Offener Brief an die Stadt Luzern mit Kopie an die Gemeinden Horw, Kriens, Emmenbrücke 19.02.2016 Verein Sur la plage Stadt Luzern, 19.02.2016 Offener Brief an die Stadt Luzern Sehr geehrte Damen und Herren Wir, die Wagenplatz-Gruppe „Sous le pont“, stehen vor der selben Ausgangslage wie vor einem Jahr. Zu jenem Zeitpunkt hatten wir erfahren, dass wir das Grundstück neben dem Südpol vorzeitig verlassen müssen. Dies, obwohl die Pensionskasse Luzern gewillt war, unseren Vertrag bis im Frühjahr 2016 zu verlängern. Unsere Duldung auf besagtem Gelände wurde uns von der Gemeinde auf Druck eines Politikers entzogen. Dieser konnte die Gemeinde dazu bewegen unsere Wohnform nicht weiter zu Dulden. Grund dafür war unser damaliges Baugesuch welches von der Gemeinde, ohne Rücksprache mit uns, nicht weiter bearbeitet wurde. Da es uns ein Anliegen war den Platz fristgerecht zu verlassen, haben wir uns in den verbleibenden zweieinhalb Monaten auf dem Südpolareal intensiv um neue Standorte bemüht. Nebst unrealistischen Vorschlägen seitens der Stadt Luzern erhielten wir das Angebot eines Bauunternehmens für das Gelände „Rösslimatt“ gegenüber dem Südpol. Nach langwierigen Mietverhandlungen mussten wir zur Zwischennutzung des in der Arbeitszone liegenden Grundstückes ein ordentliches Baugesuch einreichen. Seit Dezember letzten Jahres haben wir auf eine Rückmeldung bezüglich des Baugesuchs gewartet. Vor einer Woche erhielten wir die Nachricht, dass dieses, auf Druck der Berninvest auf unseren Vermieter, zurück gezogen wurde. Beinahe zeitgleich erhielten wir die Räumungsaufforderung für das zur Zeit von uns bewohnte, ehemalige Zentralbahnbahntrassee hinter dem Südpol. Erneut stehen wir nun vor dem Problem in sehr kurzer Zeit einen neuen Standort finden zu müssen. Um allfällige Informationslücken zu füllen, möchten wir uns im folgenden kurz vorstellen. Der Wagenplatz Sous le pont Wir sind ein sich stets wandelndes Kollektiv, welches das Zusammenleben in einer Wagenburg zum Ziel hat. Wir sind und wollen keine Zweckgemeinschaft sein. Unsere Art zu wohnen, ermöglicht es uns die Form der Gemeinschaft selbst zu bestimmen. Wir sind eine Wohn- und Lebensgemeinschaft, die im kreativen, handwerklichen und ideellen Austausch lebt. Diese Art zu leben benötigt wenige Ressourcen und nutzt brach liegende Flächen. Unsere Wohnform ist frei und bewusst gewählt. Die Vergangenheit des Kollektivs 2008 – 2016 Die Gruppe Sous le pont entstand im Jahr 2008, in welchem sie vom 28. Juni bis zum 12. August das Gelände unter der Autobahnbrücke an der Schwandauhofstrasse (Emmen) bewohnte. Aus sicherheitstechnischen Gründen bezüglich der Autobahn, zogen die sechs 1 Offener Brief an die Stadt Luzern mit Kopie an die Gemeinden Horw, Kriens, Emmenbrücke 19.02.2016 BewohnerInnen von dort aus weiter auf das Gelände der Allmend. Dieses bewohnte sie vom 12. August bis zum 22. November 2008. Auch dort wurde die Gruppe nicht geduldet und verliess das Gelände auf Grund rechtswidriger Nutzung und aus Widerspruch zu den Entwicklungszielen der Allmend. Zudem sei das fragile Gleichgewicht der Allmend „wegen der Nutzung durch Sie ... in hohem Masse gefährdet“. Das drohende Gerichtsverfahren wurde dank einer Einigung auf einen Wegzugtermin fallengelassen. Am 22. November 2008 bezog die Gruppe bis zum 21. Februar 2009 das Gelände „Schlund“ in der Gemeinde Kriens. Die Besitzerin (Stadt Luzern) war zu keinerlei Verhandlungen bereit. Das Gelände wurde nach einem gerichtlichen Räumungsbefehl und mit hohen Verfahrenskosten verlassen. Der Wagenplatz Sous le Pont wird zum Medienthema und erlangt öffentliches Interesse. Während dieser Zeit reichte die Gruppe ein Baugesuch für das „Tribschen Gelände“ ein und bezieht zwischenzeitlich das Gelände „Emmen Weid“. Letzteres wurde am 31. März wieder verlassen. Um die Zeit bis zum Einzug auf das „Tribschengelände“ zu überbrücken, wurde der Gruppe ein Kurzaufenthalt unter der Autobahnbrücke (erstes Gelände 2008) aus Sympathie und Vertrauen des Besitzers ermöglicht. Am 6. April 2009 erhielt die Wagengruppe ihre erste Bewilligung für den Einzug auf ein Gelände (Tribschen Gelände). Bewohnt mit Bewilligung und Mietvertrag, verliess die Gruppe den Platz am 19. November fristgerecht nach Ablauf des Mietvertrags. Die Odyssee verlief weiter auf den „Schlossberg“ an der Fluhmattstrasse. In dieser Baulücke, eingeklemmt zwischen Wohnhäusern, konnten die Wagenplätzler mit Duldung seitens der Besitzer (Gebr. Amberg) bis zum 27. Februar 2010 leben. Daraufhin wurde das Gelände neben dem Südpol bezogen, woraus nach einiger Zeit ein Mietvertrag mit der Stadt Luzern und später der LUPK entstand. Die Gruppe wuchs zwischenzeitlich auf 15 BewohnerInnen an. Diese fünf Jahre ermöglichten den Aufbau einer funktionierenden Infrastruktur und ein Zusammenleben in unserem Sinne. Dies stets in guter Nachbarschaft mit dem Südpol. Aus zu Beginn ausgeführtem Grund, verliess die Gruppe das Gelände am 25. Juli 2015 fristgerecht und belebte das immer noch leerstehende Gelände des ehemaligen Pilatusmarktes an der Nidfeldstrasse. Auf einen gerichtlichen Räumungsbefehl hin, zog die Gruppe Ende Oktober 2015 auf das stillgelegte Zentralbahntrassee unter dem Südpol, da die Bearbeitung des eingereichten Baugesuchs (Rösslimatt) immer noch andauerte. Anfang Dezember erhielt sie eine Einsprache auf das Baugesuch, welche mit einer Stellungnahme durch die Gruppe beantwortet wurde. Eine Bewilligung oder Bearbeitung des Sachverhalts kam jedoch nicht zustande, da der Besitzer der „Rösslimatt“ das Baugesuch zurück zog. Dies geschah auf Druck der Berninvest, welche die Einsprache auf das Baugesuch lanciert hatte. Unsere Situation – Unser Anliegen Seit Ende Juli 2015 sind wir, die Gruppe Sous le pont, gezwungenermassen wieder unterwegs. Was anfänglich als Übergangslösung gedacht war, wird nun anscheinend erneut zum Dauerzustand. Wie schon in den vergangenen Jahren, bis zur Belebung des Geländes neben dem Südpol, werden wir von Platz zu Platz weitergeschoben. Wir arbeiten, leben, studieren und haben unseren Lebensmittelpunkt in und um Luzern. Aus diesem Grund werden wir den Raum Luzern auch nicht verlassen oder uns in Luft auflösen. Es kann in keinem Interesse liegen, dass erneut ein politisches „Schwarz-PeterSpiel“ auf unsere Kosten zwischen den Gemeinden und der Stadt begonnen wird. Dies in der Hoffnung, dass der Wagenplatz möglichst nicht bei der eigenen Gemeinde oder der 2 Offener Brief an die Stadt Luzern mit Kopie an die Gemeinden Horw, Kriens, Emmenbrücke 19.02.2016 Stadt landet. Es ist frustrierend, dass wir auf all die Anfragen, die wir zwecks Platzsuche gemacht haben (Stadt, Bauunternehmen, Immobiliengesellschaften, Grundstücksbesitzer, Stiftungen etc.) lediglich zwei Angebote bekamen. Das erste Gelände wurde uns seitens der Stadt angeboten. Es ist jedoch illusorisch ein Gelände für maximal 3 Jahre zwischenzunutzen, mit der Auflage das Grundstück mit Wasser, Strom und Abwasser zu erschliessen, was Kosten von über 40`000.- Fr. verursacht hätte. Zusätzlich hätten bei Einhaltung obligatorischer Gewässerschutz- und Grenzabständen knapp die Hälfte unserer Wagen darauf Platz gefunden. Das zweite Gelände, welches wir von einem Grundstücksbesitzer angeboten bekommen haben, versuchten wir auf legale Weise zu mieten. Die Voraussetzung zur legalen Belebung der Brache, mit Standort in der Gemeinde Kriens, ist die Bewilligung eines ordentlichen Baugesuchs. Dieses hat unsere Architektin am 21.10.2015 bei der Gemeinde Kriens eingereicht. Innerhalb der ordentlichen Auflagefrist erreichte uns anfang Dezember eine Einsprache seitens der Berninvest AG im Namen der Mieter des Nachbargebäudes (Arsenalstrasse 21, Kriens). Wir haben daraufhin von unserem Recht, eine Stellungnahme zu verfassen, gebrauch gemacht. Die Stellungnahme befindet sich bei Interesse im Anhang dieses Schreibens. Es handelt