme – live vertont von MusikerInnen der Wiener Experimentalmusikszene.
Der Schwerpunkt liegt auf Filmen abseits der kanonisierten Stummfilmklassiker, deren Wiederentdeckung und – aufführung Höhepunkte bei internationalen Filmfestivals wie Cannes, Berlin, Bologna oder
Pordenone darstellen. »CinemaSessions« sieht für jeden Film wechselnde Einzelmusiker bzw. Formationen vor und liefert somit neben
einer Übersicht über weltweit herausragende Filmrestaurationsprojekte auch einen Querschnitt durch die Wiener Experimental- und
Elektronikmusikszene. Hauptaugenmerk wird dabei auf den experimentellen Charakter der Musikdarbietungen gelegt, der sich in
einer Vielzahl an Stilrichtungen, Musikerpersönlichkeiten und Instrumenten spiegelt.
LIVE-MUSIK Das Duo Rdeca Raketa von Maja Osojnik und Matija
Schellander besteht seit 2006 und beschäftigt sich mit elektroakustischen Formen der improvisierten Musik, die es auf dem Instrumentarium Pätzold Bassblockflöte, Kassettenrecorder, Toys, E-Bass,
Modularsynthesizer und Electronic Devices - bevorzugt in mehrkanaligen Beschallungssituationen – realisiert.
SA 17.10., 20:00
TRAvERSinG THE BALkAnS
A 2014
SchNITT: KARL WRATSchKO (FILmARchIV AUSTRIA) | LäNGE: 60 mIN. | FORmAT: FARbE UND
S/W, STUmm, 16mm
Ein historisches Roadmovie. Entstanden auf einem Roadtrip. Das Projekt Traversing the Balkans ist ein künstlerischwissenschaftlicher Work in progress, welcher in Zusammenarbeit von Rdeča Raketa, dem Filmarchiv Austria und
südosteuropäischen Kulturinstitutionen verwirklicht wurde.
Auf einer Städtetournee von Wien bis in die Türkei wurden
Stummfilme – die sich mit Südosteuropa beschäftigen oder
dort gedreht wurden – gesammelt und zusammen mit
zeitgenössischer Musik von Rdeča Raketa zur Aufführung
gebracht. Das gezeigte Programm setzt sich aus einer Reihe von Kurzfilmen zusammen, welche eine fiktive Durchquerung des Balkans in den ersten Jahrzehnten des
20. Jahrhunderts ermöglichen. Die Filme kreisen um das
zentrale historische Ereignis dieser Epoche – des
ersten Weltkrieges – ohne diesen einen zu prominenten
Platz einzuräumen. Die non-fiktionalen Filme – teilweise
Fragmente – setzen sich unter anderen aus Amateuraufnahmen, Kriegswochenschauen, touristischen Werbefilmen und
Propagandafilmen zusammen und überraschen immer wieder durch außergewöhnliche ästhetische Raffinessen.
KINO.PROGRAmm CinEMA SESSionS
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Mustang
28 LäNDER, 3 FINALISTEN, 1 PREIS Die drei Finalisten des
LUX-Filmpreises werden am 6. November 2015 in Kooperation mit
der Viennale im METRO Kinokulturhaus präsentiert. Der Eintritt
ist frei. Zählkarten sind am Tag der Vorstellungen direkt im Kino
erhältlich.
Ausgeschrieben wird der LUX-Preis vom Europäischen Parlament
seit 2007. Nominiert und ausgezeichnet werden jedes Jahr Filme
mit einem außergewöhnlichen Zugang zu politischen und sozialen
Fragen, die einen Beitrag zur Reflexion der europäischen Identität
und zur Integration liefern.
Aus allen Einreichungen wurden von einer Jury in einem ersten
Schritt 10 Filme ausgewählt, aus denen in der Folge die mittlerweile
feststehenden Finalisten ermittelt wurden. Der Preisträger wird von
den EU-Abgeordneten gewählt und im Dezember bekannt gegeben.
