Vereinsturnen stärken - STV

Therese Lenherr – Getu Flaachtal
«Vereinsturnen
stärken»
Von den rund 4000 STV-Gymnaestrada-Turnenden
wird in Helsinki unter dem Kürzel «SUI20» eine Turngruppe zu sehen sein, die Alt und Jung harmonisch
vereint. Das Zusammenspiel der 76 «Getu-Flaachtal»Mädchen und der Zürcher Frauengruppe «SenVital»,
40 Frauen, zeigt attraktiv choreografiertes Turnen
zwischen 7 und 84 Jahren. Therese Lenherr ist die
Chefin der «Jungen», hat Gymnaestrada-Erfahrung
und kann auch, verbal, mit dem STV-Stafettenstab
umgehen: «Auf die Plätze. – Fertig. – Los!»
Therese Lenherr, wie charakterisierst du dich als Mensch
selber, stelle dich doch bitte den GYMlive-Lesenden vor.
Therese Lenherr: (überlegt) Also, bei mir gibt es keine Halbheiten. Wenn
ich etwas mache, will ich es recht machen. Dies spiegelt sich auch in meinem Leiterinnen-Verhalten. Vielfach nehme ich Dinge zu persönlich und
lasse Vorkommnisse zu nahe an mich heran, statt dass ich es etwas entspannter angehe.
Du kamst soeben aus den Ferien zurück. Warst du in
Helsinki auf Reko-Tour?
(lacht) Nein, so weit reichte es nicht. Peter und ich waren im Tessin und
marschierten durch die Tessiner Wälder.
Zu Helsinki später. – Ich kenne dich als engagierte Präsidentin und Leiterin vom Verein ‹Getu Flaachtal›. Wenn es
nicht ums Geräteturnen geht, um was geht es bei Therese
Lenherr, was ist dir auch noch wichtig?
Auf einen Blick: Therese Lenherr
Vorname, Name: Therese Lenherr
Geburtsdatum/Sternzeichen: 20. Januar 1963 / Steinbock
Grösse: 1,62 m
Wohnort: Rafz
Beruf: Kaufmännische Angestellte
Zivilstand: verheiratet mit Peter Lenherr
Verein/Funktion: Getu Flaachtal, Präsidentin und technische Hauptleitung
Aktive Sportarten: OL, Wandern
Erstes Turnelement: «Die Rolle vorwärts, der Spagat war mein Ziel.»
Bestzeit über 100 m: «Ich lief nie 100 Meter. 80 Meter schon, ich war noch
schnell.»
Bestzeit über 1000 m: «Die Zeit wurde nie gestoppt. OL war mir lieber.»
Grösste sportliche Leistung: «Ich gewann einmal einen Sechstage-OL.»
Hobbys: Natur, OL
Lieblingsessen: Riz Casimir
Lieblingsmusik: «Ich höre alles gerne, ausser das extrem Klassische.»
Literatur: «Tageszeitung, Fachliteratur, die Zeit zum Lesen fehlt, eigentlich lese
ich gerne.»
Zuletzt gesehener Kinofilm: «Das liegt 30 Jahre zurück – keine Ahnung.»
Kleiderstil: sportlich-bequem
Das nervt: «‹Hintenherum›-Gerede, das einfach nicht stimmt.»
Ein Wunsch: «Gesundheit – ich möchte möglichst lange leiten und eine gute
Nachfolge für den Verein ‹Getu Flaachtal› finden.»
«Ein Prinzip galt und gilt immer: Alle dürfen kommen.»
Wenn es nicht ums Turnen geht, geht es um die Familie, die wegen meinem Turnengagement oft zu kurz kommt. Dann schaue ich auch noch
um ‹das Haus herum› zum Rechten.
«
Es sprach sich schnell herum, dass man bei uns gezielt
trainieren und etwas erreichen kann.
»
Bist du, bezüglich des Turnens, elterlich vorbelastet?
