Die strategiebasierte Theorie der
Unternehmung und globalisierte
Märkte: Der Stakeholder-View of the
Firm und das Konzept des Shared
Value Creation
Theorien der Multinationalen Unternehmung,
HS 15, Institut für BWL
Galina Müller und Helena Aicher
Inhalt
A)
Stakeholder View of the Firm
1.
2.
3.
Wie entstehen Wettbewerbsvorteile?
International agierende Unternehmen
Stakeholder
1.
Konventionelle Sicht
2.
Stakeholder-Sicht
3.
Stakeholder in den 3 Dimensionen strategischen Managements
4. Implikationen für das Management
5. Stakeholder Theorie?
1.
Taxonomie nach Donaldson und Preston
2.
Positivistische und post-positivistische Stakeholder-Theorie, Meta-Analytisches
Framework
B)
Shared Value Creation
1.
2.
3.
Shared Value als Theoretische Grundlage
Wettbewerbsvorteilegenerierung aus interne sowie externe Sicht
Vorteile und Limitationen der Shared Value Creation
A) Stakeholder View of the
Firm
Wie entstehen
Wettbewerbsvorteile?
 2 traditionelle Erklärungen
 1. Dimension: Branche. Chancen und Risiken des
Marktes
 2. Dimension: Ressourcen. Stärken und Schwächen der
Unternehmensressourcen
 Neue ergänzende strategische Theorie: Stakeholder
Management
 3. Dimension: Sozial-politische Umwelt
(Post et al., 2002)
International agierende
Unternehmen
 „extended enterprise“




heute übliche grosse Unternehmungen, Konzerne
in organisatorischem Netzwerk
komplexe Interaktionen mit diversen Stakeholdern
in sich schnell verändernden Umwelten und Bedingungen
(Post et al., 2002)
Stakeholder
 Die in die Tätigkeit einer Unternehmung (willentlich
oder unwillentlich) involvierten Einheiten; potentiell
Begünstigte oder Risikoträger
 Externe und interne Stakeholder
 Beispiele?
(z. B. Post et al., 2002)
Lösungsvorschlag
 Externe Stakeholder:







Kunden
NGOs
Lieferanten
Gesellschaft
Staat
Gläubiger
Potentielle Kunden/Mitarbeiter
 Interne Stakeholder:
 Mitarbeiter
 Investoren/Eigentümer (Shareholder)
 Manager
Konventionelle Sicht
 Fokus auf interne Stakeholder ( = Kern-Stakeholder,
„Business-Stakeholder“), also Investoren, Mitarbeiter,
Konsumenten
 Willentliche direkte Beziehungen mit der Unternehmung
 Transaktionen; eher dyadische Austauschbeziehungen
 Kaum Entwicklung von Synergien
 Eher statische Sicht, Null-Summen-Spiel
(Post et al., 2002)
Stakeholder-Sicht
 Netzwerk von Beziehungen; aufbauen, pflegen integrieren
 Interaktionen
 Synergien
 Dynamische Entwicklungen
 Positiv-Summen-Spiel
 Langfristige Perspektive  Gesellschaftliche Akzeptanz,
Kostenvermeidung
 Integrität jeden Individuums innerhalb und ausserhalb der Firma
(Post et al., 2002)
Integration...
...aller drei Dimensionen (Branche, Ressourcen, sozialpolitische Umwelt) als neuer Rahmen für strategische
Analysen und Management von extended enterprises.
(Post et al., 2002)
Stakeholder in den 3 Dimensionen
strategischen Settings
Private
Organisations
Governments
Supply Chain
Associates
Joint Venture
Partners and
Alliances
Regulatory
Authorities
Investors: Shareowners and Lenders
Unions
CORPORATION
Employees
Customers
and Users
Resource Base
Industry Structure
Social Political Arena
Local
Communities
and Citizens
Management

Institutionalisierung in Unternehmensgrundsätze?