Gemeinsam mit der Viennale werden die drei Finalisten des
LUX-Filmpreises 2015 im Wiener METRO Kinokulturhaus präsentiert.
ray Filmmagazin als ePaper
Weitere Informationen auf www.ray-magazin.at
Di 06.11., 18:00
MEDiTERRAnEA
JonAS CARPiGnAno, F/D/i/GB 2015
bUch: JONAS cARPIGNANO | KAmERA: WyATT GARFIELD | mUSIK: DAN ROmER | mIT ALASSANE
Sy, KOUDOUS SEIhON, AIShA, PAOLO ScIARETTA, ANNALISA PAGANO, DAVIDE SchIPILLITI
LäNGE: 107 mINUTEN | FORmAT: DcP
Aviva hat seine Heimat in Burkina Faso verlassen um nach
einer Möglichkeit zu suchen, seine Schwester und seine
Tochter zu erhalten. Er nutzt seine Teilnahme an einem
Schmuggel aus, um seinen besten Freund Abas und sich
selbst aus Afrika abzusetzen. Aviva passt sich dem Leben in
Italien an, doch vergrößern sich die Spannungen mit der
lokalen Bevölkerung auf gefährliche Art und Weise. Aviva
ist fest entschlossen in seiner neuen Situation zu bestehen,
doch das hat seinen Preis.
Di 06.11., 16:00
Di 06.11., 20:15
MUSTAnG
URok (DiE LEHRSTUnDE)
DEniZ GAMZE ERGüvEn, F/D/TR 2015
bUch: DENIz GAmzE ERGyVEN, ALIcE WINOcOUR | KAmERA: DAVID chIzALLET, ERSIN GOK
mUSIK: WARREN ELLIS | mIT GÜNES SENSOy, DOGA zEyNEP DOGUSLU, ELIT IScAN, TUGbA
SUNGUROGLU, ILAyDA AKDOGAN | LäNGE: 97 mINUTEN | FORmAT: DcP
Bestellen Sie bei ray Aboservice
[email protected]
Tel.: +43 (0)1 920 20 08-14
Fax: +43 (0)1 920 20 08-13
ray Jahresabo (10 Ausgaben, davon zwei Doppelnummern)
Österreich € 32,– Schweiz CHF 70,– Europa € 50,–
Einzelheft: € 5,00
Mediterranea
Frühsommer in einem Dorf im Norden der Türkei: Unschuldig spielen Lale und ihre vier Schwestern auf dem Heimweg
von der Schule mit einigen Burschen. Die Unsittlichkeit ihres Spiels löst einen Skandal mit unerwarteten Konsequenzen aus. Ihr Zuhause wird schrittweise zu einem Gefängnis,
der Unterricht in richtiger Haushaltsführung ersetzt den
Schulunterricht und Ehen werden arrangiert. Die fünf freiheitsliebenden Schwestern finden jedoch Wege rund um
diese um sie errichteten Mauern.
kRiSTinA GRoZEvA, PETAR vALCHAnov, BG/GR 2015
bUch: KRISTINA GROzEVA, PETAR VALchANOV | KAmERA: KRUm RODRIGUEz | mIT mARGITA
GOShEVA, IVAN bARNEV, IVAN SAVOV, STEFAN DENOLyUbOV, IVANKA bRATOEVA | LäNGE: 110
mINUTEN | FORmAT: DcP
In einem kleinen bulgarischen Dorf sucht die junge Lehrerin
Nadezhda nach einem Klassendieb um ihm den Unterschied
zwischen richtig und falsch zu erklären. Als sie jedoch bei
einem Kredithai Schulden macht, muss sie selbst den richtigen Weg wieder finden. Was macht einen anständigen Menschen zum Kriminellen?
KINO.PROGRAmm LUx-FiLMPREiS
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GRAFik DESiGn
KINO.PANORAmA
Filmarchiv Austria mit
neuem visuellen Auftritt
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1997 entwickelte Perndl+Co für das
Filmarchiv Austria eine identitätsstiftende Grafik mit den charakteristischen Farben schwarz/orange und dem
klassischen Logoblock. Dieses im Lauf
der Jahre sanft weiterentwickelte Corporate Design wurde von Josef Perndl
nun in die Jetztzeit transformiert. Ein
markantes gelbes Band, am Cover des
neuen Kino-Magazins genau in der
Breite des 35mm-Films, bildet einen
leuchtenden Info-Display auf allen Veröffentlichungen. Im selben Design präsentiert sich ab Anfang Oktober auch
der neue Web-Auftritt des Filmarchivs.
