Unser Kopf ist Rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann.«

E W U -E C H TE HE LDEN
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JUTTA BRIN KH OFF
TRAINERPORTRÄT:
JUTTA BRINKHOFF
»Unser Kopf
ist Rund, damit
das Denken
die Richtung
wechseln kann.«
IN UNSERER SERIE »ECHTE HELDEN« VERRATEN EUCH UNSERE EWUPROFIS JEDEN MONAT DIE GEHEIMNISSE IHRES ERFOLGS UND GEBEN
WERTVOLLE TRAININGSTIPPS!
Das Zitat des französischen Künstlers Francis Picabia passt perfekt als Lebensmotto und
Trainingsphilosophie zu Jutta Brinkhoff. Sie
hat uns, zusammen mit ihrem Hund Nanuk
und den Pferden Another Nite und Cody Bar
Tivio eingeladen, ihr einen Tag beim Training
des Horse & Dog Trails zuzuschauen.
VETRAUEN UND SPASS – JUTTA BRINKHOFF
UND MALINOIS RÜDE NANUK
24 # Juli 2015 Westernreiter.com
Von den Modemetropolen
zum Trainingsbetrieb
Nach einer erfolgreichen Karriere als Dipl.
Bekleidungsdesignerin und langjähriger Arbeit
in der Bekleidungsindustrie, in der sie die
Modemetropolen dieser Welt bereist hat, ergab
sich die Möglichkeit der beruflichen Selbständigkeit- einmal als freiberufliche Designerin
andererseits als selbständige Westerntrainerin
für Jutta Brinkhoff.
Jutta stammt aus einer, wie sie es nennt
„ambitionierten“ Pferdefamilie, daher blieb es
nicht aus, dass sie über kurz oder lang auf dem
Pferderücken gelandet ist. Zuerst in der klassischen Disziplinen Voltigieren, Dressur und
Springen beheimatet, war es später ein kleiner
Schritt nur noch in den Westernsattel. Auch
Hunde gehören zum Leben von Jutta immer
irgendwie dazu. Als Nanuk, der mittlerweile
5-jährige Malinois-Rüde in die Familie trat,
wurde bei Jutta der Wunsch greifbar mit Hund
und Pferd zusammen zu arbeiten und gemeinsam erarbeitet sich das Team unter anderem
die Goldmedaille im Deucavallo Horse & Dog
Trail Cup auf der Equitana 2015, den Deutschen Vizemeister Titel H&D Trail 2014 und
war Gewinnerin des Bundeschampionats H&D
Trail 2013.
Zuerst diente das Training und die Weiterbildung nur dem persönlichen Ausgleich
neben dem Job, erzählt uns Jutta.
Sie suchte die Herausforderungen und legte
nacheinander alle, für die Trainerscheine nötigen Prüfungen, ab. „Die Herausforderung, ein
Westernreitabzeichen zu bestehen und dabei
meinen eigenen Leistungsstand und den Ausbildungsstand meines Pferdes zu überprüfen und
mich dabei weiterzubilden, macht mir einfach
Spaß“ erklärt uns Jutta begeistert.
In ihren Disziplinen Trail, Horse & Dog
Trail, Superhorse, Ranch-Horse-Riding,
Westernpleasure und Hunter under Saddle ist
Jutta Brinkhoff seit Jahren auf den Turnierplätzen der verschiedenen Verbände keine
Unbekannte und die vielen Erfolge und Titel
in Junior uns Senior Klassen lassen vermuten,
dass sich die Trainingsbegeisterung und Disziplin gelohnt haben.
DAS ERFOLGSTEAM – JUTTA BRINKHOFF MIT NANUK UND CODY BAY TIVIO
Seit 2009 arbeitet Jutta nun Hauptberuflich als Westerntrainerin.