Commitment bezüglich Werten und Zielen der Gesellschaft

Aufmerksam bleiben  Neue Entwicklungen, Stakeholder, deren Einfluss, sich schnell
verändernde Umwelt

Flexibilität, Offenheit, Transparenz, Lern- und Veränderungsbereitschaft

Inter-Stakeholder-Beziehungen beachten (angemessene Berücksichtigung aller
Stakeholder)

Beziehungen wichtiger als materielle Güter?
 Stakeholder-Management als Kernkompetenz; Bewusstsein über StakeholderBeziehungen  Unternehmenskultur
 Transformationaler Führungsstil
(Post et al., 2002)
Stakeholder Theorie?
 Breites Feld unterschiedlicher Forschungsansätze und
-interessen, theoretischer Perspektiven, empirischer
Studien, zugrundeliegender Philosophien, Annahmen
und Methoden
 Unterschiedliche Möglichkeiten, die verschiedenen
Theorien einzuordnen.
(Scherer & Patzer, 2011)
Taxonomie nach Donaldson
und Preston
 Forschungsinteresse
 Deskriptiv
 Instrumentell
 Normativ-ethisch
 Kritik daran:
 Unterstützt separation thesis
 Unterscheidung der drei Bereiche?
Positivistische und postpositivistische StakeholderTheorie
Meta-analytisches Framework:
 Positivistisches Forschungsparadigma
 Technisches Forschungsinteresse
 Post-positivistisches Forschungsparadigma
 Praktisches Forschungsinteresse (interpretativ)
 Emanzipatorisches Forschungsinteresse (kritisch)
(Scherer & Patzer, 2011)
Weiteres...
 Separation von Ethik und unternehmerischer Praxis?
 Diskussion darüber, was normativ und was deskriptiv
sei
 Theoretischer Pluralismus
 Unterschiedliche Methodenwahl je nach
Forschungsinteresse und –absicht?
 Vielfältiges Themengebiet  Pluralismus angebracht?
 Stakeholder Theorie als Theorie oder doch eher als
Schilderung?
B) Shared Value Creation
Die strategiebasierte Theorie der
Unternehmung:
Stakeholder-View of the Firm  das
Konzept des „Shered Value Creation“
Shared Value Creation
1. Gründe der Entstehung der Shared Value als
Theoretische Grundlage
2. Wettbewerbsvorteilegenerierung aus interne sowie
externe Sicht
3. Vorteile und Nachteile der Shared Value Creation
Corporate Social
Responsibility
 Zunehmende Aufmerksamkeit verschiedenen
Institutionen, Regierungen, Aktivisten
 Bescheidene Reaktion der Unternehmungen
 Grunde der Zurückhaltung der MNUs
 Unternehmen stellen sich gegen Gesellschaft
 Management denkt über CSR nur allgemein
(Porter & Kramer, 2006)
Corporate Social
Responsibility
 Vier Ansichten




