Der nichtnatürliche Tod – Hitze, Kälte, Strom, Blitzschlag OA PD Dr. med. Fred Zack, Institut für Rechtsmedizin Direktor: Prof. Dr. med. Andreas Büttner Thermische Energie 2 - Hitze - Kälte Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Norddeutsche Neueste Nachrichten 02.11.2015 3 Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Thermische Energie - Hitze 4 Definition: Verbrennung: Hitzeschäden durch Hitzeabstrahlung, direkten Kontakt mit Flammen und heißen Gegenständen Verbrühung: Kontakt mit heißer Flüssigkeit Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Thermische Energie - Hitze 5 - Schädigungen der Haut bei Temperaturen über 44°C - Schädigungsintensität abhängig von der Art der Hitzezufuhr und der Einwirkzeit - Einwirkzeit: bei 44°C mehrere Stunden, bei 60°C wenige Sekunden Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Thermische Energie – Hitze – Gradeinteilung 1 - 4 6 Hitzeschäden der Haut: Gradeinteilung Grad 1: Hautrötung (Erythem) durch Kapillarerweiterung Grad 2: Blasenbildung der Epidermis Grad 3: Nekrose durch Hitzekoagulation Grad 4: Verkohlung mit zum Teil tiefliegenden Schädigungen Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Thermische Energie - Hitze 7 Prognose: - Prognose nach Hautschädigung durch Hitze hängt u. a. von deren Ausdehnung ab - Ausdehnung wird beim Erwachsenen nach der sog. Neunerregel bestimmt - ab ca. 70 % Verbrennungen stirbt auch der zuvor Gesunde, bei Kindern schon deutlich weniger Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Thermische Energie - Hitze 8 Häufige Todesursachen bei akutem Tod: - akute Rauchgasvergiftung (CO, Zyanide) - akuter Verbrennungstod (z. B. Massenkarambolage BAB 19) Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Thermische Energie - Hitze 9 Häufige Todesursachen bei protrahiertem Todeseintritt: - Schock und Folgen - Toxische Organschäden durch Proteinzerfall - Stressulkusblutungen - Sepsis Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Thermische Energie - Hitze 10 Brandleichen – äußere Befunde: - Hautschädigungen mit angesengten Haaren - sog. Fechterstellung der Leiche durch hitzbedingte Muskelschrumpfung - avital erscheinende Risse durch Hitzeschrumpfung - Sprengung des knöchernen Hirnschädels bei Verkohlung des Kopfes Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Thermische Energie - Hitze 11 Bei Verbrühungen fehlen grundsätzlich - Verkohlungen der Haut - angesengte Haare Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Thermische Energie - Hitze 12 Brandleichen – innere Befunde (1): - abhängig von der Intensität der direkten Brandeinwirkung - sog. Brandhämatom (durch Blutverkochung) zwischen Schädelknochen und Dura bei Verkohlung des Kopfes, kein Hinweis auf stumpfe Gewalteinwirkung - CO-Einatmung mit entsprechenden Farbveränderungen durch CO-Hb (kirschrotes Blut, lachsfarbene Skelettmuskulatur, hellrote Totenflecke) - Rußpartikel in der Trachea, den Bronchien, eventuell auch im Magen Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Thermische Energie - Hitze 13 Brandleichen – innere Befunde (2): - beim sog. Inhalationstrauma zum Teil Schädigungen der Atemwege durch heiße Gase bis hin zur therapieresistenten Lungenschädigung (toxisches Lungenödem) - Vergiftung durch Zyanide und andere Rauchgase insbesondere bei Verbrennen von Plastik möglich (mitunter niedriges COHb) Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Thermische Energie - Hitze 14 Kriminalistische Überlegungen / vitale Reaktionen (1) 1. Bei Untersuchung von potenziellen Brandstiftern ist besonders auf angesengte Haare (Haupthaar, Wimpern, Brauen) zu achten! 2. Bei Brandleichen Unfall, Suizid oder Tötung mit Leichenbeseitigung möglich! 3. Fechterstellung, Hautrisse, Schädelsprengung oder Brandhämatom entstehen ebenso postmortal und belegen deshalb nicht den Tod durch Hitzeeinwirkung! 