Das www-Projekt des Filmarchivs wird
unter der Art Direction von Perndl+Co
von Filmarchiv-Mitarbeiterin Katharina
Gruber (Front-End-Programmierung)
und Lukas Wimmer in Kooperation mit
Blue Monkeys realisiert.
ESSEn & TRinkEn
Grünstern Stadtgartenküche im Kinokulturhaus
Seit 2012 ist die Grünstern-Gartenküche unverzichtbarer Bestandteil des
Open-Air-Festivals Kino wie noch nie im
Augarten. Am 7. Oktober 2015 eröffnet
die Grünstern-Stadtgartenküche als
Kinobuffet der anderen Art im METRO
Kinokulturhaus: unter der Küchenleitung von Theresa Gruber und Matthäus
Karl werden regionale, saisonale und
biologische Gerichte serviert. Im
Vordergrund steht die Integration der
Kulinarik in das Gesamtkonzept. Die
Förderung der Vielfalt, die Wiederentdeckung des Alten, vielleicht schon
fast Vergessenen, die Erhaltung des
kulturellen Erbes – das sind die programmatischen Ziele der FilmarchivArbeit, aber auch der Grünstern-Stadtgartenküche. Ganz praktisch wird diese
Schnittstelle zwischen Natur und Kultur in der neuen Grünstern-Lounge im
Kinokulturhaus erlebbar, im dort eingerichteten und in seiner Art einzigartigen Gastraum mit direkter Sicht auf
Kino und Leinwand.
inTERioR DESiGn
des Hauses begeistert. Immer schon
war die »Emotionsmaschine Kino« inspirierender Antrieb für seine Arbeit,
und so entstand die spontane Idee, die
noch rohen Oberflächen in eine aus
dem Kino heraus entwickelte Formensprache zu veredeln. Dazu hat
Gregor Eichinger die starken atmosphärischen Motive des historischen
Bestandes aufgenommen und behutsam in die Gegenwart übersetzt. Als
Referenz an die plüschige Geborgenheit der rotsamtigen Kinoatmosphäre
hat Eichinger ein eigenes Teppich-Design und damit korrespondierende Möbel für die Gastro-Bar entworfen. Wie
aus dem Bauch des Kinos herausgewachsen bildet das neue Interieur ein
harmonisches Bild und selbstverständliches Ganzes.
FiLMRESTAURiERUnG
nACHLASS
Das Filmarchiv Austria hat in Kooperation mit der Murnau-Stiftung auf Basis
der hauseigenen Nitrofilmquelle sowie
unter Einbeziehung weiterer internationaler Archivmaterialien eine umfassende digitale Neurestaurierung von
VARIETÉ durchgeführt. Die Welturaufführung der restaurierten Fassung des
Stummfilmklassikers erfolgte auf der
diesjährigen Berlinale mit einem live
eingespielten Score der »Tiger Lillies«.
Vorteile für Mitglieder
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nEUERSCHEinUnG
Filmsammlung Peter Kern KINO.MAGIE
im Filmarchiv Austria
Was geschah wirklich
zwischen den Bildern?
Peter Kern vermachte bereits zu seinen Lebzeiten einen Großteil seines
filmischen Erbes dem Filmarchiv
Austria. Als Ausdruck der gegenseitigen Wertschätzung, wurden in der Vergangenheit auch schon mehrere gemeinsame Projekte realisiert. So
veranstaltete das Filmarchiv Austria
bereits 2007 die größte Retrospektive
zum außerordentlichen Schaffen des
Kinogiganten und veröffentlichte in
der Edition Taschenkino, die erste
deutschsprachige Publikation über
Peter Kern. Sein Schaffen soll auch
nach Peter Kerns viel zu frühem Ableben gesehen werden und zugänglich
sein. In diesem Sinne zeigt das Filmarchiv Austria auch im Oktober 2015
eine Auswahl aus dem Schaffen des
kontroversiellen Künstlers Peter Kern
im METRO Kinokulturhaus.