sich dabei um eine Reaktion auf Einwände und Bedenken bezüglich unseres Vorhabens das Gelände für maximal 3 Jahre zu beziehen. Zu einer Bearbeitung der Einsprach und der Stellungsnahme kam es durch den Rückzug des Baugesuchs durch unseren Vermieter jedoch nicht. Früher standen wir stets vor der Problematik dass unser Projekt zonenkonform sein musste. Durch eine Gesetzesänderung auf kant. Ebene (Kantonales PGB Art. 5 § 37) ist es nun aber möglich zonenfremd zwischenzunutzen solange diese (Zwischennutzung) zonenverträglich ist. Trotz der für uns besseren Ausgangslage durch besagte Gesetzesänderung wird eine kurzfristige Nutzung eines Gelände durch langwierige Bewilligungsverfahren erschwert. So wird auch bei einer 2 jährigen Zwischennutzung ein ordentliches Baugesuch wie für eine unbefristete Bebauung verlangt. Zwischennutzung zwar zu ermöglichen, diese jedoch durch behördliche Hürden und die Mittel der finanziell stärkeren so lange zu behindern, dass die zeitliche Begrenzung dieser Nutzung überschritten wird, ist in unseren Augen nicht Sinn und Zweck solcher Projekte. Es sollte möglich sein, in und um Luzern, unkonventionelle Lebensformen zu verwirklichen. Dies beweisen Beispiele aus anderen Städten und dies beweist auch der Wagenplatz Ibach, welcher seit 13 Jahren legal in Luzern besteht und räumlich schon lange voll ausgelastet ist. Es hat sich gezeigt, dass mit dem nötigen Willen der Gemeinden, vorübergehende wie auch langfristige, legale Lösungen möglich sind. Auch uns war es möglich, fünf Jahre legal und ohne Klagen und Probleme auf dem Platz neben dem Südpol zu bestehen. Nach den darauf folgenden Bemühungen unsererseits und zahlreichen Gesprächen mit der Stadt, scheint es nun erneut auf ein hin und herreichen des Wagenplatz Sous le pont heraus zu laufen. Dies in der vermeintlichen Hoffnung, dass sich das Problem in Luft auflöst. Da wir an unserer Lebensform auch in den nächsten Jahren festhalten werden, scheint es uns unverständlich, dass wir bis jetzt noch immer zu keiner Lösung gelangt sind. Es liegt aus unserer Sicht nicht an der Realisierbarkeit unserer Wohnform und auch nicht an unserer Kommunikations- und Verhandlungsbereitschaft. Des weiteren liegt es auch nicht am Mangel ungenutzter Flächen, welche für eine kurz- oder längerfristige Belebung 3 Offener Brief an die Stadt Luzern mit Kopie an die Gemeinden Horw, Kriens, Emmenbrücke 19.02.2016 geeignet wären. Aus diesem Grund haben wir im Folgenden eine Liste von Geländen aufgeführt, die sich im Besitz der Stadt Luzern befinden. Wir wünschen zu diesen eine Stellungnahme der Stadt Luzern. Liste von Geländen im Besitz der Stadt Luzern 1. Grundstücknr. 1478 Udelbodenstrasse 2. Grundstücknr. 1466 Nähe Udelbodenstrasse 3. Grundstücknr. 1149 Wiese westlich von Zimmereggbadi 4. Grundstücknr. 1418 Zimmeregg 5. Grundstücknr. 1386 Reusseggstrasse 6. Grundstücknr. 381 Schachen / Littau an der Emme 7. Grundstücknr. 1182 Zwischen Murmattweg und Eichwaldstrasse 8. Grundstücknr. 2988 Mattenhof zwischen Horwerstrasse / Ringstrasse Diese Liste ist nicht abschliessend. Auf sämtlichen hier aufgeführten Grundstücken ist im online Grundbuchplan nichts projektiert. Es kann für keine Seite eine zufriedenstellende Lösung sein, uns von Platz zu Platz, von Gemeinde zu Gemeinde herumzuschieben. Uns liegt an einer Lösung, welche für alle zufriedenstellend ist. Ohne den Willen der Stadt, der Gemeinden und der dafür verantwortlichen Behörden, bleibt sowohl uns als auch allen anderen der Weg zu dieser Lösung verwehrt. Vielleicht wurden wir zu Anfang als kurzfristige Erscheinung wahrgenommen, jedoch sollte sich in den letzten sieben Jahren gezeigt haben, dass es uns mit unserem Anliegen ernst ist und wir nicht vorhaben unsere Wohn- und Lebensform aufzugeben. Gerne erwarten wir Ihre Antwort und verbleiben mit freundlichen Grüssen Gruppe Sous le pont [email protected] 4
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