Thema: Gesetz – auflösen oder erfüllen

„Wie beeinflusst meine Herkunftsfamilie mein Leben?“
Text: 2.Mose 20,3-6
Predigt: Wilf Gasser
Datum: 30.August 2015
Manchmal passieren in unserem Leben unerklärliche Dinge: Es treten Krankheiten auf, Suchtverhalten, man schlittert in eine
Depression, wird den Jähzorn nicht los usw. Es gibt Christen, die erklären sich dann solche Situationen mit möglichen Bindungen von früheren Generationen. Konkret: Weil vielleicht der Grossvater gependelt hat, bin ich als Nachfahre (auch als Christ!)
davon betroffen und werde z.Bsp. die Sucht deswegen nicht los. Man spricht dann von Generationenfluch, Bindungen oder Väterschuld. Dabei geht es um die Annahme, dass die Vorfahren etwas falsch gemacht haben und dadurch ein Fluch bzw. eine
Bindung über Generationen andauert. Dann beginnen wir zu forschen und lösen durch bestimmte Gebetsformen diese möglichen Bindungen.
Ist das so, dass ich als Christ belastet sein kann, weil meine Grosseltern gesündigt haben? Muss ich bei unerklärlichen Situationen mögliche Bindungen lösen? Was lehrt uns die Bibel darüber?
Vorbemerkung: In der Bibel gibt es keine Hinweise darauf, dass wiedergeborene Christen von Dämonen bewohnt werden. Deshalb gehen wir heute und nächsten Sonntag dieser „Väterschuld-Theorie“ auf den Grund und fragen, was die Bibel wirklich
dazu sagt.
1. Die Fragestellung
Die Annahme, dass ich als Christ an Folgen der Schuld meiner Eltern oder Grosseltern leide, gründet in der Bibel auf der Aussage Gottes im 2.Gebot: 2.Mose 20,3-6. In 5.Mose 5,9ff ist eine Wiederholung der Gebote – deshalb kommt die gleiche Aussage da ebenfalls vor. Die dritte Stelle finden wir in 2.Mose 34,6-7, wo Mose zum zweiten Mal die 10 Gebote bekommt. Es handelt sich an allen drei Stellen um die gleiche Aussage. Was ist damit gemeint?
Wir schauen uns die Generationenabfolge an:
Wenn ich vier Generationen zurückverfolge, dann bekomme ich 30
Personen. Meine Ur-Ur-Urgrossmutter hat ungefähr vor 150-200 Jahren gelebt. Wenn nun in jener Generation jemand z.Bsp. beim Wahrsager war – büsse ich nun heute für dessen Fehlverhalten? Ich bin ja im
vierten Glied der Generationenabfolge… ! Und: Wie kann ich herausfinden, wer von jener Generation (es sind immerhin 16 Personen!) gesündigt hat, so dass nun ein Fluch auf meinem Leben liegt, der gelöst
werden muss? Das kann ich unmöglich herausfinden.
Eine weitere Frage: Wenn Gott dieses „Götzen anbeten“ bis ins vierte
Glied heimsucht – aber über tausend Personen Gnade walten lässt
und Schuld vergibt – was wirkt nun in meinem Leben stärker? Der
Fluch vom Fehlverhalten vor vier Generationen oder der Segen vom
Gottvertrauen von einem meiner Urahnen vor z.Bsp. 10 Generationen?
Es ist wichtig zu beachten: Was Gott hier aufs schärfste kritisiert, ist die Götzenanbetung. Er duldet es nicht, dass wir Menschen
etwas anderes (Personen, materielle Dinge) anbeten als ihn – den lebendigen und heiligen Gott allein. Wenden wir uns von
Gott ab und beten etwas oder jemand anderen als ihn an, wird er das bestrafen. Es geht hier gar nicht um Wahrsagen, Kartenlegen oder ähnliche okkulten Praktiken. Es geht schlicht und einfach um die Verehrung Gottes. Beten wir nicht Gott an, trifft uns
die Strafe Gottes und die nächsten Generationen werden Folgen davon spüren.
Zurzeit des Mose lebten die Menschen in Zelten, wie es zum Teil noch heute bei Beduinenvölkern praktiziert wird. Somit lebten
mehrere Generationen auf engem Raum zusammen. Alte Leute waren damals sehr geachtet und sie hatten Einfluss. Wenn nun
der Grossvater in seinem Zelt plötzlich irgendeine Holzfigur aufstellte und diese anbetete, dann bekamen das seine Enkel mit.
