Rooming-In-Behandlung - Kurzkonzept und Leitbild

LVR-Klinik Bedburg-Hau
Sternbuschklinik
Wadtbergklinik
Fürstenbergklinik
Kurzkonzept und Leitbild
LVR-Klinik Bedburg-Hau
Wadtbergklinik
Tagesklinik 50.8
Bahnstraße 6
47551 Bedburg-Hau
Tel 02821 813150, Fax 02821 813198
Kurzkonzept und Leitbild
LVR-Klinik Bedburg-Hau
Sternbuschklinik
Depressionsstation
47533 Kleve, Nassauerallee 93-97
Tel 02821 81-3001 Fax 02821 81-3099
LVR-Klinik Bedburg-Hau
Fürstenbergklinik
Fürstenbergstr. 1
47608 Geldern
Tel 02831 1333-128
Fax 02831 1333-129
Rooming-In-Behandlung
des
Allgemeinpsychiatrischen Bereiches II
Warum Rooming-In?
Kurzkonzept und Leitbild für Rooming-In-Behandlung der
Tageskliniken und der Depressionsstation der Sternbuschklinik des Allgemeinpsychiatrischen Bereiches I
(Leitung Dr. Marie Brill), der LVR-Kinik Bedburg-Hau
Erfahrungsbericht:
Ende 1997 haben wir uns entschlossen, Rooming-In (psychisch erkrankte Mutter mit Kind) auf einer offenen Station anzubieten, da
eine uns zuvor aus stationären Vorbehandlungen bekannte Patientin erneut im Rahmen der Schwangerschaft
erkrankt war. Die zu der Rezidiv-Prophylaxe
erforderlichen Neuroleptika waren in
Abstimmung mit der hiesigen Institutsambulanz abgesetzt worden, worauf die Patientin
eine gesunde Tochter gebar. Nach Entlassung aus dem somatischen Krankenhaus
hatte sich zu Hause eine zunehmende Überforderungssituation eingestellt.
Sie wurde zunächst auf einer geschlossenen Station auf eine ihr
bekannte Medikation eingestellt und nach Remission der akuten
Symptomatik konnte sie dann alsbald auf die o. g. offene Station
verlegt werden.
In Zusammenarbeit mit der vorbetreuenden Hebamme musste
wegen der Medikation mit einem pflanzlichen Präparat abgestillt
werden. Die Kooperation sowohl mit dem Gynäkologen als auch mit
der Hebamme gestaltete sich problemlos, so dass wir nach einwöchiger Vorbereitungszeit mit dem Rooming-In beginnen konnten:
Die zunächst nur unsichere Erstgebärende profitierte vom Erfahr-
Wir, die multiprofessionellen Teams der TK Wadtbergklinik
(Bedburg-Hau),der Depressionsstation der Sternbuschklinik (Kleve)
sowie der TK Fürstenbergklinik (Geldern) haben uns mit Unterstützung unserer Abteilungsärztin entschlossen dieses Angebot des
Rooming-In auch weiterhin routinemäßig anzubieten und das aus
medizinisch ganzheitlichen sowie humanistischem Aspekt, um
psychisch erkrankten Müttern Schuldgefühle der Trennung und des
nicht versorgen Könnens ihres Kindes zu ersparen. Der milieutherapeutische Aspekt einer solchen Maßnahme ist ebenfalls nicht
zu unterschätzen!
Für die Teams
H. Reinartz
Arzt für Psychiatrie/
Psychotherapie
Oberarzt
Voraussetzungen an das Kind:
 Dieses sollte in der Regel nicht älter als 9 Monate alt sein, da für
ein „laufendes Kind“ die Station nicht ausgerichtet ist und eine
Gefährdung des Kindes nach Möglichkeit ausgeschlossen werden
sollte.
 Das Kind sollte nicht an einer gravierenden Erkrankung leiden.
Zusammenfassung und Ausblick:
Um unseren hohen Qualitätsanspruch der Mutter und KindBehandlung zu sichern und zu verbessern, haben wir uns mit
anderen 13 Kliniken aus
Nordrhein-Westfalen
einer
Arbeitsgruppe angeschlossen,
die regelmäßige Treffen beinhaltet. Ferner werden wir
diese intensive Behandlung
mit einem externen Supervisor
besprechen.
Rooming-In ist keineswegs eine „Routinebehandlung“ auf einer offenen Station, sondern sehr personalintensiv, was jedoch durch die
Krankenkassen auch finanziell honoriert werden müsste, zumal in der
Regel Wartezeiten für psychisch erkrankte Mütter auf einen solchen
Platz bestehen. Die Rechtsgrundlage zur Finanzierung einer solchen
Behandlung ist im § 38 des SGB5 sowie § 199 RVO (Haushaltshilfe bei
Schwangerschaft und Entbindung) verankert.