Moralische Verpflichtung
Nachhaltigkeit
Betriebslizenz
Reputation
(Porter & Kramer, 2006)
Corporate Social Responsibility
 Moralische Verpflichtung: Leute, Gemeinde und Natur
vollumfänglich akzeptieren; eine Art verstoßt gegen einer Anderen
oder finanziellen Kosten
 Nachhaltigkeit: Norwegischer Prime Minister Gro Harlem
Brundtland (1980): „Meeting the needs of the
present
without
compromising the ability of future generations to
meet their own
needs“.
Tripple Bottom Line: Interkation zwischen finanziellen,
sozialen und ökologischen Faktoren.
McDonald: 30% Abfallreduktion durch andere
Verpackung
(Porter & Kramer, 2006)
Corporate Social
Responsibility
 Betriebslizenz: «Alles Gute kommt von Oben».
für die hochregulierten Branchen, Bergbau.
äussere Stakeholder oft vernachlässigt (Porter & Kramer, 2006).
 Reputation: Zufriedenheit externen Stakeholder. Aufbau der
Reputation durch «word-of-mouth»-Kette (Moore, 2002).
Verbesserung der Corporate Image, Brand Stärkung,
Aktienkursbeeinflussung. (Porter & Kramer, 2006)
VW Abgaswerte-Manipulation Aktienkurssenkung 20%, Geldstrafe
18 Mrd., Reputationsverlust. (Flütsch, 2015)
Schwäche: Konzentration nicht auf die Interdependenz, sondern auf die
Spannung zw. Unternehmung und der Gesellschaft unkoordinierte und
fragmentale Aktivitäten (Porter & Kramer, 2006).
Shared Value
 Gemeinsame Abhängigkeit zwischen der Unternehmen und
Gesellschaft  gemeinsame Werte (Porter & Kramer, 2006)
Unternehmung
Gesellschaft
Shared Value
 Unternehmen soll die Schnittpunkte mit der
Gesellschaft identifizieren.
 2 Formen der gemeinsamen Abhängigkeit:
 Inside-Out Verbindung: alle Tätigkeiten entlang der
Wertschöpfungskette (Produktion, Logistik, Marketing,
HRM, F&E).
 Outside-In Verbindung: externe Bedingungen der
Gesellschaft beeinflussen die Unternehmen (Konkurrenz,
Konjunkturzyklen, Inflation), weniger wahrgenommen.
(Porter & Kramer, 2006)
3 Kategorien der gesellschaftlichen
Problemen
(Bsp. AIDS-Epidemie in Afrika):
 Auswirkung der allgemeinen Fragen, durch operative
Tätigkeit nicht beeinflussbar
(für einen Einzelhändler)
 Soziale Auswirkungen der Wertschöpfungskette
(für ein Pharma-Konzern)
 Soziale Dimension von den Wettbewerbskontext,
Probleme der externen Umgebung beeinflussen
unternehmerische Erfolgsfaktoren
(für Bergbaubranche mit Mitarbeiter aus Afrika)
Einstufung der sozialen Problemen je nach Unternehmung.
(Porter & Kramer, 2006)
Strategische CSR
 =alle Bemühungen einer Unternehmung, die durch
Kostenminimierung oder Produktdifferenzierung zur
Positionierung führen
 Unternehmung entscheidet welche gesellschaftliches
Problem gelöst werden soll
 Investitionen in CSR=Investitionen in F&E
 Zahlungsbereitschaft der Kunden-Wertschöpfungskosten =
Ökonomische Rente Shared Value
(Porter & Kramer, 2006)
Wettbewerbsvorteile
 Externe Ansicht: fünf Marktkräfte von M. Porter
 Interne Ansicht: Ressource Based View
Fünf Marktkräfte von M. Porter
(Porter, 2014)
Bedrohung
durch
neue
Anbieter
Verhandlung
sstärke der
Lieferanten
Lieferantenkonzentration
Ersatz der Inputs-Produkte
Umstellungskosten der
Lieferanten
Differenzierung der Inputs
Lieferantenvolumen
Eintrittsbarrieren
Markenidentität
Kapitalbedarf
Umstellungskosten
Wettbewerber
der Branche
Verhandlung
sstärke der
Abnehmer
Abnehmerkonzentration
Abnehmervolumen
Umstellungskosten der
Abnehmer
Ersatzprodukte
Bedrohung
durch
Ersatzprodukte
Umstellungskosten
Substitutionsneigung
Preisleistung der Ersatzprodukte
Ressource-basierte
Unternehmenstheorie RBV
 Materielle (Kapital, Sachanlagen)/immaterielle
Vermögenswerte (MA Know-How,
Managementfähigkeiten, Unternehmungskultur)
Zeitlich begrenzte/andauernde ökonomische Rente und
Wettbewerbsvorteile
 Strategische Ressourcen




Wertvolle
Seltene
Nicht-substituierbar
Teuer-zu-imitieren
(Barney & Arikan, 2001)
Shared Value Concept, Stärken
und Limitierungen
Vorteile
Nachteile

Anreize für die Praktiker sowie für die
Wissenschaftler

Nicht neu (strat. CSR-Konzept, Stakeholder
Management, Social Innovation)