Sie hat einen festen Stamm an Schülern und besucht diese auf ihren
Anlagen. Bei ihrem Unterricht verschafft sie sich erst einmal einen
Eindruck vom Ausbildungsstand von Mensch, Pferd und beim Horse
& Dog Trail Training auch vom Hund. „Erst einmal genau hinschauen, allen im Team zuhören. Dann die Wünsche herausfiltern und
daraus erreichbare Ziele festlegen.“ Dabei schaut Jutta erst einmal auf
die Trainingsteile, die schon gut klappen und nicht so sehr auf jene,
die noch nicht so gelingen. Diese Eindrücke analysiert sie und bastelt
daraus einen Trainingsplan für das jeweilige Team! „Ich baue mein
Training immer um die „Guten Dinge“ herum auf, zu denen ich dann
immer zurückkehren kann, wenn man sich mal festfährt.“ erklärt uns
Jutta. Sie bietet den Tieren immer das als Belohnung an, was sie
schon gut können. Das können die unterschiedlichsten Sachen sein:
das eine Pferd liebt Pausen, das andere liebt es im Jog auf dem Hufschlag zu chillen und der Hund freut sich über die Hürde springen
zu dürfen und der Mensch, über das Lächeln im Gesicht.
Vertrauen, Respekt, Motivation und Spaß
Motivation und Spaß sind ihrer Ansicht nach die entscheidenden
Schlüssel, um Erfolgserlebnisse zu erhalten. Dazu gehört es auch,
Fehler einmal zuzulassen, um sie dann zu korrigieren. Vertrauen
und Respekt gilt es im Team zu erarbeiten und zu festigen. Jeden
Trainingstag auf´s Neue muss man bereit sein, sich auf das Team
einzustellen – nicht umgekehrt.
Große Liebe Horse & Dog Trail
Der Horse & Dog Trail hat für Jutta einen besonderen Stellenwert:
„In dieser Disziplin ist alles besonders – oder besser gesagt anders:
Wir haben es ja hier mit 2 unterschiedlichen Tierarten zu tun. Ganz
banal gesehen sind Hund und Pferd genetisch gesehen Fremde. Der
Hund – als Jäger– und das Pferd, als Fluchttier. Hier muss erst einmal vermittelt werden.“
Und genau da sieht Jutta den Ansatzpunkt für ihr Training: „Ich
verstehe mich im Training als Dolmetscher. Ich stelle vertrauen her
und lerne Hund und Pferd sich zu respektieren.“
Text: Christine Hartmann, Fotos: Figure 8
Westernreiter.com Juli 2015 # 25
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H O RSE & D O G TRA IL
Wie macht das eigentlich
Jutta Brinkhoff?
Jutta Brinkhoff hat sich als Horse & Dog Trail Reiterin der ersten
Stunde weit über die Landesgrenzen des Rheinlandes hinaus einen
Namen gemacht. Die amtierende Vize-Meisterin im Horse & Dog
Trail Championat der EWU Deutschland gibt Tipps, diese besondere Disziplin zu meistern. Text: Christine Hartmann, Fotos: Figure 8
Was ist Horse & Dog Trail?
Der Horse & Dog Trail ist eine spielerische
Beschäftigung mit Hund und Pferd. Der Reiter meistert gemeinsam mit seinen tierischen
Partnern einen Trail- und Geschicklichkeitsparcours. Dabei hat der Hund eigene Aufgaben
zu bewältigen. Der Horse & Dog Trail kann
unabhängig von der Rasse und Größe des
Hundes und des Pferdes geritten werden. Beim
Hund ist bei der EWU ein Mindestalter von
24 Monaten vorgeschrieben. Die Übungen des
Horse & Dog Trails fördern die Selbstsicherheit, das Vertrauen und den Teamgeist. Vor
allem aber stärkt es die Bindung vom Mensch
zu seinen Tieren.
Seit dem Jahr 2014 ist der Horse & Dog
Trail als Disziplin mit Punktewertung von der
EWU anerkannt. Bewertet wird das Pferd im
Sinne eines Trail-Pferdes, der Hund als gehorsamer Begleiter und das harmonische Zusammenwirken von Reiter, Pferd und Hund. Diese Prüfung darf auch zusammen mit einem
Richter des VDH gerichtet werden. Der VDH
Richter darf nur den Hund bewerten.
Der Horse & Dog Trail besteht aus
verschiedenen Pflichtmanövern:
- An- und Ableinen
- Slalom
- Tor
- Brücke
- Überqueren von Stangen
- und eines Wahl Manövers
26 # Juli 2015 Westernreiter.com
Bewertung:
Bewertet wird das Pferd im Sinne eines Trailpferdes, der Hund als gehorsamer Begleiter
und das harmonische Zusammenwirken von
Reiter, Pferd und Hund.