kATALoG ZUR AUSSTELLUnG
450 S. MiT CA. 400 ABBiLDUnGEn EUR 34,90
ERHäLTLiCH AB 6. okToBER 2015
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Kinoeintritt Eur 6,– statt Eur 8,50
Ausstellungsticket Eur 4,50
statt Eur 6,–
Kombiticket (Kino + Ausstellung)
Eur 9,50 statt Eur 11,–
Mitglieder-Abo für 10 Karten
um Eur 50,Einladungen zu Eröfnungsund Sonderveranstaltungen
(eine Karte gilt für 2 Personen)
Gratis-Zusendung der
Programmzeitschrift
Erweitertes Benutzerservice
im Studienzentrum Augarten
10% Rabatt auf alle Produkte
des Verlags Filmarchiv Austria
Ermäßigungen und Vergünstigungen bei FilmarchivKooperationspartnern *
Mitglieder-Aktion
Österreich in historischen Filmdokumenten
FILM
ARCHIV
AUSTRIA
Edition
N I E D E RÖ ST E RRE I CH
Ötscherland/Mostviertel
nEUERSCHEinUnG
Cineastische Oberflächen: Stummfilmklassiker
METRO-Interieur von
Varieté
Gregor Eichinger
In Wim Wenders Roadmovie IM LAUF
DER ZEIT aus dem Jahr 1976, fand
Gregor Eichinger sein kinematographisches Déjà-vu. Als der Star-Architekt
und Professor mit Lehraufträgen an
der ETH Zürich, der Angewandten in
Wien und aktuell an der Akademie für
Bildende Künste in München erstmals
das neue METRO Kinokulturhaus betrat, war er sofort von der Atmosphäre
FiLMARCHiv AUSTRiA CLUB
Ötscherland/Mostviertel
Edition Niederösterreich
DvD | CoDEFREE | PAL, CA. 120 MinUTEn | EUR 24,90
AB SoFoRT ERHäLTLiCH
Jetzt dem Filmarchiv Austria Club beitreten und alle Vorteile ab sofort bis
Ende 2016 genießen! Als Begrüßungsgeschenk erhalten Sie zusätzlich eine
Austria-Wochenschau DVD nach Wahl,
abzuholen im METRO Kinokulturhaus.
Ihre persönliche Clubkarte erhalten Sie
per Post, bis dahin gilt der Zahlungsnachweis als Mitglieds-Ausweis. Sie
können Ihre Mitgliedschaft entweder
im METRO Kinokulturhaus lösen oder
per E-Mail mit Ihrem Namen und Postanschrift unter [email protected]
beantragen.
ERöFFnUnGSAkTion GüLTiG FüR nEUE MiTGLiEDER
BiS 31.12.2015
vERAnSTALTUnGSPARTnER
* kooPERATionSPARTnER
KINO.PANORAmA
A
A
F
&
ES
CLUB
Der Film wurde mittlerweile auf
zahlreichen internationalen Festivals
erfolgreich aufgeführt. In Österreich
wurde die Neurestaurierung zum ersten Mal im Rahmen des Open Air Festivals Kino wie noch nie gezeigt. Die
nächste Vorstellung findet – erstmals
in Österreich mit einer Live-Begleitung
der »Tiger Lillies« – am 3. Dezember
2015 im Wiener Konzerthaus statt.
Der Ticket-Vorverkauf beginnt ab
9. November.
89
PRoGRAMMüBERSiCHT OKTObER | NOVEmbER 2015
Di 06.10.
AUSSTELLUnG kino.MAGiE
WAS GESCHAH WiRkLiCH
ZWiSCHEn DEn BiLDERn?
öFFNUNSzEITEN:
mO – FR 14:00 – 21:00 UhR
SA, SO, FEIERTAGE 11:00 – 21:00 UhR
bIS 30.03.2016
Di 06.10.
hISTORISchER SAAL
20:00
FILmSchAU WERNER NEKES
PRoGRAMM 1
Mi 07.10.
hISTORISchER SAAL
16:00
HoAnZL
EDITION STANDARD |
DER öSTERREIchISchE FILm
ERIc PLESKOW SAAL
20:00
FILmSchAU WERNER NEKES
PRoGRAMM 2
Do 08.10.
hISTORISchER SAAL
19:00
FILmSchAU WERNER NEKES
PRoGRAMM 3
21:00
FILmSchAU WERNER NEKES
PRoGRAMM 4
FR 09.10.
hISTORISchER SAAL
19:30
RETROSPEKTIVE AUS FLEISch UND bLUT
* ERöFFNUNG
GEiSSEL DES FLEiSCHES
21:30
AUS FLEISch UND bLUT
RAhmENPROGRAmm
* oPEninG niGHT DJ-SET
SCHniTZELBEAT-PARTy
ERIc PLESKOW SAAL
18:00
FILmSchAU WERNER NEKES
PRoGRAMM 5
20:00
FILmSchAU WERNER NEKES
PRoGRAMM 6
FöRDERER & SPonSoREn
MEDiEnPARTnER
SA 10.10.
