portfolio pdf - Lisa Biedlingmaier

LISA BIEDLINGMAIER
Werkdokumentation
Lisa Biedlingmaier
lebt und arbeitet in Zürich und Stuttgart
geboren in Tscheljabinsk (Ural), aufgewachsen in Georgien
1988 Ausreise nach Deutschland, Stuttgart
1997-2003Studium an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste
Stuttgart
2003-2005 Studium an der ZHDK, Fotografie
seit 2000 Mitglied der forschungsgruppe_f
seit 2013 Dozentin an der Merz Akademie, Stuttgart
seit 2014 Teil des Kuratoren-Duos „peekaboo!“, mit Bernadette Wolbring
Preise und Stipendien
2015
2014
2014
2012 2011 2010
2010
2009
2009
2007 2003 Projektstipendium, LB-BW Stiftung
Projektstipendium, Kulturamt Stuttgart
Projektstipendium, ProHelvetia
New York City - Werk-/Atelierstipendium der Stadt Zürich
Paris/Cité des Artes - Werk-/Atelierstipendium der Stadt Zürich
Arbeitsstipendium, Stiftung Kunstfonds Bonn
AWARD, Fotosommer 2010, Stuttgart
Projektstipendium, Karin Abt Stiftung
Projektstipendium, ProHelvetia
Stipendium der Kunststiftung Baden Württemberg
DAAD Jahresstipendium für Zürich, Schweiz
Ausstellungen, Performances, Aktionen
2016
„Older than Jesus“, Palermo Galerie
„Proposition Po-position“, Städtische Galerie im Kornhaus, Tecknang, Deutschland
„Refine all pores“, TAUT, Kunstverein Wagenhalle, Stuttgart
2015 „Foundation For Freckles“, TAUT, Kunstverein Wagenhalle, Stuttgart
„Lebenslügen“, Regionle 16, FABRIKculture, Hégenheim, Frankreich
„Tiefseeübungen 334m ü NHN“, Werkstatthaus Stuttgart
„Tag der Performance“, Skulpturenpark Bamberg
„Tag der geschlossenen Türe“, Kunstverein Wagenhallen e.V. , Stuttgart
„Nacht der langen Museen“, Kunstlager, Stuttgart
„Lose Bande“, Städtische Galerie Offenburg, Deutschland
2014 „Houston we have a problem“ ARTISTERIUM 7, Georgian National Museum,
Tbilisi, Georgien
„Kunst/Stoff“, Regionale 15, E-Werk, Freiburg
„Invisible Cities“, Kunstverein Freiburg
„Echolot“, BINZ 39, Zürich
„About Glass Ceilings and Sticky Floors“, Kunstverein Wagenhallen e.V., Stuttgart
„Ich versteh` nur Bahnhof“, Künstlerhaus Stuttgart
2013 „ReCoCo – Life under representational Regimes“, Museum of Bat Yam, Tel Aviv
Artist talk at Bezalel Academy of Arts and Design, Tel Aviv, Israel
„Das Antlitz!“ – Mitglieder Ausstellung, Württembergische Kunstverein, Stuttgart
„Catch of the year“, Dienstgebäude, Zürich
„Wagenhallen ausser Haus“, Galerie der Stadt Backnang, Deutschland
„Puschki und Gogol“ Perfomance mit Georg Winter, Kunstmuseum Reutlingen
2012 „Ninkas Institute for Democracy“, Screening im Kunstmuseum Stuttgart
2011 „MONUMENT - MOVEMENT”, MUSE-New York Center of Photography and
Moving Image, New York City
„Äther”, Alpineum-Produzentengalerie, Luzern
„...we didn`t talk much, out of worry and everything”, Red House, NYC
„ReCoCo - Life Under Representational Regimes“, Kunsthalle Exnergasse, Wien
„tanz mit mir”, Benzeholz, Luzern
„carte blanche”, Kunstverein Offenburg, Deutschland
„Kommentar 2010“, T-Room Galerie, Samara, Russland
2010
„A travers un cercle de regards“, Cité International des Artes, Paris
„Le nouveau vague“, Casa nell`Arte, Cadegliano, Italien
„Zeit“, Darmstätter Kunstverein, Fototage, Darmstadt
„Fotosommer 2010“, Württembergischer Kunstverein, Stuttgart
„Maschavera“, Schloss Donzdorf, Deutschland
Proposition P oposition
„Die Einladungskarte“
Soloshow in der Städtische Galerie
Kornhaus, Kirchheim (Teck)
Januar 2016
„Die Aufsicht“
„D.I.Why?“, HD-Video 6min, Doppelprojektion
„D.I.Why?“
„D.I.Why?“, HD-Video 6min, Doppelprojektion
„Die Rede“ - Videoinstallation 10 min, Bank auf Rollen, Schaumstoff, Gurte
https://vimeo.com/160606788
„Die Aufsicht“, Plakat der Sixstinischen Kapelle, Florarium, Hose, Lappen, Zerstäuber, Aufsichtspersonal
You reasonably close to your optimum weight
Money is attracted to you, but you never have enough
You are obsessed with exercise
You are unable to stop expressing your emotions
You are lost in the “flow”