Ja. Mein Vater war im Turnverein, er hat mich zum Turnen gebracht. Ich
begann in der Mädchenriege Neftenbach, relativ spät.
1989 startete das Geräteturnen in Flaach mit sechs
Mädchen. Warst du vor 26 Jahren dabei, was hast du für
Erinnerungen?
(schmunzelt) Als Mädchenriege-Leiterin startete ich 1989 alleine mit
sechs Mädchen. Rasch kam der Wunsch auf, ‹Wir möchten etwas mehr
machen›. Dieser Wunsch steckte irgendwie auch in mir. So startete ich
mit diesen Turnerinnen und wir gründeten den Verein ‹Getu Flaachtal›.
Der eigenständige STV-Verein ‹Getu Flaachtal› entwickelte
sich. Aus den sechs Turnerinnen wurden 2004 hundert, die
aus über 20 umliegenden Ortschaften kommen. Wie hast du
diese Entwicklung erlebt, was hast du dazu beigetragen?
STV-Stafette |
Um die 100 Turnerinnen im Alter von fünf
bis über 20 Jahren, die Mehrheit aber zwischen 9 und 14 Jahren. Was sind da bezüglich des Trainings die grössten Herausforderungen?
Fotos: Peter Friedli
Wir machten nie Werbung für uns. Alles lief über
Mund-zu-Mund-Propaganda. Es sprach sich schnell
herum, dass man bei uns gezielt trainieren und etwas
erreichen kann. Ein Prinzip galt und gilt immer: Alle
dürfen kommen. Sie müssen gerne kommen, sie sollen
Freude am Turnen haben und die Eltern müssen dahinterstehen. Viele gehen in ihrem Dorf noch in die Mädchenriege und kommen zu uns ins Geräteturnen.
«Aktuell 110 Turnerinnen.»
Aktuell sind wir 110 Turnerinnen. Herausforderungen
sind die Hallengrösse, das Material und dass genügend
Leiterpersonen da sind. Nicht alle können schon um
17 Uhr in der Halle sein.
Aus den fünfjährigen Turnerinnen entwickeln sich mit der Zeit Frauen. Wie ist die
Leitung diesbezüglich gefordert?
GYMlive 3/15
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nation. Unsere Turnerinnen könnten die Enkel der
«SenVital»-Frauen sein.
Wie bereitet ihr so einen Gymnaestrada-Grosseinsatz vor, wie ist die Finanzierung geregelt?
Wir organisierten einen Info-Abend und erklärten dort,
wie es laufen könnte. Die Grundhaltung war positiv,
die Eltern kennen uns und haben Vertrauen. Die Finanzierung ist ein Knackpunkt. Unser Grundsatz ist: Ein
Start darf nicht an der Finanzierung scheitern. Teilweise
kommen drei Mädchen aus der gleichen Familie. Ein
Vater erklärte sich dann bereit, das Sponsoring in die
Hand zu nehmen. Nun sind wir dem Ziel nahe, dass es
je Kind 1000 Franken kosten wird. Zudem führten wir
Wettkämpfe durch und machten an Wettbewerben mit,
haben leider aber nichts gewonnen.
Sind in Helsinki noch Rahmenprogramme
vorgesehen, geplant?
Geplant ist nichts. Wir machen sicher, gruppenweise,
Spontanprogramme: Stadtbesichtigung, Vorführungen
anschauen und so weiter. Die Turnerinnen sollen entscheiden können.
(lacht) Da sind gewaltige Unterschiede. Mit den ganz
Kleinen muss man oft noch etwas ‹Bääbele› und auf sie «Es läuft verblüffend gut.»
eingehen. Das ist bei den Grossen einfacher, die sind
Gibt es beim ‹Getu Flaachtal› eine personelle
dankbar, die wollen etwas erreichen. Am meisten fordern die Mittleren, Nachfolgeplanung?
da muss man manchmal fast Psychologe sein. Diese Entwicklung ist (schmunzelt, überlegt, lacht) Im Moment nicht: Ich weiss aber, was du
schon spannend.
meinst.