Was der Grossvater machte, galt als Norm – das war „richtig“. Die nächsten Generationen übernahmen in der Regel die gleichen Praktiken.
Die Frage ist nun: Kam dadurch ein Fluch auf die Enkel? Wurden sie wegen dem Verhalten des Grossvaters bestraft? Mussten
sie für das Fehlverhalten des Grossvaters büssen? Ist diese Bibelstelle so zu interpretieren? Ich glaube, das sind falsche Interpretationen und Schlüsse, welche wir aus der Bibelstelle in 2.Mose 6 ableiten.
2. Eine Gegenüberstellung
Bei der Auslegung und Interpretation der Bibel gilt ein Grundsatz: „Bibel wird durch Bibel ausgelegt“. Das bedeutet, wir sollten
nicht einfach aufgrund unserer Erfahrungen Bibelstellen interpretieren, sondern diese anhand weiterer biblischer Aussagen zu
erklären suchen.
Nun vergleichen wir 2.Mose 20,3-6 auf der einen Seite mit Hesekiel 18,20 / Jeremja 31,30 / Römer 14,12 auf der anderen Seite.
Auf den ersten Blick ist das ein Widerspruch – innerhalb der Bibel! Auf den zweiten Blick ist es kein Widerspruch. Denn die verschiedenen Bibelstellen machen klar: Jede Generation muss für ihr eigenes Verhalten gerade stehen. Um beim 2.Gebot nicht
auf einseitige oder sogar falsche Schlüsse zu kommen, sollten wir die einzelnen Begriffe im biblischen Zusammenhang genauer
untersuchen.
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3. Begriffsklärung
Wir schauen uns drei Begriffe an, welche mit unserem Text zu tun haben:
a)
Fluch:
Vorweg: In unserem Text kommt der Begriff nicht vor. Daher ist es überzogen, wenn wir aus 2.Mose 20,5-6 einen Generationenfluch ableiten. Fluch bedeutet in der Bibel Verwünschung, jemandem Böses sagen und wünschen. Es ist ziemlich genau
das Gegenteil von Segen. Segnen bedeutet über jemandem gute und göttliche Worte aussprechen. Wenn in der Bibel von
Fluch die Rede ist, geht es primär um einen „Trennungsfluch“. Unter dem Fluch leben bedeutet, getrennt von Gott leben.
b)
Strafe:
Gott straft jene, die sündigen. Die Hauptsünde ist, sich von Gott abwenden bzw. Gott nicht vertrauen. Womit straft Gott diese
Menschen? Mit dem Tod. Im Alten Testament gibt es Geschichten, wo Gott Menschen direkt mit dem Tod bestraft hat: z.Bsp.
die Gruppe um Korach (4.Mose 16,32). Sie haben Gott misstraut und ihn nicht angebetet. Die Strafe war der Tod. Im Neuen
Testament sagt Paulus deutlich, dass die Strafe für Sünde der Tod ist (Römer 6,23). Damit ist die Trennung von Gott gemeint,
welche für immer bleibt. Weil wir alle Sünder sind, trifft uns diese Strafe sowieso. Aber genau diese Strafe hat Jesus an unserer Stelle auf sich genommen (siehe Jesaja 53,5). Gott straft niemand für die Sünde anderer Menschen – auch nicht für die
der Vorfahren. Zudem trifft uns die Strafe für eigene Sünden gar nicht, wenn wir uns Gott zuwenden.
c)
Heimsuchung:
Einerseits beschreibt die Bibel „gnädige Heimsuchung“ Gottes. So zum Beispiel als Maria vom Engel erfuhr, dass sie schwanger war. Andererseits gibt es auch die „richtende Heimsuchung“ Gottes. Gott straft jemanden für seine Sünde – und dessen
Umfeld spürt die Folgen davon. In 4.Mose 14,18-23 lesen wir von den Kundschaftern, welche aus dem gelobten Land zurückkamen – mit unterschiedlicher Bewertung dessen, was sie dort angetroffen hatten. Das Volk reagierte nun mit Misstrauen und
Vorwürfen zu Gott – und wurde dafür bestraft: Tod in der Wüste und kein Heiliges Land! Die nachfolgende Generation musste
allerdings mit auf die 40jährige Wanderung und die übernächste Generation hatte mittels schwierigen Kämpfen das Land einzunehmen. Sie litten an den Folgen der Sünden ihrer Elterngenerationen.