Mo 12.10.
Do 15.10.
SA 17.10.
Mo 19.10.
So 25.10.
Do 05.11.
hISTORISchER SAAL
15:45
RETROSPEKTIVE AUS FLEISch UND bLUT
CARL AnDERSEnS UnDERGRoUnD
DER LiEBE
hISTORISchER SAAL
20:00
mUSEUm GEhT INS KINO
ALPEnSAGA, TEiL 1
hISTORISchER SAAL
19.00
IN mEmORIAm PETER KERN
* ERöFFNUNG
DER LETZTE SoMMER DER REiCHEn
hISTORISchER SAAL
16:00
RETROSPEKTIVE AUS FLEISch UND bLUT
WiEnERinnEn
hISTORISchER SAAL
19:30
FILm NOIR – ExIL - PSychOANALySE
JEALoUSy
* PODIUmDISKUSSION NAch DEm FILm
hISTORISchER SAAL
16:00
RETROSPEKTIVE AUS FLEISch UND bLUT
ExiT ... nUR kEinE PAnik
hISTORISchER SAAL
16:00
RETROSPEKTIVE AUS FLEISch UND bLUT
VORFILm: CoPy SHoP
UnSiCHTBARE GEGnER
18:00
RETROSPEKTIVE AUS FLEISch UND bLUT
voRFiLM: WHAT’S So DiRTy ABoUT?
i WAS A TEEnAGE ZABBADoinG
* PUbLIKUmSGESPRäch
NAch DEN FILmEN
20:00
RETROSPEKTIVE AUS FLEISch UND bLUT
voRFiLM:
DAS WiEnER kETTEnSäGEnMASSAkER
voRFiLM: MEPHiSTo’S BAR
MonDo WEiRDo
22:00
AUS FLEISch UND bLUT
RAhmENPROGRAmm
CARo B. MEMoRiAL-konZERT
ERIc PLESKOW SAAL
19:00
FILmSchAU WERNER NEKES
PRoGRAMM 7
21:00
FILmSchAU WERNER NEKES
PRoGRAMM 8
00 :00
RETROSPEKTIVE AUS FLEISch UND bLUT
EnTMUST
So 11.10.
hISTORISchER SAAL
16:00
RETROSPEKTIVE AUS FLEISch UND bLUT
SUkkUBUS
19:00
KONTROVERSIELL!
QUAnD JE SERAi DiCTATEUR
ERIc PLESKOW SAAL
16:00
FILmSchAU WERNER NEKES
PRoGRAMM 3
18:00
RETROSPEKTIVE AUS FLEISch UND bLUT
JERRy CoTTon
20:00
RETROSPEKTIVE AUS FLEISch UND bLUT
DiE BRUT DES BöSEn
ERIc PLESKOW SAAL
18:00
RETROSPEKTIVE AUS FLEISch UND bLUT
voRFiLM: HExEn
nACkT, WiE GoTT SiE SCHUF
20:15
RETROSPEKTIVE AUS FLEISch UND bLUT
iM SCHLoSS DER BLUTiGEn BEGiERDE
Di 13.10.
hISTORISchER SAAL
19:00
RETROSPEKTIVE AUS FLEISch UND bLUT
MäDCHEn FüR DiE MAMBo-BAR
21:00
RETROSPEKTIVE AUS FLEISch UND bLUT
DAS nACHTLokAL ZUM SiLBERMonD
ERIc PLESKOW SAAL
18:00
FILmSchAU WERNER NEKES
PRoGRAMM 9
20:15
FILmSchAU WERNER NEKES
PRoGRAMM 10
Mi 14.10.
