Sonderdruck profi Welger CB - DE

SONDERDRUCK
aus 12/2015
Lely Continuous Baling:
Kontinuierlich pressen Lely hat mit dem Continuous Baling-Konzept eine Rundballenpresse entwickelt, die erstens
non-stopp presst, ohne anzuhalten — und zweitens die Ballen von Anfang an verdichtet.
Lely Deutschland GmbH
Industriestraße 8-10
89367 Waldstetten
Tel.: +49 8223 401 0
[email protected]
www.lely.com
Fahrbericht
Ohne anzuhalten Rundballen pressen, das schafft was. Während des Fahrberichtes war alle 35 Sekunden ein 1,55-m-Ballen fertig. Fotos: Brüse
Lely Continuous Baling:
Kontinuierlich pressen Lely hat mit dem Continuous Baling-Konzept eine Rundballenpresse entwickelt, die erstens
non-stopp presst, ohne anzuhalten — und zweitens die Ballen von Anfang an verdichtet.
Christian Brüse
R
undballen pressen ohne anzuhalten: Gemeinsam mit dem amerikanischen Unternehmen Vermeer
(Land- und Baumaschinen) haben
die Ingenieure aus Maassluis (Lely) und Wolfenbüttel (ehemals Welger) das „Continuous
Baling“-System (CB) entwickelt.
Clou der Presse ist, dass der Riemen
das Pressgut von Beginn an verdichtet. Eine sammelnde Vorkammer oder Ähnliches gibt es nicht. Des Weiteren kann die
CB variable Ballengrößen zwischen 0,90 bis
1,80 m (bei 1,20 m Breite) pressen. Das tut
sie mit Hilfe von zwei Presswalzen und weiteren 22 Umlenk- bzw. Spannrollen und mit
einem 1,20 m breiten, wirklich endlosen
Mono-Riemen von sage und schreibe 22 m
Länge.
Bei sämtlichen Walzen haben die Ingenieure
in die vorhandenen Regale gegriffen, um
profi 12/2015
Pickup, Rotor und die übrigen Aufnahmen entsprechen denen der bekannten Welger-Pressen,
vor allem denen der RP 445.
www.profi.de
online Video
möglichst wenig neue Teile an der Presse zu
verbauen. Daher stammen auch die fünfreihige, ungesteuerte Pickup mit 2,10 m Breite
nach DIN und auch der Rotor mit zwei Sternen und 1,20 m Breite sowie 520 mm Durchmesser aus Welger-Beständen; in diesem
Fall aus der RP 445. Dasselbe gilt für das
XtraCut-Schneidwerk mit zurzeit maximal
17 Messern (0/8/9/17).
Die Umlenkung
des 22 m langen
Riemens kann zur
Straßenfahrt entspannt
werden. Die Leitungsund Kabelverlegung
will Lely natürlich
noch optimieren.
Der Antrieb der Maschine erfolgt mit
1 000 Umdrehungen, die von der
Gelenkwelle an die Maschine in ein Verteilergetriebe übertragen werden. Hier erfolgt
der Antrieb einer Hydraulikpumpe, die alle
wichtigen Verbraucher mit Öl versorgt. Nach
der Pumpe folgt eine in Zukunft elektro-hydraulische Kupplung (derzeit noch mechanisch), die den Kraftfluss zum Riemen- (linke
Maschinenseite) und Rotorantrieb (rechts)
unterbrechen kann. Beide Antriebe sind mit
einer Nockenschaltkupplung gegen Überlastungen gesichert.
Der Tank der Bordhydraulik fasst 70 l. Einen
Ölkühler braucht es nicht, denn die Pumpe
arbeitet nur bei Bedarf.
Die eigentliche Ballenbildung erfolgt
zwischen den sogenannten Discs —
den „Seitenwänden“ der Presse. Diese
drehbaren Scheiben bilden zusammen mit
dem Riemen die Ballenkammer. Die Spannung des Riemens erfolgt hydraulisch, und
der Ballen wird normal bis zum Erreichen
des gewünschten Durchmessers gebildet.
Fahren kann man dabei so schnell, wie man
es gewohnt ist. Der Fahrer wird auf dem Display über den Pressfortschritt des Ballens
informiert. Ist der Zieldurchmesser erreicht,
startet der Ballentransferprozess und damit
auch die Bindung selbsttätig.
Systembedingt befindet sich die Netzrolle
am Maschinenheck. Die Bindeeinheit stammt
vom Entwicklungspartner Vermeer, der entsprechende Erfahrung mit dieser Position
hat. Fünf sehr flache Federstähle drücken
das Netz an den Riemen, der es erfasst und
entlang der Stähle mit in die Kammer nimmt.