You experience emotional swings
You are aware of, and comfortable with, your personal power
You tend to be over-confident
You tend to avoid responsibility
You have too much energy and may have difficulty resting or sleeping
You rarely do what you say
You can be ecstatic, but swing quickly from happy to sad
You feel everything is perfect
You have many friends, but few close ones
You feel yourself above the world around you
Compassion usually dictates your actions
You often give those who don`t need or want
You tend to express yourself accurately and bluntly
You often interrupt because you hear what has not been said yet
You tend to be indulgently creative
You are comfortable with the sound of your own voice
You are unable to focus on several ideas at once
You have several creative outlets
You have so many good ideas yet implement so few
You are unable to trust your intuition
„Die Getränke“, Bierflaschen, Etiketten
Proposition P oposition
Bereits das Wortspiel «Proposition» – «P oposition»
relativiert die Wichtigkeit der künstlerischen (Einzel)
Präsentation. Die künstlerische Setzung als Vorschlag
(samt dessen Gegenteil) besitzt etwas Vorläufiges und
Transitorisches.
Diese Lücke, die hierbei entsteht, könnte auch als Angebot an den Besucher gelesen werden, sich sein eigenes
Bild von den visuellen Angeboten zu machen.
Lisa Biedlingmaier hinterfragt die Konventionen und Erwartungen, die von Kuratoren, Kunstmarkt und Publikum
an eine Ausstellung gestellt werden und konterkariert
diese: Das Ritual der Eröffnungsrede als Liveauftritt und
Legitimation künstlerischen Schaffens wird entauratisiert
und nur noch als mediatisierter Bild-Text zugegen sein.
Die vermeintliche Einzelausstellung wird zur Gruppenausstellung inszeniert, in der unterschiedliche künstlerische (Körper)Haltungen und Lebenskonzepte präsentiert
werden.
Konstante Bestandteile einer Ausstellung wie beispielsweise die Beleuchtung, verändern sich und rücken immer
wieder andere Exponate und Situationen ins Licht der
Aufmerksamkeit. Susanne Jakob
„Wie ein riesiger Werbeschriftzug ist das Wort „P OPOSITION“ in hellgrauen Buchstabenfragmenten auf die große
Rückwand des Galerieraums gemalt. Es erfordert etwas
Fantasie, diesen Schriftzug zu entziffern, denn die Buchstaben sind nicht vollständig, sondern nur innerhalb von
rechteckigen Ausschnitten zu sehen. Diese Ausschnitte
entsprechen den Maßen der gegenüberliegenden Schaufenster, durch die man von der Städtischen Galerie in die
Arkaden des Kornhauses schauen kann. „Dahinter steht
die Idee der Außenwerbung, die in den Innenraum versetzt wurde“ erklärt Lisa Biedlingmaier, die Künstlerin,
die ihre Ausstellung von Fotos, Videos und Installationen
als „Proposition P oposition“, also als „Vorschlag“ und
zugleich auch als dessen Gegenteil betitelt hat.
Zentral im Raum sind zwei Videoprojektionen zu sehen,
die auf beiden Seiten einer großen, von der Decke abgehängten Platte erscheinen.
Der Betrachter kann alternativ immer nur eine Seite betrachten: entweder den dynamischen Loop, der eine
Sportstudentin im eng anliegenden weißen Dress zeigt,
die Yogaübungen vorführt, oder auf der anderen Seite ein Clip in dauernder Zeitlupe, in dem kostümierte
Darsteller die Posen von Stars eines Musikvideos zu pa­
rodieren scheinen. Die Videos sind mit einer gemeinsamen Audiospur untermalt, auf der abwechselnd Punkrock und indische Musik zu hören ist. Beide Loops sind
professionell wie Werbevideos geschnitten. Für den Betrachter wird die Installation in dem Moment interessant,
wenn die Bandmusiker ihre Lamettaperücken in Zeitlupe,
und daher passend zum langsamen Takt der indischen
Musik, schütteln, und die Bewegungen der Darstellerin
auf der anderen Seite, die eine besonders athletische
und dynamische Form des „Kundalini Yoga“ vorführt,
zum schnellen Rhythmus der Stuttgarter Postpunkband
„Mosquito Ego“ zu passen scheinen.