4. Hohe CO-Hb-Werte (mindestens 10 %, bis über 70 %) und Rußeinatmung belegen die Vitalität, nicht jedoch vorhandenes Bewusstsein bei Brandausbruch! Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Thermische Energie - Hitze 15 Kriminalistische Überlegungen / vitale Reaktionen (2) 5. Ausgesparte „Krähenfüße“ der Augenwinkel ohne Ruß und Hautschäden sind auch als vitales Zeichen anzusehen (Zukneifen der Augen!). 6. Hitzeerytheme (Grad 1) der Haut sind in der Regel vital, können aber auch früh-postmortal entstehen. 7. Hitzeschäden der Grade 2-4 können rein postmortal entstehen. 8. Vor allem bei explosionsartiger Brandeinwirkung (z. B. durch Benzin) können erhöhte CO-Hb-Werte und Rußeinatmung auch beim zuvor Lebenden fehlen. Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Thermische Energie - Hitze 16 Differentialdiagnose: - Hautblasen auch bei Barbituratvergiftungen, beim allergischen LyellSyndrom (Toxikologische Untersuchung! Histologie!), bei Unterkühlung, bei Fäulnis - auch Strommarken sind nichts anderes als lokale Hitzeschäden - eine sichere Unterscheidung ist selbst durch Histologie nicht immer möglich Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Thermische Energie - Hitze 17 Rußaspiration -Kehlkopf Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Thermische Energie - Hitze 18 tiefe Rußaspiration (Bronchus, HE) Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Thermische Energie – Hitze – Hautrisse (postmortal) 19 Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock „Krähenfüße“ 20 Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Thermische Energie – Hitze 21 sog. Fechterstellung einer Brandleiche Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Thermische Energie – Hitze – Stresserosionen der Magenschleimhaut 22 Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Thermische Energie – Hitzschlag und Sonnenstich 23 Definition: Der sog. Hitzschlag ist eine Schädigung durch Anstieg der Körpertemperatur infolge Versagens der entsprechenden Regulationsmechanismen (ab 41°C Körpertemperatur Gefährdung, ab 42°C relativ hohe Letalität). Ein Sonderfall ist der Sonnenstich (Insolation) mit direkter Sonnenbestrahlung des Kopfes als unmittelbar auslösender Ursache. Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Thermische Energie – Hitzeschlag und Sonnenstich 24 Bei hohen Außentemperaturen – Konstanz der Körper-T durch Schwitzen Behinderung des Schwitzens oder Überschreiten der Kapazität – Hyperthermie Ungünstige Co-Faktoren: - hohe Luftfeuchtigkeit - innere Wärmeproduktion (schwere Arbeit, Fieber) - unsachgemäße Bekleidung - Windstille - alkoholische Beeinflussung Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Thermische Energie – Hitzschlag/Sonnenstich 25 Befunde: - Hautrötung (Vasodilatation) - graues Hautkolorit bei Versagen der zentralen Regulation - Kopfschmerzen - Bewußtseinstrübung, Delir, Koma - Tachykardie Innere Befunde meist unspezifisch - Hirnödem, Hyperämie - Purpura des Gehirns und der Meningen (Sonnenstich) Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Thermische Energie – Hitzschlag/Sonnenstich 26 Kriminalistische Überlegungen: - Risikoberufe (Stahlkocher, Soldaten beim Gepäckmarsch im Sommer) versorgungsrechtliche Aspekte - Verletzung der Aufsichtspflicht (Kinder in überhitzten Kfz etc.), fahrlässige KV, fahrlässige Tötung, Totschlag, Mord - Tierquälerei (Tiere in einem überhitzten Kfz) Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Thermische Energie – Kälte 27 Allgemeine Kälteschäden durch Unterkühlung entstehen als Folge nicht mehr kompensierbaren Wärmeverlustes des Körpers. Frost ist nicht unbedingt nötig!!! Gefahr schon bei Außentemperaturen von etwa 10°C im Freien! Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Thermische Energie – Kälte 28 Erhöhtes Risiko bei: - Kinder (Verhältnis Körpermasse – Körperoberfläche ungünstiger) - ältere Menschen - feuchte Umgebung (Kleidung etc.) - alkoholische Beeinflussung - Wind - fehlende Muskelarbeit - Unterernährung - psychiatrische Erkrankungen - sonstige Schwächung Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Thermische Energie – Kälte 29 Lokale Kälteschädigungen: Grad 1 Rötung (schmerzhaft) Grad 2 Blasenbildung (nicht mehr schmerzhaft) Grad 3 Nekrose durch lokale Ischämie Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Thermische Energie – Kälte 30 Allgemeine Unterkühlung - Stadien: - bis ca. 32°C Rektaltemperatur Gefühl des Frierens - zwischen 32°C und ca. 25°C Rückgang von Puls, RR und Atmung, Eintrübung, Vorhofflimmern - unter ca. 25°C Tod durch Kammerflimmern Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Thermische Energie – Kälte 31 Tod durch Unterkühlung – äußere Befunde: - können fehlen - scharlachrote bis braunrote, nicht unterblutete Hautverfärbungen bevorzugt über Knie und Ellenbogen – Kälteerytheme (Pathomechanismus unklar, vitales Zeichen) - hellrote Totenflecke (kein vitales Zeichen, cave: CO-Intoxikation) Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Thermische Energie – Kälte 32 Tod durch Unterkühlung – innere Befunde: - unspezifisch - zahlreiche Magenschleimhauterosionen – sog. Wischnewski-Flecke - herdförmige peripankreatische Kalkspritzer „Pankreatitis“ - unspezifische Myokard- und Leberschädigungen - streifige Einblutungen der Psoasmuskulatur Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Thermische Energie – Kälte 33 Kriminalistische Aspekte: - Unterkühlung im Binnenland (kein Schiffsunglück, keine Bergsteiger) betrifft fast ausschließlich Geschwächte (höheres Lebensalter, Morbidität, Alkoholisierte) - vor dem Bewusstseinsverlust kann ein Stadium des paradoxen Wärmegefühls („Kälteidiotie“) auftreten; Selbstentkleiden kann ein Sexualdelikt mit Todesfolge vortäuschen Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Thermische Energie – Kälte 34 Vitale Zeichen: - Kälteerytheme - Magenschleimhauterosionen - Psoasblutungen (selten) Wenn solche Unterkühlungsbefunde fehlen, kann eine Klärung nur über die Auffindungsumstände erfolgen Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Thermische Energie – Kälteerytheme 35 Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Thermische Energie – Lokale Kälteschädigung – Nekrose 36 Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Thermische Energie – Kälte 37 Magenschleimhauterosionen – Wischnewsky Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Elektrische Energie - Strom 38 - Stromunfälle häufig bei Arbeitsunfällen und Haushaltsunfällen! - Tödliche Unfälle keine Seltenheit! - Suizide und Tötungsdelikte (selten) durch elektrischen Strom! Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Elektrische Energie - Strom 39 Drei verschiedene Schädigungswege: 1. -elektrische Reizung des Körpers (bevorzugt: Herz, Muskulatur, ZNS) (elektrische Energie) 2. -thermische Schädigung durch strombedingte Hitze (Haut, Muskulatur) (thermische Energie) 3. -indirekte Schädigung durch z. B. Sturz nach Stromkontakt (mechanische Energie) Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Elektrische Energie - Strom 40 Vier Spannungsbereiche werden unterschieden: 1. Kleinspannung („Schwachstrom“ bis 65 V) – ungefährlich 2. Niederspannung (65 V – 1000 V) die haushaltsüblichen Wechselspannungen mit 220 V und 380 V sind dabei potenziell lebensgefährdend durch Reizung des Herzens 3. Hochspannung (1000 V bis 100 000 V) bei Unfällen meist schwere Verbrennungen, sog. Lichtbogenunfälle 4. Höchstspannung (über 100 000 V) sog. Lichtbogenunfälle Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Elektrische Energie - Strom 41 Schweregrad der Stromschädigung des Menschen abhängig von: - Stromdurchflussdauer („Kontaktzeit“) - Stromstärke im Körper Stromstärke hängt nach dem Ohm‘schen Gesetz U=RxI I=U:R neben der in der Regel vorgegebenen Spannung U vor