Pro Hindernis werden jeweils max. 10
Punkte für das Pferd und max. 10 Punkte für
den Hund vergeben. Für das harmonische
Zusammenwirken (Reiter/Pferd/Hund) werden nochmals 0 - 10 Punkte vergeben.
Der Reiter entscheidet, an welcher Seite
der Hund bei Fuß läuft. Der Reiter muss vor
Beginn an sich für eine Seite (rechts oder links)
entscheiden. Wenn der Hund selbständig die
„Bei-Fuß-Seite“ wechselt gibt es Punktabzug.
VERTRAUEN UND
GEWÖHNEN
Horse & Dog Training
„Für die Disziplin Horse & Dog Trail benötigen
wir Hunde, die gut im Grundgehorsam stehen
und Pferde, die ihren Job als Trailpferd kennen.
Dann müssen wir als Reiter noch Dolmetscher
spielen, um dem jeweiligen Teammitglied zu
vermitteln, was wir von ihm möchten.“
Pferden und Hunden wird der Umgang
miteinander nicht in die Wiege gelegt, von
daher ist die Aufgabe des Teamleiters, also
des Reiters, alle Teammitglieder an den jeweiligen Aufgaben zu trainieren und harmonisch
zusammenzuführen. Wer einmal versucht hat
einen untrainierten Hund in perfekter Manier
neben sein Pferd zu bekommen weiß, dass es
sich anfühlt, als wenn man einen Sack Flöhe
hüten würde. Daher ist es wichtig, eine vertrauensvolle Arbeitsumgebung zu schaffen und
den Hund und das Pferd entspannt aneinander
zu gewöhnen.
Hund und Pferd haben eine unterschiedliche Individualdistanz, in der sie den anderen dulden und akzeptieren. Der Mensch muss
sich auf die Sprache einlassen und gegebenenfalls zwischen den Parteien vermitteln
„Eine langsame und gründliche Gewöhnungsphase erleichtert später das Training erheblich“. Jutta nimmt den Hund schon lange vor
dem eigentlichen Training mit in den Stall und
integriert ihn in die alltägliche Arbeit und die
Handgriffe rund um das Pferd. Während sie
das Pferd putzt, lässt Jutta Nanuk auf einer
Decke Platz nehmen. So kann er sie während
ihrer Arbeit sehen und gewöhnt sich daran,
neben dem Pferd zu sein.
EWU-Serie
H&D TRAIL
TRAINING:
Teil I
Westernreiter.com Juli 2015 # 27
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JUN GP FERD E
ÜBUNG:
Jutta legt eine Decke neben den Putzplatz und
lässt den Hund darauf abliegen und bedeutet ihm mit dem Kommando „Bleib“, dass er
ruhig auf der Decke liegen bleibt
WAS MUSS DER
HUND KÖNNEN
ter nicht durcheinander, wenn im Parcours
das Pferd etwas anderes als der Hund
machen soll.
Handzeichen:
Bei der Horse & Dog Trail Prüfung soll nach
Möglichkeit nicht mit Handzeichen gearbeitet werden. Jutta benutzt sie im Training dennoch, um in der Show noch eine Hilfe mehr
zu haben, falls das stimmliche Kommando
versagt.
TIPP:
Gerade beim Hundetraining empfiehlt sich der
Blick über den Tellerrand zu anderen Hundesportarten wie Obedience oder Agility.
LEINENFÜHRIGKEIT UND
FREI-FUSS-FOLGE
Diese Übung bevorzugt sie auch zu beginn der
Trainingseinheit. Erstens wärmt es den Hund
für die folgenden Übungen auf zum weiteren
lenkt es die Konzentration voll auf den Hundeführer.
Grundgehorsam des Hundes
Um beim Horse & Dog Trail ein harmonisches
Gespann abzugeben, bedarf es einiger Vorübungen. Grundsätzlich sollten die Hunde für
das Horse & Dog Training schon einen guten
Grundgehorsam ausweisen. Zum Grundgehorsam der Hunde gehören die Kommandos:
Sitz, Platz, Hier und Fuß und die Leinenführigkeit. Diese Grundkommandos sollten
schon gut eingeübt und fester Bestandteil der
Erziehung sein.