Bei PEPP-Abrechnung: Ziffer 9 – 643 – (0-7)
Dies sieht einen Satz von ca. 55,-Euro vor, der aus psychiatrisch/
psychotherapeutisch/ psychosomatischer Sicht gut angelegt sein
sollte, gerade im Hinblick auf die Prophylaxe „früher Störungen“, die
bei Eintreten enorme Kosten und Leid verursachen.
ungsfundus erfahrender Elternteile in der Reihe des therapeutischen Personals und auch in ihre Patientinnen und Patienten. Die
Patientin gewann als bald Vertrauen in ihren Erziehungsstil und
Umgang mit dem Kind, als auch in ihre Mitpatienten, die Mitverantwortung übernahmen. Man gewann den Eindruck, dass die Station
für eine Weile Familienersatz für die Patientin bedeutete. So war
selbstverständlich, dass das Kind bei der Stationsversammlung mit
anwesend war. Bei therapeutischen Aktivitäten der Mutter wie
Back- oder Gesprächsgruppe passten Mitpatienten oder therapeutisches Personal auf das Kind auf, so dass diese sich auf ihre Therapie konzentrieren konnte.
Ein Doppelzimmer war ganz nach den Ansprüchen des Rooming-In
umstrukturiert worden, wobei es sehr wohnlich wirkte. Später wurde auch ein Einzelzimmer für diese Zwecke gestaltet. Bereits an der
Eingangstür der Station machte ein Schild „Baby an Bord“ auf die
besondere Situation aufmerksam, welches nach kurzer Eingewöhnungszeit etwas völlig normales darstellte und eine „weiche Atmosphäre“ auf der Station verbreitete.
Aus psychiatrischer Sicht konnten aus den bisherigen Erfahrungen,
auch späterer Patientinnen, nur positive Aspekte des Rooming-In
aufgezählt werden: Patientinnen können ihre Schuldgefühle, dass
sie krank geworden sind und dadurch ihr
Kind zeitweise nicht versorgen konnten,
rasch abbauen. Gleichzeitig entwickelt
sich eine zunehmende Sicherheit im Umgang mit dem Baby. Sie gewann auch Erfahrung damit, das Kind abzugeben und
das dieses gut aufgehoben ist. Gerade im
Hinblick auf Bindungstheorien von Bowlby und Strauss scheint dies
für die spätere Gesundheit des Kindes prophylaktisch wirksam zu
sein. Bisherige statistische Auswertungen weisen auch darauf hin,
dass die Genesung der Mütter rascher und durchgreifender erfolgt.
Seit Anfang 2003 bieten wir diese spezielle Behandlungsform in
beiden Erwachsenen-Tageskliniken der AP 1 an.
Nachdem anfänglich noch vieles bezüglich der Ausstattung improvisiert werden musste, halten wir nun eine komplette BabyAusstattung vor, zumal wir in Zukunft dieses Angebot regelmäßig
psychisch erkrankten Frauen mit Babys anbieten wollen, zumal unsere Erfahrungen bislang ausschließlich positiv waren. Dies liegt
auch sicherlich daran, dass unsere Auswahlkriterien für dieses
spezielle Behandlungsangebot sorgfältig zusammengestellt
wurden. Begünstigt wurde die rasche Implementierung dieses
neuen spezifischen Angebotes dadurch, dass das multiprofessionelle Team (speziell medizinisches Personal) auf einen Fundus von
alten erfahrenen und jungen qualifiziertem Personal sich zusammensetzt, die überwiegend junge Elternteile als auch Großelternparts sind oder waren. Als ein Qualitätsverbesserungsprojekt in
unserer Klinik (EFQM-Modell) wurde dieses durch externe Supervision begleitet und es wurden Leitlinien erstellt, die wir durch Teilnahme an einer überregionalen Arbeitsgruppe abgleichen.
2015 konnten wir das Angebot auf unserer Depressionsstation der
Sternbuschklinik ausweiten.
Voraussetzungen an das hiesige Setting:
 Das komplette Team übernimmt Verantwortung
für das Kind
 Wir sind nicht grundsätzlich „die bessere Mutter“, bieten aber Hilfestellung an bzw. greifen
ein, wenn Dinge nach unserem Ermessen nicht
verantwortbar sind!
 Unterstützung durch das zuständige Jugendamt,
wenn Schwierigkeiten bei der Versorgung des Kindes auftreten,
die wir nicht lösen können.
 (juristische und finanzielle) Unterstützung durch den Vorstand/LVR als Träger.
 Enge Kooperation mit Hebamme/Gynäkologe bei Säuglingen
(postpartum) bzw. Kinderarzt.
 Aufnahme Mutter/Kind in einem entsprechenden Einzelzimmer.
 Die Gruppendynamik auf der Station lässt dies zu bzw. nach Aufnahme werden die Mitpatienten nach bestimmen Kriterien ausgewählt.
Voraussetzungen an die Mutter:
 Die teilstationäre bzw. stationäre Aufnahme erfolgt nach ambulantem Vorgespräch mit Oberarzt und Vertreter der Pflege, um
zu überprüfen, ob die Mutter infolge ihrer psychiatrischen
Erkrankung dennoch in der
Lage ist, eine Teilverantwortung für die Versorgung des
Kindes zu tragen, die unabdingbar ist.
 Nicht aufgenommen werden
Mütter mit Suchterkrankungen
im Vordergrund und perakute
Psychosen mit akuter Eigenund Fremdgefährdung.
 Psychiatrische Erkrankungen, die teilstationärer Behandlung
bedürfen (ärztliche Einweisung zur Krankenhausbehandlung
liegt vor).
 Freiwilliger Behandlungsmodus mit Geschäftsfähigkeit der
Mutter.