Rechtsanwalt Rechtsanwalt Thomas Thomas Hannemann Hannemann –- Karlsruhe Karlsruhe Die sieben Sünden im Mietrecht 23. Deutscher Verwaltertag 17./18. September 2015 in Berlin 1 Rechtsanwalt Thomas Hannemann – Karlsruhe 1. Alles schriftlich – oder? Abgesehen von den allseits bekannten Beweisproblemen hat der Vermieter die schlechteste und damit der Mieter die beste Rechtsposition, der keinen schriftlichen Mietvertrag abgeschlossen hat. Grund: Das mieterfreundliche BGB, so z.B. keine Verpflichtung des Mieters • • • • Betriebs- oder Nebenkosten zu bezahlen Schönheitsreparaturen auszuführen Bagatellreparaturkosten zu übernehmen zur Gebäude- und Straßenreinigung bzw. Winterdienst. zum 2 Rechtsanwalt Thomas Hannemann – Karlsruhe 1. Alles schriftlich – oder? Geringe Anforderungen an einen mündlichen Mietvertrag, Einigung genügt über: • Vertragsparteien • Mietobjekt • Entgeltlichkeit. Dann ist ein Mietvertrag auf unbestimmte Zeit zur ortsüblichen Miete zustande gekommen. In der Praxis möglich bei Schlüsselübergabe vor Unterschrift – Rettung: • § 154 Abs. 2 BGB • Vertragsverhältnis eigener Art (? – OLG Rostock, Urt. v. 27.03.2014 - 3 U 90/12). 3 Rechtsanwalt Thomas Hannemann – Karlsruhe 1. Alles schriftlich – oder? Weiter ist die bloße Schriftlichkeit von der Schriftform zu unterscheiden: • gesetzliche Schriftform: § 126 BGB • Gewillkürte = vereinbarte Schriftform: § 127 BGB. Nichteinhaltung der gesetzlichen Schriftform auch etwa bei Nachträgen führt zur Kündbarkeit: § 550 BGB. Bei Verletzung der vereinbarten Form im Zweifel (vgl. § 139 BGB) sogar Nichtigkeit (§ 125 S. 2 BGB). Problematisch eher bei der Gewerbemiete; dort auch weitere Folge: keine wirksame Indexklausel (§ 3 Preisklauselgesetz). 4 Rechtsanwalt Thomas Hannemann – Karlsruhe 2. Vollmachtsprobleme § 174 BGB Einseitiges Rechtsgeschäft eines Bevollmächtigten Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte. 5 Rechtsanwalt Thomas Hannemann – Karlsruhe 2. Vollmachtsprobleme Gilt z.B. für: • Mieterhöhungen • Kündigungen • Abmahnungen. Gilt aber nicht für Nebenoder Betriebskostenabrechnungen, bei denen es sich nicht um Willens-, sondern um Wissenserklärungen (= Rechenvorgang i.S.v. § 259 BGB) handelt (BGH, 10.08.2010 – VIII ZR 319/09; 28.04.2010 – VIII ZR 263/09 - daher genügt auch der Zugang bei nur einem von mehreren gesamtschuldnerisch haftenden Mietern). 6 Rechtsanwalt Thomas Hannemann – Karlsruhe 3. Schriftlichkeit ist auch nicht alles - am Bsp. von Schönheitsreparaturklauseln Leitlinien der BGH-Rechtsprechung: (einmal aus den 1980er Jahren und dann wieder ab 2004) Grundsatz: Formularvertragliche Abwälzung auf den Mieter zulässig (Arg.: Üblichkeit seit Jahrzehnten und günstigere Miete = Entgeltthese); Ausn. v. § 538 BGB Grenze 1: Vertragsgemäße Abnutzung während der eigenen Mietzeit Grenze 2: Keine weitergehenden Pflichten als sie dem Vermieter ohne Überbürdung gem. § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB obliegen würden (also nur bei objektivem Renovierungsbedarf) Grenze 3: Sonstiges Übermaß 7 Rechtsanwalt Thomas Hannemann – Karlsruhe 3. Schriftlichkeit ist auch nicht alles - am Bsp. von Schönheitsreparaturklauseln Bei Grenzüberschreitung: unangemessene Benachteiligung i.S.v. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB. Orientierungslinien: § 7 Mustermietvertrag BMJ aus 1976 und § 28 Abs. 4 II. BV. Im Einzelnen: • ausdrückliche Vereinbarung, also nicht z.B. „besenrein“ oder „ordnungsgemäß“, wohl aber „Der Mieter muss die Kosten der Schönheitsreparaturen tragen“. • keine Überschreitung des gegenständlichen Umfangs aus § 28 Abs. 4 Satz 3 II. BV. 8 Rechtsanwalt Thomas Hannemann – Karlsruhe 3. Schriftlichkeit ist auch nicht alles - am Bsp. von Schönheitsreparaturklauseln • • • • • kein Ausschluss der Eigenleistung, die allerdings fachgerecht (in handwerklich mittlerer Art und Güte) erfolgen muss keine Farbvorgaben während der Mietzeit, wohl aber bei Mietende, sofern nicht auf eine Farbe begrenzt keine Anfangsrenovierungsverpflichtung laufende Renovierung bei Bedarf oder nach Fristablauf, sofern Fristen weder zu kurz noch starr Endrenovierung, sofern nicht unabhängig vom Zustand der Mietsache bzw. der letzten 9 Rechtsanwalt Thomas Hannemann – Karlsruhe 3. Schriftlichkeit ist auch nicht alles - am Bsp. von Schönheitsreparaturklauseln • • Renovierung, also nicht „bloß“ wegen Vertragsende bei unrenovierter oder renovierungsbedürftiger Wohnung Unwirksamkeit der Vornahmeklausel, außer der Vermieter gewährt angemessenen Ausgleich (BGH, 18.03.2015 – VIII ZR 185/14) Quotenklausel ist auch bei renoviert überlassener Wohnung wegen Abstellens auf hypothetische Betrachtungen (Abnutzungsgrad bei Vertragsende und Zeitpunkt eines künftigen Renovierungsbedarfs) unwirksam (BGH, 18.03.2015 – VIII ZR 242/13) 10 Rechtsanwalt Thomas Hannemann – Karlsruhe 3. Schriftlichkeit ist auch nicht alles am Bsp. von Schönheitsreparaturklauseln - • Summierungseffekt beachten, auch bei verschiedenen, sprachlich voneinander unabhängigen und sogar für sich genommen wirksamen Klauseln (BGH, 18.03.2015 - VIII ZR 21/13) • Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen ist eine einheitliche, nicht in Einzelmaßnahmen aufspaltbare Rechtspflicht mit der Folge, dass die Unwirksamkeit eines Einzelaspekts zur Unwirksamkeit der gesamten Vornahmeklausel führt (BGH, 18.03.2015 - VIII ZR 21/13) 11 Rechtsanwalt Thomas Hannemann – Karlsruhe 4. Mietvertrag nicht mit (allen) Eigentümern Grundsatz: keine Geltung gegenüber dem Eigentümer Untermiete: § 546 Abs. 2 BGB Beachte aber auch: Kauf bricht nicht Miete: § 566 BGB (1) Wird der vermietete Wohnraum nach der Überlassung an den Mieter von dem Vermieter an einen Dritten veräußert, so tritt der Erwerber anstelle des Vermieters in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein. 12 Rechtsanwalt Thomas Hannemann – Karlsruhe 4. Mietvertrag nicht mit (allen) Eigentümern § 566 Abs. 1 BGB setzt zwingend voraus, dass Vermieter und Veräußerer personenidentisch sind. Schrifttum und Rechtsprechung verlangen darüber hinaus, dass der Vermieter und Veräußerer zum Zeitpunkt der Veräußerung (OLG Rostock, 15.08.2005 - 3 U 196/04) auch alleiniger Eigentümer des Mietobjekts gewesen sein muss (BGH, 23.11.2011 − VIII ZR 74/11; 20.1.2010 - VIII ZR 84/09; 3.7.2008 V ZR 20/07; 22.10.2003 - XII ZR 119/02; 12.3.2003 XII ZR 18/00 (Auflassungsvormerkung genügt nicht); offengelassen BGH, 11.04.2012 - XII ZR 48/10; OLG Celle, 19.01.2000 - 2 U 111/99; OLG Brandenburg, 09.10.2002 - 3 U 6/02). 