allem vom Körperwiderstand R ab Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Elektrische Energie - Strom 42 Körperwiderstand R - entscheidend Hautwiderstand (bei trockener schwieliger Haut bis 1 Mio Ohm/cm2) - abhängig an Stromeintritts- und –austrittsstelle von Hornhautdicke, Hautfeuchtigkeit und sonstigen Schutzschichten - Gefahr durch Schwitzen (ca. 15fache Herabsetzung des Hautwiderstandes), barfuß auf feuchtem Untergrund - Verminderte Gefahr z. B. durch Schutzschichten (Gummistiefel, isolierender Boden) Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Elektrische Energie - Strom 43 Wechselstrom mit Frequenzen von 40 bis 150 Hertz (also auch die in Deutschland gebräuchlichen 50 Hertz) ist besonders gefährlich für die Erregungsleitung des menschlichen Herzens Herzkammerflimmern ist die typische Todesursache bei Unfällen mit Haushaltsstrom Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Elektrische Energie - Strom 44 Stromweg - weiterer wesentlicher Faktor für die Gefährlichkeit des elektrischen Stroms - Stromweg zwischen zumindest zwei für einen Stromfluss benötigten Kontaktstellen - Stromfluss über das Herz besonders gefährlich (in der Regel Arm - Arm oder Arm – Fuß) - Stromfluss zwischen zwei Fingern einer Hand führt nur zu lokalen Schädigungen Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Elektrische Energie - Strom 45 Äußere Befunde - Niederspannungsbereich: - Strommarken durch elektrothermische Schädigung an Kontaktstellen - Strommarken charakteristisches Aussehen: - zentrale Eindellung z. T. mit bräunlicher Verbrennung - blasser, „porzellanartiger“, blasenartig aufgeworfener Randwall Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Elektrische Energie - Strom 46 Strommarken: - eventuell Stromleitermaterialrückstände („Metallisation“) – Nachweis histochemisch, chemisch oder mittels Atomabsorptionsspektrometrie (AAS) Histologie von Strommarken: - Blasenbildungen („Waben“) in der Epidermis - büschelförmige Elongation der basalen Epidermiszellen („Palisadenstellung“) Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Elektrische Energie - Strom 47 Innere Befunde – Niederspannungsbereich: - beim akuten Stromtod unspezifisch, - erlauben keine Diagnosestellung! Spättodesfälle möglich! - infarktähnliche Myokardschädigungen, Crush-Niere, Multiorganversagen Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Elektrische Energie - Strom 48 Kriminalistische Aspekte (1): - Strommarken können klein sein und übersehen werden - sorgfältige Inspektion bei der Leichenschau!!! - Strommarken können uncharakteristisch aussehen (Verwechslung z. B. mit Warzen) - Strommarken können vollkommen fehlen (z. B. bei breitflächigen oder feuchten Kontaktstellen) - vor allem beim Stromtod in der Badewanne fehlen Strommarken sehr häufig – jeder Tod in der Badewanne ist bis zur Feststellung einer anderen Todesursache auf Stromeinwirkung verdächtig (z. B. Entfernung des Föns bei Tötung) Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Elektrische Energie - Strom 49 Kriminalistische Aspekte (2): Bei allen unklaren Todesfällen mit potenzieller Stromeinwirkung ist das Hinzuziehen eines technischen Sachverständigen unabdingbar! Übersehene tödliche Stromunfälle können zu weiteren Todesfällen (defektes Gerät) führen! Der Leichenschauarzt kann bei unsorgfältigem Vorgehen dann wegen fahrlässiger Tötung verurteilt werden (§ 222 StGB von Geldstrafe bis 5 Jahre Haftstrafe)! Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Elektrische Energie - Strom 50 Äußere Befunde - Hochspannungsbereich: - neben typischen Strommarken auch kraterförmige Durchschlagsstellen - großflächige Verbrennungen (Lichtbogenverletzungen, Berühren einer Hochspannungsleitung nicht notwendig, Nähe reicht) - mechanische Folgetraumen Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Elektrische Energie – Strommarken - Niederspannungsunfälle 51 Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Elektrische Energie – diskrete Strommarke 52 Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Elektrische Energie - Hochspannungsunfall 53 Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Elektrische Energie - Hochspannungsunfall 54 Thermische Nekrose Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Elektrische Energie – Hochspannungsunfall – Kasuistik 55 (Lichtbogen) 15 kV Deutsche Bundesbahn 1. Fall 14 Jahre, männlich, Klettern auf das Dach eines abgestellten Schüttgutwaggons Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Elektrische Energie – Hochspannungsunfall 15 kV Lichtbogen Deutsche Bahn 56 2. Fall 49 Jahre, männlich, Reparaturarbeiten an 15 kV-Leitung von Arbeitsplattform eines Reparaturwagens Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Blitzunfall - Unterschiede zu Hochspannungsunfällen! 57 - Elektrische Spannungen: mehrere 100 Mio Volt - Stromstärke: mehrere 100 000 Ampere - Temperatur: 25 000 – 30 000 °C - Zeitdauer der Blitzentladung: 0,02 - 0,04 sec Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Blitzunfall – übertragene Energieformen 58 1. durch elektrische Energie 2. durch thermische Energie 3. durch mechanische Energie Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Blitzunfall - Energieübertragung 59 5 Energieübertragungsmechanismen Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Blitzunfall – direkter Treffer (direct strike) 60 Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Blitzunfall – Schrittspannung (ground strike) 61 Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Blitzunfall – Überschlagseffekt (side splash) 62 Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Blitzunfall – Kontakteffekt (contact voltage) 63 Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Blitzunfall - leitervermittelter Unfall (wire mediated lightning injury) 64 Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Tödliche Blitzunfälle 65 - etwa 10-30 % aller Blitzunfälle enden tödlich - Rückgang der Todesfälle durch Blitzschlag in den industriell entwickelten Ländern - in Deutschland von ca. 100 Todesfällen 1950 auf 0-8 Todesfälle seit 2000 - in den USA von ca. 600 Todesfällen 1950 auf ca. 80 Todesfälle nach 2000 Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Blitzunfall – Ursachen des Rückganges der tödlichen Blitzunfälle 66 - Aufklärung der Bevölkerung über richtiges Verhalten bei Gewitter - viel mehr zugelassene Kfz als Faraday‘scher Käfig - mehr Gebäude mit Blitzschutzeinrichtungen - Rückgang der im Freien ungeschützt arbeitenden Menschen vor allem in der Landwirtschaft - aber - kein Rückgang der Gewitter bzw. der Anzahl der Blitze - Zunahme der outdoor Aktivitäten Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Blitzunfall – Leichenschaubefunde (fakultativ) 67 - Verbrennungen der Haut - Versengte Haare - Lichtenberg‘sche Blitzfigur - Thermische Effekte/Zerreißungen der Bekleidung - Thermische Effekte an Metallteilen Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Blitzunfall – zerrissene Bekleidung 68 Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Blitzunfall – thermisch geschädigte Bekleidung 69 Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Blitzunfall – Blitzfiguren Lichtenberg 70 Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Blitzfigur - Golfrasen 71 Quelle: V. A. Rakov, M. A. Uman. Lightning. 2006 Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Blitzfigur Lederschuh 72 Quelle: A. Prokop. Gerichtliche Medizin. 