Anhebung der sozialen Ziele zu
strategischen Niveau


Klare Rolle der Regierung in ihre
Verantwortung
Ignoriert die Spannung zwischen sozialen
und ökonomischen Ziele
(Microfinance/ökonomische Ziele/keine
Armutsminderung bei steigenden
Kreditnehmerhahl)

Verstärkt die Idee des «bewussten
Kapitalismus»

Schlägt kurzsichtiger Schwerpunkt auf
Konzeption von neue Produkte und Märkte
(Folgen Tabak-/Waffenindustrie)

Kann die gesellschaftliche Partizipation der
Unternehmen nicht garantieren (egoistische
Wesen, Steuerminderung)

Basiert auf einem naiven Konzept der Rolle
der Unternehmung in der Gesellschaft, winwin Situation immer möglich?
(Crane et al., 2014)
Diskussionsthemen
 Nachhaltigkeit und ewiges wirtschaftliches Wachstum vereinbar? / PR
(wirtschaftliches Wachstum längerfristig nur möglich unter Berücksichtigung
der sozial-politischen Umwelt) oder tatsächliches
Verantwortungsbewusstsein? Was ist mit Shared Value in Kontext der
Globalisierung?
 Zu den Theorien: Normative Bewertungen in der Wissenschaft?
Objektivität/Subjektivität? Ethik?
 Fallbeispiele

Nestlé
 Bottled life („Wasser ist wertvoll, deshalb dafür bezahlen“, Brunnen senken
Grundwasserspiegel  Verschmutzes Wasser  Wasser wird verkauft...)
 Milchpulver-Skandal (Baby-Nahrung „gegen Unterernährung“?)
 Tierversuche (The BodyShop macht keine Tierversuche und wirbt damit; PR?)

Shell
 soziales Engagement: Meinungsbildung, Verharmlosung, Ablenkung?
 Zitat Shell: „It is not only important for companies to be ‚doing the right thing‘, but also to
be ‚seen doing the right thing‘.“  Würden die Unternehmen „do the right things“, wenn
ihr Vorgehen nicht bekannt werden könnte?

Innocent smoothies und Coca-Cola  Schein und Sein?
Literatur

Barney, J.B ./Arikan, A.M. (2001): The Resource-based View: Origins and Implications, in: Hitt, M.A. et al. (Eds.): The
Blackwell Handbook fo Strategic Management, S. 124-188.

Barney, J.B./ Wright, M./Ketschen, D.J.Jr. (2001): The Resource.based View oft he Firm: Ten Years after 1991, in: Journal
of Management Review, 56, S. 130-149.

Crane, A./ Palazzo, G./ Spence, L.J./Matten, D. (2014) : Contesting the Value of « Crating Shared Value », in : California
Managemnt Rview, 56, S. 130-149.

Flütsch, A. (2015, September, 23): VW im freien Fall. Tages-Anzeiger, 8.

Moore,G.A. (2002,April): Crossing The Chasm: Marketing and Selling Disruptive Products to Mainstream Customers.
Collins Business Essentials Verlag.

Porter, M.E./Kramer, M.R. (2006): Strategy & Society : The Link Between Competitive Advantage und Corporate Social
Responsibility, in : Harvard Business review, 84(12), S. 78-92.

Porter, M.E. (2014): Wettbewerbsvorteile (Compeititve Advantage): Spitzenleistungen erreichen und behaupten, Frankfurt
a.M., S. 20-50.

Post, J.E./ Preston, L.E./Sachs, S. (2002): Managing the Extended Entrprise: The New Stakeholder View, in: California
Management Review 45, S. 6-28.

Post, J.E./ Preston, L.E./Sachs, S. (2002): Redefining the Corporation. Stakeholder Management and Organizational
Wealth, Stanford.

Scherer, A. G. (2011). Where is the Theory in Stakeholder Theory? – A Meta-Analysis of the Pluralism in Stakeholder
Theory. In: Phillips, R. (Hrsg.), Stakeholder Theory. Impact and Prospects, Cheltenham (UK): Edward Elgar 2011, S. 140162.