13 Rechtsanwalt Thomas Hannemann – Karlsruhe 4. Mietvertrag nicht mit (allen) Eigentümern Die BGH-Rechtsprechung lässt aber auch Tendenzen zu einer analogen Anwendung des § 566 BGB zum Schutz des Mieters erkennen: BGH, 3.7.2008, a.a.O.; 9.4.2008 – XII ZR 89/06. Ggf. auch konkludente Vertragsübernahme durch den Erwerber (LG Berlin, 10.1.2013 – 67 S 523/11). 14 Rechtsanwalt Thomas Hannemann – Karlsruhe 4. Mietvertrag nicht mit (allen) Eigentümern Beachte weiter: § 566 BGB Kauf bricht nicht Miete (2) Erfüllt der Erwerber die Pflichten nicht, so haftet der Vermieter für den von dem Erwerber zu ersetzenden Schaden wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat. Erlangt der Mieter von dem Übergang des Eigentums durch Mitteilung des Vermieters Kenntnis, so wird der Vermieter von der Haftung befreit, wenn nicht der Mieter das Mietverhältnis zum ersten Termin kündigt, zu dem die Kündigung zulässig ist. (vgl. dazu OLG Köln, 11.10.2013 - 22 U 208/12) 15 Rechtsanwalt Thomas Hannemann – Karlsruhe 4. Mietvertrag nicht mit (allen) Eigentümern und auch: § 566a BGB Mietsicherheit Hat der Mieter des veräußerten Wohnraums dem Vermieter für die Erfüllung seiner Pflichten Sicherheit geleistet, so tritt der Erwerber in die dadurch begründeten Rechte und Pflichten ein. Kann bei Beendigung des Mietverhältnisses der Mieter die Sicherheit von dem Erwerber nicht erlangen, so ist der Vermieter weiterhin zur Rückgewähr verpflichtet. 16 Rechtsanwalt Thomas Hannemann – Karlsruhe 5. Mietmängel Nicht gleich über die Berechtigung einer Mietminderung und deren Höhe streiten; vielmehr zuerst prüfen: Liegt überhaupt ein Mangel vor? Grundsatz: subjektiver Mangelbegriff: Abweichung der Ist- von der Sollbeschaffenheit Beweislast beim Mieter - grundsätzlich genügt eine Beschreibung, aus der sich ergibt, um welche Art von Beeinträchtigungen (Symptome) es geht, zu welchen Tageszeiten, über welche Zeitdauer und in welcher Frequenz diese ungefähr auftreten (BGH, 29.02.2012 VIII ZR 155/11; 25.10.2011 - VIII ZR 125/11). 17 Rechtsanwalt Thomas Hannemann – Karlsruhe 5. Mietmängel Dabei neuere BGH-Rechtsprechung beachten: BGH, 19.12.2012 – VIII ZR 152/12: Allein die Wahrnehmung einer geringen Verkehrslärmbelastung durch den Mieter und dessen auch darauf gestützte Entscheidung zur Anmietung führt noch nicht dazu, dass Vermieter und Mieter stillschweigend die bei Vertragsabschluss gegebene geringe Belastung durch Verkehrslärm als vertragsgemäßen Zustand der Wohnung vereinbart haben, mit der Folge, dass die Miete bei einer Zunahme des Verkehrslärms gemindert werden darf. 18 Rechtsanwalt Thomas Hannemann – Karlsruhe 5. Mietmängel BGH, 29.04.2015 – VIII ZR 197/14: Umweltmängel stellen, sofern ausdrückliche Beschaffenheitsvereinbarungen im Mietvertrag fehlen, keinen Mangel dar, wenn