Wie sieht das eigentlich bezüglich Fluktuation aus,
herrscht da ein Kommen und Gehen?
Nein, es wundert mich. Wenn ich einen Quervergleich zum Kanton mache, verbleiben bei uns im Verhältnis relativ viele bis in die höchsten Kategorien. Da stelle ich auch einen Stadt-Land-Unterschied fest.
Themawechsel: 15. Welt-Gymnaestrada Helsinki. Für ‹Getu
Flaachtal› ist es, nach Dornbirn 2007 und Lausanne 2011,
der dritte Gymnaestrada-Start. Wurde über die Teilnahme
lange diskutiert?
(lacht) Nein, eigentlich nicht. Nach Dornbirn und Lausanne dachte ich,
mit so vielen Kindern, das war’s. Eventuell später, wenn das Welt-Turnfest wieder in der Nähe ist. Die Initiative kam von den Turnerinnen, die
in Lausanne schon dabei waren und jetzt vier Jahre älter sind, sowie auch
aus dem Leiter-Team. Ich sagte: Wenn ihr mitmachen wollt, dann machen wir es noch einmal zusammen. Jetzt freue ich mich.
Therese, vervollständige zum Schluss doch noch folgende
Sätze: Die Welt-Gymnaestrada in Helsinki wird für mich
zum Erfolg, wenn …
… die ganze Woche reibungslos verläuft, dass es gesundheitlich allen gut
geht, alle Freude haben und wir gemeinsam eine gute Woche erleben dürfen.
Mein Engagement im und für das Geräteturnen gibt mir,
ist für mich …
… ein grosser Lebensinhalt. Ich lebe für das Geräteturnen und denke,
wenn ich dieses nicht hätte, wäre ich nicht da, wo ich jetzt bin.
Wenn ich im Schweizerischen Turnverband Jugend-Chefin
wäre, würde ich …
… uiii – ich denke, es läuft recht gut, die Bächi-Trophy ist eine gute
Sache. Das Vereinsturnen würde ich aber stärker fördern.
Interview: Peter Friedli
Roberto Fovini, dein STV-Stafetten-Vorgänger und Verantwortlicher, dass ‹Getu Flaachtal› in Helsinki eine Unterkunft
hat, interessiert es, wie gross deine Gruppe ist und was du
von der dritten Gymnaestrada-Teilnahme erwartest?
Alles in allem sind wir 91 Personen, wovon 76 Turnerinnen. Ich möchte
mit dem ‹Getu Flaachtal› eine wunderschöne Turnwoche erleben und
wünsche mir, dass unsere Auftritte Anklang finden. Wir haben doch einen
recht grossen Aufwand betrieben.
Euer Auftritt als Gruppe «SUI20» passiert gemeinsam mit
der Riege «SenVital» aus Zürich, das Alter liegt zwischen 7
und 84 Jahren. Spielt da der ‹Generationenvertrag› Alt für
Jung, Jung für Alt, läuft das problemlos.
Ja. Es läuft verblüffend gut, das habe ich so nicht erwartet. Sogar mit der
volkstümlichen Musik kamen wir gut zurecht. Die Choreo dazu haben
Jugendliche gemacht. Ich war total überrascht, es ist eine Superkombi-
Stabübergabe an …
Theres Lenherr, die «Getu-Flaachtal»-Präsidentin und SM-erfolgreiche Leiterin, überreicht den STV-Stafettenstab an Myriam Bertholet Laala aus Yverdon. Bertholet Lala ist die Leiterin vom Turnverein FSG Amis-Gymnastes Yverdon.
Lenherr möchte von Bertholet Laala wissen, woher die kreativen
Programm-Ideen kommen, inwieweit sie ihre Turner/-innen in diesen Prozess mit einbezieht und welches, aus sportlicher Sicht gesehen, das wichtigste Ziel sei, das sie mit Amis-Gymnastes Yverdon
in diesem Jahr noch erreichen möchte.