ÜBUNG:
Um die Frei-Fuß-Folge zu trainieren variiert Jutta das Tempo ihrer Schritte. Sie fängt
langsam an und wechselt dann die Geschwindigkeit. Ziel ist es, dass der Hund immer die
Grundposition beibehält und aufmerksam auf
sie achtet.
TIPP:
„Keep it simple“ – kurze und prägnante Befehle
erleichtern das Verständnis.
Jutta empfiehlt sich im Vorfeld einen Plan
zu machen welche Kommandos für welchen
Befehl verwendet werden sollen. Dieses System
soll konsequent beibehalten werden.
Die Ausbildung lebt von ständigen Wiederholungen. „Es dauert eine Zeit bis der Hund
das Kommando verstanden und gelernt hat.
Signale können auch kombiniert werden: z.B.
„Sitz“ als verbaler Befehl kombiniert mit dem
Handzeichen für Sitz.“
TIPP:
Wenn man Hund und Pferd für den Horse &
Dog Trail trainiert, empfiehlt es sich zwei verschiedene Kommandos für den Hund und für
das Pferd zu haben.
Als Beispiel: das Hundkommando für
Anhalten Halt oder Stop und als Kommando für das Pferd Whoa. So kommt man spä-
28 # Juli 2015 Westernreiter.com
Laut Regelbuch entscheidet der Reiter auf welcher Seite er den Hund führen möchte. Er ist
in der Wahl der Seite frei, muss jedoch darauf
achten, dass er die Seite nicht wechselt.
„Meine Zügelhand ist die Rechte, daher führe ich den Hund auf der linken Seite. Darauf
habe ich mich von Anfang an festgelegt und
mein Training daran ausgerichtet.“
Die Grundübungen macht Jutta auch hier
wieder zu Fuß oder am Fahrrad. Dabei soll der
Hund lernen immer auf der Höhe ihres linken
Beines zu laufen und sich voll auf sie konzentrieren. Die Übung wird zuerst mit Leine ausgeführt, später dann ohne.
#1
#2
HERANFÜHREN DES HUNDES
AN DIE HINDERNISSE
Jutta arbeitet für das Horse & Dog Trail Training auch viel mit dem
Hund alleine. Dazu gehört, dass der Hund alle Hindernisse auch ohne
Pferd kennenlernt und sicher bewältigen kann. Der Hund soll den
Trailplatz als Spielplatz ansehen, er soll sich wohl fühlen und Freude
an der Arbeit mit dem Hindernis haben. Hier spielt die Motivation des
Hundes eine große Rolle.
TIPP:
Hunde können sich nicht durchgehend konzentrieren. Unbedingt
darauf achten, dass während des Trainings genügend Ruhepausen eingehalten werden.
#3
»Die Motivation des Hundes spielt
eine große Rolle.«
Jutta baut die einzelnen Hindernisse auf und läuft sie mit dem Hund zu
Fuß ab. So zeigt sie dem Hund die optimale Linienführung und macht
ihn mit dem Hindernis vertraut. Sie benennt die einzelnen Hindernisse
mit Namen. Der Hund soll lernen die Hindernisse zu erkennen und sich
an die antrainierte Herangehensweise zu erinnern. (Bilder 1-3)
ÜBUNG:
Arbeit an der Pylone. Jutta macht Nanuk im ersten Schritt die Pylone
schmackhaft, indem sie ein Leckerchen auf die Pylone legt. Sie sagt laut
„Pylone“ damit Nanuk das Hindernis damit verbindet. In Zukunft soll
der Hund das Hindernis mit dem verbalen Begriff verbinden. Sie schickt
Nanuk an die Pylone und möchte , dass er immer näher an das Hindernis
rangeht. Als Kommandos verwendet sie immer die Befehlskombination:
Pylone – Platz oder Pylone – Sitz, je nachdem was ihr Ziel ist.
Belohnungen
Jutta arbeitet mit ihrem Hund auch mit (Futter-)Belohnungen. Sie baut
diese aber im Laufe des Trainings immer mehr ab, bis sie am Ende
auch den gewünschten Gehorsam ohne Leckereien erreicht.
In der nächsten Ausgabe:
Wie macht das eigentlich Jutta Brinkhoff? Trainingstipps
Horse & Dog Trail, Teil II
Westernreiter.com Juli 2015 # 29