ERIc PLESKOW SAAL
18:00
RETROSPEKTIVE AUS FLEISch UND bLUT
SCHULMäDCHEnREPoRT
20:00
RETROSPEKTIVE AUS FLEISch UND bLUT
DER MöRDER MiT DEM SEiDEnSCHAL
22:00
IN mEmORIAm PETER KERN
HAiDER LEBT – 1. APRiL 2021
ERIc PLESKOW SAAL
18:00
RETROSPEKTIVE AUS FLEISch UND bLUT
GEiSSEL DES FLEiSCHES
20:00
RETROSPEKTIVE AUS FLEISch UND bLUT
voRFiLM: WHAT’S So DiRTy ABoUT?
i WAS A TEEnAGE ZABBADoinG
* PUbLIKUmSGESPRäch
NAch DEN FILmEN
FR 16.10.
hISTORISchER SAAL
15:45
RETROSPEKTIVE AUS FLEISch UND bLUT
iCH SEH, iCH SEH
18:00
RETROSPEKTIVE AUS FLEISch UND bLUT
HExEn BiS AUFS BLUT GEQUäLT
* PUbLIKUmSGESPRäch NAch DEm FILm
20:30
RETROSPEKTIVE AUS FLEISch UND bLUT
HExEn – GESCHänDET UnD ZU ToDE
GEQUäLT
22:15
RETROSPEKTIVE AUS FLEISch UND bLUT
HExEnJAGD in MAUTERnDoRF
ERIc PLESKOW SAAL
19:00
IN mEmORIAm PETER KERN
CRAZy BoyS – EinE HAnDvoLL
vERGnüGEn
21:00
IN mEmORIAm PETER KERN
voRFiLM: FiFTy FiFTy
DiE ToTEn köRPER DER LEBEnDEn
23:00
IN mEmORIAm PETER KERN
knUTSCHEn, kUSCHELn, JUBiLiEREn
20:00
cINEmA SESSIONS
TRAvERSinG THE BALkAnS
* LIVE-mUSIK VON RDEčA RAKETA
22:30
RETROSPEKTIVE AUS FLEISch UND bLUT
nECRonoMiCon
ERIc PLESKOW SAAL
19:00
IN mEmORIAm PETER KERN
inSEL DER BLUTiGEn PLAnTAGE
20:45
IN mEmORIAm PETER KERN
FALSCHE BEWEGUnG
23:00
IN mEmORIAm PETER KERN
DonAULEiCHEn
So 18.10.
hISTORISchER SAAL
15:45
RETROSPEKTIVE AUS FLEISch UND bLUT
ALRAUnE
* LIVE-mUSIK VON GERhARD GRUbER
18:00
RETROSPEKTIVE AUS FLEISch UND bLUT
in 3 TAGEn BiST DU ToT
* PUbLIKUmSGESPRäch NAch DEm FILm
20:30
RETROSPEKTIVE AUS FLEISch UND bLUT
in 3 TAGEn BiST DU ToT 2
ERIc PLESKOW SAAL
13:00
* MATinEE ERiC PLESkoW
16:30
IN mEmORIAm PETER KERN
kERn
19:00
IN mEmORIAm PETER KERN
DoMEniCA – ALLE koMMEn ...
21:00
IN mEmORIAm PETER KERN
GoSSEnkinD
ERIc PLESKOW SAAL
18:00
RETROSPEKTIVE AUS FLEISch UND bLUT
MoRGEnGRAUEn
20:00
RETROSPEKTIVE AUS FLEISch UND bLUT
iCH SEH, iCH SEH
Di 20.10.
hISTORISchER SAAL
19:00
FESTIVAL
DiE PoRZELLAnGASSEnBUBEn
ERIc PLESKOW SAAL
18:00
RETROSPEKTIVE AUS FLEISch UND bLUT
DAS nACHTLokAL ZUM SiLBERMonD
20:00
RETROSPEKTIVE AUS FLEISch UND bLUT
DiE ToDESGöTTin DES LiEBESCAMPS
Mi 21.10.
hISTORISchER SAAL
19:00
RETROSPEKTIVE AUS FLEISch UND bLUT
BARon PoRnoS näCHTLiCHE
FREUDEn
20:45
RETROSPEKTIVE AUS FLEISch UND bLUT
VORFILm: CREAM
RASPUTin – oRGiEn AM ZAREnHoF
ERIc PLESKOW SAAL
18:00
FILmSchAU WERNER NEKES
PRoGRAMM 4
20:00
FILmSchAU WERNER NEKES
PRoGRAMM 1
FR 23.10.
hISTORISchER SAAL
21:00
RETROSPEKTIVE AUS FLEISch UND bLUT
DER kiLLER von WiEn
SA 24.10.
