Giordano Bruno 1548 – 1600 Der Dominikanermönch, Naturphilosoph und Pantheist rüttelte an den Grundfesten der christlichen Kirche, er wurde ein Opfer der römischen Inquisition. Die verwendete Porträtzeichnung findet sich in verschiedenen Varianten im Internet. Der eigentliche Urheber ist dem Verfasser nicht bekannt. Am 17. Februar 1600 wurde in Rom der europaweit bekannte Dominikanermönch Giordano Bruno verbrannt. Die Stadt war voller Pilger. Außer Pilgern und dem üblichem Pöbel, der sich an solchem Schauspiel ergötzte, wohnten von den 61 in Rom anwesenden Kardinälen an die 50 dem Spektakel bei, dem ersten Höhepunkt des von Papst Clemens VIII ausgerufenen Jubeljahrs.. Zwei Tage später war in der römischen Zeitung Avisi di Roma zu lesen: „Am Donnerstagmorgen wurde auf dem Campo di Fiore jener verbrecherische Dominikanerbruder aus Nola lebendig verbrannt …: ein sehr hartnäckiger Ketzer, der nach seiner Laune verschiedenen Dogmen gegen unseren Glauben ersonnen hatte …Dieser Bösewicht wollte in seiner Verstocktheit dafür sterben, und er sagte er sterbe als Märtyrer und sterbe gern und seine Seele werde aus den Flammen zum Paradies emporschweben. Aber jetzt wird er ja erfahren haben, ob er die Wahrheit gesagt hat.“ Giordano Bruno wird 1548 unter dem Namen Filippo Bruno in Nola bei Neapel geboren, sein Vater ist ein Söldner in spanischen Diensten.1562 beginnt er in Neapel das Studium der humanistischen Wissenschaften mit Logik und Dialektik, bekommt dazu Privatunterricht von einem Augustinermönch. 1565 tritt er in den Dominikanerorden von Neapel ein (St. Domenico Maggiore) und nimmt den Namen Giordano an. Schon bald eckt er an: er verweigert den Marienkult, entfernt die Heiligenbilder aus seiner Zelle, zweifelt am Trinitätsdogma (Dreifaltigkeit) und an der Transsubstantiationslehre (Verwandlung von Brot in das Fleisch Christi beim Abendmahl). Dennoch wird er 1572 zum Priester geweiht und studiert bis 1575 in Neapel Theologie. Schon 1576 wird er wegen Verdacht auf Ketzerei angeklagt, er flieht nach Rom in das Kloster Santa Maria Sopra Minerva, findet aber auch dort kein Verständnis für seine Gedanken. Als auch noch bekannt wird, dass er auf seiner Flucht Schriften des Kirchenvaters Hieronymus in die Latrine geworfen hat, muss er auch aus Rom fliehen. Er tritt aus dem Orden aus. Von nun an führt er ein Wanderleben durch Europa, bald freiwillig weiterziehend, bald auf der Flucht. Sein Weg führt nach Turin, Venedig, Padua, Brescia, Noli, Mailand, Chambery, Genf, Toulouse, Paris, London, Oxford, Marburg, Wittenberg, Prag, Helmstedt, Frankfurt. In Genf wird er als Calvinist, in Frankfurt als Lutheraner exkommuniziert. Immer wieder findet er Gönner, darf Vorlesungen halten. Aber immer wieder auch gerät er in Streit wegen seiner philosophischen Lehren, seiner polemischen Kritik an Aristoteles und seinen Anhängern. Heinrich III von Frankreich lässt ihn am königlichen College de Cambrai lehren. Mit seiner Empfehlung geht er nach England, hält Vorlesungen in Oxford. Aber auch hier gibt es Konflikte. Der französische Botschafter Michel de Castenau Mauvissiere gewährt ihm in London Unterschlupf, hier schreibt er seine italienischen Dialoge „Cena de la Ceneri“ und „De l’Infinito, Universo e Mondi“, in denen er seine Philosophie darlegt: • Das gesamte Universum ist mit Geist, Seele, Leben erfüllt. Das Universum ist die Erscheinungsform Gottes. Dementsprechend ist es unendlich in Raum und Zeit; das schließt die Schöpfung und den Jüngsten