sie vom Vermieter als unwesentlich oder ortsüblich gem. § 906 BGB hingenommen werden müssen. Der Vermieter hat den Fortbestand Umgebungssituation grundsätzlich nicht garantieren. der zu 19 Rechtsanwalt Thomas Hannemann – Karlsruhe 6. Mieterrisiko: Mieteinbehalte Nach BGH strenge, fast unerfüllbare Anforderungen an einen entschuldigten Rechtsirrtum: Irrtum im Tatsächlichen bei Minderung: BGH, 23.01.2008 – VIII ZR 246/06: Kein Verschulden, wenn sich der Mieter z.B. nach eigener Vermessung und Hinweis, dass wegen Schrägen und Winkeln eine exakte Flächenermittlung erst durch einen Gutachter festgestellt werden könne, Minderungsrechten wegen Flächenabweichung von mehr als 10 % berühmt (BGH, 22.09.2010 – VIII ZR 285/09; vgl. auch 16.01.2009 – V ZR 133/08). 20 Rechtsanwalt Thomas Hannemann – Karlsruhe 6. Mieterrisiko: Mieteinbehalte Rechtsirrtum bei Minderung: BGH, 15.01.2013 – VIII ZR 411/12: Schadstoffbelastung durch mangelhaften Parkettkleber, die aber durch ausreichendes Lüften auf „Normalmaß“ gehalten werden kann, so dass der Mieter dennoch räumen musste. BGH, 11.07.2012 - VIII ZR 138/11: Irrtum über Mangelursache. BGH, 18.07.2012 – VIII ZR 1/11: Nichtzahlung erhöhter Vorauszahlungen nach Betriebskostenabrechnung. 21 Rechtsanwalt Thomas Hannemann – Karlsruhe 6. Mieterrisiko: Mieteinbehalte Folge auch fristlose Zahlungsverzugskündigung: Problem: Ohne eingeholtem kompetentem Rechtsrat ist ein Rechtsirrtum nicht unvermeidbar und daher schuldhaft (und damit Verzug - § 286 Abs. 4 BGB). Einholung eines Rechtsrats, der sich als falsch herausstellt: Verschulden des Beraters wird zugerechnet: BGH, 25.10.2006 – VIII ZR 102/06: Der Mieterverein (Anwalt) ist Erfüllungsgehilfe des Mieters (nicht nur Haftung für Auswahlverschulden), so auch BGH, 12.07.2006 – X ZR 157/05. 22 Rechtsanwalt Thomas Hannemann – Karlsruhe 6. Mieterrisiko: Mieteinbehalte BGH, 18.12.1997 – I ZR 79/95: Der vermeidbare Rechtsirrtum des Beraters wird dem Mieter zugerechnet. So z.B., wenn die Rechtslage unklar war. Wer sich dann erkennbar in einem Grenzbereich des rechtlich Zulässigen bewegt, handelt fahrlässig – richtig statt dessen: „sicherster Weg“. BGH, 16.12.1986 – KZR 36/85; 07.03.1972 – VI ZR 169/70: Das Risiko einer zweifelhaften Rechtslage darf der Schuldner nicht dem Gläubiger zuschieben. 23 Rechtsanwalt Thomas Hannemann – Karlsruhe 6. Mieterrisiko: Mieteinbehalte BGH, 10.10.2012 – VIII ZR 107/12: Daneben auch ordentliche Kündigung bei Rückstand mehr als 1 Monatsmiete länger als 1 Monat - Geltung auch für den Gewerberaummieter: BGH, 11.04.2012 – XII ZR 48/10. Irrtum bei Zurückbehaltungsrecht: Nur nach vorheriger ausdrücklicher Geltendmachung bei § 273 BGB, sofern nicht wirksam ausgeschlossen: BGH, 18.07.2012 - VIII ZR 1/11, nicht bei Einrede aus § 320 BGB: BGH, 11.06.1997 – XII ZR 254/95; 07.05.1982 – V ZR 90/81; LG Berlin, 11.05.2012 – 63 S 503/11). 