Passend ausgewählt und gestaltet sind auch die Getränkeflaschen, die zur Vernissage angeboten wurden. Bier
gehört zum Punk, und die Etiketten beziehen sich auf
charakteristische Beschreibungen der Chakras, der Energiezentren des Körpers. Der Besucher ist aufgefordert
die zu ihm passende Flasche auszuwählen.
Während sich die zahlreichen Besucher daranmachten,
durch Leeren dieser Kunstflaschen zum Gelingen der
Eröffnung beizutragen, durfte auch die Eröffnungsrede
nicht fehlen, allerdings in verfremdeter Form, nämlich
als Aufzeichnung, vorgetragen von dem Künstler Georg
Winter. Das zwei Tage vor der Eröffnung aufgenommene
Video mit dem Titel „Kommentar“ zeigt ihn im Bewusstsein der inszenierten Zeitverschiebung: „Ich freue mich,
Sie zu begrüßen, obwohl Sie noch nicht da sind“. Die Kamera filmt den Redner leicht schwindelerregend auf einem sich drehenden Wagen in der Ausstellung.“ Kai Bauer
In der Ausstellung „Proposition P oposition“ fand die Aufführung der Klangperformance
WHITE SOUND/WHITE NOISE von Moritz Finkbeiner und Lisa Biedlingmaier statt.
Objects of desire
„Objects of desire“
Nebelmaschine, Nebelfluid, C-Prints gerahmt
Tiefseeübungen 334m ü dem Meeresspiegel
Werkstatthaus Stuttgart
Oktober 2015
„Objects of Desire“
„Objects of desire“
Folie mit Granitdruck, Nebelmaschine,
Nebelfluid
„Objects of desire“
Folie mit Marmordruck
„Objects of Desire“
Malervlies, Lack / C-Prints gerahmt
Objects of Desire
Lisa Biedlingmaier untersucht in ihrer künstlerischen Arbeit die
Entstehungs-, Produktions- und Rezeptionsbedingungen des
Kunstsystems.
Der Titel der Gruppenausstellung „Tiefseeübungen 334m ü dem
Meeresspiegel“, im Skulpturenareal, gibt den Hinweis auf eine
experimentelle Herangehensweise der Künstler.
„ ...Wie archäologische Funde stapeln sich die Steine im Bildhauergarten, sie weisen Bearbeitungsspuren auf.
Inszeniert von Lisa Biedlingmaier, vor verschiedenen Hintergründen, findet eine Verschiebung des Kontextes und der Werte statt.
Die Steine entfalten ihr Potenzial als Objekte der Begierde: Kunstwerke, Konsumgüter, Götzenbilder. Platzhalter für Wünsche,
Vorstellungen, Erinnerungen, Geschichten.
Es sind vergleichbare Strategien, wie sie auf dem gesättigten
neoliberalen Markt anzutreffen sind. Primär wird ein Produkt
entwickelt und nachfolgend, durch Werbung, das Bedürfnis es
besitzen zu wollen. Sowohl die Fotografien, die architektonische
Wandverblendungen, als auch die „dekorativen“ Vlies-Teppiche
konstruieren hier einen ironischen Kommentar. Die Nebelmaschine
verschleiert die Sicht und schafft Atmosphäre.
So entwickeln die Objekte einen komplexen Diskurs über die
existierenden Beziehungen zwischen Pop-Kultur und Konsum,
zwischen Mode und Kunst, zwischen Attrappe und Skulptur.
Lisa Biedlingmaier entpuppt sich ohne zu urteilen als kritische
Beobachterin sowohl der zeitgenössischen Realität als auch der
Kunstwelt, in der sie sich selber bewegt.“
Michl Schmidt
For Robert - Objects of Desire II
„Foundation For Freckles“
TAUT, Kunstverein Wagenhalle, Stuttgart
November 2015
„For Robert - Objects of Desire“
Folientext auf Holz
„For Robert - Objects of Desire“
Print auf Fensterrollos,
Print auf PVC-Banner, 250x500cm
„For Robert - Objects of Desire“,
Print auf PVC, 250x500cm
„For Robert - Objects of Desire“,
HD-Video, 50 min.