Tag und die Hölle aus. • Das aristotelische, von der Amtskirche assimilierte Sphärenmodell ist falsch, das mit der Erde im Mittelpunkt eine endliche, menschliche Sphäre unter der Mondbahn und eine ewige, göttliche Sphären jenseits der Mondbahn unterscheidet; es ist Gott selber, der den Sternenhimmel in Drehung versetzt. • Vielmehr: Die Erde dreht sich um die eigene Achse und erzeugt so den Eindruck des sich drehenden Himmels. Im Sinne von Kopernikus bewegt sich die Erde um die Sonne, aber einen wirklichen Mittelpunkt des Universums gibt es nicht: „Gott ist ein Kreis, dessen Zentrum überall ist und seine Peripherie nirgendwo.“ • Die Sterne sind alles eigene Welten: Sonnen, um welche Planeten kreisen. „Lachhaft, zu sagen, jenseits des Himmels sein nichts. Die herkömmliche Ordnung ist ein inhaltsleeres Phantasiegebilde. So gibt es nicht eine einzige Welt, eine einzige Erde, eine einzige Sonne, sondern so viele Welten, wie wir leuchtende Funken über uns sehen.“ • 1592 sagt er laut Vernehmungsprotokoll vor der Inquisition in Venedig: »Ich glaube an ein unendliches Universum. Ich halte es der göttlichen Güte und Macht für unwürdig, wenn sie unzählige Welten erschaffen kann, aber nur eine endlich begrenzte Welt erschafft. Daher habe ich stets behauptet, dass unzählige andere Welten, ähnlich dieser Erde, existieren, welch letztere ich mit Pythagoras nur für einen Stern halte, wie die zahllosen anderen Planeten und Gestirne. …… Alle diese unzähligen Welten machen eine unendliche Gesamtheit aus im unendlichen Raum, und dieser heißt das unendliche All, sodass doppelte Unendlichkeit anzunehmen ist, nach Größe des Universums und nach Zahl der Weltkörper. In dieses unendliche All setze ich eine universelle Vorsehung, kraft deren jegliches Ding lebt und sich bewegt und in seiner Vollkommenheit existiert ...« • Tradierte Lehren haben keine Bedeutung: „Wir kümmern uns nicht darum, was die Meinung dummer Leute über uns sagt, oder was von irgendwelchen Stühlen gnädig verlautet.“ Selber denken ist angesagt: „Wer richtig urteilen will, muss … vollständig ablassen können von jeder Glaubensgewohnheit, die er von Kindheit an in sich aufgenommen“. • Alle bekannten Religionen sind ohne Wert, darum ist wechselseitige Toleranz, Meinungs- und Diskussionsfreiheit gefordert. • Jesus war ein Magier, „ein verächtlicher, gemeiner und unwissender Mensch“, seine Wunder waren Scharlatanerie. Jesu Gottessohnschaft und die Trinitätslehre sind Irrlehren. Heiligenverehrung ist Götzendienst. • Religion dient dazu, unwissende Menschen zu leiten und zu beherrschen, Philosophie ist das Gebiet von Auserwählten, welche die anderen leiten. • Auch die Seele ist eine „Monade“, einer der geistigen Bausteine der Welt, sie kann sich vom Körper ablösen und auch in Tiere oder Pflanzen wandern. Giordano Bruno hält Vorlesungen über Astronomie auf der Basis von Kopernikus, gegen die Lehren von Aristoteles. Er macht einige erstaunliche Aussagen, die sich später bewahrheiten sollen: Die Erde ist an den Polen abgeplattet; die Sonne dreht sich selbst um ihre eigene Achse; die Bahn der Planeten sind Ellipsen; die Bahngeschwindigkeit der Planeten hängt umgekehrt von der Entfernung zu Sonne ab; jenseits von Saturn gibt es noch weitere Planeten. Er ist aber kein Wissenschaftler im heutigen Sinne: Mathematik ist für ihn nicht der Schlüssel zum Verständnis der Welt, sondern allenfalls eine Hilfswissenschaft für die Philosophie. Es ist aber nicht nur der Inhalt seiner Lehren, der ihm