24 Rechtsanwalt Thomas Hannemann – Karlsruhe 6. Mieterrisiko: Mieteinbehalte Achtung: BGH, 17.06.2015 – VIII ZR 19/14: Das Leistungsverweigerungsrecht des Mieters aus § 320 BGB kann redlicherweise nur so lange ausgeübt werden, als es noch seinen Zweck erfüllt, den Vermieter durch den dadurch ausgeübten Druck zur Mangelbeseitigung anzuhalten. Daneben muss der insgesamt einbehaltene Betrag in einer angemessenen Relation zu der Bedeutung des Mangels stehen. Recht aus § 320 BGB erlischt mit Ablauf des Monats, in dem die Miete zu zahlen war: OLG Frankfurt, 23.04.1999 – 24 U 110/97; gilt nicht bei Duldungspflicht, dann allein Minderungsrecht: KG, 18.10.2012 – 8 U 38/12). 25 Rechtsanwalt Thomas Hannemann – Karlsruhe 6. Mieterrisiko: Mieteinbehalte Eine Lösung: Zahlung der ungeschmälerten Miete unter einfachem, § 814 BGB ausschließenden Vorbehalt „der Rückforderung“ mit Erfüllungswirkung immer möglich und zumutbar (kein Anerkenntnis gem. § 212 BGB): BGH, 24.11.2006 – LwZR 6/05; OLG Düsseldorf, 09.06.2011 – 10 U 148/10; LG Frankfurt, 07.07.1987 – 2/11 S 32/87. Anders bei qualifiziertem Vorbehalt „dass die Forderung bestehe“ oder „der rechtlichen Klärung“, dann keine Erfüllungswirkung (LG Berlin, 08.02.2010 – 67 S 218/09). 26 Rechtsanwalt Thomas Hannemann – Karlsruhe 6. Mieterrisiko: Mieteinbehalte Keine Lösung: Teilweise Rückführung des zur fristlosen Kündigung berechtigenden Zahlungsverzugs genügt nicht: § 543 Abs. 2 Satz 2 BGB erfordert nach allg. Meinung eine vollständige Befriedigung (= Gutschrift? str.) des Gläubigers vor Zugang der Kündigung (seit BGH, 14.07.1970 – VIII ZR 12/69 – ZMR 1971, 27; LG München I, ZMR 1986, 125; LG Köln, WuM 1991, 263; LG Berlin, ZMR 1997, 143, 144). 27 Rechtsanwalt Thomas Hannemann – Karlsruhe 7. Nutzungsentschädigung „Vorenthalten“ i.S.v. § 546a BGB setzt Rücknahmewillen des Vermieters voraus. Daran fehlt es z.B. in folgenden Fällen: • Vermieter hält Mieterkündigung für unwirksam (OLG München, 13.03.2003 – 19 U 4540/02). • Vermieter gibt Schlüssel an Mieter zur Durchführung fälliger Schönheitsreparaturen zurück (OLG Düsseldorf, 27.04.2006 – I-24 U 152/05). • Verlängerung einer Räumungsfrist zur Erfüllung der Rückbaupflicht (OLG Celle, 20.06.2011 – 2 U 49/11). • Vermieter verlangt über Monate die Schlüssel nicht (OLG Düsseldorf, 17.06.2004 – I-10 U 3/04). 28 Rechtsanwalt Thomas Hannemann – Karlsruhe 7. Nutzungsentschädigung • Vermieter vollstreckt nicht (OLG Düsseldorf, 01.12.2005 – I-10 U 74/05). • Nach h.M. auch bei (selbst unberechtigter) Geltendmachung des Vermieterpfandrechts (KG, 14.02.2005 – 8 U 144/04; OLG Düsseldorf, 07.09.2006 – 10 U 30/06; OLG Rostock, 08.06.2007 – 3 W 23/07; OLG Dresden, 19.10.2011 – 13 U 1179/10). 29 Rechtsanwalt Thomas Hannemann – Karlsruhe 7a. Verjährung § 548 BGB Verjährung der Ersatzansprüche und des Wegnahmerechts (1) Die Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache verjähren in sechs Monaten. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem er die Mietsache zurückerhält. Mit der Verjährung des Anspruchs des Vermieters auf Rückgabe der Mietsache verjähren auch seine Ersatzansprüche. (2) Ansprüche des Mieters auf Ersatz von Aufwendungen oder auf Gestattung der Wegnahme einer Einrichtung verjähren in sechs Monaten nach der Beendigung des Mietverhältnisses. 