Installation: Aquarium, Stein, Licht
For Robert - Objects of Desire II
Für die Akteure der Kunstwelt ist die Dokumentation bis zu einem
gewissen Grad das wichtigste Werkzeug zur „Vermarktung“ ihrer
Arbeit geworden. „For Robert – Objects of Desire“ spielt dieses
Phänomen in einer Präsentation durch. Während das OriginalKunstwerk nur noch der Aufbauhelfer, alias Robert, zu sehen
bekommt, gehen die Abbildungen dieses Kunstwerks um die
ganze Welt und schaffen Mythen und Ruhm.
„Im TAUT bezieht sich Lisa Biedlingmaier auf eine zuvor stattfindende Ausstellung an einem anderen Ort (im Werkstatthaus
Stuttgart) und verweist dadurch auf die Prozesshaftigkeit von
Kunstproduktion- und Präsentation. Beide Installationen stellen
Bezüge zur jeweils anderen Ausstellung her. Offen bleibt dabei,
wo der Betrachter auf das Original, die Repräsentation oder die
Dokumentation trifft.
Eine Dokumentation verleiht dem flüchtigen Ausstellungsformat
Dauer. Die Abbildungen von Kunstwerken werden durch das
Internet auf dem schnellsten Weg zum Betrachter gebracht.“
Bernadette Wolbring, peekaboo!
FEHL- AUFNAHMNE
Kunstraum Reto Ganz, Zürich
2009
Dr. Peter Pfrunder, Leiter der Fotostiftung Schweiz, bespricht das Fotoalbum „A.W.“
HD-Video, 44 Min
Filmstills aus: „Dr. Peter Pfrunder, Leiter der Fotostiftung Schweiz, bespricht das
Fotoalbum „A.W.“
Mit einem, im Brockenhaus erworbenen, alten, anonymen Fotoalbum
In den „Kunstraum Reto Ganz“ lud ich weitere KünstlerInnen ein, um
In einem einstündigen Interview beantwortet er meine Fragen zum
Arbeiten von: Stefan Burger, Lucie Kolb, Jenny Rova, Romy Rüegger,
besuchte ich Dr. Peter Pfrunder zu Hause während seines Sabbatjahrs.
Album und teilt mit mir sein Fachwissen.
Fazit: historische Relevanz haben die Bilder keine, aber sehr hohe
Qualität!
Ins Archiv der Fotostiftung kann es nicht aufgenommen werden, da der
Fotograf anonym ist und wir kein Gesamtwerk von ihm haben.
auf das Album eine zeitgemässe Antwort zu finden. Vertreten waren
Pascal Schwaighofer, Robert Steng, Lena Maria Thüring, Christian
Vetter und Georg Winter.
In der Oberwelt e.V. in Stuttgart entwickelten Sibylle Koch und Petra
Köhle / Nicolas Vermot Petit-Outhenin Arbeiten entlang des Albums
von A.W.
FEHL- AUFNAHMNE
Nach wie vor spielt die Motivation in der Kunst eine große Rolle. Und nur selten
erbarmt sich das Schicksal einer kreativen Seele und schickt seine Vertreter in Form
von Kuratoren, Museumsdirektoren oder Sammlern vorbei, um diese zu entdecken und vor der Vergessenheit zu bewahren. Es hatte wohl seine Gründe, warum
ein Fotoalbum mit dem Autorenkürzel „A.W.“ im Secondhand-Laden Brockenhaus
in Zürich landete und nicht im Museum. Die Aufnahmen des Albums entstanden
auf einer Reise durch das französische Marokko und Algerien. Das Album enthält
keine Zeitangaben und wir bekommen auch den Fotografen auf keinem der Bilder
zu Gesicht - ob aus zwinglianischer Bescheidenheit oder weil die Nachfahren die
Bilder entwendet haben, bleibt unklar. Gehen wir davon aus, dass A.W. ein ganz
gewöhnlicher Schweizer aus der Mittelschicht war, der sein einmaliges Abenteuer
auf dem Motorrad fotografisch festhielt, kunsthistorisch also von keiner Relevanz.
Und nehmen wir dennoch sein kleines Werk mit den darin verborgenen Themen,
als Ausgangspunkt für eine künstlerische Auseinandersetzung.