ERIc PLESKOW SAAL
23:00
RETROSPEKTIVE AUS FLEISch UND bLUT
DiE WöLFin voM TEUFELSMooR
Mo 26.10.
ERIc PLESKOW SAAL
18:00
RETROSPEKTIVE AUS FLEISch UND bLUT
ASPHALT
Di 27.10.
hISTORISchER SAAL
18:30
RETROSPEKTIVE AUS FLEISch UND bLUT
ZERSCHoSSEnE TRäUME
Mi 28.10.
ERIc PLESKOW SAAL
23:00
RETROSPEKTIVE AUS FLEISch UND bLUT
DAS MäDCHEn MiT DEM Mini
Do 29.10.
hISTORISchER SAAL
21:00
RETROSPEKTIVE AUS FLEISch UND bLUT
DiE ToTEn FiSCHE
FR 30.10.
ERIc PLESKOW SAAL
23:00
RETROSPEKTIVE AUS FLEISch UND bLUT
SCHAMLoS
SA 31.10.
hISTORISchER SAAL
21:00
RETROSPEKTIVE AUS FLEISch UND bLUT
DiE ERBEn
So 01.11.
ERIc PLESKOW SAAL
18:30
RETROSPEKTIVE AUS FLEISch UND bLUT
ABEnTEUER in WiEn
Mo 02.11.
hISTORISchER SAAL
18:30
RETROSPEKTIVE AUS FLEISch UND bLUT
VORFILm: oUTER SPACE
FRAU DoRoTHyS BEkEnnTniS
* LIVE-mUSIK VON GERhARD GRUbER
Di 03.11.
hISTORISchER SAAL
23:00
RETROSPEKTIVE AUS FLEISch UND bLUT
DAS GoLD DER LiEBE
Mi 04.11.
ERIc PLESKOW SAAL
23:00
RETROSPEKTIVE AUS FLEISch UND bLUT
VORFILm: SHAMAn
RAT RACE
FR 06.11.
hISTORISchER SAAL
* FESTivAL: LUx-FiLMPREiS
16:00
MUSTAnG
18:00
MEDiTERRAnEA
20:15
URok
ERIc PLESKOW SAAL
18:45
RETROSPEKTIVE AUS FLEISch UND bLUT
SUkkUBUS
20:30
RETROSPEKTIVE AUS FLEISch UND bLUT
ExiT ... nUR kEinE PAnik
22.45
RETROSPEKTIVE AUS FLEISch UND bLUT
FRiTS FRonZ DoUBLE FEATURE:
DAS MäDCHEn MiT DEM Mini
BARon PoRnoS näCHTLiCHE FREUDEn
SA 07.11.
hISTORISchER SAAL
16:00
RETROSPEKTIVE AUS FLEISch UND bLUT
ASPHALT
18:00
RETROSPEKTIVE AUS FLEISch UND bLUT
DAS GoLD DER LiEBE
20:00
RETROSPEKTIVE AUS FLEISch UND bLUT
SCHAMLoS
22:00
RETROSPEKTIVE AUS FLEISch UND bLUT
VORFILm: DiEnSTAG
DER kiLLER von WiEn
So 08.11.
hISTORISchER SAAL
16:00
RETROSPEKTIVE AUS FLEISch UND bLUT
DiE ToDESGöTTin DES LiEBESCAMPS
17:45
RETROSPEKTIVE AUS FLEISch UND bLUT
VORFILm: GUTE nACHT, JoHAnn
UnSiCHTBARE GEGnER
20:30
RETROSPEKTIVE AUS FLEISch UND bLUT
VORFILm: HoCH ZEiT
DiE ToTEn FiSCHE
22:45
RETROSPEKTIVE AUS FLEISch UND bLUT
DiE BRUT DES BöSEn
ULTUR
kinok
|J
HAUS
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E4|
SGASS
HAnnE
1010 W
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ER 6,–
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TiCkE ORmAL 8,50 AL 6,– | ERm SSIGT 9,50
18 03
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kino N LLUnG NOR AL 11,– | ERmä OcK ERmäSS ODER 01/512 1:00 – 00:00
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AUSST iCkET NOR L 65,– 10ER b ILmARchIV.A & FEIERTAG
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