1963 Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Blitzunfall – versengte Haare 73 Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Blitzunfall – thermische Effekte Metall 74 Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Blitzunfall – Todesursachen (akut) 75 - Herzrhythmusstörungen - zentrale Atemlähmung - mechanisches Trauma Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Blitzunfall – Todesursachen (nach zeitlichem Intervall) 76 - Myokardinfarkt - Verbrennungskrankheit, Schock - Nierenversagen bei Crush-Syndrom - hypoxische Hirnschädigung z. B. nach Kammerflimmern - durch Folgen eines sekundären Traumas (z. B. Subduralhämatom) Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Blitzunfall – warum kann ein Mensch ein Blitzschlag überleben? 77 Oberflächeneffekt (skin effect, flash-over phenomenon) Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Blitzunfall – warum kann ein Mensch ein Blitzschlag überleben? 78 - beim Oberflächeneffekt geht man davon aus, dass der Hauptanteil des Blitzstromes in Form einer Gleitentladung längs der Körperoberfläche abgeführt wird Gründe: - die extrem kurze Einwirkzeit (0,02 – 0,04 s) und - der relativ hohe Widerstand R der Lederhaut Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Blitzunfall – medizinische Folgen eines Blitzschlages 79 „Nach Blitzschlag eines Menschen entweder Tod oder Restitutio ad integrum“ Vorlesung 1985 Prof. Haferland (Rostock) ist schon lange widerlegt Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Blitzunfall – medizinische Folgen eines Blitzschlages 80 Haut - Verbrennungen aller Schweregrade - Metallisation - Blitzfigur (keine Verbrennung) verblasst oder verschwindet nach Stunden bis Tagen - Versengungen der Haare Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Blitzunfall – medizinische Folgen eines Blitzschlages 81 Herz - akute Myokardinfarkte - Herzrhythmusstörungen - die meisten Herzschrittmacher verlieren ihre Funktionstüchtigkeit Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Blitzunfall – medizinische Folgen eines Blitzschlages 82 Augen - Cataracta electrica (sofort, 2-4 Monate nach Blitzunfall am häufigsten, auch Jahre später) - Läsionen der Retina - vorübergehende oder dauerhafte Erblindung Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Blitzunfall – medizinische Folgen eines Blitzschlages 83 Ohr - Trommelfellrupturen - Schwerhörigkeit - Tinnitus Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Blitzunfall – medizinische Folgen eines Blitzschlages 84 Nervensystem (neurologische Effekte) - Bewusstseinsstörungen - Paresen der Muskulatur - motorische, sensorische, vegetative und reflektorische Störungen des peripheren Nervensystems Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Blitzunfall – medizinische Folgen eines Blitzschlages 85 Nervensystem (psychische Effekte) - Stimmungsschwankungen - Erregungszustände - Depressionen - Hysterie - chronische Ermüdung - Denkstörungen - Fotophobie - posttraumatische Belastungsstörungen Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Blitzunfall – Reanimation 86 Die Tatsache, dass die Reanimation Blitzgeschädigter mit relativ guten Erfolgsaussichten einhergeht, ist von besonderer klinischer und rechtlicher Relevanz. Während bei einem andersartigen Massenunglück den Verletzten mit erkennbaren Lebenszeichen die erste Aufmerksamkeit gilt, sollten sich die ersten Hilfsmaßnahmen bei einer Gruppe von Blitzgeschädigten auf die scheinbar leblosen Opfer mit Kreislaufstillstand konzentrieren! Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Blitzunfall – ärztliche Leichenschau 87 Neben gründlicher Untersuchung der entkleideten Leiche auch Bekleidung Schmuck In der Nähe des Verunglückten befindliche Gegenstände (z. B. Baum, Metall) in Augenschein nehmen !!! UMGEBUNG DER LEICHE! Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Umgebung der Leiche 88 Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Kontakt Universitätsmedizin Rostock Institut für Rechtsmedizin Priv.-Doz. Dr. med. Fred Zack Tel. 0381/494 99 07 Zack F, Rothschild MA, Wegener R (2007) Blitzunfall…Dtsch Ärzteblatt 104: A 3545-3549 90 Zack 2014 Universitätsmedizin Rostock
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