In unserm Text ist nicht von Fluch die Rede, sondern von Strafe für jene, die Gott nicht anbeten. Und von Auswirkungen auf die
nächsten Generationen, weil diese in jedem Fall die Folgen davon spüren – wie es „Hoffnung für alle“ übersetzt.
Wenn nun die Generation vor dir oder du selbst Götter angebetet hast und dich möglichweise auf ungöttliche Mächte eingelassen hast: Wie kann man aussteigen?
4. Der Ausstieg
Vorweg: Die Bibel gibt uns keine klaren Anweisungen, was bei okkulter Belastung genau zu tun sei. Sie lehrt auch nicht über
ein „Lossage-Gebet“ durch „entsprechend bevollmächtigte Personen“. Die Bibel lehrt uns schlicht folgende Schritte:
a) Bekennen: Wenn du falsche Götter angebetet hast oder Dinge wie Kupferarmbänder usw. vielleicht von deinen Eltern
übernommen und diesen vertraut hast – bekenne es. Steh dazu und bekenne Gott in ehrlichem Gebet, was du falsch gemacht hast und worüber du nun Busse tust.
b) Ablegen: Wenn du bisher mit ungöttlichen Mächten gelebt und diesen möglicherweise vertraut hast – vielleicht sogar Gegenstände angebetet hast – dann beende das nun, indem du aufhörst damit und entsprechende Gegenstände entsorgst.
c) Vergebung annehmen: Du bekennst Gott deine Sünden, trennst dich von entsprechenden Gegenständen und beginnst
nun ihn anzubeten – dann vergibt dir Gott (1.Johannes 1,9). Dich trifft keine Strafe mehr, weil diese bereits von Jesus auf
sich genommen wurde (Jesaja 53).
d) Bewusst in der Freiheit leben: Wer so Befreiung durch Jesus erlebt (Johannes 8,36) und sein Leben Gott anvertraut hat,
kann nun ohne Angst leben (2.Timotheus 1,7). Jetzt gilt für dich Kolosser 1,13-14: Du lebst unter der guten Herrschaft Gottes.
Das ist die bewusste Hinwendung zu Gott, die sogenannte Bekehrung. Das kann allein oder besser mit einer Begleitperson zusammen vollzogen werden. Dann sind die Verhältnisse klar. Du musst nicht Busse tun für Fehler deiner Vorfahren. Wer nach
der Bekehrung beginnt, nach möglichen noch bestehenden Bindungen zu suchen, vertraut im Grunde nicht wirklich darauf,
dass die Erlösung von Jesus umfassend ist. Genau genommen müssen wir von Aberglauben reden, wenn wir nach der Bekehrung noch nach „vollmächtigen Seelsorgern“ suchen, welche verborgene Bindungen lösen sollen. Das ist nicht Sache von Menschen, sondern das Werk Gottes, welches er bei der Bekehrung an und in uns tut. Lebe deshalb als Christ fröhlich als befreiter
Mensch!
Wenn du das durchziehst, hat der Teufel absolut keine Freude daran. Er wird versuchen, dich zu Fall zu bringen. Deshalb sollen wir die „geistliche Waffenrüstung“ (Epheser 6) anziehen. Der Teufel wird „feurige Pfeile“ auf dich abschiessen – aber du bist
geschützt. Nur wenn du die Waffenrüstung nicht anhast, werden die Pfeile stecken bleiben und Schaden anrichten.
Fazit:
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Gott straft jene, die ihn nicht anbeten – indem er sich zurückzieht. Das ist unser Tod.
Nachkommen spüren die Folgen von der Götzenanbetung ihrer Vorfahren. Die Strafe trifft jene direkt – die Nachkommen
müssen nicht für die Eltern büssen.
Bei der Hinwendung zu Christus ereignet sich die Lösung von sämtlichen Mächten und ihren Ansprüchen.
Du kannst nun ohne Angst in Freiheit durch Christus leben und Gott anbeten. Auch wenn du nicht alles, was im Leben passiert,
gleich erklären kannst!
Kleingruppe: Mögliche Fragen fürs Gruppengespräch oder für die persönliche Verarbeitung
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Lest die verschiedenen Bibelstellen nach.
Was ist für dich neu? Wo bist du bisher falschen Interpretationen aufgesessen?
Fasse für dich zusammen, was die Bibel zum Thema „Generationenschuld“ (nicht) sagt.
Was wirst du aufgrund dieser Erkenntnisse tun bzw. nicht mehr tun?