Mit dem Start der Bindung spielt die
CB dann ihre „kontinuierlichen“
Trümpfe aus: Die Discs fangen mithilfe
des „Drivearms“ an, sich zu drehen. Der
Drivearm ist ein hydraulisch betätigter Arm
mit Fanghaken. Er greift um einen Stehbolzen auf der Scheibe und dreht sie so um 40°
nach vorne. Das wiederholt sich ein Mal, die
Scheibe hat sich dann um 80° gedreht. Der
Arm fährt jedoch noch ein weiteres Mal aus
und greift sich den nächsten Bolzen. Zeitprofi 12/2015
gleich liegt etwa ein Drittel der ersten Netzlage auf dem Ballen — das gibt ein Gefühl für
die Schnelligkeit des Vorgangs.
Mit den Scheiben drehen sich zwei
als Discwalzen bezeichnete Walzen,
die zwischen den Scheiben angeordnet sind.
Sie sind der Dreh- und Angelpunkt des Systems. Nach nun 80° Drehung befinden sie
sich genau vor den beiden Presswalzen.
Nun tritt der Drivearm noch mal in Aktion
und dreht wieder die Scheiben. Nun jedoch
um 80°. Dabei passieren die Discwalzen die
Einfüllöffnung und der Förderkanalboden
senkt sich ab, um für einen sehr kurzen
Moment Raum für das Pressgut zu schaffen.
So kann jetzt zwischen den Presswalzen und
dem Riemen der neue Ballen starten.
Zu diesem Zeitpunkt hat der vorhergehende
Ballen die erste Netzlage komplettiert. Die
80° sind jedoch noch nicht vollendet.
Die „Heckklappe“ senkt sich hydraulisch
vertikal aus ihren Verriegelungstaschen und
fährt ebenfalls hydraulisch horizontal nach
hinten. Direkt danach wird eine der beiden
Discwalzen in der frei gewordenen Position
von einer Tasche festgehalten und die Walzen trennen sich: Die „bleibende“ begrenzt
den Raum für den neuen Ballen. Die „wandernde“ begleitet den fertigen Ballen.
Die Hydraulikpumpe sitzt auf der Deichsel, der
dazugehörige Tank auf der rechten Maschinenseite. Die wichtigsten Funktionen der Maschine
werden von hier aus versorgt.
Das Öl, was ab jetzt aus dem Drivearm-Zylinder verdrängt wird, wandert
in die horizontalen Heckklappenzylinder
und sorgt so für eine Parallelverschiebung
nach hinten. Währenddessen wird die Bindung abgeschlossen, und die Heckklappe
öffnet sich. Der Ballen fällt auf die Rampe
und somit aus der „Kammer“. Radsensoren
registrieren die Strecke; und sobald der Weg
wieder frei ist, schließt die Klappe wieder
auf ihrem vertikalen Weg.
Während der Heckklappenbewegung fährt
der Drivearm wieder aus und greift sich den
Die beiden rot lackierten Discwalzen wandern
während der Arbeit nach unten, passieren die
Presswalzen und bilden eine neue Kammer.
www.profi.de
Fahrbericht
Bei Störungen kann die Maschine in die als
„Home Position“ bezeichnete Grundstellung
gefahren werden. All diese Funktionen können über das ISO-Bus-Terminal in der
Schlepperkabine aktiviert werden. Dann
sind alle Baugruppen gut zugänglich, und
der Riemen ist entspannt. Die Position
kommt auch bei der Straßenfahrt zum Einsatz, denn dann ist die aufwändige Riemenführung an der Vorderseite der Maschine
abgesenkt und die CB ist erheblich niedriger
als im Arbeitsmodus.
Was kompliziert klingt, funktioniert
in der Praxis einwandfrei. Die Ingenieure haben bei der Abstimmung und Steuerung der Hydraulik so lange experimentiert, bis alles passte. Außerdem klingt die
Funktionsbeschreibung in der Tat länger und
aufwändiger, als sie es in der Praxis ist.
Bei unserem Fahrbericht in sehr trockenem
Weizenstroh lief die CB einwandfrei. Die Ballen waren tatsächlich vom innersten Kern
an verdichtet und top geformt. Gepresst
haben wir Ballen mit 155 cm Durchmesser.
Bei einem Schwad eines etwas sechs Meter
breiten Mähdrescher-Schneidwerks fiel
durchschnittlich alle 35 Sekunden (!) ein fertiger Ballen aus der Kammer — das sind
inklusive Wendezeiten deutlich mehr als 100
Ballen in der Stunde. Die Dichte der Ballen
braucht sich dabei nicht zu verstecken und
soll nach eigenen Angaben immer mindestens der einer RP 445 entsprechen. Wir
haben beispielsweise während des Fahrberichts zehn Ballen gewogen und ein durchschnittliches Gewicht von 286 kg ermittelt.