Feindschaft einträgt, es ist auch der polemische, bissige Ton, den er gegen seine Gegner anschlägt, es sind seine Satiren und seine Schmähschriften gegen Gelehrte, die nicht seiner Meinung sind. Mit Texten wie dem folgenden kann man wirklich keine Freunde gewinnen: „O heilges Eseltum, o heilge Ignoranz! O heilge Dummheit, heilge Devotation! Du ganz allein verschaffst ein Glück uns ganz, Das keiner Geistesarbeit wird zum Lohn! Nie ja wird mühevolle Vigilanz Der Kunst, sei noch so groß die Invention, Nie eines Denkers Kontemplation Erlangen deines Heiligenscheines Kranz! – Was nützt euch Forschern alles Studium, Was grübelt ihr mit wissbegiergem Hirn, ob Feuer, Erde, Meer hat ein Gestirn? – Nicht kümmert heilges Eseltum sich drum; Es beugt die Knie, es faltet fromm die Hände, Erwartet, dass der Herr ihm Segen spende; Denn höher als Vernunft ist jener Frieden, Der frommen Seelen nach dem Tod beschieden! Vergänglich ist, was man auch treibt hinieden!“ (zitiert nach Michael Schmidt-Salomon und Elke Held) Bruno ist schonungslos polemisch, häufig grob und beleidigend. Ihm fehlt jegliches Gespür dafür, wie man unter vorgegebenen Umständen überleben kann, jegliche Fähigkeit zur Diplomatie. Über die Mönche sagt er: „Bei Hesekiel (Kapitel 23, Vers 20) steht geschrieben: ›Groß wie Eselsfleisch ist ihr Mannesfleisch und dick wie eine Pferderute ihr Glied“, darum, so meinte er, „solle man den Mönchen den Unterhalt nicht länger in fetten Pfründen, sondern in Hafer und Heu entrichten.“ Er verhöhnt die Päpste, welche die Worte der Apostel als unumstößliches Gesetz betrachteten, „weil sie die wirren Visionen eines epileptischen Anfalles der ganzen Welt zur Vorschrift machen wollen.“ 1592 folgt er einer Einladung des Adligen Giovanni Mocenigo nach Venedig, um ihn in Gedächtniskunst zu unterweisen (auf diesem Gebiet leistet Bruno Außerordentliches, er hat auch mehrere Bücher darüber geschrieben). Sein Gastgeber aber hatte wohl eher magische Künste erwartet, es kommt zum Streit. Ehe Bruno nach Frankfurt zurückreisen kann, setzt ihn der Adlige fest und denunziert ihn. Zunächst ist die Inquisition von Venedig zuständig. In ihrem Kerker aufs scheußlichste gefoltert, ist er bereit zu wiederrufen, aber dann zieht die römische Zentrale der Inquisition das Verfahren an sich. Bruno wird 1593 nach Rom überstellt. Sieben Jahre sitzt er im Kerker der Inquisition, wird gefoltert, ist bereit einige Irrtümer zu wiederrufen, will aber nicht lassen von den Kernpunkten „Viele Welten“, „Jesus nicht Gottessohn“ und „Kein Jüngstes Gericht“ . Das Gericht tagt unter dem Vorsitz von Kardinal Robert Bellarmin; er wird später einmal das Strafverfahren gegen Galilei eröffnen. Schließlich macht Papst Clemens VIII Druck, und am 8. Februar 1600 verkündigt das Heilige Offizium das Urteil: „Schuldig der Magie und der Ketzerei; Überstellung an das weltliche Gericht des Gouverneurs in Rom.“ Giordano Bruno Robert Bellarmin Papst Clemens VIII In der Urteilsschrift heißt es: „Mit diesem Akte fällen wir das Urteil gegen den Bruder Giordano Bruno und erklären ihn als verstockten und hartnäckigen Häretiker, nachdem wir alle kirchlichen Maßnahmen und Bestimmungen des heiligen Kanons, des Rechts und der Kirchenverfassung herangezogen haben, die sich mit der Behandlung solcher überführten, unbußfertigen, hartnäckigen und widerspenstigen Ketzer befassen. (...) Von nun an sollst Du ausgestoßen sein aus unserer priesterlichen Gemeinschaft und aus unserer heiligen und unbefleckten