30 Rechtsanwalt Thomas Hannemann – Karlsruhe 7a. Verjährung Vermieter: Anknüpfung an den Rückerhalt (nicht Rückgabe) der Mietsache, also dann, wenn sich der Vermieter abschließend und ungestört ein Bild über den Zustand der Mietsache machen kann. Daher beginnt die Verjährung mit dem Zeitpunkt, in dem der Vermieter von der endgültigen Gebrauchsaufgabe durch den Mieter erfährt (BGH, 23.10.2013 - VIII ZR 402/12). 31 Rechtsanwalt Thomas Hannemann – Karlsruhe 7a. Verjährung BGH, 22.02.2006 - XII ZR 48/03: Dies gilt sogar selbst dann, wenn es überhaupt nicht zu einem Mietvertragsschluss und zu einer Übergabe der Mietsache an den Mieter gekommen ist; dann ist das Ende/Scheitern der Verhandlungen maßgeblich. Beachte bei an den Vermieter geleisteter Barkaution (keine Verpfändung!): § 215 BGB Die Verjährung schließt die Aufrechnung und die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts nicht aus, wenn der Anspruch in dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, in dem erstmals aufgerechnet oder die Leistung verweigert werden konnte. 32 Rechtsanwalt Thomas Hannemann – Karlsruhe 7a. Verjährung Gilt nicht im Fall einer Bürgschaft als Mietsicherheit: Der Bürge kann sich wegen § 768 Abs. 1 BGB auf die Verjährung der Hauptschuld berufen, auch wenn (nur) er verklagt wird. Beachte weiter: auch der Anspruch aus der Bürgschaft verjährt nach den §§ 195, 199 Abs. 1 BGB. Lösung: Streitverkündung oder Verjährungsvereinbarung in der Bürgschaftsurkunde (vgl. § 202 BGB). § 216 BGB („Wirkung der Verjährung bei gesicherten Ansprüchen“) gilt nicht – auch nicht analog – für die Bürgschaft: BGH, 05.11.1998 – IX ZR 48/98; 09.07.1998 – IX ZR 272/96; 28.01.1998 – XII ZR 63/96. 33 Rechtsanwalt Thomas Hannemann – Karlsruhe 7a. Verjährung Mieter: Die 6-monatige Verjährung der in § 548 Abs. 2 BGB genannten Mieteransprüche beginnt mit Beendigung des Mietvertrages. Dies gilt ebenfalls bei wegen unwirksamer Klausel unnützen Aufwendungen für Schönheitsreparaturen (BGH, 04.05.2011 – VIII ZR 195/10) bzw. deren Abgeltung (BGH, 20.06.2012 – VIII ZR 12/12), auch wenn der Mieter sich auf § 812 BGB stützt (BGH, 27.05.2009 – VIII ZR 302/07). Lösung: Rechtzeitige Hilfs(feststellungs)widerklage. 34 Rechtsanwalt Thomas Hannemann – Karlsruhe 7a. Verjährung Hemmung: • Verhandlungen - § 203 BGB • Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe - § 204 BGB • nicht außergerichtliche Mahnung (die „nur“ zum Verzug führt) BGH, 15.08.2012 – XII ZR 86/11: Weder die Erhebung einer negativen Feststellungsklage durch den Schuldner noch die Verteidigung des Gläubigers hiergegen führen zu einer Hemmung i.S.v. § 204 BGB, sondern nur eine aktive Anspruchsverfolgung. Unbedingte Aufrechnung löste aber gem. § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB einen Neubeginn der Verjährung aus. 35 Rechtsanwalt Thomas Hannemann – Karlsruhe So erreichen Sie uns Hannemann, Eckl & Moersch Rechtsanwälte Erbprinzenstrasse 31 76133 Karlsruhe Tel: Fax: Internet: E-Mail: 0721- 9 21 31-0 0721- 9 21 31-41 Rechts-undSteuerkanzlei.de [email protected] 36
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