Normalerweise laufen alle Funktionen automatisch ab. In hängigen Lagen
oder sollte sonstiger Bedarf sein, können
jedoch die Bindung und die Ballenablage
auch manuell erfolgen. Das unterbricht
natürlich alle damit in Zusammenhang stehenden Folgefunktionen, die wiederum
automatisch angepasst werden.
Es gehören immer zwei Discwalzen (eine fixe
und eine bewegliche) zusammen. Ein Hydraulikzylinder (hier nicht zu sehen) greift hinter
die Bolzen (Pfeil) und dreht die Discs.
profi 12/2015
Europa gepresst. Für das Jahr 2016 rechnet
Lely derzeit mit einer begrenzten Stückzahl.
Ab 2017 ist die Presse dann voraussichtlich
voll verfügbar.
Details in Kurzfassung:
■■ Die Netzbindung ist für alle gängigen
Netze geeignet, die Aufnahme fasst Rollen
bis zu 4 500 m Länge. Eine Garnbindung
wird es nicht geben.
■■ Die Bedienung und Überwachung der CB
erfolgt über das bekannte Lely-Terminal.
Dort ist die Presse schematisch abgebildet,
und der Fahrer wird aktuell über alle laufenden und anstehenden Arbeitsschritte
informiert.
■■ Der 22-m-Mono-Riemen wurde speziell
für die Presse entwickelt und gefertigt.
Fazit: Lely hat mit dem Continuous-
Die Netzbindung stammt vom
Entwicklungspartner Vermeer
und befindet sich am Maschinenheck. Die Federstähle
pressen das Netz an.
Die Maschine wird Lely nur mit
Untenanhängung ausliefern. Als Bereifung stehen entweder eine 620er- oder eine
710er-Variante zur Wahl, das kommt dem
Maschinengewicht von etwa 7 t entgegen.
Auf der Straße ist ein Transport mit bis zu
40 km/h zulässig.
Derzeit befinden sich insgesamt sieben
Maschinen in der Vorserien-Phase und
haben diesen Sommer in Nordamerika und
Der horizontale Hydraulikzylinder öffnet die
Kammer und schließt sie wegabhängig wieder.
Ein entsprechender Sensor sitzt am linken Rad
des Fahrwerks.
Baling-System in der Tat eine Revolution auf
die Beine gestellt: nonstop variable Rundballen ohne Vorkammer zu pressen — das
ist wirklich neu. Die CB ist eine Maschine mit
einer Vielzahl an Hydraulikfunktionen und
mechanischen Elementen.
Entsprechend komplex ist
die reibungslose Steuerung
der Maschine.
In diesem Sommer sind die
bisher gebauten Maschinen
laut Lely schon weitgehend
störungsfrei gelaufen —
genauso wie die Maschine,
die wir für den Fahrbericht eingesetzt
haben. Jetzt geht es ans Feintuning, damit
im kommenden Jahr die ersten CB an ausgewählte Endkunden gehen. Den voraussichtlichen Preis der CB konnte uns Lely
noch nicht nennen.
Datenkompass
Lely Continuous Baling
System
System
Variable Kammer
BindungNetz
Ballenmaß
(Breite/Ø)
1,20/1,00 bis 2,00 m
Pickup-Breite (DIN)
2,25 m
Pickup-Bauart 5 Reihen, ungesteuert
Einzug3-Stern-Rotor
Messer (Gruppen) max. 17 (0/8/9/17)
Schnittlänge
45 mm
Kammer
1,20 x 22 m Endlosriemen
Bereifung
max. 710/40-22.5
Besonderheiten
Variable Kammer,
Bordhydraulik für alle Funktionen
Herstellerangaben
www.profi.de
profi · 48084 Münster · Internet: www.profi.de · E-Mail: [email protected] · Telefon +49 (0)2501/801-69 61 · Telefax +49 (0)2501/801-35 90
vierten Bolzen auf der Scheibe. Die Klappe
schließt den restlichen Weg ab. Dann drückt
ein weiterer Zylinder die „verbliebene“
Discwalze aus der Tasche und führt die
zusammengehörenden Walzen wieder
zusammen. Der Heckklappenboden hebt
sich mithilfe zweier aufrechter Zylinder wieder in seine Verriegelungsposition.
Der Drivearm dreht die Scheiben jetzt noch
mal um weitere 20°. In Summe haben die
Scheiben nun um 180° gedreht.