Kirche, deren Gnade du nicht mehr würdig bist. Wir verfügen und ordnen an, dass Du hiermit der Gerichtsbarkeit des hier anwesenden Gouverneurs von Rom übergeben wirst, auf dass die Strafe an Dir vollzogen wird, die Du verdienst. (...) Weiterhin verdammen wir, verwerfen wir und verbieten wir alle Deine Bücher und Schriften als ketzerisch und irrig und bestimmen, dass alle, welche entweder bereits im Besitze oder in Zukunft zu Händen des Heiligen Offiziums kommen werden, öffentlich vernichtet und auf den Stufen von Sankt Peter verbrannt werden mögen.“ Bruno quittiert das Urteil mit dem berühmten Satz: „Mit größerer Furcht verkündigt ihr vielleicht das Urteil als ich es entgegennehme (Maiori forsan cum timore sententiam in me fertis quam ego accipiam)“. Am 17. Februar 1600 wird er als Ketzer öffentlich hingerichtet. Man entkleidet ihn, knebelt ihn, hängt ihn kopfüber an den Füßen auf, bindet ihn an den Brandpfahl und verbrennt ihn lebendig. Ein Augenzeuge berichtet: „Er sah bleich und blass aus – offenbar geschwächt von dem Blutverlust, den er durch die vergangenen Marterungen erlitten hatte. Seine Arme hingen wie leblos herunter. Man hatte sie aus den Gelenken gerissen, als man ihn über das Rad geflochten hatte. Nicht genug damit – die furchtbaren Marterwerkzeuge hatten an vielen Stellen das Fleisch bis auf den Knochen heruntergeschabt.“ Ein anderer Augenzeuge, schreibt in einem Brief: „Heute also ist er [Giordano Bruno] zum Scheiterhaufen oder Brandpfahl geführt worden. Als hier dem schon Sterbenden das heilige Kruzifix vorgehalten wurde, wandte er mit verachtender Miene sein Haupt ...“ Seine Bücher werden zur gleichen Zeit öffentlich verbrannt, kommen auf den Index der verbotenen Bücher, wo sie bis zu dessen Auflösung 1966 bleiben. Kardinal Bellarmin wird 1930 (!) heiliggesprochen. Im Jahre 2000 erklärt Johannes Paul II, die Hinrichtung Brunos sei Unrecht gewesen. Eine volle Rehabilitierung erfolgt aber nicht: Brunos Lehren stellen die Geschäftsgrundlage der Kirche in Frage, die ja ihre Macht und Autorität als Stellvertretung Gottes auf Erden auf ihre angebliche Begründung durch den „Gottessohn“ zurückführt. 1889 wird in Rom, auf dem Campo de Fiori, gegen den heftigen Widerstand des Papstes von der Stadtregierung ein Denkmal errichtet, Ettore Ferrari hat es geschaffen. Ein anderes von Alexander Polzin steht seit 2008 in Berlin. Materialquellen Montage Porträt nach 2bp.blogspot.com ähnlich: Stiftung Rosenkreuz Flammen einsinger-höllenteufel.de Im Text Sphärenmodedell wandererarlesheim.twoday.net Giordano Bruno Genf 1587 www.ak-schulfach-ethik.de Robert Bellamin de.wikipedia.org Clemens VIII en.wikipedia.org Denkmal Rom de.wikipedia.org Foto Berthold Werner Denkmal Berlin www.evokrit.de ähnlich (beschnitten) de.wikipedia.org Text New World Encuclpedia : Giordano Bruno The Dawson Law Firm: The Tragic Trial of Giordano Bruno, Heretic Genius Scinexx Dossier : Giordano Bruno: Ein Kosmologe stirbt für die Wahrheit Einzelne Zitate: de.wikiquote.org/wiki/Giordano_Bruno de.wikipedia.org Leben und Werk Jochen Kirchhoff: Die unheilige Allianz Der Spiegel 7/2000 http://giordanobrunostiftung.wordpress.com/giordano-bruno/ „Philotheus Giordano Bruno Nolanus“ www.bruno-denkmal.de Leben, Zitate Encyclopedia Britannica Lebenslauf, Werke www.kleio.org/de/geschichte/begegnunge/bild085.html „Begegnung 85 . Giordano Bruno“ Andrea König: „Giordano Bruno“. diplomica Band 6 Zitat „Avisi di Roma“
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