So stellen sich beim Durchblättern jede Menge Fragen und man versucht zu deuten
und zu interpretieren. Themen wie Reisen, Fremde, Seefahrt, Vorurteile, 50er Jahre,
aber auch Selbstreferentialität der Fotografie, Design, Archiv, usw. sind im Album
virulent und laden zur Auseinandersetzung ein. Bereits einmal rückte das Album
ins Zentrum des Interesses, als es bei einer Aktion der forschungsgruppe_f mit
Besuchern des Stuttgarter Kunstvereins visioniert und diskutiert wurde, und daraus
diverse neue Rückschlüsse gezogen werden konnten.
Neben einer Vielzahl an Fotografien besteht das Album aus sorgfältigst ausgeführten Ornamenten und Bildunterschriften. Eine da von „HUSCH – SIE IST VORÜBER!
FEHL–AUFNAHME!“ eröffnet ein Nachdenken über den entscheidenden Augenblick
und führt unweigerlich zur Frage: Vermag die Fotografie zu zeigen, was ihr entgeht?
Die Räumlichkeiten der Ausstellung sind über zwei Städte verteilt und setzen sich
aus dem Kunstraum Reto Ganz in Zürich und der Oberwelt e.V. in Stuttgart zusammen. Nur wenn eineR eine Reise tut setzt sich die Ausstellung ganz zusammen.
Bitten, auffordern und sich bedanken!
Bitten, auffordern und sich bedanken!
C-Prints auf Alu, 28x40cm
Echolot
BINZ39, Zürich
2014
Aus der Serie „Bitten, auffordern und sich bedanken“
Bitten, auffordern und sich bedanken!
Wörter und Sätze sind nicht wie Backsteine, sondern gleichen eher
chemischen Elementen, die je nach Kombination und Kontext neue
Verbindungen mit neuen Bedeutungen eingehen.
Wörter können wie Gummi gedehnt und verbogen werden.
„Lisa Biedlingmaier realized for the exhibition „Echolot“ the new
work „Bitten, auffordern und sich bedanken!“. During the preparatory works for the exhibition Biedlingmaier stumbled on index
cards that students often use for learning a new language. She was
surprised and irritated about the contents and possibilities for
interpretation that they have, depending on the topic one has in
mind.
In this case it is the exhibition frame, the two countries Georgia
and Switzerland, with all their possible complexity. The viewer is
invited to make his/hers own analysis and then even maybe to
analyze that.“
Irene Grillo
“Zwischen den Kulturen steht das Wort. „Bitten, auffordern und sich
bedanken!“ von Lisa Biedlingmaier zeigt die problematische Bedeutungsverschiebung im Übersetzen von einer in die andere Sprache.
Denn zu wissen, was der andere unter etwas Bestimmtem versteht,
heisst, sich in seine Welt zu begeben, zu verstehen versuche, wie
es um seine/ihre Weltsicht steht.“
Andreas Hagenbach und Kathrin Borer
Exhibition walls I - III
„Exhibition walls I - III“
3 Holzwände mit Farbe, Tapete
Kunstverein Wagenhallen e.V., Stuttgart
2014
Ausstellungswände 3er Stuttgarter Kunstinstitutionen:
Kunstmuseum Stuttgart /
Württembergischer Kunstverein /
Künstlerhaus Stuttgart
Ausstellungswände (stellvertretend für Kunstinstitutionen)
können als Möglichkeiten, aber auch als Hindernisse angesehen werden. Der Wunsch nach Anerkennung kann durch
die Möglichkeit einer Ausstellung sich erfüllen oder ein
Wunsch bleiben, wenn die Einladung ausbleibt.
Die Wagenhallen sind ein Ort an dem ca 80 Künstler ihre
Ateliers und Werkstätten haben. Die Wände wurden an den
Ort der Kunst-Produktion geliefert und den Künstlern zur
Verfügung gestellt.
undefined
Filmstil aus „undefined“
HD-Video
Kunstverein Wagenhalle e.V., Stuttgart
2014
Stefan Burger
Filmstil aus „undefined“
HD-Video
Werner von Mutzenbecher
https://vimeo.com/127058903
„undefined“, Installationsansicht
Martine Ulmer
Nicolas Vermot Petit-Outhenin
https://vimeo.com/127345344
Das Atelier wurde über Jahrhunderte nicht nur in seiner pragmatischen Funktion als
Werkstätte oder gedankliches Laboratorium registriert, sondern in viel grösserem Masse
als ein Ort empfunden, an dem die Prämissen für die individuelle künstlerische Identität
ergründet werden können.
Das Interieur, ob Privatzimmer oder Arbeitszimmer liefere Indizien über die in ihm wohnende
bzw. arbeitende Persönlichkeit.
Sieben Künstler wurden aufgefordert zu einer von ihnen ausgewählten Musik sich im Raum
zu bewegen bzw ihrer Arbeit nachzugehen.
Cat Tuong Nguyen
Reve Ta Stogne
HD-Video, 11 min, 2 Kanal Projektion Installation
Wagenhallen ausser Haus
Galerie der Stadt Backnang
2013
It was empty land, only snow and we had to remove the snow
and dig a ditch.
„Reve ta stogne“
HD-Video; 11 min
There were some really good singers in the group, real profis.
We had to sing in Ukranian, “Reve ta stogne”. We had to learn it
first, the Ukrainian song.
https://vimeo.com/73560440
Reve Ta Stogne
“Storytelling reveals meaning
without committing the error
of defining it.”
Hannah Arendt
Wie erzählt man eine Geschichte?
Im Roman „Atemschaukel“ von Herta Müller wird das
Schicksal eines jungen Rumäniendeutschen beschrieben,
der nach dem Zweiten Weltkrieg zur Wiedergutmachung
für fünf Jahre in ein Arbeits-/Konzentrationslager in die
Ukraine verschickt wird. Herta Müller wurde für die Sprache, die sie fand, um dem Unbeschreiblichen Ausdruck zu
verleihen, mit einem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet.
Lisa Biedlingmaier ist mit ähnlichen Geschichten aufgewachsen. Ihre Grosseltern waren Russlanddeutsche, die im
Zweiten Weltkrieg nach Sibirien in Arbeitslager deportiert
wurden. Dennoch war es die „Atemschaukel“, die ihr das
Leid dieser Menschen erst vor Augen führte.
Es stellte sich die Frage: Braucht es Schriftsteller, Filmemacher oder Künstler als Vermittler von Geschichten? Die
Erzählweise, mit allem was dazu gehört, - der Dramatik,
der Intensität, der Wort- und Formwahl - ist ein grosser
Bestandteil einer Geschichte und das Zusammenspiel dieser Faktoren entscheidet über die Tatsache, ob die Geschichte erzählens- und erinnernswert ist. Eine Geschichte
braucht Publikum, und der Weg ins kulturelle Gedächtnis
führt über ein breites Interesse oder Mitgefühl.
Auf verschiedene Weisen versucht Biedlingmaier, sich an
die Thematik heranzutasten. In der Arbeit „Katharinenfeld - Luxemburg - Bolnisi“ führte sie Interviews mit ihren
Verwandten (der älteren Generation). Drei Frauen erzählen vor der Kamera vom Erlebten im Kaukasus, in Sibirien,
in Deutschland. Autobiographische Zeitzeugenberichte
in den Wirren der Weltgeschichte - und doch mit einem
gemeinsamen Schicksal, das stellvertretend für ein ganzes
Volk steht.
Ein Interview wurde zur Grundlage für eine weitere Arbeit: „Reve ta stogne“. Die Geschichte der Grosstante Edith
Biedlingmaier wird in einer Mischform aus Film und Dokumentation als Theaterprobe inszeniert.
Durch das noch offene Ergebnis wird der Zuschauer in den
Prozess der Entstehung und der Interpretation mit einbezogen, denn das Theaterstück ist noch in der Formfindung. Ausser ein paar Requisiten ist die Bühne leer, und
die Schauspieler lesen ihren Text vom Blatt ab. Der Inhalt
wird transformiert, jedoch ohne festgelegte Form.
Doch nicht nur das Formale wird in den Vordergrund
gestellt. Die Eigenschaften des Sich-Erinnerns werden
aufgefächert. Die 88-jährige Erzählerin bekommt ihr
junges Pendant an die (ihre) Seite gestellt. Ein Wechsel
zwischen den Beiden veranschaulicht die verschiedenen
Sichtweisen, die sich durch die Zeit transformieren.
Eine Beziehung zwischen zwei Frauen, die ein- und
dieselbe sind.
Die Erzählung wird auf mehrere Monitore aufgeteilt,
um die Diskrepanz zwischen dem Erlebtem und der
Erinnerung zu zeigen.
Im Verlauf der Geschichte ändert sich die Interpretation
des vermeintlichen Schicksals mehrmals. Wendepunkte
im Leben werden immer wieder neu bewertet. Die eindeutige Zuordnung des Guten und Bösen hebt sich auf.
Das Heimweh des Ukrainischen Lagerchefs führt zur
Schicksalswende und somit zum Überleben der jungen
Frau.